So Leute! Da bin ich wieder! Und was hab ich hübsches für Euch? Ahhhhh...
endlich geht`s weiter. Trotz Klausuren gibt`s hier das erste, kleine, aber
feine Kapitel der Fortsetzung von Fathers Footsteps. Ihr habt ja so kräftig
reviewt und obwohl auf der offiziellen Review-Liste die "magische Zahl"
noch nicht überschritten war, sind doch bei mir noch so viele Mails
eingegangen von Leuten, die das anscheinend nicht bei ff.net machen wollen,
daß es gereicht hat ;-). Jetzt liegt es an euch, wie weit die Story
fortgesetzt wird *lol*... Und wie schnell... hehehe....
Aber zuerst noch (falls ihr noch da seid):
@Elle: Du zu allererst! Hehe, hast mein Herz erweicht mit deinen verzweifelten Reviews... sorry, daß ich mich in den letzten Tagen net gemeldet habe, aber war fast immer an der uni... Werde mich bessern *lol*
@Sparrow-666: Dir auch sorry... hatte einfach etwas viel zu tun... gelobe Besserung :-)... Warte ja immer noch auf die Fortsetzung von "Narben der Gewalt"... na los! Wo ist denn die gefährliche Feder? *herausforder*
@Viper4: Ach, hast einfach eine schöne Story... schreib doch e bissel schneller *lol*... gebe mir auch weiterhin mühe mit den Ausdrücken.
@Kim: Kein Ende? Noch nie was von offenem Schluß gehört? *g* jaja... weiß noch nicht, ob ich überhaupt jemals eine Story so mit richtigem Ende schreiben werde... finde es schön, wenn die Leser auch noch selbst was zum Überlegen haben *lol*. Aber danke fürs Lob!
@Ivy: So da hast du! Hoffe das Sequel wird genauso "gut"... ;-) soso? Zu offen? Weiß nicht... vielleicht sollte ich doch mal eine mit richtigem Ende schreiben? Wer weiß das schon?
@Minui: Na noch da? Dann kannste wieder mitleiden *evilgrin*
@Liberty: Na schon ne Story geschrieben? Bin ja mal gespannt...
@Vicky: Na? Lust auf Nebel? *Muahahahaha* !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
*~*~*~*~*
A Sons Revenge 1
- Heilende Visionen -
Es war eine tiefschwarze Nacht. Wolken verdeckten Himmel und Sterne. Der schwarze Bug teilte das Wasser in Totenstille...
*~*~*~*~*
Stille erfüllte den Raum... und Dunkelheit. Bis auf die wenigen Schatten, die an den Wänden umher tanzten, den Rauminhalt lebendiger widerspiegelten als er in Wirklichkeit war. Schemenhaft wippte das Glas auf dem Tisch, die Feder zappelte im Tintenfaß. Obgleich dieser Raum keine Fenster hatte, hätte so oder so nur das matte Licht der wenigen Sterne und des sichelförmigen Mondes eindringen können, denn es war tiefe Nacht. Kein Geräusch kam von draußen herein, es schlief alles, bis auf einige wenige, die an Deck Nachtwache hatten. Nur das sanfte Rauschen der Wellen, welche sich am Bug brachen, begleitete den leisen Singsang einer klaren Stimme.
In der Mitte des Raumes flackerte eine Kerze auf dem Boden, die sich im leichten Seegang wiegte. Sie war zur Hälfte herunter gebrannt und das Wachs war über dem angelaufenen, einst goldenen Kerzenhalter geronnen, erstarrt, bildete eine neue Zierde. Die kleine Flamme war unstetig. Ein leichter Luftzug ging durch die undichten Wände. Die Kerze wurde eingerahmt von Zwei Figuren, die dunkel und starr schienen. Keine Bewegung ging von ihnen aus... beinahe keine.
Die kleinere, welche näher zum Bette saß, kniete auf ihren Beinen, die halb verdeckt, halb entblößt waren. Ihre Kleidung ließ ihr zwar genug Bewegungsspielraum, war aber nicht umfangreich genug, in solch einer Position, den gesamten Körper zu umgeben. Ihre Hände lagen im Schoß, die eine zu einer Faust geballt, wurde wiederum von der anderen umschlossen. Sie saß völlig still, ihre Augen geschlossen, ruhig atmend. Nur ihre zarten, rosèfarbenen Lippen bewegten sich. Der kaum zu hörende Gesang ging in ein leises Murmeln über, vermischte sich mit dem Rauschen des Meeres, bis beinahe nicht mehr zu unterscheiden war, wo die menschliche Stimme aufhörte und die des Wassers begann.
Ihr gegenüber, näher am Schreibtisch, saß eine größere Gestalt, schlank aber mit starken Schultern, im Schneidersitz. Kein Geräusch verließ ihren Mund, selbst das Atmen schien in der Stille und dem Rauschen unterzugehen. Aber die schwarzen Augen waren hellwach, fingen das Licht der Kerze ein und verschluckten es. Die Gestalt betrachtete ihr Gegenüber genau, ließ es keinen Moment aus den Augen. Die Hände ruhten entspannt auf dem schwarzen Stoff über den Knien.
William und Iona saßen nun schon seit... er wußte nicht, wie viel Zeit vergangen war. Aber es schien ihm eine halbe Ewigkeit gewesen zu sein. Langsam spürte er seine Beine nicht mehr. Er fragte sich, wie die junge Frau es in ihrer Position aushalten konnte, denn diese war für die Beine und ein langes Sitzen noch viel beschwerlicher. Sowieso wußte er nicht, warum das alles so lange dauerte. Aber es machte ihm nichts aus. Wenn sie ihm helfen konnte, wollte er alles tun, um sie zu unterstützen. Er würde noch Stunden so sitzen bleiben, wenn die junge Priesterin ihn nur davon befreien konnte... von diesen schrecklichen Bildern. Am hellichten Tage kamen sie so plötzlich, daß er Mühe hatte, seinen Körper unter Kontrolle zu halten. Wie Blitze zuckten sie durch seinen Kopf, bereiteten ihm höllische Kopfschmerzen und nahmen ihm alle Sinne. Aber in der Nacht war es noch schlimmer... in der Nacht kehrten sie wieder und wieder. Tage waren vergangen, da sie von der Insula Silentia fort gesegelt waren. Aber sie wichen nicht. Sie blieben und ließen ihn im Dunkel verschwitzt aufschrecken, verdrängten den so sehr benötigten Schlaf, nur um dann aus seinem Gedächtnis zu weichen und ihn mit Furcht zurückzulassen, die er sich nicht einmal erklären konnte. Im Innersten fragte er sich immer noch, wie Iona das schaffen wollte. Wie würde sie seinen Geist reinigen, seine schemenhaften Erinnerungen, die ihn so quälten, tilgen?
Er sog die Luft tief ein und ließ sie langsam wieder entweichen, versuchte dies aber so leise, wie möglich zu tun. Zwei mal schon hatte er sich dabei ertappt, wie seine Gedanken abgeschweift waren, wie sein Körper erschlaffte und seine Augen zufielen, ohne daß er es gemerkt hatte. Jedes Mal war er wieder sachte aufgeschrocken, nur um festzustellen, daß die Frau immer noch in der Position vor ihm saß, wie schon die ganze Zeit. Leise singend oder murmelnd. Immer wieder wechselte sie dazwischen umher. Der Gesang war wunderschön, in Worten, die er nicht zu deuten wußte, einer Sprache, die er nicht verstand. So schön, so anmutig, irgendwie melancholisch und sehnsüchtig. Wenn sie dann in das leise Rauschen des Meeres einstimmte, wurde es noch ruhiger, noch entspannender. Will schloß die Augen, um sich eine Weile nur auf diese Stimme zu konzentrieren. Sie war so schön! Er hörte einfach nur zu... so still. Das kleine Licht vor ihm schien so viel Wärme zu spenden. Er fühlte, wie seine Schultern leicht wurden, wie sein Atem freier ging. Er hörte Ionas Stimme... das Meer.
Wieder zuckte er zusammen. Alles war dunkel, schwarz. Er dachte, er habe die Augen wieder aufgemacht, aber dem war wohl nicht so. Kein Licht, kein Geräusch... nur die sachte See.
*Ich schlafe,* dachte er bei sich, aber es machte ihm nichts mehr aus.
Er ließ sich einfach in die Dunkelheit fallen, genoß das Gefühl, der innigen Ruhe. Er spürte, wie sich der Boden sachte hin und her bewegte. Frieden war in seinem Herzen. Er dachte weder an das Vergangene, noch an seinen unermeßlichen Haß auf Jack Sparrow. Niemand konnte seinen Geist bewegen, unruhig werden lassen. Er fühlte sich... frei.
Da brach Licht herein, in seine Augen, einhergehend mit dem leisen Geräusch einer sich öffnenden Türe. Er hatte die Augen doch offen gehabt, fuhr es ihm durch den Kopf, plötzlich wieder in die reale Welt zurückkehrend.
Die unerwartete Helligkeit blendete ihn, auch wenn nun der größte Teil der offenen Türe eingenommen war von einer riesenhaften Gestalt. Will bedauerte fast, aus dieser Entspannung gerissen worden zu sein. Es war wunderbar gewesen. Aber auf der anderen Seite... Konnte er endlich gehen? Er fühlte sich noch so von der Ruhe erfüllt, daß ihn der Schlaf diese Nacht überkommen und bis zum Morgen nicht mehr weichen würde.
Seine Augen hatten keine Zeit, sich an das Licht zu gewöhnen, da fiel die Türe wieder ins Schloß und verdrängte die Helligkeit. Was war denn nun? Sie war Geräuschlos geschlossen worden. Er hörte auch keine Schritte oder ein Atmen im Raum...
Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn, während er versuchte, in die Dunkelheit zu spähen. Aber er sah nichts. William wurde nervös. Die Gestalt war doch aber herein gekommen. Hatte er es sich nur eingebildet? Nein, er würde dem auf den Grund gehen. Etwas beunruhigte ihn, auch wenn er nicht wußte, was es war.
Der junge Mann wollte aufstehen, aber es gelang ihm nicht. Seine Beine verwehrten ihm den Dienst. Sein ganzer Körper war erstarrt! Er hörte schweren Stoff über den Boden schleifen, aber keine Schritte. Jemand war hier! Panik stieg in dem jungen Turner auf.
"Jack?" seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Sie bebte. Hätte er mehr als eine Silbe sprechen wollen, sie wäre abgebrochen, wie ein trockener Grashalm auf den zu viel Kraft einwirkt. Seine Hände waren so kalt, seine Fingerspitzen kribbelten. Nun wurde die Stille von seinem schnellen Atem verdrängt. Seine Brust hob und senkte sich in der Dunkelheit, seine Augen sahen gehetzt umher, ohne zu sehen. Plötzlich war die Ruhe geschwunden. Will fühlte sich so kalt, so einsam, der eben noch gespürte Frieden war wie weg gefegt. Er fürchtete sich! Schauer liefen ihm über den Rücken, als würde der eisige Winter selbst daran entlang streichen. Er fühlte sich... verloren!
Da entzündete sich einen kleiner Funken, wie von selbst. Er war so weit weg... War der kleine Raum denn so tief gewesen? Aber dann begann er zu wachsen... oder kam er näher? Will hätte seine Hand danach ausgestreckt, wenn er es vermocht hätte, aber dem war nicht so. Schließlich war das kleine Licht so nahe, daß es sich in seinen vor Furcht geweiteten Augen spiegelte. Ja, blanke Angst war in ihn gefahren. Er fühlte sein Herz in seiner eigenen Kehle schlagen.
Und da trat etwas in das Licht. Genauer gesagt, kam ein Gesicht so nahe an ihn heran, daß es sein gesamtes Blickfeld einnahm. Will spürten den feuchten Hauch des Atems, wie er über sein Gesicht glitt und es leicht befeuchtete. Seine Augen waren weit aufgerissen, wollten nicht glauben, was er sah!
"William," sagte es ruhig. "Es wird Zeit, aufzugeben."
Er wollte es verneinen, aber keinen Laut brachte seine Kehle heraus, nur ein sachtes Hauchen.
"Doch," die Augen nahmen grausame Züge an. "Du kannst dich nicht ewig gegen mich behaupten. Alles, was ich bin, alles, was mich ausmacht, ist auch in dir," die Stimme war tief und drohend, ging dem jungen Turner durch Mark und Bein, so daß er erzitterte.
Will schüttelte bebend den Kopf. Da fuhren zwei riesige Hände auf ihn zu und packten ihn am Kragen. Der junge Mann ergriff die Handgelenke des Monsters, versuchte, sie zu entfernen. Aber sie waren zu stark und drückten gegen seinen Hals... oder die seinen zu schwach, denn er konnte sie nicht spüren. Die Finger waren, wie taub.
"Warum machst du es dir selbst so schwer, Junge? Du wirst verlieren, wie du es wieder und wieder tust. Jeder Kampf geht an mich und du weißt es. Auch heute wieder..."
Williams Körper verkrampfte sich. Er spürte, wie seine Muskeln sich immer stärker strafften. Seine Lungen verlangten nach Luft, aber diese Pranken drückten zu fest.
Dann kam die schreckliche Fratze noch näher, so daß ihre Nasenspitze beinahe seine Wange berührte. Sachte strich sie damit an seiner Nase entlang. Die Haut war kühl. Ein befriedigter Seufzer entglitt dem Mund, der leicht lächelte.
"Du kannst nicht gewinnen... irgendwann werde ich den endgültigen Sieg davon tragen," wurde William ins Ohr geflüstert.
Will spürte, wie eine Pranke von ihm abließ und nach unten fuhr, sich seiner Sicht entzog. Kleidung wurde bewegt. Als die Hand in sein Blickfeld kehrte, hielt sie einen kleinen, grauen, glänzenden Stein zwischen Daumen und Zeigefinger.
*NEIN!*
Will geriet in Panik, versuchte sich aus dem harten Griff zu befreien. Er wand sich, wie er nur konnte, aber kein Stück seines Kragens war frei zu bekommen. William trat um sich, doch er trat ins Leere... Aber der junge Mann mußte erkennen, daß er keine Chance hatte und Tränen der Verzweiflung stiegen in ihm auf. Er schrie! Nein, er versuchte zu schreien. Sein Mund war weit aufgerissen, aber kein Ton kam heraus.
Der Stein kam näher und näher, von großen Fingern geführt. Dann spürte der William die Eiseskälte auf seiner Stirne, direkt zwischen den Augen. Unglaublicher Schmerz brach auf ihn herein.
"NEIN!"
*~*
Die Kälte auf seiner Stirn war fort! Der Schrei hallte immer noch durch die Nacht.
Will Turner saß erstarrt da, die Augen aufgerissen, nicht atmend. Ergriffen hatte er die zarte Hand der Priesterin, welche sich direkt vor ihm befand, und drückte fest zu, so daß ihr Handgelenk schmerzte und zitterte. Iona biß die Zähne zusammen, dennoch wagte sie nicht, sich zu bewegen. Sie sah in das Gesicht des jungen Mannes, der sich nicht rührte. Betroffenheit lag in ihren Zügen, ihre blauen Augen waren ermattet.
Sein Gesicht schien blaß, fast bläulich... trotz des warmen Lichtes der Kerze, die gerade dabei war auszubrennen. Das Gesicht von Schmerz verzerrt, die Augen voller Furcht. Diese schwarzen Augen!
Und da schien es, als sogen sie alles Licht in sich hinein und erfüllten das Zimmer mit der Dunkelheit.
*~*
Kapitän Jack Sparrow rannte durch den Gang. Einige aus dem Schlaf gerissene Gesichter begegneten ihm, stellten unausgesprochene Fragen. Immer wieder winkte er ab und schüttelte den Kopf, sie sollten wieder schlafen, sich nicht beunruhigen lassen. Dabei war er selbst aber umso unruhiger, wollte es sich nur nicht anmerken lassen. Unterwegs hatte er eine kleine Laterne gegriffen, die seinen Weg erhellte. Jeder, der auf den Gang hinaus sah, erkannte den Kapitän, der schnell und zielgerichtet durchs Schiff lief.
Der Schrei war durch die Pearl gegangen, wie die Erschütterungen abgefeuerter Kanonen, hatte ihn fast vom Hauptmast fallen lassen, wo er den Mond angestarrt hatte. Vage Befürchtungen nagten an den Nerven des Kapitäns.
"Verdammte Zauberei," fluchte er leise zu sich selbst.
Nun war eines dieser fragenden Gesichter das, einer Frau. Das rote Haar hing wie Feuer über die Schultern, der starke, schlanke Körper noch schlaftrunken. Doch die Augen leuchteten hellwach. Sie sah ihn ernst an, die Augenbrauen hochgezogen, die Hand am Schwert.
Aber Jack hob wieder nur abwehrend die Hand, wankte einige Meter weiter. Er erreichte sein Ziel und blieb vor der hölzernen, dunklen Tür stehen, lauschte. Kein Geräusch. Dann sah er auf den Boden.
*Kein Licht.*
Der Kapitän war nun bereit, er nahm die Kerze in die Linke und zog blank mit der Rechten. Auf dem Gang standen seine Männer und beobachteten, wie der Kapitän sich selbst zunickte und mit silberner Klinge bewaffnet die Tür eintrat.
Mit einem lauten Krachen gab sie nach und sprang auf. Sie war nicht verschlossen gewesen und schlug hart an die Wand.
Dunkel war es in dem Zimmer, aber im Schein seiner Lampe sah Jack genug, um vor Schreck zu erstarren.
Iona kniete vor William, der ihre Hand fest ergriffen hatte. Sie starrten sich gegenseitig an - oder sah Will ins Leere? Er hatte einen fürchterlichen Ausdruck auf dem Gesicht, als würde er fast vor Angst sterben. Iona dagegen schien eher zu beobachten, was sich in dem jungen Mann abspielte. Keiner rührte sich, keiner sagte etwas.
Jack gewann seine Fassung schnell wieder und erkannte, daß keiner der beiden in unmittelbarer Gefahr war. Dennoch wagte er es nicht, sich ihnen zu nähern, aber nach einigen Minuten unternahm er einen Versuch, sie anzusprechen.
"Was geht hier vor?" fragte Jack ruhig und mit bedachter Stimme, da er nicht Gefahr laufen wollte, einen der beiden zu verwirren.
Der Kapitän wußte nicht, was hier geschehen war, also mußte er behutsam vorgehen. Deshalb machte er auch keine Bewegung und stand nur ganz ruhig da. Allein seine Augen wanderten zwischen dem Mann und der Frau hin und her.
Iona blinzelte und sah vorsichtig nach links, in Jacks große schwarze Augen. Ihr braunes Haar wippte leicht.
"Bleib da stehen, Jack."
Aber da brach Will aus seiner Erstarrung, japste zitternd nach Luft. Seine Augen sahen wild umher, sein Atem ging schneller und schneller. Die Tür! Das Licht!
"Will?" fragte eine starke dunkle Stimme.
William kannte sie... Seine Augen gewöhnten sich langsam an das Licht und erfaßten die Gestalt. Die Spannung wich aus seinem Körper, als wäre er aus einem Traum erwacht, und als er sah, wer ihm da gegenüber kniete, ließ er auch das Handgelenk frei.
Iona ließ sich zurückfallen und atmete tief durch, rieb ihr Handgelenk, welches nun schmerzte, so daß es wieder besser durchblutet wurde. Aber ihre scharfen Augen hafteten immer noch auf Will, der völlig bleich war.
Der Kapitän erkannte keine Gefahr mehr und trat ein, kickte den Kerzenständer mit der erloschenen Kerze beiseite. Das Metall kam in einer Ecke scheppernd zur Ruhe, das Wachs, welches noch nicht ganz erstarrt war, spritzte über den Boden und erkaltete. Die Lampe in Jacks Hand erhellte den Raum gut. Er steckte seine Waffe weg und kniete neben William, um ihn sich näher ansehen zu können. Besorgnis wuchs in ihm.
"Alles in Ordnung?" fragte er leise.
Will ließ die Hand sinken, mit der er Iona festgehalten hatte. Schweiß stand ihm auf der blassen Stirne und glitzerte im Licht. Der junge Mann atmete tief und schnell, brachte es aber fertig zwischendurch zu schlucken. Dann nickte er heftig und ließ sich zurück auf die Unterarme sinken.
Jack atmete tief durch und sah zu der Frau.
"Und bei dir?"
Sie wandte ihren Blick von Will ab und bestätigte ebenfalls mit einem Nicken. Jack sah die Ernsthaftigkeit in ihrem Gesicht. Nachher würde er sie fragen müssen, was vorgefallen war. Aber im Moment hörte er die Stimmen von draußen. Er trat hinaus auf den Gang, ziemlich wankend und holte mit der Hand aus, die frei war.
"Alles in bester Ordnung," meinte er grinsend, aber das Lachen verflog sofort wieder aus seinem Gesicht und seine rauhe Stimme ging donnernd durch den Gang. "Und jetzt in die Kojen, ihr Landratten! Oder denkt ihr, ihr bekommt morgen frei?!"
Sofort machten sich die Männer wieder auf in ihre Betten, manche mit einem unmotivierten "Aye" und manche leise vor sich hinmurrend. Aber der Gang leerte sich schließlich bis nur noch eine Gestalt da war. Zuletzt verschwand auch Lara Jade wieder im Mannschaftsraum. Sie wußte, wenn etwas wichtiges vorgefallen war, würde der Kapitän es ihr schon sagen.
Sparrow atmete erleichtert auf und ging wieder ins Zimmer. Iona rutschte auf den Knien rum und suchte etwas auf dem Boden.
"Jack, leuchte hier her!" bat sie ihn und fuhr mit den Händen über das Holz.
Er trat näher, so daß das Licht den hölzernen Boden erhellte. William saß immer noch da, die Augen geschlossen. Er schien sich langsam wieder zu erholen. Der Kapitän sah auf ihn herab und wunderte sich immer noch darüber, was wohl geschehen sein mochte. Als Will die Augen öffnete hielt Jack dem jungen Mann seine Hand hin, um ihm aufzuhelfen.
"Komm, die frische Luft wird dir gut tun."
Wills Augen funkelten. Er schlug die Hand bei Seite.
"Ich brauche deine Hilfe nicht, Sparrow," zischte er ihn an und kam von selbst auf die Beine.
Jack reagierte nicht auf die Unhöflichkeit des anderen und sah ihm nach, wie er nach draußen stürzte. Der Kapitän stöhnte innerlich über die Dickköpfigkeit des jungen Schmiedes... oder des jungen Piraten? Jedenfalls hatte er sich dazu entschlossen, diese bösen Bemerkungen nicht mehr persönlich zu nehmen. Zum einen brachte dies ihn nämlich nur in das Dilemma, emotional zu werden, zum anderen war Will nicht er selbst.
"Ah," Iona atmete erleichtert auf.
Sie schien gefunden zu haben, was sie gesucht hatte. Jack sah auf sie herab. Die Novizin hielt diesen kleinen gelben Stein zwischen Daumen und Zeigefinger. Wie hatte er noch gehießen? Sonnenstein?
"Irgendwie scheinst du ihm ja nicht gerade geholfen zu haben," meinte er.
Sie schien das persönlich zu nehmen, denn ihr Ausdruck wandelte sich. Er war traurig und verletzt. Schnell fügte Jack ein gleichgültiges Achselzucken hinzu.
"Durch nur eine Sitzung wird dieser Schaden auch nicht gutzumachen sein," seufzte sie und rieb abermals ihr Handgelenk.
"Was war denn hier los? Es sah fast so aus, als hättest du ihm ziemliche Angst eingejagt."
Sie ließ den Kopf sinken.
"Ja, so scheint es. Hoffentlich läßt er sich dadurch nicht allzusehr abschrecken."
Jack zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme, zum Zeichen, daß er auf eine Erklärung wartete. Aber Iona machte keine Anstalten, es ihm zu erklären, sondern richtete sich auf und ging zur Türe. Der Pirat war verdutzt, daß sie seine Autorität einfach so ignorierte. Wie konnte sie es nur wagen? Die Frau verschwand im Gang und Jack hörte ihr Schritte, bis sie die Treppe hinauf ans Deck gestiegen war.
"Weibsbilder!" murmelte Jack für sich und hob den Kerzenständer auf, stellte ihn auf den Schreibtisch.
Aber zuerst noch (falls ihr noch da seid):
@Elle: Du zu allererst! Hehe, hast mein Herz erweicht mit deinen verzweifelten Reviews... sorry, daß ich mich in den letzten Tagen net gemeldet habe, aber war fast immer an der uni... Werde mich bessern *lol*
@Sparrow-666: Dir auch sorry... hatte einfach etwas viel zu tun... gelobe Besserung :-)... Warte ja immer noch auf die Fortsetzung von "Narben der Gewalt"... na los! Wo ist denn die gefährliche Feder? *herausforder*
@Viper4: Ach, hast einfach eine schöne Story... schreib doch e bissel schneller *lol*... gebe mir auch weiterhin mühe mit den Ausdrücken.
@Kim: Kein Ende? Noch nie was von offenem Schluß gehört? *g* jaja... weiß noch nicht, ob ich überhaupt jemals eine Story so mit richtigem Ende schreiben werde... finde es schön, wenn die Leser auch noch selbst was zum Überlegen haben *lol*. Aber danke fürs Lob!
@Ivy: So da hast du! Hoffe das Sequel wird genauso "gut"... ;-) soso? Zu offen? Weiß nicht... vielleicht sollte ich doch mal eine mit richtigem Ende schreiben? Wer weiß das schon?
@Minui: Na noch da? Dann kannste wieder mitleiden *evilgrin*
@Liberty: Na schon ne Story geschrieben? Bin ja mal gespannt...
@Vicky: Na? Lust auf Nebel? *Muahahahaha* !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
*~*~*~*~*
A Sons Revenge 1
- Heilende Visionen -
Es war eine tiefschwarze Nacht. Wolken verdeckten Himmel und Sterne. Der schwarze Bug teilte das Wasser in Totenstille...
*~*~*~*~*
Stille erfüllte den Raum... und Dunkelheit. Bis auf die wenigen Schatten, die an den Wänden umher tanzten, den Rauminhalt lebendiger widerspiegelten als er in Wirklichkeit war. Schemenhaft wippte das Glas auf dem Tisch, die Feder zappelte im Tintenfaß. Obgleich dieser Raum keine Fenster hatte, hätte so oder so nur das matte Licht der wenigen Sterne und des sichelförmigen Mondes eindringen können, denn es war tiefe Nacht. Kein Geräusch kam von draußen herein, es schlief alles, bis auf einige wenige, die an Deck Nachtwache hatten. Nur das sanfte Rauschen der Wellen, welche sich am Bug brachen, begleitete den leisen Singsang einer klaren Stimme.
In der Mitte des Raumes flackerte eine Kerze auf dem Boden, die sich im leichten Seegang wiegte. Sie war zur Hälfte herunter gebrannt und das Wachs war über dem angelaufenen, einst goldenen Kerzenhalter geronnen, erstarrt, bildete eine neue Zierde. Die kleine Flamme war unstetig. Ein leichter Luftzug ging durch die undichten Wände. Die Kerze wurde eingerahmt von Zwei Figuren, die dunkel und starr schienen. Keine Bewegung ging von ihnen aus... beinahe keine.
Die kleinere, welche näher zum Bette saß, kniete auf ihren Beinen, die halb verdeckt, halb entblößt waren. Ihre Kleidung ließ ihr zwar genug Bewegungsspielraum, war aber nicht umfangreich genug, in solch einer Position, den gesamten Körper zu umgeben. Ihre Hände lagen im Schoß, die eine zu einer Faust geballt, wurde wiederum von der anderen umschlossen. Sie saß völlig still, ihre Augen geschlossen, ruhig atmend. Nur ihre zarten, rosèfarbenen Lippen bewegten sich. Der kaum zu hörende Gesang ging in ein leises Murmeln über, vermischte sich mit dem Rauschen des Meeres, bis beinahe nicht mehr zu unterscheiden war, wo die menschliche Stimme aufhörte und die des Wassers begann.
Ihr gegenüber, näher am Schreibtisch, saß eine größere Gestalt, schlank aber mit starken Schultern, im Schneidersitz. Kein Geräusch verließ ihren Mund, selbst das Atmen schien in der Stille und dem Rauschen unterzugehen. Aber die schwarzen Augen waren hellwach, fingen das Licht der Kerze ein und verschluckten es. Die Gestalt betrachtete ihr Gegenüber genau, ließ es keinen Moment aus den Augen. Die Hände ruhten entspannt auf dem schwarzen Stoff über den Knien.
William und Iona saßen nun schon seit... er wußte nicht, wie viel Zeit vergangen war. Aber es schien ihm eine halbe Ewigkeit gewesen zu sein. Langsam spürte er seine Beine nicht mehr. Er fragte sich, wie die junge Frau es in ihrer Position aushalten konnte, denn diese war für die Beine und ein langes Sitzen noch viel beschwerlicher. Sowieso wußte er nicht, warum das alles so lange dauerte. Aber es machte ihm nichts aus. Wenn sie ihm helfen konnte, wollte er alles tun, um sie zu unterstützen. Er würde noch Stunden so sitzen bleiben, wenn die junge Priesterin ihn nur davon befreien konnte... von diesen schrecklichen Bildern. Am hellichten Tage kamen sie so plötzlich, daß er Mühe hatte, seinen Körper unter Kontrolle zu halten. Wie Blitze zuckten sie durch seinen Kopf, bereiteten ihm höllische Kopfschmerzen und nahmen ihm alle Sinne. Aber in der Nacht war es noch schlimmer... in der Nacht kehrten sie wieder und wieder. Tage waren vergangen, da sie von der Insula Silentia fort gesegelt waren. Aber sie wichen nicht. Sie blieben und ließen ihn im Dunkel verschwitzt aufschrecken, verdrängten den so sehr benötigten Schlaf, nur um dann aus seinem Gedächtnis zu weichen und ihn mit Furcht zurückzulassen, die er sich nicht einmal erklären konnte. Im Innersten fragte er sich immer noch, wie Iona das schaffen wollte. Wie würde sie seinen Geist reinigen, seine schemenhaften Erinnerungen, die ihn so quälten, tilgen?
Er sog die Luft tief ein und ließ sie langsam wieder entweichen, versuchte dies aber so leise, wie möglich zu tun. Zwei mal schon hatte er sich dabei ertappt, wie seine Gedanken abgeschweift waren, wie sein Körper erschlaffte und seine Augen zufielen, ohne daß er es gemerkt hatte. Jedes Mal war er wieder sachte aufgeschrocken, nur um festzustellen, daß die Frau immer noch in der Position vor ihm saß, wie schon die ganze Zeit. Leise singend oder murmelnd. Immer wieder wechselte sie dazwischen umher. Der Gesang war wunderschön, in Worten, die er nicht zu deuten wußte, einer Sprache, die er nicht verstand. So schön, so anmutig, irgendwie melancholisch und sehnsüchtig. Wenn sie dann in das leise Rauschen des Meeres einstimmte, wurde es noch ruhiger, noch entspannender. Will schloß die Augen, um sich eine Weile nur auf diese Stimme zu konzentrieren. Sie war so schön! Er hörte einfach nur zu... so still. Das kleine Licht vor ihm schien so viel Wärme zu spenden. Er fühlte, wie seine Schultern leicht wurden, wie sein Atem freier ging. Er hörte Ionas Stimme... das Meer.
Wieder zuckte er zusammen. Alles war dunkel, schwarz. Er dachte, er habe die Augen wieder aufgemacht, aber dem war wohl nicht so. Kein Licht, kein Geräusch... nur die sachte See.
*Ich schlafe,* dachte er bei sich, aber es machte ihm nichts mehr aus.
Er ließ sich einfach in die Dunkelheit fallen, genoß das Gefühl, der innigen Ruhe. Er spürte, wie sich der Boden sachte hin und her bewegte. Frieden war in seinem Herzen. Er dachte weder an das Vergangene, noch an seinen unermeßlichen Haß auf Jack Sparrow. Niemand konnte seinen Geist bewegen, unruhig werden lassen. Er fühlte sich... frei.
Da brach Licht herein, in seine Augen, einhergehend mit dem leisen Geräusch einer sich öffnenden Türe. Er hatte die Augen doch offen gehabt, fuhr es ihm durch den Kopf, plötzlich wieder in die reale Welt zurückkehrend.
Die unerwartete Helligkeit blendete ihn, auch wenn nun der größte Teil der offenen Türe eingenommen war von einer riesenhaften Gestalt. Will bedauerte fast, aus dieser Entspannung gerissen worden zu sein. Es war wunderbar gewesen. Aber auf der anderen Seite... Konnte er endlich gehen? Er fühlte sich noch so von der Ruhe erfüllt, daß ihn der Schlaf diese Nacht überkommen und bis zum Morgen nicht mehr weichen würde.
Seine Augen hatten keine Zeit, sich an das Licht zu gewöhnen, da fiel die Türe wieder ins Schloß und verdrängte die Helligkeit. Was war denn nun? Sie war Geräuschlos geschlossen worden. Er hörte auch keine Schritte oder ein Atmen im Raum...
Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn, während er versuchte, in die Dunkelheit zu spähen. Aber er sah nichts. William wurde nervös. Die Gestalt war doch aber herein gekommen. Hatte er es sich nur eingebildet? Nein, er würde dem auf den Grund gehen. Etwas beunruhigte ihn, auch wenn er nicht wußte, was es war.
Der junge Mann wollte aufstehen, aber es gelang ihm nicht. Seine Beine verwehrten ihm den Dienst. Sein ganzer Körper war erstarrt! Er hörte schweren Stoff über den Boden schleifen, aber keine Schritte. Jemand war hier! Panik stieg in dem jungen Turner auf.
"Jack?" seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Sie bebte. Hätte er mehr als eine Silbe sprechen wollen, sie wäre abgebrochen, wie ein trockener Grashalm auf den zu viel Kraft einwirkt. Seine Hände waren so kalt, seine Fingerspitzen kribbelten. Nun wurde die Stille von seinem schnellen Atem verdrängt. Seine Brust hob und senkte sich in der Dunkelheit, seine Augen sahen gehetzt umher, ohne zu sehen. Plötzlich war die Ruhe geschwunden. Will fühlte sich so kalt, so einsam, der eben noch gespürte Frieden war wie weg gefegt. Er fürchtete sich! Schauer liefen ihm über den Rücken, als würde der eisige Winter selbst daran entlang streichen. Er fühlte sich... verloren!
Da entzündete sich einen kleiner Funken, wie von selbst. Er war so weit weg... War der kleine Raum denn so tief gewesen? Aber dann begann er zu wachsen... oder kam er näher? Will hätte seine Hand danach ausgestreckt, wenn er es vermocht hätte, aber dem war nicht so. Schließlich war das kleine Licht so nahe, daß es sich in seinen vor Furcht geweiteten Augen spiegelte. Ja, blanke Angst war in ihn gefahren. Er fühlte sein Herz in seiner eigenen Kehle schlagen.
Und da trat etwas in das Licht. Genauer gesagt, kam ein Gesicht so nahe an ihn heran, daß es sein gesamtes Blickfeld einnahm. Will spürten den feuchten Hauch des Atems, wie er über sein Gesicht glitt und es leicht befeuchtete. Seine Augen waren weit aufgerissen, wollten nicht glauben, was er sah!
"William," sagte es ruhig. "Es wird Zeit, aufzugeben."
Er wollte es verneinen, aber keinen Laut brachte seine Kehle heraus, nur ein sachtes Hauchen.
"Doch," die Augen nahmen grausame Züge an. "Du kannst dich nicht ewig gegen mich behaupten. Alles, was ich bin, alles, was mich ausmacht, ist auch in dir," die Stimme war tief und drohend, ging dem jungen Turner durch Mark und Bein, so daß er erzitterte.
Will schüttelte bebend den Kopf. Da fuhren zwei riesige Hände auf ihn zu und packten ihn am Kragen. Der junge Mann ergriff die Handgelenke des Monsters, versuchte, sie zu entfernen. Aber sie waren zu stark und drückten gegen seinen Hals... oder die seinen zu schwach, denn er konnte sie nicht spüren. Die Finger waren, wie taub.
"Warum machst du es dir selbst so schwer, Junge? Du wirst verlieren, wie du es wieder und wieder tust. Jeder Kampf geht an mich und du weißt es. Auch heute wieder..."
Williams Körper verkrampfte sich. Er spürte, wie seine Muskeln sich immer stärker strafften. Seine Lungen verlangten nach Luft, aber diese Pranken drückten zu fest.
Dann kam die schreckliche Fratze noch näher, so daß ihre Nasenspitze beinahe seine Wange berührte. Sachte strich sie damit an seiner Nase entlang. Die Haut war kühl. Ein befriedigter Seufzer entglitt dem Mund, der leicht lächelte.
"Du kannst nicht gewinnen... irgendwann werde ich den endgültigen Sieg davon tragen," wurde William ins Ohr geflüstert.
Will spürte, wie eine Pranke von ihm abließ und nach unten fuhr, sich seiner Sicht entzog. Kleidung wurde bewegt. Als die Hand in sein Blickfeld kehrte, hielt sie einen kleinen, grauen, glänzenden Stein zwischen Daumen und Zeigefinger.
*NEIN!*
Will geriet in Panik, versuchte sich aus dem harten Griff zu befreien. Er wand sich, wie er nur konnte, aber kein Stück seines Kragens war frei zu bekommen. William trat um sich, doch er trat ins Leere... Aber der junge Mann mußte erkennen, daß er keine Chance hatte und Tränen der Verzweiflung stiegen in ihm auf. Er schrie! Nein, er versuchte zu schreien. Sein Mund war weit aufgerissen, aber kein Ton kam heraus.
Der Stein kam näher und näher, von großen Fingern geführt. Dann spürte der William die Eiseskälte auf seiner Stirne, direkt zwischen den Augen. Unglaublicher Schmerz brach auf ihn herein.
"NEIN!"
*~*
Die Kälte auf seiner Stirn war fort! Der Schrei hallte immer noch durch die Nacht.
Will Turner saß erstarrt da, die Augen aufgerissen, nicht atmend. Ergriffen hatte er die zarte Hand der Priesterin, welche sich direkt vor ihm befand, und drückte fest zu, so daß ihr Handgelenk schmerzte und zitterte. Iona biß die Zähne zusammen, dennoch wagte sie nicht, sich zu bewegen. Sie sah in das Gesicht des jungen Mannes, der sich nicht rührte. Betroffenheit lag in ihren Zügen, ihre blauen Augen waren ermattet.
Sein Gesicht schien blaß, fast bläulich... trotz des warmen Lichtes der Kerze, die gerade dabei war auszubrennen. Das Gesicht von Schmerz verzerrt, die Augen voller Furcht. Diese schwarzen Augen!
Und da schien es, als sogen sie alles Licht in sich hinein und erfüllten das Zimmer mit der Dunkelheit.
*~*
Kapitän Jack Sparrow rannte durch den Gang. Einige aus dem Schlaf gerissene Gesichter begegneten ihm, stellten unausgesprochene Fragen. Immer wieder winkte er ab und schüttelte den Kopf, sie sollten wieder schlafen, sich nicht beunruhigen lassen. Dabei war er selbst aber umso unruhiger, wollte es sich nur nicht anmerken lassen. Unterwegs hatte er eine kleine Laterne gegriffen, die seinen Weg erhellte. Jeder, der auf den Gang hinaus sah, erkannte den Kapitän, der schnell und zielgerichtet durchs Schiff lief.
Der Schrei war durch die Pearl gegangen, wie die Erschütterungen abgefeuerter Kanonen, hatte ihn fast vom Hauptmast fallen lassen, wo er den Mond angestarrt hatte. Vage Befürchtungen nagten an den Nerven des Kapitäns.
"Verdammte Zauberei," fluchte er leise zu sich selbst.
Nun war eines dieser fragenden Gesichter das, einer Frau. Das rote Haar hing wie Feuer über die Schultern, der starke, schlanke Körper noch schlaftrunken. Doch die Augen leuchteten hellwach. Sie sah ihn ernst an, die Augenbrauen hochgezogen, die Hand am Schwert.
Aber Jack hob wieder nur abwehrend die Hand, wankte einige Meter weiter. Er erreichte sein Ziel und blieb vor der hölzernen, dunklen Tür stehen, lauschte. Kein Geräusch. Dann sah er auf den Boden.
*Kein Licht.*
Der Kapitän war nun bereit, er nahm die Kerze in die Linke und zog blank mit der Rechten. Auf dem Gang standen seine Männer und beobachteten, wie der Kapitän sich selbst zunickte und mit silberner Klinge bewaffnet die Tür eintrat.
Mit einem lauten Krachen gab sie nach und sprang auf. Sie war nicht verschlossen gewesen und schlug hart an die Wand.
Dunkel war es in dem Zimmer, aber im Schein seiner Lampe sah Jack genug, um vor Schreck zu erstarren.
Iona kniete vor William, der ihre Hand fest ergriffen hatte. Sie starrten sich gegenseitig an - oder sah Will ins Leere? Er hatte einen fürchterlichen Ausdruck auf dem Gesicht, als würde er fast vor Angst sterben. Iona dagegen schien eher zu beobachten, was sich in dem jungen Mann abspielte. Keiner rührte sich, keiner sagte etwas.
Jack gewann seine Fassung schnell wieder und erkannte, daß keiner der beiden in unmittelbarer Gefahr war. Dennoch wagte er es nicht, sich ihnen zu nähern, aber nach einigen Minuten unternahm er einen Versuch, sie anzusprechen.
"Was geht hier vor?" fragte Jack ruhig und mit bedachter Stimme, da er nicht Gefahr laufen wollte, einen der beiden zu verwirren.
Der Kapitän wußte nicht, was hier geschehen war, also mußte er behutsam vorgehen. Deshalb machte er auch keine Bewegung und stand nur ganz ruhig da. Allein seine Augen wanderten zwischen dem Mann und der Frau hin und her.
Iona blinzelte und sah vorsichtig nach links, in Jacks große schwarze Augen. Ihr braunes Haar wippte leicht.
"Bleib da stehen, Jack."
Aber da brach Will aus seiner Erstarrung, japste zitternd nach Luft. Seine Augen sahen wild umher, sein Atem ging schneller und schneller. Die Tür! Das Licht!
"Will?" fragte eine starke dunkle Stimme.
William kannte sie... Seine Augen gewöhnten sich langsam an das Licht und erfaßten die Gestalt. Die Spannung wich aus seinem Körper, als wäre er aus einem Traum erwacht, und als er sah, wer ihm da gegenüber kniete, ließ er auch das Handgelenk frei.
Iona ließ sich zurückfallen und atmete tief durch, rieb ihr Handgelenk, welches nun schmerzte, so daß es wieder besser durchblutet wurde. Aber ihre scharfen Augen hafteten immer noch auf Will, der völlig bleich war.
Der Kapitän erkannte keine Gefahr mehr und trat ein, kickte den Kerzenständer mit der erloschenen Kerze beiseite. Das Metall kam in einer Ecke scheppernd zur Ruhe, das Wachs, welches noch nicht ganz erstarrt war, spritzte über den Boden und erkaltete. Die Lampe in Jacks Hand erhellte den Raum gut. Er steckte seine Waffe weg und kniete neben William, um ihn sich näher ansehen zu können. Besorgnis wuchs in ihm.
"Alles in Ordnung?" fragte er leise.
Will ließ die Hand sinken, mit der er Iona festgehalten hatte. Schweiß stand ihm auf der blassen Stirne und glitzerte im Licht. Der junge Mann atmete tief und schnell, brachte es aber fertig zwischendurch zu schlucken. Dann nickte er heftig und ließ sich zurück auf die Unterarme sinken.
Jack atmete tief durch und sah zu der Frau.
"Und bei dir?"
Sie wandte ihren Blick von Will ab und bestätigte ebenfalls mit einem Nicken. Jack sah die Ernsthaftigkeit in ihrem Gesicht. Nachher würde er sie fragen müssen, was vorgefallen war. Aber im Moment hörte er die Stimmen von draußen. Er trat hinaus auf den Gang, ziemlich wankend und holte mit der Hand aus, die frei war.
"Alles in bester Ordnung," meinte er grinsend, aber das Lachen verflog sofort wieder aus seinem Gesicht und seine rauhe Stimme ging donnernd durch den Gang. "Und jetzt in die Kojen, ihr Landratten! Oder denkt ihr, ihr bekommt morgen frei?!"
Sofort machten sich die Männer wieder auf in ihre Betten, manche mit einem unmotivierten "Aye" und manche leise vor sich hinmurrend. Aber der Gang leerte sich schließlich bis nur noch eine Gestalt da war. Zuletzt verschwand auch Lara Jade wieder im Mannschaftsraum. Sie wußte, wenn etwas wichtiges vorgefallen war, würde der Kapitän es ihr schon sagen.
Sparrow atmete erleichtert auf und ging wieder ins Zimmer. Iona rutschte auf den Knien rum und suchte etwas auf dem Boden.
"Jack, leuchte hier her!" bat sie ihn und fuhr mit den Händen über das Holz.
Er trat näher, so daß das Licht den hölzernen Boden erhellte. William saß immer noch da, die Augen geschlossen. Er schien sich langsam wieder zu erholen. Der Kapitän sah auf ihn herab und wunderte sich immer noch darüber, was wohl geschehen sein mochte. Als Will die Augen öffnete hielt Jack dem jungen Mann seine Hand hin, um ihm aufzuhelfen.
"Komm, die frische Luft wird dir gut tun."
Wills Augen funkelten. Er schlug die Hand bei Seite.
"Ich brauche deine Hilfe nicht, Sparrow," zischte er ihn an und kam von selbst auf die Beine.
Jack reagierte nicht auf die Unhöflichkeit des anderen und sah ihm nach, wie er nach draußen stürzte. Der Kapitän stöhnte innerlich über die Dickköpfigkeit des jungen Schmiedes... oder des jungen Piraten? Jedenfalls hatte er sich dazu entschlossen, diese bösen Bemerkungen nicht mehr persönlich zu nehmen. Zum einen brachte dies ihn nämlich nur in das Dilemma, emotional zu werden, zum anderen war Will nicht er selbst.
"Ah," Iona atmete erleichtert auf.
Sie schien gefunden zu haben, was sie gesucht hatte. Jack sah auf sie herab. Die Novizin hielt diesen kleinen gelben Stein zwischen Daumen und Zeigefinger. Wie hatte er noch gehießen? Sonnenstein?
"Irgendwie scheinst du ihm ja nicht gerade geholfen zu haben," meinte er.
Sie schien das persönlich zu nehmen, denn ihr Ausdruck wandelte sich. Er war traurig und verletzt. Schnell fügte Jack ein gleichgültiges Achselzucken hinzu.
"Durch nur eine Sitzung wird dieser Schaden auch nicht gutzumachen sein," seufzte sie und rieb abermals ihr Handgelenk.
"Was war denn hier los? Es sah fast so aus, als hättest du ihm ziemliche Angst eingejagt."
Sie ließ den Kopf sinken.
"Ja, so scheint es. Hoffentlich läßt er sich dadurch nicht allzusehr abschrecken."
Jack zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme, zum Zeichen, daß er auf eine Erklärung wartete. Aber Iona machte keine Anstalten, es ihm zu erklären, sondern richtete sich auf und ging zur Türe. Der Pirat war verdutzt, daß sie seine Autorität einfach so ignorierte. Wie konnte sie es nur wagen? Die Frau verschwand im Gang und Jack hörte ihr Schritte, bis sie die Treppe hinauf ans Deck gestiegen war.
"Weibsbilder!" murmelte Jack für sich und hob den Kerzenständer auf, stellte ihn auf den Schreibtisch.
