So, und schon wieder geht es weiter... habt ihr ein Glück, daß ich noch ein paar Kapitel vor geschrieben habe... *lol*, aber endlich sind die Klausuren vorbei und ich hab ein bißchen Zeit übrig! Hat nur ewig gedauert, einen englischen Adelstitel zu finden... puh! Diesmal dürfen auch die Jack-Fans mitleiden! Und bald gibt's auch wieder richtig Action! *ist ganz aufgeregt*

@Vicky23: ja, der Nebel zieht noch nicht auf... noch nicht *freut sich schon auf`s nächste Kapitel, das natürlich schon fertig ist*... aber diesmal wird's wahrscheinlich nicht ganz so verzwickt und verwirrend, hehe...

@Sparrow-666: *drückt* ohh! Hoffentlich geht's dir bald besser... hm... aber Drogen können sich ja ganz gut auf manche Geschichten ausüben *lol*

@Liberty: Grmpf! Die nächste, die mir Will streitig macht... hehe, nee, ich teile gern, wenns dafür guten Lesestoff gibt *g*

@Elle: Jupp, wirst dich freuen dürfen... gibt ne laaaange Story.

@Miniu: Du kennst mich... Ich will doch, daß du arg mitleiden kannst... dauert aber noch en bissel *evil grin*

@Elanor8: Geht's wieder? Haste dich gefangen? Dann geht's gleich weiter *lach*

@chrissy9: Hey schön, daß du noch dabei bist! Aber ob die Fortsetzung so gut wird? Bin gespannt, wie sie dir gefällt...

Aber jetzt geht's endlich weiter!

*~*~*~*

A Sons Revenge 2

- Des Commodores Auftrag -

Marley stand am Steuerrad, er hatte Nachtwache. Es war ruhig und die See ging regelmäßig. Das Schiff glitt auf ihr dahin und der Fahrtwind fing sich in seinem Haar. Er fragte sich was unter Deck vorgegangen war, denn diese stete Ruhe war gerade von einem grauenhaften Schrei unterbrochen worden. Kapitän Sparrow hatte ihm sofort das Steuer überlassen, um nachzusehen. Nun war er etwa 20 Minuten weg gewesen und der erste Maat fragte sich wirklich, was nun vor sich ging.

Gerade als er den Gedanken an den Schrei aufgeben wollte - denn Sparrow würde ihn über alles in Kenntnis setzten - kam ein aufgebrachter Will Turner an Deck gestürmt. Schnurstracks war er zur Reling gelaufen und stützte sich nun mit den Ellenbogen darauf. Der Maat beobachtete ihn.

Der junge Mann schüttelte den Kopf, als versuchte er wieder klar zu werden, stützte ihn dann in die Hände, sah wieder auf, keuchte. Dann schüttelte er wieder den Kopf. Schnaubte wütend, massierte sich den Nasenrücken.

Er machte einen ziemlich verwirrten Eindruck auf Marley. Dann erregte eine weitere Gestalt seine Aufmerksamkeit. Iona war nun ebenfalls an Deck gekommen und ging langsam, aber bestimmt an die Seite des jungen Mannes.

Marley hatte gedacht, daß seine Ohren schon jede Menge an Gehör eingebüßt haben mußten, ob nun durch die lauten Kanonen an Bord, oder durch das Alter. Aber er verstand einiges durch das leise Rauschen des Meeres.

*~*

William massierte immer noch seine Stirne und atmete tief durch. Dennoch hatte er die Ankunft der Frau wahrgenommen, die sich nun neben ihm auf die Reling lehnte. Sie betrachtete das Meer und die kleinen Wellen, der Mond besprenkelte sie mit Silber.

"Das nennst du Hilfe?" begann Will vorwurfsvoll.

Sie sah ihn mit ihren blauen Augen an.

"Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht bereit bist, dich deinen Dämonen zu stellen."

"Du solltest diese Erinnerung aus meinem Kopf bekommen, nicht sie zurück holen."

"So funktioniert das aber nun mal nicht," sagte sie nüchtern. "Nie habe ich gesagt, daß ich diese Bilder verschwinden lassen kann. Ich kann dir lediglich helfen, sie zu akzeptieren."

Will schnaubte verächtlich.

"Du gibst schon auf?" etwas herausforderndes lag in der sanften Frauenstimme.

William wollte das nicht auf sich sitzen lassen und drehte sich empört zu ihr. Seine Körperhaltung war voller Stolz und sein Blick ernst. Aber dann schien er sich wieder zu besinnen, sich zu erinnern. Seine Schultern sanken. Der Schmerz kehrte zurück, nagte an seinem Körper und an seiner Seele. Wie konnte er gegen solche Macht bestehen? Er fühlte die Wunde an seiner Schulter... sie war fast verheilt, aber irgendwie war er wetterfühlig geworden und sie schmerzte nun. Wahrscheinlich würde bald etwas aufziehen.

"Ich weiß nicht, ob ich das ertrage," sagte er resigniert und wandte sich wieder dem Wasser zu.

Iona schwieg. Dies war seine Entscheidung und sie würde ihn nicht zwingen können, auch wenn sie es für das Beste hielt. Sie betrachtete sein schönes Gesicht und wie seine dunklen Augen aufs Meer starrten. Er war so schön. Melancholie machte sich in Iona breit. Welch Tragödie, daß diesem jungen Mann sowas widerfahren war. Aber etwas gewann ihre Aufmerksamkeit.

"Wenn du so sehr versucht, die Erinnerung zu verdrängen, warum legst du es nicht ab?" fragte sie leise und sah auf das glitzernde Schmuckstück an seinem Ohr.

Bei jeder kleinsten Kopfbewegung schwenkte die Kreole am Ohr des Turners hin und her, warf das Mondlicht zurück. Sie war sehr schmal gearbeitet und sah wunderschön aus. Jedoch war diese Schönheit einst nicht im Dienste des Guten gewesen. Das Böse, welches immer noch an dem Silber haftete, mußte ihn doch an das Geschehene erinnern. Wenn es ihn so schmerzte, warum nahm er es nicht ab? Aber William antwortete nicht, sondern sah aufs Meer hinaus, in Gedanken versinkend. Eine ganze Weile standen sie so da.

Dann erschien ein schelmisches Lächeln, das Iona überraschte. Aus den Augenwinkeln sah er sie an.

"Nie hätte ich geglaubt, daß eine so zarte, kleine Frau mich in solche Bedrängnis bringen könnte."

Iona dachte darüber nach und verstand die Paradoxie. In der Tat schien es seltsam. Er, der Sohn des Bill Turners, ein ausgezeichneter Kämpfer, war ihr in gewisser Weise unterlegen gewesen. Dabei mußte sie innerlich lachen. Wieso glaubten alle, daß sie so ungefährlich war? Lara Jade würde niemand unterschätzen, da sie Selbstsicherheit und Dickköpfigkeit an den Tag legte. Aber sie selbst... Keiner wußte etwas über ihre Ausbildung, wie konnten sie es sich dann anmaßen?

William Turner straffte sich und ließ das Holz vor sich los.

"Genug geplaudert und genug frische Luft. Ich werde zu Bett gehen."

"Versuch etwas Schlafzu bekommen," meinte sie zum Abschied, aber dies ließ ihn kurz innehalten, bevor er weiterging.

Iona nickte ihm zum Abschied zu, aber blieb selbst noch an Deck, genoß den Wind, der sich in ihrer Tunika fing, sie sachte hin und her bewegte.

*~*

Governor Swann saß in der Bibliothek seiner Villa hinter dem Arbeitstisch in einem großen mit Samt überzogenen Stuhl. Der Mann hatte ein Buch vor sich und den Blick darauf gerichtet, seine Hand stützte seine Stirne. Das Zimmer war hell und freundlich, strahlte angenehme Wärme aus, denn es war in rötlichem Holz gehalten. Zwei Wände waren völlig mit Bücherregalen zugestellt, während die anderen unter anderem mit Bildern, der Familie Swann und einer Weltkarte geschmückt waren.

Aber der Governor las nicht. Die Buchstaben waren verschwommen, er nahm sie nicht einmal wahr. Von Zeit zu Zeit blätterte er dennoch eine Seite um, vor allem, wenn wieder eines dieser Zimmermädchen herein wuselte, um ihn nach eventuellen Wünschen zu fragen. Er hatte keine. Immer wieder sagte er, daß er nichts benötigte und bitte seine Ruhe haben wollte. Dieses Problem umging das Hausgesindel allerdings, indem immer eine andere herein geschickt wurde. Bald würde dies aber enden müssen, oder sie mußten von vorne anfangen, denn nun hatte er beinahe jeden schon einmal hinausgeschickt.

Es klopfte.

Aber der Mann sah nicht auf, sondern seufzte nur leise. Eben nur beinahe jeder war schon hier gewesen. Die Türe wurde geöffnet und ein schlanker etwas verklemmt aussehender Mann trat ein. Sein grauer Dienstanzug verriet seine Position im Hause.

"Sir," näselte der Mann. "Benötigen sie etwas?"

"Nein, Bernard, ich brauche nichts," erwiderte Swann genervt und winkte ihn mit der Hand fort, die gerade nicht an seine Stirne gelehnt war.

Aber der Buttler ließ sich nicht einfach so abwimmeln. Als Swann bemerkte, daß der Mann immer noch dort stand, erhob er den Blick.

"Sie können gehen."

"Sir, wenn ich sprechen dürfte," Bernard war sehr vorsichtig mit seiner Wortwahl.

Sein Herr war zwar immer fair gewesen und hatte das Personal noch nie schlecht behandelt, aber er wußte nicht, in welchem Zustand er nun war und wie weit man gehen konnte. Nun sah der Diener, wie Swann unsicher auf seinem Stuhl hin und her rückte. Aber schließlich nickte dieser.

"Wir - also das Personal, mich eingeschlossen - sind, nun... wie soll ich sagen? Besorgt."

Der Governor seufzte, aber Bernard ließ sich nicht davon abhalten, endlich mit der Sprache herauszurücken. Es belastete schon seit Wochen das Haus und die Stimmung wurde immer schlechter.

"Ihr seid immerzu in der Bibliothek und stöbert in Euren Büchern, obwohl ihr gar nicht zu lesen scheint. Seit Wochen habt ihr keinen Besuch mehr empfangen. Lord Harington frägt schon nach, ob ihr nicht mehr an freundschaftlichen Beziehungen mit ihm interessiert seid. Der dritte Bote sitzt gerade unten in der Halle und wartet um Botschaft. Außerdem... bat Euer Schwiegersohn schon sicher ein duzend Mal, Euch zu sehen. Und die Witwe Smith... Nun ja, sie erkundigt sich regelmäßig."

Swann mußte unweigerlich an den stattlichen, braven Mann denken, vor dem er so viel Respekt hatte. Er hatte Mitleid mit ihm. Und Schuldgefühle. Immerhin hatte er selbst ihn darum gebeten, seiner Tochter noch einmal den Hof zu machen. Seine Elizabeth. Swann schloß die Augen, um ihr Bild besser in sein Gedächtnis rufen zu können. Ihr schönes goldenes Haar, die haselnußbraunen Augen, die zarten Wangen und der volle, rosige Mund. Sie war wie ihre Mutter. Selbst das Temperament hatte sie von seiner Frau geerbt. So ungestüm und abenteuerlustig. Gerade diese Eigenschaft hatte sie in dieses Abenteuer getrieben, vielleicht war dies sogar der Grund für ihre Liebe zu William gewesen? Aber er konnte es ihr nicht vorwerfen. Weder diese Liebe, noch daß sie Norrington hatte vor dem Altar sitzen lassen. Sie war seine Tochter... seine kleine Tochter.

Wäre Bernard nicht im Raum gewesen, er hätte sich seiner Verzweiflung hingegeben und die Tränen nicht zurück gezwungen. Aber das war nun mal nicht möglich. Er konnte jetzt nicht seiner Trauer nachgeben. Er dachte über Bernards Worte nach.

Schließlich lehnte er zurück in das Samtige Futter des Stuhles, lehnte die Arme auf die Stuhllehnen und führte die Fingerspitzen zusammen.

"Bernard, wenn wieder eine Erkundigung von der Witwe kommt, laden sie die gute Frau zum Kaffee. Schicken sie nach Norrington und lassen sie ihn zu mir ein. Außerdem unterrichten sie Lord Harington, daß ich einen hohen Abgesannten schicken werde, um die leider vernachlässigten Beziehungen aufzufrischen."

Bernard erlaubte sich ein leichtes Lächeln, was seine alte Haut in Falten zog. Er wollte sich gerade umdrehen, um zu gehen, als er noch einmal angehalten wurde.

"Ach, und Bernard... servieren sie doch bitte Tee. Stellen sie zwei Tassen bereit, für den Fall, daß der Commodore eintrifft."

"Wie sie wünschen, Sir."

*~*

Jack saß in seiner Kajüte am großen Tisch. Seine schweren, schmutzigen Stiefel lagen darauf, direkt neben einem schweren Krug. Er legte gerne ab und zu die Füße hoch. Seine Augen waren geschlossen und sein Atem ging ruhig. In seiner linken Hand, die schlaff über die Stuhllehne hing war eine Flasche Rum, in der nur noch ein kleiner Rest des alkoholischen Getränkes sich im sachten Wellengang hin und her wiegte. Der Kapitän der Black Pearl lag einfach nur so da.

Selbst als die Türe unsanft aufgerissen wurde und mit einem Knall an die Wand schlug, rührte er sich nicht. Eine aufgeregte Elizabeth kam herein gestürzt und stampfte ungewohnt unsanft für eine Lady auf den Boden.

"Jack," schnaubte sie.

Aber der Mann rührte sich nicht. Sie legte ihr Gesicht schräg und betrachtete ihn. Sein Mund war offen und der Kopf gegen das Futter des Stuhles gelehnt.

*Schläft er etwa?*

Aber sie würde ihm alles zutrauen, selbst in dieser Position zu schlafen. Irgendwie fand sie es seltsam, Jack so zu sehen. So friedlich, keine dummen Kommentare, kein Wanken. Aber die Fahne konnte sie deutlich riechen, sie erfüllte den ganzen Raum. Elizabeth rümpfte etwas die spitze Nase. Sie wollte aber auch nicht warten, bis der Kapitän seinen Rausch ausgeschlafen hatte.

Ein schelmisches Grinsen erschien auf ihrem feinen Gesicht und ihre Augen funkelten. Leise, auch wenn sie wußte, daß der Kapitän fest schlief, schlich sie sich auf Zehenspitzen an. Dann nahm sie die Feder aus dem Tintenfaß und lehnte sich über Jack. Die Fahne war ekelhaft, aber sie wollte sich diesen Spaß nicht entgehen lassen. Man bekam nicht oft Gelegenheit dazu, Kapitän Jack Sparrow einen Schabernack zu spielen.

Sachte begann sie mit der Feder an Jacks Nase herum zu streichen. Der Bart begann zu zucken und schnell zog die junge Frau die Hand wieder zurück, hielt sich den Mund zu und schloß somit das Kichern ein, welches sie nicht unterdrücken konnte. Ihre Augen funkelten voller Freude, sie fühlte sich, wie ein kleines Kind.

Doch plötzlich erschrak sie, als sie Schritte vernahm, die plötzlich verstummten. Elizabeth fühlte sich ertappt, wie damals, als sie als kleines Kind vom Kuchen genascht hatte und die Köchin ihr dafür auf die Finger geschlagen hatte. Es blieb ihr keine Zeit um über die gutmütige, dicke Frau nachzudenken, deren Törtchen und Kekse so lecker gewesen waren. Viel eher befürchtete sie nun auch auf die Finger geschlagen zu bekommen. Aber der Mann vor ihr wachte nicht auf, fing sogar an, zu schnarchen. Also drehte sie sich um, überrascht, daß der Neuankömmling noch nichts gesagt hatte.

Eine grinsende Lara Jade stand in der Türe gelehnt. Ihre roten Haare waren zusammen gebunden.

"Lara," meinte Elizabeth.

Aber die andere Frau nahm den Zeigefinger vor den Mund und bedeutete ihr, leise zu sein. Elegant kam sie herein geschlendert und stützte ihre Hände vor Jack auf den Tisch, sah ihn direkt und überlegen an. Auch ihre Mundwinkel zogen sich plötzlich nach oben und hämisch sah sie zu Elizabeth. Sie hatten sich verbündet.

"Hol die Schlaufe vom Bett," wies sie die brünette Frau an.

Elizabeth nickte und ging zum Bett des Kapitäns. Etwas Stoff, der früher als echte Zierde gedient haben mußte hing an beiden Seiten, wurde mit dunklen Bändern zurück gehalten. Aber der Stoff war schon verblaßt und verstaubt, nicht mehr schön anzusehen. Die Vorhänge waren einst schwarz gewesen und hatten nun ein dunkles Grau angenommen. Die Bänder aber waren Weinrot. Elizabeth bekam schon schmerzen in die Backen, aber sie konnte das Grinsen beim besten Willen nicht von ihrem Gesicht verdrängen.

*~*

Norrington stieg aus der Kutsche und stand vor der großen Villa der Swanns. Ein helles, freundliches Haus mit riesigem Vorgarten. Dieser wurde geziert von Buchs und Tulpen, die sehr selten waren, sich hier aber gleich zu duzenden fanden. Das Haus war prächtig. Er selbst hatte zwar auch eine ansehnliche Villa, aber an diese hier kam sie nicht heran.

Der Commodore mußte an den Gouvernor denken. Wie oft war er nun hier gewesen, seit Elizabeth getürmt war? Er wußte es nicht und wollte nun auch lieber nicht anfangen zu zählen. Aber er empfand immer noch Respekt für diesen Mann. Er konnte nichts für die Schmach, die ihm Elizabeth zugefügt hatte. Wie sollte ein Mann auch eine junge Dame groß ziehen, wenn es an weiblicher Unterstützung fehlte? Es war schließlich nicht das Geschick der Männer ein Kind zu erziehen, ihm Benehmen und Anstand beizubringen. Deshalb hatte der Commodore Nachsehen mit Swann, der im Moment so voller Sorge war. Er selbst mußte gestehen, daß auch er besorgt um das Wohl Elizabeth` war. Er fühlte sich verantwortlich und schließlich war die Verlobung auch noch nicht aufgelöst. Aber alles betrachtete er nun mit gemischten Gefühlen... wenn er an diese wunderschöne, junge Frau dachte, erwärmte es sein Herz gleichermaßen, wie es ihm einen Stich versetzte.

Erinnerungen fluteten sein Gedächtnis. Immer wieder dachte er an diese überaus peinliche Situation. Er stand in der Kirche, hatte seine beste Uniform angelegt. Hoch erhobenen Hauptes schritt er zum Altar, wo der Geistliche bereits wartete und ihm freundlich entgegensah. Zu seiner Linken saß die Familie der Braut. Zu seiner Rechten saß, etwas weniger zahlreich vertreten, aber dennoch von beachtlicher Menge, seine eigene Familie. Nicht mehr lange und er würde mit seiner Verlobten die Ehegelübde sprechen, die sie so wundervoll formuliert hatten. Die Hochzeit ließ sich der Gouvernor eine ganze Menge kosten und war das Ereignis des Jahres. Selbst ihm hatte es etwas geschwindelt, als er den Aufwand und den Preis dieses Festes erfaßte. Aber das war es wert. Die Tochter des Gouvernors würde in eine hervorragende Partie einheiraten, dessen war er sich sicher. Und er würde alles tun, um der jungen Miss Swann gerecht zu werden. Endlich hatte Norrington den Altar erreicht. Der Weg war ihm endlos erschienen. Aber Gemach, Gemach! Er sollte diesen Augenblick genießen. Die große Orgel fing an zu spielen und mächtige, laute Töne hallten durch die Kirche. Gleich würde er sie sehen! Das erste mal in einem Traum aus weißer Seide. Vergessen waren die Unannehmlichkeiten mit Jack Sparrow am Vorabend. Bald konnte ihm keiner mehr seine Errungenschaft nehmen! Die Orgel spielte... und spielte... und langsam wurde die Hochzeitsgesellschaft unruhig. Norrington reckte etwas den Kopf, um zu sehen, ob sich Braut und Brautvater nicht schon aufgestellt hatten. Aber er erkannte nichts. Der Hochzeitsmarsch ging fort und näherte sich schon fast dem Ende, als der Commodore doch nervös wurde.

Da kam voller Aufregung der Brautvater herein gestürmt!

"Meine Elizabeth! Sie ist weg!"

Norrington verdrängte die Erinnerung und versuchte ruhig zu atmen, den Schmerz in der Brust zu verdrängen. Er stand vor der großen, weißen Türe und klopfte. Der Gouvernor hatte gerade nach ihm geschickt und Norrington war seiner Aufforderung, ihn zu besuchen sofort nachgekommen. Keine Stunde wart vergangen.

Der Bedienstete öffnete die Türe.

"Ah, Commodore Norrington! Willkommen! Der Gouvernor erwartet sie schon."

Norrington nickte zustimmend und trat ein, wurde von dem Mann zur Bibliothek geleitet. Woher kam der Sinneswandel? Warum wurde er plötzlich empfangen und nicht mehr abgewiesen? Der Diener klopfte, trat ein und meldete ihn. Sofort kam er wieder hinaus und wies den Commodore an, hinein zu gehen.

Als er eintrat, bot sich ihm ein vertrautes Bild. Der Gouvernor saß an dem massiven Schreibtisch über einem Buch, schaute auf. Er machte eine einladende Handbewegung, die ihn bat, sich zu setzten.

"Ah, mein guter Norrington! Gut, daß ihr da seid! Tee?"

Der Commodore setzte sich dem Mann gegenüber und erhob abwehrend die Hand.

"Wirklich nicht? Ihr würdet der angenehmen Stimmung beitragen..."

Aber der Commodore blieb dabei, er wollte keinen Tee. Nicht im Augenblick. Zuerst wollte er erfahren, was der Gouvernor vorhatte und es nicht durch Teetrinken hinauszögern.

"Wie geht es Euch, Gouvernor? Besser hoffe ich," begann Norrington höflich.

Der ältere Mann lächelte und nahm die Tasse samt Unterteller in die Hand, führte sie langsam zum Mund und trank einen Schluck. Die graue Perücke saß, wie immer, überaus korrekt.

"Ihr braucht Euch nicht um mich zu sorgen. Nicht ich bin es, der im Moment auf dem Meer bin oder in weiß welchen Schwierigkeiten."

Der Commodore nickte bestätigend.

"Natürlich."

"Mein lieber Commodore, ich möchte Euch um etwas bitten."

Swann nahm einen weiteren Schluck, während Norrington das Kinn hob, um sein Interesse zu bekunden.

"In der Tat hat mich die Trauer und Sorge um Elizabeth lange Zeit beschäftigt und Blind gegen meine Verantwortung als Gouvernor von Port Royal gemacht," meinte er ruhig.

"Sehr verständlich, meiner Meinung nach. Welcher Vater wäre nicht besorgt."

"Leider habe ich dadurch einige Beziehungen einrosten lassen, welche jedoch sehr wichtig für Port Royal sind."

Norrington ließ nachdenklich den Blick sinken. Ja, Swann war seinen Aufgaben bei weitem nicht nachgekommen. Er hatte davon gehört, daß er immer weniger Gäste geladen hatte und manche Boten vom Hause abgewiesen worden waren. Es hatte ihn in der Tat beschäftigt.

"Daher wäre ich Euch verbindlich, wenn Ihr in meinem Namen dem Gouvernor von Port Concordia einen Besuch abstatten könntet. Ich selbst bin im Moment zu beschäftigt, die Beziehungen hier in der Region wieder aufzunehmen und zu pflegen, aber da ich Euch als einen hervorragenden Mann und Vertrauten schätze, wäre es mir sehr lieb."

Die Mine des Commodore erhellte sich. Der Gouevernor hatte sich wieder gefaßt und das beruhigte ihn. Außerdem mochte er die Concordia. Er rief sich die Bilder des Hafens ins Gedächtnis, der so ziemlich einer der Einzigen war mit lateinischem Namen. Ein helles, freundliches Städtchen, das mit starker Hand von dem großen Gouvernor regiert wurde. Lord John Harington war ein ansehnlicher Mann. Jeder hatte Respekt vor ihm. Seine harten, aber fairen Methoden hielten die Zahl der Verbrechen gering.

"Natürlich erkläre ich mich mit Freuden bereit, dieser Bitte nachzukommen."

Swann lächelte und klatschte in die Hände.

"Wundervoll! Ich hatte gehofft, ihr würdet so reagieren!"

Die Freude war ihm anzusehen und es tat Norrington gut, zu wissen, daß der alte Mann wieder er selbst war. Doch dann bemerkte er, daß sein Gegenüber schon wieder neutraler wurde.

"Noch etwas?"

Swann führte die Fingerspitzen zusammen und nickte ernst.

"Commodore, ich bin mir darüber im Klaren, daß meine Tochter Euch sehr verletzt hat - sollte sie aus freien Stücken gegangen sein. Ihr habt mir ja erzählt, daß dieser furchtbare Sparrow bei Euch war."

Wieder ein Stich...

Aber Norrington befürchtete, ja wußte, daß Elizabeth nicht entführt worden war. Ihre Liebe zu den jungen Turner war immer sehr stark gewesen, selbst nachdem dieser spurlos verschwunden war, ohne jegliches Lebenszeichen. Wut machte sich in des Commodores Herzen breit. Wie konnte Elizabeth ihn ausschlagen für diesen... diesen Schmied! Gegen Liebe war kein Kraut gewachsen, er wußte dies aus eigener Erfahrung. Wie lange hatte er auf die junge Swann gewartet? Aber es bestand wenig Hoffnung für William, zu lange war er schon verschwunden. Elizabeth hatte dennoch an dieser hoffnungslosen Liebe festgehalten. Er fühlte sich verletzt.

*Naivität der Frauen! Welch hartes Los für uns Männer, diese wieder und wieder vergeben zu müssen!*

Aber er würde ihr vergeben... Wenn sie doch nur wiederkehrte.

"So oder so. Ich muß Euch um einen weiteren Gefallen bitten."

Der Commodore nickte und sprach Swanns Bitte aus, noch bevor dieser sie formulieren konnte.

"Ich werde nach ihr suchen. Gleich nachdem ich Lord Harington einen Besuch abgestattet habe."