Na? Die Feiertage gut rumbekommen? Ich schon. Hatte sogar etwas Zeit, zu
schreiben *evil grin*... Bin gespannt, wies Euch gefällt...
@Flitzebogen: Schön, daß du noch da bist! Hab dich vermißt die letzten Chapis *g*...
@Nilaihlah: Net vor Spannung sterben! NEEEEEEEEEEEIIIIN! Bin auch gaaanz brav und schreib weiter!
@Minui: Heißt bei mir nix Gutes? Grmpf! Hehe... nee, weiß scho, was du dabei gedacht hast. Hast vielleicht auch Grund dazu *lol*...
@Elanor: Huiuiui! Was für ein Lob! *bedankt sich* *ist geehrt* Bin ich aber froh, daß es dir net langweilig wird! Gebe mir weiterhin Mühe... *schleicht weiter*
@Liberty: Bin I Blöd oder was? Welche Story ist denn von dir? *findet net* Mußte mir mal schreiben, denn langsam machste mich echt neugierig!
Guten Rutsch! Was habt ihr euch vorgenommen fürs neue Jahr? Nu ja... meins ist klar: Ich will mehr schreiben *g* Viel Spaß!
*~*~*~*~*~*
A Sons Revenge 7
Die Schatten Concordias
"Wo bleibt sie nur?" William rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her.
Seinen schweren, grauen Krug hatte er noch nicht angerührt und die Schaumkrone war bereits verschwunden.
Auch Lara machte sich Sorgen. Nun warteten sie schon so lange auf Elizabeth und immer noch nichts. Was machte die junge Swann nur? Bummelte sie etwa immer noch durch die Stadt? Die Geschäfte mußten aber längst alle geschlossen sein.
"Ich glaube, hier riecht was faul," meinte sie. "Verlaufen kann sie sich nicht haben."
In beiden wuchsen schlimme Befürchtungen heran. Keiner wollte sich ausmalen, was passiert war. Dennoch ließ es sie nicht zur Ruhe kommen. War sie etwa ihrem früheren Verlobten über den Weg gelaufen? Oder war das dunkle Schiff, von dem der Baumfäller gesprochen hatte, etwa wirklich das Schiff ohne Namen?
Ihr zweiter Versuch, den Gouvernor zu sprechen war genauso mißlungen, wie der erste.
"Er ist nicht zu sprechen," hatte die Wache gemeint und sie abgewiesen, diesmal ohne die Freundlichkeit, die sie beim letzten Versuch erfahren hatten.
In Lara regte sich langsam Mißtrauen. War die Pearl entdeckt?
"Sollen wir uns am Hafen umsehen?" fragte Will.
Lara rieb sich den Nasenrücken. Was sollten sie nur tun?
"Nein, wir bleiben noch ein bißchen. Vielleicht taucht sie noch auf. Wenn sie um Mitternacht noch nicht hier ist, gehen wir hinunter. Wenn Bills Schiff hier ist, dann will ich es mit eigenen Augen sehen."
William drehte sich der Magen um. Es gab Wünschenswerteres, als dieses Schiff wieder zu sehen. Aber auf die Begegnung mit Seth brannte er geradezu. Iona kam ihm in den Sinn. Die blauen Augen, das schmale Gesicht, der kleinen Person. Unbewußt schickte er ein Stoßgebet zum Himmel.
"Unsere Reise steht unter gar schlechten Sternen," seufzte Lara. "Kaum ist Mars verblaßt, schon erleuchtet Juppiter. Ist uns keiner der Götter hold?"
"Nicht diese vermeintlichen Götter sind dafür verantwortlich." Verachtung lag in des jungen Turners Stimme.
Lara zog eine Braue hoch.
"Ach nein? Und wem gibst du die Schuld? Dem Schicksal?"
"Legst du die Verantwortung immer in übernatürliche Hände?"
Lara lachte.
"Beantwortest du Fragen immer mit Gegenfragen?"
"Warum denkst du, ich würde...."
Einen Augenblick trat Schweigen ein. Will war verdutzt über sich selbst und Lara sehr amüsiert. Doch letztendlich brach beiderseitiges Gelächter die Stille und endlich nahm der Mann einen Schluck Bier. William beobachtete sein Gegenüber. Lara lachte immer noch etwas und griff nun ebenfalls zu ihrem Krug. Mit kräftigen Armen hob sie das schwere Ding hoch, fast mühelos. Das kleine Grübchen in ihrer linken Wange verschwand zusammen mit dem Lachen und blieb nur noch als Schatten des Grinsens zurück, welches ihr gut zu Gesicht stand. Er sah daran vorbei und flammendes Rot wurde in seinem Blickfeld entfacht. Es gereichte ihr auf die Schultern herab und sogar noch weiter. Eine dieser Feuerzungen fiel direkt in ihren Ausschnitt hinein, ohne die weiße Haut dort zu verbrennen.
Sie setzte ihren Krug ab, Will sah schnell in die Kneipe hinein. Wurde ihr Grinsen breiter?
*~*
"Es tut mir sehr leid, Mister Norrington, daß ich sie heute Mittag so schnell verlassen mußte. Aber es war doch von großer Wichtigkeit."
Edward nickte, als der Gouvernor sich zu ihm an den Tisch in der grünen Kajüte setzte.
"Dafür revangiere ich mich!"
Harington winkte dem Wirt zu und dieser machte sich sofort daran zwei Krüge mit seinem besten Bier zu füllen.
"Ich habe die Rundfahrt dennoch genossen."
"Das möchte ich auch hoffen," grinste der Gouvernor.
"Wißt Ihr von dem großen Schiff, welches im Hafen anliegt?"
"Ich weiß von jedem Schiff, das dort anliegt. Da bin ich sehr genau."
"Ich kenne es nicht, es ist mir fremd. Zuerst dachte ich gar, es sei ein Piratenschiff, welches vor einiger Zeit mal in Port Royal war, dann aber spurlos verschwunden ist."
Harington lachte und grollend zog es durch das Wirtshaus, die Stimmen um sie herum wurden etwa leiser, als Leute sich umblickten und aufhörten zu reden.
"Ein Piratenschiff? Ich würde das niemals zulassen! Und schon gar nicht würde ich es bei den Reparaturen unterstützen."
"Ja, es sah sehr mitgenommen aus, vielleicht wart es von welchen angegriffen worden? Wie lange liegt es hier?"
"Nicht viel länger als die Dauntless. Nur wenige Stunden kam es Euch zuvor und in der Tat, berichtete mir der Kapitän, daß sie angegriffen wurden von schrecklichen Piraten."
"Von welchen?"
"Er konnte mir den Namen des Schiffes nicht nennen. Seltsam, wenn man bedenkt, daß es nicht mehr viele ernst zunehmende Piraten in der Karibik gibt."
Norrington nickte und wieder wuchs Stolz in seiner Brust.
"Ja, die Royal Navy kommt ihrer Aufgabe so gut nach, wie es geht."
"Das will ich meinen."
Der Wirt kam an den Tisch und stellte die schweren großen Krüge vor die Männer. Sogleich verschwand er wieder und wandte sich den nächsten Gästen zu. Harington nahm einen und führte ihn zum Mund, trank einen Schluck. Norrington wollte es ihm gleich tun, doch als er anheben wollte, bemerkte er, daß der Krug schwerer war, als erwartet. Aber er wollte nicht zwei Hände gebrauchen, um das Gefäß anzuheben. Also schloß er den Griff fester und hob mit mehr Kraft. Der Krug löste sich vom Tisch. Der Commodore nahm einen großen Schluck und hoffte, so das Gewicht etwas verringern zu können. Schnell begann er, wieder zu reden, um die Situation etwas zu überspielen.
"Wer befehligt dieses Schiff? Ich konnte keinen Namen darauf erkennen."
"Der Kapiän ist ein ziemlich junger Mann. Westend ist sein Name. Das Schiff dagegen ist schon etwas älter und der Name scheint nur verblaßt zu sein. Es heißt Hammer. Ein passender Name, wenn Ihr mich fragt."
Norrington rief sich den Anblick des Gefährts ins Gedächtnis. Ja, wie ein Hammer hatte es ihn auch getroffen, hatte ihm den Atem aus der Brust genommen, seinen Kopf schwirren lassen. Welch ein gewaltiges, eindrucksvolles Schiff! Wahrscheinlich konnten sie von Glück sprechen, daß dies keine Piraten waren.
"Was war denn so Dringend heute Mittag?"
"Ach, nur eine kleine Streitigkeit, vielleicht wäre sie auch so schnell zu Ende gewesen, aber ich fungiere gerne als Schlichter. So kann ich sicher gehen, daß hier nicht unrecht angetan wird."
"Wer könnte besser Recht sprechen, als der Gouvernor selbst?" Norrington nickte bestätigend.
"Ich will, daß diese Stadt ihren Namen verdient. Concordia..."
"... die Eintracht," brachte der Commodore den Satz zu Ende. "So soll es sein."
"So soll es sein!" grölte der Gouvernor laut und die Gäste stimmten mit ein.
Manchmal erinnerte Harington den Commodore an einen Krieger oder Barbaren. Nicht, daß er den Edelmann dafür hielt, aber seine Gestalt, seine Stimme... wenn er diese erhob, so schien es fast, als brüllte er einen Kampfschrei.
In der Kneipe ertönte ein altes Seemannslied, die Stimmung war ergreifend und versetzte selbst Norrington in eine patriarchische Stimmung. Harington sang einige Zeilen mit seiner dunklen vollen Stimme und verstärkte den Chor um einen untermauernden Baß. Nach dem Ende des ersten Refrains lachte er erneut und wandte sich wieder seinem Gast zu, der mit beeindruckten Blick umher sah.
"Was habt Ihr morgen vor?
Der Commodore wurde aufgeschreckt.
"Was?"
"Wie gedenkt Ihr Euch morgen die Zeit zu vertreiben?"
"Nun, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. In Wirklichkeit habe ich gehofft, daß Ihr mir einen Vorschlag unterbreiten könntet."
"Ja, das könnte ich allerdings. Seid Ihr Jagd begeistert?"
"Zumindest wenn es sich um Piratenjagd handelt, aber sonst kann ich ihr wenig abgewinnen."
"Das bedaure ich. Es ist sicher nicht die schlechteste Übung seine Hand ruhig und den Geist frei zu halten."
Der Commodore schüttelte den Kopf.
"Nein, dies ist nichts für mich. Ich bin ein Mann der See. Aber wenn ihr danach Zeit habt, so könntet ihr mir die Festung noch zeigen, bevor ich wieder zurück muß."
"Ich dachte mir schon, daß Ihr dies letztendlich doch noch vorschlagen würdet. Natürlich werde ich noch eine Führung für Euch arrangieren."
Ein zufriedener Ausdruck kehrte ins Gesicht des Commodore ein. Darauf hatte er sich schon gefreut.
Harington holte eine lange dicke Zigarre aus seiner Brusttasche hervor und seine großen Hände fuhren genießend über die glatten Tabakblätter. Dann führte er sie zu seiner Nase und sog den süßlichen Duft tief ein.
"Rauchen sie?"
"Wieder muß ich höflichst verneinen."
"Ich genieße gerne eine gute. Zigarren sind Kunstwerke, jede einzelne."
Er nahm den Kerzenleuchter vor sich und hielt das vordere Ende vorsichtig hinein. Von der anderen Seite paffte er und leichte Rauchschwaden entstanden, sie erstarken mit jedem Sog. Als das Vorderende glühte, lehnte sich der Gouvernor zurück und nahm eine entspannte Haltung ein.
"In unserer Zeit braucht man manchmal einfach etwas, um wieder anzuhalten und sich des wahren Lebens zu versichern."
Norrington zog eine braue hoch.
"Aufregende Zeit, mein lieber, aufregende Zeit."
*~*~*~*
Will und Lara gingen die Gassen entlang und spähten von einer in die nächste Straße, die hell erleuchtet von den ganzen Laternen waren. Die Straßen schienen sauber, als wäre am Tage gar niemand auf ihr gelaufen und hätte den Sand aus den Schuhen auf dem Pflaster hinterlassen. Die beiden versuchten sich so weit wie möglich in den Gassen zu halten, da diese, im Gegensatz zu den breiteren Straßen nicht beleuchtet waren. So war es, daß man höchstens zwei Schatten hätte erkennen können, die auch von den streunenden Katzen hätten stammen können. So sauber Concordia auch war, gegen Ungeziefer war kaum ein Kraut gewachsen.
Niemand war auf den Straßen. Die Wirtshäuser hatten schon geschlossen, was William verwunderte, selbst am Hafen war es still. In jeder anderen Stadt war es so, daß gerade dort sich jeder Abschaum zusammenfand, um das wenige, was sie besaßen zu vertrinken. Will glaubte ein Bild in seiner Erinnerung zu sehen. Das Bild eines dunklen Ortes, wo alles im Chaos zu sein schien. Wirre Männer, wirbelnde Frauen mit prallen Brüsten und bunte Lichter. Die Erinnerung schien in seinem Kopf Unordnung zu machen, er sah den Ort kaum scharf und es war ihm völlig unbekannt, was er sah. Und doch schien es eine Erinnerung, da war er sich fast sicher. Gelächter und Gebrüll verband er damit. Ein Kerl rempelte ihn an.
"Ey, was willst du?" kam aus dem stinkenden Mund hervor, etwas verzerrt und undeutlich.
Er war so schmutzig, daß seine Kleidung wohl von alleine stehen konnten. Schnell drehte sich Will von ihm weg. Er sah in der Ferne, ganz verschwommen, eine zarte Frau, die ihm bedeutete zu kommen. Ohne zu wissen, warum, folgte er der Aufforderung der herausfordernd gekleideten und zu stark geschminkten Dame. Sie verschwand in einem Haus, welches aussah, wie ein Bordell. Um ihn herum wankten, tanzten oder lagen Leute. Alle fremd. Bis auf eine...
Eine andere dunkelhäutige Frau stand vor ihm, aber ließ den Weg zum dem Haus frei, in dem die erstere verschwunden war. Er betrachtete sich das bekannte Gesicht. Die Augen so dunkel wie Haar und der alte Hut darauf. Verschlissene Hosen endeten in einem vergrauten Hemd.
"Folge ihr nicht," warnte sie mit verheißungsvoller Stimme.
Aber Willam konnte nicht. Wie gerne hätte er sie nach ihrem Namen gefragt oder zumindest noch länger angesehen? Vielleicht hätte er sich an sie erinnert? Doch es war ihm nicht möglich. Seine Beine liefen weiter, er spürte sie gar nicht mehr. Jeder Befehl an sie ging Zwischen Gehirn und Fuß verloren. Er erreichte das Haus und die Schwingtür öffnete sich von alleine. Ein bizarrer Raum eröffnete sich ihm und er konnte nicht mehr unterscheiden, ob er träumte oder wachte. Will befand sich in einer Mischung aus Kneipe und orientalischen Schlafzimmer. Es war stickig. Überall räkelten sich schöne Frauen, leicht bekleidet, in verführerischen Posen. Bunte Stoffe vor den Lampen tauchten das Zimmer in ein schummriges Licht und in der Mitte...
War ein Tisch. Ein Mann saß dort, das Gesicht von einem großen Hut im Schatten gehalten. Schludrige Kleidung trug er, diese Frau, welche ihm den Weg gewiesen hatte, legte ihre Arme von hinten um seine breiten Schultern. Sie schmiegte sich an ihn, wie eine Katze. Mit einem zarten Finger wies sie den jungen Mann an, näher zu kommen.
Also kam er näher.
Will sah, wie der Mann Karten zwischen seinen Fingern geschickt mischte. Es faszinierte ihn, mit welcher Präzision er dies tat, immer und immer wieder. Die Frau wies ihn noch immer an, näher zu kommen. So tat er noch einen Schritt... und noch einen. Als er kaum einen halben Meter vor dem Tisch stehen blieb, ging die Hand der Frau zum Hut des Mannes, oder Piraten? Mit einem grausigen Lächeln, welches ihre feinen Züge entstellte, und einem schnellen Ruck hob sie das schwarze Ding und entblößte so ein sonnengegerbtes Gesicht. Zwei schwarze Augen starrten ihn an und hielten Will fest. Er glaubte, sein Herz bliebe bei diesem Anblick stehen.
"Will!"
Er schrak hoch.
Die Luft war kalt und klar, die Gasse dunkel. Hinter sich spürte er etwas. Eine Hand stieß ihn an.
"Na los! Geh schon weiter, ich glaube, da hinten kommt jemand."
Er spürte den Schweiß auf seiner Stirn, der nicht durch die gegenwärtige Gefahr hervorgerufen worden war. Aber der junge Turner verdrängte den Schock aus seinen Gliedern, seinen Gedanken und lief los. In einem Türrahmen eines alten Fachwerkhauses fanden sie Schutz. Lara spähte aus der Deckung hervor. Schritte kamen näher. Es hörte sich stampfend und gleichmäßig an. Und da erfaßte sie, wen sie gehört hatte. Eine kleine Patroullie marschierte die Straße entlang, welche die Gasse, in der ihr Versteck lag, kreuzte. Achtlos und vielleicht wegen der zur Routine gewordenen Eintönigkeit, liefen die Soldaten weiter, ohne jemals die Bekanntschaft mit denen gemacht zu haben, die einmal in aller Munde und ein Teil der Geschichte Concordias sein würden.
Die Schritte wurden leiser und alle Geräusche erstarben, bis auf das leise Summen der nachtaktiven Falter und Käfer, welche von den Laternen der Straßen angezogen wurden, umhersummten und manchmal, durch das Glas getäuscht, betäubt oder tot zu Boden fielen.
Doch alle Fenster waren dunkel. Nur eines im Keller eines Geschäftes war von schwachem Licht gezeichnet, das Haus des Tuchers. Sie setzten ihren Weg fort.
Laras Kleid schleifte auf dem Boden. Schon zum vierten Mal verfluchte sie es und den Umstand, als Frau zu solcher Kleidung gezwungen zu sein. Aber William achtete nicht auf ihre Ausdrücke, die so manchen Mann hart in den Boden gerammt hätten. Statt dessen klebte sein Blick an etwas vor ihnen. Am Ende der Häuserreihe blieb er stehen und Lara schaute nun an seinen hohen Schultern vorbei.
Vor ihnen lag der Hafen, dunkel und still. Sachte Nebelschwaden hingen über dem Wasser und deckten die Schiffe zu. Doch für zwei von ihnen schien die Decke zu kurz zu sein. Zu ihrer linken lag ein stolzes verziertes Schiff mit weißen, perfekt eingeholten Segeln. Am Hauptmast wehte eine Fahne, mit dem Zeichen der Royal Navy.
In der anderen Richtung, wo das Licht völlig verschluckt zu werden schien, ragte ein riesiger Schatten aus dem plätschernden Wasser. Es war eindeutig.
"So, also zwei fremde Schiffe in Port Concordia," murmelte Will.
"Wer hätte das Gedacht? Ein Schiff der Royal Navy und das eines Piraten beinahe nebeneinander."
Es war in der Tat seltsam. Zwei Feinde, nicht wissend lagen sie beieinander... wobei... zumindest einer der Beiden wußte um die Identität des anderen. Zu Laras Bedauern waren die Informationen auf der falschen Seite. William ging weiter, immer vorsichtig darauf bedacht, im Schatten zu bleiben. Lara folgte dem Mann, mit ähnlicher Grazie wand sie sich im Dunkel entlang und suchte sich ihren Weg.
Will hörte das leise Plätschern der Wellen, wie sie gegen den großen Bug des Schiffes schlugen, das er ins Auge gefaßt hatte und von dem er sich nun keine zwanzig Meter entfernt befand. Ein vertrauter Anblick bot sich ihm, wie er ihn oft gesehen hatte, als er selbst auf diesem Schiff gesegelt war.
Die Nachtwache stand stramm und bewegte sich keinen Meter. Es mußten etwa fünf auf dem Deck sein, doch einige weniger, als früher. Aber eine weitere Veränderung fiel ihm auf... Sie redeten miteinander. Unter Bill hatte dies keine Wache gewagt, jeder hatte strikt Ausschau zu halten, ohne sich ablenken zu lassen. Doch nun...
*Du wirst schon nachlässig, Seth,* überlegte Will bei sich.
Es war eine Schande, was dieser junge Kerl nicht alles in den Ruin treiben konnte. Das Schiff, die Disziplin der Mannschaft, sogar Bill Turner selbst. Ein Schauer lief über Wills Rücken und er mußte sich schütteln, was Laras Aufmerksamkeit erregte.
Haß und Liebe bereiteten dem jungen Mann einen Konflikt. Er wollte aufs Schiff, die Wellen des Meeres durch das Deck hindurch spüren, er wollte die Mannschaft ermahnen, die Segel setzen. Und dennoch... er zögerte, sein Schritt wurde für einen Augenblick unsicher und beinahe hätte er sich nach Lara umgedreht, um sich zu versichern, daß sie ihm den Rücken deckte. Doch wie eine Unterstützung drang ihre Stimme an sein Ohr.
"Fünf Männer an Deck, plus einer im Aussichtsturm. Na, willst du deinen alten Kameraden nicht einen Besuch abstatten?" Ein Hauch von Hohn lag darin...
Will sah nicht zu ihr.
"Ja, das ist eine Idee," meinte er nachdenklich.
Und im nächsten Moment, ohne Acht, lief er schnurstracks auf das Schiff zu.
"Will!" zischte Lara, versuchte noch seinen Arm zu erwischen, bevor der Mann aus dem Schatten wich.
Aber sie griff ins Leere. William war bereits ins schwache Licht der Laternen gelaufen, ohne Zögern, ohne sich umzusehen, ob Lara ihm folgte.
Sie tat es auch nicht, sondern blieb versteckt, malte sich aus, was nun passieren konnte. Doch ehe sie sich versah, verschwand Will im Dunkel unter dem Schiff.
*Sie haben ihn nicht gesehen,* stellte sie verwundert fest.
Er war nun nicht mehr als ein Schatten und Lara konnte seine Bewegungen nur vermuten. Hier und da glaubte sie einen Arm, ein Bein, oder einen Stiefel zu sehen, aber als eine Weile nichts geschehen war, stöhnte sie. Sollte sie ihm folgen? Wartete er auf sie?
*Ich bin doch nicht lebensmüde!* Schnaubte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Aber genau in diesem Augenblick kam Will wieder aus dem Schatten hervor und zwar festen Schrittes. Er hielt genau auf die Planke zu und.... betrat sie, ging einfach auf das Schiff!
@Flitzebogen: Schön, daß du noch da bist! Hab dich vermißt die letzten Chapis *g*...
@Nilaihlah: Net vor Spannung sterben! NEEEEEEEEEEEIIIIN! Bin auch gaaanz brav und schreib weiter!
@Minui: Heißt bei mir nix Gutes? Grmpf! Hehe... nee, weiß scho, was du dabei gedacht hast. Hast vielleicht auch Grund dazu *lol*...
@Elanor: Huiuiui! Was für ein Lob! *bedankt sich* *ist geehrt* Bin ich aber froh, daß es dir net langweilig wird! Gebe mir weiterhin Mühe... *schleicht weiter*
@Liberty: Bin I Blöd oder was? Welche Story ist denn von dir? *findet net* Mußte mir mal schreiben, denn langsam machste mich echt neugierig!
Guten Rutsch! Was habt ihr euch vorgenommen fürs neue Jahr? Nu ja... meins ist klar: Ich will mehr schreiben *g* Viel Spaß!
*~*~*~*~*~*
A Sons Revenge 7
Die Schatten Concordias
"Wo bleibt sie nur?" William rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her.
Seinen schweren, grauen Krug hatte er noch nicht angerührt und die Schaumkrone war bereits verschwunden.
Auch Lara machte sich Sorgen. Nun warteten sie schon so lange auf Elizabeth und immer noch nichts. Was machte die junge Swann nur? Bummelte sie etwa immer noch durch die Stadt? Die Geschäfte mußten aber längst alle geschlossen sein.
"Ich glaube, hier riecht was faul," meinte sie. "Verlaufen kann sie sich nicht haben."
In beiden wuchsen schlimme Befürchtungen heran. Keiner wollte sich ausmalen, was passiert war. Dennoch ließ es sie nicht zur Ruhe kommen. War sie etwa ihrem früheren Verlobten über den Weg gelaufen? Oder war das dunkle Schiff, von dem der Baumfäller gesprochen hatte, etwa wirklich das Schiff ohne Namen?
Ihr zweiter Versuch, den Gouvernor zu sprechen war genauso mißlungen, wie der erste.
"Er ist nicht zu sprechen," hatte die Wache gemeint und sie abgewiesen, diesmal ohne die Freundlichkeit, die sie beim letzten Versuch erfahren hatten.
In Lara regte sich langsam Mißtrauen. War die Pearl entdeckt?
"Sollen wir uns am Hafen umsehen?" fragte Will.
Lara rieb sich den Nasenrücken. Was sollten sie nur tun?
"Nein, wir bleiben noch ein bißchen. Vielleicht taucht sie noch auf. Wenn sie um Mitternacht noch nicht hier ist, gehen wir hinunter. Wenn Bills Schiff hier ist, dann will ich es mit eigenen Augen sehen."
William drehte sich der Magen um. Es gab Wünschenswerteres, als dieses Schiff wieder zu sehen. Aber auf die Begegnung mit Seth brannte er geradezu. Iona kam ihm in den Sinn. Die blauen Augen, das schmale Gesicht, der kleinen Person. Unbewußt schickte er ein Stoßgebet zum Himmel.
"Unsere Reise steht unter gar schlechten Sternen," seufzte Lara. "Kaum ist Mars verblaßt, schon erleuchtet Juppiter. Ist uns keiner der Götter hold?"
"Nicht diese vermeintlichen Götter sind dafür verantwortlich." Verachtung lag in des jungen Turners Stimme.
Lara zog eine Braue hoch.
"Ach nein? Und wem gibst du die Schuld? Dem Schicksal?"
"Legst du die Verantwortung immer in übernatürliche Hände?"
Lara lachte.
"Beantwortest du Fragen immer mit Gegenfragen?"
"Warum denkst du, ich würde...."
Einen Augenblick trat Schweigen ein. Will war verdutzt über sich selbst und Lara sehr amüsiert. Doch letztendlich brach beiderseitiges Gelächter die Stille und endlich nahm der Mann einen Schluck Bier. William beobachtete sein Gegenüber. Lara lachte immer noch etwas und griff nun ebenfalls zu ihrem Krug. Mit kräftigen Armen hob sie das schwere Ding hoch, fast mühelos. Das kleine Grübchen in ihrer linken Wange verschwand zusammen mit dem Lachen und blieb nur noch als Schatten des Grinsens zurück, welches ihr gut zu Gesicht stand. Er sah daran vorbei und flammendes Rot wurde in seinem Blickfeld entfacht. Es gereichte ihr auf die Schultern herab und sogar noch weiter. Eine dieser Feuerzungen fiel direkt in ihren Ausschnitt hinein, ohne die weiße Haut dort zu verbrennen.
Sie setzte ihren Krug ab, Will sah schnell in die Kneipe hinein. Wurde ihr Grinsen breiter?
*~*
"Es tut mir sehr leid, Mister Norrington, daß ich sie heute Mittag so schnell verlassen mußte. Aber es war doch von großer Wichtigkeit."
Edward nickte, als der Gouvernor sich zu ihm an den Tisch in der grünen Kajüte setzte.
"Dafür revangiere ich mich!"
Harington winkte dem Wirt zu und dieser machte sich sofort daran zwei Krüge mit seinem besten Bier zu füllen.
"Ich habe die Rundfahrt dennoch genossen."
"Das möchte ich auch hoffen," grinste der Gouvernor.
"Wißt Ihr von dem großen Schiff, welches im Hafen anliegt?"
"Ich weiß von jedem Schiff, das dort anliegt. Da bin ich sehr genau."
"Ich kenne es nicht, es ist mir fremd. Zuerst dachte ich gar, es sei ein Piratenschiff, welches vor einiger Zeit mal in Port Royal war, dann aber spurlos verschwunden ist."
Harington lachte und grollend zog es durch das Wirtshaus, die Stimmen um sie herum wurden etwa leiser, als Leute sich umblickten und aufhörten zu reden.
"Ein Piratenschiff? Ich würde das niemals zulassen! Und schon gar nicht würde ich es bei den Reparaturen unterstützen."
"Ja, es sah sehr mitgenommen aus, vielleicht wart es von welchen angegriffen worden? Wie lange liegt es hier?"
"Nicht viel länger als die Dauntless. Nur wenige Stunden kam es Euch zuvor und in der Tat, berichtete mir der Kapitän, daß sie angegriffen wurden von schrecklichen Piraten."
"Von welchen?"
"Er konnte mir den Namen des Schiffes nicht nennen. Seltsam, wenn man bedenkt, daß es nicht mehr viele ernst zunehmende Piraten in der Karibik gibt."
Norrington nickte und wieder wuchs Stolz in seiner Brust.
"Ja, die Royal Navy kommt ihrer Aufgabe so gut nach, wie es geht."
"Das will ich meinen."
Der Wirt kam an den Tisch und stellte die schweren großen Krüge vor die Männer. Sogleich verschwand er wieder und wandte sich den nächsten Gästen zu. Harington nahm einen und führte ihn zum Mund, trank einen Schluck. Norrington wollte es ihm gleich tun, doch als er anheben wollte, bemerkte er, daß der Krug schwerer war, als erwartet. Aber er wollte nicht zwei Hände gebrauchen, um das Gefäß anzuheben. Also schloß er den Griff fester und hob mit mehr Kraft. Der Krug löste sich vom Tisch. Der Commodore nahm einen großen Schluck und hoffte, so das Gewicht etwas verringern zu können. Schnell begann er, wieder zu reden, um die Situation etwas zu überspielen.
"Wer befehligt dieses Schiff? Ich konnte keinen Namen darauf erkennen."
"Der Kapiän ist ein ziemlich junger Mann. Westend ist sein Name. Das Schiff dagegen ist schon etwas älter und der Name scheint nur verblaßt zu sein. Es heißt Hammer. Ein passender Name, wenn Ihr mich fragt."
Norrington rief sich den Anblick des Gefährts ins Gedächtnis. Ja, wie ein Hammer hatte es ihn auch getroffen, hatte ihm den Atem aus der Brust genommen, seinen Kopf schwirren lassen. Welch ein gewaltiges, eindrucksvolles Schiff! Wahrscheinlich konnten sie von Glück sprechen, daß dies keine Piraten waren.
"Was war denn so Dringend heute Mittag?"
"Ach, nur eine kleine Streitigkeit, vielleicht wäre sie auch so schnell zu Ende gewesen, aber ich fungiere gerne als Schlichter. So kann ich sicher gehen, daß hier nicht unrecht angetan wird."
"Wer könnte besser Recht sprechen, als der Gouvernor selbst?" Norrington nickte bestätigend.
"Ich will, daß diese Stadt ihren Namen verdient. Concordia..."
"... die Eintracht," brachte der Commodore den Satz zu Ende. "So soll es sein."
"So soll es sein!" grölte der Gouvernor laut und die Gäste stimmten mit ein.
Manchmal erinnerte Harington den Commodore an einen Krieger oder Barbaren. Nicht, daß er den Edelmann dafür hielt, aber seine Gestalt, seine Stimme... wenn er diese erhob, so schien es fast, als brüllte er einen Kampfschrei.
In der Kneipe ertönte ein altes Seemannslied, die Stimmung war ergreifend und versetzte selbst Norrington in eine patriarchische Stimmung. Harington sang einige Zeilen mit seiner dunklen vollen Stimme und verstärkte den Chor um einen untermauernden Baß. Nach dem Ende des ersten Refrains lachte er erneut und wandte sich wieder seinem Gast zu, der mit beeindruckten Blick umher sah.
"Was habt Ihr morgen vor?
Der Commodore wurde aufgeschreckt.
"Was?"
"Wie gedenkt Ihr Euch morgen die Zeit zu vertreiben?"
"Nun, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. In Wirklichkeit habe ich gehofft, daß Ihr mir einen Vorschlag unterbreiten könntet."
"Ja, das könnte ich allerdings. Seid Ihr Jagd begeistert?"
"Zumindest wenn es sich um Piratenjagd handelt, aber sonst kann ich ihr wenig abgewinnen."
"Das bedaure ich. Es ist sicher nicht die schlechteste Übung seine Hand ruhig und den Geist frei zu halten."
Der Commodore schüttelte den Kopf.
"Nein, dies ist nichts für mich. Ich bin ein Mann der See. Aber wenn ihr danach Zeit habt, so könntet ihr mir die Festung noch zeigen, bevor ich wieder zurück muß."
"Ich dachte mir schon, daß Ihr dies letztendlich doch noch vorschlagen würdet. Natürlich werde ich noch eine Führung für Euch arrangieren."
Ein zufriedener Ausdruck kehrte ins Gesicht des Commodore ein. Darauf hatte er sich schon gefreut.
Harington holte eine lange dicke Zigarre aus seiner Brusttasche hervor und seine großen Hände fuhren genießend über die glatten Tabakblätter. Dann führte er sie zu seiner Nase und sog den süßlichen Duft tief ein.
"Rauchen sie?"
"Wieder muß ich höflichst verneinen."
"Ich genieße gerne eine gute. Zigarren sind Kunstwerke, jede einzelne."
Er nahm den Kerzenleuchter vor sich und hielt das vordere Ende vorsichtig hinein. Von der anderen Seite paffte er und leichte Rauchschwaden entstanden, sie erstarken mit jedem Sog. Als das Vorderende glühte, lehnte sich der Gouvernor zurück und nahm eine entspannte Haltung ein.
"In unserer Zeit braucht man manchmal einfach etwas, um wieder anzuhalten und sich des wahren Lebens zu versichern."
Norrington zog eine braue hoch.
"Aufregende Zeit, mein lieber, aufregende Zeit."
*~*~*~*
Will und Lara gingen die Gassen entlang und spähten von einer in die nächste Straße, die hell erleuchtet von den ganzen Laternen waren. Die Straßen schienen sauber, als wäre am Tage gar niemand auf ihr gelaufen und hätte den Sand aus den Schuhen auf dem Pflaster hinterlassen. Die beiden versuchten sich so weit wie möglich in den Gassen zu halten, da diese, im Gegensatz zu den breiteren Straßen nicht beleuchtet waren. So war es, daß man höchstens zwei Schatten hätte erkennen können, die auch von den streunenden Katzen hätten stammen können. So sauber Concordia auch war, gegen Ungeziefer war kaum ein Kraut gewachsen.
Niemand war auf den Straßen. Die Wirtshäuser hatten schon geschlossen, was William verwunderte, selbst am Hafen war es still. In jeder anderen Stadt war es so, daß gerade dort sich jeder Abschaum zusammenfand, um das wenige, was sie besaßen zu vertrinken. Will glaubte ein Bild in seiner Erinnerung zu sehen. Das Bild eines dunklen Ortes, wo alles im Chaos zu sein schien. Wirre Männer, wirbelnde Frauen mit prallen Brüsten und bunte Lichter. Die Erinnerung schien in seinem Kopf Unordnung zu machen, er sah den Ort kaum scharf und es war ihm völlig unbekannt, was er sah. Und doch schien es eine Erinnerung, da war er sich fast sicher. Gelächter und Gebrüll verband er damit. Ein Kerl rempelte ihn an.
"Ey, was willst du?" kam aus dem stinkenden Mund hervor, etwas verzerrt und undeutlich.
Er war so schmutzig, daß seine Kleidung wohl von alleine stehen konnten. Schnell drehte sich Will von ihm weg. Er sah in der Ferne, ganz verschwommen, eine zarte Frau, die ihm bedeutete zu kommen. Ohne zu wissen, warum, folgte er der Aufforderung der herausfordernd gekleideten und zu stark geschminkten Dame. Sie verschwand in einem Haus, welches aussah, wie ein Bordell. Um ihn herum wankten, tanzten oder lagen Leute. Alle fremd. Bis auf eine...
Eine andere dunkelhäutige Frau stand vor ihm, aber ließ den Weg zum dem Haus frei, in dem die erstere verschwunden war. Er betrachtete sich das bekannte Gesicht. Die Augen so dunkel wie Haar und der alte Hut darauf. Verschlissene Hosen endeten in einem vergrauten Hemd.
"Folge ihr nicht," warnte sie mit verheißungsvoller Stimme.
Aber Willam konnte nicht. Wie gerne hätte er sie nach ihrem Namen gefragt oder zumindest noch länger angesehen? Vielleicht hätte er sich an sie erinnert? Doch es war ihm nicht möglich. Seine Beine liefen weiter, er spürte sie gar nicht mehr. Jeder Befehl an sie ging Zwischen Gehirn und Fuß verloren. Er erreichte das Haus und die Schwingtür öffnete sich von alleine. Ein bizarrer Raum eröffnete sich ihm und er konnte nicht mehr unterscheiden, ob er träumte oder wachte. Will befand sich in einer Mischung aus Kneipe und orientalischen Schlafzimmer. Es war stickig. Überall räkelten sich schöne Frauen, leicht bekleidet, in verführerischen Posen. Bunte Stoffe vor den Lampen tauchten das Zimmer in ein schummriges Licht und in der Mitte...
War ein Tisch. Ein Mann saß dort, das Gesicht von einem großen Hut im Schatten gehalten. Schludrige Kleidung trug er, diese Frau, welche ihm den Weg gewiesen hatte, legte ihre Arme von hinten um seine breiten Schultern. Sie schmiegte sich an ihn, wie eine Katze. Mit einem zarten Finger wies sie den jungen Mann an, näher zu kommen.
Also kam er näher.
Will sah, wie der Mann Karten zwischen seinen Fingern geschickt mischte. Es faszinierte ihn, mit welcher Präzision er dies tat, immer und immer wieder. Die Frau wies ihn noch immer an, näher zu kommen. So tat er noch einen Schritt... und noch einen. Als er kaum einen halben Meter vor dem Tisch stehen blieb, ging die Hand der Frau zum Hut des Mannes, oder Piraten? Mit einem grausigen Lächeln, welches ihre feinen Züge entstellte, und einem schnellen Ruck hob sie das schwarze Ding und entblößte so ein sonnengegerbtes Gesicht. Zwei schwarze Augen starrten ihn an und hielten Will fest. Er glaubte, sein Herz bliebe bei diesem Anblick stehen.
"Will!"
Er schrak hoch.
Die Luft war kalt und klar, die Gasse dunkel. Hinter sich spürte er etwas. Eine Hand stieß ihn an.
"Na los! Geh schon weiter, ich glaube, da hinten kommt jemand."
Er spürte den Schweiß auf seiner Stirn, der nicht durch die gegenwärtige Gefahr hervorgerufen worden war. Aber der junge Turner verdrängte den Schock aus seinen Gliedern, seinen Gedanken und lief los. In einem Türrahmen eines alten Fachwerkhauses fanden sie Schutz. Lara spähte aus der Deckung hervor. Schritte kamen näher. Es hörte sich stampfend und gleichmäßig an. Und da erfaßte sie, wen sie gehört hatte. Eine kleine Patroullie marschierte die Straße entlang, welche die Gasse, in der ihr Versteck lag, kreuzte. Achtlos und vielleicht wegen der zur Routine gewordenen Eintönigkeit, liefen die Soldaten weiter, ohne jemals die Bekanntschaft mit denen gemacht zu haben, die einmal in aller Munde und ein Teil der Geschichte Concordias sein würden.
Die Schritte wurden leiser und alle Geräusche erstarben, bis auf das leise Summen der nachtaktiven Falter und Käfer, welche von den Laternen der Straßen angezogen wurden, umhersummten und manchmal, durch das Glas getäuscht, betäubt oder tot zu Boden fielen.
Doch alle Fenster waren dunkel. Nur eines im Keller eines Geschäftes war von schwachem Licht gezeichnet, das Haus des Tuchers. Sie setzten ihren Weg fort.
Laras Kleid schleifte auf dem Boden. Schon zum vierten Mal verfluchte sie es und den Umstand, als Frau zu solcher Kleidung gezwungen zu sein. Aber William achtete nicht auf ihre Ausdrücke, die so manchen Mann hart in den Boden gerammt hätten. Statt dessen klebte sein Blick an etwas vor ihnen. Am Ende der Häuserreihe blieb er stehen und Lara schaute nun an seinen hohen Schultern vorbei.
Vor ihnen lag der Hafen, dunkel und still. Sachte Nebelschwaden hingen über dem Wasser und deckten die Schiffe zu. Doch für zwei von ihnen schien die Decke zu kurz zu sein. Zu ihrer linken lag ein stolzes verziertes Schiff mit weißen, perfekt eingeholten Segeln. Am Hauptmast wehte eine Fahne, mit dem Zeichen der Royal Navy.
In der anderen Richtung, wo das Licht völlig verschluckt zu werden schien, ragte ein riesiger Schatten aus dem plätschernden Wasser. Es war eindeutig.
"So, also zwei fremde Schiffe in Port Concordia," murmelte Will.
"Wer hätte das Gedacht? Ein Schiff der Royal Navy und das eines Piraten beinahe nebeneinander."
Es war in der Tat seltsam. Zwei Feinde, nicht wissend lagen sie beieinander... wobei... zumindest einer der Beiden wußte um die Identität des anderen. Zu Laras Bedauern waren die Informationen auf der falschen Seite. William ging weiter, immer vorsichtig darauf bedacht, im Schatten zu bleiben. Lara folgte dem Mann, mit ähnlicher Grazie wand sie sich im Dunkel entlang und suchte sich ihren Weg.
Will hörte das leise Plätschern der Wellen, wie sie gegen den großen Bug des Schiffes schlugen, das er ins Auge gefaßt hatte und von dem er sich nun keine zwanzig Meter entfernt befand. Ein vertrauter Anblick bot sich ihm, wie er ihn oft gesehen hatte, als er selbst auf diesem Schiff gesegelt war.
Die Nachtwache stand stramm und bewegte sich keinen Meter. Es mußten etwa fünf auf dem Deck sein, doch einige weniger, als früher. Aber eine weitere Veränderung fiel ihm auf... Sie redeten miteinander. Unter Bill hatte dies keine Wache gewagt, jeder hatte strikt Ausschau zu halten, ohne sich ablenken zu lassen. Doch nun...
*Du wirst schon nachlässig, Seth,* überlegte Will bei sich.
Es war eine Schande, was dieser junge Kerl nicht alles in den Ruin treiben konnte. Das Schiff, die Disziplin der Mannschaft, sogar Bill Turner selbst. Ein Schauer lief über Wills Rücken und er mußte sich schütteln, was Laras Aufmerksamkeit erregte.
Haß und Liebe bereiteten dem jungen Mann einen Konflikt. Er wollte aufs Schiff, die Wellen des Meeres durch das Deck hindurch spüren, er wollte die Mannschaft ermahnen, die Segel setzen. Und dennoch... er zögerte, sein Schritt wurde für einen Augenblick unsicher und beinahe hätte er sich nach Lara umgedreht, um sich zu versichern, daß sie ihm den Rücken deckte. Doch wie eine Unterstützung drang ihre Stimme an sein Ohr.
"Fünf Männer an Deck, plus einer im Aussichtsturm. Na, willst du deinen alten Kameraden nicht einen Besuch abstatten?" Ein Hauch von Hohn lag darin...
Will sah nicht zu ihr.
"Ja, das ist eine Idee," meinte er nachdenklich.
Und im nächsten Moment, ohne Acht, lief er schnurstracks auf das Schiff zu.
"Will!" zischte Lara, versuchte noch seinen Arm zu erwischen, bevor der Mann aus dem Schatten wich.
Aber sie griff ins Leere. William war bereits ins schwache Licht der Laternen gelaufen, ohne Zögern, ohne sich umzusehen, ob Lara ihm folgte.
Sie tat es auch nicht, sondern blieb versteckt, malte sich aus, was nun passieren konnte. Doch ehe sie sich versah, verschwand Will im Dunkel unter dem Schiff.
*Sie haben ihn nicht gesehen,* stellte sie verwundert fest.
Er war nun nicht mehr als ein Schatten und Lara konnte seine Bewegungen nur vermuten. Hier und da glaubte sie einen Arm, ein Bein, oder einen Stiefel zu sehen, aber als eine Weile nichts geschehen war, stöhnte sie. Sollte sie ihm folgen? Wartete er auf sie?
*Ich bin doch nicht lebensmüde!* Schnaubte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Aber genau in diesem Augenblick kam Will wieder aus dem Schatten hervor und zwar festen Schrittes. Er hielt genau auf die Planke zu und.... betrat sie, ging einfach auf das Schiff!
