So, hier also ein etwas größeres Chapi! Aber ich kann euch beruhigen, das
Ende kommt in absehbarer Zeit. Bzw. die beiden Enden. Ich werde denen von
euch, die ein vielleicht schöneres, aber eben offenes Ende wollen,
rechtzeitig sagen, wann sie aufhören sollen, zu lesen. Für alle anderen
geht's danach noch um ein oder zwei Kapitel weiter, weil ich mir was
gaaaaaaanz böses ausgedacht hab. Da kommt ihr nie drauf. Oki, kann ich
abschätzen, wie lange es noch dauert? Im Moment bin ich etwa zehn Seiten
weiter und leite grad den Showdown ein, also vielleicht haltet ihr ja noch
so lange aus? Viel Spaß!
@Minui: Jack seekrank? *lol* klar doch!
@Elanor8: Na? Ob der Liebe Jacky jemals wieder zu seinem Rum kommt?
@Kim: Keine Sorge, lasse euch nicht mehr lange zappeln... ;-) hoffe, die Länge dieses Kapitels sagt dir eher zu...
@Liberty: Jaja, wohin steck ich die Lara wohl am Schluß? kA... Warum geht denn das mit deiner Fic net? *ist verwirrt* haste dich mal an die Leute vom ff.net gewendet? Wäre wirklich schade, wenn uns die Story durch die Lappen ginge. Jedenfalls freu ich mich schon wieder auf dich, auch wenn du erst in 3 Wochen wieder kommst *winkt mit weißem Taschentuch* *schnief*
A Sons Revenge 9
Im Schloß
Nächster Tag
Wo war er nur? Verdammt! Es kam ihm vor als hätten sie die schweigende Insel niemals verlassen und er befand sich immer noch im dichten Dschungel dieses unbequemen und höchst unheimlichen Ortest, an den er lieber nicht mehr zurück dachte.
Langsam und mit unsicheren Schritten kam er voran, immer ein Stückchen weiter. Seine festen Stiefel kamen ihm ungeheuer schwer vor und Schweiß Perlte von seiner Stirn. Aber er gab nicht auf, schließlich war er Kapitän Jack Sparrow, wie er sich immer wieder ins Gedächtnis rief. Und seine eigends auferlegte Mission hieß: Die Rettung der Pearl, die Rettung Ionas und sollte es denn auch noch nötig sein nebenher die Rettung Elizabeths, Laras und Wills... Wer weiß in welche Schwierigkeiten sie sich brachten.
Schnell verdrängte er eine Erinnerung von seiner Gefangenschaft. Er wollte gar nicht daran denken, welche Fähigkeiten Lara Jade schon unter Beweis gestellt hatte.
Wo war nur diese verfluchte Stadt?! Im wahrsten Sinne des Wortes verflucht... naja, vielleicht nicht wie es die Mannschaft Barbossas war, aber dennoch irgendwie unter einem bösen Einfluß.
Es war bereits dämmrig und der Weg wurde immer unsichtbarer. Hier und da spielte der Wald ihm einen bösen Streich, ließ ihn über Wurzeln und Steine stolpern und das noch zumal er sowieso sehr wankend auf den Beinen war.
"Ich könnte einen Schluck Rum vertragen," sprach Jack zu sich selbst.
Aber sein Magen knurrte nach etwas ganz anderem. Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verdrängen und wurde sofort wieder von Schwindel erfaßt.
Er hielt an und lehnte gegen einen Baum, verschnaufte.
"Dreckskaff!" fluchte der Pirat.
Aber gerade als er sich hinsetzen wollte, glaubte er vorne, weit vor sich, zu erkennen, daß der Wald sich lichtete. Mit einem Ruck stieß er sich von seiner Stütze ab und wankte weiter.
Seine Augen hatten ihn nicht getäuscht! Der Wald teilte sich, als Jack aus ihm heraus trat und gab den Blick auf Felder und Häuser in weiter Entfernung preis.
Es lag vor ihm... Concordia, die Eintracht. Und so sah es auch aus... friedlich lag es im Dämmerlicht, gab gerade mal noch einen hauchdünnen Streifen der untergehenden Sonne preis. Mit der hereinbrechenden Dunkelheit würde er es geschafft haben.
*~*~*~*~*
Nacht zuvor
Lara schlich durch die Gassen, suchte nach ihrem Begleiter, nicht sicher, was sie sagen würde, wenn sie ihn gefunden hatte. Dieser Vorfall war höchst eigenartig gewesen, aber traute sie sich, ihn danach zu fragen? Lara beschloß, nicht weiter darüber nachzudenken und lieber ihre Aufmerksamkeit der Suche zuzurichten. Sie war überzeugt, daß zu gegebener Zeit sich Fragen von ganz alleine klären würden.
Sie blieb an einer Ecke der Gasse, in der sie gerade gelaufen war, stehen und spähte auf die Straße, in ihrem matten Licht. Nichts.
Ihre Schulter!
Mit Schwung und zu Fäusten geballten Händen drehte sie sich um, bereit zum Schlag, blieb aber abrupt stehen. Ihre Rechte war gefangen in einer Kräftigen Hand, die vor Anstrengung zitterte. Es fiel ihr anscheinend nicht gerade leicht, den Schlag der Frau aufzuhalten. Doch das war auch nicht weiter nötig. Lara sah auf in ein ihr bekanntes Gesicht und befahl strikt ihren Muskeln, sich zu entspannen, sich nicht mehr zu wehren.
"Ich habe nach dir gesucht," entfuhr es ihr zischend.
William stand vor ihr und machte keine Anstalten, sich zu rechtfertigen.
"Sie waren nicht da."
Lara brauchte einen kurzen Augenblick, um sich zu sammeln, das gerade Gesagte in einen sinnreichen Zusammenhang zu zwängen, ihre Wut zu zügeln.
"Iona und Elizabeth?"
Der Mann nickte.
"Keine von beiden..."
Lara versuchte zu erfassen, was dies für sie bedeutete und kam zu dem weniger erfreulichen Schluß, daß sie ganz von vorn anfangen mußten mit der Suche.
Will setzte sich auf eine Holzkiste, die jemand in der Gasse zurückgelassen hatte und stützte das Gesicht in die Hände. Lara ließ sich an der Wand zu Boden gleiten.
"Wo könnten sie nur sein? Seth kann hier nicht Fuß fassen. Wenn Harington wüßte, daß er ein Pirat ist, er wäre tot. Und gerade dies ist hier nur eine Frage der Zeit."
Lara lauschte der sanften Stimme des jungen Turners und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Irgendetwas machte ihr Sorgen, lag schon seit ihrer Ankunft hier auf ihrer Seele. Es war ihn ihrem Hinterkopf. Sei es eine unbewußte Vermutung oder weibliche Intuition, aber es war da, nagte an ihrem Bewußtsein, versuchte sie auf den Fehler aufmerksam zu machen, der hier war. Wie ein beständiges Tropfen auf ihre Schädelmitte, welches sie langsam in den Wahnsinn trieb. Wo war der Fehler in ihrem Denken?
"Irgendetwas ist faul," schloß Will und Lara nickte unmerklich, weniger als seine Zustimmung, als zu sich selbst.
"Irgendwas und es liegt direkt vor unserer Nase."
Will sah zu ihr auf mit fragendem Blick.
"Ich weiß auch nicht was, aber ich habe ein ganz mulmiges Gefühl, schon seit wir hier angekommen sind, genauer, seit wir am Schloß waren. Harington ist nicht das, was er scheint."
Ein leichtes Seufzen entwand sich Wills schmalen Lippen. Er sah auf seine Hände. Lange geschickte Finger hatte er. Aber er erinnerte sich, daß sie früher einmal kräftiger gewesen waren. Sie hatten etwas an Stärke verloren. Doch rauh waren sie immer noch. Die See war unbarmherzig und hart zu allen, die sie bezwingen wollten und Wind und Wetter machten selbst die sanfteste Haut schnell brüchig und gereizt. Seine Fingerspitzen waren kalt, als hätte sein Herz nicht genug Kraft, das Blut auch in die letzten Enden seines Körpers zu pumpen. Will bewegte sie etwas, aber es half nichts.
Seine Hände waren weiß. Er sah an ihnen vorbei und auch vorbei an seinen Knien auf den Boden. In einer Pfütze zwischen seinen Beinen sah er ein erschreckend bleiches Gesicht und es graute ihm, daß es sein eigenes war. Die dunklen Augen starrten irre heraus, hoben sich ganz und gar vom weißen Gesicht ab.
"Das bin ich nicht," flüsterte er und wollte sich abwenden, doch er war wie erstarrt.
Im Wasserspiegel sah er noch etwas anderes. Hinter seiner linken Schulter blitzte etwas. Will konzentrierte sich stärker darauf und erkannte einen breiten Säbel, der blinken das Mondlicht in die Pfütze warf.
"Will!"
Er schrak hoch.
"Was?!" fragte er etwas zu laut und Lara zuckte zusammen.
"Pssst. Wo bist du nur immer mit deinen Gedanken? Das könnte uns noch in echte Schwierigkeiten bringen!"
William sah sie verständnislos an, dann über seine linke Schulter. Blanker Stein starrte ihm entgegen. Er blickte an seinen Beinen entlang.
Unter ihm nichts als die Kiste und der gepflasterte trockene Boden.
"Ich sagte, wir sollten erneut zur Gouvernors-Villa gehen und uns dort einmal umsehen."
William starrte noch immer auf den Boden, aber nickte.
"Ja, ich denke, das ist die beste Möglichkeit, hier weiter zu kommen."
*~*~*~*~*
Nächste Nacht
Schwindel riß ihn halb mit sich, halb lenkte er seine Schritte selbst. Die Gassen waren dunkel und die Straßen unbelebt. Er war endlich in Concordia. Im bürgerlichen Stadtteil vermutete er mit verwirrtem Geist. Ihm war übel und der Hauch von Gallegeschmack in seinem Mund linderte dies nicht unbedingt. Zu seinen ohnehin schon schwarz unterstrichenen Augen hatten sich noch Augenringe hinzugesellt, die sich nun um die Wette tiefer in sein Gesicht gruben. Drei Patroullien war er bereits knapp entgangen, obwohl er erst seit zwanzig Minuten in der Stadt war. Er hatte sich immer noch gerade so in eine kleinere Gasse retten können. Jack stolperte, fing sich an einer Wand auf. Als er nach oben schaute erschrak er fast, doch sogleich beruhigte er sich wieder. Ein süßes Gesicht starrte ihn an, er erkannte die sanften Umrisse.
"Hallo, schönes Kind," lallte er beinahe unverständlich.
Doch sie regte sich nicht, starrte ihn weiter an, ihr Körper im Tanz innehaltend.
Jack Sparrows Gedanken waren nicht klar genug, als daß er an diesem Abend noch hätte erkennen können, daß er verschmitzt eine Brunnenstatue anlächelte. Das Mädchen aus Mamor tanzte graziös am Brunnenrand entlang niemals in Gefahr hinein zu fallen.
Aber Jack war dies in der Tat. Ihr Gesicht verblaßte.
*Wäre ich doch nur auf der Pearl geblieben...*
Plötzlich war es weg.
Der Kapitän der Pearl lag bewußtlos auf dem Boden, mitten in Concordia, dem wohl schlechtesten Platz für einen Piraten, um entdeckt zu werden. Denn hier würde sich wohl kein Bürger eines Sittenstrolches wie ihm barmherzig annehmen. Hier würde sich nur einer einem Piraten annehmen. Ein Soldat, der ihn auf dem schnellsten Wege zum Strick führen würde.
In der Ferne ertönte der Gleichschritt einer Patroullie, der näher kam.
Zwei kräftige schwarze Hände fuhren auf den Piraten hinab und packten ihn unsanft, hoben den schlappen Körper auf eine breite Schulter. Der Kapitän wurde weg getragen.
Die Schritte verstummten wieder in der Nacht.
*~*~*~*~*
16 Stunden zuvor
Hier und da lief jemand vorbei. Es war Zeit.
William drehte seinen kalten etwas steifen Oberkörper nach rechts und sah auf die Schlafende, deren Kopf auf seinen Oberschenkeln ruhte. Die letzte Nachtwache - die seine - war nun vorüber. Lara hatte, von ihm ungewollt, die erste und längste Wache übernommen. Sie hatte ihn zu spät geweckt und deshalb etwa eine Stunde länger gewacht, als er. Wahrscheinlich aus Mißtrauen heraus, vermutete der junge Mann. Doch dies kümmerte ihn kaum.
Nun war es sechs Uhr in der Früh und die ersten Leute liefen zum Markt oder gingen sonstigen Tätigkeiten nach. Noch waren es nur wenige, was Lara erlaubt hatte, so lange zu schlafen, doch dies würde sich bald ändern.
Sanft aber bestimmend weckte der junge Pirat die Frau an seiner Seite und mit einem großen Gähnen und den Schlaf aus den Augen reibend erhob sich Lara Jade, deren rotes wallendes Haar etwas zerzaust schien.
"Gut geschlafen?"
In dem Morgengruß lag Ernst, wie auch Ironie. Lara ging nicht darauf ein. Sie streckte sich ein letztes Mal und ein paar Knochen knackten, was Will gar nicht gut in den Ohren klang, so daß er zusammen zuckte.
"Also los. Zum Schloß," forderte sie ihn auf.
*~*
Beinahe darauf vorbereitet und kaum überrascht, vernahmen Lara und Will am Schloßtor, daß der Gouvernor nicht zu sprechen war. Auf Williams Drängen gab die Wache dann heraus, daß sich der Herr des Hauses schon früh auf zur Festung gemacht hatte.
"Wir warten in der Villa." Meinte Lara trotzig, doch die Wache schüttelte den Kopf.
"Ich darf niemanden einlassen, so lange der Gouvernor nicht da ist."
Der etwas dickliche Mann blickte entschuldigend drein, gefaßt auf den Ausbruch der Frau mit dem Lavafarbenen Haar.
"Wissen sie, wie oft wir schon hier waren?"
Die Wache drehte sich um, zu seinem (Leidens-) Genossen, aber auch der zuckte nur mit den Schultern.
"Das ist das dritte Mal!"
Nach einer heftigen Diskussion und drei Wutausbrüchen - zwei von Laras Seite, einer von Wills - gaben die beiden schließlich auf und zogen sich in die Stadt zurück.
Die Sonne hatte sich nun zur Hälfte aus dem Meer erhoben und ließ die ersten Strahlen auf die Stadt fallen.
Will schnaubte verächtlich, während er mit festem Schritt vorwärts ging. Er und Lara bahnten sich ihren Weg in weitem Bogen um ihr Ziel. Zwei Köpfe, ein entschlossener Gedanke. Die wenigen Grüße der Bevölkerung erwiderten sie nicht, sondern gingen fest und unbeirrt weiter.
An einer Mauer machten sie halt. Diese war kaum hoch genug, um über Wills Kopf zu reichen, verdeckte ihn dennoch gut vor Blicken der gegenüberliegenden Seite, wo sie zehn Minuten zuvor gestanden hatten.
Will zog sich vorsichtig hoch und spähte über den rauhen Stein, der ihnen Deckung bot und erblickte sofort an der Schloßmauer vorbei die beiden Uniformierten, die sie vorhin noch abgewiesen hatten. Er ließ sich wieder zurück fallen und landete neben Lara.
"Nichts zu sehen. Keine Wachen, bis auf die beiden am Tor."
Zufrieden nickte Lara. Wenn sie sie nicht freiwillig ins Haus vorlassen würden, so wollten sie nun etwas tun, was keiner mehr seit 23 Jahren versucht hatte, als ein Bettler als letzten Ausweg aus der Ungerechtigkeit und dem Hunger nur noch eine Hoffnung hatte: den Gouvernor selbst zu sprechen. Er kam nicht weit und sein kleines nichtsnütziges Leben hatte er an der großen Eiche auf dem Grundstück aushauchen müssen. Eine Kugel hatte es aus ihm gepreßt.
Doch nun, im Schutz der morgendlichen Unbelebtheit der Straßen und der Ahnungslosigkeit der Wachen, schwang sich William auf die Mauer und reichte Lara die Hand zur Hilfe. Doch bevor er sie noch ganz hingestreckt hatte, war die Frau schon von selbst herauf gelangt und stand nun gebückt neben ihm. Mühelos überwanden sie die spitzen Gitterstäbe, welche in Reih und Glied vor sich hinrosteten. Nur wenige waren in den letzten Jahren erneuert worden, weil sie allzu alt waren und nicht mehr chic aussahen.
Mit einem Sprung landeten beide auf dem weichen, wohlgeschnittenen Gras, das unter ihren Füßen nachgab. Schnell rannten sie zu der Alten Eiche, die ihnen Deckung gab. Zwei Körper preßten sich nun an die rauhe Rinde.
"Glaubst du, sie haben uns gesehen?" fragte Will.
"Nein, ich glaub nicht, sonst wären sie schon längst auf dem Weg zu uns."
Vorsichtig spähte Will nach dem Tor, aber die Wachen standen immer noch mit dem Rücken zu ihnen. Er nickte Lara zu und mit weiten und schnellen Sätzen sprang sie zur nächstgelegenen Hauswand.
Als beide in der sicheren Deckung waren, atmeten sie auf. Will schüttelte verächtlich den Kopf, als er zu Lara sah.
"Kaum zu glauben, wie unvorsichtig Harington doch ist. Und das, wo er doch alles so genau nimmt!"
Aber Lara Jade erwiderte sein Lächeln nicht. Schweiß stand auf ihrem erstarrten Gesicht. Will wollte gerade fragen, was los ist, als sie ihm etwas zuflüsterte.
"Nicht bewegen!" zischte sie.
Sofort erstarrte auch er und sein Atem ging schwerer, als er bemerkte, was sie erschreckt hatte. Dieses tiefe gurgelnde Knurren hatte ihm gesagt, was hier vor sich ging.
Der Blick der jungen Jade hing an den gefletschten Zähnen des großen schwarzen Hundes, der direkt vor ihr Stand. Sabber troff zwischen seinen Zähnen hervor und sie vermutete diese Biest wäre mannshoch, wenn es sich aufrichtete, um sich auf jemanden zu stürzen.
William sah es aus den Augenwinkeln. Sein Herz stand fast still, als er unweigerlich zu schwitzen begann.
*Nicht gut,* dachte er bei sich, aber leider ist Transpirieren etwas, das nicht der Kontrolle der Menschen obliegt.
Das Monster sah ihn an und gab ein Kläffen von sich.
"Psst, du Töle!" zischte Will das schwarze Ungeheuer an.
Doch dies war kein guter Schachzug gewesen, denn nun konzentrierte sich der Hund auf ihn, hatte ein sich bewegendes Ziel. Beute. Er knurrte, die Muskeln in seinen Hinterläufen spannten sich und Will wußte, der Köter war bereit zum Sprung, würde gleich zubeißen und einen Fetzen Fleisch von seinem Arm, seinem Bein oder gar seinem Gesicht abreißen.
Er hielt den Atem an. Sie würden entdeckt...
Der Hund knurrte ein letztes Mal und dann war er bereit: Er sprang! Sein Körper in der Luft beinahe so lang, wie die Mauer hoch und sein Maul so groß, daß der Hals eines Mannes perfekt darin Platz fand.
Will nahm schützend den Arm hoch.
*Nein!*
Mit geschlossenen Augen erwartete er den schmerzhaften Biß dieser Bestie. Er wartete...ein dunpfer Schlag auf dem Boden... und wartete... öffnete die Augen, als die Katastrophe ausblieb. Doch er hatte freien Blick auf die alte Eiche. Er sah hernieder und zu seinen Füßen lag der Kadaver des ungeheuren Hundes, der Kopf blieb gerade ligen, nachdem er zwei Meter fort gerollt war. Neben ihm stand keuchend und mit dem blutbefleckten Schwert in der Hand Lara Jade. Mit der Linken hielt sie ihren Rock so hoch, daß beide Beine enthüllt wurden. Der Gürtel um ihre Hüfte war durchtrennt und lag nun am Boden.
Will starrte auf ihre nackten Beine. Sie waren so kräftig, so lang. Nie zuvor hatte er solche Beine zu sehen bekommen... überhaupt hatte er noch nie Frauenbeine nackt zu Gesicht bekommen. Sein Herz pochte.
Lara bemerkte, daß ihr Begleiter nun nicht mehr vor Furcht erstarrt war, sondern wegen etwas anderem. Unberührt von der jugendlichen Unwissenheit und Faszination ließ sie den Rock los und er bedeckte wieder, was er preis gegeben hatte.
"Du solltest dein Augenmerk auf Gefahrlosere Dinge richten, Freundchen," drohte sie.
Will wandte sich schnell ab und keuchte. Zum einen um zu sehen, ob die Wachen aufmerksam geworden waren, zum anderen, um vor Lara die Schamesröte zu verstecken. Ersteres war nicht der Fall. Zweiteres auch nicht.
Lara besah sich wieder das Ungeheuer, welches sie gerade zur Strecke gebracht hatte. Angeekelt wischte sie sich den Angstschweiß von der Stirn.
"Beim Hades! Der Höllenhund persönlich! Das war knapp... keine zehn Zentimeter und du hättest nur noch einen Arm," meinte sie.
Schnell zog Will den toten Körper an den Beinen fort von der freien Rasenfläche hinter die Hausmauer zum Kopf hin. Sie würden das tote Tier irgendwann entdecken. Aber Lara und Will hatten weder Möglichkeit, noch Zeit das Ding zu verstecken. Andererseits hatten sie auch nicht vor, so lange zu bleiben, bis die Wachablösung kam oder die Hausschaft rege wurde.
Will und Lara schlichen am Haus entlang und suchten nach einem Eingang. Die Fenster waren verschlossen. Jedoch die Hintertür für das Gesindel stand offen, was beide erfreute, wie auch beängstigte. Waren die Diener und Mägde des Hauses denn schon wach?
*Natürlich sind sie das* schoß es Will durch den Kopf.
Schließlich war der Gouvernor schon früh außer Haus gegangen und damit hatte auch der Tag für die Dienerschaft früh begonnen.
Aber sie mußten es wagen. Es war immer noch besser als ein Fenster einzuschlagen oder gar den Haupteingang zu nehmen. William ging voraus und öffnete vorsichtig die kleine Holztür. Vor ihnen eröffnete sich ein dunkler Gang, der an eine Treppe anfügte. Alles dahinter war mehr oder weniger durch Schatten verborgen. Jedoch erblickte Will zu seiner Rechten eine kleine Lampe, welche den Gang wohl erhellen sollte. Sie erfüllte sehr schlecht ihren Zweck, da sie ziemlich klein war. Will nahm kurzerhand die Kerze heraus, um den Weg zu beleuchten.
Sie stiegen langsam die Treppe in das Kellergeschoß hinunter und unten, wo der Gang begann, entdeckte Will eine weitere Lampe, die allerdings ausgebrannt war. Dies war also der Grund für die Düsternis gewesen, denn als sie etwas weiter um eine Ecke gingen, kam ihnen das Licht einer weiteren Lampe - und dahinter war eine weitere - entgegen. Links und recht des Ganges waren einfache unverzierte Türen. Will und Lara vermuteten die Schlafquartiere des Gesindels dahinter. Am Ende des Ganges kam eine weitere Treppe. Beide stiegen nach oben, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen.
Vorsichtig öffnete er die Tür am Ende der Treppe und schaute in das Zimmer. Es machte den Anschein, daß hier die Küche war. Ein großer Tisch stand in der Mitte des Raumes und dahinter war ein Herd.
*Niemand da,* dachte Will bei sich und wagte es, hinein zu gehen.
@Minui: Jack seekrank? *lol* klar doch!
@Elanor8: Na? Ob der Liebe Jacky jemals wieder zu seinem Rum kommt?
@Kim: Keine Sorge, lasse euch nicht mehr lange zappeln... ;-) hoffe, die Länge dieses Kapitels sagt dir eher zu...
@Liberty: Jaja, wohin steck ich die Lara wohl am Schluß? kA... Warum geht denn das mit deiner Fic net? *ist verwirrt* haste dich mal an die Leute vom ff.net gewendet? Wäre wirklich schade, wenn uns die Story durch die Lappen ginge. Jedenfalls freu ich mich schon wieder auf dich, auch wenn du erst in 3 Wochen wieder kommst *winkt mit weißem Taschentuch* *schnief*
A Sons Revenge 9
Im Schloß
Nächster Tag
Wo war er nur? Verdammt! Es kam ihm vor als hätten sie die schweigende Insel niemals verlassen und er befand sich immer noch im dichten Dschungel dieses unbequemen und höchst unheimlichen Ortest, an den er lieber nicht mehr zurück dachte.
Langsam und mit unsicheren Schritten kam er voran, immer ein Stückchen weiter. Seine festen Stiefel kamen ihm ungeheuer schwer vor und Schweiß Perlte von seiner Stirn. Aber er gab nicht auf, schließlich war er Kapitän Jack Sparrow, wie er sich immer wieder ins Gedächtnis rief. Und seine eigends auferlegte Mission hieß: Die Rettung der Pearl, die Rettung Ionas und sollte es denn auch noch nötig sein nebenher die Rettung Elizabeths, Laras und Wills... Wer weiß in welche Schwierigkeiten sie sich brachten.
Schnell verdrängte er eine Erinnerung von seiner Gefangenschaft. Er wollte gar nicht daran denken, welche Fähigkeiten Lara Jade schon unter Beweis gestellt hatte.
Wo war nur diese verfluchte Stadt?! Im wahrsten Sinne des Wortes verflucht... naja, vielleicht nicht wie es die Mannschaft Barbossas war, aber dennoch irgendwie unter einem bösen Einfluß.
Es war bereits dämmrig und der Weg wurde immer unsichtbarer. Hier und da spielte der Wald ihm einen bösen Streich, ließ ihn über Wurzeln und Steine stolpern und das noch zumal er sowieso sehr wankend auf den Beinen war.
"Ich könnte einen Schluck Rum vertragen," sprach Jack zu sich selbst.
Aber sein Magen knurrte nach etwas ganz anderem. Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verdrängen und wurde sofort wieder von Schwindel erfaßt.
Er hielt an und lehnte gegen einen Baum, verschnaufte.
"Dreckskaff!" fluchte der Pirat.
Aber gerade als er sich hinsetzen wollte, glaubte er vorne, weit vor sich, zu erkennen, daß der Wald sich lichtete. Mit einem Ruck stieß er sich von seiner Stütze ab und wankte weiter.
Seine Augen hatten ihn nicht getäuscht! Der Wald teilte sich, als Jack aus ihm heraus trat und gab den Blick auf Felder und Häuser in weiter Entfernung preis.
Es lag vor ihm... Concordia, die Eintracht. Und so sah es auch aus... friedlich lag es im Dämmerlicht, gab gerade mal noch einen hauchdünnen Streifen der untergehenden Sonne preis. Mit der hereinbrechenden Dunkelheit würde er es geschafft haben.
*~*~*~*~*
Nacht zuvor
Lara schlich durch die Gassen, suchte nach ihrem Begleiter, nicht sicher, was sie sagen würde, wenn sie ihn gefunden hatte. Dieser Vorfall war höchst eigenartig gewesen, aber traute sie sich, ihn danach zu fragen? Lara beschloß, nicht weiter darüber nachzudenken und lieber ihre Aufmerksamkeit der Suche zuzurichten. Sie war überzeugt, daß zu gegebener Zeit sich Fragen von ganz alleine klären würden.
Sie blieb an einer Ecke der Gasse, in der sie gerade gelaufen war, stehen und spähte auf die Straße, in ihrem matten Licht. Nichts.
Ihre Schulter!
Mit Schwung und zu Fäusten geballten Händen drehte sie sich um, bereit zum Schlag, blieb aber abrupt stehen. Ihre Rechte war gefangen in einer Kräftigen Hand, die vor Anstrengung zitterte. Es fiel ihr anscheinend nicht gerade leicht, den Schlag der Frau aufzuhalten. Doch das war auch nicht weiter nötig. Lara sah auf in ein ihr bekanntes Gesicht und befahl strikt ihren Muskeln, sich zu entspannen, sich nicht mehr zu wehren.
"Ich habe nach dir gesucht," entfuhr es ihr zischend.
William stand vor ihr und machte keine Anstalten, sich zu rechtfertigen.
"Sie waren nicht da."
Lara brauchte einen kurzen Augenblick, um sich zu sammeln, das gerade Gesagte in einen sinnreichen Zusammenhang zu zwängen, ihre Wut zu zügeln.
"Iona und Elizabeth?"
Der Mann nickte.
"Keine von beiden..."
Lara versuchte zu erfassen, was dies für sie bedeutete und kam zu dem weniger erfreulichen Schluß, daß sie ganz von vorn anfangen mußten mit der Suche.
Will setzte sich auf eine Holzkiste, die jemand in der Gasse zurückgelassen hatte und stützte das Gesicht in die Hände. Lara ließ sich an der Wand zu Boden gleiten.
"Wo könnten sie nur sein? Seth kann hier nicht Fuß fassen. Wenn Harington wüßte, daß er ein Pirat ist, er wäre tot. Und gerade dies ist hier nur eine Frage der Zeit."
Lara lauschte der sanften Stimme des jungen Turners und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Irgendetwas machte ihr Sorgen, lag schon seit ihrer Ankunft hier auf ihrer Seele. Es war ihn ihrem Hinterkopf. Sei es eine unbewußte Vermutung oder weibliche Intuition, aber es war da, nagte an ihrem Bewußtsein, versuchte sie auf den Fehler aufmerksam zu machen, der hier war. Wie ein beständiges Tropfen auf ihre Schädelmitte, welches sie langsam in den Wahnsinn trieb. Wo war der Fehler in ihrem Denken?
"Irgendetwas ist faul," schloß Will und Lara nickte unmerklich, weniger als seine Zustimmung, als zu sich selbst.
"Irgendwas und es liegt direkt vor unserer Nase."
Will sah zu ihr auf mit fragendem Blick.
"Ich weiß auch nicht was, aber ich habe ein ganz mulmiges Gefühl, schon seit wir hier angekommen sind, genauer, seit wir am Schloß waren. Harington ist nicht das, was er scheint."
Ein leichtes Seufzen entwand sich Wills schmalen Lippen. Er sah auf seine Hände. Lange geschickte Finger hatte er. Aber er erinnerte sich, daß sie früher einmal kräftiger gewesen waren. Sie hatten etwas an Stärke verloren. Doch rauh waren sie immer noch. Die See war unbarmherzig und hart zu allen, die sie bezwingen wollten und Wind und Wetter machten selbst die sanfteste Haut schnell brüchig und gereizt. Seine Fingerspitzen waren kalt, als hätte sein Herz nicht genug Kraft, das Blut auch in die letzten Enden seines Körpers zu pumpen. Will bewegte sie etwas, aber es half nichts.
Seine Hände waren weiß. Er sah an ihnen vorbei und auch vorbei an seinen Knien auf den Boden. In einer Pfütze zwischen seinen Beinen sah er ein erschreckend bleiches Gesicht und es graute ihm, daß es sein eigenes war. Die dunklen Augen starrten irre heraus, hoben sich ganz und gar vom weißen Gesicht ab.
"Das bin ich nicht," flüsterte er und wollte sich abwenden, doch er war wie erstarrt.
Im Wasserspiegel sah er noch etwas anderes. Hinter seiner linken Schulter blitzte etwas. Will konzentrierte sich stärker darauf und erkannte einen breiten Säbel, der blinken das Mondlicht in die Pfütze warf.
"Will!"
Er schrak hoch.
"Was?!" fragte er etwas zu laut und Lara zuckte zusammen.
"Pssst. Wo bist du nur immer mit deinen Gedanken? Das könnte uns noch in echte Schwierigkeiten bringen!"
William sah sie verständnislos an, dann über seine linke Schulter. Blanker Stein starrte ihm entgegen. Er blickte an seinen Beinen entlang.
Unter ihm nichts als die Kiste und der gepflasterte trockene Boden.
"Ich sagte, wir sollten erneut zur Gouvernors-Villa gehen und uns dort einmal umsehen."
William starrte noch immer auf den Boden, aber nickte.
"Ja, ich denke, das ist die beste Möglichkeit, hier weiter zu kommen."
*~*~*~*~*
Nächste Nacht
Schwindel riß ihn halb mit sich, halb lenkte er seine Schritte selbst. Die Gassen waren dunkel und die Straßen unbelebt. Er war endlich in Concordia. Im bürgerlichen Stadtteil vermutete er mit verwirrtem Geist. Ihm war übel und der Hauch von Gallegeschmack in seinem Mund linderte dies nicht unbedingt. Zu seinen ohnehin schon schwarz unterstrichenen Augen hatten sich noch Augenringe hinzugesellt, die sich nun um die Wette tiefer in sein Gesicht gruben. Drei Patroullien war er bereits knapp entgangen, obwohl er erst seit zwanzig Minuten in der Stadt war. Er hatte sich immer noch gerade so in eine kleinere Gasse retten können. Jack stolperte, fing sich an einer Wand auf. Als er nach oben schaute erschrak er fast, doch sogleich beruhigte er sich wieder. Ein süßes Gesicht starrte ihn an, er erkannte die sanften Umrisse.
"Hallo, schönes Kind," lallte er beinahe unverständlich.
Doch sie regte sich nicht, starrte ihn weiter an, ihr Körper im Tanz innehaltend.
Jack Sparrows Gedanken waren nicht klar genug, als daß er an diesem Abend noch hätte erkennen können, daß er verschmitzt eine Brunnenstatue anlächelte. Das Mädchen aus Mamor tanzte graziös am Brunnenrand entlang niemals in Gefahr hinein zu fallen.
Aber Jack war dies in der Tat. Ihr Gesicht verblaßte.
*Wäre ich doch nur auf der Pearl geblieben...*
Plötzlich war es weg.
Der Kapitän der Pearl lag bewußtlos auf dem Boden, mitten in Concordia, dem wohl schlechtesten Platz für einen Piraten, um entdeckt zu werden. Denn hier würde sich wohl kein Bürger eines Sittenstrolches wie ihm barmherzig annehmen. Hier würde sich nur einer einem Piraten annehmen. Ein Soldat, der ihn auf dem schnellsten Wege zum Strick führen würde.
In der Ferne ertönte der Gleichschritt einer Patroullie, der näher kam.
Zwei kräftige schwarze Hände fuhren auf den Piraten hinab und packten ihn unsanft, hoben den schlappen Körper auf eine breite Schulter. Der Kapitän wurde weg getragen.
Die Schritte verstummten wieder in der Nacht.
*~*~*~*~*
16 Stunden zuvor
Hier und da lief jemand vorbei. Es war Zeit.
William drehte seinen kalten etwas steifen Oberkörper nach rechts und sah auf die Schlafende, deren Kopf auf seinen Oberschenkeln ruhte. Die letzte Nachtwache - die seine - war nun vorüber. Lara hatte, von ihm ungewollt, die erste und längste Wache übernommen. Sie hatte ihn zu spät geweckt und deshalb etwa eine Stunde länger gewacht, als er. Wahrscheinlich aus Mißtrauen heraus, vermutete der junge Mann. Doch dies kümmerte ihn kaum.
Nun war es sechs Uhr in der Früh und die ersten Leute liefen zum Markt oder gingen sonstigen Tätigkeiten nach. Noch waren es nur wenige, was Lara erlaubt hatte, so lange zu schlafen, doch dies würde sich bald ändern.
Sanft aber bestimmend weckte der junge Pirat die Frau an seiner Seite und mit einem großen Gähnen und den Schlaf aus den Augen reibend erhob sich Lara Jade, deren rotes wallendes Haar etwas zerzaust schien.
"Gut geschlafen?"
In dem Morgengruß lag Ernst, wie auch Ironie. Lara ging nicht darauf ein. Sie streckte sich ein letztes Mal und ein paar Knochen knackten, was Will gar nicht gut in den Ohren klang, so daß er zusammen zuckte.
"Also los. Zum Schloß," forderte sie ihn auf.
*~*
Beinahe darauf vorbereitet und kaum überrascht, vernahmen Lara und Will am Schloßtor, daß der Gouvernor nicht zu sprechen war. Auf Williams Drängen gab die Wache dann heraus, daß sich der Herr des Hauses schon früh auf zur Festung gemacht hatte.
"Wir warten in der Villa." Meinte Lara trotzig, doch die Wache schüttelte den Kopf.
"Ich darf niemanden einlassen, so lange der Gouvernor nicht da ist."
Der etwas dickliche Mann blickte entschuldigend drein, gefaßt auf den Ausbruch der Frau mit dem Lavafarbenen Haar.
"Wissen sie, wie oft wir schon hier waren?"
Die Wache drehte sich um, zu seinem (Leidens-) Genossen, aber auch der zuckte nur mit den Schultern.
"Das ist das dritte Mal!"
Nach einer heftigen Diskussion und drei Wutausbrüchen - zwei von Laras Seite, einer von Wills - gaben die beiden schließlich auf und zogen sich in die Stadt zurück.
Die Sonne hatte sich nun zur Hälfte aus dem Meer erhoben und ließ die ersten Strahlen auf die Stadt fallen.
Will schnaubte verächtlich, während er mit festem Schritt vorwärts ging. Er und Lara bahnten sich ihren Weg in weitem Bogen um ihr Ziel. Zwei Köpfe, ein entschlossener Gedanke. Die wenigen Grüße der Bevölkerung erwiderten sie nicht, sondern gingen fest und unbeirrt weiter.
An einer Mauer machten sie halt. Diese war kaum hoch genug, um über Wills Kopf zu reichen, verdeckte ihn dennoch gut vor Blicken der gegenüberliegenden Seite, wo sie zehn Minuten zuvor gestanden hatten.
Will zog sich vorsichtig hoch und spähte über den rauhen Stein, der ihnen Deckung bot und erblickte sofort an der Schloßmauer vorbei die beiden Uniformierten, die sie vorhin noch abgewiesen hatten. Er ließ sich wieder zurück fallen und landete neben Lara.
"Nichts zu sehen. Keine Wachen, bis auf die beiden am Tor."
Zufrieden nickte Lara. Wenn sie sie nicht freiwillig ins Haus vorlassen würden, so wollten sie nun etwas tun, was keiner mehr seit 23 Jahren versucht hatte, als ein Bettler als letzten Ausweg aus der Ungerechtigkeit und dem Hunger nur noch eine Hoffnung hatte: den Gouvernor selbst zu sprechen. Er kam nicht weit und sein kleines nichtsnütziges Leben hatte er an der großen Eiche auf dem Grundstück aushauchen müssen. Eine Kugel hatte es aus ihm gepreßt.
Doch nun, im Schutz der morgendlichen Unbelebtheit der Straßen und der Ahnungslosigkeit der Wachen, schwang sich William auf die Mauer und reichte Lara die Hand zur Hilfe. Doch bevor er sie noch ganz hingestreckt hatte, war die Frau schon von selbst herauf gelangt und stand nun gebückt neben ihm. Mühelos überwanden sie die spitzen Gitterstäbe, welche in Reih und Glied vor sich hinrosteten. Nur wenige waren in den letzten Jahren erneuert worden, weil sie allzu alt waren und nicht mehr chic aussahen.
Mit einem Sprung landeten beide auf dem weichen, wohlgeschnittenen Gras, das unter ihren Füßen nachgab. Schnell rannten sie zu der Alten Eiche, die ihnen Deckung gab. Zwei Körper preßten sich nun an die rauhe Rinde.
"Glaubst du, sie haben uns gesehen?" fragte Will.
"Nein, ich glaub nicht, sonst wären sie schon längst auf dem Weg zu uns."
Vorsichtig spähte Will nach dem Tor, aber die Wachen standen immer noch mit dem Rücken zu ihnen. Er nickte Lara zu und mit weiten und schnellen Sätzen sprang sie zur nächstgelegenen Hauswand.
Als beide in der sicheren Deckung waren, atmeten sie auf. Will schüttelte verächtlich den Kopf, als er zu Lara sah.
"Kaum zu glauben, wie unvorsichtig Harington doch ist. Und das, wo er doch alles so genau nimmt!"
Aber Lara Jade erwiderte sein Lächeln nicht. Schweiß stand auf ihrem erstarrten Gesicht. Will wollte gerade fragen, was los ist, als sie ihm etwas zuflüsterte.
"Nicht bewegen!" zischte sie.
Sofort erstarrte auch er und sein Atem ging schwerer, als er bemerkte, was sie erschreckt hatte. Dieses tiefe gurgelnde Knurren hatte ihm gesagt, was hier vor sich ging.
Der Blick der jungen Jade hing an den gefletschten Zähnen des großen schwarzen Hundes, der direkt vor ihr Stand. Sabber troff zwischen seinen Zähnen hervor und sie vermutete diese Biest wäre mannshoch, wenn es sich aufrichtete, um sich auf jemanden zu stürzen.
William sah es aus den Augenwinkeln. Sein Herz stand fast still, als er unweigerlich zu schwitzen begann.
*Nicht gut,* dachte er bei sich, aber leider ist Transpirieren etwas, das nicht der Kontrolle der Menschen obliegt.
Das Monster sah ihn an und gab ein Kläffen von sich.
"Psst, du Töle!" zischte Will das schwarze Ungeheuer an.
Doch dies war kein guter Schachzug gewesen, denn nun konzentrierte sich der Hund auf ihn, hatte ein sich bewegendes Ziel. Beute. Er knurrte, die Muskeln in seinen Hinterläufen spannten sich und Will wußte, der Köter war bereit zum Sprung, würde gleich zubeißen und einen Fetzen Fleisch von seinem Arm, seinem Bein oder gar seinem Gesicht abreißen.
Er hielt den Atem an. Sie würden entdeckt...
Der Hund knurrte ein letztes Mal und dann war er bereit: Er sprang! Sein Körper in der Luft beinahe so lang, wie die Mauer hoch und sein Maul so groß, daß der Hals eines Mannes perfekt darin Platz fand.
Will nahm schützend den Arm hoch.
*Nein!*
Mit geschlossenen Augen erwartete er den schmerzhaften Biß dieser Bestie. Er wartete...ein dunpfer Schlag auf dem Boden... und wartete... öffnete die Augen, als die Katastrophe ausblieb. Doch er hatte freien Blick auf die alte Eiche. Er sah hernieder und zu seinen Füßen lag der Kadaver des ungeheuren Hundes, der Kopf blieb gerade ligen, nachdem er zwei Meter fort gerollt war. Neben ihm stand keuchend und mit dem blutbefleckten Schwert in der Hand Lara Jade. Mit der Linken hielt sie ihren Rock so hoch, daß beide Beine enthüllt wurden. Der Gürtel um ihre Hüfte war durchtrennt und lag nun am Boden.
Will starrte auf ihre nackten Beine. Sie waren so kräftig, so lang. Nie zuvor hatte er solche Beine zu sehen bekommen... überhaupt hatte er noch nie Frauenbeine nackt zu Gesicht bekommen. Sein Herz pochte.
Lara bemerkte, daß ihr Begleiter nun nicht mehr vor Furcht erstarrt war, sondern wegen etwas anderem. Unberührt von der jugendlichen Unwissenheit und Faszination ließ sie den Rock los und er bedeckte wieder, was er preis gegeben hatte.
"Du solltest dein Augenmerk auf Gefahrlosere Dinge richten, Freundchen," drohte sie.
Will wandte sich schnell ab und keuchte. Zum einen um zu sehen, ob die Wachen aufmerksam geworden waren, zum anderen, um vor Lara die Schamesröte zu verstecken. Ersteres war nicht der Fall. Zweiteres auch nicht.
Lara besah sich wieder das Ungeheuer, welches sie gerade zur Strecke gebracht hatte. Angeekelt wischte sie sich den Angstschweiß von der Stirn.
"Beim Hades! Der Höllenhund persönlich! Das war knapp... keine zehn Zentimeter und du hättest nur noch einen Arm," meinte sie.
Schnell zog Will den toten Körper an den Beinen fort von der freien Rasenfläche hinter die Hausmauer zum Kopf hin. Sie würden das tote Tier irgendwann entdecken. Aber Lara und Will hatten weder Möglichkeit, noch Zeit das Ding zu verstecken. Andererseits hatten sie auch nicht vor, so lange zu bleiben, bis die Wachablösung kam oder die Hausschaft rege wurde.
Will und Lara schlichen am Haus entlang und suchten nach einem Eingang. Die Fenster waren verschlossen. Jedoch die Hintertür für das Gesindel stand offen, was beide erfreute, wie auch beängstigte. Waren die Diener und Mägde des Hauses denn schon wach?
*Natürlich sind sie das* schoß es Will durch den Kopf.
Schließlich war der Gouvernor schon früh außer Haus gegangen und damit hatte auch der Tag für die Dienerschaft früh begonnen.
Aber sie mußten es wagen. Es war immer noch besser als ein Fenster einzuschlagen oder gar den Haupteingang zu nehmen. William ging voraus und öffnete vorsichtig die kleine Holztür. Vor ihnen eröffnete sich ein dunkler Gang, der an eine Treppe anfügte. Alles dahinter war mehr oder weniger durch Schatten verborgen. Jedoch erblickte Will zu seiner Rechten eine kleine Lampe, welche den Gang wohl erhellen sollte. Sie erfüllte sehr schlecht ihren Zweck, da sie ziemlich klein war. Will nahm kurzerhand die Kerze heraus, um den Weg zu beleuchten.
Sie stiegen langsam die Treppe in das Kellergeschoß hinunter und unten, wo der Gang begann, entdeckte Will eine weitere Lampe, die allerdings ausgebrannt war. Dies war also der Grund für die Düsternis gewesen, denn als sie etwas weiter um eine Ecke gingen, kam ihnen das Licht einer weiteren Lampe - und dahinter war eine weitere - entgegen. Links und recht des Ganges waren einfache unverzierte Türen. Will und Lara vermuteten die Schlafquartiere des Gesindels dahinter. Am Ende des Ganges kam eine weitere Treppe. Beide stiegen nach oben, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen.
Vorsichtig öffnete er die Tür am Ende der Treppe und schaute in das Zimmer. Es machte den Anschein, daß hier die Küche war. Ein großer Tisch stand in der Mitte des Raumes und dahinter war ein Herd.
*Niemand da,* dachte Will bei sich und wagte es, hinein zu gehen.
