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Lucius' Versprechen stellte sich als glatte Lüge heraus. Es vergingen beinahe 5 Tage, ohne dass Rhea etwas von ihm hörte oder ihn zu Gesicht bekam.
Sie versuchte, sich so gut es ging abzulenken.
Als sie gerade von einem nächtlichen Einbruch im Kunstmuseum –nicht um etwas zu stehlen, sondern um sich die Bilder ungestört und in aller Ruhe anzuschauen- zurückkehrte, entdeckte sie einen Brief, der auf dem Boden direkt hinter der Wohnungstür lag.
Jemand musste ihn unter der Tür hindurchgeschoben haben. Ob er wohl von Lucius war? Fragte sie sich.
Nachdem sie ihre Tasche zur Seite gestellt hatte, ließ sie sich in einem Sessel nieder und öffnete neugierig den Umschlag. Es befand sich ein Brief darin, etwa eine Seite lang. Lächelnd begann sie zu lesen doch ihr Lächeln erstarb recht schnell wieder und machte einer unbändigen Wut Platz. Der Brief stammte nicht von Lucius. Es war vielmehr der entscheidende Hinweis, wo sich das verflixte Buch befand, nachdem Rhea schon so lange vergeblich suchte.
Jemand, der offenbar anonym bleiben wollte, hatte ihr jetzt endlich die Lösung des Rätsels mitgeteilt. Wie der Betreffende an die Information gekommen war, würde wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Und es war Rhea auch egal, wer der Informant war und wie er an diesen Hinweis gekommen war. Sie war viel zu wütend um einen klaren Gedanken fassen zu können. Mit einem Wutschrei griff sie nach der Vase neben sich auf dem Tisch und schleuderte sie mit solcher Wucht gegen die nächste Wand, dass die Glasscherben nur so durch die Gegend flogen.
Rhea fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Vor Wut zitternd lief sie wie ein gefangenes Raubtier in ihrer Wohnung auf und ab. Erst im Morgengrauen hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie einen brauchbaren Plan schmieden konnte. Ein kaltes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, je mehr sie sich mit den Details des nächsten Einbruchs befasste. Sie musste es mit eigenen Augen sehen. Sie musste sehen, ob der Hinweis aus dem Brief wirklich der Wahrheit entsprach. Und dazu musste sie selbst vor Ort gehen.
Ja, sie hatte vor, gleich in der kommenden Nacht dem neuen Besitzer des Buches Ellarium einen Besuch abzustatten...
Und wieder einmal hing ein Vollmond am Himmel über Malfoy-Manor.
Doch in dieser Nacht lag das Anwesen nicht still und verlassen da, sondern es herrschte rege Betriebsamkeit. Es fand eine große Party statt und die Fenster im unteren Teil des Hauses waren alle hell erleuchtet. Unweit des Hauses, versteckt hinter dem mächtigen Stamm einer Eiche flimmerte die Luft und eine Gestalt erschien. Leise, und nach Möglichkeit die Schatten ausnutzend, schlich sich diese Gestalt so nahe wie möglich an das Haus heran. Dann duckte sie sich hinter den Stamm des Baumes, der direkt neben dem Gebäude stand.
Rhea fluchte leise vor sich hin.
Das Haus war voller Menschen und auch hier, draußen im Garten tummelten sich vereinzelt Gestalten. Sie hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt dafür aussuchen können, um noch einmal in Malfoy-Manor einzubrechen. Doch ihr blieb jetzt keine andere Wahl. Nun war sie hier, nun würde sie es auch zu Ende bringen. Und vielleicht war es nicht einmal schlecht, dass hier offenbar ein Empfang stattfand. So konnte man wenigstens sicher sein, dass der Hausherr genug mit seinen Gästen zu tun hatte und Rhea diesmal nicht stören würde, wenn sie in sein Arbeitszimmer einbrach.
Behände und so leise wie möglich schwang sich Rhea auf den Baum, kletterte wie ein Eichhörnchen an den Ästen empor, bis sie auf einer Höhe angekommen war, die etwa 1 ½ Meter über der Balkonbrüstung lag. Sie ließ sich Zeit, rechnete im Kopf die Entfernung aus und überlegte, wie viel Schwung sie brauchen würde. Sie kletterte ein wenig vom Haus weg, bis sie einen geeigneten Ast gefunden hatte. Sie ging in die Hocke, schnellte wie eine Feder hoch, sprang nach vorne und bekam den Ast zu fassen. Sie holte daran Schwung und schleuderte sich in Richtung des Balkons. Mit einem Vorwärtssalto in der Luft, der ihr noch zusätzlichen Auftrieb verlieh, landete Rhea sicher mit beiden Füßen auf dem Balkon. Zufrieden nickte sie. Zachary wäre begeistert gewesen.
Die Fenster zu Lucius' Arbeitszimmer waren geschlossen, der Raum dahinter dunkel.
Schnell überprüfte sie, ob die Verriegelung der Fenster auf magischem Weg geschehen war. Tatsächlich, auf dem Schloss lag ein Zauber. Dieser war jedoch kein Problem für Rhea, die ihren Zauberstab herausnahm und die Glastüren innerhalb von ein paar Augenblicken geöffnet hatte. Leise betrat sie das Zimmer, blieb ungefähr in der Mitte stehen. Diesmal hatte sie das Medaillon nicht, das ihr beim ersten Einbruch geholfen hatte, das Buch zu finden. Also, musste sie suchen.
Zuerst knackte sie das Geheimfach in Lucius' Schreibtisch.
Nichts.
Dann durchwühlte sie die beiden Schränke, die im Zimmer standen.
Wieder nichts.
Danach ging sie das gesamte Bücherregal durch. Vielleicht befand sich das Buch ja wieder am gleichen Platz, wie zuvor.
Nein. Fehlanzeige.
Sie spürte keinen Schutzzauber, der das Buch verbergen sollte.
Unschlüssig stand sie im Zimmer. Wenn sich das Buch nicht hier befand, musste sie wohl oder übel in den anderen Räumen danach suchen.
Rhea seufzte auf. Der Manor war riesengroß. Das ganze Gebäude abzusuchen würde unendlich viel Zeit kosten. Sie war so in ihre Grübelei vertieft, dass sie erst nach einer Weile bemerkte, dass ihre Fußsohlen seltsam kribbelten. Überrascht hob sie eine Augenbraue. Dann trat sie einen Schritt zur Seite. Das Kribbeln verschwand. Sie stellte sich wieder an die gleiche Stelle zurück. Das Kribbeln war sofort wieder da. Rhea räumte den Teppich zur Seite und unterzog die geheimnisvolle Stelle einer genaueren Untersuchung. Der Boden bestand aus auf Hochglanz poliertem Parkett. Es schien so, als wäre nirgendwo auch nur der allerkleinste Spalt zwischen den Holzbohlen. Doch nach einigem Hin und Her fand Rhea, wonach sie gesucht hatte. Ein winziges Astloch. Sie drückte dagegen und tatsächlich. Die Klappe zu einem Geheimfach, perfekt in den Boden eingelassen, öffnete sich vor ihr.
Und darin befand sich, sie hatte es schon vermutet, das gesuchte Ellarium.
Sie nahm das Buch heraus.
Das war der Beweis.
Der Informant hatte also Recht gehabt. Das Buch war die ganze Zeit über hier gewesen und Lucius hatte trotzdem seine grausamen Spielchen mit ihr getrieben. Für nichts und wieder nichts hatte sie sich von ihm demütigen lassen. Sie kochte vor Zorn.
Und genau in diesem Augenblick flammte wieder die Zimmerbeleuchtung auf und Lucius betrat das Zimmer.
„Oh, mit deinem Besuch heute hatte ich nicht gerechnet" bemerkte er charmant.
Mit einem Wutschrei warf sie das Buch nach ihm, doch er fing es geschickt auf.
„Na, na nicht so stürmisch meine Liebe".
Er ging zum Schreibtisch hinüber und legte das Buch darauf. Dann wandte er sich wieder Rhea zu und sah sie mit einem breiten Lächeln im Gesicht an.
Rhea hätte ihm am liebsten die Augen ausgekratzt, so wütend war sie auf ihn.
„Du, du...hast es die ganze Zeit über gehabt. Und trotzdem hast du mich für deine Spielchen missbraucht" rief sie aufgebracht.
„Und? Es hat dir doch gefallen, was ich mit dir gemacht habe, oder etwa nicht?" fragte er scheinheilig.
Das war eindeutig zuviel.
Mit einem Knurrlaut sprang Rhea vor und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Blitzschnell brachte sie wieder etwas Distanz zwischen sich und Lucius.
Die Ohrfeige riss seinen Kopf herum.
Das Lächeln, das gerade eben noch seinen Mund umspielt hatte, verschwand augenblicklich.
Seine Züge verhärteten sich und in seinen Augen lag eine so eisige Kälte, dass Rhea das Gefühl hatte, die Temperatur im Raum sei schlagartig um mindestens 20° gefallen.
„Niemand, ich wiederhole: Niemand wagt es ungestraft, die Hand gegen mich zu erheben" sagte er gefährlich leise.
Rhea war viel zu aufgebracht, um die Gefahr zu spüren. Es war ihr ehrlicherweise auch egal, was jetzt passieren würde.
Blitzschnell zog sie ihren Zauberstab hervor und richtete ihn gegen Lucius, aber der schnaubte nur verächtlich.
„Expelliarmus" eine Handbewegung und er hatte Rhea den Zauberstab abgenommen, warf ihn achtlos in eine Ecke.
„Hattest du wirklich erwartet, etwas gegen mich unternehmen zu können, hm? Du solltest besser als jeder andere wissen, dass meine Kräfte deinen haushoch überlegen sind" erklärte er gönnerhaft.
Rhea bebte vor Zorn.
„Wir sind fertig miteinander" zischte sie ihn an. Es brachte ihr aber nur ein verhaltenes Lachen von ihm ein.
„Wir sind nicht fertig miteinander bevor ich es dir sage" kam die spöttische Antwort.
„Ich sterbe lieber, als mich noch ein einziges Mal von dir berühren zu lassen" schleuderte sie ihm entgegen, als er Anstalten machte, auf sie zuzugehen.
Er blieb stehen und sein kalter Blick taxierte sie.
„Du willst sterben? Nun, nichts leichter als das". Lucius zog seinen eigenen Zauberstab hervor und richtete ihn gegen Rhea.
Sie wusste es, sie spürte es im gleichen Augenblick. Er stand im Begriff, den dritten und schlimmsten aller 3 unverzeihlichen Flüche gegen sie zu schleudern.
Doch anstatt Angst davor zu haben, wurde Rhea mit einem Mal seltsam ruhig. Sie stand aufrecht da, ihr Kinn war trotzig erhoben und sie blickte Lucius herausfordernd an. Sie hatte es Ernst gemeint. Sie wollte wirklich lieber sterben als noch länger sein Spielzeug zu sein. Und so stand sie einfach nur da und blickte dem Tod mit gleichgültiger Miene entgegen.
Lucius' Wut darüber, dass sie es gewagt hatte ihn zu schlagen, brannte immer noch in ihm. Seine Augen verengten sich, als er sah, mit wie viel Gleichmut Rhea vor ihm stand, bereit, lieber ihr Leben zu verlieren, als sich noch einmal mit ihm einzulassen.
Er hob seinen Zauberstab und sammelte seine Kräfte. Dann holte er tief Luft.
„Avada Ke..." er brach mitten im Fluch ab.
Irgendetwas hielt ihn zurück. Er wusste nicht genau was, aber etwas hielt ihn davon ab, Rhea einfach umzubringen.
Was war es bloß? Empfand er vielleicht etwas für sie? Etwas, was über das pure Vergnügen hinausging, das es ihm bereitete, sie als sein ganz persönliches Spielzeug nach Gutdünken zu benutzen?
Er fand keine Antwort darauf. Er wusste nur genau, dass er nicht imstande war sie jetzt und auf der Stelle zu töten. Lucius ließ seinen Zauberstab sinken.
„Geh!" befahl er und machte eine unwirsche Handbewegung.
In Rhea, die die ganze Zeit über so unbeweglich wie eine Statue dagestanden hatte, kam Bewegung. Sie atmete einmal tief durch. Dann flimmerte die Luft und sie verschwand, ohne auch nur noch ein einziges Wort zu sagen.
Lucius stand eine ganze Weile nur da und sein Blick ruhte auf der Stelle, wo sie eben noch gestanden hatte. Er hatte die Party nur kurz verlassen um nach oben zu gehen und etwas aus seinem Arbeitszimmer zu holen. Auf dem Weg beschlich ihn ein seltsames Gefühl. Genauso wie in der Nacht des Einbruchs, als er nicht hatte schlafen können. Und deshalb war er auch nicht wirklich überrascht gewesen, Rhea in seinem Arbeitszimmer vorzufinden, als er eintrat. Es schien fast so, als hätte er ihre Anwesenheit gespürt. Nachdenklich blickte er auf das geöffnete Geheimfach im Fußboden. Rhea war wirklich gut, das musste man ihr lassen.
Noch niemals zuvor war es jemandem gelungen, das Geheimfach zu finden. Wie sie allerdings herausgefunden hatte, dass Lucius das Buch schon längst wieder besaß, das entzog sich seiner Kenntnis. Seine Wut verrauchte etwas, verschwand jedoch nicht völlig.
Normalerweise überlebte wirklich niemand den Versuch, Hand gegen ihn zu erheben. Und Rhea hatte es nicht nur versucht, sie hatte ihn tatsächlich hart geschlagen. Er strich sich kurz über seine immer noch schmerzende Wange. Um so verwunderlicher war es für ihn, dass er sie dafür nicht sofort umgebracht hatte. Nein, er hatte sie sogar gehen lassen, ohne ihr auch nur ein Haar zu krümmen. Das sah ihm wirklich nicht ähnlich. Er scherte sich normalerweise einen Dreck um die Belange und Befindlichkeiten anderer. Doch Rhea, irgend etwas war anders mit ihr. Es hatte ihm großen Spaß gemacht, mit ihr zu spielen, zu versuchen ihren Willen zu brechen. Aber egal, was er mit ihr angestellt hatte, sie hatte sich ihm immer und immer wieder mit einer Willensstärke widersetzt, die ihn faszinierte.
Sie hatte offenbar keine Angst vor ihm. Noch nicht einmal, als er ihr Leben bedroht hatte. Ihre Wildheit, genau das war es, was er mochte.
Ein rasch errungener Sieg hatte leider immer einen schalen Nachgeschmack bei ihm hinterlassen. Aber Rhea, sie überraschte ihn immer wieder aufs neue. Und der Sex mit ihr...Lucius fühlte, wie ihn bereits der bloße Gedanke an sie erregte und das Blut in seinen Lenden zusammenströmen ließ. Am liebsten wäre er ihr jetzt sofort in ihre Wohnung gefolgt und hätte sich geholt, was er wollte. Doch das ging nicht. Er konnte die Party nicht einfach verlassen, schließlich war er der Gastgeber. Wenn er verschwand, würde das unangenehme Fragen nach sich ziehen. Zähneknirschend holte Lucius die Schriftrolle, wegen der er eigentlich nach oben gekommen war, aus seinem Schreibtisch und begab sich wieder nach unten.
Seine Laune war für den Rest des Abends nicht mehr besonders gut. Das einzige, was ihn das hohle Geplapper einiger Gäste überstehen ließ, war der Gedanke, dass er Rhea morgen früh sofort heimsuchen würde.
***************to be continued**********************
Was, es geht noch weiter? Oh ja, und wie es weitergeht. Ihr dürft gespannt sein....
Kapitel 9 folgt wiederum übermorgen.
Wäre in der Zwischenzeit vielleicht ein kleines review drin?? *lieb guck*
