Kapitel 20 – Suche nach Sirius

Die Tage vergingen wie im Flug. Denron hatte Harrys Wahl akzeptiert. So wurden nun Ginny, Hermine, Ron, Luna und Neville ausgebildet. Nachdem ihre Fähigkeiten in der Meditation vervollständigt wurden, wurden sie den Ahnen vorgestellt. Ginny würde nur noch zwei Sitzungen benötigen, bei den restlichen Schülern wurden die benötigten Sitzungen auf acht festgelegt, jeweils im Abstand von zwei Wochen.

Denron und Harry brachten Ginny abends die Künste der Schamanen bei und trainierten auch mit ihr den Stockkampf. Ginnys Sitzungen mit den Ahnen fanden im Abstand von einer Woche statt, damit sie Zeit für die Rettung Sirius' hatten.

Harry machte sich Sorgen, ob sie das überstehen würde.

Ginny machte ihm klar, dass ihr nichts fehlte. Auch Denron beruhigte ihn. Es war keine Überlastung bei Ginny festzustellen und sie lernte sehr schnell.

Schließlich war es so weit.

Harry und Denron begleiteten Ginny in die Trance. Die anderen Schüler waren bei dieser Sitzung nicht zugegen. Die Ruhe der Meditierenden sollte nicht gestört werden.

Harry schlug während seiner Trance die Trommel, gesteuert durch sein Unterbewusstsein. Sie fanden sich zu dritt im Nebel wieder. Denron führte sie hindurch und zu dem Torbogen, doch er öffnete ihn nicht.

„Was ist?" fragte Harry.

„Du hast ihre Ausbildung begonnen. Es liegt nun an dir, Seneda zum Ende ihrer Ausbildung zu führen." antwortete Denron.

Harry war überrascht do Ginny strahlte ihn glücklich an und nickte ihm aufmunternd zu.

Harry sagte den Spruch, den er nun schon oft von Denron gehört hatte und das Portal öffnete sich. Sie schritten hindurch und wurden, wie immer, von den Geistern der Ahnen erwartet. Godric nahm sie in Empfang.

„Willkommen zu deiner Initiierung, Seneda, oder sollte ich lieber Virginia sagen?" begrüßte er sie.

„Seneda oder Ginny bitte, aber nicht Virginia." sagte sie leicht verlegen.

„Mit Rücksicht auf die Geister indianischer Abstammung und mir Ehren an das indianische Ritual, das wir hier durchführen, nenne ich dich Seneda."

Ginny nickte begeistert.

Dann wandte er sich an Harry. „Denron hat deine Initiierung durchgeführt, doch in diesem besonderen Fall, liegt es an dir, die Initiierung durchzuführen. So wurde es vom Rat der Ahnen beschlossen."

„Aber ich kann doch nicht Ginny initiieren. Ich weiß doch nicht, was ich machen muss."

„Das Wissen liegt in deinem Geiste verborgen. Leere deinen Geist und lass dich von deinem Instinkt leiten, wie du es schon so oft getan hast."

Harry fügte sich.

Diesmal beschwor er die Liege herauf und Ginny legte sich darauf nieder. Die Ahnen und Denron bildeten einen Kreis um Harry und Ginny.

Harry fasste an die Schläfen von Ginny und leerte seinen Geist. Plötzlich sah er wieder ihre Aura und diesmal sah er eine zweite Aura die grünlich schimmerte, aber etwas kleiner war, die Ginnys Aura überlagerte. Er durchwühlte sein Wissen. Dann war es ihm klar. Die grüne Aura war wie eine Art Schablone zu verstehen, die zeigte, welches Wissen und welche Macht erforderlich waren, um in den Stand eines Magus gewählt zu werden. Er war überrascht. Ginny hatte auch die Fähigkeiten eines Magus. Er vollendete das Ritual.

„Nach dem Willen der Ahnen wirst du, Seneda, nun berufen in den Stand eines Magus."

Die Ahnen wiederholten es.

„Du hast nun vollständigen Zugriff auf das Wissen der Alten. Erhebe dich." sagte er mit monotoner Stimme und nahm seine Hände von Ginnys Schläfe.

Sie stand auf und umarmte Harry stürmisch.

„Heißt das, ich bin auch ein Magus?" fragte sie freudestrahlend.

Harry nickte. Er war sprachlos. Dann sah er Godric und Denron an. „Ihr habt es die ganze Zeit gewusst, nicht wahr?"

Beide lachten und Godric nickte.

„Aber bei den anderen haben wir nicht genug Macht festgestellt. Sie sind sozusagen halbe Magi. Wir werden sie deshalb nicht initiieren im eigentlichen Sinn, sondern nur ihr Wissen freigeben. Sie müssen selbst herausfinden, welche Zauber sie beherrschen und welche nicht. Einige Zauber können sie vielleicht gemeinsam ausführen, wenn sie ihre Macht verbinden. Es liegt an dir, sie auf diesen Pfad zu führen."

„Das muss ich erst mal verarbeiten." sagte Harry.

„Wir müssen dich noch warnen. Wir wissen, dass du vor hast, das Tor auf der realen Ebene zu öffnen und einen Freund zu retten. Es ist wahr, dass seine Zeit noch nicht gekommen war, als ihn dieses Schicksal ereilte. Doch wisse, das was du vorhast, könnte leicht deinen Tod bedeuten."
"Ich weiß." sagte Harry ernst.

„Dennoch, du hast das Wissen und beherrscht die Magie. Da kannst es schaffen. Und du hast eine starke Partnerin." fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.

Ginny strahlte ihn glücklich an. Dann verabschiedeten sie sich von den Ahnen und verließen die Trance.

Nachdem Denron sie stolz umarmt hatte, verabschiedete er sich von den beiden und zog sich zurück, um Dumbledore Bericht zu erstatten. Harry und Ginny gingen in den Gemeinschaftsraum zurück.

Dort wurden sie schon gespannt von den anderen erwartet. Auch Luna war mit Neville im Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Sie war zwar eine Ravenclaw, aber das kümmerte niemanden.

„Und wie war es?" fragte Ron, der es nicht erwarten konnte.

„Ach, die Initiierung war ganz ok." winkte Harry ab und unterdrückte ein Grinsen.

„Ja, war ganz easy." sagte auch Ginny und kämpfte genauso mit einem Lachen.

Ron sah das Glitzern in Harrys Augen.

„Kommt schon, rückt raus mit der Sprache!"

„Sie haben mir gesagt, ich könnte jetzt auf das Wissen zugreifen, genaugenommen hat Harry mir das gesagt. Er hat nämlich die Initiierung durchgeführt."

Die vier Freunde sahen ihn ehrfurchtsvoll an.

„Du hast das Ritual durchgeführt?"

„Godric hat mir keine Wahl gelassen." sagte Harry. „Und so hatte ich das Vergnügen, Ginny alias Seneda in den Stand eines Magus zu berufen."

Nun sahen alle Ginny ehrfurchtsvoll an.

„Magus?" fragte Ron, total baff.

„Ja."

„Heißt das, wir werden alle Magi?"

„Nein." sagte Harry ernst, „Ich habe beim Ritual gesehen, wie hoch die Anforderungen an einen Magus sind und Ginny hat sie gerade erfüllt. Ich habe auch eure Auras gesehen und mit den Ahnen gesprochen. Es hat kein weiterer das Potential zum Magus. Ihr lernt die alte Magie und könnt sie anwenden, aber nicht alles Wissen. Welche Zaubersprüche ihr nutzen könnt und welche nicht, das müssen wir auf die harte Tour herausfinden. Das heißt Lernen." Hermines Augen leuchteten bei diesen Worten. „Es mag Sprüche geben, die ihr allein nicht beherrscht, aber einige davon könnt ihr gemeinsam nutzen, jedenfalls hat Godric das gesagt. Es liegt allerdings an uns herauszufinden, ob und wie das funktioniert."

Die vier sahen sich ernst an. 

Dann sagte Ron: „Mein kleines Schwesterchen ist ein Magus. Das ist unglaublich, aber auf jeden Fall ein Grund zum Feiern."

Und das taten sie in ihrer kleinen Runde.

Am nächsten Tag nach dem Abendessen rief Dumbledore sie in sein Büro.

„Herzlichen Glückwunsch zu ihrer Initiierung, Miss Weasley." sagte er, nachdem er sie begrüßt hatte, „Ich muss gestehen, ich bin beeindruckt."

„Danke, Direktor Dumbledore." antwortete sie höflich.

„Wie wollt ihr jetzt weiter vorgehen mit der Ausbildung?" fragte er.

„Ich hatte gedacht, dass ich mit Ginny das Zaubern ohne Stab übe und wir gemeinsam versuchen, das alte Wissen zu erforschen. Bevor wir es effektiv nutzen können, müssen wir es praktisch erproben."

„Das hört sich gut an, Harry. Ich gebe euch Zutritt auf den Klassenraum neben dem Eingang zu meinem Büro. Ich habe Dobby gebeten, alle Bücher, die ich über das alte Wissen, die ich besitze in diesen Klassenraum zu bringen. Ihr könnt ihn jederzeit nutzen. Zugang habt ihr nur, wenn entweder du, Harry, oder Remus dabei sind. Ich bitte euch, die praktischen Übungen nur durchzuführen, wenn Remus dabei ist. Falls etwas passiert, dann bin ich praktisch nebenan."

„Einverstanden, Professor." sagte Harry begeistert.

„Und wie wollt ihr in der anderen Angelegenheit fortfahren?"

Harry und Ginny sahen sich an.

„Also heut ist Freitag. Morgen ist keine Schule. Wir würden gern morgen versuchen, Sirius zu befreien."

„Gut. Ich hatte das erwartet. Ich werde euch begleiten."

„Danke, Professor." sagte Harry erleichtert.

„Professor, gibt es Neuigkeiten, was Voldemort angeht?" fragte Harry.

„Nein. Wir haben noch keine neuen Informationen. Die Riesen befinden sich noch immer in Frankreich. Von den Dementoren ist, Gott sei dank, noch nicht viel zu sehen gewesen. Es gab nur einen Muggel, der den Kuss erhalten hat. Sollte Voldemort sie auf die Zauberer oder die Muggel loslassen, geht es uns schlecht."

„Kann man die Dementoren töten? Der Patronus vertreibt sie ja nur."

„Ein mächtiger Patronus kann sie auch töten, doch das schaffen nur wenige. Wenn Voldemort uns angreift, wird er aber mit einer Unzahl von Dementoren gegen uns marschieren. Da würde der Tod von ein oder zweien nicht auffallen. So weit ich weiß, könnte ein ultraheißes Feuer die Dementoren umbringen. Normales Feuer macht ihnen nichts aus. Aber mir ist kein Zauber bekannt, der stark genug dafür ist. Deswegen hatte ich auf deine Drachenform gehofft, aber die Möglichkeit ist uns jetzt auch verwehrt. Eventuell würde dein Feuerball ausreichen, aber er ist zu klein, um mehrere Dementoren auszuschalten, geschweige denn Hunderte."

„Geben sie die Hoffnung nicht auf. Ich habe da so ein oder zwei Ideen." sagte Harry zuversichtlich und seine Augen glühten vor innerem Feuer.

„Gut, ich vertraue dir, Harry. Wenn du etwas findest, informiere mich bitte. Vielleicht kann ich auch das eine oder andere lernen. Wenn wir gerade bei Voldemort sind. Ich habe die Mitglieder des Ordens über deine Entscheidung informiert, Harry. Sie sind bereit dich aufzunehmen. Deine Aufnahme könnte Sonntag abend stattfinden."

Harry nickte ernst.

„Gut, ich informiere dich, wenn es soweit ist. Ich denke, ihr geht jetzt besser ins Bett. Wohlgemerkt, jeder in seins." fügte er mit funkelnden Augen hinzu.

Harry und Ginny wurden rot und blickten schuldbewusst zu Boden. Dumbledore schien einfach über alles Bescheid zu wissen, was im Schloss vorging.

Sie verabschiedeten sich und gingen zurück in den Gemeinschaftsraum.

Dort informierten sie Hermine und Ron über das Gespräch und zogen sich dann zurück.

Am nächsten Morgen trafen sich die vier sehr früh und gingen gemeinsam frühstücken. Harry begrüßte Ginny mit einem Kuss.

„Sucht euch ein Zimmer." sagte Ron.

„Sei ruhig!" sagte Hermine und küsste ihm auf den Mund. „Wer im Glashaus sitzt..."

Ron wurde rot und Harry und Ginny lachten.

Sie frühstückten ausgiebig, weil keiner wusste, wie lange die Aktion heute dauern würde. Hermine und Ron würden hier bleiben.

„Hermine, wenn ihr Zeit habt, dann nehmt bitte Remus und vielleicht die anderen und setzt euer Training in dem neuen Raum fort. Hermine, vielleicht kannst du versuchen, in den alten Büchern etwas zu finden, was ein sehr heißes Feuer erzeugen könnte, das ausreicht, um Dementoren zu vernichten. Mir fällt dazu zwar der Helios-Spruch ein, aber vielleicht gibt es noch etwas anderes. Etwas das auf größerer Fläche wirkt."

„Gut, das mache ich gern. Und Ron wird mir sicher helfen." sagte sie enthusiastisch.

Ron seufzte „Schon wieder Lesen."

Nach dem Frühstück begaben sich Harry und Ginny zu Dumbledore.

„Wir könnten einen Portschlüssel benutzen, aber damit würden wir nur bis in den Eingangsbereich gelangen. Außerdem muss ich zugeben, dass ich auf eine Reise durch eines deiner Portale gespannt bin, Harry."

Harry nickte, doch dann wandte er sich an Ginny: „Möchtest du es versuchen?"

„Ich? Aber ich habe es noch nie gemacht."

„Konzentrier dich auf den Raum mit dem Torbogen. Du kennst den Spruch und die Bewegung, sie sind Teil deines neuen Wissens."

„Meinst du wirklich?"

„Ja, du schaffst das."

Ginny konzentrierte sich und nahm ihren Zauberstab. Dann rief sie: „SCHENGAH RATA NERUH"

Genau, wie bei Harry sonst, öffnete sich ein Portal und man konnte den Torbogen im Hintergrund des Raumes erkennen. Die drei schritten durch das Tor.

Vor dem Tor hielten sie inne. Harry konnte wieder die flüsternden Stimmen hören.

„Nimm meine Hand, Ginny. Versuche zu fühlen, wie die Magie fließt. Du musst das Tor nicht öffnen, das mache ich. Versuch es offen zu halten. Du musst nur den Energiefluss aufrechterhalten." Sie nickte ernst. Er gab ihr noch einen Kuss und dann intonierte er den Spruch: : „Ceta nui rah"

Der Vorhang teilte sich und man konnte das Wallen eines Energiefeldes im Torbogen erkennen.

„Bist du bereit?" fragte er Ginny. Sie nickte bestätigend und sah hochkonzentriert aus. Harry löste seine Hand von ihr. Das Tor blieb bestehen. Dumbledore nickte ihm ernst zu.

Harry schritt durch das Tor. Er fand sich in einer trüben kargen Landschaft wieder. Sie schien keine Farben zu haben sondern bestand nur aus Grautönen. Überall um ihn herum war leichter Nebel. Er schaute sich um und rief Sirius. Keine Reaktion.

Er versuchte, sich den Adler zu verwandeln. Es gelang. Dann erhob er sich in die Lüfte und suchte mit seinen Scharfen Augen den Boden ab. Dabei zog er immer größer werdende Kreise, das Tor bildete den Mittelpunkt. Schließlich sah er eine dunkle Gestalt am Horizont. Er flog schnurstracks darauf zu. Es war tatsächlich Sirius. Harry sah, wie ihn nebelhafte Gestalten weiter vom Tor wegzogen.

Er krächzte laut, doch die Gestalten zeigten sich unbeeindruckt. Von ihnen stammte das unheimliche Flüstern, was man auch auf der anderen Seite des Tores hören konnte. Harry verwandelte sich in der Luft in den Greifen und stürzte auf den Boden herab. Die Gestalten stoben auseinander. Er verlor keine Zeit, sondern packte Sirius an seiner Robe mit dem Maul und erhob sich wieder in die Luft. So schnell ihn seine Flügel trugen, flog er zurück zum Tor. Dort landete er und schritt noch immer in Greifengestalt durch das Tor.

Dumbledore und Ginny erschreckten zunächst, doch dann erkannten sie Harry in dem Greifen.

Ginny seufzte und sank zu Boden.

„Es war höchste Zeit, Harry. Wenn Dumbledore nicht geholfen hätte, wäre das Tor schon vor zwei Stunden zusammengebrochen." sagte sie ihm, als er sich wieder zurückverwandelt hatte.

„Zwei Stunden? Ich war nicht mal fünf Minuten drüben." sagte Harry verwundert.

„Du warst sechs Stunden auf der anderen Seite." sagte Dumbledore ernst.

Dann beugten sich Harry und Dumbledore über Sirius.

„Er atmet flach und Puls ist auch noch da. Transportieren wir ihn erst mal in den Krankenflügel." sagte Dumbledore. Harry nickte.

Diesmal öffnete er ein Portal und Dumbledore levitierte Sirius hindurch. Harry stützte die völlig erschöpfte Ginny und sie gingen beide hindurch, bevor sich das Portal wieder schloss.

Madam Pomfrey untersuchte bereits Sirius.

„Sein Zustand ist besorgniserregend. Er hat innere Verletzungen. Ich kann ihm keinen Zaubertrank geben, er kann nicht schlucken." sagte sie ernst.

„Warten sie. Lassen sie mich mal probieren." sagte Harry.

Er setzte Ginny auf ein freies Bett. „Kommst du klar?" fragte er.

Sie nickte.

„Können sie ihr einen Pepperup-Trank geben? Sie hat sich verausgabt."

„Ja. Das mach ich. Aber sie darf sich heut und morgen nicht mehr anstrengen."

Als sie Ginny den Trank gegeben hatte, kümmerte sich Harry um Sirius.

Er legte die Hände über Sirius' Körper und schloss die Augen. Er sondierte mit seinen Sinnen die Verletzungen. Sie waren schlimm, aber nicht so schlimm, wie bei Ginny oder Ron. Es machte ihm nur Sorgen, dass er Verletzungen im Gehirn-Bereich hatte. Harry sandte seine Magie zunächst auf die verletzten Organe im Bauchbereich. Dann kümmerte er sich um die Kopfverletzung. Ganz sanft ließ er seine Magie in Verbindung mit seiner Lebensenergie die verletzten Gehirnzellen heilen. Die Zellen regenerierten sich viel langsamer als die der anderen Organe. Schließlich stellte er fest, dass er bei allen Verletzungen den Heilungsprozess erfolgreich in Gang gesetzt hatte. Er ließ von ihm ab.

„Ich habe getan, was ich konnte." sagte er müde. Er fühlte sich schwach und ausgelaugt und setzte sich neben Ginny aufs Bett. Sie umarmte ihn beruhigend.

Madam Pomfrey untersuchte Sirius' erneut. Dann sah sie Harry überrascht an.

„Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, würde ich es nicht glauben. Seine inneren Organe sind bereits fast wieder hergestellt. Wie machen sie das bloß, Mr. Potter?"

Sie schüttelte ungläubig den Kopf.

„Ich kann es nicht erklären. Ich tu es einfach. Aber er hat sich eine ernste Kopfverletzung zugezogen. Der Heilungsprozess dort wird länger in Anspruch nehmen."

Madam Pomfrey untersuchte den Kopfbereich und nickte bestätigend.

„Das Gehirn regeneriert sich eindeutig, aber sie haben recht. Das dauert noch ein bisschen. Was ist mit ihnen? Geht es ihnen gut?"

Er nickte „Ich bin nur total ausgelaugt."

Dumbledore klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

„Ihr beide habt heut großartiges geleistet. Ich glaube fest daran, dass sich Sirius wieder erholen wird. Poppy, ich schlage vor, Harry und Ginny bleiben heut nacht hier auf der Krankenstation. So können sie sich ungestört erholen. Ich informiere ihre Freunde über den Erfolg ihrer Mission und dass sie sie morgen beim Frühstück treffen werden."

Die Schulkrankenschwester nickte.

Dumbledore verließ den Krankenflügel und Harry und Ginny gaben sich noch einen Kuss, warfen einen letzten Blick auf Sirius und legten sich dann zum Schlafen nieder.

Am nächsten morgen erwachten sie ausgeruht.

„Guten Morgen mein Schatz." begrüßte Harry seine Freundin und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Dann ging er zu Sirius hinüber. Er sah schon etwas besser aus. Seine Wangen hatten sogar schon etwas Farbe bekommen. Allerdings würde es noch eine Weile dauern, bis er erwachen würde.

Harry und Ginny gingen Hand in Hand in die große Halle zum Frühstück. Da heut Sonntag war, brauchten sie sich nicht zu beeilen. Dort trafen sie Ron und Hermine.

Beim Essen mussten sie ihnen natürlich haargenau erzählen, was alles passiert war.

Dann hörten sie Dumbledore an seinen Kelch klopfen. Er bat um die Aufmerksamkeit der Schüler.

„Werte Schüler. Nach einer langen Unterredung mit dem Zaubereiminister wurden heut morgen alle Anklagepunkte gegen Sirius Black fallen gelassen. Er wurde vor fünfzehn Jahren des Mordes an Peter Pettigrew und zwölf Muggeln für schuldig befunden. Da inzwischen erwiesen ist, dass Pettigrew noch lebt und für Voldemort arbeitet, wurde Sirius Black für unschuldig befunden. Es hat sich außerdem herausgestellt, dass Pettigrew damals James und Lily Potter an den dunklen Lord verraten hat. Sirius Black hat völlig unschuldig zwölf Jahre Haft in Askaban abgesessen. Es ist dem mutigen Einsatz zweier Schüler zu verdanken, dass das Leben von Sirius Black gerettet werden konnte. Er befindet sich zur Zeit hier bei uns im Krankenflügel und erholt sich von seinen Verletzungen. Sein Zustand ist jedoch noch immer sehr ernst. Danke für eure Aufmerksamkeit."

Remus hatte Dumbledore überrascht und fragend angeschaut. Remus war einer der besten Freunde von Sirius und war über die Rettungsaktion offenbar nicht informiert worden. Dumbledore nickte nur bedeutungsvoll zu Harry und Ginny.

Remus sah sie überrascht an. Harry lächelte ihm freundlich zu. Da begannen Remus Augen zu strahlen. Harry sah, wie er sich mit Dumbledore unterhielt.

Dann schwirrten die Eulen mit der Post in die Halle. Wie jeden morgen erhielt Hermine eine Ausgabe des Tagespropheten. Dort stand es schwarz auf weiß:

„Sirius Black unschuldig!" war die Headline der Ausgabe. Hermine überflog den Bericht.

„Das Ministerium erklärt ihn für unschuldig. Für die Haft erhält er eine großzügige Entschädigung. Sie entschuldigen sich bei ihm. Die Verurteilung ohne Gerichtsverhandlung wird eine Untersuchung nach sich ziehen." fasste sie den Bericht kurz zusammen.

Harry und Ron lachten erleichtert.

Ron sagte: „Zu schade, dass du inzwischen volljährig bist, sonst hätte sich Sirius nun endlich als dein Vormund bewähren können."

„Sirius Black ist dein Vormund Harry?" fragte Neville verwundert, „Ich dachte, er wollte dich im dritten Schuljahr umbringen."

„Nein. Wie wir herausgefunden haben, wollte er mich vor Pettigrew beschützen. Aber das ist eine lange Geschichte. Heut ist Quidditch, oder?"

„Klar. Heut ist das letzte Match von Gryffindor gegen Ravenclaw."

„Was? Heut ist das Match? Ich hatte das völlig vergessen." sagte Ginny erschrocken.

„Bleib ruhig. Du hast doch im Training immer gute Ergebnisse erzielt und du hast genug Zeit, dich für das Match fertig zu machen." beruhigte Harry sie.

Selbstverständlich hatten beide bei allen Trainingsitzungen teilgenommen. Harry hatte ihr den Wronski-Bluff gezeigt und sie hat sich wacker geschlagen.

So begaben sich die Freunde nach dem Frühstück locker zum Quidditch-Feld. Hermine ging mit Neville auf die Tribüne und Harry blieb unten bei den Reservespielern. Er küsste Ginny kurz und wünschte ihr viel Glück. Neville trennte sich vor dem Aufgang zu den Tribünen von Luna. Sie hatte wieder ihren Löwenkopf aufgesetzt.

„Und du bist wirklich für Gryffindor?" fragte er sie verwundert.

„Klar. Du bist der eine Grund. Außerdem sind Ginny und Ron meine Freunde. Ich hätte mich ja neutral verhalten, aber da die Ravenclaws immer meine Sachen versteckt haben, schlage ich mich auf eure Seite. Bis nachher, Nev." verabschiedete sie ihn und gab ihm noch einen Kuss.

Das Spiel war spannend. Slytherin stand bisher auf dem letzten Platz und Ravenclaw war die einzige, die ihnen noch Konkurrenz zum Pokal machen konnten.

Der Kommentator rief: „Ravenclaw hat den Quaffel. Die Jäger pflügen regelrecht durch die Luft. Wow, das war knapp. Sie konnte dem Klatscher gerade so ausweichen. Und sie wirft. Weasley hält den Quaffel und gibt ihn an die Jäger weiter. Krass. Sie spielen so schnell ab, das man gar nicht mehr mitbekommt, wer den Quaffel gerade hat. Schuss und Tor. 120:90 für Gryffindor."

Harry hörte nur mit einem halben Ohr zu. Er beobachtete Ginny, wie sie den Snatsch suchte. Plötzlich schoss sie in einem steilen Winkel nach unten. Hatte sie ihn gesehen? Der gegnerische Sucher folgte. Kurz über dem Boden zog sie wieder hoch. Ahh, der Wronski-Bluff dachte Harry begeistert. Perfekt ausgeführt. Der gegnerische Sucher bremste voll ab und schaffte es gerade noch den Sturzflug abzufangen. Ginny hatte die Sucherin abgeschüttelt und flog nun mit voller Geschwindigkeit in Richtung der Torringe von Ravenclaw. Tatsächlich. Harry sah den Snatsch. Er war kurz vor ihr. Der Sucher von Ravenclaw hoffnungslos weit abgeschlagen. Sie wich gekonnt einem Klatscher aus. Dann hatte sie ihn. Gryffindor gewann das Spiel gegen Ravenclaw und den Hauspokal dieses Jahres. Das würde eine ordentliche Feier geben, dachte Harry. Er sprang mit den anderen auf und jubelte seiner Mannschaft zu. Er klopfte Ron anerkennend auf die Schulter und empfing Ginny mit einer Umarmung und einem intensiven Kuss. Das löste in der Mannschaft von Gryffindor geballte Playboy-Pfiffe aus.

Ginny empfing von Dumbledore den Hauspokal und sie wurde von der Mannschaft in die Umkleide getragen. Nach dem Duschen und umziehen trafen sich alle im Gemeinschaftsraum. Dort gab es eine anständige Party mit viel Butterbier und Unmengen an Süßigkeiten. Harry und Ginny feierten ausgelassen mit Ron, Hermine und ihren Freunden.

Gegen zehn wurde Harry von McGonagall abgeholt.

„Professor Dumbledore erwartet sie, Mr. Potter" sagte sie zu ihm.

„Es ist soweit. Feiert noch schön und wartet nicht auf mich." sagte er zu Ginny.

Hermine und Ron sahen ihn fragend an. Harry zuckte nur mit den Schultern und ging mit McGonagall.

„Was ist los?" fragte Hermine Ginny.

„Er wird es euch sicher sagen, irgendwann." antwortete sie gelassen.

„Aber du weißt es, oder?" hakte sie nach.

Ginny zuckte nur mit den Schultern.

„Harry vertraut mir. Ich kann es euch nicht sagen."

„Irgendwie habe ich den Eindruck, dass uns Harry nichts mehr sagt, seit ihr beide ein Paar seid." sagte Hermine traurig.

„So ist es nicht Hermine." sagte Ginny, der das ganze unangenehm war, „Es ist so, dass Harry schon immer Geheimnisse vor euch hatte, Dinge, über die er entweder nicht reden durfte, oder mit denen er euch nicht belasten wollte. Er vertraut mir und ich vertraue ihm. Wir reden viel miteinander und er erzählt mir alles, was ihn bedrückt. Darüber bin ich so froh, sage ich euch. Die Last, die er trägt, ist schwerer, als ihr euch vorstellen könnt. Ich weiß nicht, wie er das die ganzen Jahre allein ausgehalten hat. Jetzt teilt er seine Last und ich versuche sie ihm zu erleichtern." sagte Ginny.

„Du hast recht. Er erzählt uns alles, was er denkt, was wir wissen müssen, aber nur so viel wie nötig. Mir ist schon aufgefallen, dass er sich verändert hat. Er scheint mir schon lange irgendwie lebensfroher zu sein, genaugenommen, seit ihr zusammen seit. Ich bin froh, dass er dich hat." sagte Hermine.

„Ja, aber gleichzeitig ist er auch härter und selbstbewusster geworden, auf jeden Fall entschlossener und ich glaube auch kaltblütiger." fügte Ron hinzu.

Ginny seufzte: „Du meinst Hogsmeade?"

Ron nickte.

„Ich denke, er weiß, was er in unserer Freundschaft und in unserer Liebe hat. Er sagte mir, dass wäre ihm während des Flugzeugabsturzes bewusst geworden. Ich denke er ist entschlossen, alles dafür zu tun, uns nicht zu verlieren, wie es mit Idira geschehen ist. Das hat ein tiefes Loch in sein Herz gerissen. Diese Entschlossenheit hat ihn härter gemacht. Sein neues Wissen und seine Erfahrungen haben sein Selbstbewusstsein gestärkt. Er hat mehr Kontrolle über sich selbst und das, was um ihn herum vorgeht. Er verschließt sich nicht mehr vor seiner Umwelt. Denkt nur daran, wie er mit Malfoy umgegangen ist. Malfoy ist geradezu erträglich geworden, genau wie Snape." erklärte Ginny.

„Da ist etwas dran. Er vertraut auf seine Stärken. Aber warum ist er so brutal gegen die Todesser vorgegangen?" fragte Ron schaudernd.

„Er hat sich geöffnet und zeigt mehr Gefühle als vorher und er liebt. Er liebt aus ganzem Herzen. Er hat sozusagen den Einsatz erhöht. Früher hatte er nur sein Leben zu verlieren und das ist in seinen Augen nicht viel wert. Dann kam eure Freundschaft und später meine. Er hatte etwas zu verlieren, aber seine Verschlossenheit hielt auch seine Wut zurück. Dieser Widerstand ist jetzt geringer geworden und wie er seine Liebe offen zeigt, kann sich auch seine Wut offen spiegeln. Dennoch würde er nie einem unschuldigen etwas tun. Nur zu sehen, wie seine Freunde oder seine Liebe leidet, das macht ihm zum Berserker. Hinzu kommt noch, dass diese neue Härte an ihm, für ihn gleichzeitig eine Notwendigkeit geworden ist." sagte Ginny traurig.

„Das letzte verstehe ich nicht. Wieso ist diese Härte notwendig?" fragte Hermine beunruhigt nach.

„Das kann ich euch nicht sagen. Selbst mir hat er das erst kürzlich offenbart."

Die Freunde sahen sich nachdenklich an.