Dramata Vol. 3: In der Welt der Schatten


Er sah ihm direkt ins Gesicht oder in das, was mal sein Gesicht war.

Verzerrte Schatten nun, schwarzweiß gemalt in Nichts, Fratze des Todlebendigen.

Oh ja, Haldir wusste, wo er war. Zu viel hatte er davon gehört und er wusste ebenso genau, wie er hier gelandet war und nicht in Mandos Hallen. Noch immer versuchte er in Gedanken Aragorn zu verfluchen, doch was nutzte es ihm? Aus der Welt der Schatten gab es so schnell kein Entkommen, vielleicht gar keines, man hatte noch nie von einem gehört, der zurückgekehrt war. Aus Mandos Hallen war schon der ein oder andere entkommen, letztens vor einigen Jahrhunderten Glorfindel, der nie verraten hatte, wie er es geschafft hatte. Doch eines wusste man: Es hatte etwas mit Beharrlichkeit zu tun gehabt und was auch immer, Haldir erholte sich schnell von dem Schock, in dieses Gesicht zu starren bzw. besser in diese Parodie eines Gesichtes, und er beschloss, das Beste aus seiner Lage zu machen.

'Wie überaus schön und reizvoll, Euch kennen zu lernen, ehrenwerter Hexenkönig von Angmar, ich glaube, wenn mich nicht alles falsch deucht, war Euer werter Vorname ähnlich lautend wie Aschbart?'

Haldir wunderte sich, dass er überhaupt sprechen konnte, doch wirklich Töne konnte nicht von sich geben, mehr eine Flut von Gedanken, die aber in seinem Gegenüber Widerhall fanden, denn der gräusliche Mund verzog sich zum scheußlichen Lachen und zustimmend nickte der Hexerkönig und Haldir lächelte. Nun ja, er glaubte zu lächeln, denn wie er sich noch zu gut erinnerte, war seine Leiche irgendwo auf dem Wall in Helms Klamm abgeblieben und was genau er jetzt war, war ihm so klar noch nicht, doch er hatte das Bewusstsein zu lächeln. Und noch mehr! Verrückterweise fiel ihm ein, dass Aragorn zwar zu seiner Befriedigung gekommen war, nicht aber er, und sein Glied war schmerzhaft erregt, bzw. das, was an Bewusstsein von seinem männlichen Organ da war, denn - hatte er denn überhaupt noch einen... ?

Haldir sah an sich herunter - bzw. er glaubte an sich herunterzusehen, denn ob er noch Augen hatte, die sehen konnten, das war auch nicht so ganz sicher, doch er sah tatsächlich, was er kaum glauben konnte - er war nackt! Und sein stolzes Elbenglied ragte zitternd und unerlöst in die kalte Schattenluft.

Also zögerte er nicht und grinste den Schattenkönig frech an, denn - ein anderer war nicht da, dem er das hätte anheimstellen können, und so fragte er, mit der Stimme, die nicht wirklich existierte, aber doch Widerhall fand im Wesen des Hexerkönigs:

'Seid Ihr der Kunst des Flötenblasens mächtig, edler Hexerkönig?'