Disclaimer: Keine der wundervollen Charaktere Tolkiens gehören mir,
allerdings ist der Held der Geschichte meiner Phantasie entsprungen!
Rating: PG 13, wegen teilweise blutigen Szenen...
@ Auxia: Sorry, dass es ein wenig gedauert hat, aber ich bemühe mich, schneller
zu werden!!! Ich freue mich riesig, dass es dir noch immer gefällt! (
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Früh am nächsten Morgen erwachte Ameron und sah sich nachdenklich um. Nun war er in Minas Tirith, der Hauptstadt Gondors! Er konnte es noch immer kaum fassen, dass seine Einsamkeit nun für immer der Vergangenheit angehören sollte, er sprang aus dem Bett und sah aus dem Fenster. Die Sonne erschien soeben am Horizont, und doch sah er unter sich auf dem Hof jede Menge Menschen geschäftig umhereilen. Ameron sah ihnen geraume Zeit zu, riss sich aber dann von seinem Ausguck los und zog sich an. Hose und Hemd passten wie angegossen, aber als er die Weste in die Hand nahm, betrachtete er sie eine Weile sprachlos. Sie war aus weichem Leder gefertigt, an der Vorderseite war ein Baum, der von Sternen umgeben war, aufgestickt. Das Wappen Gondors! Aragorn hatte ihm die Uniform der Leibwache zurechtlegen lassen! Ameron strich ehrführchtig über das Bild und zog die Jacke langsam an. Vor dem Spiegel betrachtete er sich eine Zeitlang. Aus dem Spiegel sah ihn ein junger, ernst dreinblickender Mann an, ein Soldat im Dienste König Elessars von Gondor. Vorbei die Zeit, in der er ein abgerissener, auf sich alleine gestellter Junge war.
Ein leises Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und er wandte sich zur Tür, die gerade geöffnet wurde. "Guten Morgen, Herr Ameron. König Elessar wünscht eure Anwesenheit beim Frühstück!" sagte die Bedienstete, die selbe Frau, die sich auch am Tag zuvor um ihn gekümmert hatte. Ameron lächelte und nickte: "Dankeschön, ich komme sofort, Frau..." Er sah sie auffordernd an. "Mein Name ist Amrun, aber ich bin nur eine einfache Dienerin." Antwortete sie ernst und sah ihn ein wenig irritiert an, sie war es nicht gewohnt, dass jemand der Herrschaften sich für ihren Namen interessierte.
"Oh, habe ich etwas falsch gemacht? Das tut mir leid, ich wollte doch nur..." begann der junge Mann zu stottern und sah Amrun schuldbewusst an. "Nein, nein, ihr habt alles richtig gemacht! Aber normalerweise werden wir Bedienstete nicht beachtet, das hat mich ein wenig verwirrt!" beeilte sich die Frau zu sagen. "Aber nun kommt, die königliche Familie erwartet euch, Herr Ameron!" Ameron lachte: "Bitte nennt mich nicht "Herr"! Ich bin einfach nur Ameron!" Amrun lächelte ihn an: "Das geht nicht, Herr Ameron, ihr seit höhergestellt als ich, ich muss euch mit dem euch zustehenden Respekt gegenübertreten, aber ich danke euch sehr, dass ihr mich so nett behandelt!" Damit drehte sie sich um und brachte Ameron in das Speisezimmer, wo bereits Aragorn, Arwen und Eldarion um die Tafel versammelt waren. Als der König den jungen Mann sah, stand er auf und lächelte ihm zu: "Guten Morgen, lieber Freund! Ich sehe, du hast die Uniform der Leibwache bereits angelegt, die ich dir richten ließ! Sie steht dir gut!" Ameron lächelte ein wenig verlegen: "Ja, sie passt wunderbar. Danke!"
Nach dem Frühstück führte ihn Aragorn zu dem Hauptquartier der königlichen Leibwache, wo er nach dem Hauptmann Sethon verlangte. Ein grauhaariger, großgewachsener Mann erschien und verneigte sich ehrfurchtsvoll vor seinem König. "Was kann ich für euch tun, Hoheit?" - "Dieser junge Mann hier, Ameron soll ein Mitglied meiner Leibwache sein, er hat einem meiner Freunde das Leben gerettet und mehrmals bewiesen, dass er mehr als qualifiziert ist, in eure Truppe aufgenommen zu werden. Mein Anliegen ist, dass er von euch persönlich unterrichtet wird, Sethon!" sagte Aragorn lächelnd und sah dem Mann fest in die Augen. Sethon nickte: "Mein König, ich werde mich höchstpersönlich um den jungen Ameron hier kümmern!" Mit diesen Worten wandte sich der Hauptmann Ameron zu: "Wenn ihr mir bitte folgt, ich werde euch als erstes die Unterkünfte zeigen und dann bringe ich euch zur Waffenkammer, wo ihr eure Waffen erhalten werdet!" Der junge Mann sah den Hauptmann verständnislos an: "Aber ich habe doch Waffen! Sie gehörten meinem Vater, Schwert, Bogen und Messer, die gebe ich bestimmt nicht her!"
Sethon musterte den jungen Mann streng, in seiner Laufbahn als Hauptmann hat es noch kein Soldat gewagt, ihm so offen zu widersprechen. "Die königliche Leibgarde hat ihre eigenen Waffen, die besonders sorgfältig hergestellt wurden um unseren hohen Ansprüchen zu genügen. Eure werden wohl kaum diesen Anforderungen gerecht werden!" sagte er in einem scharfen Ton, der keinerlei Widerspruch duldete. "Sethon, mein Freund, ich habe seine Waffen begutachtet, sie sind sehr gut. Sein Vater war einst Soldat hier in Minas Tirith. Ihr könnt sie ihm lassen!" Aragorn war Ameron ins Wort gefallen, er hatte bemerkt, dass der junge Mann niemals klein beigeben würde, nicht wenn es um seine Waffen ging. Der Hauptmann nickte dem König zu, aber sein Zorn war ihm noch genau anzusehen. Er würde König Elessar beweisen, dass er sich zuviel von diesem hergelaufenen Jüngling versprochen hatte! Der Kerl würde noch sein blaues Wunder erleben!
Ameron stand mit einem beklemmenden Gefühl vor der versammelten Mannschaft der königlichen Leibwache. Hauptmann Sethon stellte ihn gerade seinen neuen Kameraden vor, aber sein Tonfall gefiel dem jungen Mann nicht. Der Vorgesetzte ließ ihn wie einen Günstling des Königs erscheinen, der nichts konnte, am liebsten wäre Ameron einfach gegangen, aber er fühlte, dass dieses Verhalten ihm nur schaden konnte. Die anderen Männer grinsten ihn teilweise hämisch an oder musterten ihn mit unverhohlenem Hass, was Hauptmann Sethon mit einem selbstzufriedenem Lächeln zur Kenntnis nahm.
"So, nun wollen wir den jungen Herr beweisen lassen, was er so kann!" sagte Sethon hämisch grinsend und zog sein Schwert. Ameron verstand, was der Mann wollte und nahm ebenfalls die Waffe in die Hand. Unvermittelt und ohne Vorwarnung griff der Hauptmann an und drängte den völlig überraschten jungen Mann gegen die Wand. Ameron konterte die Hiebe des erfahrenen Kriegers so gut er konnte, er merkte, dass es sich um mehr als einen bloßen Schaukampf handelte, er sollte versagen und vor den Männern bloßgestellt werden. Er geriet immer mehr in Bedrängnis, die Schwertstreiche des Hauptmannes wurden immer härter, fassungslos starrte er in das wutverzerrte Gesicht des Mannes und wusste in diesem Moment, dass er ihn verletzten würde, hätte er die Gelegenheit dazu.
Diese Erkenntnis ließ Ameron wütend werden, er verstand nicht, warum der Hauptmann so versessen darauf war, ihn zu schlagen. Aber wenn er es so wollte... Im letzten Moment konnte der junge Mann sein Schwert hochreißen und den Hieb von Sethon parieren, der auf seinen Kopf gerichtet war. Nun war es genug! Ameron stieß sich kraftvoll von der Mauer ab und der Hauptmann taumelte zurück. Dieser Moment reichte dem jungen Mann, nun war er es, der seinen Gegner vor sich her trieb. Seine Schwertstreiche waren kraftvoll und doch war Ameron stets darauf bedacht, dass er Sethon nicht verletzte, was dieser aber nicht wissen konnte. Ameron wollte dem Mann einen kleinen Denkzettel verpassen, wenn er ihn schon für einen unfähigen Wilden hielt...
Hauptmann Sethon sah erschrocken in das entschlossene Gesicht des jungen Mannes, der ihn nun scheinbar mühelos über den Hof trieb und mit seinem Schwert immer wieder angriff. So hatte er sich die Lektion nicht gedacht, Ameron sollte vor seinen Kameraden bloßgestellt werden, zur Strafe dafür, dass er ihm vor dem König wiedersprochen hatte. Sethon hatte noch nie zuvor erlebt, dass ihm einer seiner Männer zu wiedersprechen wagte, schon gar nicht vor dem König! Ameron hatte seine Autorität untergraben und ihn bloßgestellt, das würde er ihm nie verzeihen können!
Zwischen den Beiden hatte sich ein erbitterter Kampf entbrannt, keiner wollte klein beigeben und sie waren sich durchaus ebenbürtig. Aber Ameron hatte den Vorteil seiner Jugend, seine Ausdauer und Kraft waren dem alternden Hauptmann weit überlegen. Langsam erlahmten die Kräfte des Mannes und nun war er es, der an der Mauer lehnte und sich verzweifelt wehrte, Sethon fühlte, wie seine Kräfte erlahmten, das Schwert in seiner Hand wurde immer schwerer.
Ameron setzte einen gekonnten Streich an und die Waffe des Hauptmannes fiel scheppernd zu Boden. Ungläubig starrte Sethon auf die Spitze von Amerons Schwert, die genau auf seine Brust zeigte und hob dann langsam den Blick, um dem jungen Mann direkt in die Augen sehen zu können. "Hat euch mein Können zufriedengestellt, Hauptmann Sethon?" fragte Ameron keuchend und sah den Mann ruhig an. In seiner Stimme war nichts von Hohn oder Ärger zu bemerken, die Frage war ehrlich gemeint. Langsam nickte der Mann und atmete schwer. "Ihr habt Talent, junger Ameron." brachte Sethon mühsam heraus. Ameron lächelte und steckte sein Schwert weg, er hielt dem Hauptmann die Hand hin, die der grauhaarige Mann jedoch ignorierte und an ihm vorüberging. Schnellen Schrittes überquerte er den Hof und verschwand schließlich hinter einer Tür.
Sprachlos sahen ihm die Männer nach, so hatten sie ihren Hauptmann ja noch nie erlebt! Aber bis jetzt war es auch keinem von ihnen je gelungen, Sethon im Kampf zu schlagen, der Mann hatte immer zu den besten Soldaten in Gondor gezählt, unzählige Schlachten soll er geschlagen haben und sogar im Ringkrieg hatte er sich durch besonderen Mut ausgezeichnet. Er war eine Legende und jeder einzelne der Männer, die nun ein wenig ratlos sich ansahen, blickte zu ihm auf.
Ameron hatte dem Hauptmann ebenfalls nachgesehen und wusste nun nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Stumm stand er einfach da und wartete ab, was nun geschehen würde. Schließlich kam einer der Männer auf ihn zu und sah ihn abschätzend an. Ameron hielt seinen Blicken stand, aber irgendetwas in ihm warnte ihn vor diesem Mann, der nicht viel älter sein mochte als er selbst. "Na, du scheinst ja eine echt große Nummer zu sein! Toll, wie du Hauptmann Sethon fertig gemacht hast!" sagte er schließlich hämisch und sah ihn lauernd an. "Ich habe mich nur verteidigt, nicht mehr!" antwortete Ameron langsam und sah den Mann mit gerunzelter Stirn an. Er wusste nicht so recht, worauf er hinaus wollte. "Sethon hättest du nie besiegen können, nur weil du Liebkind beim König bist, hat er sich wohl zurückgenommen!" schleuderte ihn der Mann direkt auf den Kopf zu und sah ihn verächtlich an. Ameron wusste nichts darauf zu erwidern, aber diese Beschuldigung hatte ihn tief getroffen. Fassungslos starrte er ihn an und schüttelte dann langsam den Kopf: "Was habe ich dir getan, dass du solche Sachen sagst? Ich verstehe nicht..." - "Sothor" Ein lauter Ruf ließ den jungen Mann herumfahren und den Blick schuldbewusst senken.
Unmerklich war Hauptmann Sethon hinter ihn und Ameron getreten und hatte die Worte des Mannes vernommen. "T- tut mir leid, Hauptmann, ich dachte nur, dass..." Unwillig schüttelte Sethon den Kopf: "Du solltest das Denken unterlassen, wenn solch ein Unfug dabei herauskommt!" donnerte er und sah Sothor wütend an. Dieser nickte betreten und hielt den Blick zu Boden gerichtet. "Bitte verzeih die unbedachten Worte meines Sohnes, Ameron. Ich bin sicher, dass er sich dafür in aller Form entschuldigen wird!" sagte der Hauptmann mit einem scharfen Unterton, der dem jungen Soldaten galt. Dieser biss sich auf die Lippen, sah Ameron an, als ob er ihm lieber die Kehle durchschneiden würde als sich zu entschuldigen und murmelte schließlich ein halbherziges "Verzeih mir!"
Ameron beeilte sich, die Entschuldigung anzunehmen, denn er hatte aus dem Augenwinkel heraus bemerkt, dass Hauptmann Sethon seinen Sohn wütend anfunkelte und schon lospoltern wollte. Doch der junge Mann wollte nicht, dass Sothor noch wütender auf ihn wurde, er würde lieber mit ihm Frieden schließen. Aber ein Blick genügte um zu sehen, dass Sothor kein Interesse daran hatte, mit Ameron Frieden zu schließen! Der junge Mann ahnte, dass er es sehr schwer haben würde, hier Freunde zu finden.
Amerons Gefühl hatte ihn nicht betrogen, in den Wochen, in denen er nun schon Mitglied der Leibwache war, verging kaum ein Tag, an dem es nicht Ärger mit einem seiner Kameraden oder dem Hauptmann gab. Ständig ließen sie ihm spüren, dass er ein Aussenseiter war, der nur durch einen Zufall in diese Truppe gekommen war. Besonders Sothor, dem alle anderen Soldaten bedingungslos gehorchten, kannte keine Grenzen, wenn es darum ging, ihm schaden zu wollen. Aber Ameron ließ alle Demütigungen und Streiche über sich ergehen, er wollte keinen Streit. Aber meistens hatten die Streiche der Anderen Erfolg und Ameron musste teilweise recht unangenehme Strafen von Hauptmann Sethon über sich ergehen lassen, die er jedoch ohne zu murren auf sich nahm.
Gerade saß er wieder im Hof und hatte zur Strafe, weil das Sattelzeug seiner Stute beim Appell total verdreckt war, den Auftrag bekommen, sämtliche Sättel und Zäume der Truppe auf Hochglanz zu bringen. Wütend rieb er mit dem fettgetränkten Lappen über den Sattel Sothors und überlegte gerade, wie Sothor sich über Nägel auf der Sitzfläche freuen würde, als er seinen Namen hörte. "Herr Ameron?" Er sah auf und blickte den Botenjungen an, der gerade in den Hof gelaufen kam und ihn fragend ansah. "Ja, was kann ich für dich tun?" fragte Ameron mit einem freundlichen Lächeln. "König Elessar schickt mich, ihr sollt so schnell wie möglich zu ihm kommen!" richtete der Junge aus und wartete ab. Der König hatte ihm eingeschärft, nicht ohne den jungen Mann zu kommen. Ameron verstand und erhob sich von seinem Hocker. "Warte einen Moment, ich muss nur meinem Hauptmann Meldung machen!" sagte der junge Mann und ging in Hauptmann Sethons Kammer, wo er ihn von dem Befehl des Königs unterrichtete. Mit einem kurzen Nicken entließ er Ameron von seiner Strafarbeit und der junge Mann ging mit dem Botenjungen zum Palast Aragorns, wo er bereits erwartet wurde.
Aragorn sah Ameron freundlich an, als er durch die hohe, schwere Tür in dessen Raum geführt wurde. Der junge Mann ging auf ihn zu und einige Schritte vor ihm ließ er sich auf sein Knie nieder und senkte das Haupt. "Ihr habt nach mir rufen lassen, hier bin ich und erwarte eure Befehle!" sagte er ehrfürchtig und blickte erstaunt auf, als König Elessar zu lachen begann: "Zuerst einmal möchte ich, dass du dich erhebst, Ameron! Setze dich lieber mit mir an den Tisch, ich habe etwas mit dir zu Besprechen. Und bitte benimm dich nicht wie ein Untergebener, wir Beide sind Freunde von Frodo, da wäre es doch nur in Ordnung, wenn wir auch Freunde sein könnten, oder?" Ameron sah ihn völlig verwirrt an und brachte schließlich gerade mal ein Nicken zustande. Aragorn klopfte ihm auf die Schulter: "Dann nenne mich von nun an bitte Aragorn, so wie alle meine Freunde es tun!"
Ameron legte langsam seine Hand in die von Aragorn, der sie fest drückte. "Gut, ich werde mich bemühen, A-Aragorn." Der junge Mann kam ein wenig ins stottern, er war so aufgeregt, der König hatte ihm seine Freundschaft angeboten! Ausgerechnet ihm!
Aragorn begann Ameron von seinem Vorhaben zu berichten, mit Arwen und Eldarion nach Edoras zu seinem Freund Eomer zu reisen und bat seinen jungen Freund, mitzukommen, er würde ihn gerne als Leibwache an seiner Seite sehen. Freudig sagte Ameron zu, das war eine gute Gelegenheit, seinen Kameraden zu entgehen, aber er sagte nichts davon, was er seit seinem Eintritt in die Leibgarde alles erdulden musste. Der Aufbruch wurde auf den nächsten Tag geplant, gleich nach Sonnenaufgang würde es losgehen!
Fröhlich Pfeifend lief Ameron zurück, er freute sich schon sehr auf die Reise, ihm hat Rohan bei der Durchreise sehr gefallen. Als er in den Hof der Kaserne trat, verstummte er plötzlich und sein Lächeln erstarb. Vor ihm hatte sich Sothor aufgebaut und musterte ihn mit einem Unheil verheißenden Blick. Ameron bemühte sich, seine Nervosität zu verbergen und fragte sich, was der Sohn des Hauptmanns nun wieder im Schilde führte. "Was sollte das? Wie hast du meinen Sattel behandelt, der sieht ja schlimmer aus als je zuvor. Das war doch Absicht von dir, du Wilder!" zischte er ihm zu. Ameron schüttelte verständnislos den Kopf: "Ich verstehe dich nicht, ich habe den Sattel doch..." - "Lüg nicht herum! Du wirst ihn sofort auf Hochglanz bringen, oder es wird dir sehr leid tun!" fuhr ihn Sothor an und wandte sich ab. Ameron ballte seine Hände zu Fäusten und biss sich auf die Lippe. Er widerstand dem Wunsch, sich auf den Soldaten zu stürzen und zwang sich, ruhig zu bleiben. "Natürlich, wird erledigt!" presste er zwischen den Zähnen hervor und wandte sich wieder dem Sattel zu.
Irgendjemand, wahrscheinlich Sothor selbst, hatte Öl über das Leder gegossen, was es völlig fleckig gemacht hatte. Ameron würde lange brauchen, diesen Schaden wieder zu beheben, seine Wut wuchs und breitete sich in seinem Bauch aus. Am liebsten hätte er den Sattel nach dem Mann geworfen, aber er besann sich eines Besseren. Kurz dachte er nach und begann, hinterhältig zu grinsen, genau das würde er machen! Es war an der Zeit, dass Sothor seine eigene Bosheit zu spüren bekam. Fröhlich pfeifend nahm Ameron den Lappen und machte sich daran, den Fleck wegzupolieren.
"He, Ameron! Bist du noch immer nicht fertig? Der Appell beginnt bald und die Pferde müssen gesattelt werden! Wo sind die Sättel und die Zäume?" schrie einer seiner Kameraden über den Hof. "Schon fertig, ihr könnt sie euch holen!" rief Ameron zurück und legte letzte Hand an Sothors Sattel an. Ja, er hatte alles erledigt, der Sattel glänzte und es war nichts mehr von dem dunklen Fleck zu sehen. Der junge Mann war sehr zufrieden mit sich selbst. Nun würde sich nur noch herausstellen, was Sothor von seiner Arbeit hielt, dessen Stimme er gerade hinter sich vernahm. "Du wirst mir augenblicklich mein Pferd satteln, ich habe eine wichtige Unterredung mit meinem Vater!" zischte er leise. Ameron drehte sich um und sah dem Mann in die Augen. "Ja, werde ich machen, es ist mir eine Ehre!" antwortete der junge Mann und bemühte sich, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen. Sothor musterte ihn verächtlich von oben bis unten. "Schwächling!" brachte er in einem angewidertem Tonfall hervor und drehte sich um. Dafür wollte ihm Ameron am liebsten an die Kehle gehen, aber er ließ es bleiben. Er ist es nicht wert! Dachte er bei sich und machte sich daran, Sothors Pferd zu satteln. Ein letzter Handgriff und alles war bereit!
Mit unbewegter Miene hielt Ameron Sothor die Zügel entgegen und ging rasch zu seiner Stute, die ruhig an ihrem Platz auf ihn wartete. Mit einer geschmeidigen Bewegung schwang er sich in den Sattel und klopfte dem Tier liebevoll den Hals. Gebannt wartete er und sah zu, wie einer nach dem anderen sich auf sein Reittier schwang und sich an seinem Platz einreihte. Am Ende war der Sohn des Hauptmannes der Einzige, der noch neben seinem Pferd stand. Er hatte seine Probleme mit dem Tier, nervös tänzelte es herum und versuchte immer wieder, den Mann zu beißen. Der braune Hengst war ein sehr sensibles, nervöses Tier, das die grobe Behandlung, die sein Reiter ihm entgegenbrachte, nur noch aufgeregter und wütender machte. Die Soldaten auf ihren Pferden kicherten leise und warfen sich schadenfrohe Blicke zu. Besonders leiden mochte keiner von ihnen Sothor, aber er war der Sohn des Hauptmannes, da war es immer besser, wenn man ihm nicht auf die Füße trat.
Sothor bemerkte sehr wohl das heimliche Lachen seiner Kameraden und es machte ihn rasend. Wütend zerrte er an den Zügeln, sodass sich der Hengst vor Schmerz aufbäumte. Schließlich schaffte er es irgendwie, dass er sich in den Sattel schwingen konnte. Schwer ließ er sich auf den Rücken des Pferdes fallen und schrie unwillkürlich auf. Irgendetwas hatte ihn in die Innenseite des rechten Oberschenkels gestochen! Der Hengst, der sowieso schon völlig außer sich war, bäumte sich, erschrocken durch den Schrei, auf und stieg. Sothor wollte sich instinktiv mit den Beinen im Sattel anklammern, aber da war der Schmerz wieder! Was war hier bloss los? Sothor konnte sich gerade noch mit den Fingern in der Mähne des Tieres vergraben. Als der Hengst wieder mit allen vier Hufen am Boden war, griff sich der Mann an die schmerzende Stelle und merkte die Ursache des Schmerzes. Zwischen zwei Lederteilen klemmte ein kleiner, spitzer Nagel! Sofort war Sothor klar, wer dieses kleine Ding da hingesteckt haben musste und fuhr herum. "AMERON! Du mieser, kleiner Wilder! Der Nagel stammt doch von dir!" brüllte er wutentbrannt.
Dieser laute Schrei war nun entgültig zuviel für den Hengst, erneut bäumte er sich auf und begann wild zu bocken. Sothor versuchte verzweifelt, sich im Sattel des wildgewordenen Tieres zu halten, aber nach einer scharfen Wendung des Hengstes stürzte der Mann und fiel genau vor die Füße des Hauptmannes, der gerade im Hof erschienen war. "V...Vater...e...es... Ameron..." stotterte Sothor und blickte in das harte Gesicht des Hauptmanns. "Was hat Ameron damit zu tun, dass du es nicht schaffst, dein Pferd unter Kontrolle zu halten und im Sattel zu bleiben?" fragte der grauhaarige Mann mit gefährlich ruhiger Stimme.
Sein Sohn hatte sich mittlerweile aufgerappelt und nahm Haltung an. "Ameron hat einen Nagel in den Sattel geklemmt, sodass ich mich nicht halten konnte!" antwortete er nun mit fester Stimme. Sethon blickte seinem Sohn fest in die Augen. "Ach so, Ameron ist also Schuld daran, wie? Aber hör mir nun gut zu: Du musst jederzeit und unter allen Umständen im Sattel bleiben und dich nicht abwerfen lassen! Wie gedenkst du den König oder seine Familie beschützen zu können, wenn du bei der ersten Gelegenheit aus dem Sattel fällst wie ein altes Weib?"
Betreten senkte Sothor den Kopf, seine Gedanken galten ganz Ameron, den er am liebsten erschlagen wollte in diesem Moment. Die Stimme seines Vaters riss ihn aus seinen Gedanken. "Bring mir den Hengst, Sothor!" Rasch bemühte er sich, dem Befehl nachzukommen und führte das nun wieder ein wenig ruhigere Tier zum Hauptmann, der es beruhigend auf den Hals klopfte und den Sattel untersuchte. Nach einer Weile sah er seinen Sohn böse an: "Was soll diese Ausrede mit einem Nagel? Hier ist nichts davon zu bemerken, nicht mal ein Kratzer im Leder! Bevor du das nächste Mal einen Sündenbock für deine Unfähigkeit suchst, nimm dich selber, das ist männlicher!" donnerte Sethon und warf seinem völlig fassungslosen Sohn die Zügel zu.
Ameron hatte dem ganzen Geschehen mit völlig unbewegter Miene beigewohnt. Als Sothor gestürzt war, hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt, aber als er sah, dass der Mann unverletzt geblieben war und nun auch noch von seinem Vater den Kopf gewaschen bekam, konnte er sich ein schadenfrohes Grinsen kaum verkneifen.
Früh am nächsten Morgen stand Ameron vor dem Palast. Geduldig wartete er, bis Aragorn mit seiner Familie die Treppen hinunterkam und alle in ihren Sätteln saßen. Der kleine Prinz Eldarion saß nervös auf dem Rücken seines gescheckten Ponys und wartete ungeduldig, bis es endlich losgehen konnte. Ameron wartete, bis alle auf ihren Pferden saßen, ehe er aufstieg. Als er in den Sattel glitt, konnte er ein leises Stöhnen kaum unterdrücken. Unwillkürlich presste er seinen Arm an die Seite. "Ist alles in Ordnung mit dir, Ameron?" fragte Aragorn besorgt und musterte ihn aufmerksam. "Jaja, alles in Ordnung, es ist nichts!" beeilte sich der junge Mann zu versichern und versuchte zu lächeln. Der König sah ihn stirnrunzelnd an, sagte aber nichts weiter. Als sie losritten, strich sich Ameron heimlich über seine geprellten Rippen. Sothors Rache für seinen Streich mit dem Nagel!
Wenige Meilen nach der Stadt atmete Ameron auf, endlich war er dem Trubel der großen Stadt entkommen! Er mochte es zwar sehr, nun unter Menschen zu sein, aber sein Gehör war zu empfindlich für den ganzen Lärm, der in Minas Tirith herrschte, oft quälten ihn Kopfschmerzen, und dann noch die Verfolgungen von Sothor und seinen Kameraden... Ameron hatte sich das Ganze etwas anders vorgestellt! Im Grunde fühlte er sich in einsamer denn je! Die einzigen Personen, die ihm in der Stadt freundlich gegenübertraten waren Aragorn und seine Frau Arwen, aber sie waren weit weg für ihn.
"Ameron? Was ist mit dir los? Ich beobachte dich, seit wir aufgebrochen sind, irgendetwas bedrückt dich doch, mein Freund." Aragorn war ein aufmerksamer Mann und hatte schnell herausgefunden, dass mit dem jungen Mann etwas nicht stimmte. Er war zwar immer eher ruhig gewesen, aber nun schien er völlig verschlossen und bedrückt zu sein. Ameron sah ihn erstaunt an. War er so leicht zu durchschauen? Aber was sollte er sagen, dass ihn der Hauptmann und seine Kameraden nicht leiden konnten? Dass Sothor ihn in der Nacht verprügelt hatte, während zwei seiner Freunde ihn festgehalten haben? Oder sollte er sagen, dass er keine Freunde fand in Minas Tirith? Aber was würde es ändern? Gar nichts! Langsam schüttelte er den Kopf: "Mir geht es gut, Aragorn. Ich muss mich nur noch an mein neues Leben gewöhnen, das ist alles!" sagte er schließlich und bemühte sich, unbeschwert dreinzublicken. Der Blick Aragorns zeigte Ameron deutlich, dass er ihm kein Wort glaubte, aber der König beließ es dabei. Vielleicht würde sich sein junger Freund im Verlauf der Reise sich ihm anvertrauen, es hatte keinen Sinn, nun ihn drängen zu wollen. Und wenn Ameron erst einmal sehen würde, wer sich in Rohan aufhielt, würde es mit seiner Traurigkeit bestimmt vorbei sein! Aragorn hoffte sehr, dass Eomer alles Nötige in die Wege geleitet hatte.
@ Auxia: Sorry, dass es ein wenig gedauert hat, aber ich bemühe mich, schneller
zu werden!!! Ich freue mich riesig, dass es dir noch immer gefällt! (
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Früh am nächsten Morgen erwachte Ameron und sah sich nachdenklich um. Nun war er in Minas Tirith, der Hauptstadt Gondors! Er konnte es noch immer kaum fassen, dass seine Einsamkeit nun für immer der Vergangenheit angehören sollte, er sprang aus dem Bett und sah aus dem Fenster. Die Sonne erschien soeben am Horizont, und doch sah er unter sich auf dem Hof jede Menge Menschen geschäftig umhereilen. Ameron sah ihnen geraume Zeit zu, riss sich aber dann von seinem Ausguck los und zog sich an. Hose und Hemd passten wie angegossen, aber als er die Weste in die Hand nahm, betrachtete er sie eine Weile sprachlos. Sie war aus weichem Leder gefertigt, an der Vorderseite war ein Baum, der von Sternen umgeben war, aufgestickt. Das Wappen Gondors! Aragorn hatte ihm die Uniform der Leibwache zurechtlegen lassen! Ameron strich ehrführchtig über das Bild und zog die Jacke langsam an. Vor dem Spiegel betrachtete er sich eine Zeitlang. Aus dem Spiegel sah ihn ein junger, ernst dreinblickender Mann an, ein Soldat im Dienste König Elessars von Gondor. Vorbei die Zeit, in der er ein abgerissener, auf sich alleine gestellter Junge war.
Ein leises Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und er wandte sich zur Tür, die gerade geöffnet wurde. "Guten Morgen, Herr Ameron. König Elessar wünscht eure Anwesenheit beim Frühstück!" sagte die Bedienstete, die selbe Frau, die sich auch am Tag zuvor um ihn gekümmert hatte. Ameron lächelte und nickte: "Dankeschön, ich komme sofort, Frau..." Er sah sie auffordernd an. "Mein Name ist Amrun, aber ich bin nur eine einfache Dienerin." Antwortete sie ernst und sah ihn ein wenig irritiert an, sie war es nicht gewohnt, dass jemand der Herrschaften sich für ihren Namen interessierte.
"Oh, habe ich etwas falsch gemacht? Das tut mir leid, ich wollte doch nur..." begann der junge Mann zu stottern und sah Amrun schuldbewusst an. "Nein, nein, ihr habt alles richtig gemacht! Aber normalerweise werden wir Bedienstete nicht beachtet, das hat mich ein wenig verwirrt!" beeilte sich die Frau zu sagen. "Aber nun kommt, die königliche Familie erwartet euch, Herr Ameron!" Ameron lachte: "Bitte nennt mich nicht "Herr"! Ich bin einfach nur Ameron!" Amrun lächelte ihn an: "Das geht nicht, Herr Ameron, ihr seit höhergestellt als ich, ich muss euch mit dem euch zustehenden Respekt gegenübertreten, aber ich danke euch sehr, dass ihr mich so nett behandelt!" Damit drehte sie sich um und brachte Ameron in das Speisezimmer, wo bereits Aragorn, Arwen und Eldarion um die Tafel versammelt waren. Als der König den jungen Mann sah, stand er auf und lächelte ihm zu: "Guten Morgen, lieber Freund! Ich sehe, du hast die Uniform der Leibwache bereits angelegt, die ich dir richten ließ! Sie steht dir gut!" Ameron lächelte ein wenig verlegen: "Ja, sie passt wunderbar. Danke!"
Nach dem Frühstück führte ihn Aragorn zu dem Hauptquartier der königlichen Leibwache, wo er nach dem Hauptmann Sethon verlangte. Ein grauhaariger, großgewachsener Mann erschien und verneigte sich ehrfurchtsvoll vor seinem König. "Was kann ich für euch tun, Hoheit?" - "Dieser junge Mann hier, Ameron soll ein Mitglied meiner Leibwache sein, er hat einem meiner Freunde das Leben gerettet und mehrmals bewiesen, dass er mehr als qualifiziert ist, in eure Truppe aufgenommen zu werden. Mein Anliegen ist, dass er von euch persönlich unterrichtet wird, Sethon!" sagte Aragorn lächelnd und sah dem Mann fest in die Augen. Sethon nickte: "Mein König, ich werde mich höchstpersönlich um den jungen Ameron hier kümmern!" Mit diesen Worten wandte sich der Hauptmann Ameron zu: "Wenn ihr mir bitte folgt, ich werde euch als erstes die Unterkünfte zeigen und dann bringe ich euch zur Waffenkammer, wo ihr eure Waffen erhalten werdet!" Der junge Mann sah den Hauptmann verständnislos an: "Aber ich habe doch Waffen! Sie gehörten meinem Vater, Schwert, Bogen und Messer, die gebe ich bestimmt nicht her!"
Sethon musterte den jungen Mann streng, in seiner Laufbahn als Hauptmann hat es noch kein Soldat gewagt, ihm so offen zu widersprechen. "Die königliche Leibgarde hat ihre eigenen Waffen, die besonders sorgfältig hergestellt wurden um unseren hohen Ansprüchen zu genügen. Eure werden wohl kaum diesen Anforderungen gerecht werden!" sagte er in einem scharfen Ton, der keinerlei Widerspruch duldete. "Sethon, mein Freund, ich habe seine Waffen begutachtet, sie sind sehr gut. Sein Vater war einst Soldat hier in Minas Tirith. Ihr könnt sie ihm lassen!" Aragorn war Ameron ins Wort gefallen, er hatte bemerkt, dass der junge Mann niemals klein beigeben würde, nicht wenn es um seine Waffen ging. Der Hauptmann nickte dem König zu, aber sein Zorn war ihm noch genau anzusehen. Er würde König Elessar beweisen, dass er sich zuviel von diesem hergelaufenen Jüngling versprochen hatte! Der Kerl würde noch sein blaues Wunder erleben!
Ameron stand mit einem beklemmenden Gefühl vor der versammelten Mannschaft der königlichen Leibwache. Hauptmann Sethon stellte ihn gerade seinen neuen Kameraden vor, aber sein Tonfall gefiel dem jungen Mann nicht. Der Vorgesetzte ließ ihn wie einen Günstling des Königs erscheinen, der nichts konnte, am liebsten wäre Ameron einfach gegangen, aber er fühlte, dass dieses Verhalten ihm nur schaden konnte. Die anderen Männer grinsten ihn teilweise hämisch an oder musterten ihn mit unverhohlenem Hass, was Hauptmann Sethon mit einem selbstzufriedenem Lächeln zur Kenntnis nahm.
"So, nun wollen wir den jungen Herr beweisen lassen, was er so kann!" sagte Sethon hämisch grinsend und zog sein Schwert. Ameron verstand, was der Mann wollte und nahm ebenfalls die Waffe in die Hand. Unvermittelt und ohne Vorwarnung griff der Hauptmann an und drängte den völlig überraschten jungen Mann gegen die Wand. Ameron konterte die Hiebe des erfahrenen Kriegers so gut er konnte, er merkte, dass es sich um mehr als einen bloßen Schaukampf handelte, er sollte versagen und vor den Männern bloßgestellt werden. Er geriet immer mehr in Bedrängnis, die Schwertstreiche des Hauptmannes wurden immer härter, fassungslos starrte er in das wutverzerrte Gesicht des Mannes und wusste in diesem Moment, dass er ihn verletzten würde, hätte er die Gelegenheit dazu.
Diese Erkenntnis ließ Ameron wütend werden, er verstand nicht, warum der Hauptmann so versessen darauf war, ihn zu schlagen. Aber wenn er es so wollte... Im letzten Moment konnte der junge Mann sein Schwert hochreißen und den Hieb von Sethon parieren, der auf seinen Kopf gerichtet war. Nun war es genug! Ameron stieß sich kraftvoll von der Mauer ab und der Hauptmann taumelte zurück. Dieser Moment reichte dem jungen Mann, nun war er es, der seinen Gegner vor sich her trieb. Seine Schwertstreiche waren kraftvoll und doch war Ameron stets darauf bedacht, dass er Sethon nicht verletzte, was dieser aber nicht wissen konnte. Ameron wollte dem Mann einen kleinen Denkzettel verpassen, wenn er ihn schon für einen unfähigen Wilden hielt...
Hauptmann Sethon sah erschrocken in das entschlossene Gesicht des jungen Mannes, der ihn nun scheinbar mühelos über den Hof trieb und mit seinem Schwert immer wieder angriff. So hatte er sich die Lektion nicht gedacht, Ameron sollte vor seinen Kameraden bloßgestellt werden, zur Strafe dafür, dass er ihm vor dem König wiedersprochen hatte. Sethon hatte noch nie zuvor erlebt, dass ihm einer seiner Männer zu wiedersprechen wagte, schon gar nicht vor dem König! Ameron hatte seine Autorität untergraben und ihn bloßgestellt, das würde er ihm nie verzeihen können!
Zwischen den Beiden hatte sich ein erbitterter Kampf entbrannt, keiner wollte klein beigeben und sie waren sich durchaus ebenbürtig. Aber Ameron hatte den Vorteil seiner Jugend, seine Ausdauer und Kraft waren dem alternden Hauptmann weit überlegen. Langsam erlahmten die Kräfte des Mannes und nun war er es, der an der Mauer lehnte und sich verzweifelt wehrte, Sethon fühlte, wie seine Kräfte erlahmten, das Schwert in seiner Hand wurde immer schwerer.
Ameron setzte einen gekonnten Streich an und die Waffe des Hauptmannes fiel scheppernd zu Boden. Ungläubig starrte Sethon auf die Spitze von Amerons Schwert, die genau auf seine Brust zeigte und hob dann langsam den Blick, um dem jungen Mann direkt in die Augen sehen zu können. "Hat euch mein Können zufriedengestellt, Hauptmann Sethon?" fragte Ameron keuchend und sah den Mann ruhig an. In seiner Stimme war nichts von Hohn oder Ärger zu bemerken, die Frage war ehrlich gemeint. Langsam nickte der Mann und atmete schwer. "Ihr habt Talent, junger Ameron." brachte Sethon mühsam heraus. Ameron lächelte und steckte sein Schwert weg, er hielt dem Hauptmann die Hand hin, die der grauhaarige Mann jedoch ignorierte und an ihm vorüberging. Schnellen Schrittes überquerte er den Hof und verschwand schließlich hinter einer Tür.
Sprachlos sahen ihm die Männer nach, so hatten sie ihren Hauptmann ja noch nie erlebt! Aber bis jetzt war es auch keinem von ihnen je gelungen, Sethon im Kampf zu schlagen, der Mann hatte immer zu den besten Soldaten in Gondor gezählt, unzählige Schlachten soll er geschlagen haben und sogar im Ringkrieg hatte er sich durch besonderen Mut ausgezeichnet. Er war eine Legende und jeder einzelne der Männer, die nun ein wenig ratlos sich ansahen, blickte zu ihm auf.
Ameron hatte dem Hauptmann ebenfalls nachgesehen und wusste nun nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Stumm stand er einfach da und wartete ab, was nun geschehen würde. Schließlich kam einer der Männer auf ihn zu und sah ihn abschätzend an. Ameron hielt seinen Blicken stand, aber irgendetwas in ihm warnte ihn vor diesem Mann, der nicht viel älter sein mochte als er selbst. "Na, du scheinst ja eine echt große Nummer zu sein! Toll, wie du Hauptmann Sethon fertig gemacht hast!" sagte er schließlich hämisch und sah ihn lauernd an. "Ich habe mich nur verteidigt, nicht mehr!" antwortete Ameron langsam und sah den Mann mit gerunzelter Stirn an. Er wusste nicht so recht, worauf er hinaus wollte. "Sethon hättest du nie besiegen können, nur weil du Liebkind beim König bist, hat er sich wohl zurückgenommen!" schleuderte ihn der Mann direkt auf den Kopf zu und sah ihn verächtlich an. Ameron wusste nichts darauf zu erwidern, aber diese Beschuldigung hatte ihn tief getroffen. Fassungslos starrte er ihn an und schüttelte dann langsam den Kopf: "Was habe ich dir getan, dass du solche Sachen sagst? Ich verstehe nicht..." - "Sothor" Ein lauter Ruf ließ den jungen Mann herumfahren und den Blick schuldbewusst senken.
Unmerklich war Hauptmann Sethon hinter ihn und Ameron getreten und hatte die Worte des Mannes vernommen. "T- tut mir leid, Hauptmann, ich dachte nur, dass..." Unwillig schüttelte Sethon den Kopf: "Du solltest das Denken unterlassen, wenn solch ein Unfug dabei herauskommt!" donnerte er und sah Sothor wütend an. Dieser nickte betreten und hielt den Blick zu Boden gerichtet. "Bitte verzeih die unbedachten Worte meines Sohnes, Ameron. Ich bin sicher, dass er sich dafür in aller Form entschuldigen wird!" sagte der Hauptmann mit einem scharfen Unterton, der dem jungen Soldaten galt. Dieser biss sich auf die Lippen, sah Ameron an, als ob er ihm lieber die Kehle durchschneiden würde als sich zu entschuldigen und murmelte schließlich ein halbherziges "Verzeih mir!"
Ameron beeilte sich, die Entschuldigung anzunehmen, denn er hatte aus dem Augenwinkel heraus bemerkt, dass Hauptmann Sethon seinen Sohn wütend anfunkelte und schon lospoltern wollte. Doch der junge Mann wollte nicht, dass Sothor noch wütender auf ihn wurde, er würde lieber mit ihm Frieden schließen. Aber ein Blick genügte um zu sehen, dass Sothor kein Interesse daran hatte, mit Ameron Frieden zu schließen! Der junge Mann ahnte, dass er es sehr schwer haben würde, hier Freunde zu finden.
Amerons Gefühl hatte ihn nicht betrogen, in den Wochen, in denen er nun schon Mitglied der Leibwache war, verging kaum ein Tag, an dem es nicht Ärger mit einem seiner Kameraden oder dem Hauptmann gab. Ständig ließen sie ihm spüren, dass er ein Aussenseiter war, der nur durch einen Zufall in diese Truppe gekommen war. Besonders Sothor, dem alle anderen Soldaten bedingungslos gehorchten, kannte keine Grenzen, wenn es darum ging, ihm schaden zu wollen. Aber Ameron ließ alle Demütigungen und Streiche über sich ergehen, er wollte keinen Streit. Aber meistens hatten die Streiche der Anderen Erfolg und Ameron musste teilweise recht unangenehme Strafen von Hauptmann Sethon über sich ergehen lassen, die er jedoch ohne zu murren auf sich nahm.
Gerade saß er wieder im Hof und hatte zur Strafe, weil das Sattelzeug seiner Stute beim Appell total verdreckt war, den Auftrag bekommen, sämtliche Sättel und Zäume der Truppe auf Hochglanz zu bringen. Wütend rieb er mit dem fettgetränkten Lappen über den Sattel Sothors und überlegte gerade, wie Sothor sich über Nägel auf der Sitzfläche freuen würde, als er seinen Namen hörte. "Herr Ameron?" Er sah auf und blickte den Botenjungen an, der gerade in den Hof gelaufen kam und ihn fragend ansah. "Ja, was kann ich für dich tun?" fragte Ameron mit einem freundlichen Lächeln. "König Elessar schickt mich, ihr sollt so schnell wie möglich zu ihm kommen!" richtete der Junge aus und wartete ab. Der König hatte ihm eingeschärft, nicht ohne den jungen Mann zu kommen. Ameron verstand und erhob sich von seinem Hocker. "Warte einen Moment, ich muss nur meinem Hauptmann Meldung machen!" sagte der junge Mann und ging in Hauptmann Sethons Kammer, wo er ihn von dem Befehl des Königs unterrichtete. Mit einem kurzen Nicken entließ er Ameron von seiner Strafarbeit und der junge Mann ging mit dem Botenjungen zum Palast Aragorns, wo er bereits erwartet wurde.
Aragorn sah Ameron freundlich an, als er durch die hohe, schwere Tür in dessen Raum geführt wurde. Der junge Mann ging auf ihn zu und einige Schritte vor ihm ließ er sich auf sein Knie nieder und senkte das Haupt. "Ihr habt nach mir rufen lassen, hier bin ich und erwarte eure Befehle!" sagte er ehrfürchtig und blickte erstaunt auf, als König Elessar zu lachen begann: "Zuerst einmal möchte ich, dass du dich erhebst, Ameron! Setze dich lieber mit mir an den Tisch, ich habe etwas mit dir zu Besprechen. Und bitte benimm dich nicht wie ein Untergebener, wir Beide sind Freunde von Frodo, da wäre es doch nur in Ordnung, wenn wir auch Freunde sein könnten, oder?" Ameron sah ihn völlig verwirrt an und brachte schließlich gerade mal ein Nicken zustande. Aragorn klopfte ihm auf die Schulter: "Dann nenne mich von nun an bitte Aragorn, so wie alle meine Freunde es tun!"
Ameron legte langsam seine Hand in die von Aragorn, der sie fest drückte. "Gut, ich werde mich bemühen, A-Aragorn." Der junge Mann kam ein wenig ins stottern, er war so aufgeregt, der König hatte ihm seine Freundschaft angeboten! Ausgerechnet ihm!
Aragorn begann Ameron von seinem Vorhaben zu berichten, mit Arwen und Eldarion nach Edoras zu seinem Freund Eomer zu reisen und bat seinen jungen Freund, mitzukommen, er würde ihn gerne als Leibwache an seiner Seite sehen. Freudig sagte Ameron zu, das war eine gute Gelegenheit, seinen Kameraden zu entgehen, aber er sagte nichts davon, was er seit seinem Eintritt in die Leibgarde alles erdulden musste. Der Aufbruch wurde auf den nächsten Tag geplant, gleich nach Sonnenaufgang würde es losgehen!
Fröhlich Pfeifend lief Ameron zurück, er freute sich schon sehr auf die Reise, ihm hat Rohan bei der Durchreise sehr gefallen. Als er in den Hof der Kaserne trat, verstummte er plötzlich und sein Lächeln erstarb. Vor ihm hatte sich Sothor aufgebaut und musterte ihn mit einem Unheil verheißenden Blick. Ameron bemühte sich, seine Nervosität zu verbergen und fragte sich, was der Sohn des Hauptmanns nun wieder im Schilde führte. "Was sollte das? Wie hast du meinen Sattel behandelt, der sieht ja schlimmer aus als je zuvor. Das war doch Absicht von dir, du Wilder!" zischte er ihm zu. Ameron schüttelte verständnislos den Kopf: "Ich verstehe dich nicht, ich habe den Sattel doch..." - "Lüg nicht herum! Du wirst ihn sofort auf Hochglanz bringen, oder es wird dir sehr leid tun!" fuhr ihn Sothor an und wandte sich ab. Ameron ballte seine Hände zu Fäusten und biss sich auf die Lippe. Er widerstand dem Wunsch, sich auf den Soldaten zu stürzen und zwang sich, ruhig zu bleiben. "Natürlich, wird erledigt!" presste er zwischen den Zähnen hervor und wandte sich wieder dem Sattel zu.
Irgendjemand, wahrscheinlich Sothor selbst, hatte Öl über das Leder gegossen, was es völlig fleckig gemacht hatte. Ameron würde lange brauchen, diesen Schaden wieder zu beheben, seine Wut wuchs und breitete sich in seinem Bauch aus. Am liebsten hätte er den Sattel nach dem Mann geworfen, aber er besann sich eines Besseren. Kurz dachte er nach und begann, hinterhältig zu grinsen, genau das würde er machen! Es war an der Zeit, dass Sothor seine eigene Bosheit zu spüren bekam. Fröhlich pfeifend nahm Ameron den Lappen und machte sich daran, den Fleck wegzupolieren.
"He, Ameron! Bist du noch immer nicht fertig? Der Appell beginnt bald und die Pferde müssen gesattelt werden! Wo sind die Sättel und die Zäume?" schrie einer seiner Kameraden über den Hof. "Schon fertig, ihr könnt sie euch holen!" rief Ameron zurück und legte letzte Hand an Sothors Sattel an. Ja, er hatte alles erledigt, der Sattel glänzte und es war nichts mehr von dem dunklen Fleck zu sehen. Der junge Mann war sehr zufrieden mit sich selbst. Nun würde sich nur noch herausstellen, was Sothor von seiner Arbeit hielt, dessen Stimme er gerade hinter sich vernahm. "Du wirst mir augenblicklich mein Pferd satteln, ich habe eine wichtige Unterredung mit meinem Vater!" zischte er leise. Ameron drehte sich um und sah dem Mann in die Augen. "Ja, werde ich machen, es ist mir eine Ehre!" antwortete der junge Mann und bemühte sich, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen. Sothor musterte ihn verächtlich von oben bis unten. "Schwächling!" brachte er in einem angewidertem Tonfall hervor und drehte sich um. Dafür wollte ihm Ameron am liebsten an die Kehle gehen, aber er ließ es bleiben. Er ist es nicht wert! Dachte er bei sich und machte sich daran, Sothors Pferd zu satteln. Ein letzter Handgriff und alles war bereit!
Mit unbewegter Miene hielt Ameron Sothor die Zügel entgegen und ging rasch zu seiner Stute, die ruhig an ihrem Platz auf ihn wartete. Mit einer geschmeidigen Bewegung schwang er sich in den Sattel und klopfte dem Tier liebevoll den Hals. Gebannt wartete er und sah zu, wie einer nach dem anderen sich auf sein Reittier schwang und sich an seinem Platz einreihte. Am Ende war der Sohn des Hauptmannes der Einzige, der noch neben seinem Pferd stand. Er hatte seine Probleme mit dem Tier, nervös tänzelte es herum und versuchte immer wieder, den Mann zu beißen. Der braune Hengst war ein sehr sensibles, nervöses Tier, das die grobe Behandlung, die sein Reiter ihm entgegenbrachte, nur noch aufgeregter und wütender machte. Die Soldaten auf ihren Pferden kicherten leise und warfen sich schadenfrohe Blicke zu. Besonders leiden mochte keiner von ihnen Sothor, aber er war der Sohn des Hauptmannes, da war es immer besser, wenn man ihm nicht auf die Füße trat.
Sothor bemerkte sehr wohl das heimliche Lachen seiner Kameraden und es machte ihn rasend. Wütend zerrte er an den Zügeln, sodass sich der Hengst vor Schmerz aufbäumte. Schließlich schaffte er es irgendwie, dass er sich in den Sattel schwingen konnte. Schwer ließ er sich auf den Rücken des Pferdes fallen und schrie unwillkürlich auf. Irgendetwas hatte ihn in die Innenseite des rechten Oberschenkels gestochen! Der Hengst, der sowieso schon völlig außer sich war, bäumte sich, erschrocken durch den Schrei, auf und stieg. Sothor wollte sich instinktiv mit den Beinen im Sattel anklammern, aber da war der Schmerz wieder! Was war hier bloss los? Sothor konnte sich gerade noch mit den Fingern in der Mähne des Tieres vergraben. Als der Hengst wieder mit allen vier Hufen am Boden war, griff sich der Mann an die schmerzende Stelle und merkte die Ursache des Schmerzes. Zwischen zwei Lederteilen klemmte ein kleiner, spitzer Nagel! Sofort war Sothor klar, wer dieses kleine Ding da hingesteckt haben musste und fuhr herum. "AMERON! Du mieser, kleiner Wilder! Der Nagel stammt doch von dir!" brüllte er wutentbrannt.
Dieser laute Schrei war nun entgültig zuviel für den Hengst, erneut bäumte er sich auf und begann wild zu bocken. Sothor versuchte verzweifelt, sich im Sattel des wildgewordenen Tieres zu halten, aber nach einer scharfen Wendung des Hengstes stürzte der Mann und fiel genau vor die Füße des Hauptmannes, der gerade im Hof erschienen war. "V...Vater...e...es... Ameron..." stotterte Sothor und blickte in das harte Gesicht des Hauptmanns. "Was hat Ameron damit zu tun, dass du es nicht schaffst, dein Pferd unter Kontrolle zu halten und im Sattel zu bleiben?" fragte der grauhaarige Mann mit gefährlich ruhiger Stimme.
Sein Sohn hatte sich mittlerweile aufgerappelt und nahm Haltung an. "Ameron hat einen Nagel in den Sattel geklemmt, sodass ich mich nicht halten konnte!" antwortete er nun mit fester Stimme. Sethon blickte seinem Sohn fest in die Augen. "Ach so, Ameron ist also Schuld daran, wie? Aber hör mir nun gut zu: Du musst jederzeit und unter allen Umständen im Sattel bleiben und dich nicht abwerfen lassen! Wie gedenkst du den König oder seine Familie beschützen zu können, wenn du bei der ersten Gelegenheit aus dem Sattel fällst wie ein altes Weib?"
Betreten senkte Sothor den Kopf, seine Gedanken galten ganz Ameron, den er am liebsten erschlagen wollte in diesem Moment. Die Stimme seines Vaters riss ihn aus seinen Gedanken. "Bring mir den Hengst, Sothor!" Rasch bemühte er sich, dem Befehl nachzukommen und führte das nun wieder ein wenig ruhigere Tier zum Hauptmann, der es beruhigend auf den Hals klopfte und den Sattel untersuchte. Nach einer Weile sah er seinen Sohn böse an: "Was soll diese Ausrede mit einem Nagel? Hier ist nichts davon zu bemerken, nicht mal ein Kratzer im Leder! Bevor du das nächste Mal einen Sündenbock für deine Unfähigkeit suchst, nimm dich selber, das ist männlicher!" donnerte Sethon und warf seinem völlig fassungslosen Sohn die Zügel zu.
Ameron hatte dem ganzen Geschehen mit völlig unbewegter Miene beigewohnt. Als Sothor gestürzt war, hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt, aber als er sah, dass der Mann unverletzt geblieben war und nun auch noch von seinem Vater den Kopf gewaschen bekam, konnte er sich ein schadenfrohes Grinsen kaum verkneifen.
Früh am nächsten Morgen stand Ameron vor dem Palast. Geduldig wartete er, bis Aragorn mit seiner Familie die Treppen hinunterkam und alle in ihren Sätteln saßen. Der kleine Prinz Eldarion saß nervös auf dem Rücken seines gescheckten Ponys und wartete ungeduldig, bis es endlich losgehen konnte. Ameron wartete, bis alle auf ihren Pferden saßen, ehe er aufstieg. Als er in den Sattel glitt, konnte er ein leises Stöhnen kaum unterdrücken. Unwillkürlich presste er seinen Arm an die Seite. "Ist alles in Ordnung mit dir, Ameron?" fragte Aragorn besorgt und musterte ihn aufmerksam. "Jaja, alles in Ordnung, es ist nichts!" beeilte sich der junge Mann zu versichern und versuchte zu lächeln. Der König sah ihn stirnrunzelnd an, sagte aber nichts weiter. Als sie losritten, strich sich Ameron heimlich über seine geprellten Rippen. Sothors Rache für seinen Streich mit dem Nagel!
Wenige Meilen nach der Stadt atmete Ameron auf, endlich war er dem Trubel der großen Stadt entkommen! Er mochte es zwar sehr, nun unter Menschen zu sein, aber sein Gehör war zu empfindlich für den ganzen Lärm, der in Minas Tirith herrschte, oft quälten ihn Kopfschmerzen, und dann noch die Verfolgungen von Sothor und seinen Kameraden... Ameron hatte sich das Ganze etwas anders vorgestellt! Im Grunde fühlte er sich in einsamer denn je! Die einzigen Personen, die ihm in der Stadt freundlich gegenübertraten waren Aragorn und seine Frau Arwen, aber sie waren weit weg für ihn.
"Ameron? Was ist mit dir los? Ich beobachte dich, seit wir aufgebrochen sind, irgendetwas bedrückt dich doch, mein Freund." Aragorn war ein aufmerksamer Mann und hatte schnell herausgefunden, dass mit dem jungen Mann etwas nicht stimmte. Er war zwar immer eher ruhig gewesen, aber nun schien er völlig verschlossen und bedrückt zu sein. Ameron sah ihn erstaunt an. War er so leicht zu durchschauen? Aber was sollte er sagen, dass ihn der Hauptmann und seine Kameraden nicht leiden konnten? Dass Sothor ihn in der Nacht verprügelt hatte, während zwei seiner Freunde ihn festgehalten haben? Oder sollte er sagen, dass er keine Freunde fand in Minas Tirith? Aber was würde es ändern? Gar nichts! Langsam schüttelte er den Kopf: "Mir geht es gut, Aragorn. Ich muss mich nur noch an mein neues Leben gewöhnen, das ist alles!" sagte er schließlich und bemühte sich, unbeschwert dreinzublicken. Der Blick Aragorns zeigte Ameron deutlich, dass er ihm kein Wort glaubte, aber der König beließ es dabei. Vielleicht würde sich sein junger Freund im Verlauf der Reise sich ihm anvertrauen, es hatte keinen Sinn, nun ihn drängen zu wollen. Und wenn Ameron erst einmal sehen würde, wer sich in Rohan aufhielt, würde es mit seiner Traurigkeit bestimmt vorbei sein! Aragorn hoffte sehr, dass Eomer alles Nötige in die Wege geleitet hatte.
