Dass HP mir nicht gehört is ja klar. Das Songtext da unten ist auch nich meiner, sondern von Such a Surge. Sehr gute Band. ^^
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08: generationskonflikt II
deine welt ist mir zu klein
meine zu groß, passt hier nicht rein
du hört mich schrei'n, doch du verstehst mich einfach nicht
wohin du gehst komm ich nicht mit
deine Schritte sind mir zu klein
ich will nichts anderes, nur Riese sein!
(such a surge)
Er hätte es wissen müssen. In dem Moment, als er die Zeitung aufgeschlagen hatte, hätte ihm klar sein müssen, dass sein Alter sich wieder blicken lassen würde.
Und tatsächlich. Nur kurze Zeit später, nach dem Abendessen, rief Professor Snape Draco zu sich in sein Büro.
Jetzt saßen sie hier, er und sein Vater, einander gegenüber. Aug in Auge sozusagen.
Snape hatte den Raum verlassen. Nur noch Draco war da, und die unheilige Präsenz seines Vaters, die den Raum ausfüllte wie ein nicht hörbares, unterschwelliges Klingen, mächtig und Respekt einflößend.
Unheilige Stille. Fahles Licht fiel durch die schmalen Fenster auf die Szenerie, die mit alten Büchern gefüllten Regale, den großen Schreibtisch und seinen Vater, der dahinter in dem großen Ledersessel saß, den sonst Snape innehatte.
Draco fühlte sich unwohl. Wie immer wenn die Augen seines Vaters ihn so beunruhigend abwartend ansahen. Ihm wurde ganz kribbelig davon.
Schließlich räusperte er sich und brach das Schweigen.
"Wurdest du gut behandelt, Vater?"
"Natürlich." kam es in gewisser Weise triumphierend von seinem Gegenüber. "Warum sollte ich auch nicht?"
Draco hätte eigentlich nicht erwartet, dass man seinen Vater überhaupt in die Schule hineinließ. Jedoch hatte man Lucius Malfoy nach dem Wiederauftauchen Voldemorts und seiner eigenen Inhaftierung in Askaban nichts hundertprozentig nachweisen können. So war er wieder auf freien Fuß gesetzt worden. "Stell nicht so dumme Fragen."
Der stechende Blick seines Vaters ließ ihn zusammenzucken, doch Draco kämpfte die Entschuldigung, die in ihm hochkam, schnell nieder. Lucius schien das zu bemerken. Er hob kurz eine Augenbrauhe, aber mehr ließ sich der weißhaarige Mann mit den scharfen Gesichtszügen nicht anmerken.
"Was gibt es dann?"
"Mein Sohn." hob sein Vater an. Es klang freundlich. Doch dahinter, das wußte Draco nur zu gut, verbarg sich eine gefähliche Heimtücke gepaart mit unkontrollierbarer Gewalttätigkeit. Er hatte sie schon oft zu spüren bekommen. Aber diesmal würde er nicht klein bei geben. Nicht heute. "Ich hörte einiges über dich. Du bist aus dem Slytherin-Quiddich-Team ausgetreten."
"Das ist richtig."
"Wie kommst du dazu?" Sein Vater beugte sich leicht in seinem Sessel nach vorne, so das sein Gesicht aus dem staubigen Schatten heraustrat. "Erkläre dich."
Innerlich grollte Draco vor sich hin, trotz der Angst, die er unweigerlich bekam, wenn sein Vater ihn so ansah; wie ein Tiger seine Beute. Lauernd.
Warum mischte er sich ständig ein? Er war aus dem Quiddich-Team ausgetreten. Vor knapp zwei Wochen. Und wenn schon? Der neue Sucher, einer aus dem dritten Jahr, war fast so gut wie er selber. Um den Hauspokal mußte er sich keine Sorgen machen, und er konnte sich um wichtigere Dinge kümmern, als wie ein Irrer auf einem Besen in einem sinn- und planlosen Ballhagel herumzufliegen.
Das konnte er seinem Alten natürlich nicht sagen.
"Meine Noten." sagte Draco. "Sie waren dabei, schlechter zu werden, da ich nicht genug Zeit hatte, zu lernen. Daher habe ich meine Konsequenzen gezogen. Vater." fügte er hinzu.
Der ältere Mann ihm gegenüber im Sessel sah ihn abschätzend an. Er sah nicht aus, als würde er es akzeptieren, sagte dann jedoch: "Das leuchtet mir ein." und nickte, wobei sich seine schmalen Lippen zu einem schiefen Grinsen verzogen, das Draco nicht deuten konnte.
Wenn der wüßte, dachte Draco.
Der wahre Grund, warum er kein Quiddich mehr spielen wollte. Nicht mehr konnte.
Ihn sehen zu müssen. Zwangsläufig. Das war schon im Unterricht schlimm genug.
Schnell schob er die Bilder beiseite, die Anstalten machten, seinen Kopf zu besetzen. Dunkelheit und Besen. Und unterdrückte Schluchzer. Und wieder der Schlag dieses Herzens, dicht bei seinem eigenen. Und dann nichts mehr. Nur noch brennende und völlig irritierende Enttäuschung darüber, dass dieser seltsame Moment vorbei war...
"Aber deshalb bin ich nicht hier."
Verdammt nochmal!
"Das dachte ich mir." seufzte Draco, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, streckte die Beine von sich und schnaubte zu seinem eigenen Erstaunen verächtlich.
"Und mach dir gar nicht erst die Mühe, Vater, mir zu sagen, was dich hierhergetrieben hat. Ich bin nicht völlig blöd und ich habe auch noch Augen im Kopf, die Zeitung lesen. Ich weiß, dass deine Todesserfreunde ein paar Muggel in Hogsmaede filletiert und die Wände verschönert haben. Ich weiß auch, was du mir jetzt sagen wirst. 'Das ist erst der Anfang unseres glorreichen Kreuzzuges, Sohn. Der ehrwürdige Lord ist wieder da. Blablabla. Es wird Zeit, dass du dir deiner Herkunft bewußt und ein vollwertiger Todesser wirst.'"
Draco wußte selbst nicht recht, welcher Teufel ihn ritt, dass er es wagte, so mit seinem Vater zu sprechen. Er hatte das alles so satt und keine Lust mehr auf dieses Affentheater, die ewige Buckelei und Jasagerei. Da tauchte der Alte hier auf, machte auf Wunder wie geheimnisvoll und führte sich auf wie ein abgehalfterter Mafiaboss, anstatt sich zu benehmen, wie es seinem Alter entsprach.
Irgendwie fand er es fast komisch, wie seinem Vater während er sprach das Gesicht quasi herunterfiel. Damit hatte der Alte vermutlich in seinem kühnsten Träumen nicht gerechnet.
Irgendwo in Dracos Hinterkopf meldete sich eine kleine Stimme.
~Ist dir auch klar, was du da tust? Meinst du nicht auch, es wäre schlau jetzt die Klappe zu halten?~
So wie immer, oder was?
~ Du könntest dir eine Menge Ärger ersparen, wenn...~
Doch das ganze ging in blubbernder Wut unter, die stetig in Draco aufstieg, wie heiße Milch in einem Kochtopf.
"Du..." Lucius schien seine Sprache wiedergefunden zu haben. "Du kennst deinen Vater wohl besser als ich dachte." erhob sich zu seiner vollen Größe, baute sich hinter dem Schreibtisch auf wie eine Gewitterwolke und blickte seinen Sohn dräuend an.
"Nun denn," begann er, mit feierlichem Tembre in der Stimme: "Bist du bereit, den Weg zu beschreiten, den das Schicksal dir vorrausbestimmt hat, und dich uns anzuschließen, der glorreichen Armee des einzig wahren Herrschers der Welt, Lord Vold-"
"Vater." unterbrach Draco ihn gelassen, und stellte entzückt fest, wie sein Vater irritiert den Mund auf und zu klappte. "Red weiter so laut, und du kannst gleich zurück nach Askaban gehen."
"Draco Malfoy!!" wetterte der alte Mann los und ballte die Fäuste. "Wie kannst du es wagen, mich zu unterbrechen? Du wirst dir gefälligst ohne ein Widerwort anhören, was ich zu sagen habe!!"
"Nein, du wirst DIR anhören, was ICH dir zu sagen habe!" sagte Draco schneidend und stand auf. Zornig funkelten sich die beiden Männer an. Wäre noch jemand im Raum gewesen, hätte er sicherlich später schwören können, dass Blitze zwischen ihren Augen hin und herzuckten.
Zum ersten Mal stellte Draco fest, dass er genauso groß war, wie sein Vater. Erstaunlich, wie schnell er gewachsen war, seit er Malfoy Manor verlassen hatte... Doch davon ließ er sich nicht irritieren.
"Schicksal! So ein Blödsinn!" zischte der blonde Junge. "Wenn du erwartest, dass ich zu allem Ja und Amen sage, und fröhlich eurem Verein beitrete, Vater, so lass dir gesagt sein, dass ich genau das nicht tun werde!"
Zum dritten Mal an diesem Tag sah Draco die Maske der Fassung seines Vaters bröckeln.
"Was hast du gesagt?" kam es leise, ungläubig und lauernd über die schmalen Lippen.
"Ich sagte, Vater, dass ich kein Todesser werde. Ich habe darüber nachgedacht, die letzten Monate. Ich will damit nichts zu tun haben. Und mehr mußt du gar nicht wissen."
Auch das hätte er kommen sehen müssen. Immerhin wußte er um seines Vaters ausgeprägten Sinn für Theatralik. Mit einer Gewandtheit, die man ihm auf den ersten Blick nicht ansehen würde, hechtete Lucius Malfoy katzengleich über Snapes Schreibtisch (wobei er ein Tintenfass und einen Briefbeschwerer in Form eines fetten Goldfisches gleich mit umwarf) und ehe Draco es sich versah, wurde sein Kopf vom Schlag seines Vaters zur Seite geworfen. So heftig, dass er ein paar Schritte zurücktaumelte.
Als er sich wieder aufrichtete, blickte er in das von Wut verzerrte Gesicht seines Vaters. Der Mann atmete schwer.
"Du..." keuchte er, " unverschähmter, undankbarer Bengel. Du wirst gefälligst tun, was dein Vater dir befiehlt!"
Und in seiner Wut holte er erneut aus, seine beringte Hand sauste erneut auf Dracos Gesicht zu.
Dieser dumme alte Penner! Dieser dumme alte Penner! Draco wußte nicht, woher diese Gefühle kamen; es war, als würde jedes noch so kleine Tröpfchen Abneigung, Furcht, Enttäuschung und Zorn, die er all die Jahre seinem Vater gegenüber empfunden hatte, in diesen Moment münden. In seinem inneren zu einem dunkeln Ball tiefen, gnadenlosen Zornes zusammenfließen. Pulsieren. Schreien.
Oh, nein, Alter. Du hast mich so oft geschlagen und gedemütigt.
Aber nicht heute, oh, nein!
WHAM!
Es gab ein Geräusch, als hätte jemand eine Papiertüte platzen lassen.
Draco sah seinen Vater von der Wucht des Schlages zurücktaumeln. Er hielt sich das Gesicht mit der Linken, ruderte mit dem rechten Arm, der Draco gerade noch hatte schlagen wollen. Krachte mit dem Hintern gegen den Schreibtisch, so dass der Rest darauf auch noch umfiel.
(Snape würde sich ein Loch in den Bauch freuen.)
Ungläubig, ja überrascht, blickte er seinen Sohn an, die Mundwinkel beinahe schon unnatürlich weit nach unten gezogen, der Mund halb geöffnet, die Augen weit aufgerissen. Zitternd vor Wut. Er sah furchtbar alt aus.
Draco selbst atmete schwer und konnte kaum glauben, dass er den Schlag seines Vaters nicht nur abgewehrt, sondern dem Älteren einen sauberen Schwinger verpasst hatte, dass ihm selbst die Hand davon weh tat.
Er spürte sich zittern. Vor Zorn, vor Angst, vor Aufregung, vor Hass seinem Vater gegenüber.
Dämlicher Alter. Was wußte der schon.
"Draco..."
"Fass mich nie wieder an, hörst du?" sagte er, leise, fast flüsternd. "Ich schwöre dir, du wirst es bereuhen!"
"Sohn," fing der Alte wieder an, kratzte eilig seine Würde wieder zusammen, zischte durch die Zähne. " Du bist ungehorsam!"
"Halt die Fresse!!" schrie Draco, selber beinahe überrascht, wie laut er war. Sein Vater wich einen Schritt zurück
"Halt einfach die Fresse!! Ich kann dich nicht mehr ertragen! Dich und deine Reden, deine endlosen Litaneien! Nie kannst du still sein! Immer nur heißt es der Lord hier, der Lord da, Schlammblüter, Weltherrschaft, blablabla! Kannst du nicht ein Mal über was anderes reden?! Oder einfach den Mund halten? Weißt du eigentlich, wie es einen nervt, wenn man sein Leben lang hört, wie überaus toll doch dieser dämliche Lord ist, und wie viel besser man doch ist, so gebildet, die gehobene Klasse, und der Rest der Welt Abschaum? Woher willst du alter PENNER das denn überhaupt so genau WISSEN? Warst du je bei den Muggeln? Weißt du auch nur das GERINGSTE über sie?? Und kannst du mir einen vernünftigen Grund nennen, warum ich dir dein Geschwätz und diesen ganzen Rassenblödsinn GLAUBEN soll? Das pseudowissenschaftliche Gelaber von dir und deinen blöden Todesserfreunden?! Kannst du mir einen vernünftigen Grund nennen, warum ihr denn so viel BESSER seid als das ganze verdammte Muggelpack?"
"Draco, hab ein bißchen mehr Respekt!!!"
Doch er war nicht aufzuhalten.
"Und warum ich EUCH folgen sollte? Einem Haufen wahnsinniger, selbstgerechter alter Knacker? Irgendwelchen korrupten, buckelnden Rassistenverbrechern? Nur, weil es mein 'Schicksal' ist? Weil mein Blut so porentief rein ist?? Hörst du dir eigentlich mal selbst zu, wenn du redest? Du machst mich SO KRANK!!!"
Stille.
Nur ihrer beider keuchender Atem war zu hören.
Draco holte tief Luft. "Du bist erbärmlich, Vater!"
Und dann ging er schnell hinaus und schloß die Tür und machte, dass er wegkam, bevor sein Vater in Wutgeheul ausbrechen konnte.
In der leeren großen Halle kam er zum Stehen. Japsend. Er war gerannt.
Draco lehnte sich an die Wand und spürte die beruhigende Kälte der Steine in seinem Nacken, deren Härte in seinem Rücken. Seine Hände zitterten immer noch. Draco besah sie sich eine Weile und fing dann an zu lachen.
Das Gesicht seines Vaters tauchte wieder vor ihm auf. Wie er empört seinen Mund auf und zu klappte. Wie ein Fisch an Land. Herrlich.
Er fühlte sich seltsam leicht. Und mächtig großartig.
Das hätte er schon vor langer Zeit tun sollen! Hah! Alter, mich wirst du nie, nie wieder herumschubsen!
Erneut lachte er auf, stieß sich von der Wand ab, und tanzte kichernd ein wenig durch die leere Halle, vorbei an den verlassenen Tischen. Dieses neue Gefühl der Stärke pulsierte in seinem Adern, fühlte sich belebend und kribbelnd an, fast wie Elektrizität.
"Hey!!"
Draco wirbelte herum. Das Echo von Rons Stimme hallte durch den Saal, wurde von den Wänden hin und her geworfen.
"Weasley!" Draco fand sein Gleichgewicht wieder.
Jedem anderen wäre diese Situation, wie eine Ballerina tanzend von einem seiner Feinde erwischt zu werden, unangenehm gewesen.
Draco jedoch war viel zu gut gelaunt, als sich vom rothaarigen Gryffindor-Prefect verunsichern zu lassen, der, offensichtlich aufgebracht, in der Nordtür des großen Saales stand, wie ein Sherriff, der gleich im Saloon aufräumt. Er sah zerzaust aus und war knallrot im Gesicht. Hinter ihm kamen noch mehr Gryffindors in Sicht; sie wirkten allerdings nicht annähernd so aufgerbacht, eher wie Zuschauer bei einem Verkehrsunfall.
"Malfoy!!!"
"Was verschafft mir die Ehre?" grinste Draco ihn freundlich an.
"Ich mach dich fertig!!!"
Es war irritierend und seltsam, wie der rothaarige Junge auf ihn zurannte, wie eine Lokomotive ohne Bremse, immer schneller wurde, anfing zu schreien wie angestochen und sich, drei Schritte vor ihm, in einem elegangen Hechtsprung vom Boden abstieß.
Alle drehen durch, dachte Draco amüsiert, als der schreiende Ron Weasley mit seinem Torso kollidierte und ihn von den Füßen riss.
Es trieb ihm die Luft aus den Lungen, als er auf dem Boden aufkam, den Kopf seines Gegners im Solarplexus, und er hörte sich selbst Keuchen, als wäre ein Fußball explodiert. Sie kugelten ein Stück über den roten Teppich, und das nächste, was Draco mitbekam, war Ron Weasley, der auf ihm hockte und sein Gesicht mit Schlägen bearbeitete.
Komischerweise tat es in diesem Moment nicht weh.
Es klingelte nur etwas in den Ohren.
"-ecksack!" hörte er zwischen die Fäuste hindurch. "Blö- -ummer Schwucht--todesser!"
Seine Starre fiel von Draco ab und er schaffte es tatsächlich mit einem eleganten Hüftdreher und ausgestreckter Faust, die Rons Nase traf, zu befreien, und kam stöhnend auf die Füße.
"Was ist los mit dir, Wiesel." fauchte Draco und hielt sich den Kopf und den Magen. "Scheiße nochmal, bist du endlich wahnsinnig geworden?"
Undeutlich nahm er wahr, dass sich noch mehr Gryffindors in einem Kreis um sie herum aufgebaut hatten. Eine bedrohliche Mauer aus großgewachsenen Jungs, aber auch einige Mädchen waren dabei.
"Was hast du mit Harry gemacht, du Arsch?!" kreischte Weasley, der sich die Nase hielt. Auch er war wieder auf die Füße gekommen, ruderte mit einem freien Arm, und taumelte, um sein Gleichgewicht zurück zu gewinnen.
Draco starrte ihn perplex an. "Äh." machte er und lachte ungläubig. "Ich? Mit Harry? Was kann ich mit dem kleinen Spinner schon gemacht haben?"
"Tu nicht so, verdammter Todesser! Er ist abgehauen!!" fauchte Weasley, holte erneut aus und versuchte, eine linke Gerade auf Dracos Augo zu landen. Dies aber schlug fehl, da Draco einfach einen Schritt zur Seite machte und den aufgebrachten Gryffindor ins Leere laufen ließ. "Ich hab doch Augen im Kopf, du kannst ihn einfach nicht in Ruhe lassen!"
"Bitte?"
Abgehauen?
Weasley baute sich vor ihm auf wie eine Schrankwand. Wenn Schrankwände blutige Nasen hatten. "Du beobachtest ihn doch schon seit Wochen!" schrie Ron ihn an. "Ständig! Du starrst ihn an, hast ihn bedrängt und bedroht! Der Junge ist ohnehin schon völlig fertig, und dann machst du ihn mit deinem Psychoterror auch noch das Leben schwer!!"
"Ich hab Harry nicht bedrängt!" stellte Draco völlig wahrheitsgemäß klar. "Und ich - "
"Halt die Klappe, dämliche Schwuchtel!" schnitt Weasley ihm wütend das Wort ab. "Er hat Albträume von dir! Er redet ihm Schlaf! Du hast ihn in der Besenkammer vergwaltigt!!"
Alle Anwesenden sogen schockiert Luft ein, ob dieser Anschuldigung, inklusive Draco.
Stille.
Draco glotzte Ron aus kugelrunden Augen an, und begann dann, fast hysterisch zu kichern. "Das ist doch völlig absurd..." begann er, wurde jedoch diesmal von einem großen, blonden Gryffindor unterbrochen, den Draco vage als Seamus Finnegan wiedererkannte. Er war sich aber nicht sicher.
"Moment! Ron hat recht. Seit ein paar Wochen höre ich Harry nachts im Schlaf schluchzen." meinte er, und Neville Longbottom, der neben ihm stand, nickte. "Jetzt, wo du's sagst..."
"Ja! Und er sagt immer wieder deinen Namen!" rief Weasley triumphierend. "Und : 'Was in der Besenkammer passiert ist... niemand darf es erfahren! Niemals!' Immer wieder! Kein Wunder, dass er abgehauen ist!!!"
"Das stinkt doch!"
"Ganz genau!"
Zustimmendes Gemurmel.
Was soll das heißen, er träumt von mir, dachte Draco verwirrt.
~viel wichtiger~ meldete sich sein Hirn zu Wort, ~falls du dem Kobold da nicht zugehört hast, er ist abgehauen. Aber das nur so nebenbei.~
Es wurde immer grotesker.
"Gib es zu, Malfoy!"
"Was soll ich denn zugeben?" schnauzte Draco zurück, dem das Ganze langsam unheimlich wurde. Mittlerweile blickten die Leute um ihn herum drein, als wollten sie ihn am liebsten am nächsten Deckenleuchter lynchen. "Ich hab eurem Harrylein kein Haar gekrümmt, nicht mal in meinen allerschlimmsten Albträumen! Und ich hab auch nichts damit zu tun, dass er abgehauen ist."
"Du lügst doch!" ereiferte sich Weasley, dessen Gesichtsfarbe mittlerweile röter war, als sein Haar. "Alle Slytherins lügen, wie gedruckt! Ihr habt doch nie was anderes getan!"
Klatsch - Klatsch!
Heute war anscheinend der Tag, um Schläge auszuteilen und längst fällige Rechnungen zu begleichen.
Weasley hielt sich beide Wangen. Glotzte Draco überrascht an, der immer noch die Hand, mit der er Ron georfeigt hatte, in die Höhe hielt.
"Woher willst du das wissen, du Arsch?" zischte er fast lautlos. "Kennst du denn auch nur einen von uns?"
Da war sie wieder, die unbezähmbare Wut, genau dieselbe, die er seinem Vater entgegen geschleudert hatte.
"Ich hab euch alle satt hier! Die ganze verdammte Schule und diese Scheißfehde zwischen den Häusern! Ihr seid doch auch nicht besser als die Todesser, wenn ihr so redet!!"
Er wußte schon, während er es sagte, dass sich die Gryffindors nun auf ihn stürzen und zu Konfetti verarbeiten würden. Jedoch bevor ihn auch nur einer erreichte, tauchten wie aus dem Nichts Slytherins auf. Und ehe Draco es sich versah, war um ihn herum die schönste Schlägerei im Gange. Da wurde getreten, geschlagen und gerauft, gerungen und geworfen, auf dem Boden und auf den Tischen. Er sah Crabbe und Goyle, und Flint und sogar Pansy Parkinson. Und sie alle schlugen sich mit den Gryffindors, die, eben noch völlig überrascht, sich anscheinend wieder gefangen hatten, und ordentlich austeilten.
Ein Bild für die Götter.
Draco hatte keine Ahnung, wie seine Kameraden von der Szene hier Wind bekommen hatten, und es war ihm auch völlig egal. Er gab Weasley noch einen Schubs gegen ein paar andere Gryffindors, dann machte er, dass er wegkam.
Schon das zweite Mal heute.
Verdammt, verdammt, verdammt! Was war das bloß für ein kranker Tag!
In seinem Kopf raste alles wild durcheinander. Sein linkes Auge tat weh, vermutlich hatte Weasley ihm ein Veilchen verpasst. Müde betrachtete er sich im Spiegel seines kleinen Bads in seinem Zimmer.
Die waren doch alle krank. Alle völlig bekloppt. Und zwar beide Seiten, die Todesser genauso wie der ganze Rest. Alle durchsetzt und verfilzt von Schwarz-Weiß-Malerei. Ihr seid schlecht und wir sind gut, und wer nicht für uns ist ist gegen uns!
Denen fehlte doch allen 'ne Megaschraube. Nein, gleich mehrere!
Wütend kickte Draco seinen Sessel um, der krachend über den Boden polterte, und riss seine Schranktür auf.
Er hatte einen Plan.
Eben, als seine Hand auf Ron Weasleys Wangen geklatscht war, in diesen Sekundenbruchteilen war alles völlig klar geworden.
Wenn er diesen ganzen Mist jemals verstehen oder ertragen wollte, das Schlammblütergequatsche und Voldemortverherrlichen auf Seiten seines Vaters, und die tumben Pauschalisierungen auf der anderen Seite, mußte er es herausfinden:
Was war dran an dieser ganzen verdammten Rassensache?
War es ein menschlicher Defekt, so eine Art Gruppenzusammengehörigkeitsdrang, der einen dazu trieb, sich ständig über andere zu erhöhen und den Rest der Welt zu erniedrigen? Dachte sich irgendein blöder rechter Zauberer irgendwann mal diesen ganzen Schlammblutmist aus, und schuf so zwei Seiten, die sich gegenseitig die Köpfe einschlugen? Alles nur, damit sich beide Seiten besser fühlten?
Und sah die Wahrheit tatsächlich so aus, dass alle Zauberer von Muggeln abstammten?
Warum zum Teufel?
Waren Muggel wirklich so wertlos?
Waren es die Zauberer, die so schrecklich ignorant waren?
War er es am Ende selbst, der krank im Kopf war, und nicht mehr in dieses zwei Seiten Schema reinpassen wollte? Dass er es nicht mehr gutheißen konnte, wenn Menschen, seien es Zauberer oder Muggel, sterben sollten, wegen eines Rassenbegriffs, der vielleicht nicht mal stimmte? Und wozu diese ganze Töterei? Wo war der Sinn?
Zuviele Fragen.
Er mußte endlich etwas tun, um sie zu beantworten. Und das konnte er nicht hier.
Also setzte er seinen Plan in die Tat um.
Etwa eine Viertelstunde später öffnete sich am Slytherinturm quietschend ein Fenster. Eine schmale Gestalt mit blonden Haaren und schwarzem flatternden Umhang stieß sich vom Fenstersims ab, fiel knapp zwei Meter, beschrieb dann mit ihrem Besen einen sanften Bogen nach oben. Sie hatte Probleme, das Gleichgewicht zu halten, was wohl an dem Rucksack auf ihrem Rücken lag. Sie fing sich jedoch schnell, flog noch ein, zwei Mal um den Turm herum und dann in einem schaurigen Tempo weg vom Schloß, über den See und in die tiefe Dunkelheit der wolkigen und windigen Herbstnacht hinein.
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08: generationskonflikt II
deine welt ist mir zu klein
meine zu groß, passt hier nicht rein
du hört mich schrei'n, doch du verstehst mich einfach nicht
wohin du gehst komm ich nicht mit
deine Schritte sind mir zu klein
ich will nichts anderes, nur Riese sein!
(such a surge)
Er hätte es wissen müssen. In dem Moment, als er die Zeitung aufgeschlagen hatte, hätte ihm klar sein müssen, dass sein Alter sich wieder blicken lassen würde.
Und tatsächlich. Nur kurze Zeit später, nach dem Abendessen, rief Professor Snape Draco zu sich in sein Büro.
Jetzt saßen sie hier, er und sein Vater, einander gegenüber. Aug in Auge sozusagen.
Snape hatte den Raum verlassen. Nur noch Draco war da, und die unheilige Präsenz seines Vaters, die den Raum ausfüllte wie ein nicht hörbares, unterschwelliges Klingen, mächtig und Respekt einflößend.
Unheilige Stille. Fahles Licht fiel durch die schmalen Fenster auf die Szenerie, die mit alten Büchern gefüllten Regale, den großen Schreibtisch und seinen Vater, der dahinter in dem großen Ledersessel saß, den sonst Snape innehatte.
Draco fühlte sich unwohl. Wie immer wenn die Augen seines Vaters ihn so beunruhigend abwartend ansahen. Ihm wurde ganz kribbelig davon.
Schließlich räusperte er sich und brach das Schweigen.
"Wurdest du gut behandelt, Vater?"
"Natürlich." kam es in gewisser Weise triumphierend von seinem Gegenüber. "Warum sollte ich auch nicht?"
Draco hätte eigentlich nicht erwartet, dass man seinen Vater überhaupt in die Schule hineinließ. Jedoch hatte man Lucius Malfoy nach dem Wiederauftauchen Voldemorts und seiner eigenen Inhaftierung in Askaban nichts hundertprozentig nachweisen können. So war er wieder auf freien Fuß gesetzt worden. "Stell nicht so dumme Fragen."
Der stechende Blick seines Vaters ließ ihn zusammenzucken, doch Draco kämpfte die Entschuldigung, die in ihm hochkam, schnell nieder. Lucius schien das zu bemerken. Er hob kurz eine Augenbrauhe, aber mehr ließ sich der weißhaarige Mann mit den scharfen Gesichtszügen nicht anmerken.
"Was gibt es dann?"
"Mein Sohn." hob sein Vater an. Es klang freundlich. Doch dahinter, das wußte Draco nur zu gut, verbarg sich eine gefähliche Heimtücke gepaart mit unkontrollierbarer Gewalttätigkeit. Er hatte sie schon oft zu spüren bekommen. Aber diesmal würde er nicht klein bei geben. Nicht heute. "Ich hörte einiges über dich. Du bist aus dem Slytherin-Quiddich-Team ausgetreten."
"Das ist richtig."
"Wie kommst du dazu?" Sein Vater beugte sich leicht in seinem Sessel nach vorne, so das sein Gesicht aus dem staubigen Schatten heraustrat. "Erkläre dich."
Innerlich grollte Draco vor sich hin, trotz der Angst, die er unweigerlich bekam, wenn sein Vater ihn so ansah; wie ein Tiger seine Beute. Lauernd.
Warum mischte er sich ständig ein? Er war aus dem Quiddich-Team ausgetreten. Vor knapp zwei Wochen. Und wenn schon? Der neue Sucher, einer aus dem dritten Jahr, war fast so gut wie er selber. Um den Hauspokal mußte er sich keine Sorgen machen, und er konnte sich um wichtigere Dinge kümmern, als wie ein Irrer auf einem Besen in einem sinn- und planlosen Ballhagel herumzufliegen.
Das konnte er seinem Alten natürlich nicht sagen.
"Meine Noten." sagte Draco. "Sie waren dabei, schlechter zu werden, da ich nicht genug Zeit hatte, zu lernen. Daher habe ich meine Konsequenzen gezogen. Vater." fügte er hinzu.
Der ältere Mann ihm gegenüber im Sessel sah ihn abschätzend an. Er sah nicht aus, als würde er es akzeptieren, sagte dann jedoch: "Das leuchtet mir ein." und nickte, wobei sich seine schmalen Lippen zu einem schiefen Grinsen verzogen, das Draco nicht deuten konnte.
Wenn der wüßte, dachte Draco.
Der wahre Grund, warum er kein Quiddich mehr spielen wollte. Nicht mehr konnte.
Ihn sehen zu müssen. Zwangsläufig. Das war schon im Unterricht schlimm genug.
Schnell schob er die Bilder beiseite, die Anstalten machten, seinen Kopf zu besetzen. Dunkelheit und Besen. Und unterdrückte Schluchzer. Und wieder der Schlag dieses Herzens, dicht bei seinem eigenen. Und dann nichts mehr. Nur noch brennende und völlig irritierende Enttäuschung darüber, dass dieser seltsame Moment vorbei war...
"Aber deshalb bin ich nicht hier."
Verdammt nochmal!
"Das dachte ich mir." seufzte Draco, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, streckte die Beine von sich und schnaubte zu seinem eigenen Erstaunen verächtlich.
"Und mach dir gar nicht erst die Mühe, Vater, mir zu sagen, was dich hierhergetrieben hat. Ich bin nicht völlig blöd und ich habe auch noch Augen im Kopf, die Zeitung lesen. Ich weiß, dass deine Todesserfreunde ein paar Muggel in Hogsmaede filletiert und die Wände verschönert haben. Ich weiß auch, was du mir jetzt sagen wirst. 'Das ist erst der Anfang unseres glorreichen Kreuzzuges, Sohn. Der ehrwürdige Lord ist wieder da. Blablabla. Es wird Zeit, dass du dir deiner Herkunft bewußt und ein vollwertiger Todesser wirst.'"
Draco wußte selbst nicht recht, welcher Teufel ihn ritt, dass er es wagte, so mit seinem Vater zu sprechen. Er hatte das alles so satt und keine Lust mehr auf dieses Affentheater, die ewige Buckelei und Jasagerei. Da tauchte der Alte hier auf, machte auf Wunder wie geheimnisvoll und führte sich auf wie ein abgehalfterter Mafiaboss, anstatt sich zu benehmen, wie es seinem Alter entsprach.
Irgendwie fand er es fast komisch, wie seinem Vater während er sprach das Gesicht quasi herunterfiel. Damit hatte der Alte vermutlich in seinem kühnsten Träumen nicht gerechnet.
Irgendwo in Dracos Hinterkopf meldete sich eine kleine Stimme.
~Ist dir auch klar, was du da tust? Meinst du nicht auch, es wäre schlau jetzt die Klappe zu halten?~
So wie immer, oder was?
~ Du könntest dir eine Menge Ärger ersparen, wenn...~
Doch das ganze ging in blubbernder Wut unter, die stetig in Draco aufstieg, wie heiße Milch in einem Kochtopf.
"Du..." Lucius schien seine Sprache wiedergefunden zu haben. "Du kennst deinen Vater wohl besser als ich dachte." erhob sich zu seiner vollen Größe, baute sich hinter dem Schreibtisch auf wie eine Gewitterwolke und blickte seinen Sohn dräuend an.
"Nun denn," begann er, mit feierlichem Tembre in der Stimme: "Bist du bereit, den Weg zu beschreiten, den das Schicksal dir vorrausbestimmt hat, und dich uns anzuschließen, der glorreichen Armee des einzig wahren Herrschers der Welt, Lord Vold-"
"Vater." unterbrach Draco ihn gelassen, und stellte entzückt fest, wie sein Vater irritiert den Mund auf und zu klappte. "Red weiter so laut, und du kannst gleich zurück nach Askaban gehen."
"Draco Malfoy!!" wetterte der alte Mann los und ballte die Fäuste. "Wie kannst du es wagen, mich zu unterbrechen? Du wirst dir gefälligst ohne ein Widerwort anhören, was ich zu sagen habe!!"
"Nein, du wirst DIR anhören, was ICH dir zu sagen habe!" sagte Draco schneidend und stand auf. Zornig funkelten sich die beiden Männer an. Wäre noch jemand im Raum gewesen, hätte er sicherlich später schwören können, dass Blitze zwischen ihren Augen hin und herzuckten.
Zum ersten Mal stellte Draco fest, dass er genauso groß war, wie sein Vater. Erstaunlich, wie schnell er gewachsen war, seit er Malfoy Manor verlassen hatte... Doch davon ließ er sich nicht irritieren.
"Schicksal! So ein Blödsinn!" zischte der blonde Junge. "Wenn du erwartest, dass ich zu allem Ja und Amen sage, und fröhlich eurem Verein beitrete, Vater, so lass dir gesagt sein, dass ich genau das nicht tun werde!"
Zum dritten Mal an diesem Tag sah Draco die Maske der Fassung seines Vaters bröckeln.
"Was hast du gesagt?" kam es leise, ungläubig und lauernd über die schmalen Lippen.
"Ich sagte, Vater, dass ich kein Todesser werde. Ich habe darüber nachgedacht, die letzten Monate. Ich will damit nichts zu tun haben. Und mehr mußt du gar nicht wissen."
Auch das hätte er kommen sehen müssen. Immerhin wußte er um seines Vaters ausgeprägten Sinn für Theatralik. Mit einer Gewandtheit, die man ihm auf den ersten Blick nicht ansehen würde, hechtete Lucius Malfoy katzengleich über Snapes Schreibtisch (wobei er ein Tintenfass und einen Briefbeschwerer in Form eines fetten Goldfisches gleich mit umwarf) und ehe Draco es sich versah, wurde sein Kopf vom Schlag seines Vaters zur Seite geworfen. So heftig, dass er ein paar Schritte zurücktaumelte.
Als er sich wieder aufrichtete, blickte er in das von Wut verzerrte Gesicht seines Vaters. Der Mann atmete schwer.
"Du..." keuchte er, " unverschähmter, undankbarer Bengel. Du wirst gefälligst tun, was dein Vater dir befiehlt!"
Und in seiner Wut holte er erneut aus, seine beringte Hand sauste erneut auf Dracos Gesicht zu.
Dieser dumme alte Penner! Dieser dumme alte Penner! Draco wußte nicht, woher diese Gefühle kamen; es war, als würde jedes noch so kleine Tröpfchen Abneigung, Furcht, Enttäuschung und Zorn, die er all die Jahre seinem Vater gegenüber empfunden hatte, in diesen Moment münden. In seinem inneren zu einem dunkeln Ball tiefen, gnadenlosen Zornes zusammenfließen. Pulsieren. Schreien.
Oh, nein, Alter. Du hast mich so oft geschlagen und gedemütigt.
Aber nicht heute, oh, nein!
WHAM!
Es gab ein Geräusch, als hätte jemand eine Papiertüte platzen lassen.
Draco sah seinen Vater von der Wucht des Schlages zurücktaumeln. Er hielt sich das Gesicht mit der Linken, ruderte mit dem rechten Arm, der Draco gerade noch hatte schlagen wollen. Krachte mit dem Hintern gegen den Schreibtisch, so dass der Rest darauf auch noch umfiel.
(Snape würde sich ein Loch in den Bauch freuen.)
Ungläubig, ja überrascht, blickte er seinen Sohn an, die Mundwinkel beinahe schon unnatürlich weit nach unten gezogen, der Mund halb geöffnet, die Augen weit aufgerissen. Zitternd vor Wut. Er sah furchtbar alt aus.
Draco selbst atmete schwer und konnte kaum glauben, dass er den Schlag seines Vaters nicht nur abgewehrt, sondern dem Älteren einen sauberen Schwinger verpasst hatte, dass ihm selbst die Hand davon weh tat.
Er spürte sich zittern. Vor Zorn, vor Angst, vor Aufregung, vor Hass seinem Vater gegenüber.
Dämlicher Alter. Was wußte der schon.
"Draco..."
"Fass mich nie wieder an, hörst du?" sagte er, leise, fast flüsternd. "Ich schwöre dir, du wirst es bereuhen!"
"Sohn," fing der Alte wieder an, kratzte eilig seine Würde wieder zusammen, zischte durch die Zähne. " Du bist ungehorsam!"
"Halt die Fresse!!" schrie Draco, selber beinahe überrascht, wie laut er war. Sein Vater wich einen Schritt zurück
"Halt einfach die Fresse!! Ich kann dich nicht mehr ertragen! Dich und deine Reden, deine endlosen Litaneien! Nie kannst du still sein! Immer nur heißt es der Lord hier, der Lord da, Schlammblüter, Weltherrschaft, blablabla! Kannst du nicht ein Mal über was anderes reden?! Oder einfach den Mund halten? Weißt du eigentlich, wie es einen nervt, wenn man sein Leben lang hört, wie überaus toll doch dieser dämliche Lord ist, und wie viel besser man doch ist, so gebildet, die gehobene Klasse, und der Rest der Welt Abschaum? Woher willst du alter PENNER das denn überhaupt so genau WISSEN? Warst du je bei den Muggeln? Weißt du auch nur das GERINGSTE über sie?? Und kannst du mir einen vernünftigen Grund nennen, warum ich dir dein Geschwätz und diesen ganzen Rassenblödsinn GLAUBEN soll? Das pseudowissenschaftliche Gelaber von dir und deinen blöden Todesserfreunden?! Kannst du mir einen vernünftigen Grund nennen, warum ihr denn so viel BESSER seid als das ganze verdammte Muggelpack?"
"Draco, hab ein bißchen mehr Respekt!!!"
Doch er war nicht aufzuhalten.
"Und warum ich EUCH folgen sollte? Einem Haufen wahnsinniger, selbstgerechter alter Knacker? Irgendwelchen korrupten, buckelnden Rassistenverbrechern? Nur, weil es mein 'Schicksal' ist? Weil mein Blut so porentief rein ist?? Hörst du dir eigentlich mal selbst zu, wenn du redest? Du machst mich SO KRANK!!!"
Stille.
Nur ihrer beider keuchender Atem war zu hören.
Draco holte tief Luft. "Du bist erbärmlich, Vater!"
Und dann ging er schnell hinaus und schloß die Tür und machte, dass er wegkam, bevor sein Vater in Wutgeheul ausbrechen konnte.
In der leeren großen Halle kam er zum Stehen. Japsend. Er war gerannt.
Draco lehnte sich an die Wand und spürte die beruhigende Kälte der Steine in seinem Nacken, deren Härte in seinem Rücken. Seine Hände zitterten immer noch. Draco besah sie sich eine Weile und fing dann an zu lachen.
Das Gesicht seines Vaters tauchte wieder vor ihm auf. Wie er empört seinen Mund auf und zu klappte. Wie ein Fisch an Land. Herrlich.
Er fühlte sich seltsam leicht. Und mächtig großartig.
Das hätte er schon vor langer Zeit tun sollen! Hah! Alter, mich wirst du nie, nie wieder herumschubsen!
Erneut lachte er auf, stieß sich von der Wand ab, und tanzte kichernd ein wenig durch die leere Halle, vorbei an den verlassenen Tischen. Dieses neue Gefühl der Stärke pulsierte in seinem Adern, fühlte sich belebend und kribbelnd an, fast wie Elektrizität.
"Hey!!"
Draco wirbelte herum. Das Echo von Rons Stimme hallte durch den Saal, wurde von den Wänden hin und her geworfen.
"Weasley!" Draco fand sein Gleichgewicht wieder.
Jedem anderen wäre diese Situation, wie eine Ballerina tanzend von einem seiner Feinde erwischt zu werden, unangenehm gewesen.
Draco jedoch war viel zu gut gelaunt, als sich vom rothaarigen Gryffindor-Prefect verunsichern zu lassen, der, offensichtlich aufgebracht, in der Nordtür des großen Saales stand, wie ein Sherriff, der gleich im Saloon aufräumt. Er sah zerzaust aus und war knallrot im Gesicht. Hinter ihm kamen noch mehr Gryffindors in Sicht; sie wirkten allerdings nicht annähernd so aufgerbacht, eher wie Zuschauer bei einem Verkehrsunfall.
"Malfoy!!!"
"Was verschafft mir die Ehre?" grinste Draco ihn freundlich an.
"Ich mach dich fertig!!!"
Es war irritierend und seltsam, wie der rothaarige Junge auf ihn zurannte, wie eine Lokomotive ohne Bremse, immer schneller wurde, anfing zu schreien wie angestochen und sich, drei Schritte vor ihm, in einem elegangen Hechtsprung vom Boden abstieß.
Alle drehen durch, dachte Draco amüsiert, als der schreiende Ron Weasley mit seinem Torso kollidierte und ihn von den Füßen riss.
Es trieb ihm die Luft aus den Lungen, als er auf dem Boden aufkam, den Kopf seines Gegners im Solarplexus, und er hörte sich selbst Keuchen, als wäre ein Fußball explodiert. Sie kugelten ein Stück über den roten Teppich, und das nächste, was Draco mitbekam, war Ron Weasley, der auf ihm hockte und sein Gesicht mit Schlägen bearbeitete.
Komischerweise tat es in diesem Moment nicht weh.
Es klingelte nur etwas in den Ohren.
"-ecksack!" hörte er zwischen die Fäuste hindurch. "Blö- -ummer Schwucht--todesser!"
Seine Starre fiel von Draco ab und er schaffte es tatsächlich mit einem eleganten Hüftdreher und ausgestreckter Faust, die Rons Nase traf, zu befreien, und kam stöhnend auf die Füße.
"Was ist los mit dir, Wiesel." fauchte Draco und hielt sich den Kopf und den Magen. "Scheiße nochmal, bist du endlich wahnsinnig geworden?"
Undeutlich nahm er wahr, dass sich noch mehr Gryffindors in einem Kreis um sie herum aufgebaut hatten. Eine bedrohliche Mauer aus großgewachsenen Jungs, aber auch einige Mädchen waren dabei.
"Was hast du mit Harry gemacht, du Arsch?!" kreischte Weasley, der sich die Nase hielt. Auch er war wieder auf die Füße gekommen, ruderte mit einem freien Arm, und taumelte, um sein Gleichgewicht zurück zu gewinnen.
Draco starrte ihn perplex an. "Äh." machte er und lachte ungläubig. "Ich? Mit Harry? Was kann ich mit dem kleinen Spinner schon gemacht haben?"
"Tu nicht so, verdammter Todesser! Er ist abgehauen!!" fauchte Weasley, holte erneut aus und versuchte, eine linke Gerade auf Dracos Augo zu landen. Dies aber schlug fehl, da Draco einfach einen Schritt zur Seite machte und den aufgebrachten Gryffindor ins Leere laufen ließ. "Ich hab doch Augen im Kopf, du kannst ihn einfach nicht in Ruhe lassen!"
"Bitte?"
Abgehauen?
Weasley baute sich vor ihm auf wie eine Schrankwand. Wenn Schrankwände blutige Nasen hatten. "Du beobachtest ihn doch schon seit Wochen!" schrie Ron ihn an. "Ständig! Du starrst ihn an, hast ihn bedrängt und bedroht! Der Junge ist ohnehin schon völlig fertig, und dann machst du ihn mit deinem Psychoterror auch noch das Leben schwer!!"
"Ich hab Harry nicht bedrängt!" stellte Draco völlig wahrheitsgemäß klar. "Und ich - "
"Halt die Klappe, dämliche Schwuchtel!" schnitt Weasley ihm wütend das Wort ab. "Er hat Albträume von dir! Er redet ihm Schlaf! Du hast ihn in der Besenkammer vergwaltigt!!"
Alle Anwesenden sogen schockiert Luft ein, ob dieser Anschuldigung, inklusive Draco.
Stille.
Draco glotzte Ron aus kugelrunden Augen an, und begann dann, fast hysterisch zu kichern. "Das ist doch völlig absurd..." begann er, wurde jedoch diesmal von einem großen, blonden Gryffindor unterbrochen, den Draco vage als Seamus Finnegan wiedererkannte. Er war sich aber nicht sicher.
"Moment! Ron hat recht. Seit ein paar Wochen höre ich Harry nachts im Schlaf schluchzen." meinte er, und Neville Longbottom, der neben ihm stand, nickte. "Jetzt, wo du's sagst..."
"Ja! Und er sagt immer wieder deinen Namen!" rief Weasley triumphierend. "Und : 'Was in der Besenkammer passiert ist... niemand darf es erfahren! Niemals!' Immer wieder! Kein Wunder, dass er abgehauen ist!!!"
"Das stinkt doch!"
"Ganz genau!"
Zustimmendes Gemurmel.
Was soll das heißen, er träumt von mir, dachte Draco verwirrt.
~viel wichtiger~ meldete sich sein Hirn zu Wort, ~falls du dem Kobold da nicht zugehört hast, er ist abgehauen. Aber das nur so nebenbei.~
Es wurde immer grotesker.
"Gib es zu, Malfoy!"
"Was soll ich denn zugeben?" schnauzte Draco zurück, dem das Ganze langsam unheimlich wurde. Mittlerweile blickten die Leute um ihn herum drein, als wollten sie ihn am liebsten am nächsten Deckenleuchter lynchen. "Ich hab eurem Harrylein kein Haar gekrümmt, nicht mal in meinen allerschlimmsten Albträumen! Und ich hab auch nichts damit zu tun, dass er abgehauen ist."
"Du lügst doch!" ereiferte sich Weasley, dessen Gesichtsfarbe mittlerweile röter war, als sein Haar. "Alle Slytherins lügen, wie gedruckt! Ihr habt doch nie was anderes getan!"
Klatsch - Klatsch!
Heute war anscheinend der Tag, um Schläge auszuteilen und längst fällige Rechnungen zu begleichen.
Weasley hielt sich beide Wangen. Glotzte Draco überrascht an, der immer noch die Hand, mit der er Ron georfeigt hatte, in die Höhe hielt.
"Woher willst du das wissen, du Arsch?" zischte er fast lautlos. "Kennst du denn auch nur einen von uns?"
Da war sie wieder, die unbezähmbare Wut, genau dieselbe, die er seinem Vater entgegen geschleudert hatte.
"Ich hab euch alle satt hier! Die ganze verdammte Schule und diese Scheißfehde zwischen den Häusern! Ihr seid doch auch nicht besser als die Todesser, wenn ihr so redet!!"
Er wußte schon, während er es sagte, dass sich die Gryffindors nun auf ihn stürzen und zu Konfetti verarbeiten würden. Jedoch bevor ihn auch nur einer erreichte, tauchten wie aus dem Nichts Slytherins auf. Und ehe Draco es sich versah, war um ihn herum die schönste Schlägerei im Gange. Da wurde getreten, geschlagen und gerauft, gerungen und geworfen, auf dem Boden und auf den Tischen. Er sah Crabbe und Goyle, und Flint und sogar Pansy Parkinson. Und sie alle schlugen sich mit den Gryffindors, die, eben noch völlig überrascht, sich anscheinend wieder gefangen hatten, und ordentlich austeilten.
Ein Bild für die Götter.
Draco hatte keine Ahnung, wie seine Kameraden von der Szene hier Wind bekommen hatten, und es war ihm auch völlig egal. Er gab Weasley noch einen Schubs gegen ein paar andere Gryffindors, dann machte er, dass er wegkam.
Schon das zweite Mal heute.
Verdammt, verdammt, verdammt! Was war das bloß für ein kranker Tag!
In seinem Kopf raste alles wild durcheinander. Sein linkes Auge tat weh, vermutlich hatte Weasley ihm ein Veilchen verpasst. Müde betrachtete er sich im Spiegel seines kleinen Bads in seinem Zimmer.
Die waren doch alle krank. Alle völlig bekloppt. Und zwar beide Seiten, die Todesser genauso wie der ganze Rest. Alle durchsetzt und verfilzt von Schwarz-Weiß-Malerei. Ihr seid schlecht und wir sind gut, und wer nicht für uns ist ist gegen uns!
Denen fehlte doch allen 'ne Megaschraube. Nein, gleich mehrere!
Wütend kickte Draco seinen Sessel um, der krachend über den Boden polterte, und riss seine Schranktür auf.
Er hatte einen Plan.
Eben, als seine Hand auf Ron Weasleys Wangen geklatscht war, in diesen Sekundenbruchteilen war alles völlig klar geworden.
Wenn er diesen ganzen Mist jemals verstehen oder ertragen wollte, das Schlammblütergequatsche und Voldemortverherrlichen auf Seiten seines Vaters, und die tumben Pauschalisierungen auf der anderen Seite, mußte er es herausfinden:
Was war dran an dieser ganzen verdammten Rassensache?
War es ein menschlicher Defekt, so eine Art Gruppenzusammengehörigkeitsdrang, der einen dazu trieb, sich ständig über andere zu erhöhen und den Rest der Welt zu erniedrigen? Dachte sich irgendein blöder rechter Zauberer irgendwann mal diesen ganzen Schlammblutmist aus, und schuf so zwei Seiten, die sich gegenseitig die Köpfe einschlugen? Alles nur, damit sich beide Seiten besser fühlten?
Und sah die Wahrheit tatsächlich so aus, dass alle Zauberer von Muggeln abstammten?
Warum zum Teufel?
Waren Muggel wirklich so wertlos?
Waren es die Zauberer, die so schrecklich ignorant waren?
War er es am Ende selbst, der krank im Kopf war, und nicht mehr in dieses zwei Seiten Schema reinpassen wollte? Dass er es nicht mehr gutheißen konnte, wenn Menschen, seien es Zauberer oder Muggel, sterben sollten, wegen eines Rassenbegriffs, der vielleicht nicht mal stimmte? Und wozu diese ganze Töterei? Wo war der Sinn?
Zuviele Fragen.
Er mußte endlich etwas tun, um sie zu beantworten. Und das konnte er nicht hier.
Also setzte er seinen Plan in die Tat um.
Etwa eine Viertelstunde später öffnete sich am Slytherinturm quietschend ein Fenster. Eine schmale Gestalt mit blonden Haaren und schwarzem flatternden Umhang stieß sich vom Fenstersims ab, fiel knapp zwei Meter, beschrieb dann mit ihrem Besen einen sanften Bogen nach oben. Sie hatte Probleme, das Gleichgewicht zu halten, was wohl an dem Rucksack auf ihrem Rücken lag. Sie fing sich jedoch schnell, flog noch ein, zwei Mal um den Turm herum und dann in einem schaurigen Tempo weg vom Schloß, über den See und in die tiefe Dunkelheit der wolkigen und windigen Herbstnacht hinein.
