Huah. Das Wetter ist ziemlich mies. Aber wisst ihr was? Ich hab die Schose hier bald fertig! Das ist schon kappi 14, und das heißt, es kommen (vorraussichtlich) nur noch 6. ^-^ hurra!

Oh, hatte ich schon erwähnt, dass Harry Potter nicht mir ist und sämtliche Rechte bei JKR und WB und ganz vielen Merchandisefirmen liegen? Ja? Na, dann ist ja gut.

********************************************************************************************

14: shot myself with a plastic gun

Es war hier dunkler, als in London. Die Schwärze auf der anderen Seite des Glases war tintig und undurchdringlich.

Sein Atem hinterließ einen milchig blinden Fleck auf der Scheibe.

Draco versuchte, sich zu konzentrieren.

Er wußte längst, dass sie ihnen gefolgt waren. Schon als er aus dem Zug gestiegen war, hatte er ihre Anwesenheit gespürt. Er kannte sie nur zu gut.

Man legte sich besser nicht mit Todessern an.

Allerdings war in der Finsternis kein Zeichen der Bedrohung auszumachen, so sehr er auch seine Sinne durch die Nacht schweifen ließ. Sie waren einfach nur da. Er wußte nicht, wieviele, oder welche von ihnen. Er wußte nicht, wo. Er wußte nicht, was sie vorhatten. Sie schienen nur den richtigen Zeitpunkt abzuwarten, verborgen in der Dunkelheit nutzten sie die Nacht als Verbündeten. Warteten. Lauerten. Die wenigen Blätter in den Bäumen fingen die Schwingungen auf und zitterten voller Verheißung.

Dieses kleine Mädchen hatte ihn gefragt, ob sie bald sterben müßten.

"Vielleicht.", war seine Antwort gewesen; aber er wußte, dass das nicht stimmte. Sie würden sogar ziemlich wahrscheinlich sterben. Harry, weil er Harry war, und Draco, weil er ein Verräter war. So einfach war Todesserlogik.

Er lächelte grimmig in die Schwärze hinein.

Das war ihm klar gewesen, seit er seinen Vater geschlagen hatte. In jenem seltsamen Moment in Snapes Büro, hatte ein schwarzer Ball aus alter, verfallsdatierter heißer Wut sein bisheriges Universum entzwei gerissen und plötzlich hatte es zwei Wege gegeben.

Das Problem war die Entscheidung.

So funktionierte die Welt eben. Man traf ständig irgendwelche Entscheidungen, manchmal schienen sie klein und unbedeutend, wie wenn man statt auf der linken, auf der rechten Straßenseite ging, und manchmal waren sie größer und ein wenig aufregender, wie wenn man seinem cholerischen Rassistenvater eine verpuhlte und seinen Lehren abschwor.

In beiden Fällen mußte man die Konsequenzen tragen, sei es, dass man auf der rechten Straße ein gültiges Lotterielos mit sechs Richtigen fand, oder sei es, dass man plötzlich einen Haufen kaltblütiger Killer am Hals hatte.

Er hatte sich für seinen Weg entschieden. Und obwohl Draco wußte, dass er gefährlich war, fühlte er sich immernoch richtig an. Verdammt, noch nie in seinem Leben hatte sich etwas so richtig und so gut angefühlt, wie das hier. Selbst etwas zu machen.

Und wenn die Konsequenzen verlangten, dass er ins Gras biß, dann würde er das eben tun.

Allerdings nicht kampflos.

"Was machst du denn hier im Finstern?"

Das Licht ging wieder an und Draco wandte sich zu Harry um. Der stand in der Badezimmertür in schwarzen Klamotten, ein schreiend buntes Handtuch um den Kopf gewickelt und der Raum füllte sich mit dem Duft nach Shampoo, Duschlotion und Wasserdampf.

"Nachdenken." sagte Draco nur, als wäre das Erklärung genug.

Er ließ sich aufs Bett fallen und machte den Fernseher an.

Eigentlich seltsam, dass sie hier ein Zimmer gefunden hatten. Es war wohl so ne Art Bed&Breakfast, das einzige im Dorf. Hier schien selten jemand herzukommen, aber die zweihundertjährige Besitzerin der Pension stellte keine unangenehmen Fragen. Sie moserte nur etwas von "außerhalb der Saison", gab ihnen dann aber anstandslos ein Zimmer mit Bad, Glotze und Hausbar.

Nicht, dass einer von ihnen sich schon wieder betrinken wollte.

"Fernsehen hast du echt gefressen, was?" fragte Harry und ließ sich neben Draco auf der beige gemusterten Tagesdecke nieder.

"Ich finde es faszinierend." antwortete Draco wissenschaftlich. "Ich meine, guck dir das an."

Auf dem Bildschirm tanzten gerade irgendwelche vierzehnjährigen Mädchen in bunten und recht knappen Klamotten eine kantig aussehende Choreographie und sangen irgendwas von "Love" und "Boy" und "Forever" und sahen aus, als hätten sie überhaupt keine Probleme.

"Und? Auf sowas fahren bestimmt 90% der Muggel ab. Zumindest die jungen unter ihnen." Harry frottierte sich achselzuckend die Haare.

"Du auch?"

"Hab ja kaum Gelegenheit dazu." meinte Harry. "In Hogwarts kommt man ja leider nicht an anständige Musik. Nicht, dass das da welche wäre, um Himmels Willen."

"Hm, versteh nicht ganz, was du mit anständig meinst, aber was ich daran faszinierend finde, ist eben, dass sie Leute sich sowas ansehen und es tatsächlich nicht völlig sinnfrei finden."

"Ich glaub, es geht genau darum, dass es sinnfrei ist." Harry seufzte. "Es lenkt sie ab."

"Wovon?" fragte Draco.

"Vermutlich von ihrem armseligen Dasein. Das Elend in der Welt, du weißt schon. Der Kram, der Teenager depressiv macht." Er schüttelte seine Haare, bis sie wieder, leidlich trocken, in sämtliche Richtungen abstanden.

"Fernsehen lenkt die Leute also ab." murmelte Draco. "Unterhaltung. Man entspannt sich und denkt nicht nach."

"Genau. Shows, Musikkanäle, Sport, Reality-Soaps..." zählte Harry auf.

"Fast wie bei uns. Bloß, dass die Leute sich da mit was anderem ablenken."

"Eben."

"Quiddich."

"Dieses komische Hexenklatschblatt."

"Wer mit wem, wer sieht scheiße aus, wer hat das und das geschafft."

Draco schaltete um.

Auf einem Nachrichtenkanal war irgendwo ein Tanklaster auf einer Brücke explodiert, erzählte ein Politiker irgendwas von Steuern, stand irgendwo ein Land unter Wasser. Auf einem Scheunendach zitterte eine abgemagerte Kuh und muhte ängstlich in die Kamera. Es wurde geredet von den stärksten Regenfällen seit Jahrzehnten in Bangladesh und so und so vielen Toten.

"Ich hab schonmal gesagt, kein Wunder, dass Muggel komisch sind." Draco schaltete den Fernseher aus. "Auf der einen Seite poppig bunt, Friede, Freude, Eierkuchen, und auf der anderen Seite Kühe auf Scheunendächern, Terroristen und Katastrophen."

"Wenn man das Fernsehen versteht, versteht man den Durchschnittsmuggel. Gratuliere, du hast deine Mission erfüllt."

"Meinst du?"

"Natürlich nicht." Harry schüttelte den Kopf. "Da steckt noch ne ganze Menge mehr hinter. Manche Leute nennen es nebulös das 'System', nach dem alles funktioniert. Staat und Volk und so weiter. Fernsehen hält alle halbwegs bei Verstand, aber alles ist es dann doch nicht."

"System..." Draco schwenkte das Wort im Mund hin und her wie einen guten Wein.

"Gibt es überall. Es ist sozusagen allgegenwärtig. Erinnerst du dich an den Film von neulich?"

Draco nickte.

"So ähnlich."

Es war erstaunlich. Solche Gespräche zu führen war eine ganze neue Erfahrung. Nicht wie bei seinem Vater oder den ganzen Kriechern in der Schule, die nur Altes wiederkäuten und akzeptierten. Draco hatte das Gefühl, dass etwas Neues und Brauchbares dabei herauskam.

"Eigentlich kann man immer davon ausgehen," fuhr Harry fort, "dass immer ein paar große Persönlichkeiten da sind, die das Geschehen lenken. Es gibt verschiedene von ihnen, mit verschiedenen Meinungen und Ansichten, und diese Seiten..." Harry ruderte mit den Händen, als suche er nach Worten... "Naja, du siehst es ja auch in der Zaubererwelt. Sie können coexistieren oder sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Aber es sind immer nur Wenige, die das Geschehen lenken. Die restlichen Leute wollen damit gar nichts zu tun haben. Die leben in ihrer eigenen kleinen Welt, denen ist es egal, was um sie herum passiert, Hauptsache, sie werden nicht gestört. Und damit sie nicht gestört werden, gibt es Unterhaltung bzw. Ablenkung. Klar soweit? Quiddich und Fernsehen sind gar nicht mal so unähnlich."

"Meinst du?"

"Natürlich gibt es Unterschiede." räumte Harry ein. "Quiddich ist eher verwirrend als berieselnd. Wenn man es nicht kennt." fügte er schnell hinzu. "Aber im Wesentlichen sorgt es doch dafür, dass die Leute nicht von hier bis zur Tür denken. Weil man eben abgelenkt ist."

Die Worte klangen noch eine Weile in Draco nach.

Er lag ziemlich lang wach und ließ die Gedanken in seinem Kopf noch eine Weile weiter kreisen, während Harry schon längst in seinem Bett lag und wie ein Murmeltier schlief.

Der Junge machte sich echt Gedanken. So jemand war Draco noch nie begegnet. Er wußte keinen, der sich jemals mit diesen Dingen auseinandergesetzt hätte. Nicht mal die Lehrer taten es. Es wurde nirgends diskutiert. Es war immer nur Herunterbeten. Auswendiglernen. Jasagen. Kopfnicken. Und bloß nicht anecken. Da war Gut, da war Schlecht. Schwarz und Weiß. Eine hübsche kleine Welt. Und wenn man sich weit genug vom Tellerand entfernt hielt, passierte einem nichts Schlimmes.

Harry hatte keine Wahl. Er *war* der Tellerrand. Er hatte jahreland der Bedrohung ins Auge sehen müssen und der Tod war schon sehr oft in seinem Leben auf Überraschungsbesuch gewesen. Da war es wohl kein Wunder, wenn man irgendwann anfing, sich nach dem Grund zu fragen, warum es so war.

"Warum sie nichts dagegen tun?" der Junge hatte spöttisch und resigniert zugleich geklungen. "Weil es zu anstrengend ist. Sie könnten es. Es sind genug Zauberer da, Voldemort unschädlich zu machen, genug Muggel, um den Planeten wieder in Ordnung zu bringen. Sie tun es nicht, weil es über ihre schöne heile Welt hinausgeht."

"Vielleicht sind sie auch einfach nur faul." warf Draco ein.

"Oder das." sagte Harry trocken.

"Weißt du... vielleicht brauchen die Zauberer ja Voldemort... sozusagen als Gegenpart." meinte er dann nach einer Weile der Stille.

"Wie meinst'n das?"

"Naja, denk doch mal nach, Zauberer können nun mal Dinge tun, die Muggel nicht können." spann Harry den Gedanken weiter. "Theoretisch könnten sie den versifften und vergifteten Planeten tatsächlich retten, wenn sich alle zusammen schließen würden. Wenn die Muggel es nicht können, sie, wir hätten die Macht dazu. Immerhin sind wir Zauberer. Abrakadabra. Du weißt schon."

"Und was hat das mit Voldemort zu tun?"

"Naja, ich glaub nicht, dass die Zaubererwelt irgendwas tun würde, wenn es Voldemort nicht gebe würde." Harry zuckte die Schultern. "Und so dient er doch als prima Ausrede, den Status Quo aufrecht zu erhalten."

"Netter Gedanke.", meinte Draco.

"Ist ja auch nur ein System."

Und dann waren sie schlafen gegangen.

Es hatte sich gut angefühlt, mit Harry zu reden. Draco hätte nie gedacht, dass er das mal denken würde, aber besonders eben hatte er wohl mehr über Muggel verstanden, als in der ganzen Zeit davor, und dass nur, weil er und Harry... wie sollte man es ausdrücken? Es war wie Tischtennis gewesen. Sie hatten sich Bälle zugespielt, Bälle aus Worten; aber sie hatten nicht gegeneinander geredet, nicht jeder für sich versucht, Recht zu behalten, sondern sich gegenseitig gesteigert. Und am Ende... hatte Draco das Gefühl, eine Menge kapiert zu haben. Über Muggel, über Zauberer, über Systeme im Allgemeinen und im Besonderen über Menschen...

Er rollte sich auf die Seite und sah hinüber zu dem anderen Bett neben seinem.

Gleichmäßiges Atmen war zu hören.

Tut ihm vielleicht mal ganz gut, wenn er zur Abwechslung 'ne Nacht durchschläft, dachte Draco. Und dann lächelte er.

Es war schön, nicht allein zu sein.

Es war schön, mit ihm hier zu sein.

Und es war schön, bei diesem Gedanken nicht mehr gleich die Krätze zu kriegen.

Seine Gedanken schlitterten davon, zurück in den Knight Bus.

Es war seltsam, wenn er sich daran erinnerte, wie er Harry sanft zu sich gezogen hatte. In diesem Moment hatte irgendwie sein Verstand ausgesetzt, er hatte einfach getan, was der Rest seines Körpers im befohlen hatte. Seitdem hatte er nicht mehr groß an diesem Moment gedacht. Da waren noch so viele andere Sachen passiert, die einen Jungen ganz schön verwirren konnten...

Es war wie mit diesem Muggelding, das sie Gravitation nannten. Draco hatte im Fernsehen eine Art Experiment gesehen von zwei Kugeln auf einer trichterförmigen Fläche. Die Kugeln kreisten umeinander, kamen sich näher, entfernten sich wieder, die Ellypsen wurden aber mit der Zeit immer enger, der Abstand geringer, langsam, allmählich, stetig.

Sie kamen sich näher, entfernten sich wieder, aber die Nähe wuchs.

Bis sie sich schließlich trafen...

Bist du wirklich sicher, dass du nicht schwul bist, Draco, fragte er sich selbst.

Ihm war plötzlich heiß und er schlug seine Decke zurück, setzte sich auf und starrte mit einer Mischung aus Unbehagen und plötzlicher Einsamkeit auf die ruhig atmende Deckenkugel im Bett neben ihm.

Bist du sicher, dass du dich nicht...?

Das reichte. Er brauchte dringend frische Luft.

Entschlossen stand er auf. Und setzte sich wieder hin. Der Raum schwankte leicht und sein Kopf drückte von innen gegen die Schädeldecke. Kurz wurde vor seinen Augen alles grün und er hielt sich am Laken fest.

"Okay..." murmelte er, als der Schwindel wieder verschwunden war. "Noch ein Mal mit Gefühl..."

Diesmal erhob er sich ganz langsam, zog sich lautlos an, kramte seinen Besen unter dem Bett hervor und schlich zum Fenster.

Er mußte raus, schnell, bevor er irgendetwas Dummes tat.

Seit seinem letzten Flug waren zwar erst ein paar Tage vergangen, aber er hatte es dennoch vermisst. Er hatte eine völlig neue Welt gesehen und bestimmt einen fünffachen Kulturschock hinter sich. Kein Wunder, dass es ihm wie Wochen vorkam, seit er das letzte Mal das eisige Kitzeln des Windes in seinem Gesicht und den süßen Schock der Schwerelosigkeit gespürt hatte.

Das Dorf schrumpfte rasend zu einer kleinen Würfelansammlung in der Tristesse der Küste zusammen. Wie ein schwarzer Spiegel glänzte unter ihm der Schlick in der Nacht. Es war wohl gerade Ebbe...

Draco riss den Besen nach oben und raste steil in den bewölkten Nachthimmel hinein, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.

Der Wind pfiff ihm um die Ohren, rauschte, zerrte an seinem Mantel und seinem Haar, fuhr ihm kalt in den Kragen. Er spürte es nicht.

Er wollte nur fliegen, wollte Geschwindigkeit. Er wollte nicht denken.

Plötzlich riss die Wolkendecke über ihm auf, schwarzsilbern wurde der Sternenhimmel dahinter sichtbar, und er hielt auf die Lücke zu. Ihn überkam das Verlangen, ein Meer aus weißblauen Nachtwolken unter sich und die Dunkelheit des Alls über sich zu sehen. Nur weg von dieser bekloppten Welt mit seinen bekloppten Wendungen und Gefühlen.

Und dann sah er ~Sie~.

Wie eine schwarze, flatternde Wolke hing sie vor dem schwarzen Sternenhimmel. Er kannte sie, er wußte, wer sie war, wessen Anwesenheit er die ganze Zeit gespürt hatte.

Sie war schön, furchteinflößend schön. Vermutlich die schönste Killerin, die sich Voldemort jemals angeschlossen hatte. Wie ein übergroßer Rabe schwebte sie auf ihrem Besen auf ihn zu, verheißungsvoll, tödich blickte sie ihn aus eiskalten Augen an, die schon seit langem keine Gnade mehr kannten.

Es verging eine halbe Ewigkeit, in der sie sich gegenüber in der Luft hingen. Starrend. Draco in unbewegten Entsetzen, und sie in bedrohlicher Sicherheit. Er konnte sich nicht rühren. Irgendwie hatte der Anblick der Todesserin ihn gelähmt, sei es vor Überraschung, sei es vor der Gewissheit, dass sie hier war, um ihn entweder sofort zu töten, oder ihn zu seinem Vater zu bringen, damit er das erledigte.

Sein Hirn versandte verzweifelt die Botschaft an seine Hände, nach seinem Zauberstab zu greifen, doch es ging nicht. Ihr eiskalter Blick und ihr unbewegtes Lächeln hielten ihn gefangen.

Und dann blinzelte sie.

Es war nur ein Moment, aber er reichte. Die Lähmung fiel von ihm ab. Aber bevor er irgendetwas tun konnte, schwankte etwas in ihm, drehte sich alles, kippte der Horizont, rauschte die Luft an ihm vorbei nach oben. Das Loch in den Wolken raste davon, wurde kleiner und kleiner. Es schloß sich. ~Sie~ verschwand wieder dahinter, als wäre sie nie dagewesen, doch das nahm Draco alles nicht mehr wahr.

Er fiel, wie ein Stein.



Irgendwann glitt der Nebel um ihn herum wieder auseinander und wurde zu zunehmendem Druck auf seinen Kopf. Die angenehme Schwere und die Stille, die ihn umgeben hatten, ebbten nach und nach ab.

Schmerz machte sich in seinem Rücken bemerkbar und teilte ihm mit, dass er noch am Leben war.

Draco blinzelte, verärgert über das Licht, das in seinen Augen wehtat. In seinem Hals hatte sich anscheinend ein kantiger Stock quergelegt, so weh tat es beim Luft holen.

Was war passiert?

Der Sturz, ach ja... und dann? Wo war er überhaupt? Er konnte immernoch nichts erkennen.

Mühsam versuchte er, seine Beine und Arme zu reanimieren, tastete um sich herum. Fühlte nasses Laub, Äste...

Irgendwie mußte er es geschafft haben, seinen Fall noch zu bremsen. So war er zwar mitten in ein Gebüsch gerauscht, dabei aber wenigstens nicht draufgegangen.

Er hörte sich selbst ein rasselndes Stöhnen von sich geben. Wie lang hatte er hier rumgelegen? Ihm wurde plötzlich bewußt, wie kalt es war, so kalt, dass ihm die Zähne aufeinander schlugen.

"Hallo?" piepste jemand in sein Bewußtsein. Draco sah sich um, so gut er das in seiner Position vermochte, hing er doch mehr oder weniger wie eine Fliege im Spinnennetz in diesem Busch.

"Ja?" machte er versuchsweise. Es klang, als würde ein fünfzig Jahre alter Raucher halbherzig husten.

"Du bist doch Draco, oder? Was machst du in Omas Gebüsch?"

Die Welt war wirklich klein. Es war tatsächlich das kleine Mädchen von neulich, wie hieß sie, Elisa, die durch die Äste hindurch zu ihm hinüber spähte.

"Was machst du hier mitten in der Nacht?" fragte Draco lahm. Ihm fiel nichts besseres ein. Ihm tat jeder Knochen einzeln weh und wieder fing alles an, sich zu drehen.

"Es ist Sechs Uhr morgens." berichtigte ihn Elisa würdevoll. "Und wir sind hier im Garten meiner Oma."

Sie hatte heute ihr Haare offen, trug eine Jeansjacke, einen Rock, Strumpfhose und wieder diese entengelben Gummistiefel, soweit Draco das sehen konnte.

Mit einiger Anstrengung und einer Menge Geächze befreite er sich aus dem Busch und purzelte vor dem kleinen Mädchen sehr unelegant auf einen nassen, eiskalten und grauen Rasen. Da blieb er auch erstmal sitzen, blinzelte in der Morgendämmerung und hielt sich den Kopf.

Hölle, er konnte sich nicht erinnern, sich jemals mieser gefühlt zu haben.

"Hast du dir wehgetan?" fragte Elisa besorgt.

"Fürchterlich." war die gequälte Antwort. "Da muß irgendwo ein Besen sein... sag, siehst du ihn irgendwo?"

Die Kleine rannte vor dem Busch hin und her und guckte. "Doch," rief sie aus, "Da!" Sie hangelte nach etwas, erwischte es, zog und hatte schließlich die eine Hälfte von Dracos Besen in der Hand.

"Verdammt..." murmelte Draco. "Der war nicht billig..." Taumelnd kam er auf die Füße.

"Das tut mir leid." sagte Elisa und betrachtete bekümmert das dunkle Stück Holz in ihren kleinen, weißen Händen. "Meinst du, wir können ihn reparieren, wenn wir den Rest finden?"

"Ich fürchte, nein." Draco lächelte schwach. "Ich meine, ja, aber fliegen würde er nie mehr..."

"Du bist blöd." Elisa sah ihn tadelnd an. "Man kann doch auf Besen nicht fliegen. Das weiß doch jeder."

"Sicher..." Es war wieder soweit, der Schwindel kehrte zurück, befiehl seinen Kopf wie ein alter, ungeliebter Bekannter. Erneut schwankte die Welt. Dracos Knie gaben nach.

"Geht es dir nicht gut?" klang Elisas besorgte Stimme in seinem Ohr. Er hielt sich die Stirn, fühlte sich nach vorne fallen und stützte sich gerade noch mit der anderen Hand auf dem nassen Boden ab.

"Nein..." krächzte er. "Um ehrlich zu sein, nicht besonders."

"Ich werd Oma holen..." die Sorge der Kleinen war in echte Angst umgeschlagen. "Du bist schlimm krank."

Und damit rannte sie mit schnellen Schritten davon, bevor Draco irgendwie protestieren konnte. Aber das hätte er auch so nicht mehr geschafft, denn die Ohnmacht war wieder über ihm zusammengeschwappt, wie ein schwarzer Tümpel.

Elisas Oma war anscheinend eine resolute und ziemlich rüstige Frau, ansonsten hätte sie es wohl nicht geschafft, ihn ins Haus zu tragen, ohne dass er was davon mitbekam. Als er nämlich das nächste Mal aufwachte, fand er sich unter dicken, mit frischgewaschenen Laken bezogenen Federbettdecken wieder. Vage nahm er wahr, dass er einen Pyjama anhatte und dass er in einem schweren, ebenholzfarbenen Bett lag.

Elisa blickte mit großen Kulleraugen auf ihn herab.

"Du hast hohes Fieber." sagte sie besorgt. "Oma ist einen Arzt holen gegangen."

Er konnte nicht antworten. Sein Hals brannte wie Feuer, das Dröhnen in seinem Kopf übertönte fast alles andere. Die Arme und Beine waren bleischwer, er fühlte sich wie ein mit Sand gefüllter Jutesack, unfähig zu irgendeiner Bewegung. Er versuchte es mit einem zögerlichen Lächeln, was vermutlich furchtbar daneben ging, bevor alles grün wurde und seine Erinnerung abriß wie ein Filmstreifen.

Etwas kühles lag auf seiner Wange. Es dauerte etwas, bis er die Augen aufbekam. Sie fühlten sich an, wie zugeklebt. Er sah nur einen dunklen Klecks vor beigen Grund, alles reichlich verschwommen.

"Du dämlicher Arsch."

Der Klecks wurde zu Harrys Gesicht. Seine Augen waren knallrot, sein Haar wirkte unordentlicher aber er lächelte erleichtert.

"Was machst du hier?" brachte Draco stimmlos hervor. "Woher..."

"Elisa hat mich hergeholt."

Normalerweise wäre es Draco vor lauter Nachdenken, Hinundherüberlegen und gezieltem Sarkasmus nicht aufgefallen. Aber jetzt hatte er Fieber und fühlte sich elend und ihm war kalt und heiß zugleich, und so fühlte er einfach nur ein warmes Gefühl der Erleichterung, dass Harry hier war. Dankbar ergriffen seine klammen Finger die kühle Hand an seiner Wange, schmiegte er sich an die glatte, beruhigende Haut.

Dann fiel ihm etwas ein und er versuchte, zu sprechen, doch es ging nicht. Sein Mund war so trocken wie altes Papier und das, was von seiner Stimme noch vorhanden war, reichte nicht, um Harry zu warnen.

"Schlaf jetzt.", hörte er ihn sagen.

Er fühlte die Kühle der Hand noch, als er in sein Fieber zurücksank.