3. James

Als Lily die Tür zugeknallt hatte, nahm James einen neuen Schokofrosch, und fuhr mit seinem sinnlosen Spiel fort.

„Hör mal, Krone.", meinte Remus, und James nickte, als Zeichen dass er zuhörte. „Meinst du nicht, du solltest Lily hinterher? Immerhin ist es doch wirklich seltsam, dass wir angehalten haben..." James ließ den Schokofrosch auf den Boden knallen und blickte ihn nun ziemlich ratlos an.

„Meinst du wirklich? Ich finde, Evans übertreibt mal wieder gewaltig." James ließ den Frosch erneut hochschweben. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Remus mit den Schultern zuckte, und sich erneut seinem Buch zuwandte. James grübelte. Irgendwo hatte Remus natürlich Recht, besser hundertmal auf Nummer Sicher gegangen, als einmal zuwenig. Aber jetzt Lily hinterher, gerade als er sie so hatte auflaufen lassen? In dem Moment hielt der Zug erneut an, und James wäre fast seitlich heruntergefallen. Die anderen beiden schauten überrascht umher.

„Wir halten schon wieder, James.", sagte Remus in einem merkwürdigen Tonfall.

„Hhm, ich glaube du hast Recht, ich sollte wirklich mal nachschauen gehen." James erhob sich endlich und stieß im Gang fast mit Sirius zusammen, der in Gedanken versunken auf dem Weg zurück ins Abteil war. „Hast du Evans gesehen?"

Sirius brummte etwas unverständliches, was wohl „Ja." heißen sollte, und James zwängte sich an ihm vorbei. Er ging etwas schneller, und versuchte sich schnell ein paar Sätze zurecht zu legen, um Lily zu erklären, warum er denn nun doch gekommen war. Er erreiche sie kurz vor der Tür zur Lok.

„Hey, Evans!", rief er. Lily drehte sich nicht um, anscheinend immer noch beleidigt. „Evans! Hallo!" James rief noch ein wenig lauter. Nun musste sie ihn gehört haben, aber sie ignorierte ihn immer noch.

„Warte doch mal-", versuchte James es noch einmal. Er hatte sie fast erreicht, „- Lily." Lily blieb stehen, und drehte sich um, und sah ihn überrascht an. „Du kennst meinen Vornamen? Du bist heute schon der zweite, der mich überrascht..."

James fragte nicht, wer der andere war, sondern sagte: „Ich dachte, ich sollte vielleicht doch mitkommen..."

„Oh, du hast was? Ist ja unglaublich" –Lily drehte sich wieder um, und James lief ihr nach- „Aber eigentlich glaube ich nicht, dass es notwendig gewesen wäre- aber wenn du unbedingt willst, lass dich nicht aufhalten."

James versuchte ruhig zu bleiben. Musste sie jetzt noch darauf herumreiten? Okay, er hätte direkt mitgehen sollen, aber jetzt so ein Theater zu machen... Er hätte sich bestimmt nicht so dämlich angestellt!

James überholte Lily, stieß sie eine Spur zu grob zur Seite, ignorierte ihren empörten Kommentar, und riss die Tür zur Lokomotive auf. Es war ein überraschend kleiner, dunkler Raum, in dem kaum die beiden Personen Platz hatten, die sich darin aufhielten. Ein schon ziemlich alter Zauberer saß neben einem kleinen Geschöpf in einer zerrissenen Uniform, und dieses stand am Steuerknüppel, und schien die Geschwindigkeit zu regulieren. Der alte Mann drehte nicht einmal den Kopf zu ihnen, und sagte nur unfreundlich:

„Zutritt verboten."

„Entschuldigen sie vielmals, Sir", sagte Lily sanft, und James drehte sich beim ungewöhnlichen Klang ihrer Stimme überrascht zu Lily um. „Mein Name ist Lily Evans, und das hier ist James Potter.", James hatte sie ebenfalls vorher noch nie seinen Vornamen aussprechen hören.

„Na und?" schnarrte der Mann, und gab der kleinen Gestalt, welche James nun als Hauself identifizierte, einen Klaps auf den Kopf. „Langsamer!"

Lily ließ sich nicht einschüchtern, und sagte: „Wir sind die Schulsprecher von Hogwarts und..." ,sie stieß James ihren Ellbogen in die Rippen, was wohl eine Auforderung sein sollte, auch mal was zu sagen.

„Ähem, wir wollten uns nur erkundigen, warum sie vorhin angehalten haben, wissen sie- wir haben uns ein wenig Sorgen gemacht." Lily räusperte sich bei dem Wort ‚wir'. James verdrehte die Augen. Sie ging ihm unheimlich auf die Nerven. Der alte Mann sah die beiden nun zum ersten Mal richtig an, und sein Blick für auf Lily. Seine Augen verraten, dass er Gefallen an dem jungen Mädchen dort vor ihm, fand. Auf einmal war er sehr zuvorkommend, und erklärte den beiden bereitwillig den Grund.

„Wissen sie- das Zaubereiministerium hat angeordnet, dass einige Auroren die Gleise sichern soll... nach all den Dingen sie in letzter Zeit so passiert sind, sie verstehen."

James zog die Augenbrauen hoch. Er wusste, dass diese Regelung schon ein paar Jahre bestand, aber bisher hatten sie niemals irgendwelche Auswirkungen auf die Fahrt gehabt! Das macht doch alles keinen Sinn! Er beschloss sofort, mit seinen Freunden darüber zu reden. Es musste einen anderen Grund geben, warum sie immer anhielten! Aber anscheinend ließ sich die überaus kluge Lily Evans von dem schleimigen Geschwafel eines Alten einwickeln, denn sie nickte ständig verständnisvoll.

„Okay, dann wäre ja jetzt alles geklärt.", sagte James, und zog Lily am Arm nach draußen. „Da hast du dich ja schön einwickeln lassen", sagte James zu Lily, und schaute sie von oben herab an. Er versuchte nicht mal den Tonfall zu ändern.

„Nur weil ich nicht so blöd war, offen zu zeigen dass ich alles für erstunken und erlogen halte – wie du – heißt das noch lange nicht, dass ich das alles auch wirklich geglaubt hab!", fauchte Lily, und schritt erhobenen Hauptes davon. James zuckte mit den Schultern, und schlurfte langsam wieder in sein Abteil zurück.

„Hey Tatze.", sagte James als er wieder angekommen war. Sirius war ganz auf ein Stück Pergament konzentriert, und blickte nicht auf.

„Hhm?", knurrte er, und erinnerte James an einen ihm wohlbekannten großen, schwarzen Hund.

„Ich weiß wie die Blonde vom Gleis heißt."

„Hhm?".

„Ja, Melanie Green, und ist aus Ravenclaw in der Fünften."

„Hhm."

„Ich habe sie heute im Vertrauensschülerabteil getroffen,"

„Hm?"

„Ja, und dann haben wir uns ausgezogen, sind auf den Sitzen herumgesprungen und uns mit Bertje Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen beworfen!", sagte James sarkastisch.

„Was?" Sirius schien wieder bewusst geworden zu sein, dass er über Sprache verfügte. „Entschuldige, ich habe nicht zugehört- was hast du gerade gesagt?"

James grinste, und erklärte es ihm erneut. „Aber sie ist ne hohle Nuss, nickte immer nur, und hatte keine eigene Meinung." James blickte kurz zu Peter, doch der hatte anscheinend den Seitenhieb nicht verstanden, sondern nickte nur zustimmend.

„Na ja, ist ja eigentlich auch egal, so hübsch ist sie nun auch wieder nicht.", meinte Sirius beiläufig, und James nickte.

Remus, der wie Peter die ganze Zeit das Gespräch verfolgt hatte, meinte nur verächtlich: „Manchmal seid ihr ganz schön oberflächlich, ihr beiden, hat euch das schon mal jemand gesagt?"

„Ja, du, jeden Tag mindestens einmal...", grinste James, und klopfte Remus auf die Schulter. „Du sorgst schon dafür, dass wir nicht allzu große Idioten werden, Moony."

Der grinste ebenfalls, und wandte sich wieder seinem Buch zu. James setzte sich neben Sirius, und blickte ihn interessiert an.

„Was machst du nur die ganze Zeit?"

„Ich lese..."

„Ach wirklich? Darauf wäre ich jetzt aber nicht gekommen!"

„Dieses Stück Pergament habe ich gerade unserem guten Freund Severus abgenommen, und irgendwie werde ich nicht ganz schlau daraus..."

„Zeig doch mal her." Sirius gab es ihm. Es war ziemlich klein und schien kurz in einem Feuer gelegen zu haben. Die Ränder waren schwarz, und es hatte einige braune Brandflecken. Mit roter Tinte stand dort geschrieben:

mux kappulled ... vilxid mea gomfixenturi

„Bist du dir sicher, dass das überhaut zu verstehen geht? Ich meine, wenn's dem alten Snape gehört hat, dann ist es ja auch möglich, dass es gar keinen Sinn ergibt. Vielleicht wollte er sich nur wichtig machen."

„Das ist wahrscheinlich." In dem Moment knisterte es und es gab eine schwarze, hohe Stichflamme. James zog erschrocken seine Hand zurück. Das Pergament war innerhalb von einigen Sekunden vollständig verbrannt.

James zischte: „Abditumfluch."

„Meinst du, Krone?", fragte Peter und guckte ängstlich umher.

„Das meinen wir nicht nur, das ist auch so." Sirius hechtete auf die andere Abteilseite und zog schnell eine Rolle Pergament aus Remus Schultasche, die neben im stand. James riss Remus seine Feder aus der Hand, mit der er sich gerade Notizen zu einem Zauber machen wollte.

„Schnell, was stand da?", fragte James hastig und tauchte die Feder in das Tintenfass, welches Remus ihm hinhielt.

„Warte, lass mich schnell überlegen..."

„Tatze, schnell, du weißt wir haben keine Zeit!"

„Irgendwas mit mux und mit vilxid..." Es dauerte nur etwa eine halbe Minute, da hatten sie die unverständlichen Worte zusammen. James hatte alles auf den Pergamentfetzen gekritzelt, und schrieb jetzt noch ‚Das stand auf dem Pergament, welches...' Dann brach er auf einmal ab. Sirius schaute ihn verwundert an.

„Was schreibst du da?"

„Ich weiß nicht... hm.", James schaute sich den Fetzen an. „Was hat das zu bedeuten?"

„James, was machst du mit meiner Feder?" James setzte sich auf den Abteilboden, las sich alles noch mal durch und dachte angestrengt nach. Da fiel ihm alles siedend heiß wieder ein. Wir haben gerade ein Pergament gehabt, und da standen die komischen Worte drauf, erinnert ihr euch wieder?" Sirius verzog das Gesicht. Dann entspannte es sich wieder, und er rief:

„Klar, der Abditumfluch, ich weiß es wieder!"

Remus nickte nun auch. Peter sah ziemlich dümmlich aus der Wäsche. „Was?"

„Mensch, Wurmschwanz, du kennst doch den Abditumfluch? Den Fluch des Verbergens? Bei dem alle die etwas von dem verfluchten Gegenstand wissen, es wieder vergessen, wenn man den zweiten Teil des Fluches ausspricht?" sagte James in rügendem Ton.

„Natürlich kenne ich den Fluch.", sagte Peter nicht sehr überzeugend, und blickte aus dem Fenster. Mittlerweile war es dunkel draußen geworden.

„Wenn ich nur nach dazu gekommen wäre, aufzuschreiben, vom wem wir das Pergament hatten...", sagte James missmutig, und wendete das Pergament, als ob er noch nach einem Namen suchte.

„Ja, das ist schade. Aber nicht zu ändern. Ich glaube sowieso nicht, das diese Wörter irgendetwas bedeuten..." Sirius setzte sich wieder hin.

„Aber warum hat der Besitzer dann diesen komplexen Fluch angewandt, wenn es nichts war?"

In dem Moment hielt der Zug, und sie konnten vor dem Fenster den Bahnhof von Hogsmeade sehen.

„Wir sind da.", sagte Remus, und packte seine Sachen zusammen.