Würdevoll erhob die Sonne ihr rotes Gesicht über dem Schloss von Hogwarts. Es war der 31. August 2007 der mit diesen warmen spätsommerlichen Strahlen seinen Einklang präsentierte. Noch ruhte die Festung, noch wartete der Wald. Bald aber würden die Menschen in dieser Festung erwachen, schon bald würde sich alles lebhaft auf den Maskenball vorbereiten. Dann aber wird die Glasnost blühen, dann wird auch die Front zerbrechen. Auch Ginny und Draco schliefen noch, seltsam ruhig für einen Tag wie diesen. Es war der Tag, an dem sich alles gegen sie wenden konnte. An dem sich alles entscheiden würde – ein ganzes Leben zweier Menschen.
Mögen die Stürme ihnen ins Gesicht wehen, mögen sie standhaft bleiben. Sollten die Wellen über ihnen zusammenbrechen, so sollen sie ihnen in Liebe entgegentreten. Lasst uns hoffen, lasst uns sie ermutigen für einander zu stehen – gegen alle Fronten. Hoffen wir auf ihr Glück und ihr Geschick. Denn der Kampf sollte beginnen. Die Welten warteten auf das Signal loszuschlagen. Die Stürme standen in den Startlöchern, die Wellen hatten genügend Wasser. Die Armeen von Gut und Böse waren gerichtete gegen ihre Liebe – gegen ihren Frieden. Wünschen wir der Liebe, wünschen wir den beiden den Sieg!
Als Ginny aufwachte wunderte sie sich darüber, dass sie so ruhig geschlafen hatte. Sie hatte geträumt in dieser Nacht, einen wunderschönen Traum. Sie sei mit Draco zusammen an einem See gewesen. Sie hatten nebeneinander gesessen und hatten sich gegenseitig im Arm gehalten. Es war schön gewesen, mit Draco den Sternenhimmel zu beobachten. Es war schön, geborgen von allem, unter hellem Mond mit Draco zu sitzen und zu wissen, das alles gut werden würde. Es war einfach schön gewesen, frei von allen Sorgen mit Draco zusammen zu sein. Und dann war sie in seinen Armen eingeschlafen – und war in der Wirklichkeit aufgewacht. Es sollte ein Traum bleiben ...
Sie rieb sich die Augen und konnte sich selbst nicht davon zurückhalten, den Traum sogleich ihrem Tagebuch zu vermitteln. Eigentlich hatte sie nie morgens ins Tagebuch geschrieben. Sie brauchte sehr lange, um alles zu notieren, denn sie bemühte sich, alles möglichst detailliert und authentisch zu schreiben. Sie wollte das Gefühl jenes Traums für lange Zeit aufbewahren. Nun war die Zeit knapp geworden, sie rannte ins Bad und zog sich halb zähneputzend an, kämmte sich und huschte über die Flure zur großen Halle. Zum Essen blieb nicht mehr viel Zeit.
Der Unterricht verlief wie gewöhnlich, seit diesem Schuljahr. Sie war mittlerweile eine Stütze der Klasse geworden. Es war seltsam. Aber Ginny führte das auf Draco zurück: Sie hatte jetzt ein Ziel und das erleichterte das Lernen. Nach der Mittagspause fand kein Unterricht mehr statt. Ginny bereitete sich nun auf den Abend vor. Der Ball sollte um 20:00 Uhr beginnen und war eine Maskerade gemäß höfisch französischer Tradition. Das bedeutet, dass niemand wissen durfte, wer hinter der jeweiligen Maske steckte. Es waren verständlicher Weise bereits seit Wochen wilde Spekulationen im Umlauf, wer sich nun wen als Tanzpartner ausgesucht hatte. Das unterlag jedoch meistenteils strengster Geheimhaltung. Er um 23:30 Uhr sollten die Masken abgenommen werden.
Ginny machte sich daran, ihr Kostüm zu vervollständigen. Zuvor hatte sie noch einige Details mit Draco abgesprochen – unter anderem wie er sie erkennen konnte. Ihr Kostüm war denkbar einfach, aber es gefiel ihr. Eigentlich war sie komplett weiß gekleidet, allerdings in einem gedecktem Ton. Diese glitzernden Hochzeitkleiderstoff konnte sie nicht leiden. Einfache Schuhe, Kleid, Bluse und natürlich eine hübsche Haube, damit man sie nicht gleich am roten Haar erkennen konnte. Nur die Maske war nicht weiß, sie war schwarz – Draco hatte den genauen Kontrast gewählt. Das Paar in schwarz weiß.
Ginny nähte noch einige Stiche und hängte das fertige Kostüm in ihren Schrank. Die restliche paar Stunden versuchte sie sich zu beschäftigen, konnte sich jedoch verständlicher Weise nicht so recht ablenken.
Um 18:30 Uhr begann sie schon sich umzuziehen. Alles musste stimmen – das war eine Affinität, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Um kurz vor acht war Ginny soweit – sie ging runter in den dunklen Gang, in dem sie sich mit Draco traf. Sie umarmten sich kurz , gaben sich einen flüchtigen Kuss, dann gingen sie zur großen Halle.
Als sie den Saal betraten waren noch kaum Schüler da. Der Saal selbst hatte sich verändert. Das Podest, auf dem normalerweise die Lehrer speisten war weggeräumt worden. Die Tische waren ganz entfernt worden, zum Sitzen musste man die Eingangshalle benutzen. Vorne in der Mitte war ein kleines Rednerpult, an dem der Schulsprecher die Maskerade eröffnen sollte. Eine kleine Kapelle war hinten links aufgebaut. Das gesamte Bild wirkte stark veraltete und erinnerte an den vorrevolutionären Festsaal zu Versailles, lediglich der Sonnenkönig als Vorsitzender fehlte. Einige Paare und Einzelgestalten standen schon im Saal, meist in der hinteren Hälfte. Die Kapelle war noch nicht besetzt, alles wartete.
Es herrschte eine angespannte Stimmung im Raum, es war der erste Maskenball den Hogwarts erlebte. So waren die Schüler etwas unsicher, es war schon seltsam nicht zu wissen, wem man gegenüber steht. Der Maskenball war übrigens auf drängen der Schülervertretung angesetzt worden und hatte Schülersprecher Neville Longbottom zeitweise in scharfe Kontroverse mit dem Lehrerrat und dem Schulrat gebracht, doch er hatte sich durchgesetzt.
Jetzt in diesem Moment musste Ginny an Neville denken. Seit sie beim Yule- Ball mit ihm getanzt hatte, hatte er sich in der SV immer für solche Feste stark gemacht. 'Sie fördern den Zusammenhalt der ganzen Schule,' hatte er immer gesagt – irgendwie hatte er Recht behalten. Damals in der fünften Jahrgangsstufe war er zum ersten Mal SV-Vertreter seines Jahrgangs geworden, ein Jahr später für das Haus Gryffindor. Seit diesem Jahr war er gewählter Schülersprecher und SV-Vorsitzender.
Mit der Magie hatte es Neville nie gehabt, aber was Organisation oder große Reden anging, so hatte er ein Talent. Neville war einer der wenigen Redner, denen Ginny über eine Minute zuhören konnte, ohne dass es ihr langweilig wurde. Trotzdem war Neville immer Außenseiter geblieben.
Mittlerweile hatte sich der Saal gefüllt. Ginny merkte, dass sie nun mitten unter Schülern war. Sie stand mitten unter Schülern, in Dracos Arm und niemand wusste es. Die Kapelle war nun auch schon besetzt. Alles wartete gespannt auf den, der den Ball eröffnen sollte – der Schülersprecher. Es dauerte allerdings noch einige Minuten. Mit den üblichen fünf Minuten Verspätung erreichte Neville dann doch das Rednerpult – er war der einizige unmaskierte im ganzen Raum. Ein dünnes Pfeifen erklang, der Saal wurde Still:
„Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler,
Wir haben es geschafft. Nach etwa fünfzig Jahren findet in Hogwarts wiedereinmal ein Maskenball statt. Wie ihr sicher wisst, hat es im Vorfeld einige gegeben, die gegen einen solchen Maskenball waren. Darum möchte ich euch stellvertretend für die Schülervertretung kurz noch einmal deutlich machen, war wir diesen Maskenball so sehr forciert haben.
Durch die Teilung in vier Häuser, hat sich in Hogwarts eine Teilung in vier Gemüter vollzogen ,die wir nicht für wünschenswert halten. Das oberste Gebot muss die Einheit Hogwarts sein, auch dafür habe ich mich wählen lassen. Genau das bewirkt dieser Maskenball. Alle sind gleich, niemand weiß so recht, wer der andere ist. Auch darum fordere ich euch auf: tauscht eure Partner. Vielleicht findet ihr Menschen, die euch bis heute noch gar nicht bewusst waren. Ich erwarte jedenfalls einige Überraschungen um halb zwölf. Ich wünsche Euch viel Spaß. Schüler aller Häuser Hogwarts vereinigt Euch!
Der Ball ist eröffnet!"
Nach kurzen Beifall begann die Kapelle zu spielen und der Tanz begann. Im Tanz mit Draco musste Ginny über die Rede nachdenken. Diesen Einheitsgedanken von Neville hatte sie nie so recht vertstanden. Jetzt, wie sie in Dracos Armen war, war er ihr plötzlich nah und vertraut.
Der Ball kam voll in Stimmung. Ginny verlor Draco nie aus den Augen – erst nach gut einer Stunde machten die beiden die erste Pause. Draco war ein guter Tänzer, wenn er auch ein Anfänger war – er gab sich Mühe. Anfangs hatte Ginny ihn führen müssen, doch mittlerweile konnte er auch führen. Nach einer kurzen Weile wurde Draco von einem Mädchen in roter Maske um einen Tanz gebeten, Ginny nickte. Sie saß noch ein Weilchen da, bis sie zu Neville ging und ihn um einen Tanz bat. Neville – der keine Tanzpartnerin gefunden hatte – stimmte zu. Er erkannte Ginny sofort, zu oft hatten die beiden auf Schulfesten miteinander getanzt – er tanzte sehr gut. Es hatte sich zwischen beiden ein vertrautes Verhältnis entwickelt, dass aber niemals über das platonische hinaus ging. Eigenartiger Weise hatte Ginny auch noch nie darüber nachgedacht. Sie wechselte während des Tanzes einige Gedankenfetzen mit Neville. Er schien zu erkennen oder zu ahnen, wer Ginny heute Abend begleitete. Er sagte jedoch nichts. Nach zwei weiteren Tänzen gingen sie auseinander und Ginny wurde sie von jemand aufgefordert, den sie nicht kannte oder erkannte. Und so kamen noch viele daher. Immer wieder tanzte sie mit Unbekannten, aber die Tänze mit Draco waren die schönsten. Nach einem weiteren, sehr langen Tanz verwies Draco auf die Uhr: 23:24. Sie verließen den Saal und trennten sich kurz, Ginny wollte ihr Maske und die Haube ins Zimmer bringen. Sie trafen um fünf nach halb zwölf in der vollkommen leeren Eingangshalle – alle anderen hatte es nach drinnen gezogen.
Das Herz schlug bis in alle Höhen, als Ginny die Treppe runter ging. Unten wartete Draco. Heute, heute würden sie es tun. Glasnost. Heute. Ginny hatte sich noch einmal besonders schick gemacht. Sie hatte sich die Haare gesteckt und sich geschminkt. Sie wusste, dass es kein einfacher Weg sein würde, diese zwanzig Meter in die große Halle. Sie wusste, dass ihre Beziehung viele Feinde hatte – offene und versteckte. Sie wusste, dass auch ihrer engen Vertrauten – ihre Eltern, Geschwister, Harry, Hermine – dagegen sein würden.
Sie ging auf Draco zu. Er sah sie mit entschlossenem Blick an. Sie konnte kein zittern in seinen Bewegungen erkennen. Aber sie wusste, dass auch er nervös war. Sie nahm ihn kurz in den Arm und küsste ihn zart auf die Wange. Dann nahmen sie sich bei der Hand, die Weiße und der Schwarze. Sie hielten die Hände fest während sie Richtung großen Saal gingen. Sie spürten die Wärme des anderen – dadurch gestärkt betraten sie den großen Saal – den Festsaal.
Der Atem im Festsaal geriet ins Stocken. Niemand tat eine Bewegung. Alles blickte in Richtung des eintrendenden Paares. Es hatten sich heute Abend viele seltsame Konstellationen zusammengefunden und erst soeben erkannt, wer sie waren. Doch diese waren ebenso erstaunt wie alle anderen. Dieses Paar war aber nicht nur seltsam, es schien unnatürlich. Molly Wealsley wurde kreidebleich und verließ den Saal. Auch Ron und seine Freunde guckten geschockt, ebenso wie der Slytherintisch. Alles guckte still in Richtung der beiden.
Erst als Neville die Kapelle eindringlich aufforderte, begann diese wieder zu spielen. Ginny tanzte mit Draco. Alles war geschockt. Das Fest ging weiter.
Das war im August 2007 – Ginny und Draco hatten noch einmal, einen schönen Sommer gehabt.
Mögen die Stürme ihnen ins Gesicht wehen, mögen sie standhaft bleiben. Sollten die Wellen über ihnen zusammenbrechen, so sollen sie ihnen in Liebe entgegentreten. Lasst uns hoffen, lasst uns sie ermutigen für einander zu stehen – gegen alle Fronten. Hoffen wir auf ihr Glück und ihr Geschick. Denn der Kampf sollte beginnen. Die Welten warteten auf das Signal loszuschlagen. Die Stürme standen in den Startlöchern, die Wellen hatten genügend Wasser. Die Armeen von Gut und Böse waren gerichtete gegen ihre Liebe – gegen ihren Frieden. Wünschen wir der Liebe, wünschen wir den beiden den Sieg!
Als Ginny aufwachte wunderte sie sich darüber, dass sie so ruhig geschlafen hatte. Sie hatte geträumt in dieser Nacht, einen wunderschönen Traum. Sie sei mit Draco zusammen an einem See gewesen. Sie hatten nebeneinander gesessen und hatten sich gegenseitig im Arm gehalten. Es war schön gewesen, mit Draco den Sternenhimmel zu beobachten. Es war schön, geborgen von allem, unter hellem Mond mit Draco zu sitzen und zu wissen, das alles gut werden würde. Es war einfach schön gewesen, frei von allen Sorgen mit Draco zusammen zu sein. Und dann war sie in seinen Armen eingeschlafen – und war in der Wirklichkeit aufgewacht. Es sollte ein Traum bleiben ...
Sie rieb sich die Augen und konnte sich selbst nicht davon zurückhalten, den Traum sogleich ihrem Tagebuch zu vermitteln. Eigentlich hatte sie nie morgens ins Tagebuch geschrieben. Sie brauchte sehr lange, um alles zu notieren, denn sie bemühte sich, alles möglichst detailliert und authentisch zu schreiben. Sie wollte das Gefühl jenes Traums für lange Zeit aufbewahren. Nun war die Zeit knapp geworden, sie rannte ins Bad und zog sich halb zähneputzend an, kämmte sich und huschte über die Flure zur großen Halle. Zum Essen blieb nicht mehr viel Zeit.
Der Unterricht verlief wie gewöhnlich, seit diesem Schuljahr. Sie war mittlerweile eine Stütze der Klasse geworden. Es war seltsam. Aber Ginny führte das auf Draco zurück: Sie hatte jetzt ein Ziel und das erleichterte das Lernen. Nach der Mittagspause fand kein Unterricht mehr statt. Ginny bereitete sich nun auf den Abend vor. Der Ball sollte um 20:00 Uhr beginnen und war eine Maskerade gemäß höfisch französischer Tradition. Das bedeutet, dass niemand wissen durfte, wer hinter der jeweiligen Maske steckte. Es waren verständlicher Weise bereits seit Wochen wilde Spekulationen im Umlauf, wer sich nun wen als Tanzpartner ausgesucht hatte. Das unterlag jedoch meistenteils strengster Geheimhaltung. Er um 23:30 Uhr sollten die Masken abgenommen werden.
Ginny machte sich daran, ihr Kostüm zu vervollständigen. Zuvor hatte sie noch einige Details mit Draco abgesprochen – unter anderem wie er sie erkennen konnte. Ihr Kostüm war denkbar einfach, aber es gefiel ihr. Eigentlich war sie komplett weiß gekleidet, allerdings in einem gedecktem Ton. Diese glitzernden Hochzeitkleiderstoff konnte sie nicht leiden. Einfache Schuhe, Kleid, Bluse und natürlich eine hübsche Haube, damit man sie nicht gleich am roten Haar erkennen konnte. Nur die Maske war nicht weiß, sie war schwarz – Draco hatte den genauen Kontrast gewählt. Das Paar in schwarz weiß.
Ginny nähte noch einige Stiche und hängte das fertige Kostüm in ihren Schrank. Die restliche paar Stunden versuchte sie sich zu beschäftigen, konnte sich jedoch verständlicher Weise nicht so recht ablenken.
Um 18:30 Uhr begann sie schon sich umzuziehen. Alles musste stimmen – das war eine Affinität, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Um kurz vor acht war Ginny soweit – sie ging runter in den dunklen Gang, in dem sie sich mit Draco traf. Sie umarmten sich kurz , gaben sich einen flüchtigen Kuss, dann gingen sie zur großen Halle.
Als sie den Saal betraten waren noch kaum Schüler da. Der Saal selbst hatte sich verändert. Das Podest, auf dem normalerweise die Lehrer speisten war weggeräumt worden. Die Tische waren ganz entfernt worden, zum Sitzen musste man die Eingangshalle benutzen. Vorne in der Mitte war ein kleines Rednerpult, an dem der Schulsprecher die Maskerade eröffnen sollte. Eine kleine Kapelle war hinten links aufgebaut. Das gesamte Bild wirkte stark veraltete und erinnerte an den vorrevolutionären Festsaal zu Versailles, lediglich der Sonnenkönig als Vorsitzender fehlte. Einige Paare und Einzelgestalten standen schon im Saal, meist in der hinteren Hälfte. Die Kapelle war noch nicht besetzt, alles wartete.
Es herrschte eine angespannte Stimmung im Raum, es war der erste Maskenball den Hogwarts erlebte. So waren die Schüler etwas unsicher, es war schon seltsam nicht zu wissen, wem man gegenüber steht. Der Maskenball war übrigens auf drängen der Schülervertretung angesetzt worden und hatte Schülersprecher Neville Longbottom zeitweise in scharfe Kontroverse mit dem Lehrerrat und dem Schulrat gebracht, doch er hatte sich durchgesetzt.
Jetzt in diesem Moment musste Ginny an Neville denken. Seit sie beim Yule- Ball mit ihm getanzt hatte, hatte er sich in der SV immer für solche Feste stark gemacht. 'Sie fördern den Zusammenhalt der ganzen Schule,' hatte er immer gesagt – irgendwie hatte er Recht behalten. Damals in der fünften Jahrgangsstufe war er zum ersten Mal SV-Vertreter seines Jahrgangs geworden, ein Jahr später für das Haus Gryffindor. Seit diesem Jahr war er gewählter Schülersprecher und SV-Vorsitzender.
Mit der Magie hatte es Neville nie gehabt, aber was Organisation oder große Reden anging, so hatte er ein Talent. Neville war einer der wenigen Redner, denen Ginny über eine Minute zuhören konnte, ohne dass es ihr langweilig wurde. Trotzdem war Neville immer Außenseiter geblieben.
Mittlerweile hatte sich der Saal gefüllt. Ginny merkte, dass sie nun mitten unter Schülern war. Sie stand mitten unter Schülern, in Dracos Arm und niemand wusste es. Die Kapelle war nun auch schon besetzt. Alles wartete gespannt auf den, der den Ball eröffnen sollte – der Schülersprecher. Es dauerte allerdings noch einige Minuten. Mit den üblichen fünf Minuten Verspätung erreichte Neville dann doch das Rednerpult – er war der einizige unmaskierte im ganzen Raum. Ein dünnes Pfeifen erklang, der Saal wurde Still:
„Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler,
Wir haben es geschafft. Nach etwa fünfzig Jahren findet in Hogwarts wiedereinmal ein Maskenball statt. Wie ihr sicher wisst, hat es im Vorfeld einige gegeben, die gegen einen solchen Maskenball waren. Darum möchte ich euch stellvertretend für die Schülervertretung kurz noch einmal deutlich machen, war wir diesen Maskenball so sehr forciert haben.
Durch die Teilung in vier Häuser, hat sich in Hogwarts eine Teilung in vier Gemüter vollzogen ,die wir nicht für wünschenswert halten. Das oberste Gebot muss die Einheit Hogwarts sein, auch dafür habe ich mich wählen lassen. Genau das bewirkt dieser Maskenball. Alle sind gleich, niemand weiß so recht, wer der andere ist. Auch darum fordere ich euch auf: tauscht eure Partner. Vielleicht findet ihr Menschen, die euch bis heute noch gar nicht bewusst waren. Ich erwarte jedenfalls einige Überraschungen um halb zwölf. Ich wünsche Euch viel Spaß. Schüler aller Häuser Hogwarts vereinigt Euch!
Der Ball ist eröffnet!"
Nach kurzen Beifall begann die Kapelle zu spielen und der Tanz begann. Im Tanz mit Draco musste Ginny über die Rede nachdenken. Diesen Einheitsgedanken von Neville hatte sie nie so recht vertstanden. Jetzt, wie sie in Dracos Armen war, war er ihr plötzlich nah und vertraut.
Der Ball kam voll in Stimmung. Ginny verlor Draco nie aus den Augen – erst nach gut einer Stunde machten die beiden die erste Pause. Draco war ein guter Tänzer, wenn er auch ein Anfänger war – er gab sich Mühe. Anfangs hatte Ginny ihn führen müssen, doch mittlerweile konnte er auch führen. Nach einer kurzen Weile wurde Draco von einem Mädchen in roter Maske um einen Tanz gebeten, Ginny nickte. Sie saß noch ein Weilchen da, bis sie zu Neville ging und ihn um einen Tanz bat. Neville – der keine Tanzpartnerin gefunden hatte – stimmte zu. Er erkannte Ginny sofort, zu oft hatten die beiden auf Schulfesten miteinander getanzt – er tanzte sehr gut. Es hatte sich zwischen beiden ein vertrautes Verhältnis entwickelt, dass aber niemals über das platonische hinaus ging. Eigenartiger Weise hatte Ginny auch noch nie darüber nachgedacht. Sie wechselte während des Tanzes einige Gedankenfetzen mit Neville. Er schien zu erkennen oder zu ahnen, wer Ginny heute Abend begleitete. Er sagte jedoch nichts. Nach zwei weiteren Tänzen gingen sie auseinander und Ginny wurde sie von jemand aufgefordert, den sie nicht kannte oder erkannte. Und so kamen noch viele daher. Immer wieder tanzte sie mit Unbekannten, aber die Tänze mit Draco waren die schönsten. Nach einem weiteren, sehr langen Tanz verwies Draco auf die Uhr: 23:24. Sie verließen den Saal und trennten sich kurz, Ginny wollte ihr Maske und die Haube ins Zimmer bringen. Sie trafen um fünf nach halb zwölf in der vollkommen leeren Eingangshalle – alle anderen hatte es nach drinnen gezogen.
Das Herz schlug bis in alle Höhen, als Ginny die Treppe runter ging. Unten wartete Draco. Heute, heute würden sie es tun. Glasnost. Heute. Ginny hatte sich noch einmal besonders schick gemacht. Sie hatte sich die Haare gesteckt und sich geschminkt. Sie wusste, dass es kein einfacher Weg sein würde, diese zwanzig Meter in die große Halle. Sie wusste, dass ihre Beziehung viele Feinde hatte – offene und versteckte. Sie wusste, dass auch ihrer engen Vertrauten – ihre Eltern, Geschwister, Harry, Hermine – dagegen sein würden.
Sie ging auf Draco zu. Er sah sie mit entschlossenem Blick an. Sie konnte kein zittern in seinen Bewegungen erkennen. Aber sie wusste, dass auch er nervös war. Sie nahm ihn kurz in den Arm und küsste ihn zart auf die Wange. Dann nahmen sie sich bei der Hand, die Weiße und der Schwarze. Sie hielten die Hände fest während sie Richtung großen Saal gingen. Sie spürten die Wärme des anderen – dadurch gestärkt betraten sie den großen Saal – den Festsaal.
Der Atem im Festsaal geriet ins Stocken. Niemand tat eine Bewegung. Alles blickte in Richtung des eintrendenden Paares. Es hatten sich heute Abend viele seltsame Konstellationen zusammengefunden und erst soeben erkannt, wer sie waren. Doch diese waren ebenso erstaunt wie alle anderen. Dieses Paar war aber nicht nur seltsam, es schien unnatürlich. Molly Wealsley wurde kreidebleich und verließ den Saal. Auch Ron und seine Freunde guckten geschockt, ebenso wie der Slytherintisch. Alles guckte still in Richtung der beiden.
Erst als Neville die Kapelle eindringlich aufforderte, begann diese wieder zu spielen. Ginny tanzte mit Draco. Alles war geschockt. Das Fest ging weiter.
Das war im August 2007 – Ginny und Draco hatten noch einmal, einen schönen Sommer gehabt.
