Die Sprache der Bäume
Kapitel 2
-Alte Freunde-
Vor zwei Stunden war die Nachricht vorgedrungen, dass die erwarteten Gäste bald eintreffen würden und obwohl sich Aragorn überaus freute seine alten Freunde wieder zu treffen, die er seit vier Jahren nicht mehr gesehen hatte, wurde diese Freude doch von der Tatsache überschattet, dass er seine Frau und seinen Sohn für ungewisse Zeit verlassen müsste.
Als er aus einem der zahlreichen Fenster des Palastes auf das rege treiben der Stadt sah, kamen ihm die Tage wieder in den Sinn, in denen er mit Gimli und Legolas, auf der Suche nach den beiden Hobbits, Merry und Pippin, durch Rohan gezogen war und unmerklich zog sich ein leichtes Lächeln über sein Gesicht und seine Augen leuchteten auf. Obwohl ihm damals auf der Pirsch nicht so wohl zu mute gewesen war, erinnerte er sich im nachhinein doch gern an sie zurück. Aber wem wird es nicht wenigstens einmal in seinem Leben so gehen, dass er sich gern an eine Zeit zurück erinnert, die er in dem Moment als er sie durchlebte mit den schlimmsten Flüchen bedacht hatte. Dies war auch die Zeit gewesen in der sich die drei geschworen hatten herbei zu kommen, wenn einer von ihnen Hilfe brauchte und tatsächlich waren seine Freunde sofort los geeilt um ihm zu helfen, ohne auch nur zu fragen welcher Art die Hilfe war, die er von ihnen erbitten würde.
Versunken in seine Gedanken wurde er durch Arwen aufgeschreckt. Sie stand ganz ruhig und fast bewegungslos neben ihm. Wie lang sie schon neben ihm gestanden hatte, konnte er nicht sagen. Er konnte ja nicht einmal sagen, wie lang er schon hier stand.
Wie durch einen hellen Lichtstrahl wurde die Stille von ihrer klaren Stimme zerschnitten. "Sie sind angekommen" Er legte seine Hand auf ihre, sah aber immer noch aus dem Fenster. "Du willst deine Gäste doch nicht warten lassen."
Er drehte sein Gesicht langsam zu ihr und blickte ihr tief in die Augen. "Es ist nötig, ich kann nicht..." Mit einem Kuss hinderte sie ihm am weiter sprechen. Wieder zerriss die Stille unter ihren Worten. "Ich weiß und ich würde dir nie einen Vorwurf machen" Ein sanftes Lächeln erfüllte ihr Gesicht. "Pass nur auf das du heil wieder nach hause kommst! Und jetzt empfang die beiden, sie warten bestimmt schon."
In der großen Empfangshalle war kein Ton zu hören. Aragorn hatte auf einem großen Thron platz genommen und Arwen saß neben ihm.
Die beiden Flügel der Tür, die in den Saal führte schwangen mit einem leisen knarren auf. Ein großer Mann, mit der üblichen Uniform für Minas Tirith, betrat den Raum und ließ die Namen der Besucher verlauten. Kurz danach traten ein Zwerg und ein Elb ein. Etwa zehn Schritte vor dem Thron blieben beide stehen und verbeugten sich.
Aragorn rief mit einem Lachen aus: "Ist das die Art, wie ihr einen alten Freund begrüßt?"
Beide erhoben sich und Aragorn umarmte sie freundschaftlich. Als erstes wandte er sich an Legolas, "Mein lieber Elb, an dir sind die Jahre wie eh und je vorbei gezogen ohne Spuren zu hinterlassen." "Was man von dir wohl kaum behaupten kann", lachte Gimli heraus. "Das könnte man von dir aber genauso sagen, Herr Zwerg!", spöttelte Aragorn. Gimli sah ihn missmutig an, aber fing nach einer kurzen Zeit an aus vollen Herzen zu lachen.
Arwen war zu der Rund getreten. Gimli verbeugte sich vor ihr. Unsicher wie ein kleines Kind sah er auf seine Füße und wurde rot. "Was ist mit euch, Gimli?", fragte Arwen erstaunt. "Frau Arwen, ihr... ihr seid um keinen Tag gealtert, seit ich euch das letzte mal gesehen habe...", stotterte Gimli unsicher vor sich hin.
Sie musste lachen. Diese Art von Verlegenheit begegnete ihr immer wieder, nur von einem Zwerg, der eigentlich nicht gern Gefühlsregungen dieser Art zuließ und er herum stotterte, wie ein Schuljunge; das war schon eine Sache für sich. Arwen sagte mit einen Hauch von mütterlicher Besorgtheit: "Liebe Freunde, ihr werdet von euren langen Reisen sehr hungrig und erschöpft sein. Wir haben schon ein kleines Mahl für euch angerichtet. Wollt ihr es euch nicht erst einmal gut gehen lassen? Danach könnt ihr euch immer noch den nicht so angenehmen Sachen zuwenden." Gimli stieß unbeabsichtigt einen Seufzer der Erleichterung aus, denn tatsächlich war er hungrig wie zehn Hobbitkinder. Legolas, der bis jetzt eher ruhig dem Treiben zugesehen hatte, fiel jetzt ein: "Wir hörten, das ihr beide vor kurzen Eltern geworden seid. Es würde uns sehr freuen, wenn wir zuvor dem jungen Prinzen aufwarten dürften, nicht wahr Gimli?" Schelmisch grinste Legolas seinen etwa zwei Köpfe kleineren Freund an. Gimli musste sich zusammen reißen den Elb nicht anzufallen und ihm den Kopf abzureißen. Böse Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Diesem miesen, kleinen (zwei Köpfe größeren), dreckigen Elb würde das hämische Grinsen schon vergehen, wenn er sich auf ihn stürzen und er seine Axt zu spüren bekommen würde. Gimli zwang sich ein freundliches Gesicht aufzusetzen und quälte ein: "Ja, natürlich hervor!"
Aragorn war der argwöhnische Blick, den Gimli auf Legolas geworfen und den dieser mit Schadenfreude entgegengenommen hatte, nicht entgangen. Die beiden hatten sich kein Stück verändert. Sie ließen immer noch keine Chance aus, einander in eine unangenehme Situation zu zerren. Ein andermal hätte Aragorn diesem amüsanten Kräftemessen, aus denen meistens der Elb als Sieger hervor gang, gerne beigewohnt; es erinnerte ihn immer wieder an alte Zeiten und wenn diese ungleichen Freunde sich stritten war das sowieso immer zum schreien, aber heute war ihm nun wirklich nicht danach. Er wusste das er die beiden auseinander bringen musste, damit die Situation nicht ausartete.
"Ich schlage vor, dass ich Gimli erst einmal zu Tisch geleite und Arwen mit Legolas zu unserem kleinen Eremir geht, so dass wir in einer halben Stunde wieder aufeinander stoßen können. Dann werde ich euch auch berichten, warum ich euch herbestellt habe ", meinte Aragorn. Legolas und Gimli, die sich etwas ertappt fühlten, nickten verlegen und Gimli stieg sogar etwas Röte in sein Gesicht.
Arwen führte Legolas in einen Flur, an dessen Ende sich eine Treppe befand, die in das über ihnen gelegene Stockwerk führte. Ein peinliches Schweigen herrscht zwischen ihnen, das von Legolas gebrochen wurde, "Etwas sehr schlimmes muss passiert sein. Ich merke es daran, wie Aragorn sich mir und Gimli gegenüber verhält und an diesem bedrückten Schweigen, welches in den Herzen der Menschen weilt." "Ich bin euch beiden dankbar, dass ihr so schnell gekommen seid. Legolas, du hast recht. Dieses Schweigen herrscht auch in meinem Herzen, doch nicht nur weil dies Unglück über unser Land herein gebrochen ist."
"Du weißt, dass er gehen muss?"
"Ja das tue ich." Wieder zog Schweigen ein.
Sie kamen vor einer großen, mit Schnitzereien verzierten Eichenholztür an. Arwen schob sie langsam und geräuschlos auf. Sie trat ein und mit einem Wink über die Schulter bedeutete sie Legolas auch einzutreten.
Das Zimmer war gemütlich eingerichtet. In einer Ecke des Raumes saß eine Frau mittleren Alters, die einen Stickrahmen in der Hand hielt und mit äußerster Geschicklichkeit ein Blumenmuster auf den Stoff brachte. Arwen senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: "Schläft er?" Die Frau blickte von ihrer Arbeit auf und sprach zwar lauter, aber immer noch an ein Flüstern grenzend: "Nein, Herrin, er ist vor einer Stunde aufgewacht." Jetzt fasste die Amme Legolas ins Auge. Sie begrüßte ihn mit einem einfachen: "Guten Tag der Herr", das Legolas mit einem stummen, aber freundlichen Nicken erwiderte.
Arwen bat ihn sich, auf einen der vier Sessel, die in diesen Raum standen, zu setzten. Sie trat an die Wiege die sich in Mitten des Raumes stand, sie wurde von einem leichten Dämmerlicht, das durch das Fenster herein fiel beleuchtet und als Arwen das kleine Bündel aus ihr hob, sah es aus als würde dieser zappelnde Ballen Stoff silbern schimmern.
Arwen ging quer durch den Raum, auf Legolas zu und legte ihm das Bündel in die Arme. Zwei grau Augen, die Legolas eingehend musterte, erwiderten seinen Blick neugierig, es gab keinerlei Zweifel, dieses Kind konnte nur Aragorns Sohn sein, denn diese einzigartigen Augen hatte er von ihm geerbt. Als der kleine anfing zu lachen und zu glucksen, griff eine seiner kleinen Hände nach Legolas Zeigefinger. Arwen strahlte vor stolz und ihre Augen leuchteten vor Mutterglück auf.
So harrten sie eine Weile aus, bis Legolas sich erhob und Eremir wieder in Arwens Arme legte.
"Er wird einst ein großer König werden.", war alles was er sagte. Er drehte sich um und wollte gerade den Raum verlassen, als sie mit schnellen Schritten hinter ihm her kam und ihn fest hielt. Unverständig sah er sie an. "Und du wirst einst ein guter Vater sein, das verspreche ich dir, ich kann es sehen." Dann ließ sie ihn los und er verließ den Raum.
Er fand Aragorn und Gimli in der Kaminhalle, wo sie in einem Halbkreis in Armsesseln saßen die einem der vier riesigen Kamine zugewannt waren. Aragorn hatte sich ganz rechts platziert und Gimli verweilte in der Mitte zwischen Aragorn und einem noch leeren Stuhl, der für ihn gedacht war.
Legolas nahm platz und starrte in das Feuer das im Kamin brannte, bis er merkte das er von Aragorn erwartungsvoll angesehen wurde.
"Sag mir was wird ihn erwarten?", sagte Aragorn, der nun nicht mehr an sich halten konnte.
"Du weißt, das ich nicht die Zukunft voraussehen kann, aber ich kann dir sagen, dass Eremir, wenn die Zeit gekommen ist, ein guter und gerechter König sein wird. Er hat intelligente Augen."
"Ja ich hoffe, das er ein guter König wird.", sagte Aragorn mehr zu sich selbst als zu dem Elb der wieder wie gebannt in den schein des Feuers blickte. Legolas spürte die Wärme die ihm vom Kamin ins Gesicht schlug und sah wie hypnotisiert auf die züngelnden Flammen, die sich hin und her wanden. Er suchte in den Funken Antworten auf eine Frage die er nie gestellt hatte und auch nicht zu stellen vermochte.
Nichts war zu vernehmen, nichts außer dem knacken des Holzes, bis ein brummeln von Gimlis Seite heran dröhnte: "Die Stimmung hier ist ja schlimmer als in einem Grabhügel. Man sollte doch eigentlich meinen, dass, wenn alte Freunde aufeinander treffen, es etwas ausgelassener zugeht. Aber ihr beiden wart ja sowieso immer ein Fall für sich! Wieso sollten wir eigentlich her kommen und das noch dazu so dringend?"
Legolas riss sich von dem Schauspiel dass das Feuer bot los. "Das habe ich mich auch schon die ganze Zeit gefragt, aber ich glaube, dass unser lieber Freund Aragorn es uns gleich kundtun wird."
Aragorn atmete tief durch und sah seine beiden Freunde nacheinander eindringlich an. Dann startete er langsam und bedenklich seinen Bericht von dem Überfall auf das Dorf und wie man seine Bewohner hingerichtet hatte.
Als Aragorn zuende gesprochen hatte, legte Legolas seine Stirn in Falten und Gimli fixiere einen Punkt über dem Kamin an dem zwei Schwerter, über ein Schild gekreuzt, hingen. Man sah, dass beiden der Bericht sehr zu Herzen gegangen war, doch was sollten sie darauf erwidern. Gimli ergriff das Wort: "Welch Scheusal, kann es nur über sich bringen, solche wehrlosen Menschen derart hinzurichten? Dazu können wirklich nur Orks in der Lage sein! Was sagst du dazu Legolas?" Er stutzte eine Weile und sagte: "Ja Grausamkeiten werden Orks in die Wiege gelegt, aber das sie sich die Mühe gemacht haben ihren Opfern die Köpfe ab zu schlagen und diese dann auch noch auf Speere zu spießen? Das sieht mir nach zuviel Arbeit aus. Das würde nur jemand tun der etwas damit bezweckt. Ich glaube nicht, dass das ohne einen Sinn geschah!"
"Mein Freund, du bist genau zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen, wie ich ", sagte Aragorn. "Aber was bezwecken sie?", fragte Gimli, "Wenn ich das nur wüsste...", gab ihm Aragorn zur Antwort, "aber ich kenne jemanden der uns helfen könnte, doch lebt diese Person einige Tagesmärsche zu Pferde, von hier entfernt. Allein sollte man sich nicht auf den Weg machen zu diesem Ort und mitnehmen sollte man nur, wem man voll und ganz vertraut. Deswegen habe ich euch her bestellt. Ich möchte euch fragen: Kommt ihr mit mir, wie einst, auf Orkjagt?"
"Ich würde mit dir durchs Feuer, bis in die dunklen Gänge von Moria gehen!", dröhnte Gimli. "Und du, mein Freund?" Aragorn sah Legolas ohne ein bitten oder flehen an, er wollte ihn nicht bei seiner Entscheidung beeinflussen, denn die Möglichkeit bestand, dass sie von dieser Reise nie wieder kehren würden.
Lang musterten sich die beiden Freunde, bis Aragorn wieder das Wort ergriff: "Und mein Freund, was sagst du, wirst du mir helfen?" Unverständig sah Legolas ihn an: "Denkst du, ich wäre hier, wenn ich dir nicht folgen wollte? Es wäre mir eine Ehre, noch einmal Seite an Seite mit dir kämpfen zu dürfen!"
Aragorn lehnte sich zurück, sein Gesicht entspannte sich, seine eigentlich geflüsterten Worte wurden durch das hallen des Raumes so laut das man sie ohne Mühe verstehen konnte: "Nun meine Herren, werde ich euch auf eure Zimmer begleiten, denn wir werden morgen in aller Früh aufbrechen. Genießt diese Nacht, denn wer weiß wann ihr das nächste Mal so ruhig schlafen werden könnt." Er erhob sich und führte die Beiden auf ihre Zimmer.
Wenn von ruhig schlafen die rede gewesen war, war dies ein frommer Wunsch. Aragorn wälzte sich in seinen Bett hin und her. Er war in einen leichten Dämmerschlaf gefallen. In dem Traum der ihn verfolgte, floh er vor einer Gestallt, die ganz in schwarz gehüllt war, aber wo eigentlich die Augen des Wesens hätten sein müssen befanden sich zwei rot glühende Funken.
Ab und zu schreckte er hoch, als er sich vergewissert hatte, das alle in Ordnung war, sank er wieder zurück auf sein Kissen und damit auch wieder in dieses unangenehme Gefühl das ihn beschlich, wenn er die Augen schloss.
Doch war er nicht der einzige, dem es in dieser Nacht so erging.
Seine Freund fanden genau so wenig schlaf und Ruhe, wie er, denn auch sie wurden von diesem schrecklichen Traum verfolgt. Doch waren es weniger Träume, als schreckliche Vorahnungen, die aber keiner von ihnen zu deuten wusste.
In den frühen Morgenstunden vor Sonnenaufgang wurde eine der jungen Dienerinnen auf Gimlis Zimmer geschickt, um ihn zu wecken. Doch als sie sacht an die Tür klopfte bekam, sie keine Antwort. Noch einmal klopfte sie an die Tür, nun aber lauter, bevor sie selbst die Tür öffnete. Sie fand das Zimmer lehr vor. Das Bett war gemacht und nichts wies darauf hin, dass vor kurzen noch jemand in diesen Zimmer verweilt hatte.
Da der eine nicht zu finden war, musste Sie den anderen aufwecken. Sie ging zur Nächsten Tür hinter der, der Elbenprinz aus dem Düsterwald ruhte. Als sie an die Tür pochte öffnete diese, zu ihrem Staunen, der Zwerg, den sie eigentlich in dem vorhergehenden Zimmer vermutet hatte. Dieses Erstaunen legte sich aber als sie im hinteren Teil des Zimmers einen , im Gegenteil zu dem Zwerg, hoch aufragenden Elb am Fenster stehen sah.
Der Zwerg sah das Mädchen fragend an. Zurückhaltend fing sie an zu sprechen: "Guten morgen Herr Gimli! Der König schickt mich, er erwartet euch in der Kaminhalle. Ihr und Herr Legolas sollen sich fertig machen. Der König sagte die Stunde des Aufbruchs, sei nicht mehr weit."
Nun drehte sich der Elb der bis jetzt seinen Blick aus den Fenster hatte schweifen lassen, zur Tür und sah ihr eindringlich mit seinen kräftig blauen Augen ins Gesicht.
Sie errötete. Sie hatte erst einmal zuvor in ihren Leben, Frau Arwen ausgenommen, einen Elb gesehen, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. Doch entweder hatte die Zeit ihre Erinnerung an die Elben getrübt oder dieser Elb war ein besonders elegantes Exemplar seiner Gattung. Doch vor allem faszinierten sie seine Augen. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihre Seele bloß legten und die geheimsten Wünsche ihres Herzens sehen konnten.
Als sie merkte das sie den Elb gedankenversunken anstarrte und dieser ihren Blick lächelnd erwiderte, stieg ihr noch mehr Rot als zuvor ins Gesicht und sie wandte sich ab. Als sie sich wieder gefangen und sich sicher war, dass ihre Stimme sich nicht überschlagen würde, wenn sie den Mund auf machte, sagte sie gedämpft: "Bitte mögen die Herren sich jetzt beeilen." Mit diesen Worten drehte sie sich um, schloss die Tür und eilte den Gang herunter. Sie sah diesen Elb nie wieder, doch vergaß sie ihn nie. Zwar verschwammen mit der Zeit die klaren Linien die sich in ihren Gedanken festgesetzt hatten, doch diese Augen die sie so tief in der Seele berührt hatten, erschienen ihr noch manchmal, bis an das Ende ihres Lebens, im Traum. Doch waren sie so erschreckend klar, als würde sie ihm noch einmal gegenüberstehen.
Gimli schnappte sich seine Axt, die er in eine Ecke des Raumes, neben Legolas Bogen und Köcher, gestellt hatte, in der Ansicht das sie dort in guter Gesellschaft war. Als er seine Waffe an seinem Gürtel befestigt hatte, reichte er dem Elb die seinigen. Ein paar Minuten später standen sie in der gleichen Halle, in der sie gestern Abend mit Aragorn gesessen hatten.
Aus einer Ecke des Raumes trat Aragorn. Er sah seine Freunde mit einem Lächeln auf den Lippen an. "Meine Herren, ich schätze es sehr, dass ihr euch schon für die lange Reise marschbereit gemacht habt, doch wollen wir nicht mit leeren Magen los ziehen. Bevor wir aufbrechen werdet ihr doch hoffentlich noch mit mir und meiner Frau frühstücken?"
Aragorn führte sie an einen reichgedeckten Tisch. Als sie fertig gespeist hatten, standen Gimli und Legolas auf und bedankten sich bei ihren Gastgebern für das Mahl.
Erneut legten sie Axt, Peil und Bogen an, während sich Aragorn von Arwen und seinem Sohn Eremir, verabschiedete. So gern er wieder mit seinen beiden Weggefährten durch das Land zog, so sehr schmerzte ihn dieser Abschied und er hoffte das er nicht von all zu langer Dauer sein würde.
Aragorn führte sie zu den Stallungen, in denen zwei Pferde des Königs bereit standen. Aragorn lieh Legolas eines seiner besten Pferde, denn das seine hatte sich auf dem Weg nach Gondor verletzt und war nunmehr nicht in der Lage, lange Strecken zu reiten.
Legolas und Gimli saßen, der alten Zeiten wegen, gemeinsam auf Glóroch einem honigfarbenen Hengst auf.
Aragorn hatte sich entschieden auf seinem Lieblingspferd Ardun zu reiten, denn er wusste, dass er sich auf dieses Tier, wenn es hart auf hart kommen würde, verlassen konnte.
Legolas und Gimli standen schon bereit, als Aragorn sein Pferd aus dem Stall führte. Arwen, die Eremir auf dem Arm hatte, lief auf ihren Mann zu, der ihr, als sie gerade vor ihm halt machte, eine besorgte Miene zeigte und sagte: "Ich habe dir doch gesagt, du solltest lieber drinnen bleiben!" Sie lächelte betrübt: "Du dachtest wohl ich würde dich gehen lassen, ohne dass du dich von mir verabschieden musst?"
"Wenn ich nicht zurückkehre, sage Eremir..." "An so etwas darfst du gar nicht denken, du wirst wiederkommen!" Mit diesen Worten küsste sie ihn zum Abschied. Er nahm seinen Sohn noch einmal auf den Arm, bevor er sich auf sein Pferd schwang und mit Legolas und Gimli davon ritt.
Kapitel 2
-Alte Freunde-
Vor zwei Stunden war die Nachricht vorgedrungen, dass die erwarteten Gäste bald eintreffen würden und obwohl sich Aragorn überaus freute seine alten Freunde wieder zu treffen, die er seit vier Jahren nicht mehr gesehen hatte, wurde diese Freude doch von der Tatsache überschattet, dass er seine Frau und seinen Sohn für ungewisse Zeit verlassen müsste.
Als er aus einem der zahlreichen Fenster des Palastes auf das rege treiben der Stadt sah, kamen ihm die Tage wieder in den Sinn, in denen er mit Gimli und Legolas, auf der Suche nach den beiden Hobbits, Merry und Pippin, durch Rohan gezogen war und unmerklich zog sich ein leichtes Lächeln über sein Gesicht und seine Augen leuchteten auf. Obwohl ihm damals auf der Pirsch nicht so wohl zu mute gewesen war, erinnerte er sich im nachhinein doch gern an sie zurück. Aber wem wird es nicht wenigstens einmal in seinem Leben so gehen, dass er sich gern an eine Zeit zurück erinnert, die er in dem Moment als er sie durchlebte mit den schlimmsten Flüchen bedacht hatte. Dies war auch die Zeit gewesen in der sich die drei geschworen hatten herbei zu kommen, wenn einer von ihnen Hilfe brauchte und tatsächlich waren seine Freunde sofort los geeilt um ihm zu helfen, ohne auch nur zu fragen welcher Art die Hilfe war, die er von ihnen erbitten würde.
Versunken in seine Gedanken wurde er durch Arwen aufgeschreckt. Sie stand ganz ruhig und fast bewegungslos neben ihm. Wie lang sie schon neben ihm gestanden hatte, konnte er nicht sagen. Er konnte ja nicht einmal sagen, wie lang er schon hier stand.
Wie durch einen hellen Lichtstrahl wurde die Stille von ihrer klaren Stimme zerschnitten. "Sie sind angekommen" Er legte seine Hand auf ihre, sah aber immer noch aus dem Fenster. "Du willst deine Gäste doch nicht warten lassen."
Er drehte sein Gesicht langsam zu ihr und blickte ihr tief in die Augen. "Es ist nötig, ich kann nicht..." Mit einem Kuss hinderte sie ihm am weiter sprechen. Wieder zerriss die Stille unter ihren Worten. "Ich weiß und ich würde dir nie einen Vorwurf machen" Ein sanftes Lächeln erfüllte ihr Gesicht. "Pass nur auf das du heil wieder nach hause kommst! Und jetzt empfang die beiden, sie warten bestimmt schon."
In der großen Empfangshalle war kein Ton zu hören. Aragorn hatte auf einem großen Thron platz genommen und Arwen saß neben ihm.
Die beiden Flügel der Tür, die in den Saal führte schwangen mit einem leisen knarren auf. Ein großer Mann, mit der üblichen Uniform für Minas Tirith, betrat den Raum und ließ die Namen der Besucher verlauten. Kurz danach traten ein Zwerg und ein Elb ein. Etwa zehn Schritte vor dem Thron blieben beide stehen und verbeugten sich.
Aragorn rief mit einem Lachen aus: "Ist das die Art, wie ihr einen alten Freund begrüßt?"
Beide erhoben sich und Aragorn umarmte sie freundschaftlich. Als erstes wandte er sich an Legolas, "Mein lieber Elb, an dir sind die Jahre wie eh und je vorbei gezogen ohne Spuren zu hinterlassen." "Was man von dir wohl kaum behaupten kann", lachte Gimli heraus. "Das könnte man von dir aber genauso sagen, Herr Zwerg!", spöttelte Aragorn. Gimli sah ihn missmutig an, aber fing nach einer kurzen Zeit an aus vollen Herzen zu lachen.
Arwen war zu der Rund getreten. Gimli verbeugte sich vor ihr. Unsicher wie ein kleines Kind sah er auf seine Füße und wurde rot. "Was ist mit euch, Gimli?", fragte Arwen erstaunt. "Frau Arwen, ihr... ihr seid um keinen Tag gealtert, seit ich euch das letzte mal gesehen habe...", stotterte Gimli unsicher vor sich hin.
Sie musste lachen. Diese Art von Verlegenheit begegnete ihr immer wieder, nur von einem Zwerg, der eigentlich nicht gern Gefühlsregungen dieser Art zuließ und er herum stotterte, wie ein Schuljunge; das war schon eine Sache für sich. Arwen sagte mit einen Hauch von mütterlicher Besorgtheit: "Liebe Freunde, ihr werdet von euren langen Reisen sehr hungrig und erschöpft sein. Wir haben schon ein kleines Mahl für euch angerichtet. Wollt ihr es euch nicht erst einmal gut gehen lassen? Danach könnt ihr euch immer noch den nicht so angenehmen Sachen zuwenden." Gimli stieß unbeabsichtigt einen Seufzer der Erleichterung aus, denn tatsächlich war er hungrig wie zehn Hobbitkinder. Legolas, der bis jetzt eher ruhig dem Treiben zugesehen hatte, fiel jetzt ein: "Wir hörten, das ihr beide vor kurzen Eltern geworden seid. Es würde uns sehr freuen, wenn wir zuvor dem jungen Prinzen aufwarten dürften, nicht wahr Gimli?" Schelmisch grinste Legolas seinen etwa zwei Köpfe kleineren Freund an. Gimli musste sich zusammen reißen den Elb nicht anzufallen und ihm den Kopf abzureißen. Böse Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Diesem miesen, kleinen (zwei Köpfe größeren), dreckigen Elb würde das hämische Grinsen schon vergehen, wenn er sich auf ihn stürzen und er seine Axt zu spüren bekommen würde. Gimli zwang sich ein freundliches Gesicht aufzusetzen und quälte ein: "Ja, natürlich hervor!"
Aragorn war der argwöhnische Blick, den Gimli auf Legolas geworfen und den dieser mit Schadenfreude entgegengenommen hatte, nicht entgangen. Die beiden hatten sich kein Stück verändert. Sie ließen immer noch keine Chance aus, einander in eine unangenehme Situation zu zerren. Ein andermal hätte Aragorn diesem amüsanten Kräftemessen, aus denen meistens der Elb als Sieger hervor gang, gerne beigewohnt; es erinnerte ihn immer wieder an alte Zeiten und wenn diese ungleichen Freunde sich stritten war das sowieso immer zum schreien, aber heute war ihm nun wirklich nicht danach. Er wusste das er die beiden auseinander bringen musste, damit die Situation nicht ausartete.
"Ich schlage vor, dass ich Gimli erst einmal zu Tisch geleite und Arwen mit Legolas zu unserem kleinen Eremir geht, so dass wir in einer halben Stunde wieder aufeinander stoßen können. Dann werde ich euch auch berichten, warum ich euch herbestellt habe ", meinte Aragorn. Legolas und Gimli, die sich etwas ertappt fühlten, nickten verlegen und Gimli stieg sogar etwas Röte in sein Gesicht.
Arwen führte Legolas in einen Flur, an dessen Ende sich eine Treppe befand, die in das über ihnen gelegene Stockwerk führte. Ein peinliches Schweigen herrscht zwischen ihnen, das von Legolas gebrochen wurde, "Etwas sehr schlimmes muss passiert sein. Ich merke es daran, wie Aragorn sich mir und Gimli gegenüber verhält und an diesem bedrückten Schweigen, welches in den Herzen der Menschen weilt." "Ich bin euch beiden dankbar, dass ihr so schnell gekommen seid. Legolas, du hast recht. Dieses Schweigen herrscht auch in meinem Herzen, doch nicht nur weil dies Unglück über unser Land herein gebrochen ist."
"Du weißt, dass er gehen muss?"
"Ja das tue ich." Wieder zog Schweigen ein.
Sie kamen vor einer großen, mit Schnitzereien verzierten Eichenholztür an. Arwen schob sie langsam und geräuschlos auf. Sie trat ein und mit einem Wink über die Schulter bedeutete sie Legolas auch einzutreten.
Das Zimmer war gemütlich eingerichtet. In einer Ecke des Raumes saß eine Frau mittleren Alters, die einen Stickrahmen in der Hand hielt und mit äußerster Geschicklichkeit ein Blumenmuster auf den Stoff brachte. Arwen senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: "Schläft er?" Die Frau blickte von ihrer Arbeit auf und sprach zwar lauter, aber immer noch an ein Flüstern grenzend: "Nein, Herrin, er ist vor einer Stunde aufgewacht." Jetzt fasste die Amme Legolas ins Auge. Sie begrüßte ihn mit einem einfachen: "Guten Tag der Herr", das Legolas mit einem stummen, aber freundlichen Nicken erwiderte.
Arwen bat ihn sich, auf einen der vier Sessel, die in diesen Raum standen, zu setzten. Sie trat an die Wiege die sich in Mitten des Raumes stand, sie wurde von einem leichten Dämmerlicht, das durch das Fenster herein fiel beleuchtet und als Arwen das kleine Bündel aus ihr hob, sah es aus als würde dieser zappelnde Ballen Stoff silbern schimmern.
Arwen ging quer durch den Raum, auf Legolas zu und legte ihm das Bündel in die Arme. Zwei grau Augen, die Legolas eingehend musterte, erwiderten seinen Blick neugierig, es gab keinerlei Zweifel, dieses Kind konnte nur Aragorns Sohn sein, denn diese einzigartigen Augen hatte er von ihm geerbt. Als der kleine anfing zu lachen und zu glucksen, griff eine seiner kleinen Hände nach Legolas Zeigefinger. Arwen strahlte vor stolz und ihre Augen leuchteten vor Mutterglück auf.
So harrten sie eine Weile aus, bis Legolas sich erhob und Eremir wieder in Arwens Arme legte.
"Er wird einst ein großer König werden.", war alles was er sagte. Er drehte sich um und wollte gerade den Raum verlassen, als sie mit schnellen Schritten hinter ihm her kam und ihn fest hielt. Unverständig sah er sie an. "Und du wirst einst ein guter Vater sein, das verspreche ich dir, ich kann es sehen." Dann ließ sie ihn los und er verließ den Raum.
Er fand Aragorn und Gimli in der Kaminhalle, wo sie in einem Halbkreis in Armsesseln saßen die einem der vier riesigen Kamine zugewannt waren. Aragorn hatte sich ganz rechts platziert und Gimli verweilte in der Mitte zwischen Aragorn und einem noch leeren Stuhl, der für ihn gedacht war.
Legolas nahm platz und starrte in das Feuer das im Kamin brannte, bis er merkte das er von Aragorn erwartungsvoll angesehen wurde.
"Sag mir was wird ihn erwarten?", sagte Aragorn, der nun nicht mehr an sich halten konnte.
"Du weißt, das ich nicht die Zukunft voraussehen kann, aber ich kann dir sagen, dass Eremir, wenn die Zeit gekommen ist, ein guter und gerechter König sein wird. Er hat intelligente Augen."
"Ja ich hoffe, das er ein guter König wird.", sagte Aragorn mehr zu sich selbst als zu dem Elb der wieder wie gebannt in den schein des Feuers blickte. Legolas spürte die Wärme die ihm vom Kamin ins Gesicht schlug und sah wie hypnotisiert auf die züngelnden Flammen, die sich hin und her wanden. Er suchte in den Funken Antworten auf eine Frage die er nie gestellt hatte und auch nicht zu stellen vermochte.
Nichts war zu vernehmen, nichts außer dem knacken des Holzes, bis ein brummeln von Gimlis Seite heran dröhnte: "Die Stimmung hier ist ja schlimmer als in einem Grabhügel. Man sollte doch eigentlich meinen, dass, wenn alte Freunde aufeinander treffen, es etwas ausgelassener zugeht. Aber ihr beiden wart ja sowieso immer ein Fall für sich! Wieso sollten wir eigentlich her kommen und das noch dazu so dringend?"
Legolas riss sich von dem Schauspiel dass das Feuer bot los. "Das habe ich mich auch schon die ganze Zeit gefragt, aber ich glaube, dass unser lieber Freund Aragorn es uns gleich kundtun wird."
Aragorn atmete tief durch und sah seine beiden Freunde nacheinander eindringlich an. Dann startete er langsam und bedenklich seinen Bericht von dem Überfall auf das Dorf und wie man seine Bewohner hingerichtet hatte.
Als Aragorn zuende gesprochen hatte, legte Legolas seine Stirn in Falten und Gimli fixiere einen Punkt über dem Kamin an dem zwei Schwerter, über ein Schild gekreuzt, hingen. Man sah, dass beiden der Bericht sehr zu Herzen gegangen war, doch was sollten sie darauf erwidern. Gimli ergriff das Wort: "Welch Scheusal, kann es nur über sich bringen, solche wehrlosen Menschen derart hinzurichten? Dazu können wirklich nur Orks in der Lage sein! Was sagst du dazu Legolas?" Er stutzte eine Weile und sagte: "Ja Grausamkeiten werden Orks in die Wiege gelegt, aber das sie sich die Mühe gemacht haben ihren Opfern die Köpfe ab zu schlagen und diese dann auch noch auf Speere zu spießen? Das sieht mir nach zuviel Arbeit aus. Das würde nur jemand tun der etwas damit bezweckt. Ich glaube nicht, dass das ohne einen Sinn geschah!"
"Mein Freund, du bist genau zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen, wie ich ", sagte Aragorn. "Aber was bezwecken sie?", fragte Gimli, "Wenn ich das nur wüsste...", gab ihm Aragorn zur Antwort, "aber ich kenne jemanden der uns helfen könnte, doch lebt diese Person einige Tagesmärsche zu Pferde, von hier entfernt. Allein sollte man sich nicht auf den Weg machen zu diesem Ort und mitnehmen sollte man nur, wem man voll und ganz vertraut. Deswegen habe ich euch her bestellt. Ich möchte euch fragen: Kommt ihr mit mir, wie einst, auf Orkjagt?"
"Ich würde mit dir durchs Feuer, bis in die dunklen Gänge von Moria gehen!", dröhnte Gimli. "Und du, mein Freund?" Aragorn sah Legolas ohne ein bitten oder flehen an, er wollte ihn nicht bei seiner Entscheidung beeinflussen, denn die Möglichkeit bestand, dass sie von dieser Reise nie wieder kehren würden.
Lang musterten sich die beiden Freunde, bis Aragorn wieder das Wort ergriff: "Und mein Freund, was sagst du, wirst du mir helfen?" Unverständig sah Legolas ihn an: "Denkst du, ich wäre hier, wenn ich dir nicht folgen wollte? Es wäre mir eine Ehre, noch einmal Seite an Seite mit dir kämpfen zu dürfen!"
Aragorn lehnte sich zurück, sein Gesicht entspannte sich, seine eigentlich geflüsterten Worte wurden durch das hallen des Raumes so laut das man sie ohne Mühe verstehen konnte: "Nun meine Herren, werde ich euch auf eure Zimmer begleiten, denn wir werden morgen in aller Früh aufbrechen. Genießt diese Nacht, denn wer weiß wann ihr das nächste Mal so ruhig schlafen werden könnt." Er erhob sich und führte die Beiden auf ihre Zimmer.
Wenn von ruhig schlafen die rede gewesen war, war dies ein frommer Wunsch. Aragorn wälzte sich in seinen Bett hin und her. Er war in einen leichten Dämmerschlaf gefallen. In dem Traum der ihn verfolgte, floh er vor einer Gestallt, die ganz in schwarz gehüllt war, aber wo eigentlich die Augen des Wesens hätten sein müssen befanden sich zwei rot glühende Funken.
Ab und zu schreckte er hoch, als er sich vergewissert hatte, das alle in Ordnung war, sank er wieder zurück auf sein Kissen und damit auch wieder in dieses unangenehme Gefühl das ihn beschlich, wenn er die Augen schloss.
Doch war er nicht der einzige, dem es in dieser Nacht so erging.
Seine Freund fanden genau so wenig schlaf und Ruhe, wie er, denn auch sie wurden von diesem schrecklichen Traum verfolgt. Doch waren es weniger Träume, als schreckliche Vorahnungen, die aber keiner von ihnen zu deuten wusste.
In den frühen Morgenstunden vor Sonnenaufgang wurde eine der jungen Dienerinnen auf Gimlis Zimmer geschickt, um ihn zu wecken. Doch als sie sacht an die Tür klopfte bekam, sie keine Antwort. Noch einmal klopfte sie an die Tür, nun aber lauter, bevor sie selbst die Tür öffnete. Sie fand das Zimmer lehr vor. Das Bett war gemacht und nichts wies darauf hin, dass vor kurzen noch jemand in diesen Zimmer verweilt hatte.
Da der eine nicht zu finden war, musste Sie den anderen aufwecken. Sie ging zur Nächsten Tür hinter der, der Elbenprinz aus dem Düsterwald ruhte. Als sie an die Tür pochte öffnete diese, zu ihrem Staunen, der Zwerg, den sie eigentlich in dem vorhergehenden Zimmer vermutet hatte. Dieses Erstaunen legte sich aber als sie im hinteren Teil des Zimmers einen , im Gegenteil zu dem Zwerg, hoch aufragenden Elb am Fenster stehen sah.
Der Zwerg sah das Mädchen fragend an. Zurückhaltend fing sie an zu sprechen: "Guten morgen Herr Gimli! Der König schickt mich, er erwartet euch in der Kaminhalle. Ihr und Herr Legolas sollen sich fertig machen. Der König sagte die Stunde des Aufbruchs, sei nicht mehr weit."
Nun drehte sich der Elb der bis jetzt seinen Blick aus den Fenster hatte schweifen lassen, zur Tür und sah ihr eindringlich mit seinen kräftig blauen Augen ins Gesicht.
Sie errötete. Sie hatte erst einmal zuvor in ihren Leben, Frau Arwen ausgenommen, einen Elb gesehen, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. Doch entweder hatte die Zeit ihre Erinnerung an die Elben getrübt oder dieser Elb war ein besonders elegantes Exemplar seiner Gattung. Doch vor allem faszinierten sie seine Augen. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihre Seele bloß legten und die geheimsten Wünsche ihres Herzens sehen konnten.
Als sie merkte das sie den Elb gedankenversunken anstarrte und dieser ihren Blick lächelnd erwiderte, stieg ihr noch mehr Rot als zuvor ins Gesicht und sie wandte sich ab. Als sie sich wieder gefangen und sich sicher war, dass ihre Stimme sich nicht überschlagen würde, wenn sie den Mund auf machte, sagte sie gedämpft: "Bitte mögen die Herren sich jetzt beeilen." Mit diesen Worten drehte sie sich um, schloss die Tür und eilte den Gang herunter. Sie sah diesen Elb nie wieder, doch vergaß sie ihn nie. Zwar verschwammen mit der Zeit die klaren Linien die sich in ihren Gedanken festgesetzt hatten, doch diese Augen die sie so tief in der Seele berührt hatten, erschienen ihr noch manchmal, bis an das Ende ihres Lebens, im Traum. Doch waren sie so erschreckend klar, als würde sie ihm noch einmal gegenüberstehen.
Gimli schnappte sich seine Axt, die er in eine Ecke des Raumes, neben Legolas Bogen und Köcher, gestellt hatte, in der Ansicht das sie dort in guter Gesellschaft war. Als er seine Waffe an seinem Gürtel befestigt hatte, reichte er dem Elb die seinigen. Ein paar Minuten später standen sie in der gleichen Halle, in der sie gestern Abend mit Aragorn gesessen hatten.
Aus einer Ecke des Raumes trat Aragorn. Er sah seine Freunde mit einem Lächeln auf den Lippen an. "Meine Herren, ich schätze es sehr, dass ihr euch schon für die lange Reise marschbereit gemacht habt, doch wollen wir nicht mit leeren Magen los ziehen. Bevor wir aufbrechen werdet ihr doch hoffentlich noch mit mir und meiner Frau frühstücken?"
Aragorn führte sie an einen reichgedeckten Tisch. Als sie fertig gespeist hatten, standen Gimli und Legolas auf und bedankten sich bei ihren Gastgebern für das Mahl.
Erneut legten sie Axt, Peil und Bogen an, während sich Aragorn von Arwen und seinem Sohn Eremir, verabschiedete. So gern er wieder mit seinen beiden Weggefährten durch das Land zog, so sehr schmerzte ihn dieser Abschied und er hoffte das er nicht von all zu langer Dauer sein würde.
Aragorn führte sie zu den Stallungen, in denen zwei Pferde des Königs bereit standen. Aragorn lieh Legolas eines seiner besten Pferde, denn das seine hatte sich auf dem Weg nach Gondor verletzt und war nunmehr nicht in der Lage, lange Strecken zu reiten.
Legolas und Gimli saßen, der alten Zeiten wegen, gemeinsam auf Glóroch einem honigfarbenen Hengst auf.
Aragorn hatte sich entschieden auf seinem Lieblingspferd Ardun zu reiten, denn er wusste, dass er sich auf dieses Tier, wenn es hart auf hart kommen würde, verlassen konnte.
Legolas und Gimli standen schon bereit, als Aragorn sein Pferd aus dem Stall führte. Arwen, die Eremir auf dem Arm hatte, lief auf ihren Mann zu, der ihr, als sie gerade vor ihm halt machte, eine besorgte Miene zeigte und sagte: "Ich habe dir doch gesagt, du solltest lieber drinnen bleiben!" Sie lächelte betrübt: "Du dachtest wohl ich würde dich gehen lassen, ohne dass du dich von mir verabschieden musst?"
"Wenn ich nicht zurückkehre, sage Eremir..." "An so etwas darfst du gar nicht denken, du wirst wiederkommen!" Mit diesen Worten küsste sie ihn zum Abschied. Er nahm seinen Sohn noch einmal auf den Arm, bevor er sich auf sein Pferd schwang und mit Legolas und Gimli davon ritt.
