Die Sprache der Bäume
Kapitel 6
-Blätter wie Feuer-

Legolas wurde durch Yemayas melodische Stimme aus seinen Gedanken gerissen. Sie schien mit Aragorn über etwas sehr ernstes zu diskutieren, da sie einige Male laut wurde und Aragorn fast anschrie. Doch vermutete Legolas, dass ihre Wut nicht ihm galt, sondern irgendetwas anderem, was ihre Seele bedrückte.

Legolas stand so leise von seinem Lager auf, wie Yemaya gekommen war. Als er direkt hinter ihr stand, löste Aragorn seinen Blick von Yemaya und sah ihn an, was Yemaya aus dem Konzept zu bringen schien. Sie drehte sich um und erschrak etwas, als Legolas auf einmal hinter ihr stand.

Sie schnaufte einmal und die Wut glänzte in ihren Augen. Legolas bereute, dass er sich so nah an sie gestellt hatte, dass sie erschrak. Er hatte auf gar keinen Fall vorgehabt ihren Zorn erneut auf sich zu ziehen.

„Guten Morgen Herrin!", sagte er aufrichtig.

Sie neigte ihren Kopf etwas zur Seite und sah ihn eine Weile lang durchbohrend an, bis sie Verunsicherung in seinem Gesicht sah. Als sie ihr Ziel erreicht hatte und er sie entrüstet ansah, fing sie an zu lächeln. Legolas atmete erleichtert auf. Es war das erste mal, dass sie ihm eine freundliche Geste zeigte.

Nach kurzer Zeit hatte sie sich wieder gefangen und setzte eine ernste Miene auf.

„Herr Grünblatt, lassen wir doch diese geschwollene Ausdrucksweiße. Nennt mich einfach Yemaya. Denn wie ich das sehe, werden wir noch einen Teil der Reise gemeinsam verbringen und meiner Meinung nach könnte diese Maßnahme uns etwas Zeit sparen lassen."

„Wenn ich euch Yemaya nennen darf, so dürft ihr mich Legolas nennen."

„Mir soll es recht sein, Legolas. Mir wäre es auch sehr recht, wenn wir uns auf `Du´ einigen könnten."

„Sehr gern Yemaya."

Aragorn, der das Spiel zwischen den Beiden aufmerksam beobachtet hatte, schien amüsiert und grinste zufrieden, als sich Yemaya umdrehte und erstaunt ausrief: „Was?"

In der Zwischenzeit war auch Gimli erwacht und gesellte sich zu seinen Gefährten.

„Auch schon erwacht, Herr Gimli?", witzelte Aragorn.

„Da ich die ganze Nacht Wache gehalten habe, ist es ja klar, dass ich etwas länger schlafe als ihr, die die ganze Nacht durch geschlafen habt!"

Aragorn warf Legolas ein schiefes Lächeln zu, dass dieser auch erwiderte, denn die Wahrheit war, dass Gimli schon in den ersten Minuten seiner Wache eingeschlafen war und die beiden sich Gimlis Wache geteilt hatten.

„So!", wetterte Gimli erneut los, „Yemaya, Aragorn! Wollt ihr uns nicht endlich sagen, was euch soviel Angst macht, dass wir des Nachts nicht darüber reden dürfen?"

Als Gimli in Yemayas Augen sah, die ihn auf Grund ihrer ungewöhnlichen Farbe, in einen Zustand, zwischen Bewunderung und Grauen versetzen, glaubte er für einen Augenblick einen Funken Angst aufblitzen zu sehen.

„Es begann vor einem Jahr."

Sagte Yemaya unsicher, als hätte sie Angst, dass sie ihr nicht glauben würden und sie sah hilfesuchend zu Aragorn, der an sie heran trat und ihr zur Bestärkung eine Hand auf die Schulter legte. Vorsichtig fuhr sie fort: „Wir dachten uns nichts Böses dabei, aber es kamen mehr und mehr Orks in unseren Wald." Sie schnaufte verächtlich. „Erst, war es ein leichtes für uns Schwarzaugen den Wald und sein allerheiligstes gegen sie abzuwehren. Doch es wurden immer mehr und sie fingen an Kinder und Frauen zu morden, denn nicht jede Frau, erhält wie ich, eine Ausbildung zur Kriegerin.

Wir holten zu einem Schlag aus, der unsere gesamte Kraft bündeln und die Orks vernichten sollte.

Wir wiegten uns in Sicherheit und ein Trupp unserer Männer hatte die Aufgabe, das letzte Lager der Orks zu zerstören. Doch wir lagen falsch. Die Orks waren stärker und vor allem schlauer geworden, als wie sie früher waren." Wieder hielt sie inne und sah in den Himmel, an dem die Sonne jetzt hell strahlte. Sie blinzelte und nahm ihre Erzählung wieder auf, nun aber mit belegter Stimme. Man konnte schon erahnen, dass etwas schlimmes passiert sein musste.

„Die Männer verabschiedeten sich am Abend von ihren Frauen und Kindern. Sie wollten in der Nacht zuschlagen. Doch alles war eine Falle gewesen. Die Orks hatten uns in einen Hinterhalt gelockt. Die Männer sind nie wieder gekehrt. Wir fanden ihre Leichen, alle verbrannt. Eine fehlte, doch wir konnten nicht feststellen welche."

„Wieso nicht?", fiel ihr Gimli ins Wort.

„Weil man ihnen die Köpfe abgetrennt hatte."

Stille herrschte für einen Moment, denn niemand traute sich das Wort zu ergreifen. Nach einer Weile faste sich Gimli ein Herz: „Was hat das zu bedeuten?"

„Es kann vieles Bedeuten."

„Ja, zum Beispiel, dass die Orks einen neuen Anführer haben ", gab Aragorn zu bedenken.

„Es wäre auch logisch ", sagte Legolas, der die ganze Zeit aufmerksam zugehört hatte, „Yemaya, sagte doch selbst, dass die Schwarzaugen sich verstoßen fühlen!"

Yemaya wurde ungehalten und schrie Legolas wütend an: „Wenn wir uns für all die Verachtung, die ihr uns schon immer entgegen gebracht habt, hätten rächen wollen, dann hätten wir es schon längst getan, glaubt mir!"

Aragorn, der noch immer deine Hand auf Yemayas Schulter liegen hatte, drückte sie etwas zusammen, denn er befürchtete, dass sie gleich auf Legolas losgehen würde.

Der Elb bemerkte seinen Fehler und entschuldigte sich bei Yemaya: „Ich wollte euch nicht zu nahe treten. Es tut mir leid, dass ich euch beleidigt habe."

„Eure Unwissenheit, soll euch vergeben sein, Elb."

Doch Yemayas Worte klangen eher wie eine Kriegserklärung, als dass sie ihm vergäben hätte.

„Was wollen wir jetzt tun?", fragte Gimli nachdenklich.

„Auf Orkjagt gehen!", sagte Aragorn.

„Wie in alten Zeiten ", sagte Gimli leise.

„Ja, genau Gimli, doch mit dem Unterschied, dass wir nicht wissen wo wir suchen müssen und vor allem wissen wir nicht, was wir suchen ", meinte Aragorn.

„Ruht euch noch etwas aus, zur Mittagszeit werden wir aufbrechen."

Gimli und Legolas waren in dem Wald verschwunden, denn als Legolas bemerkt hatte, das Yemaya und Aragorn noch etwas unter vier Augen besprechen wollten, zog er Gimli mit sich und versuchte den Zwerg zu einen kleinen Spaziergang zu überreden. Zuerst wehrte er sich heftig dagegen, aber nach einem kleinem Geistesblitz, der ihm scheinbar offenbarte, warum sein Freund so unbedingt in diesem Wald ein Stück herum laufen wollte, folgte er ihm bereitwillig.

„Einen Elb! Wieso ausgerechnet einen Elb?" Yemayas Stimme klang mehr verzweifelt als wütend.

„Hättest du nicht einen Ork, oder einen Balrog mitschleppen können? All das wäre mir lieber gewesen als dieser... dieser... Elb!"

Während sie dies sagte überschlug sich ihre Stimme einige Male und sie lief auf der kleinen Lichtung auf und ab, wobei sie sich wie wild durch die Haare raufte.

Aragorn saß derweil gelassen an einen Baum gelehnt und lächelte in sich hinein. Sie hatte schon immer einen Hang zum Melodramatischen gehabt und er wusste, das man nicht alles ernst nehmen durfte, was sie sagte.

Langsam, aber stetig drifteten seine Gedanken ab und er hörte kaum noch auf das, was Yemaya sagte, das brauchte er aber auch nicht, denn er wusste bereits, dass sie sich nur noch über den Elb, wie sie so schön sagte, aufregen würde.

Er war in Gedanken bei seinem Sohn und bei Arwen.

Ja, bei Arwen. Wie sehr er sie doch vermisste. Er versuchte sich alle Einzelheiten seiner liebreizenden Gemahlin ins Gedächtnis zu rufen, wobei sich sein Herz zusammen krampfte. Wie gern hätte er sie jetzt in den Armen gehalten.

Aragorn wurde aus seiner Traumwelt gerissen, den Yemayas Stimme wurde schrill und laut. Nun wurde es dem Herrscher zu bunt, er richtete sich auf und klopfte ein paar Grasspelzen von seiner Kleidung. Dann begann er beschwichtigend auf Yemaya einzureden.

„Yemaya beruhige dich! Was hast du gegen Legolas auszusetzen? Du solltest nicht so respektlos zu ihm sein. Immerhin ist er der Thronerbe des Düsterwaldes."

„Was?" schrie Yemaya jetzt noch aufgebrachter aus.

„Dieser Schwächling, der sich noch nicht einmal mit Worten gegen eine Frau wehren kann, soll König des Düsterwaldes werden? Wer hat sich diesen Schwachsinn ausgedacht? Na ja, zuzutrauen wäre es diesen Elben schon, so einen Idioten auf den Thron zu setzten!"

„Yemaya!" Die sonst so ruhige Stimme des Königs wurde jetzt scharf und zornig, „Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass Legolas sich hätte wehren können, es aber nicht wollte? Bei Gondor, er hat mehr Anstand in seinem kleinen Finger, als du in deinem ganzen Körper!"

Aragorn hielt Yemayas vernichtenden Blicken stand. Schmollend lies sie sich auf den Boden fallen und stocherte mit einem Stöckchen in der Erde herum.

„Yemaya?"

„Ja?" ihr verärgerter Ton brachte Aragorn zum lachen.

„Yemaya, wie wäre es, wenn du dich bei Legolas entschuldigst?"

„Ich mich bei ihm entschuldigen? Die Elben sind es die sich bei uns Schwarzaugen entschuldigen müssen!"

„Du hast immer noch nicht verstanden, das es erstens nicht um Elben und Schwarzaugen, sondern um dich und Legolas geht und zweitens, er auch nichts für dein Schicksal kann. Er wusste vor einem Tag ja noch nicht einmal, dass es Schwarzaugen wirklich gibt."

Yemaya stand ohne ein Wort auf und bewegte sich in Richtung Bäume.

„Wirst du dich entschuldigen?"

Yemaya drehte sich so schnell um, dass ihr, ihr langes Haar ins Gesicht schlug und funkelte Aragon böse an.

„Sei froh, dass du der König von Gondor bist!"

Mit diesen Worten drehte sie sich erneut um und verschwand zwischen den Bäumen. Aragorn lies sich an dem Stamm eines Baumes hinab gleiten und schlug die Hände vors Gesicht. Nein, sie hatte sich kein Stück geändert.

Es war ihr nicht schwer gefallen sie zu finden, denn immerhin bewegten sie sich durch den Wald der Schwarzaugen, den die Elben, die sie so verachtete, einst Ariandor genannt hatten. Doch dieser Name war zu der Zeit, als Yemaya auf einem Baum saß und den Elb und den Zwerg dabei beobachtete, wie sie redeten, längst vergessen.

Der leichte Wind trug die Worte der beiden Freunde zu ihr in die Höhe. Sie schmunzelte in sich hinein, denn sie wusste, dass die beiden sofort aufhören würden zu reden, wenn sie sie bemerkten.

„Also, mir ist sie unheimlich. Es erstaunt mich immer wieder was Aragorn für komische Freunde hat."

Gimli wartete auf eine Antwort von Legolas' Seite, die aber auf sich warten ließ.

„Ich weiß nicht Gimli...", er stockte, „ich spüre bei ihr ein großes Misstrauen mir gegenüber. Ich will meinen, dass sie etwas verbittert ist, das ist alles."

Gimli ließ sich auf einem Stein nieder und schniefte vor sich hin. Er vernahm ein leises Knacken, was er aber nur als ein Geräusch des Waldes abtat. Nicht so Legolas. Er hatte schon einen Pfeil gezogen, ihn auf die Sehne seines Bogens gelegt und zielte damit in eine der mächtigen Baumkronen.

Tatsächlich glitt aus dem dichten Geäst ein Schatten und fiel auf den Boden.

Legolas steckte seinen Pfeil zurück und ließ den Bogen wieder sinken.

„Das war nun schon das zweite Mal, Herr Legolas, dass ihr mit Pfeil und Bogen auf mich zielt. Ich weiß nicht so recht was ich jetzt davon halten soll."

„Was sollen wir davon halten, dass ihr in einem Baum sitzt und uns beobachtet, Yemaya?", zischte Gimli, aber das verschmitze Lächeln Yemayas ließ seinen Zorn genauso schnell wieder verfliegen wie er gekommen war.

„Herr Gimli, Aragorn hat mich nach euch geschickt. Er sagte, ihr sollt schnell zu ihm kommen!"

Gimli setzte ein wissendes Lächeln auf. „Oh ja! Ich verstehe!" Kurz darauf war er im Dickicht verschwunden.

Yemaya legte den Kopf schief und sah Legolas überlegend an.

„Legolas, ich möchte, dass du mir folgst. Aragorn sagte, du seiest der Prinz des Düsterwaldes und wenn du einmal König wirst, solltest du dies gesehen haben. Viele Elben würden dafür sterben, es zu sehen, glaube mir."

„Würden sterben um was zu sehen?"

„Folge mir einfach!"

Schon war sie zwischen den Bäumen verschwunden und Legolas hatte, trotz seiner Leichtfüßigkeit, Mühe mit ihr Schritt zu halten.

Auf einmal blieb sie stehen, schloss ihre Augen und zog einen Halbkreis mit dem Zeigefinger ihrer Rechten Hand durch die Luft.

Legolas versuchte etwas durch die Bäume zu erkennen, doch trübte ein dichter Nebel seine Sicht. Plötzlich faste Yemaya seine Hand und riss ihn mit sich. Er war erstaunt mit was für einer Kraft sie ihn hinter sich her zog.

Nachdem sie einige Schritte gelaufen waren, bemerkte Legolas einen orangen Schimmer, der von einer Lichtung vor ihnen kam.

Als Legolas den großen knorrigen Baum am Ende erblickte, stockte ihm fast der Atem. Seine scharlachroten Blätter wurden von der hoch am Himmel stehenden Sonne so angestrahlt, dass er zu brennen schien.

Schweigend über die Schönheit dieses Laubbaumes, verharrten sie und schwiegen.

Legolas wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als Yemaya zusammen zuckte.

„Sie sind da! Die Orks, sie sind wieder da, ich kann sie spüren!"

***** Danke erst mal, an alle, die mir gereviewt haben!

Ich weiß, dass Yemaya eine furchtbare Kratzbürste ist, aber wie soll ich es sagen? Ich mach sie irgendwie und Legolas werde ich das Leben auch nicht leichter machen.

Reviewt bitte fleißig weiter (würde mich auch mal über eine Mail freuen)!!!!

Bye Imanje