Zwischenspiel : All and nothing for him .Die verbotene Unschuld von Masas Seele.
Kai ist so ziemlich die wichtigste Person im meinen Leben. Zu wertvoll, um sie zu verlieren. Und genau das wird passieren, wenn er jemals erfährt, was ich für ihn getan habe.
Ich weiß nicht warum, aber eines Tages geschah das, was ich immer gefürchtet hatte. Ich verlor ihn.
An jenen Tag kehrte ich gerade nach Erfüllung eines Auftrages für meinen Herrn, Sagano, nach Osaka zurück. Kyosuke erwartete mich schon händeringend in der Eingangshalle. Der Bon seie am Durchdrehen und wolle abhauen.
Kurzerhand rannte ich zu Kais Zimmer. Nur mühsam konnte ich meinen Schrecken zügeln, als es dem Jungen wirklich ernst zu sein schien. Energisch räumte er seine Schubladen leer und stopfte alles in einem grossen Koffer, der auf seinem Bett lag.
"Was geht hier vor, Bon?", bemühte ich mich ruhig zu fragen.
Er warf mir einen Blick zu. Und augenblicklich verdüsterte sich sein Gesicht. Das hatte ich nicht erwartet. Ehrlich gesagt, sehne ich mich nach Tagen nach dem freudigen Strahlen, was automatisch bei jeder Rückkehr über sein Gesicht huscht. Dieses Strahlen war der einzige Grund, warum ich so viele Aufträge überleben wollte. Um möglichst schnell zu ihm zurückzukehren. Aber diesmal- es kostete mich fast alle Kraft, die ich hatte, vor seinem finsteren Blick nicht zurückzuweichen.
"Ach, du bist es Masa!", schnaubte er verächtlich. "Tauchst du auch mal wieder auf? Du kannst mich nicht aufhalten! Ich gehe!"
"Und wohin , Bon?" fragte ich sanft. Es war mir schon vor Jahren aufgefallen, dass es unmöglich für mich war, in einem anderen Tonfall mit ihm zu sprechen.
"Das geht dich einen Scheiß an!"
Hatte ich ihn soweit getrieben? In der letzten Zeit hatte ich mich aus Gründen, die ich noch nicht mal vor mir selbst vertreten konnte, vor ihm zurückgezogen. Obwohl ich wusste, wie sehr es ihn verletzt hatte. Und wie sehr er mich brauchte, besonders nach dem, was Shinji ihm angetan hatte. Und trotzdem... je mehr er meine Nähe suchte, um so weiter stiess ich ihn fort. Und diesmal, ihm Gegensatz zu seinen vorherigen Ausreißversuchen, war es ihm ernst.
Irgendwie spürte ich, dass nichts, was ich tun könnte, ihn hier halten würde.
Also wählte ich einen anderen Weg.
"Wie Ihr wünscht, Bon.", sagte ich knapp.
Mein Herr reagierte genauso, wie ich es erwartet hatte. Er stürmte wütend in Kais Zimmer und verbot ihm jeden Fluchtversuch.
Was ich nicht erwartet hatte, war, dass er mich als Bürgen für Kais Wohlverhalten einsetzte.
In dieser Nacht unternahm ich einen Versöhnungsversuch. Kai war, wie immer hungrig, heimlich in die Küche geschlichen. Es kostete mich nicht viel Überlegung, um herauszubekommen, wie er die verschlossenen Tür überlistet hatte. Er war schon immer sehr findig in solchen Sachen, obwohl er alle Talente, die ihn zu einen hervorragenden Yakuza machen würden, vehement abstritt. Und ehrlich gesagt, war ich froh darüber.
Ich lotste ihn auf mein Zimmer, wo seine Lieblingspizza auf ihn wartete.
Es tat mir weh, sehr weh, als ich sein Gesicht sah, nachdem er erfuhrt, dass ich noch in der selben Nacht abreisen müsste. Mein Zwischenstopp in Osaka war nicht eingeplant gewesen. Aber irgendwie hatte ich wohl schon Entzugserscheinungen nach seinen Wutanfällen.
Kai zeigte sich selten einsichtig, als ich ihm erzählte, warum er zu Hause bleiben musste. Es waren in letzter Zeit zu viele Anschläge auf ihn verübt worden, als dass es für ihn ungefährlich gewesen wäre, die Residenz zu verlassen.
Er schwor mir in die Hand, dass er bleiben würde.
Selten hatte er mich so enttäuscht.
Der Anruf kam 4 Stunden nach meinen Abflug. Sagano orderte mich sofort zurück. Kai seie verschwunden.
Die Rückreise verbrachte ich in einem grüblerischen Dämmerzustand.
Das Haus war im Aufruhr. Ein kreidebleicher Kyosuke empfing mich am Eingang.
Schweigend eilten wir durch die Gänge zu Saganos Büro. Seine Wutschreie hätten uns auch den Weg gezeigt, wenn wir ihn nicht fast jeden Tag unseres Lebens als Yakuza gegangen waren.
Angstschlotternd stürzten in Moment meiner Ankunft ein Diener aus dem Raum.
Bedrohliche Stille empfing mich, als ich, nur äußerlich gefaßt, sein Büro betrat.
Sagano sass hinter seinen Schreibtisch. Er lud mich nicht ein, Platz zu nehmen.
"Ich nehme an, du weißt, was geschehen ist." Angesichts seines feurigen Temperaments war seine Ruhe eine weit größere Bedrohung als ein Tobsuchtsanfall.
"Du warst für ihn verantwortlich. Sein Verschwinden ist somit dein Verschulden."
Ich senkte den Kopf. "Hai."
In meinen Inneren herrschte eine schwarze Leere.
"Ich habe dir meinen Sohn anvertraut. Was aus ihm geworden ist, ist deine Schuld. Anders ist es nicht zu erklären, warum er solch ein schwuler Feigling geworden ist."
Etwas regte sich in mir. Protest? Aufbegehren? Einverständnis?
"Hai!" murmelte ich leise. Was hätte ich auch anderes sagen können.
"Du wirst sofort abreisen. Ich gebe dir eine Stunde, deine Sachen zu packen. Dann will ich dich nie wieder sehn."
Das Blut wich mir aus dem Gesicht.
"Abgesehen von meinen Sohn hat mich nur selten ein Mensch so sehr enttäuscht., wie du es getan hast. Dennoch hast du sehr viel für die Familie getan. Deshalb wird deine Strafe etwas milder ausfallen."
"Ich verdiene nur die äußerste Härte", murmelte ich beschämt. Er ignorierte mich.
"Zufällig habe ich momentan ein... Problem mit unseren Geschäftspartner in China. Du wirst die dortige Triade, den Chenclan, infiltrieren und ihr Oberhaupt sowie eventuelle Nachfolger beseitigen. Danach bist du frei, überall hin zu gehen. Solange du Japan nur nie wieder betrittst."
"Hai." In jenen Moment war ich seelisch erstarrte. Anders kann ich mir dieses Verhalten nicht erklären.
Warum hatte er sein Wort gebrochen? Er erwähnte jemanden den er liebte- habe ich mich solange von dir ferngehalten, dass ich davon nichts mitgekriegt habe, Bon?
"Du darfst gehen." Unterbrach Sagano meine Gedanken.
Schweigend verbeugte ich mich und wandte mich zur Tür. Kurz vorher zögerte ich.
"Und der Bon? Was ist mit ihm?"
"Das ist nicht mehr deine Sache. Meine Männer werden nach ihm suchen."
"Aber sie kennen ihn nicht so gut wie ich!" Obwohl es sinnlos war, musste ich diesen Einwand vorbringen.
"Meine Männer können das gut genug. Du hast genug angerichtet. Ich verbiete dir, ihn zu suchen. Hörst du?"
Wütend schlug er mit der Faust auf die Schreibtischplatte.
"Hai!"
"Du wirst ihn nie wiedersehen. Verstanden?"
Wieder verbeugte ich mich und verliess den Raum. Hinter mir hörte ich noch die Stimme meines Herrn:
"Verstanden, Masa?"
Stumm ging ich an dem neugierigen Kyosuke vorbei.
Innerhalb von zwei Minuten hatte ich die wenigen Sachen gepackt, dir noch nicht in meinen Koffer waren und verliess das Haus, das all die Jahre mein Zuhause gewesen war.
Nicht zuletzt wegen jenen Jungen, der mir zur Familie geworden war. Und jetzt soll ich all das nie wieder sehen? Meine Fingernägel schnitten in meinen Handflächen, als ich ohne umzudrehen Osaka verliess.
`Niemals!'
Ich will nicht den Spagat zwischen Heuchelei, Schmeicheleien und Meucheleien erwähnen, den ich vollführte, um meinen Auftrag zu erfüllen. Nach Monaten gelang es mir, das Vertrauen meines Ziels zu erlangen. Meine im Saganoclan erlernten Fähigkeiten waren mir hier von Nutzen. Sie ahnten nichts von meiner Herkunft, als ich eines Nachts das Bett seiner ältesten Tochter verliess, die mich in ihr Herz und ihre Familie aufgenommen hatte.
Verschleierung war mir zur zweiten Kunst geworden. Die erste war jene, welche ich in dieser Nacht zu neuer Kunstfertigkeit brachte. An meinen Fingern glänzte noch der Ehering, als ich mein blutiges Messer in das Meer warf. Der Ring ging den gleichen Weg.
Es war unsere Hochzeitsnacht gewesen. Alle wichtigen Familienangehörige waren unter einen Dach versammelt. Meine Chance. Ich hätte meinen Auftrag verraten können. Ich hätte bei ihr bleiben können.
Aber mich zog es nur zu ihm. Ein Jahr, zwei Monate, drei Wochen und einen Tag habe ich jede Sekunde an seinen Verrat gedacht.
Ihn gehasst, weil er mir nicht aus dem Herzen ging. Weil ich wusste, dass ich ihn nie wieder sehen durfte.
Weil ein altes Treuegelübde nicht gebrochen werden darf.
Schweigend sah ich zu, wie der goldglänzende Ring im Wasser verschwand.
Was ist schon ein Gelübde?
Langsam drehte ich mich um und strebte Richtung Flughafen. Sagano hatte mir verboten, wiederzukommen. Ihn zu sehen. Mein Auftrag war beendet. ich war frei. Doch nicht von Kai.
Dienstboten und niedere Yakuza wirbelten wie Staubwolken beiseite, als ich über die Schwelle zur Residenz trat.
Ohne ein Wort zu verlieren, strebte ich den Büro zu. Ein verwirrter Kyosuke kam mir entgegen.
"Masa...? Was...?"
"Mein Auftrag ist erfüllt. Ich bin zurück!"
Ich schob den perplexen Mann beiseite und öffnete die Tür. Meine Quellen hatten mir verraten, dass der alte Mann niemanden von meiner Verbannung erzählt hatte.
Alle glaubten, ich seie immer noch sein Nachfolger und auf wichtiger Mission unterwegs. Seinen Gesundheitszustand war sehr schlecht. Mein Zeitpunkt hätte nicht besser sein können. Er hätte seinen Leuten die Wahrheit sagen sollen. So glaubt jeder, ich käme, um meinen kranken Herrn Referenz zu erweisen.
Das er es nicht tat, ist ein Zeichen seiner Schwäche. Sein Sohn verschwunden, sein Nachfolger verbannt- es wäre sein Tod gewesen. Und ich habe immer noch mehr Anhänger unter seinen eigenen Leuten. als er selbst. Sein Misstrauen liess es nicht zu, das er einen anderen an meine Stelle setzte.
Schweigend betrachtete ich die abgezehrte Gestalt, die seltsam klein auf dem Schreibtischstuhl wirkte.
Im ersten Moment runzelte er verwirrt die Stirn. Dann färbte sich sein Gesicht rot.
"DU! Du wagst es...????"
"Halt die Klappe, alter Mann!"
Er verschluckte sich fast an meinen harten Worten.
"Ich lasse meine Leibwächter kommen!", fauchte er.
Sah ich da tatsächlich Angst in seinen Augen?
Unbeteiligt ging ich um seinen Schreibtisch herum und setzte mich neben ihm auf die Platte.
"Nur zu! Bedauerlicherweise sind sie jedoch zum Sake trinken in die Küche geschickt worden. Du hättest meine Autorität widerrufen sollen."
Kraftlos versuchte Sagano aufzustehen. Schwach sackte er immer wieder ab.
"Was... willst du?" keuchte er schließlich.
"Ihr seid schwach, alter Mann." Spöttisch betrachtete ich seine fruchtlose Versuche, mir zu entkommen. Sinnlos. Hatte er mich nicht ausgebildet?
Meine rechte Hand schloss sich in der Jackentasche um einen Gegenstand.
"Freut es Euch nicht, zu hören, dass Euer alter Feind in China neben Familie tot ist?", fuhr ich im Gesprächston fort. Sagano wurde noch bleicher.
"Du... wie konntest du dich meinen Befehlen widersetzen?" keuchte er.
Gelangweilt zog ich meine Hand aus der Tasche. Er verfolgte wie hypnotisiert meine Bewegung. "Was hast du vor?"
Blitzschnell rammte ich ihn die Spritze in die Brust und drückte den Kolben durch.
Er fing an zu röcheln. Sein Lippen liefen blau an.
"Wieso..."
Für einen Moment erlaubte ich mir, Genugtuung durch meine Augen scheinen zu lassen.
"Ihr hättet mir nicht verbieten sollen, ihn nie wieder zu sehen."
Langsam schien er zu verstehen. "Verdammt sollst du sein!"
In einer sinnlosen Kraftanstrengung krallte sich seine Hand um die Spritze, die noch immer in seiner Brust steckte.
Hilfsbereit beugte ich mich vor und zog sie hinaus. Was ein bißchen Luft in einem so kleinen Organ wie dem Herzen anrichten kann. Mehr noch als Gift.
Ich fühlte nur Kälte, als Sagano zu Boden sackte und langsam zu meinen Füßen starb.
Erst danach rief ich um Hilfe.
Es warf zwar einige Fragen auf. Aber meine rätselhaften Andeutungen über die Entwicklung meiner Mission, die ihn sehr geschockt hätten, schienen zu reichen.
Ich liess keinen weiteren Tag mehr verstreichen.
Sofort arbeitete ich mich wieder in die Geschäfte der Familie ein. Ein paar Störfaktoren, die gegen meine Führung aufbegehrten, mussten beseitigt werden. Doch was waren sie schon, angesichts der Tatsache, dass ich mich jetzt endlich aufmachen konnte, ihn zu suchen.
Ich würde alles für ihn tun. Damit er sicher ist, sich glücklich fühlt. Aber wie ich erfahren musste, schließt letzteres für ihn mich mit ein.
Was ihn angeht, werde ich leicht schwach...
Dennoch muss ich versuchen, ihm weiter fern zu bleiben. Denn wenn er erfährt, was ich in den letzten Jahren getan habe, wen ich verraten und wen ich getötet habe, wird er mich hassen. Und selbst wenn nicht- ich kann nicht zulassen, dass solch ein Wissen ihn beschmutzt. Ihn, der das letzte ist, was man als meine Unschuld bezeichnen kann.
A/N: Wie fandet ihr meinen kleinen Exkurs? ;-)
Nen bißchen von Masas Seite. Is doch mal was anderes *grins*.
Kai ist so ziemlich die wichtigste Person im meinen Leben. Zu wertvoll, um sie zu verlieren. Und genau das wird passieren, wenn er jemals erfährt, was ich für ihn getan habe.
Ich weiß nicht warum, aber eines Tages geschah das, was ich immer gefürchtet hatte. Ich verlor ihn.
An jenen Tag kehrte ich gerade nach Erfüllung eines Auftrages für meinen Herrn, Sagano, nach Osaka zurück. Kyosuke erwartete mich schon händeringend in der Eingangshalle. Der Bon seie am Durchdrehen und wolle abhauen.
Kurzerhand rannte ich zu Kais Zimmer. Nur mühsam konnte ich meinen Schrecken zügeln, als es dem Jungen wirklich ernst zu sein schien. Energisch räumte er seine Schubladen leer und stopfte alles in einem grossen Koffer, der auf seinem Bett lag.
"Was geht hier vor, Bon?", bemühte ich mich ruhig zu fragen.
Er warf mir einen Blick zu. Und augenblicklich verdüsterte sich sein Gesicht. Das hatte ich nicht erwartet. Ehrlich gesagt, sehne ich mich nach Tagen nach dem freudigen Strahlen, was automatisch bei jeder Rückkehr über sein Gesicht huscht. Dieses Strahlen war der einzige Grund, warum ich so viele Aufträge überleben wollte. Um möglichst schnell zu ihm zurückzukehren. Aber diesmal- es kostete mich fast alle Kraft, die ich hatte, vor seinem finsteren Blick nicht zurückzuweichen.
"Ach, du bist es Masa!", schnaubte er verächtlich. "Tauchst du auch mal wieder auf? Du kannst mich nicht aufhalten! Ich gehe!"
"Und wohin , Bon?" fragte ich sanft. Es war mir schon vor Jahren aufgefallen, dass es unmöglich für mich war, in einem anderen Tonfall mit ihm zu sprechen.
"Das geht dich einen Scheiß an!"
Hatte ich ihn soweit getrieben? In der letzten Zeit hatte ich mich aus Gründen, die ich noch nicht mal vor mir selbst vertreten konnte, vor ihm zurückgezogen. Obwohl ich wusste, wie sehr es ihn verletzt hatte. Und wie sehr er mich brauchte, besonders nach dem, was Shinji ihm angetan hatte. Und trotzdem... je mehr er meine Nähe suchte, um so weiter stiess ich ihn fort. Und diesmal, ihm Gegensatz zu seinen vorherigen Ausreißversuchen, war es ihm ernst.
Irgendwie spürte ich, dass nichts, was ich tun könnte, ihn hier halten würde.
Also wählte ich einen anderen Weg.
"Wie Ihr wünscht, Bon.", sagte ich knapp.
Mein Herr reagierte genauso, wie ich es erwartet hatte. Er stürmte wütend in Kais Zimmer und verbot ihm jeden Fluchtversuch.
Was ich nicht erwartet hatte, war, dass er mich als Bürgen für Kais Wohlverhalten einsetzte.
In dieser Nacht unternahm ich einen Versöhnungsversuch. Kai war, wie immer hungrig, heimlich in die Küche geschlichen. Es kostete mich nicht viel Überlegung, um herauszubekommen, wie er die verschlossenen Tür überlistet hatte. Er war schon immer sehr findig in solchen Sachen, obwohl er alle Talente, die ihn zu einen hervorragenden Yakuza machen würden, vehement abstritt. Und ehrlich gesagt, war ich froh darüber.
Ich lotste ihn auf mein Zimmer, wo seine Lieblingspizza auf ihn wartete.
Es tat mir weh, sehr weh, als ich sein Gesicht sah, nachdem er erfuhrt, dass ich noch in der selben Nacht abreisen müsste. Mein Zwischenstopp in Osaka war nicht eingeplant gewesen. Aber irgendwie hatte ich wohl schon Entzugserscheinungen nach seinen Wutanfällen.
Kai zeigte sich selten einsichtig, als ich ihm erzählte, warum er zu Hause bleiben musste. Es waren in letzter Zeit zu viele Anschläge auf ihn verübt worden, als dass es für ihn ungefährlich gewesen wäre, die Residenz zu verlassen.
Er schwor mir in die Hand, dass er bleiben würde.
Selten hatte er mich so enttäuscht.
Der Anruf kam 4 Stunden nach meinen Abflug. Sagano orderte mich sofort zurück. Kai seie verschwunden.
Die Rückreise verbrachte ich in einem grüblerischen Dämmerzustand.
Das Haus war im Aufruhr. Ein kreidebleicher Kyosuke empfing mich am Eingang.
Schweigend eilten wir durch die Gänge zu Saganos Büro. Seine Wutschreie hätten uns auch den Weg gezeigt, wenn wir ihn nicht fast jeden Tag unseres Lebens als Yakuza gegangen waren.
Angstschlotternd stürzten in Moment meiner Ankunft ein Diener aus dem Raum.
Bedrohliche Stille empfing mich, als ich, nur äußerlich gefaßt, sein Büro betrat.
Sagano sass hinter seinen Schreibtisch. Er lud mich nicht ein, Platz zu nehmen.
"Ich nehme an, du weißt, was geschehen ist." Angesichts seines feurigen Temperaments war seine Ruhe eine weit größere Bedrohung als ein Tobsuchtsanfall.
"Du warst für ihn verantwortlich. Sein Verschwinden ist somit dein Verschulden."
Ich senkte den Kopf. "Hai."
In meinen Inneren herrschte eine schwarze Leere.
"Ich habe dir meinen Sohn anvertraut. Was aus ihm geworden ist, ist deine Schuld. Anders ist es nicht zu erklären, warum er solch ein schwuler Feigling geworden ist."
Etwas regte sich in mir. Protest? Aufbegehren? Einverständnis?
"Hai!" murmelte ich leise. Was hätte ich auch anderes sagen können.
"Du wirst sofort abreisen. Ich gebe dir eine Stunde, deine Sachen zu packen. Dann will ich dich nie wieder sehn."
Das Blut wich mir aus dem Gesicht.
"Abgesehen von meinen Sohn hat mich nur selten ein Mensch so sehr enttäuscht., wie du es getan hast. Dennoch hast du sehr viel für die Familie getan. Deshalb wird deine Strafe etwas milder ausfallen."
"Ich verdiene nur die äußerste Härte", murmelte ich beschämt. Er ignorierte mich.
"Zufällig habe ich momentan ein... Problem mit unseren Geschäftspartner in China. Du wirst die dortige Triade, den Chenclan, infiltrieren und ihr Oberhaupt sowie eventuelle Nachfolger beseitigen. Danach bist du frei, überall hin zu gehen. Solange du Japan nur nie wieder betrittst."
"Hai." In jenen Moment war ich seelisch erstarrte. Anders kann ich mir dieses Verhalten nicht erklären.
Warum hatte er sein Wort gebrochen? Er erwähnte jemanden den er liebte- habe ich mich solange von dir ferngehalten, dass ich davon nichts mitgekriegt habe, Bon?
"Du darfst gehen." Unterbrach Sagano meine Gedanken.
Schweigend verbeugte ich mich und wandte mich zur Tür. Kurz vorher zögerte ich.
"Und der Bon? Was ist mit ihm?"
"Das ist nicht mehr deine Sache. Meine Männer werden nach ihm suchen."
"Aber sie kennen ihn nicht so gut wie ich!" Obwohl es sinnlos war, musste ich diesen Einwand vorbringen.
"Meine Männer können das gut genug. Du hast genug angerichtet. Ich verbiete dir, ihn zu suchen. Hörst du?"
Wütend schlug er mit der Faust auf die Schreibtischplatte.
"Hai!"
"Du wirst ihn nie wiedersehen. Verstanden?"
Wieder verbeugte ich mich und verliess den Raum. Hinter mir hörte ich noch die Stimme meines Herrn:
"Verstanden, Masa?"
Stumm ging ich an dem neugierigen Kyosuke vorbei.
Innerhalb von zwei Minuten hatte ich die wenigen Sachen gepackt, dir noch nicht in meinen Koffer waren und verliess das Haus, das all die Jahre mein Zuhause gewesen war.
Nicht zuletzt wegen jenen Jungen, der mir zur Familie geworden war. Und jetzt soll ich all das nie wieder sehen? Meine Fingernägel schnitten in meinen Handflächen, als ich ohne umzudrehen Osaka verliess.
`Niemals!'
Ich will nicht den Spagat zwischen Heuchelei, Schmeicheleien und Meucheleien erwähnen, den ich vollführte, um meinen Auftrag zu erfüllen. Nach Monaten gelang es mir, das Vertrauen meines Ziels zu erlangen. Meine im Saganoclan erlernten Fähigkeiten waren mir hier von Nutzen. Sie ahnten nichts von meiner Herkunft, als ich eines Nachts das Bett seiner ältesten Tochter verliess, die mich in ihr Herz und ihre Familie aufgenommen hatte.
Verschleierung war mir zur zweiten Kunst geworden. Die erste war jene, welche ich in dieser Nacht zu neuer Kunstfertigkeit brachte. An meinen Fingern glänzte noch der Ehering, als ich mein blutiges Messer in das Meer warf. Der Ring ging den gleichen Weg.
Es war unsere Hochzeitsnacht gewesen. Alle wichtigen Familienangehörige waren unter einen Dach versammelt. Meine Chance. Ich hätte meinen Auftrag verraten können. Ich hätte bei ihr bleiben können.
Aber mich zog es nur zu ihm. Ein Jahr, zwei Monate, drei Wochen und einen Tag habe ich jede Sekunde an seinen Verrat gedacht.
Ihn gehasst, weil er mir nicht aus dem Herzen ging. Weil ich wusste, dass ich ihn nie wieder sehen durfte.
Weil ein altes Treuegelübde nicht gebrochen werden darf.
Schweigend sah ich zu, wie der goldglänzende Ring im Wasser verschwand.
Was ist schon ein Gelübde?
Langsam drehte ich mich um und strebte Richtung Flughafen. Sagano hatte mir verboten, wiederzukommen. Ihn zu sehen. Mein Auftrag war beendet. ich war frei. Doch nicht von Kai.
Dienstboten und niedere Yakuza wirbelten wie Staubwolken beiseite, als ich über die Schwelle zur Residenz trat.
Ohne ein Wort zu verlieren, strebte ich den Büro zu. Ein verwirrter Kyosuke kam mir entgegen.
"Masa...? Was...?"
"Mein Auftrag ist erfüllt. Ich bin zurück!"
Ich schob den perplexen Mann beiseite und öffnete die Tür. Meine Quellen hatten mir verraten, dass der alte Mann niemanden von meiner Verbannung erzählt hatte.
Alle glaubten, ich seie immer noch sein Nachfolger und auf wichtiger Mission unterwegs. Seinen Gesundheitszustand war sehr schlecht. Mein Zeitpunkt hätte nicht besser sein können. Er hätte seinen Leuten die Wahrheit sagen sollen. So glaubt jeder, ich käme, um meinen kranken Herrn Referenz zu erweisen.
Das er es nicht tat, ist ein Zeichen seiner Schwäche. Sein Sohn verschwunden, sein Nachfolger verbannt- es wäre sein Tod gewesen. Und ich habe immer noch mehr Anhänger unter seinen eigenen Leuten. als er selbst. Sein Misstrauen liess es nicht zu, das er einen anderen an meine Stelle setzte.
Schweigend betrachtete ich die abgezehrte Gestalt, die seltsam klein auf dem Schreibtischstuhl wirkte.
Im ersten Moment runzelte er verwirrt die Stirn. Dann färbte sich sein Gesicht rot.
"DU! Du wagst es...????"
"Halt die Klappe, alter Mann!"
Er verschluckte sich fast an meinen harten Worten.
"Ich lasse meine Leibwächter kommen!", fauchte er.
Sah ich da tatsächlich Angst in seinen Augen?
Unbeteiligt ging ich um seinen Schreibtisch herum und setzte mich neben ihm auf die Platte.
"Nur zu! Bedauerlicherweise sind sie jedoch zum Sake trinken in die Küche geschickt worden. Du hättest meine Autorität widerrufen sollen."
Kraftlos versuchte Sagano aufzustehen. Schwach sackte er immer wieder ab.
"Was... willst du?" keuchte er schließlich.
"Ihr seid schwach, alter Mann." Spöttisch betrachtete ich seine fruchtlose Versuche, mir zu entkommen. Sinnlos. Hatte er mich nicht ausgebildet?
Meine rechte Hand schloss sich in der Jackentasche um einen Gegenstand.
"Freut es Euch nicht, zu hören, dass Euer alter Feind in China neben Familie tot ist?", fuhr ich im Gesprächston fort. Sagano wurde noch bleicher.
"Du... wie konntest du dich meinen Befehlen widersetzen?" keuchte er.
Gelangweilt zog ich meine Hand aus der Tasche. Er verfolgte wie hypnotisiert meine Bewegung. "Was hast du vor?"
Blitzschnell rammte ich ihn die Spritze in die Brust und drückte den Kolben durch.
Er fing an zu röcheln. Sein Lippen liefen blau an.
"Wieso..."
Für einen Moment erlaubte ich mir, Genugtuung durch meine Augen scheinen zu lassen.
"Ihr hättet mir nicht verbieten sollen, ihn nie wieder zu sehen."
Langsam schien er zu verstehen. "Verdammt sollst du sein!"
In einer sinnlosen Kraftanstrengung krallte sich seine Hand um die Spritze, die noch immer in seiner Brust steckte.
Hilfsbereit beugte ich mich vor und zog sie hinaus. Was ein bißchen Luft in einem so kleinen Organ wie dem Herzen anrichten kann. Mehr noch als Gift.
Ich fühlte nur Kälte, als Sagano zu Boden sackte und langsam zu meinen Füßen starb.
Erst danach rief ich um Hilfe.
Es warf zwar einige Fragen auf. Aber meine rätselhaften Andeutungen über die Entwicklung meiner Mission, die ihn sehr geschockt hätten, schienen zu reichen.
Ich liess keinen weiteren Tag mehr verstreichen.
Sofort arbeitete ich mich wieder in die Geschäfte der Familie ein. Ein paar Störfaktoren, die gegen meine Führung aufbegehrten, mussten beseitigt werden. Doch was waren sie schon, angesichts der Tatsache, dass ich mich jetzt endlich aufmachen konnte, ihn zu suchen.
Ich würde alles für ihn tun. Damit er sicher ist, sich glücklich fühlt. Aber wie ich erfahren musste, schließt letzteres für ihn mich mit ein.
Was ihn angeht, werde ich leicht schwach...
Dennoch muss ich versuchen, ihm weiter fern zu bleiben. Denn wenn er erfährt, was ich in den letzten Jahren getan habe, wen ich verraten und wen ich getötet habe, wird er mich hassen. Und selbst wenn nicht- ich kann nicht zulassen, dass solch ein Wissen ihn beschmutzt. Ihn, der das letzte ist, was man als meine Unschuld bezeichnen kann.
A/N: Wie fandet ihr meinen kleinen Exkurs? ;-)
Nen bißchen von Masas Seite. Is doch mal was anderes *grins*.
