Autor: Safanad Sjire (Safanad@web.de)
Pairing: Yami Yugi/Marik
Teil: 2/?
Warnungen: OOC??, shonen-ai
Kommentar des Autors: Also Wälder dürfte es in Ägypten nicht geben, oder
gegeben haben, aber das spielt hier doch keine Rolle oder? Ansonsten ist
der Teil irgendwie komisch...Lesen auf eigene Gefahr...P.S.: Danke allen
für die lieben Kommis...*gg*
In dem großen Kellergewölbe, worin man sicherlich ein Passagierflugzeug hätte parken können, herrschte eine bedrückende Stille. Der Knirps neben dem Pharao hatte ertappt den Kopf gesenkt und malte mit seiner Fußspitze verlegen kleine Kreise auf dem Boden. Alle anderen Anwesenden, Handlanger Mariks und nun auch Murah, standen abwartend an den Wänden und betrachteten misstrauisch den Fremden und ihren Anführer, der sich nun langsam auf den Maskierten zubewegte und diesen warnend fixierte. Mit einer kleinen Handbewegung deutete er seinen Leuten, die Tür zu versperren, was kurz darauf auch geschah.
Yûgi hatte hart mit sich zu kämpfen. Einerseits wollte er vor Wut seine Kapuze fallen, die anderen wissen lassen wer er und wie sehr er erzürnt war, andererseits könnte dies sein Ende bedeuten. Denn Marik wäre sicherlich klug genug sich etwas einfallen zu lassen, wie er den Pharao loswerden würde. Außerdem hielt ihn seine Zuneigung zu dem hübschen Burschen davon ab. Er würde es wohl kaum über das Herz bringen ihn zu verletzen oder dergleichen.
Nun blieb der Blondhaarige, nur einen Meter von Yûgi entfernt, stehen. Fasziniert musterte der Pharao die gebräunte Haut und die feinen Züge seines Gegenübers, um sich dann dem Rest seines Körpers zu widmen. Zu guter letzt blickte er Marik lächelnd, er wusste selbst nicht warum, in die violetten Augen. Marik schien diese Geste gar nicht zu gefallen, zischte er doch darauf: "Erspare dir dein Grinsen, Fremder. Ansonsten lebst du nicht mehr lange."
Etwas geschockt über die brutale Direktheit des Schönlings, erlosch seine freundlich gemeinte Mimik. Verärgern wollte er seinen Gegenüber eigentlich nicht. Beide starrten sich eine Ewigkeit in die Augen, die Wachen wurden bereits unruhig. Anscheinend war das bei Marik nicht üblich.
"Hey Marik, vielleicht ist er uns nützlich und wir könnten ihn in unser Team aufnehmen?", bemerkte ein Junge, der nun aus der Dunkelheit einer Ecke trat und sich zu den beiden gesellte. Seine weißen Haare hingen genauso wirr in der Gegend herum, wie bei Marik, nur sah dies bei letztgenannten bedeutend besser aus.
"Meinst du? Ich weiß ja nicht..."
Yûgi war über die eigenartige Reaktion des Anführers verwundert. Von den anderen ließ er sich nichts sagen, aber von diesem Kerl schon. Die beiden schienen sich gut zu ergänzen. "Was können wir schon verlieren?"
"Was ist, wenn er uns letztendlich komplett verrät? Vielleicht ist er ein Spion des Pharaos?", knurrte ein anderer, der sich aber weiterhin in der Finsternis versteckte. "Ich bin derselben Meinung wie Marik. Außerdem hat er zu entscheiden, er ist unser Anführer. Nicht du, Bakura."
"Mag ja sein...", seufzte dieser und legte beschwörend seine Hand auf Mariks Schulter. "Dann entscheide dich aber richtig, Marik..."
"Tz...", meinte dieser, unschlüssig über diese aufgezwungene Verantwortung. Aufgewühlt trat er einige Male um den Maskierten herum und blieb dann entschlossen vor diesem wieder stehen. "Nimm deine Kapuze ab, Fremder!", befahl er und wartete, unbewusst auf was. Die Luft im Saal schien sich zu erhitzen und der Druck nahm merklich zu.
Yûgi wusste nicht, was er tun sollte. Nahm er die Kappe ab, war er erledigt, denn er kam hier nicht mehr heraus. Ließ er alles so wie es war, würde er das Misstrauen der anderen schüren. Er schluckte und senkte dann den Kopf. "Das geht nicht...", meinte er schließlich und vernahm das entrüstete Schnaufen der anderen. Nur Marik blieb still und betrachtete seinen Gegenüber mit mehr und mehr Respekt. Ja, irgendwie kostete es all seinen Mut jetzt stehen zu bleiben.
Der Pharao spürte die Unbeholfenheit des Anführers, der sein Gewicht nun auf die rechte Seite verlagerte und in schief ansah. Deutlich genug sah er das sachte Zittern der Hände, dessen Daumen in den Taschen der blauen Hose steckten. Auch sonst wirkte der Anführer eher blass, aber das tat seiner Schönheit trotzdem keinen Abklang. Was hatte er? Wieso riss er ihm denn eigentlich nicht einfach die Kapuze herunter? Viele hätten dies nun gerne getan, nur Marik zögerte und das verunsicherte den Pharao gewaltig. Was hatte Marik nur vor?
Immer noch sahen sich die beiden in die Augen, keiner gewillt dem Blick auszuweichen. Unruhig trippelte der Kleine neben dem Pharao auf seinen winzigen Schuhen und machte sich so nebenbei aus dem Staub. Er schien den Druck nicht mehr auszuhalten und wenn das so weiterginge, würde der Pharao wohl auch lieber das Weite suchen, auch wenn dies gar nicht möglich war. Doch Marik ging es letztendlich genauso. Er verstand selbst nicht, was ihn an dem anderen so verängstigte und doch wieder anzog. Dabei kannte er den Fremden doch gar nicht, hatte ihn noch nie gesehen noch nicht einmal viel von seiner Stimme vernommen. Unterdrückt seufzend, um dem Druck Luft zu machen, konzentrierte er seine Masse nun auf das linke Bein. Seine Finger waren eisig kalt, seine Füße ebenso, und sein Kopf glühte förmlich. Der Druck machte den Blondhaarigen fertig. Bald würde er noch so weit sein, und den Fremden ziehen lassen. Doch das durfte nicht geschehen. Dieser würde ihn und seine Leute an den Pharao verpfeifen und das wäre eine Katastrophe! Doch was sollte er nun machen?
Immer wieder musste der Pharao die Augen zusammenkneifen, um nach dem Augenaufschlag wieder eine Zeit lang vernünftig zu sehen. Diese Sache setzte ihm arg zu und drohte ihn zu verschlingen. Bald würde er nachgeben müssen. Dem eisernen Blick konnte er nicht lange standhalten, da sein Innerstes danach rief, diesen begehrenswerten Körper an sich zu reißen und die momentan so rauh erscheinenden Lippen zu kosten. Er bemerkte durchaus, dass sein Gegenüber auch Probleme hatte, doch half ihm das nicht weiter, entfachte das Feuer, ihn zu schützen, nur noch weiter. Wieso musste dieses Treffen nur so verzwickt sein?
Erleichtert dachte der an seine Kapuze. Solange sie sein Haupt verhüllte, erkannte sein Gegenüber auch nicht die Anstrengung in seinem Gesicht. Doch es stand die Frage im Raum, wie lange konnte er sich noch unter dem Mantel verstecken? Es war sowieso schon verwunderlich, warum er diesen immer noch besaß.
Marik kniff nun die Augen zusammen. "Wie heißt du?", fragte er mit gebieterischem Ton und seine Lider schoben sich langsam wieder empor, was den Pharao fast um den Verstand brachte. War diese verführerische Mimik, als solche von Marik geplant gewesen? Wusste der hübsche Junge etwa von der Zuneigung...? Aber woher? Daraus schloss Yûgi, dass es wohl unbewusst geschehen sein musste. Mariks nun zorniges Antlitz ließ ihn die Frage wieder in den Sinn kommen. Was sollte er jetzt sagen? 'Lass dir was einfallen, Yûgi...'
"Ich bin ...ich bin...", er brach ab. 'Verdammt!', schoss es ihm durch den Kopf. Marik schien nun völlig von der Rolle. Yûgi erblickte die Schweißperlen auf dessen Stirn, wobei ihnen der Anführer keine Beachtung zu schenken schien. Das häufige Schlucken und das arge Zittern, wobei anscheinend auch die Knie davon befallen waren, vollendeten das Abbild von regelrechter noch gerade im Zaum gehaltener Hysterie. Alles versteckt hinter einer gut getarnten Mimik, die nichts von Angst oder schwächlichen Gefühlen zuließ. Doch der Körper sprach es laut aus, was das Gesicht zu verbergen versuchte.
"Marik...", sprach Yûgi ohne Übergang und das Publikum raunte auf. Mariks Braue wanderte in die Höhe und tat seiner Verwirrung kund.
"Ist der verrückt? Der heißt doch nie und nimmer Marik...", fauchte Bakura und trat an die Seite seines Anführers. Dieser hatte sich wieder gefasst und starrte seinen Gegenüber kalt an.
"Nein...ich wollte zu dir Marik...", versuchte der Pharao den Zusammenhang herzustellen. Schallendes Gelächter aus dem Hintergrund ertönte und verunsicherte beide Kontrahenten. Bakura zog sich auf eine Handbewegung Mariks wieder zurück und gesellte sich zu den anderen Handlangern an die Wand.
"Und warum?", fragte Marik mit zitternder Stimme. Gleich darauf war ein Knurren von ihm zu vernehmen, da ihm die gezeigte Angst wohl nicht behagte.
Yûgi lächelte unbewusst, als er mit noch einen Schritt auf den Anführer der Diebesbande zu, den Abstand verkürzte. Jetzt waren sich die beiden so nah, dass es dem Pharao sehr viel Mühe kostete, nicht über diesen Prachtkörper herzufallen. Das kannte er selbst von sich noch nicht, dass man so scharf auf jemanden sein konnte. Eine mehr oder weniger angenehme Hitze machte sich in ihm breit und ungewollt regte sich auch etwas in seiner Hose. Zum Glück hatte er ja noch seinen Umhang.
"Marik...ich habe dich gestern auf dem Marktplatz gesehen...", begann der Pharao und legte seine bebenden Finger auf die Schulter des begehrten Wesens. "Eigentlich..., können wir ungestört mit einander reden?"
Marik war sprachlos. Erst legte der Fremde seine Hand auf seine Schulter. Er spürte die Unsicherheit des anderen und diese Wärme, die nun langsam, kaum bemerkbar, auf dem Schlüsselbein herumzutanzen begann. Und zweitens war diese Frage doch sehr beunruhigend. Er wollte ungestört sein? War das denn eine so gute Idee, die anderen herauszuschicken oder selbst hinauszugehen? Was war, wenn der Fremde nur darauf gewartet hatte? So wehrlos war der Anführer nicht, aber der andere machte ihm irgendwie Angst.
Nochmals schluckte Marik, bevor er seine Wachen anwies, die Tür zu öffnen. Als nächstes brachte Marik einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sie, wobei die Hand des Pharaos von seiner Schulter strich. Schließlich ging Marik hinaus, deutete seinen Leuten, dass er alleine mit dem Fremden sein wollte und verschwand in dem gleißenden Licht der Nachmittagssonne. Ohne zu zögern folgte ihm Yûgi und man verschloss die Tür hinter diesem. Beide gingen noch ein Stückchen, bis zu einem Schatten spendenden Baum, an dessen Stamm sich Marik im Sitz anlehnte. Yûgi blieb unschlüssig vor ihm stehen und musterte das Prachtexemplar, direkt vor seiner Nase. Doch er musste sich zurückhalten, da Mariks Wachen jederzeit herbeistürmen könnten.
"Marik...ich...", begann Yûgi, brach aber schon wieder ab. Er hätte sich am liebsten geohrfeigt, er brachte einfach keinen vernünftigen Satz heraus.
Der Blondling sah in schweigend an, unbewusst, welche Wirkung seine Ausstrahlung auf den Pharao hatte. Dieser seufzte schwer und schluckte anschließend. "Die Sache mit dem Grab mei..., äh, des ehemaligen Pharaos..." Die Augen Mariks weiteten sich. Wollte er ihn jetzt etwas an den nächstbesten verraten?
"Es trifft mich zwar hart..., vor allem, dass ausgerechnet du..." Yûgis Blick verfinsterte sich sacht. "Aber..."
Ein unterdrücktes Knurren hallte monoton durch die ewige Finsternis und breitete sich allmählich aus. An einem glitzernden Teich, auf dessen Mitte sich der Vollmond spiegelte, saß ein regungsloses Wesen dessen verengter Blick scharf auf die leichten Wellen des Wassers gerichtet war. Mit einem Platsch landete ein faustgroßer grauer Stein einige Meter vom Ufer entfernt in dem schwarzen Nass und ließ das Abbild des Mondes verwischen. Es folgten weitere im Minutentakt, gesteuert von den Gedanken des geheimnisvollen Wesens, vermummt in der Dunkelheit, die hier sowohl am Tag als auch bei Nacht üblich war.
Ein weiteres Geschöpf näherte sich langsam im Gleitflug. Es war bei weitem kleiner und kreischte ab und an in klirrend hohem Ton. Peitschend mit den Flügeln schlagend, landete das winzige Ungetüm auf dem ausgestreckten Arm des unbekannten Wesens. Schnurrend wippte es nach vorne und wieder zurück, verschaffte sich dabei mit seinen Schwingen das Gleichgewicht.
~ Was verärgert dich, Herrin? ~
~ Der Pharao... ~
~ Mischt er sich wieder in deine Angelegenheiten ein? ~
~ Mehr oder weniger... ~
~ Wirst du ihn dafür zur Rechenschaft ziehen? ~
~ Das weiß ich noch nicht. ~
~ Die Diktatorin lässt dir freie Hand. Du bist ab jetzt jederzeit berechtigt das Schattenreich zu verlassen. ~
~ Wie gnädig... ~
~ Das wirst du schon richten, Herrin. ~
~ Aber sicher doch. ~
Bedächtig erhob sich das winzige Geschöpf in die Lüfte. Fast lautlos suchte es seine Wege. Geschmeidig richtete sich das andere Wesen auf, wobei sich der dunkle Umhang lockerte und sich zusammen mit dem seidenen Haar im Wind wiegte.
Schon wieder blockierte ein dicker Kloß den Hals des Pharaos. Es war zum verfluchen. Aus irgend einem Grund konnte Yûgi dem Objekt seiner Begierde nicht erklären, was er für es fühlte oder welche Probleme ihn störten. Mit der Zeit verlagerte sich der Schatten, der durch das Kronendach des Baumes auf sie fiel, mehr und mehr nach Osten und ließ die pralle Sonne auf den Rücken des Herrschers scheinen. Diesem war die Wärme mehr als unangenehm, da er so schon glühte wie ein Stück brennendes Holz.
"Warum habt ihr das Grab überfallen?", brachte er lediglich heraus.
"Woher soll ich das wissen. Jindin hat ohne mein Wissen gehandelt, wofür er selbstredend bestraft wird."
Erleichtert und doch bedrückt seufzte der Pharao. So recht brachte ihn das auch nicht weiter. Plötzlich kroch eine Frage in ihm hoch, die ihn erröten ließ und so wagte er es nicht, sie zu stellen. Misstrauisch haftete der Blick Mariks auf ihm. "Warum wirst du rot, Fremder?"
"Ach nichts...", log Yûgi. Es wäre zu forsch, wenn er ihn nach seiner sexuellen Neigung fragen würde, oder nicht?
"Doch, da stimmt doch etwas nicht." Ermutigt stand der Anführer auf und trat verdammt nahe an den Fremden heran. Tastend legte er seine Handfläche auf die Stirn seines Gegenübers und musste erschrocken feststellen, dass der andere glühend heiß war.
"Du brennst ja förmlich... Komm, ich bringe dich zur Krankenstation."
"Nein...nicht nötig!", japste Yûgi und atmete tief ein und aus. Die Nähe und Berührung Mariks brachte ihn fast um den Verstand. Wieso war der Blondhaarige nur so anziehend? "Sag schon...", drängelte dieser.
'Nun gut, er wollte es nicht anders...' "Bist du hetero oder kannst du dich auch für Männer begeistern?" Nun war es raus. Marik riss entsetzt die Augen auf. Was hatte der Fremde da gerade gefragt? Ob er schwul sei? Was waren denn das für Sitten, wo der aufgewachsen war!? Schluckend trat der Anführer ein paar Schritte zurück und schüttelte abweisend den Kopf, die Hände schützend vor den Oberkörper haltend.
"War nur so eine Frage...", versuchte sich Yûgi verlegen aus der Affäre zu ziehen und kratzte sich am Hinterkopf. "Ich wollte dir nicht zu nahe treten, tut mir leid...", betrübt senkte er den Kopf.
"Hey...", murrte der Blonde und kam wieder näher, auch wenn ihm das nicht ganz so zusagte. Wer weiß welche Interessen der andere hegte?! Tröstend und etwas zaghaft legte Marik einen Arm um Yûgi, der ihm dankend zunickte. "Aber Freunde könnten wir doch werden?", hoffte der Umarmte.
"Naja, wenn du so gnädig wärst, mir deinen Namen zu nennen und dich zu enthüllen?", lachte Marik vergnügt und lächelte seinen neuen, baldigen Freund an. 'Naja, eigentlich hat mich ja noch keiner gesehen...'
Vorsichtig stülpte der Pharao die Kapuze hinunter und grinste verlegen zurück. "Keto..." krächzte er schließlich und wäre am liebsten im Erdboden versunken. 'Was besseres fällt dir nicht ein Yûgi?'
Marik hob verdutzt die Brauen. Doch wollte er seinen neuen Kumpel nicht verärgern, also unterließ er das laute Auflachen lieber. Sanft packte er den Pharao am Handgelenk und zerrte ihn in Richtung Stadtrand. Mit der Zeit begann es zu dämmern und beide beschlossen langsam wieder nach Hause zu trotten. Gemeinsam gingen sie ein Stück nebeneinander her und quatschten über die brandneuesten Nachrichten...
Der ein wenig vom letzten Regen angefeuchtete Erdboden des Waldes gab federnd unter den donnernden Hufen des schnaufenden Rappens nach und bot eine erstaunlich gute Trittsicherheit. An einer Lichtung gebot diesem sein in einem Umhang gehüllter Reiter das Tempo bis zum Stillstand zu trimmen und so hielt das Paar mitten auf der saftigen Wiese. Obwohl es im Schattenreich an Licht mangelte, gediehen Pflanzen prächtig und trieben mehrmals im Jahr prachtvolle Blüten aus. Doch im Winter war es mit 17°C und einer häufigen Gewitterrate zu ungünstig für diese geplant. Es war eine sonderbar kalte Saison, die hereingebrochen war. Selten war es so verdammt kühl gewesen. Im Normalfall herrschte eine Temperatur von bis zu erstaunliche 50°C vor. Um so angenehmer würde es also werden, in das sonnige Reich des Pharaos zu reisen.
Angespannt schritt der temperamentvolle Hengst noch einige Meter weit, bis sein Reiter eine durch den Umhang unbemerkte Hilfe gab und das Pferd mit einem gewaltigen Satz durch eine unsichtbare Mauer sprach und verschwand.
Das Licht blendete unangenehm und reizte die Sinne des zierlichen Geschöpfes so stark, das es die Augen schloss, um einer vorzeitigen Überlastung des Organs vorzubeugen. So viel Licht war es nicht gewohnt und seinem Pferd erging es nicht viel besser. Unruhig peitschte dessen Schweif in der Luft, das Ohrenspiel deutete auf äußerste Unzufriedenheit hin. Gelassen saß der Reiter auf dem Rücken und ließ die Sonne auf sich einwirken. Mehr und mehr klärte sich der überrumpelte Wahrnehmungssinn und mit der zunehmenden Entspannung des Wesens beruhigte sich auch das Tier unter ihm.
Deutlich erkannte man nun das Profil des zierlichen und weiblichen Geschöpfes, die feingemeißelte Nase, die perfekt sitzenden Wangenknochen und auch die langen, schwungvollen Wimpern. Unübersehbare Merkmale waren die zackenförmigen Muster, welche die Augen untermalten. Hals sowie Ohren schmückten goldenes Geschmeide, welches sich mit dem Glanz der nachtschwarzen Haare konkurrierte.
Gemächlich öffneten sich die Lider des kalt dreinblickenden Wesens und gaben die schwarzen Opale frei, die neugierig ihre Umwelt zu erkunden begannen, ohne sich zu bewegen.
Ein gezielter Druck mit dem Schenkel veranlasste das noch fast blinde Pferd gehorsam und vertrauensvoll vorwärts zu gehen. Der Sand quietschte unter dem Druck der Pferdebeine, als das Paar auf den Hauptweg der Stadt einbog. Keinerlei Leute waren mehr zu sehen und hatten sich wohl in die Häuser zurückgezogen.
Mit Erleichterung registrierte die Reisende, dass sich der Himmel verdunkelte und zufrieden lobte sie ihre Planung während der Dämmerung die Reichsgrenze zu überwinden. Gelassen tat das Pferd einen Fuß vor den anderen, in dem Tempo, das von der Herrin vorgegeben wurde...
Es war bereits stockdunkel als sie wieder in die Gasse von Mariks Unterkunft einbogen. Vor der Tür blieben sie stehen und lachten sich noch einmal entgegen. Vorsichtig legte Yûgi seine Hand auf Mariks Schulter, wobei dieser zusammenzuckte. So recht war ihm der neue Kumpane doch noch nicht; irgendwie unheimlich. Ansonsten war er aber ganz nett, hatte er festgestellt. Yûgi lächelte über beide Ohren. So glücklich wie jetzt war er lange nicht mehr gewesen und aus irgendeinem Grund interessierte ihn das Grab seines Vaters nicht mehr. Zu sehr war er von seinem neuen Freund angetan. Und wer weiß, vielleicht konnte er ja doch noch dessen Herz erobern. Verlegen grinste er in sich hinein und zog seine Hand zurück.
Gerade wollte er sich verabschieden, da vernahm er das dumpfe Geräusch von regelmäßig belasteten Sandboden. Auch Marik schien dies bemerkt zu haben und suchte mit den Augen die Richtung ab, aus der das Geräusch zu kommen schien. Doch zu sehen war nichts. Als der monotone Ton wieder verebbte zuckte der Pharao nur mit den Schultern. "Nun denn...", begann er, wurde aber sogleich von Marik, der dem Trug der Ruhe misstraut hatte, zur Seite gerissen. Nur nebenbei vernahm das laut stampfende Tier, dass sich nur wenige Meter von ihnen entfernt umdrehte und wieder auf die beiden zustürmte.
"Los weg hier...", hauchte Marik panisch und zerrte den Pharao hinter sich her in die nächste Gasse. Doch das bei weitem schnellere Tier hatte keinerlei Probleme ihnen zu folgen. Orientierungslos irrten die beiden durch die Stadt, versuchten den Verfolger abzuhängen, was unmöglich erschien. Verwirrt stellte Yûgi fest, dass das Tier auf Abstand gehalten wurde. Es kam nun nicht mehr näher als auf 5 Meter heran, war deutlich langsamer geworden und hatte die Gangart gewechselt. Da er von Marik gezogen wurde, brauchte er sich keine Gedanken über den Weg zu machen und betrachtete sich das prachtvolle und doch furchterregende Tier. Es hatte vier Beine mit Hufen und glich einem schwarzen Esel, nur sah es viel eleganter aus und bewegte sich auch schneller, rhythmischer und graziöser als das graue Wesen. Auf ihm saß ein in schwarz eingehülltes Wesen, welches ganz nach einer jungen Frau ausschaute. Doch der Blick behagte ihm gar nicht. Dieser strahlte so viel Kälte und Hass aus, dass es ihm Schauer über den Rücken jagte. Marik intriss in mal wieder kurzzeitig von seinem Blick, als die nächste Kurve fällig. Aber es dauerte nicht lange, da war auch das Tier in diese Gasse eingebogen.
Immer öfter versuchte Marik durch kleine Tunnel und Keller zu schlüpfen, doch das Tier stolzierte ohne Scheu hinterher. Als sie wieder auf der Hauptstraße waren und keine Quergasse in Sicht beschleunigte das fremdartige Wesen und näherte sich rasant. "Marik...", japste Yûgi und umfasste die Hand des anderen fester. Dies glich einem Alptraum. Was sollten sie nur tun? Bald würden die Fremden sie einholen und wer weiß, was dann passierte? Welche Absichten hegte die Fremde?
Voller Schrecken sah der Pharao das große, schwarze Lebewesen auf sich zudonnern, registrierte nebenbei das dumpfe Dröhnen und Beben des Bodens, das sich immer mehr verstärkte, je näher das unbekannte Ding kam. Noch einen Meter, er hätte das Tier bereits anfassen können, hätte er es denn gewollt. Nun endlich begann er selber richtig mitzulaufen, ließ sich nicht mehr nur von Marik hinter sich her ziehen und schloss auf. Doch es half nichts. Nur einige Sekunden später erblickte er schon den Kopf des Ungetüms neben sich und spürte die feine Hand, die äußerst brutal sein Handgelenk umfasste und nach hinten zog. Es war eine ungeheure Wucht, die ihn durch das Bremsen seiner Verfolger zum Hinlegen zwang und ihn unsanft auf seinem Hinterteil landen ließ. Da Marik ihn festgehalten hatte, lag auch er bald darauf auf dem Boden.
Schmerzerfüllt japsten beide auf. Besonders Yûgi hatte zu kämpfen, da der Druck an seinem Handgelenk dieses abszuschnüren drohte. Sein Blick fiel auf den Blondhaarigen, der sich schon wieder aufrappelte und an der anderen Hand des Pharaos zog um ihn von dem anderen Wesen zu befreien. "Lauf Marik, lauf! So lauf doch endlich!", schrie Yûgi, doch der Diebesanführer wollte nicht hören. "Nicht ohne dich...", keuchte er und schlug nun auf die Hand der Fremden ein. Doch die Wirkung blieb aus. Es war weder ein Lockerlassen noch ein Gesichtzug zu vernehmen. Sie schien das völlig kalt zu lassen.
'Verdammt tut das weh... Wie können wir sie nur loswerden? Das Tier...', dachte Yûgi und begann nach dem Pferd zu strampfen. Reflexartig wich das Tier zurück, was den Nachteil hatte, dass Yûgi unsanft auf dem Boden schliff, da ihr Gegner immer noch nicht gewillt war, loszulassen.
Marik war am verzweifeln. Wie konnte er seinen neuen Freund nur retten? Was wollte diese Frau? Bewundernd betrachtete er die starke Reaktion des schwarzen Ungetüms, als Yûgi nach ihm zu treten begann. Das war die Idee! Wütend begann der Blondling auf das verschreckte Tier einzuprügeln. Immer weiter wich es zurück und ein Blick ins Gesicht der Reiterin bewies ihm, dass diese alles andere als erfreut darüber war. Immer wieder versuchte sie das Pferd an die Hilfen zu stellen, doch dieses hatte nur noch seine Sicherheit im Kopf. Gerade noch konnte sie das verängstigte Tier davon abhalten, davonzustürmen.
"Prügelst du immer auf wehrlose Tiere ein, Schwächling?", knurrte sie schließlich und ließ von Yûgi ab. Dieser sank seufzend in sich zusammen und rieb sich das geschädigte Handgelenk. Marik harrte aus und starrte ihr wütend ins Gesicht. "So wehrlos sieht das Viech nicht aus!"
"Ist es auch nicht unbedingt... Aber in so einer Situation schon."
"Wie darf ich das jetzt verstehen?", Marik ließ die Fremde nicht aus den Augen während Yûgi sich zurückzog und sich hinter Marik verkroch.
"Ist deine Sache."
"Tz...", lachte Marik kalt. Er stemmte warnend seine Hände in die Hüften und tippte mit der Fußspitze auf und ab. "Was willst du überhaupt von uns?"
Ein fieses Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Sie drückte einige Male mit zwei Fingern auf den Kamm des Pferdes, welches kurz darauf den Kopf senkte. Geschmeidig schlug sie das rechte Bein vorne über und rutschte von seinem Rücken.
"Unwichtig..."
"Sag uns wenigstens deinen Namen! Ich will wissen, wer mein Handgelenk auf dem Gewissen hat!", fauchte Yûgi gepeinigt hinter Marik hervor.
"Vî-î?tà", hauchte sie noch breiter grinsend. "Aber sag ja nicht, dass dein Handgelenk im Arsch ist..."
Ungewollt musste Marik auflachen. Diese rüde Anmerkung hatte er nicht erwartet. Dafür kassiert er allerdings einige gereizte Blicke des Freundes.
"Und was machst du hier?", fragte Marik gelassen. Irgendwie war ihm die Fremde auf einmal sympathisch, obwohl sie eine Kälte ausstrahlte wie die Antarktis bei Nacht.
"Ich sehe mich um...", grinste sie und zwinkerte dem Blondhaarigen zu. "Und ihr? Solltet ihr um diese Uhrzeit nicht im Bett liegen?", scherzte sie und schon grub sich die Faust Yûgis ihn ihre Wange ein. Jeglicher Ausdruck von Freundlichkeit verblasste Schlagartig. Yûgi spürte nur den furchtbaren Schmerz, der sich in seiner Magengegend ausbreitete und ihn schwarz vor Augen werden ließ.
Geschockt sah Marik Yûgi auf den Boden sacken. Verachtend spukte Vî-î?tà dem Pharao ins Gesicht und drehte sich zu ihrem Pferd. "Wenn er wieder aufgewacht ist, grüß ihn von mir...", meinte sie kalt und stieg auf ihr Pferd. Kurz darauf waren die beiden auch schon in der Dunkelheit verschwunden.
Panisch beugte sich Marik über den regungslosen Körper des Kumpanen und tätschelte vorsichtig die Wange. Yûgi war völlig blass ihm Gesicht und die Lippen waren zum Teil aufgeplatzt. Sie war nicht gerade zimperlich mit ihm umgegangen.
Plötzlich überfiel Marik ein eigenartiges und unbekanntes Gefühl der Sorge. Schluckend ließ er sich auf die Knie fallen und beugte sich herab. Immer näher kam er dem doch so weit entfernten Jungen mit der lustigen Frisur. Kurz bevor ihre Nasenspitzen sich berührten verharrte der Blondhaarige. Er spürte den stoßweisen Atem seines Gegenübers und schloss genießerisch die Augen. 'Halt...wieso gefällt es mir? Keto liegt bewusstlos unter mir und ich male mir in Gedanken aus, wie er...'
Er war so in seinen Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, dass Yûgi wieder bei Sinnen war und ihn überrascht musterte...
In dem großen Kellergewölbe, worin man sicherlich ein Passagierflugzeug hätte parken können, herrschte eine bedrückende Stille. Der Knirps neben dem Pharao hatte ertappt den Kopf gesenkt und malte mit seiner Fußspitze verlegen kleine Kreise auf dem Boden. Alle anderen Anwesenden, Handlanger Mariks und nun auch Murah, standen abwartend an den Wänden und betrachteten misstrauisch den Fremden und ihren Anführer, der sich nun langsam auf den Maskierten zubewegte und diesen warnend fixierte. Mit einer kleinen Handbewegung deutete er seinen Leuten, die Tür zu versperren, was kurz darauf auch geschah.
Yûgi hatte hart mit sich zu kämpfen. Einerseits wollte er vor Wut seine Kapuze fallen, die anderen wissen lassen wer er und wie sehr er erzürnt war, andererseits könnte dies sein Ende bedeuten. Denn Marik wäre sicherlich klug genug sich etwas einfallen zu lassen, wie er den Pharao loswerden würde. Außerdem hielt ihn seine Zuneigung zu dem hübschen Burschen davon ab. Er würde es wohl kaum über das Herz bringen ihn zu verletzen oder dergleichen.
Nun blieb der Blondhaarige, nur einen Meter von Yûgi entfernt, stehen. Fasziniert musterte der Pharao die gebräunte Haut und die feinen Züge seines Gegenübers, um sich dann dem Rest seines Körpers zu widmen. Zu guter letzt blickte er Marik lächelnd, er wusste selbst nicht warum, in die violetten Augen. Marik schien diese Geste gar nicht zu gefallen, zischte er doch darauf: "Erspare dir dein Grinsen, Fremder. Ansonsten lebst du nicht mehr lange."
Etwas geschockt über die brutale Direktheit des Schönlings, erlosch seine freundlich gemeinte Mimik. Verärgern wollte er seinen Gegenüber eigentlich nicht. Beide starrten sich eine Ewigkeit in die Augen, die Wachen wurden bereits unruhig. Anscheinend war das bei Marik nicht üblich.
"Hey Marik, vielleicht ist er uns nützlich und wir könnten ihn in unser Team aufnehmen?", bemerkte ein Junge, der nun aus der Dunkelheit einer Ecke trat und sich zu den beiden gesellte. Seine weißen Haare hingen genauso wirr in der Gegend herum, wie bei Marik, nur sah dies bei letztgenannten bedeutend besser aus.
"Meinst du? Ich weiß ja nicht..."
Yûgi war über die eigenartige Reaktion des Anführers verwundert. Von den anderen ließ er sich nichts sagen, aber von diesem Kerl schon. Die beiden schienen sich gut zu ergänzen. "Was können wir schon verlieren?"
"Was ist, wenn er uns letztendlich komplett verrät? Vielleicht ist er ein Spion des Pharaos?", knurrte ein anderer, der sich aber weiterhin in der Finsternis versteckte. "Ich bin derselben Meinung wie Marik. Außerdem hat er zu entscheiden, er ist unser Anführer. Nicht du, Bakura."
"Mag ja sein...", seufzte dieser und legte beschwörend seine Hand auf Mariks Schulter. "Dann entscheide dich aber richtig, Marik..."
"Tz...", meinte dieser, unschlüssig über diese aufgezwungene Verantwortung. Aufgewühlt trat er einige Male um den Maskierten herum und blieb dann entschlossen vor diesem wieder stehen. "Nimm deine Kapuze ab, Fremder!", befahl er und wartete, unbewusst auf was. Die Luft im Saal schien sich zu erhitzen und der Druck nahm merklich zu.
Yûgi wusste nicht, was er tun sollte. Nahm er die Kappe ab, war er erledigt, denn er kam hier nicht mehr heraus. Ließ er alles so wie es war, würde er das Misstrauen der anderen schüren. Er schluckte und senkte dann den Kopf. "Das geht nicht...", meinte er schließlich und vernahm das entrüstete Schnaufen der anderen. Nur Marik blieb still und betrachtete seinen Gegenüber mit mehr und mehr Respekt. Ja, irgendwie kostete es all seinen Mut jetzt stehen zu bleiben.
Der Pharao spürte die Unbeholfenheit des Anführers, der sein Gewicht nun auf die rechte Seite verlagerte und in schief ansah. Deutlich genug sah er das sachte Zittern der Hände, dessen Daumen in den Taschen der blauen Hose steckten. Auch sonst wirkte der Anführer eher blass, aber das tat seiner Schönheit trotzdem keinen Abklang. Was hatte er? Wieso riss er ihm denn eigentlich nicht einfach die Kapuze herunter? Viele hätten dies nun gerne getan, nur Marik zögerte und das verunsicherte den Pharao gewaltig. Was hatte Marik nur vor?
Immer noch sahen sich die beiden in die Augen, keiner gewillt dem Blick auszuweichen. Unruhig trippelte der Kleine neben dem Pharao auf seinen winzigen Schuhen und machte sich so nebenbei aus dem Staub. Er schien den Druck nicht mehr auszuhalten und wenn das so weiterginge, würde der Pharao wohl auch lieber das Weite suchen, auch wenn dies gar nicht möglich war. Doch Marik ging es letztendlich genauso. Er verstand selbst nicht, was ihn an dem anderen so verängstigte und doch wieder anzog. Dabei kannte er den Fremden doch gar nicht, hatte ihn noch nie gesehen noch nicht einmal viel von seiner Stimme vernommen. Unterdrückt seufzend, um dem Druck Luft zu machen, konzentrierte er seine Masse nun auf das linke Bein. Seine Finger waren eisig kalt, seine Füße ebenso, und sein Kopf glühte förmlich. Der Druck machte den Blondhaarigen fertig. Bald würde er noch so weit sein, und den Fremden ziehen lassen. Doch das durfte nicht geschehen. Dieser würde ihn und seine Leute an den Pharao verpfeifen und das wäre eine Katastrophe! Doch was sollte er nun machen?
Immer wieder musste der Pharao die Augen zusammenkneifen, um nach dem Augenaufschlag wieder eine Zeit lang vernünftig zu sehen. Diese Sache setzte ihm arg zu und drohte ihn zu verschlingen. Bald würde er nachgeben müssen. Dem eisernen Blick konnte er nicht lange standhalten, da sein Innerstes danach rief, diesen begehrenswerten Körper an sich zu reißen und die momentan so rauh erscheinenden Lippen zu kosten. Er bemerkte durchaus, dass sein Gegenüber auch Probleme hatte, doch half ihm das nicht weiter, entfachte das Feuer, ihn zu schützen, nur noch weiter. Wieso musste dieses Treffen nur so verzwickt sein?
Erleichtert dachte der an seine Kapuze. Solange sie sein Haupt verhüllte, erkannte sein Gegenüber auch nicht die Anstrengung in seinem Gesicht. Doch es stand die Frage im Raum, wie lange konnte er sich noch unter dem Mantel verstecken? Es war sowieso schon verwunderlich, warum er diesen immer noch besaß.
Marik kniff nun die Augen zusammen. "Wie heißt du?", fragte er mit gebieterischem Ton und seine Lider schoben sich langsam wieder empor, was den Pharao fast um den Verstand brachte. War diese verführerische Mimik, als solche von Marik geplant gewesen? Wusste der hübsche Junge etwa von der Zuneigung...? Aber woher? Daraus schloss Yûgi, dass es wohl unbewusst geschehen sein musste. Mariks nun zorniges Antlitz ließ ihn die Frage wieder in den Sinn kommen. Was sollte er jetzt sagen? 'Lass dir was einfallen, Yûgi...'
"Ich bin ...ich bin...", er brach ab. 'Verdammt!', schoss es ihm durch den Kopf. Marik schien nun völlig von der Rolle. Yûgi erblickte die Schweißperlen auf dessen Stirn, wobei ihnen der Anführer keine Beachtung zu schenken schien. Das häufige Schlucken und das arge Zittern, wobei anscheinend auch die Knie davon befallen waren, vollendeten das Abbild von regelrechter noch gerade im Zaum gehaltener Hysterie. Alles versteckt hinter einer gut getarnten Mimik, die nichts von Angst oder schwächlichen Gefühlen zuließ. Doch der Körper sprach es laut aus, was das Gesicht zu verbergen versuchte.
"Marik...", sprach Yûgi ohne Übergang und das Publikum raunte auf. Mariks Braue wanderte in die Höhe und tat seiner Verwirrung kund.
"Ist der verrückt? Der heißt doch nie und nimmer Marik...", fauchte Bakura und trat an die Seite seines Anführers. Dieser hatte sich wieder gefasst und starrte seinen Gegenüber kalt an.
"Nein...ich wollte zu dir Marik...", versuchte der Pharao den Zusammenhang herzustellen. Schallendes Gelächter aus dem Hintergrund ertönte und verunsicherte beide Kontrahenten. Bakura zog sich auf eine Handbewegung Mariks wieder zurück und gesellte sich zu den anderen Handlangern an die Wand.
"Und warum?", fragte Marik mit zitternder Stimme. Gleich darauf war ein Knurren von ihm zu vernehmen, da ihm die gezeigte Angst wohl nicht behagte.
Yûgi lächelte unbewusst, als er mit noch einen Schritt auf den Anführer der Diebesbande zu, den Abstand verkürzte. Jetzt waren sich die beiden so nah, dass es dem Pharao sehr viel Mühe kostete, nicht über diesen Prachtkörper herzufallen. Das kannte er selbst von sich noch nicht, dass man so scharf auf jemanden sein konnte. Eine mehr oder weniger angenehme Hitze machte sich in ihm breit und ungewollt regte sich auch etwas in seiner Hose. Zum Glück hatte er ja noch seinen Umhang.
"Marik...ich habe dich gestern auf dem Marktplatz gesehen...", begann der Pharao und legte seine bebenden Finger auf die Schulter des begehrten Wesens. "Eigentlich..., können wir ungestört mit einander reden?"
Marik war sprachlos. Erst legte der Fremde seine Hand auf seine Schulter. Er spürte die Unsicherheit des anderen und diese Wärme, die nun langsam, kaum bemerkbar, auf dem Schlüsselbein herumzutanzen begann. Und zweitens war diese Frage doch sehr beunruhigend. Er wollte ungestört sein? War das denn eine so gute Idee, die anderen herauszuschicken oder selbst hinauszugehen? Was war, wenn der Fremde nur darauf gewartet hatte? So wehrlos war der Anführer nicht, aber der andere machte ihm irgendwie Angst.
Nochmals schluckte Marik, bevor er seine Wachen anwies, die Tür zu öffnen. Als nächstes brachte Marik einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sie, wobei die Hand des Pharaos von seiner Schulter strich. Schließlich ging Marik hinaus, deutete seinen Leuten, dass er alleine mit dem Fremden sein wollte und verschwand in dem gleißenden Licht der Nachmittagssonne. Ohne zu zögern folgte ihm Yûgi und man verschloss die Tür hinter diesem. Beide gingen noch ein Stückchen, bis zu einem Schatten spendenden Baum, an dessen Stamm sich Marik im Sitz anlehnte. Yûgi blieb unschlüssig vor ihm stehen und musterte das Prachtexemplar, direkt vor seiner Nase. Doch er musste sich zurückhalten, da Mariks Wachen jederzeit herbeistürmen könnten.
"Marik...ich...", begann Yûgi, brach aber schon wieder ab. Er hätte sich am liebsten geohrfeigt, er brachte einfach keinen vernünftigen Satz heraus.
Der Blondling sah in schweigend an, unbewusst, welche Wirkung seine Ausstrahlung auf den Pharao hatte. Dieser seufzte schwer und schluckte anschließend. "Die Sache mit dem Grab mei..., äh, des ehemaligen Pharaos..." Die Augen Mariks weiteten sich. Wollte er ihn jetzt etwas an den nächstbesten verraten?
"Es trifft mich zwar hart..., vor allem, dass ausgerechnet du..." Yûgis Blick verfinsterte sich sacht. "Aber..."
Ein unterdrücktes Knurren hallte monoton durch die ewige Finsternis und breitete sich allmählich aus. An einem glitzernden Teich, auf dessen Mitte sich der Vollmond spiegelte, saß ein regungsloses Wesen dessen verengter Blick scharf auf die leichten Wellen des Wassers gerichtet war. Mit einem Platsch landete ein faustgroßer grauer Stein einige Meter vom Ufer entfernt in dem schwarzen Nass und ließ das Abbild des Mondes verwischen. Es folgten weitere im Minutentakt, gesteuert von den Gedanken des geheimnisvollen Wesens, vermummt in der Dunkelheit, die hier sowohl am Tag als auch bei Nacht üblich war.
Ein weiteres Geschöpf näherte sich langsam im Gleitflug. Es war bei weitem kleiner und kreischte ab und an in klirrend hohem Ton. Peitschend mit den Flügeln schlagend, landete das winzige Ungetüm auf dem ausgestreckten Arm des unbekannten Wesens. Schnurrend wippte es nach vorne und wieder zurück, verschaffte sich dabei mit seinen Schwingen das Gleichgewicht.
~ Was verärgert dich, Herrin? ~
~ Der Pharao... ~
~ Mischt er sich wieder in deine Angelegenheiten ein? ~
~ Mehr oder weniger... ~
~ Wirst du ihn dafür zur Rechenschaft ziehen? ~
~ Das weiß ich noch nicht. ~
~ Die Diktatorin lässt dir freie Hand. Du bist ab jetzt jederzeit berechtigt das Schattenreich zu verlassen. ~
~ Wie gnädig... ~
~ Das wirst du schon richten, Herrin. ~
~ Aber sicher doch. ~
Bedächtig erhob sich das winzige Geschöpf in die Lüfte. Fast lautlos suchte es seine Wege. Geschmeidig richtete sich das andere Wesen auf, wobei sich der dunkle Umhang lockerte und sich zusammen mit dem seidenen Haar im Wind wiegte.
Schon wieder blockierte ein dicker Kloß den Hals des Pharaos. Es war zum verfluchen. Aus irgend einem Grund konnte Yûgi dem Objekt seiner Begierde nicht erklären, was er für es fühlte oder welche Probleme ihn störten. Mit der Zeit verlagerte sich der Schatten, der durch das Kronendach des Baumes auf sie fiel, mehr und mehr nach Osten und ließ die pralle Sonne auf den Rücken des Herrschers scheinen. Diesem war die Wärme mehr als unangenehm, da er so schon glühte wie ein Stück brennendes Holz.
"Warum habt ihr das Grab überfallen?", brachte er lediglich heraus.
"Woher soll ich das wissen. Jindin hat ohne mein Wissen gehandelt, wofür er selbstredend bestraft wird."
Erleichtert und doch bedrückt seufzte der Pharao. So recht brachte ihn das auch nicht weiter. Plötzlich kroch eine Frage in ihm hoch, die ihn erröten ließ und so wagte er es nicht, sie zu stellen. Misstrauisch haftete der Blick Mariks auf ihm. "Warum wirst du rot, Fremder?"
"Ach nichts...", log Yûgi. Es wäre zu forsch, wenn er ihn nach seiner sexuellen Neigung fragen würde, oder nicht?
"Doch, da stimmt doch etwas nicht." Ermutigt stand der Anführer auf und trat verdammt nahe an den Fremden heran. Tastend legte er seine Handfläche auf die Stirn seines Gegenübers und musste erschrocken feststellen, dass der andere glühend heiß war.
"Du brennst ja förmlich... Komm, ich bringe dich zur Krankenstation."
"Nein...nicht nötig!", japste Yûgi und atmete tief ein und aus. Die Nähe und Berührung Mariks brachte ihn fast um den Verstand. Wieso war der Blondhaarige nur so anziehend? "Sag schon...", drängelte dieser.
'Nun gut, er wollte es nicht anders...' "Bist du hetero oder kannst du dich auch für Männer begeistern?" Nun war es raus. Marik riss entsetzt die Augen auf. Was hatte der Fremde da gerade gefragt? Ob er schwul sei? Was waren denn das für Sitten, wo der aufgewachsen war!? Schluckend trat der Anführer ein paar Schritte zurück und schüttelte abweisend den Kopf, die Hände schützend vor den Oberkörper haltend.
"War nur so eine Frage...", versuchte sich Yûgi verlegen aus der Affäre zu ziehen und kratzte sich am Hinterkopf. "Ich wollte dir nicht zu nahe treten, tut mir leid...", betrübt senkte er den Kopf.
"Hey...", murrte der Blonde und kam wieder näher, auch wenn ihm das nicht ganz so zusagte. Wer weiß welche Interessen der andere hegte?! Tröstend und etwas zaghaft legte Marik einen Arm um Yûgi, der ihm dankend zunickte. "Aber Freunde könnten wir doch werden?", hoffte der Umarmte.
"Naja, wenn du so gnädig wärst, mir deinen Namen zu nennen und dich zu enthüllen?", lachte Marik vergnügt und lächelte seinen neuen, baldigen Freund an. 'Naja, eigentlich hat mich ja noch keiner gesehen...'
Vorsichtig stülpte der Pharao die Kapuze hinunter und grinste verlegen zurück. "Keto..." krächzte er schließlich und wäre am liebsten im Erdboden versunken. 'Was besseres fällt dir nicht ein Yûgi?'
Marik hob verdutzt die Brauen. Doch wollte er seinen neuen Kumpel nicht verärgern, also unterließ er das laute Auflachen lieber. Sanft packte er den Pharao am Handgelenk und zerrte ihn in Richtung Stadtrand. Mit der Zeit begann es zu dämmern und beide beschlossen langsam wieder nach Hause zu trotten. Gemeinsam gingen sie ein Stück nebeneinander her und quatschten über die brandneuesten Nachrichten...
Der ein wenig vom letzten Regen angefeuchtete Erdboden des Waldes gab federnd unter den donnernden Hufen des schnaufenden Rappens nach und bot eine erstaunlich gute Trittsicherheit. An einer Lichtung gebot diesem sein in einem Umhang gehüllter Reiter das Tempo bis zum Stillstand zu trimmen und so hielt das Paar mitten auf der saftigen Wiese. Obwohl es im Schattenreich an Licht mangelte, gediehen Pflanzen prächtig und trieben mehrmals im Jahr prachtvolle Blüten aus. Doch im Winter war es mit 17°C und einer häufigen Gewitterrate zu ungünstig für diese geplant. Es war eine sonderbar kalte Saison, die hereingebrochen war. Selten war es so verdammt kühl gewesen. Im Normalfall herrschte eine Temperatur von bis zu erstaunliche 50°C vor. Um so angenehmer würde es also werden, in das sonnige Reich des Pharaos zu reisen.
Angespannt schritt der temperamentvolle Hengst noch einige Meter weit, bis sein Reiter eine durch den Umhang unbemerkte Hilfe gab und das Pferd mit einem gewaltigen Satz durch eine unsichtbare Mauer sprach und verschwand.
Das Licht blendete unangenehm und reizte die Sinne des zierlichen Geschöpfes so stark, das es die Augen schloss, um einer vorzeitigen Überlastung des Organs vorzubeugen. So viel Licht war es nicht gewohnt und seinem Pferd erging es nicht viel besser. Unruhig peitschte dessen Schweif in der Luft, das Ohrenspiel deutete auf äußerste Unzufriedenheit hin. Gelassen saß der Reiter auf dem Rücken und ließ die Sonne auf sich einwirken. Mehr und mehr klärte sich der überrumpelte Wahrnehmungssinn und mit der zunehmenden Entspannung des Wesens beruhigte sich auch das Tier unter ihm.
Deutlich erkannte man nun das Profil des zierlichen und weiblichen Geschöpfes, die feingemeißelte Nase, die perfekt sitzenden Wangenknochen und auch die langen, schwungvollen Wimpern. Unübersehbare Merkmale waren die zackenförmigen Muster, welche die Augen untermalten. Hals sowie Ohren schmückten goldenes Geschmeide, welches sich mit dem Glanz der nachtschwarzen Haare konkurrierte.
Gemächlich öffneten sich die Lider des kalt dreinblickenden Wesens und gaben die schwarzen Opale frei, die neugierig ihre Umwelt zu erkunden begannen, ohne sich zu bewegen.
Ein gezielter Druck mit dem Schenkel veranlasste das noch fast blinde Pferd gehorsam und vertrauensvoll vorwärts zu gehen. Der Sand quietschte unter dem Druck der Pferdebeine, als das Paar auf den Hauptweg der Stadt einbog. Keinerlei Leute waren mehr zu sehen und hatten sich wohl in die Häuser zurückgezogen.
Mit Erleichterung registrierte die Reisende, dass sich der Himmel verdunkelte und zufrieden lobte sie ihre Planung während der Dämmerung die Reichsgrenze zu überwinden. Gelassen tat das Pferd einen Fuß vor den anderen, in dem Tempo, das von der Herrin vorgegeben wurde...
Es war bereits stockdunkel als sie wieder in die Gasse von Mariks Unterkunft einbogen. Vor der Tür blieben sie stehen und lachten sich noch einmal entgegen. Vorsichtig legte Yûgi seine Hand auf Mariks Schulter, wobei dieser zusammenzuckte. So recht war ihm der neue Kumpane doch noch nicht; irgendwie unheimlich. Ansonsten war er aber ganz nett, hatte er festgestellt. Yûgi lächelte über beide Ohren. So glücklich wie jetzt war er lange nicht mehr gewesen und aus irgendeinem Grund interessierte ihn das Grab seines Vaters nicht mehr. Zu sehr war er von seinem neuen Freund angetan. Und wer weiß, vielleicht konnte er ja doch noch dessen Herz erobern. Verlegen grinste er in sich hinein und zog seine Hand zurück.
Gerade wollte er sich verabschieden, da vernahm er das dumpfe Geräusch von regelmäßig belasteten Sandboden. Auch Marik schien dies bemerkt zu haben und suchte mit den Augen die Richtung ab, aus der das Geräusch zu kommen schien. Doch zu sehen war nichts. Als der monotone Ton wieder verebbte zuckte der Pharao nur mit den Schultern. "Nun denn...", begann er, wurde aber sogleich von Marik, der dem Trug der Ruhe misstraut hatte, zur Seite gerissen. Nur nebenbei vernahm das laut stampfende Tier, dass sich nur wenige Meter von ihnen entfernt umdrehte und wieder auf die beiden zustürmte.
"Los weg hier...", hauchte Marik panisch und zerrte den Pharao hinter sich her in die nächste Gasse. Doch das bei weitem schnellere Tier hatte keinerlei Probleme ihnen zu folgen. Orientierungslos irrten die beiden durch die Stadt, versuchten den Verfolger abzuhängen, was unmöglich erschien. Verwirrt stellte Yûgi fest, dass das Tier auf Abstand gehalten wurde. Es kam nun nicht mehr näher als auf 5 Meter heran, war deutlich langsamer geworden und hatte die Gangart gewechselt. Da er von Marik gezogen wurde, brauchte er sich keine Gedanken über den Weg zu machen und betrachtete sich das prachtvolle und doch furchterregende Tier. Es hatte vier Beine mit Hufen und glich einem schwarzen Esel, nur sah es viel eleganter aus und bewegte sich auch schneller, rhythmischer und graziöser als das graue Wesen. Auf ihm saß ein in schwarz eingehülltes Wesen, welches ganz nach einer jungen Frau ausschaute. Doch der Blick behagte ihm gar nicht. Dieser strahlte so viel Kälte und Hass aus, dass es ihm Schauer über den Rücken jagte. Marik intriss in mal wieder kurzzeitig von seinem Blick, als die nächste Kurve fällig. Aber es dauerte nicht lange, da war auch das Tier in diese Gasse eingebogen.
Immer öfter versuchte Marik durch kleine Tunnel und Keller zu schlüpfen, doch das Tier stolzierte ohne Scheu hinterher. Als sie wieder auf der Hauptstraße waren und keine Quergasse in Sicht beschleunigte das fremdartige Wesen und näherte sich rasant. "Marik...", japste Yûgi und umfasste die Hand des anderen fester. Dies glich einem Alptraum. Was sollten sie nur tun? Bald würden die Fremden sie einholen und wer weiß, was dann passierte? Welche Absichten hegte die Fremde?
Voller Schrecken sah der Pharao das große, schwarze Lebewesen auf sich zudonnern, registrierte nebenbei das dumpfe Dröhnen und Beben des Bodens, das sich immer mehr verstärkte, je näher das unbekannte Ding kam. Noch einen Meter, er hätte das Tier bereits anfassen können, hätte er es denn gewollt. Nun endlich begann er selber richtig mitzulaufen, ließ sich nicht mehr nur von Marik hinter sich her ziehen und schloss auf. Doch es half nichts. Nur einige Sekunden später erblickte er schon den Kopf des Ungetüms neben sich und spürte die feine Hand, die äußerst brutal sein Handgelenk umfasste und nach hinten zog. Es war eine ungeheure Wucht, die ihn durch das Bremsen seiner Verfolger zum Hinlegen zwang und ihn unsanft auf seinem Hinterteil landen ließ. Da Marik ihn festgehalten hatte, lag auch er bald darauf auf dem Boden.
Schmerzerfüllt japsten beide auf. Besonders Yûgi hatte zu kämpfen, da der Druck an seinem Handgelenk dieses abszuschnüren drohte. Sein Blick fiel auf den Blondhaarigen, der sich schon wieder aufrappelte und an der anderen Hand des Pharaos zog um ihn von dem anderen Wesen zu befreien. "Lauf Marik, lauf! So lauf doch endlich!", schrie Yûgi, doch der Diebesanführer wollte nicht hören. "Nicht ohne dich...", keuchte er und schlug nun auf die Hand der Fremden ein. Doch die Wirkung blieb aus. Es war weder ein Lockerlassen noch ein Gesichtzug zu vernehmen. Sie schien das völlig kalt zu lassen.
'Verdammt tut das weh... Wie können wir sie nur loswerden? Das Tier...', dachte Yûgi und begann nach dem Pferd zu strampfen. Reflexartig wich das Tier zurück, was den Nachteil hatte, dass Yûgi unsanft auf dem Boden schliff, da ihr Gegner immer noch nicht gewillt war, loszulassen.
Marik war am verzweifeln. Wie konnte er seinen neuen Freund nur retten? Was wollte diese Frau? Bewundernd betrachtete er die starke Reaktion des schwarzen Ungetüms, als Yûgi nach ihm zu treten begann. Das war die Idee! Wütend begann der Blondling auf das verschreckte Tier einzuprügeln. Immer weiter wich es zurück und ein Blick ins Gesicht der Reiterin bewies ihm, dass diese alles andere als erfreut darüber war. Immer wieder versuchte sie das Pferd an die Hilfen zu stellen, doch dieses hatte nur noch seine Sicherheit im Kopf. Gerade noch konnte sie das verängstigte Tier davon abhalten, davonzustürmen.
"Prügelst du immer auf wehrlose Tiere ein, Schwächling?", knurrte sie schließlich und ließ von Yûgi ab. Dieser sank seufzend in sich zusammen und rieb sich das geschädigte Handgelenk. Marik harrte aus und starrte ihr wütend ins Gesicht. "So wehrlos sieht das Viech nicht aus!"
"Ist es auch nicht unbedingt... Aber in so einer Situation schon."
"Wie darf ich das jetzt verstehen?", Marik ließ die Fremde nicht aus den Augen während Yûgi sich zurückzog und sich hinter Marik verkroch.
"Ist deine Sache."
"Tz...", lachte Marik kalt. Er stemmte warnend seine Hände in die Hüften und tippte mit der Fußspitze auf und ab. "Was willst du überhaupt von uns?"
Ein fieses Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Sie drückte einige Male mit zwei Fingern auf den Kamm des Pferdes, welches kurz darauf den Kopf senkte. Geschmeidig schlug sie das rechte Bein vorne über und rutschte von seinem Rücken.
"Unwichtig..."
"Sag uns wenigstens deinen Namen! Ich will wissen, wer mein Handgelenk auf dem Gewissen hat!", fauchte Yûgi gepeinigt hinter Marik hervor.
"Vî-î?tà", hauchte sie noch breiter grinsend. "Aber sag ja nicht, dass dein Handgelenk im Arsch ist..."
Ungewollt musste Marik auflachen. Diese rüde Anmerkung hatte er nicht erwartet. Dafür kassiert er allerdings einige gereizte Blicke des Freundes.
"Und was machst du hier?", fragte Marik gelassen. Irgendwie war ihm die Fremde auf einmal sympathisch, obwohl sie eine Kälte ausstrahlte wie die Antarktis bei Nacht.
"Ich sehe mich um...", grinste sie und zwinkerte dem Blondhaarigen zu. "Und ihr? Solltet ihr um diese Uhrzeit nicht im Bett liegen?", scherzte sie und schon grub sich die Faust Yûgis ihn ihre Wange ein. Jeglicher Ausdruck von Freundlichkeit verblasste Schlagartig. Yûgi spürte nur den furchtbaren Schmerz, der sich in seiner Magengegend ausbreitete und ihn schwarz vor Augen werden ließ.
Geschockt sah Marik Yûgi auf den Boden sacken. Verachtend spukte Vî-î?tà dem Pharao ins Gesicht und drehte sich zu ihrem Pferd. "Wenn er wieder aufgewacht ist, grüß ihn von mir...", meinte sie kalt und stieg auf ihr Pferd. Kurz darauf waren die beiden auch schon in der Dunkelheit verschwunden.
Panisch beugte sich Marik über den regungslosen Körper des Kumpanen und tätschelte vorsichtig die Wange. Yûgi war völlig blass ihm Gesicht und die Lippen waren zum Teil aufgeplatzt. Sie war nicht gerade zimperlich mit ihm umgegangen.
Plötzlich überfiel Marik ein eigenartiges und unbekanntes Gefühl der Sorge. Schluckend ließ er sich auf die Knie fallen und beugte sich herab. Immer näher kam er dem doch so weit entfernten Jungen mit der lustigen Frisur. Kurz bevor ihre Nasenspitzen sich berührten verharrte der Blondhaarige. Er spürte den stoßweisen Atem seines Gegenübers und schloss genießerisch die Augen. 'Halt...wieso gefällt es mir? Keto liegt bewusstlos unter mir und ich male mir in Gedanken aus, wie er...'
Er war so in seinen Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, dass Yûgi wieder bei Sinnen war und ihn überrascht musterte...
