Angewidert wurde ein glühender Zigarettenstummel auf den Rücken einer besonders großen Ratte geschnipst. Es zischte leise, als die heiße Asche das struppige Fell verbrannte. Quiekend sprang das Tier in den Müllcontainer, aus dem der liebliche Geruch vergammelten Fischs stieg. Der Ninja rümpfte die Nase. Warum mussten derartige Treffen auch immer auf Hinterhöfen stattfinden?
Seine gepeinigte Nase schützend, hielt er sich den weiten Ärmel seiner Kapuzenkutte vors Gesicht und machte es so noch undeutlicher. Die junge Frau neben ihm seufzte. Manchmal hatte sich ihr Meister schon etwas pingelig. „Sie hat angenommen", warf sie ohne Vorrede in den Raum. Der vermummte Ninja nickte. „Hat sie was bemerkt?" Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht. Sie hat mich wohl wie erwartet für eine Aushilfe gehalten." Ihre Sandalen scharrten über den feinen Kiesel. „Was ist, wenn er sie nicht tötet?" Der Man mit der tiefen, heiseren Stimme gab einen undefinierbaren Laut von sich. „Er wird sie töten, so oder so und wenn ich nachhelfen muss."
Ruppiger Wind, der Vorbote eines Nachtsturms, zerrte an den großen Blättern der uralten, gewaltigen Bäume. Nur sehr wenig Licht fiel auf den Boden und erschwerte das Vorankommen. „Warum noch mal nehmen wir nicht die übliche Straße?" Ten Ten rollte mit den Augen, bevor sie sich zu Kiba Inuzuka umdrehte. „Weil die Straße durch einige Stürme unpassierbar geworden ist. Wer nach Konoha will, muss diesen Schleichweg nehmen." Sie machte eine ausladende Geste, um auf einen Weg zu deuten, der von den üblichen Karren und Wagen in den harten Waldboden gefahren wurde. „Aber auf diesem Weg gab es in letzter Zeit ständig Überfälle und darum sollen wir uns nun kümmern." Allmählich fragte sie sich, warum sie ausgerechnet Kiba mitgenommen hatte. Ständig hatte er was zu nörgeln. Wären er und sein Hund Akamaru nicht so verdammt gute Spurensucher, hätte sie sicher dankend abgelehnt.
Besagter Akamaru blieb nun stehen und steckte die Nase in die Luft. Ein leises „Wuff" entfuhr dem Hund dessen Schulterhöhe einen halben Meter betrug. Aus dem süßen Welpen war längst ein schneller, muskulöser Bluthund mit scharfen Zähnen geworden. „Er hat eine Spur", erklärte Kiba, dessen braune Haare wild von seinem Kopf abstanden. Der Chu-nin schnüffelte nun auch. „Es sind vier...nein fünf Mann. Sie riechen nach Blut und Körperfett." Die anderen beiden des Teams, Rock Lee und Ino Yamanaka, nahmen seine Erklärungen schulterzuckend hin, nur Ten Ten runzelte die Stirn. Wenn sie danach rochen, mussten sie schon sehr oft getötet haben und davon stand nichts in den Akten. Es wäre sicher längst in Umlauf gekommen, wenn es mehrere tödliche Überfälle gegeben hätte. Irgend etwas war hier faul, das sagte ihr Verstand und der irrte sich nicht allzu oft... zumindest nicht, wenn ein gewisses Genie unter den Shinobis mit schneeweißen Augen nicht involviert war. „Können wir der Spur folgen?" fragte die Teamführerin den Sprössling des Inuzuka-clans. Der junge Mann mit den scharfen, tierartigen Augen nickte nur stumm und wies in die entsprechende Richtung mitten in den Wald.
„Oh nein, nicht dort rein. Da sind überall Krabbelviecher", jammerte Ino, während Lee voller Enthusiasmus vorauslief. „So viel Arbeit wegen ein paar Halunken." Mit mürrischem Gesicht trat die blonde Kunoichi auf eine abgestorbene Schlingpflanze, die den Rand des Pfades zu markieren schien. Sie seufzte. „Was macht man nicht alles für Geld? Also los Jungs, lasst uns ein paar Räuber vermöbeln!" Den letzten Satz schrie sie mit erhobener Faust in den Wald hinein.
„Wir brauchen mehr Feuerholz", erklärte Ino, während sie mit einem Stock im Feuer stocherte. Bald würde es mit Sicherheit ausgehen. Die junge Frau saß mit an den Körper gezogenen Beinen Rock Lee gegenüber, der sich sofort für diese Aufgabe meldete. Kiba konnte sich über soviel Enthusiasmus nur wundern, immerhin war es außerhalb der Feuerreichweite kalt und nass. Es regnete und Sturmwind toste über den Baumwipfeln. Es war ganz gewiss kein Vergnügen jetzt von der angenehmen Wärme weg zu müssen und mitten in der Nacht Holz zu sammeln.
Ten Ten schüttelte den Kopf. „Schon gut Lee-kun. Ich werde Holz holen." Ihre schlanke Hand griff neben sich nach einem Kunai, den sie zum Zerteilen der gepökelten Fleischration benutzt hatte. An einem Tuch wischte sie die Waffe ab und ließ sie in ihrem Ärmel verschwinden. „Dann kann ich auch gleich die Gegend erkunden." Ihre Augen blickten in den Himmel. „Ich hab ein seltsames Gefühl, als ob wir beobachtet werden." Ihre drei Untergebenen nickten knapp. „Bleibt hier zusammen, ich bin gleich wieder da."
Ein ungutes Gefühl breitete sich in Ten Tens Magengegend aus. Sie hatte sich einen sicheren Standplatz auf einem kräftigen Ast gesucht. Einzelne Regentropfen fielen auf ihre Schultern und rollen hinab. Ihre Augen suchten den Boden ab, doch selbst für geübte Augen war es dort unten zu dunkel. Ein Blitz zuckte am Himmel und erhellte für einen Moment alles. Die Kunoichi runzelte die Stirn. Sie hatte es genau gesehen, wenn auch nur kurz. Das Laub am Waldboden war an einer Stelle etwas zur Seite getreten worden. Jemand musste, vor nicht all zu langer Zeit hier gewesen sein. Ein weiterer Blitz zuckte auf und machte sie für jemanden in der Nähe deutlich sichtbar.
Gerade noch rechtzeitig spürte sie einen warmen, feuchten Hauch in ihrem Nacken. Ruckartig drehte sie sich um und fing einen Schlag mit ihrem Kunai ab. Es klirrte laut, als Stahl auf Stahl traf und ihre Waffenkenntnis erlaubte ihr die Vermutung, dass ihr Gegner ein Schwert benutzte. Sie kniff die Augen zusammen, um wenigstens die Umrisse des Angreifers ausfindig zu machen, doch ihre Sehnerven waren noch durch das helle Blitzlicht irritiert.
Sie sprang zurück und rettete sich auf den Waldboden. Die Ohren der Kunoichi konnten hören, wie der Luftzug an Kleidung zerrte, als der Angreifer ihr auf den Boden folgte. Er war direkt über ihr. Eilig zog sie mehrere Kunais und warf sie ihm entgegen. Wieder klirrte Stahl, als der Unbekannte sämtliche Waffen von ihr abwehrte.
Erneut sprang Ten Ten zurück, als ihr Gegner den Waldboden berührte. Schnelle Schritte erschütterten leicht den Boden. Er kam direkt auf sie zugelaufen. Gerade noch rechtzeitig schaffte die junge Frau es, der Schwertspitze auszuweichen und trug lediglich einen unbedeutenden Schnitt am Oberarm davon.
Ten Ten suchte ihr Glück in einem erneuten Rückzug, doch stolperte sie diesmal und landete auf feuchten Laub. Sie hörte seine Schritte, wie er sich vom Boden abdrückte und die Schwertklinge die Luft über ihrem Kopf zerteilte. Weit riss sie ihre Augen auf. Das war mal wieder typisch für ihr Leben, ein dummer Fehler und alles war vorbei.
Wieder zuckte ein Blitz und tauchte kurz alles in taghelles Licht. Ten Ten stockte der Atem, als sie den Angreifer erkannte. Es war ein Konoha-Anbu. Sein schwarzes Haar war durch den Regen feucht geworden und einzelne Strähnchen klebten ihm im Gesicht. Weiße Augen weiteten sich erschrocken, als sie wahrnahmen, welches Ziel die lange Klinge des Schwertes hatte. Der Blitz verschwand und Dunkelheit kehrte wieder ein.
Ten Tens Herz setzte aus. Es ging alles so wahnsinnig schnell. Immer noch in die Luft starrend, erstarrte sie, als kalter Stahl ihre Wange berührte und sich neben ihrem Gesicht in den Boden bohrte. Gewicht drückte auf ihren Körper und Atem wurde in ihr Gesicht geblasen. Sie wagte es nicht sich zu bewegen.
Beim nächsten Blitz blickte die junge Frau in ein paar ihr sehr gut bekannter Augen, die sie besorgt musterten. Neji saß über ihrem Körper und stützte sich auf seine Waffe. „Ten Ten?!" Seine Stimme hatte einen heiseren Unterton. Fast hätte er sie getötet. Ein Stechen in der Brust deutete daraufhin, dass sein Herz wieder schlug. Es hatte ausgesetzt, als er in ihre angstvollen geblickt hatte.
Nach einiger Zeit stand er auf und half auch ihr hoch. Es durchzuckte ihn, als er ihre zitternde Hand in seiner hielt oder war es der so zitterte? Der Anbu schluckte hart, bevor er ihre Hand losließ. Das Letzte, was sie spüren sollte, war seine Angst.
„Was machst du hier? Das ist Sperrgebiet." So sehr er sich auch bemühte, die Sorge bekam er nicht aus seiner Stimme, egal wie schroff er sie klingen ließ. „Sperrgebiet?" Ten Ten klang verwirrt. „Aber wir haben einen Auftrag für dieses Gebiet. Die hätten uns doch sicher nie in Sperrgebiet geschickt." Neji stutzte kurz. Sagte sie eben wir und uns? „Bist du allein hier?" Für ihn nicht sehbar schüttelte sie den Kopf. „Natürlich nicht. Wie gesagt, wir sind auf Missio..." Noch bevor sie ihren Satz zu Ende sprechen konnte, hatte der Anbu ihr Handgelenk gepackt und schleppte sie auf den Weg, den sie sich mit markierte hatte, um auch im Dunkeln zum Lager zurückzufinden.
„Neji, was ist den los?" Ohne an Geschwindigkeit zu verlieren, antwortete ihr der Anbuführer. „Wir haben die Aufgabe jeden zu eliminieren, der dieses Gebiet betritt. Wenn wir uns nicht beeilen, haben sie das Lager bereits erreicht. Uchiha ist bei so etwas immer sehr schnell."
