Die Lüge eines Lebens 17 Teil 2

So, endlich geht's nun weiter. Tut mir Leid, dass ich so lang gebraucht hab, aber vor ca. drei Wochen war mein PC kaputt und die Folge davon war, dass wir eine neue Festplatte bekommen haben, das hieß für mich, alles hier noch mal abtippen. So viel Zeit hatte ich dafür eben auch nicht, doch nun hab ich's geschafft. Ich wünsch euch viel Spass beim letzten Teil! Ich hoffe, die Grabrede ist nicht zu schlecht. Ich hab nun wirklich keinerlei Erfahrung in so was.

Maia

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„Narcissa Malfoy. Keine große Überraschung, dich hier zu sehen." Abschätzend musterte die eine Frau die andere. „Clarence."Cis nickte zur Begrüßung und wollte sich schon wieder abwenden, als die ehemalige Gryffindor sie plötzlich am Arm festhielt. „Warte mal. Ich muss mit dir reden."Blaue Augen trafen auf dunkle. „Ich wüsste nicht, worüber."

Clarence senkte den Kopf, wobei ihr die kurzen, schwarzen Haare ins Gesicht fielen. „Das war mir klar. Aber nicht einmal du kannst alles wissen. Würdest du also bitte mitkommen, ja? Es ist wirklich wichtig, denn glaub mir, ansonsten hätte ich nichts mit dir zu besprechen." Narcissa murmelte eine Zustimmung und schon im nächsten Moment fand sie sich im Schutz der riesigen Bäume wieder, an denen noch die bunten Blätter hingen und die gesamte Umgebung in herbstliche Stimmung versetzten.

„Wie bist du überhaupt hergekommen?"Fragend sah Clarence die junge Frau an. „Aliquo loco", murmelte Cis widerwillig. Gar nichts zu antworten erschien ihr zu unhöflich und lügen wäre nicht angebracht gewesen. „Schau einer an, so ein komplizierter Zauber.....und den bekommst du hin?"Und schon konnte man erneut die Spitze in beider Stimmen heraushören.

„Sei still!", fauchte die Blonde. „Wir sind hier auf der Beerdigung zwei unserer gemeinsamen Freunde, schon vergessen? Ich denke nicht, dass sich unser Verhalten für diese Situation geziemt, oder? Ich bin nicht hergekommen, um mich mit dir zu streiten, ganz im Gegenteil. Ich dachte, wir könnten endlich Frieden schließen. Immerhin haben wir keinen Grund, auf die andere wütend zu sein, oder?"

Der versöhnliche Klang ihrer Stimme hatte auch auf Clarence seine Wirkung. „Vielleicht hast du Recht.", flüsterte diese beinahe beschämt. „Heute ist ein Tag, an dem man die Feindschaften begraben sollte."Sie zuckte zusammen, als ihr auffiel, was für ein Wort sie soeben benutzt hatte. „Ich weiß, was du meinst.", erwiderte Narcissa rasch. Sie wollte auf jeden Fall verhindern, dass die andere bereits jetzt in Tränen ausbrach.

„Also, Freunde?"Abwartend streckte sie die behandschuhte rechte Hand aus, die Clarence zögernd ergriff. „Freunde.", bestätigte diese und ein dünnes Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit, bis es schließlich sogar ihre Augen erreichte. „Tut mir Leid.", platzte sie auf einmal heraus und erntete nur einen verwunderten Blick. „Was denn? Für was entschuldigst du dich?"

„Einfach für alles. Ich war in letzter Zeit widerwärtig zu dir, wann immer wir uns gesehen haben und ich hab versucht, dich schlecht zu machen, wenn Remus mit den anderen über dich geredet hat. Du warst mir ein Dorn im Auge, weil du mit Malfoy verheiratet und mit Gryffindors befreundet warst. Ich dachte lange, du wärst eine Art Spionin und mehr als einmal wurde ich von Lily, James, Sirius oder Remus dafür zurechtgewiesen.

Ich konnte mich noch daran erinnern, dass wir in unserer Schulzeit ziemlich gut miteinander ausgekommen waren, aber später war es vorbei. Ich wollte dich nicht mögen und hab alles getan, um es zu schaffen. Ich hab mir selbst eingeredet, dass du auf der Dunklen Seite bist und so etwas. Kurz: ich habe vieles gemacht, was ich heute bereue."

Offen sah Clarence die blonde Frau an. Narcissa, die von diesem kleinen Ausbruch vollkommen überrascht worden war, nickte nur. „Mir tut es auch Leid.", gab sie sofort zu. „Ich hab in die nur die Frau gesehen, die Sirius geheiratet hatte und die mich nicht ausstehen konnte. Ich war zu blind, um alles zu erkennen."Erneut senkte Clarence den Kopf. „Das waren wir wohl alle."

„Worüber wolltest du nun mit mir reden?", kam Cis wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. „Remus.", war die knappe Antwort. „Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Es scheint, als wäre er vollkommen verwirrt und hätte keine Ahnung, was er glauben sollte. Das mit Sirius macht ihm schwer zu schaffen. Irgendwie sieht es aus, als hätte Remus seit einer Weile geglaubt, dass Sirius wirklich ein Spion war und Sirius dachte dasselbe von Moony."

„Wie kam das denn?", warf Narcissa ein. „Die beiden haben sich doch immer so gut verstanden."Clarence zuckte mit den Schultern. „Frag mich was Leichteres. Wenn du was Genaueres wissen willst, musst du Remus selbst fragen. Ich würde sowieso vorschlagen, dass du vor der Beerdigung noch einmal mit ihm redest. Er hat Angst, weißt du. Er weiß nicht, was er sagen soll. Sprich mit ihm, du wirst mehr ausrichten können als ich."

„Also glaubst du an Sirius' Unschuld?", hakte Cis nach. Clarence lächelte. „Ich kenne ihn seit einer halben Ewigkeit und war sogar kurz mit ihm verheiratet. Sirius mag alles Mögliche sein, er hat mehr Fehler und dumme Streiche gemacht, als ich überhaupt noch zählen kann, aber er würde niemals seine besten Freunde verraten, genau wie Remus. Nur haben das die zwei wohl nicht mitbekommen und jeder hat den anderen verdächtigt."

Narcissa erwiderte das Lächeln. „In Ordnung. Dann gehe ich jetzt Remus suchen, es ist ja noch ein wenig Zeit, bevor der Trauergottesdienst anfängt, nicht wahr? Mal sehen, was ich herausfinde und möglicherweise richtig stellen kann. Bis später, ja?"Sie wandte sich ab und lief auf die Bäume zu, wo sie sich plötzlich umdrehte. „Ich denke auch, dass Sirius unschuldig ist, wenn es dich interessiert."Und dann war sie verschwunden.

~~~

„Ist alles bereit? Mr. Lupin?"Aus seinen Gedanken gerissen drehte sich Remus erschrocken um. „Jaja, alles in Ordnung.", erwiderte er zerstreut und schaute dem Pfarrer hinterher, der ihn kurz zuvor besorgt gemustert hatte. Remus hätte nie geglaubt, dass er sich eines Tages um die Beerdigung seiner besten Freunde würde kümmern müssen. Nichts war so gekommen, wie sie es früher gedacht hatten.

Lilys Eltern lebten nicht mehr, genau wie die von James und allem Anschein nach hatte auch Lilys Schwester Petunia keinerlei Interesse daran, dem Trauergottesdienst beizuwohnen. Also war diese traurige Aufgabe an ihm und Clarence hängen geblieben. Es war schwer, verdammt schwer sogar, so etwas organisieren zu müssen.

Viele waren erschienen, um Abschied von den Potters zu nehmen und um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Doch kaum jemand hatte Remus und Clarence helfen können, da die meisten selbst beschäftigt genug waren. Dumbledore hatte sie soweit er konnte unterstützt. Ihm war wohl klar gewesen, dass es die beiden alleine unmöglich schaffen konnten. Dazu nagte die Trauer viel zu sehr an ihnen.

Beklommen sah sich Remus in der kleinen Kirche um. Überall kalter, grauer Stein, Porträts angesehener Kirchenmänner und hohe Fenster aus buntem Glas. Als Lily und James hier geheiratet hatten, war ihm die Kirche vorgekommen wie die personifizierte Fröhlichkeit. Alles hatte geglänzt, gestrahlt und gute Laune verbreitet.

Damals waren die Steine hell gewesen und hatten niemanden in traurige Stimmung versetzt. An jenem Tag hatte die Sonne geschienen und so durch die Fenster Farbenspiele auf den Altar und die Wände gezaubert. Es war dieselbe Kirche und dennoch war heute nichts wie am glücklichsten Tag von Lily und James.

Neben den ganzen Zauberern, die mit den Potters befreundet gewesen waren, waren auch Bewohner des kleinen Dorfes gekommen, Nachbarn der beiden und gute Bekannte. Das hier kein reiner Zaubererort, dafür hatten sich James und Lily ganz bewusst entschieden. Sie hatten gewollt, dass Harry in beiden Welten aufwuchs und die Traditionen von Muggeln und Zauberern kennenlernte.

Das war nun vorbei. Dumbledore hatte Harry in jener verhängnisvollen Nacht zu seiner Tante und deren Familie gebracht, in deren Adern nicht ein Tropfen magischen Blutes floss. Lily war als einzige eine Hexe gewesen und deshalb würde ihr Sohn unter Muggeln aufwachsen, die nichts über die andere Welt wussten und ihn niemals wirklich verstehen würden.

Remus seufzte leise auf. Er hätte Harry zu gerne bei sich aufgenommen, hatte es dann allerdings nicht gewagt, weil er nicht wollte, dass der Junge ohne Mutterersatz groß werden würde. In Petunia und ihrem Mann würde er sowohl Vater als auch Mutter sehen und das wäre das Beste. Jeder brauchte Familie.

„Geht's dir gut?"Eine Frage, die er in den letzten Tagen viel zu oft gehört und viel zu oft falsch beantwortet hatte. Blaue Augen betrachteten ihn fürsorglich und eine schmale Hand griff beruhigend nach seiner, drückte sie sachte. Remus lächelte gezwungen. „Clara. Wie schön, dich zu sehen."Und bereits im nächsten Moment fand er sich in einer herzlichen Umarmung wieder.

„Du musst es nicht verbergen.", flüsterte eine klare Stimme neben seinem Ohr und er konnte fühlen, wie seine Maskerade bröckelte und sein Körper zitterte. Sie hatte Recht. Alle wussten, wie nahe er Lily und James gestanden hatte, also würde es auch niemanden überraschen, wenn er seinen Schmerz zeigen würde. Clarence konnte man es ja ebenfalls ansehen. Sie hatte dunkle Ringe unter roten, verquollenen Augen, in denen ein trauriger Ausdruck lag.

Rasselnd zog Remus ein wenig Luft ein, atmete ein paar Mal ein und aus, bevor er es wagte, sich aus der Umarmung zu lösen und die junge Frau anzuschauen. Tränen glitzerten in seinen Augen und ließen sie heller erscheinen als sonst. Noch immer waren ihre Hände ineinander verschlungen und Narcissa wirkte nicht, als ob sie ihn in absehbarer Zeit loslassen wollte.

Ein müdes Lächeln umspielte ihre Lippen und von hinten vergoldete ein schmaler Sonnenstrahl ihre blonden Haare. In diesem Moment erinnerte sie Remus mehr denn je an einen menschgewordenen Engel. „Du siehst erschöpft aus.", stellte Narcissa leise fest. „Du bürdest dir zu viel auf, mein Lieber."Sie zog ihre rechte Hand aus der seinen, um ihm sanft über die Wange zu streichen.

Ihre Augen beobachteten jede seiner Bewegungen, bemerkten alles, jedes noch so kleine Zittern oder Blinzeln. „Ich erledige nur das, was ich den besten Freunden schuldig bin, die ein Mensch je haben kann. Das ist meine Art, mit ihrem Tod umzugehen, in Ordnung?"Sofort biss er sich auf die Lippen. Das hatte sich härter angehört, als er es vorgehabt hatte. Narcissa konnte schließlich nichts dafür. Im Gegenteil, sie trauerten beide.

„Tut mir Leid.", fügte Remus schnell hinzu, doch die junge Frau schüttelte abwehrend den Kopf. „Ist schon gut. Das war einfach alles zu viel, nicht wahr? Mach dir keine Gedanken, ich verstehe dich. Du musst dich nicht entschuldigen. Das hier nimmt mich auch mit, weißt du?"Er nickte. „Ich weiß."Seine Stimme klang rau und belegt, als hätte er in den letzten zehn Minuten vergessen, wie man sie gebrauchte.

„Gibt..... gibt es etwas, worüber du reden möchtest?", begann Narcissa behutsam. Es schien ihr keine gute Idee zu sein, Remus einfach so nach Sirius und ihrer Beziehung zu fragen. „Im Augenblick nicht, nein." Beinahe erstaunt erwiderte er ihren Blick. „Warum? Bedrückt dich etwas?"Cis nickte. Vielleicht war es besser, wenn sie den Anfang machte, dann würde es ihm womöglich leichter fallen.

„Als Annick damals gestorben ist, hat mir das James in einem Brief mitgeteilt. Dabei hat er noch geschrieben, dass er eigentlich nie wieder an mich denken und meinen Namen vergessen wollte. Wieso, Remus? Ich hatte immer geglaubt, wir würden uns gut verstehen."Unverständnis, gepaart mit Verzweiflung sprachen aus Narcissas Augen.

„Weißt du, James hat dich gemocht. Du warst intelligent, freundlich, umgänglich, na ja, einfach nett. Außerdem warst du mit Lily befreundet und hast zeitweise seinen besten Freund glücklicher gemacht, als es irgendjemandem zuvor gelungen war. Als es zwischen dir und Sirius aus war, hat James natürlich mitbekommen, dass es Sirius nicht gerade gut ging."„Aber er war es doch, der Schluss gemacht hatte!", warf Narcissa verwundert ein, froh darüber, dass Remus ihr helfen konnte.

„Sicher, das wusste James auch. Und dennoch, Sirius litt unter eurer Trennung und deshalb war James wütend auf dich. Er dachte, du hättest ihm das Herz gebrochen und darum wollte er dich vergessen, damit Sirius es genauso tun konnte und wieder glücklich werden würde."„Und was war mit dir und Sirius?"Erschrocken schaute Remus Narcissa an, die ihm ein knappes Lächeln schenkte.

„Hör mal, denkst du etwa, es wäre niemandem aufgefallen, dass ihr zwei euch gegenseitig verdächtigt habt, Spione zu sein? Ihr wart immer so gut befreundet, was also ist da zwischen euch vorgefallen, dass sich die Situation dermaßen geändert hat? Und erzähl mir keine Märchen, Remus, ich will die Wahrheit wissen."

Der junge Mann senkte leicht den Kopf. Cis hatte ihn geschickt in die Enge getrieben. Nun war er gezwungen zu antworten und sich seinen Gefühlen zu stellen. „Er hatte einen Brief bekommen.", begann Remus. „Mit dem Wappen der Malfoys. Darin stand, dass er sich bereithalten sollte."„Guter Merlin!"Narcissas erschrockener Ausruf hallte an den Steinwänden der kleinen Kirche wider und sofort hielt sie sich die Hand über den Mund.

„Was ist?"Remus starrte sie verwundert an. „Deshalb hast du ihm misstraut? Wegen diesem Brief?"Narcissa fächelte sich mit der freien Hand Luft zu, während sie zusehends blasser wurde. „Nicht nur, wieso?" „Der Brief war von mir.", gab die Frau leise zu. „Ich habe ihm geschrieben, um euch zu warnen. Ich hätte doch nie gedacht, dass....." Sie konnte den Satz nicht beenden, sondern schloss stattdessen die Augen und schien kurz davor, in Tränen auszubrechen. „Das hab ich nicht gewollt.", murmelte sie immer wieder mit zittriger Stimme.

„Dein Brief war nur eine Sache.", fuhr Remus fort, während er sie an sich zog und ihr beruhigend über den Rücken strich. „Mach dir keine Gedanken, es war nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür, ja?"Zwei kühle Finger legten sich unter Narcissas Kinn und zwangen die junge Frau, ihr Gegenüber anzuschauen. Sie schluckte, als Remus' warme Bernsteinaugen auf ihr ruhten. „Okay."Cis lächelte, obwohl ihr eher nach Weinen zumute war. „Und was war die zweite Sache?"

Plötzlich verdunkelten sich die goldenen Augen wieder und beinahe schien es, als wolle Remus davonlaufen, um alles zu vergessen. „Annick.", war seine einzige Antwort. Verständnislos starrte Narcissa ihren alten Freund an. „Annick? Remus, was meinst du damit? Was ist mit ihr?"„Peter hat mir Fotos zugekommen lassen. Bilder, auf denen Sirius meine große Liebe küsst. Und Briefe, in denen er ihr seine Liebe gesteht. Merlin, was hättest du denn gedacht?", brach es aus ihm heraus.

„Ich bin zu Tode erschrocken, dachte, ich sehe nicht recht, aber es scheint zu stimmen. Oder wie soll ich mir sonst die Briefe erklären?" „Sh.", machte Narcissa, da sich Remus zusehends in Rage geredet hatte. „Ganz ruhig, ja?"Sie überlegte ein paar Augenblicke lang, bevor sie erneut zu sprechen begann. „Ich dachte, du würdest deinen Freunden vertrauen."Es klang wie ein Vorwurf und nach Enttäuschung, das merkten sie beide.

„Das tue ich ja auch!"Remus' leidenschaftlicher Ruf hallte an den Steinwänden wider und veranlasste Cis erneut dazu, ihm ein „Psst!" zuzuhauchen. „Achja? Offenbar nicht. Denn so sieht es im Moment nicht für mich aus."„Willst du mir nun auch noch Vorwürfe machen, oder was soll das? Clara, was glaubst du eigentlich, wie es mir gerade geht? Da sind Erinnerungen in meinem Kopf, die gegeneinander ankämpfen!

Sirius, wie er mir hilft, mich immer unterstützt. Sirius, wie er schon wieder eine neue Freundin hat. Sirius, wie er mit allen möglichen Mädchen flirtet. Sirius, wie er dich anschaut. Und dann ist da noch Annick, wie sie mich anlächelt. Wie sie Sirius beobachtet, während er einen Witz erzählt. Merlin, hast du überhaupt eine Ahnung davon, wie zerrissen ich bin? Ich stehe zwischen zwei angeblichen Wahrheiten und kann mich für keine entscheiden."

Betroffen senkte Narcissa den Kopf und vermied es, ihren Freund anzusehen. „Es tut mir Leid, Remus. Es steht mir nicht zu, dich zu kritisieren. Ich bin davon überzeugt, was auch immer du tust, es ist richtig. Ich habe meine Wahrheit bereits gefunden, aber ich kann dir nicht helfen, nach deiner zu suchen. Du musst für dich selbst entscheiden, was richtig ist und was falsch. Niemand hetzt dich. Lass dir Zeit und höre auf dein Herz. Wenn du ganz still bist, dann kannst du seiner Stimme lauschen."

„Ich weiß."Langsam wurde Remus wieder ruhiger, sein vor Anspannung verzerrtes Gesicht wurde allmählich wieder glatt und entspannter. „Niemand kann mir diese Entscheidung abnehmen. Doch es lastet auf mir, wie ein wahnsinniges Gewicht. Ständig begegnet es mir, sogar hier und jetzt. Nachher soll ich die Grabrede halten und ich habe keine Ahnung, was ich zu Sirius sagen soll."

„Hör auf dein Herz.", riet ihm Narcissa zum zweiten Mal. „Es flüstert dir alles zu, was du wissen musst."

~*~*~

Clarence Montam war kalkweiß geworden. Die ganze Zeit über hatte sie stumm auf ihrem Platz auf der steinernen Kirchenbank gesessen und dem Pfarrer zugehört, der darüber gesprochen hatte, dass der Tod nicht das Ende war, sondern dass danach etwas wartete, dass besser war.

Irgendwann hatte Clece es nicht mehr ertragen und war aus der Kirche gerannt, bevor der Gottesdienst geendet hatte. Zu glauben, dass es Lily und James ohne ihre Freunde und ohne Harry besser gehen sollte, fiel ihr schwer. Was wusste der Pfarrer schon von der Trauer, die alle hier ergriffen hatte und wohl nie wieder loslassen würde? Er hatte keine Ahnung von dem Schmerz, der sich seit jener Nacht in Clarences Herz gefressen hatte und es allmählich zerlöcherte.

Sämtliche Empfindungen schnürten ihr die Kehle zu, kein Schluchzer offenbarte, was sie fühlte, denn jeder konnte es sehen. Ihre Augen waren trüb genug, um allen zu zeigen, was sie spürte, wie sie litt und wie sehr sie sich nach Erlösung sehnte. Kaum jemand konnte nachvollziehen, was in ihr vorging, da kaum jemand Lily so gut gekannt hatte wie sie.

Remus war in gewisser Weise ihr Trost. Ihm ging es genauso schlecht wie ihr und gemeinsam versuchten sie, sich gegenseitig Halt zu geben und zu unterstützen. Aber das würde nicht mehr lange so bleiben. Clarence wusste, was Remus vorhatte und sie würde ihn nicht davon abhalten. Jeder Mensch hatte das Recht, glücklich zu werden und ihn würde es wohl tatsächlich helfen.

Clarence fuhr sich mit der rechten Hand durch ihr Gesicht. Nicht, um die Tränen abzuwischen, die bereits seit Tagen nicht mehr flossen. Sie hatte stundenlang geweint, ununterbrochen und es hatte ihr in keiner Weise geholfen. Lily und James waren danach noch genauso tot wie vorher, also war Clece zu dem Entschluss gekommen, dass die Tränen unnütz waren.

Die Zeiten, in denen Weinen befreit hatte, waren nun endgültig vorbei, so wie ihre Kindheit und Jugend. Jetzt begann das Erwachsensein, ohne ihre alten Freunde. Nach der Beerdigung würde sie verschwinden und versuchen, von vorne anzufangen, so fern ihre Erinnerungen sie lassen würden.

Die junge Frau lächelte kurz. Neubeginn. Ja, das hatten sie wohl alle vor. Remus sowieso und selbst Narcissa hatte merkwürdig entschlossen gewirkt, als sie auf dem Friedhof angekommen war. So, als wäre auch für sie die Beerdigung der letzte Abschnitt eines Lebens, das so weit entfernt schien, dass man glatt daran zweifeln könnte, es jemals echt gewesen war.

Clarence warf einen Blick auf ihre Uhr. Der Gottesdienst müsste jeden Augenblick zu ende sein, dann würde noch die Grabrede gehalten werden und danach würden sie sich in alle Himmelsrichtungen verteilen, um sich vielleicht irgendwann einmal, wenn der Schmerz so klein geworden war, dass ein altes Foto nur wehmütige Erinnerungen wachrufen würde, wiederzusehen und über die Zeiten zu reden, in denen sie jung, unbeschwert und glücklich gewesen waren.

„Kann ich dir irgendwie helfen?"Clarence schnellte herum. Dort, vor der kleinen Kirche aus Stein, stand Narcissa Malfoy und sah sie besorgt an. Mit schnellen Schritten war die Blonde bei Clece angelangt und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Der Gottesdienst ist vorbei.", erklärte sie leise. „Remus wartet auf uns."„Wieso?"Cis warf ihr einen erstaunten Blick zu. „Wegen der Grabrede natürlich. Er hat gemeint, er müsste noch kurz etwas mit dir besprechen. Ich dachte, du wüsstest, worum es geht."

„Ach, das."Clarence zwang ein Lächeln auf ihre vom kalten Wind rau gewordenen Lippen. „Ja, selbstverständlich. Gehen wir?"Narcissa nickte ihr zu und gemeinsam schritten die beiden Frauen auf den Friedhof zu, den Blick krampfhaft auf Remus gerichtet, der am Eingang stand und sich in seiner schwarzen Kleidung dunkel vom wolkenverhangenen Himmel hervorhob.

„Da seid ihr ja."Er wirkte erleichtert, als sie bei ihm angekommen waren. „Merlin sei Dank. Ich hatte schon Angst, dir wäre etwas passiert, Clarence, als du so überstürzt weggelaufen bist. Ist alles in Ordnung?"Die Angesprochene hob den Kopf. „Ich konnte es nur nicht mehr ertragen. Mir kam es vor, als würden sich die Mauern immer näher auf mich zubewegen, um mich am Ende zu erdrücken. Plötzlich fühlte ich mich so klein wie nie zuvor in meinem Leben."

Remus sah sie wissend an. „Das kann ich verstehen. Ich fühle mich genauso. Das ist die Erkenntnis, die uns deutlich macht, dass wir alle geringer sind als Bauern in einem Schachspiel. Wir bedeuten nichts und können auch nichts ausrichten. Lilys und James' Tod hat uns das wieder gezeigt und nun spüren wir, wie wir eingeengt werden. Wir fangen an zu begreifen, Clarence. Du kennst doch den Spruch: „Was uns nicht tötet, macht uns stark."? Genau so ist es hier. Wir zerbrechen innerlich, sterben jedoch nicht, sondern werden wohl irgendwann wieder normal leben können, allerdings immerzu mit der Gewissheit, dass unser Leben nichts bedeutet."

Eine einsame Träne rann aus Clarences linkem Augenwinkel über ihre Wange und schimmerte sanft im fahlen Licht der Sonne, die es sich, wie es schien, nicht nehmen lassen wollte, den Trauernden wenigstens ein bisschen Trost zu spenden. „Lily und James haben etwas bedeutet.", flüsterte sie. „Sie waren anders als wir. Die beiden waren wie Sterne in einer dunklen Nacht. Und nun sind sie verloschen."

Eine Hand legte sich auf Cleces Schulter, eine weitere auf die von Remus. „Lily und James waren nicht die einzigen Sterne. Für euch waren sie so etwas wie die Zentren eurer Leben. Ihr dürft nicht aufgeben und sie niemals vergessen. Eines Tages werden neue Sterne geboren, die euch genauso leiten können, wie es die zwei vermochten. Ihr müsst Geduld haben und den unbändigen Willen, weiterzuleben. Das ist es, was sie sich gewünscht hätten. Wollt ihr ihnen das nicht erfüllen?"

Auch in Narcissas blauen Augen glitzerten ungeweinte Tränen und in diesem Moment waren die einzigen Gefühle, die die drei spürten, tiefes Verständnis und große Verbundenheit. Für einen Augenblick war der Schmerz verschwunden, weil sie wussten, dass sie in ihrer Trauer nicht alleine waren und es auch weiterhin nicht sein würden. Geteiltes Leid war halbes Leid. Selbst so wahnsinniges Leid wie dieses hier.

„Wir müssen gehen.", durchbrach Remus mit rauer Stimme die wohltuende Stille, die ihnen etwas Geborgenheit gegeben hatte. „Clarence, was ich dir sagen wollte: es bleibt so, wie wir es besprochen haben. In Ordnung?"Die junge Frau nickte leicht. „Wie du meinst, Remus. Ich bin einverstanden."Irritiert blickte Narcissa von einem zum anderen, bevor sie beschloss, dass sie das hier nichts anging.

Hand in Hand schritten die drei auf dem schmalen Weg aus grauen Steinen durch die hohen Bäume und näherten sich der Stelle, an der die beiden Särge aufgestellt worden waren und darauf warteten, dass man sie in der Erde versinken würde. Davor lagen Dutzende von Kränzen, von denen die meisten mit Lilien geschmückt waren. Auf jedem standen Abschiedsgrüße, die deutlich machten, wie sehr diese zwei Toten geliebt worden waren.

Lilys weißer Sarg wurde von roten Rosen überflutet, in die zahlreiche Lilien hineingesteckt worden waren. Rote Rosen, das Symbol der Liebe, und Lilien fanden sich auch auf James' Sarg aus Ebenholz wieder. Es schien, als hätte der Florist sich große Mühe gegeben, zu zeigen, dass die beiden zusammengehörten. Sie waren die Gegenstücke des anderen, wie im wahren Leben.

Narcissa spürte, wie Clarence an ihrer rechten Seite merklich schwankte und wie ihr Körper zitterte, als wäre sie einer Ohnmacht nahe. Hilfesuchend klammerte sich Clece an der blonden Frau fest und verbarg ihr Gesicht an deren Schulter. „Ich kann das nicht.", keuchte sie und rang gleichzeitig verzweifelt nach Luft. Ihre Brust hob und senkte sich beinahe panisch. Eine Hand krallte sich in Narcissas Jacke, so sehr, dass die Knöchel weiß hervortraten.

„Sh.", machte Cis ein wenig überfordert und gleichzeitig beruhigend. Ihre linke Hand löste sich nicht aus der von Remus, stattdessen ließ sie nur ihre rechte über Clarences Kopf wandern, um die andere sanft dazu zu bewegen, sie anzuschauen. „Du schaffst das, hast du verstanden? Du hast schon ganz andere Sachen gemeistert."„Achja? Was denn?" „Alles.", antwortete Remus leise. „Vergiss das nie, hörst du?"

Ganz allmählich richtete sich Clarence wieder auf und sah die beiden lange an. Ihr Gesicht wirkte leichenblass, vor allem, da es von ihren dunklen Haaren umrahmt wurde. „Du hast Recht.", seufzte sie. „Ich muss stark sein."Vorsichtig strich ihr Remus ganz kurz über die Wange und schenkte ihr ein mattes, aufmunterndes Lächeln, bevor er sich ruckartig abwandte und auf die beiden Särge zumarschierte.

Narcissas Hände griffen nun beide nach denen von Clece, die sie heftig drückte. Als Remus zum Stehen gekommen war, war auf einmal Ruhe eingekehrt und das Gemurmel war erstorben. Die vielen Trauergäste wandten sich ganz Remus zu, der einsam vorne stand und seltsam emotionslos in die Runde blickte. Cis konnte Albus Dumbledore erkennen, der ihr müde zulächelte. Alle waren sie gekommen, um Abschied von zwei großen Menschen zu nehmen.

Ein bedrückendes Schweigen lag in der Luft, bis zu dem Moment, in dem Remus leise zu sprechen begann und somit alle in seinen Bann zog. Keiner konnte sich dem Zauber des Augenblicks entziehen, denn sie wussten oder ahnten zumindest, dass dieser junge Mann ihnen noch einmal das Leben von Lily und James Potter ins Gedächtnis rufen würde.

„Etwas über zwei der besten Menschen zu sagen, die ich je getroffen habe, ist eine geradezu undankbare Aufgabe. Es gibt so vieles, was mir wichtig erscheint, und zugleich so wenig Worte, die auszudrücken vermögen, was ich fühle. Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich nun erzählen soll. Und um ehrlich zu sein, ich weiß es bis jetzt noch nicht."Remus machte eine kleine Pause, in der er tief Luft holte und sich scheinbar für die schwerste Tat seines bisherigen Lebens rüstete.

„Wenn ich an James denke, dann kommt mir sofort Lily in den Sinn und umgekehrt ist es genauso. Es ist unmöglich, von dem einen zu sprechen und dabei den anderen nicht zu erwähnen. Sie waren die perfekte Einheit, wie füreinander geschafften, haben sich wunderbar ergänzt. Zwei Personen, die sich gesucht und gefunden hatten, um einander nie wieder zu verlassen. Das haben sie erreicht, denn sie starben gemeinsam, wie sie es sich gewünscht hätten."Wieder verstummte Remus sekundenlang, diesmal, um zu schlucken und den Kloß in seinem Hals zu vernichten.

„Obwohl meine Trauer über ihren Tod mich fast zerreißt, muss ich dennoch zugeben, dass ich beinahe froh darüber bin, dass nicht einer der beiden den anderen lebend zurücklässt. Es hätte sie zerstört, davon bin ich überzeugt."Verschiedene Trauergäste nickten ihm stumm zu und vereinzelt liefen glitzernde Tränen über die Wangen. Remus allerdings schien sich mehr oder weniger gefangen zu haben, denn er hob bereits wieder die Stimme.

„Zuerst möchte ich euch etwas über James erzählen, oder es zumindest versuchen. Worte können dem nicht gerecht werden, was ich empfinde, deshalb bitte ich euch, nachsichtig mit mir zu sein. Es war an meinem allerersten Schultag, an dem ich James das erste Mal begegnete. Ihr habt ihn alle gekannt und wisst, was für eine Wirkung er bereits als Kind auf Menschen hatte, wenn er einen Raum betrat und sämtliche Blicke auf sich zog. Da war etwas um ihn, eine Art Aura, die jeden sofort spüren ließ, dass er nur Unfug im Kopf hatte und deshalb Spass am Leben hatte.

Er war so selbstbewusst, wie ich es nur selten bei anderen bemerkt habe. Seine äußerlichen kleinen Fehler, wie er es nannte, baute er zu seinen Stärken aus. Schon bald kannte jeder in Hogwarts seinen verstrubbelten, rabenschwarzen Haarschopf, der schnell zu seinem Markenzeichen geworden war. James machte das Leben viel zu viel Freude, als dass er sich so sehr mit seinem Aussehen aufgehalten hätte. Ihm war es wichtig, was in einem Menschen steckte, nicht, was für eine Augenfarbe er hatte oder ob seine Nase krumm war.

James hatte etwas an sich, was mich faszinierte. Da war diese unglaubliche Lebensfreude, diese Gewissheit, dass er alles erreichen könnte, was er sich nur wünschte. Diejenigen, die ihn nicht mochten, behaupteten, er wäre arrogant und eingebildet. Ich war sein Freund und sage, er konnte sich auf seine Fähigkeiten verlassen und wusste, wozu er fähig war.

Vom ersten Augenblick an war ich gefesselt. James nahm das Leben leicht, aber nicht zu sehr. Er konnte ernst sein, doch wollte vor allem anderen Spass haben und die Zeit genießen, in der noch niemand von ihm verlangte, erwachsen zu sein und sich auch so zu benehmen. Er war anders als ich und genau deshalb mochte ich ihn auf der Stelle. James schlug oftmals über die Stränge, konnte sich jedoch jedes Mal mit einem spitzbübischen Lächeln aus der Affäre ziehen. Ein bettelnder Blick aus seinen Augen und die meisten verziehen ihm alles, denn er war ein Mensch, dem man oft und gerne verzieh, weil man heimlich selbst über seine Streiche lachte.

Schon bald waren er und Sirius", hier zuckte Remus kurz zusammen, „bei den Lehrern bekannt wie zwei bunte Hunde. Ich ebenfalls, weil sie mich immer mitnahmen, wenn sie etwas vorhatten, genau wie Peter. Wir beide wurden ihre Schützlinge und gemeinsam stellten wir Hogwarts unzählige Male und gerne auf den Kopf. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Freunde, die das Leben nicht so schwer nahmen wie ich, ja, denen es nicht einmal in den Sinn kam, das Leben als Bürde anzusehen und das tat mir unglaublich gut."

Remus' Augen schweiften beobachtend über die Menge. Er hatte sehr wohl gemerkt, wie die meisten erschrocken reagiert hatten, als er Sirius' Namen erwähnt hatte. Er konnte es ihnen nicht verübeln, schließlich galt Sirius als Mörder von Lily und James, um die sie so sehr trauerten.

„Um gleich etwas richtig zu stellen: Ich habe keine Ahnung, ob Sirius Black ein Spion war oder nicht. Ich habe ihm früher vertraut und kannte ihn besser als manch andere. Ich möchte mit dieser Rede keinerlei Vermutungen anstellen, ich will einfach nur von dem Sirius erzählen, den ich mochte und damals sah. Heute gibt es nur den Schüler Sirius Black wie ich ihn kennengelernt habe."

Schweigen folgte seinen Worten und Narcissa erwischte sich dabei, wie sie lächelte. Ja, Remus hatte sich ihre kleine Ansprache wohl zu Herzen genommen und einen Weg gefunden, das zu sagen, was er wollte und das zu ignorieren, was ihn zu sehr schmerzte. Nach einem letzten Blick auf die Trauergäste fuhr Remus fort:

„James hatte das Talent, Menschen zum Lachen zu bringen. Wo er war, da herrschte pures Vergnügen. Ihn jedoch als Feind zu haben, bedeutete Ärger, denn alle wussten, dass er nicht alleine stand, sondern genügend Freunde hatte, die ihn unterstützten, egal, was er vorhatte. James konnte andere mit nur einem Blick für sich einnehmen und auch halten. Er war beliebt und wurde deswegen von manchen gehasst, was ihn allerdings nicht sonderlich kümmerte.

Und obwohl mir klar war, dass James für seine Freunde ebenfalls einstehen würde, hatte ich Angst, denn ich hatte verschwiegen, dass....." Narcissa machte eine ungestüme Handbewegung und hoffte inständig, dass Remus sie sehen würde. Er war doch tatsächlich gerade dabei, von seinem Werwolfdasein zu erzählen! Hatte er etwa den Verstand verloren? Was sollten die Muggel unter den Trauergästen denken?

Remus verstummte abrupt. Etwas in Claras Augen sagte ihm sehr deutlich, was sie dachte und ihm wurde eiskalt. „Dass.....dass.....", stotterte er leicht überfordert herum, bis ihm die Entscheidung abgenommen wurde, indem ihn eine ältere Frau unterbrach: „Sie können ruhig erzählen, was Sie für richtig halten. Wir wissen Bescheid. Lily und James vertrauten uns vieles an. Wenn man so eng zusammenlebt, wie wir hier, dann kann man nichts verbergen. Machen Sie sich keine Sorgen."

Fragend warf Remus Dumbledore einen Blick zu. Der Direktor lächelte ihn kurz an und nickte anschließend. Es hatte nicht den Anschein, als wäre er sehr verwundert. Albus Dumbledore konnte scheinbar nichts und niemand mehr überraschen. Remus nickte als Antwort ebenfalls und hob erneut die Stimme:

„Ich hatte verschwiegen, dass ich ein Werwolf bin und hatte nun Angst, wie sie reagieren würden."Zumindest die Trauergäste waren ihm gewogen, denn nicht einer zuckte zusammen oder machte den Versuch, erschrocken davon zu laufen. „Monatelang hatte ich es vor ihnen verbergen können, hatte Ausrede um Ausrede erfunden, aber irgendwann passten sie mich ab und sagten mir auf den Kopf zu, dass sie die Wahrheit wussten. James und Sirius waren beide intelligent, es hatte mich also nicht gewundert, dass sie mir auf die Schliche gekommen waren.

Nun stand ich da, zitternd, und fürchtete mich davor, die besten Freunde zu verlieren, die ich jemals gehabt hatte. Und was tat James? Jeder von euch, der ihn ein wenig kannte, wird es mit Leichtigkeit erraten. Er fing an zu lachen und bekam dieses funkelnde Glitzern in den Augen. Ich wusste, was das bedeutete und atmete erleichtert auf. James roch, genau wie Sirius, ein neues Abenteuer, die beiden nahmen es schulterzuckend hin und grinsten. Und Peter richtete sich sowieso nach den beiden. Ich war also gerettet und genoss von da an die Zeit mit den dreien noch mehr als vorher.

Kurz danach waren wir besonders übermütig, niemand konnte uns stoppen, bis zu dem Augenblick, in dem wir zum ersten Mal so richtig mit Severus Snape aneinander gerieten. Bereits im Zug hatten mir James und Sirius von ihm erzählt und ich hatte mitbekommen, wie wenig sie sich leiden konnten. Woher genau das rührte, wusste ich nicht, aber ich schätzte, dass es etwas mit den Feindschaften zwischen Zaubererfamilien zu tun hatte.

In Hogwarts waren sie sich bisher aus dem Weg gegangen, was einfach gewesen war, da Slytherin und Gryffindor nur ein Fach zusammen gehabt hatten. An diesem Tag schnappten sich Snape und Malfoy Peter und hetzten ihm verschiedene Flüche auf den Hals, die ihn ohnmächtig zusammenbrechen ließen. Als James und Sirius davon erfuhren, machten wir drei uns auf den Weg, unseren Freund zu rächen. Dieses eine Mal hatte uns sofort deutlich gemacht, dass es nicht weise war, irgendwohin alleine zu gehen. Gemeinsam waren wir stark, das wussten wir."

Remus hielt einen Moment inne, um sich eine einzelne Träne wegzuwischen. Tausende von Erinnerungen schossen durch seinen Kopf und machten ihm die Rede noch schwerer, als es ohnehin schon war. Tausendmal Sirius, tausendmal James, tausendmal Lily, tausendmal Peter und tausendmal Annick. Aber er musste weitermachen. Sie erwarteten es von ihm.

„Malfoy konnten wir nicht finden, nur Snape stach uns ins Auge, wie er alleine auf den Ländereien spazieren ging. James stürzte sich in den Kampf, als ginge es um sein Leben und erst da wurde mir richtig klar, wie wichtig meine Freunde für mich waren. Sie waren gleichzeitig auch meine Beschützer, weil ich ihnen immer so schwach vorkam. James machte mir mit diesem Duell nur allzu deutlich, dass er auch mit jedem anderen so umgehen würde, sollte mir jemand wehtun. Dass Sirius die Sache genauso sah, obwohl er sich aus dem Kampf herausgehalten hatte, um nicht versehentlich James zu treffen, war selbstverständlich.

Früher war es mir immer so vorgekommen, als würde James Snape mehr hassen, als Sirius es tat. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Nun denke ich eher, dass es umgekehrt ist. Vielleicht war es auch ganz einfach so, dass sich Sirius und James so nahe standen, dass sie einige Gefühle teilten, mitunter die Feindschaft zu Snape. Ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß gar nichts mehr."

Zum Ende hin war Remus immer leiser geworden, bis er schließlich ganz verstummte und die Augen schloss, übermannt von dem Wirbelsturm an Gefühlen, der durch sein Herz fegte und ihm keine Ruhe ließ. Narcissa biss sich auf die Lippen, während sie beobachten konnte, wie ihr alter Freund einer Ohnmacht nahe schien und sich so sehr beherrschen musste, um nicht laut loszuschluchzen.

„James und Sirius hielten zusammen wie Pech und Schwefel."Überrascht bemerkte Clara, wie es Remus jedes Mal aufs Neue gelang, weiterzureden. Er war zerrissen zwischen den Gefühlen von damals und denen von heute. Er wusste nicht länger, was er glauben sollte, das sah man ihm nur allzu deutlich an. Und dennoch..... Remus war stärker als sie angenommen hatte. So viel stärker als die meisten hier. „Sie waren eine kleine Einheit in unserer Vierer-Gruppe und jedem war klar, dass der eine für den anderen sterben würde. Zumindest damals."

Diesmal war es Clarence, die neben Cis stand und der auf einmal tausende von Tränen über die Wangen liefen, bevor sie sich gegen Narcissa lehnte und verzweifelt weinte. Die blonde Frau strich ihr hilflos über den Rücken, während auch bei ihr die Tränen zu fließen begannen. Irgendwann war es einfach genug. Und Remus hatte sie beide bereits jetzt so tief berührt, dass alle Trauer hinauswollte.

„Ich kann nicht sagen, was sich geändert hat, wenn Sirius nun als Verräter in Azkaban sitzt, aber früher hätte ich meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Sirius alles für James tun würde. Es war etwas zwischen den beiden, was sie immer verband und mich manchmal störte, weil ich mir ausgeschlossen vorkam. Doch meistens war es dieses wahnsinnige Gefühl ewiger Freundschaft, das in der Luft lag, wenn man die zwei beobachtete. Sie waren sich ähnlich, ohne Zweifel, und vielleicht verstanden sie sich genau deshalb so gut."

Ein leises Schniefen an ihrer rechten Seite zeigte Narcissa, dass sich Clarence offenbar wieder ein wenig gefangen hatte. Remus allerdings fuhr sich mit zitternder Hand über sein Gesicht und schien um seine Fassung zu kämpfen, bevor ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte.

„Wenn ich an James denke, dann denke ich an Quidditch. Es war sein Sport, sein Spass, ein wichtiger Teil seines Lebens. Er liebte, es auf dem Besen durch die Luft zu jagen und Ausschau nach dem Schnatz zu halten. Er hielt es keine Woche aus, ohne sich den Wind übers Gesicht streichen zu lassen. James brauchte Abenteuer und Quidditch bot ihm alles, was er wollte. Er galt schon früh als ein hervorragender Sucher und genialer Flieger, wofür ihn viele bewunderten.

Obwohl James die Selbstinszenierung liebte, wie wohl jeder andere auch, wurde er nie überheblich, ganz egal, was seine Neider erzählten. Manchmal spielte er die Arroganz, vor allem dann, wenn er jemanden ärgern wollte. Doch vor seinen Freunden verstellte er sich nur selten, das hatte er nicht nötig. Er wurde um seiner selbst willen geliebt, nicht wegen den Siegen im Quidditch. Er mochte es, wenn man ihn lobte, aber er konnte auch ohne Ruhm leben.

Vieles änderte sich, als unser zweites Schuljahr begann und James endlich in der Hausmannschaft von Gryffindor spielen konnte. Hatte er vorher nur nachts geübt, was natürlich verboten war, so konnte er nun offen zeigen, wie gut er war und wir konnten offen zeigen, wie gut wir ihn fanden. Sicher, es war ein Geheimnis gewesen, dass er trainiert hatte, also hatten es selbstverständlich alle gewusst."

Narcissa lächelte und auch auf die Gesichter vieler anderen stahl sich ein Schmunzeln. Remus verstand es, das Vergangene neu zum Leben zu erwecken und ihnen vor das innere Auge zu zaubern. Jeder konnte sich bildlich vorstellen, was er erzählte. Und es war gut, wenn in einer solchen Rede nicht nur Trauer zu spüren war, sondern vielmehr die wunderbaren Erinnerungen, die man mit den Toten verband.

„In unserem zweiten Jahr war es dann auch, dass Lily nach Gryffindor kam. Für James war es Liebe auf den ersten Blick, das kann ich persönlich bezeugen. Professor McGonagall rief Lily Evans auf und James fiel neben mir fast von der Bank. Anschließend, nachdem sie sich an unseren Tisch gesetzt hatte, brachte er das ganze Abendessen über keinen Ton heraus, was, da waren sich alle einig, eine absolute Premiere gewesen war."

Alle Köpfe drehten sich zu Minerva McGonagall und Albus Dumbledore, die beide ein Lächeln nicht verstecken konnten und sich offenbar nur allzu gut an diesen Abend erinnern konnten. Clarence brachte ebenfalls ein schmales Lächeln zustande und flüsterte Narcissa zu, dass sich damals ganz Gryffindor über James gewundert hatte. Remus jedoch schien sich an der allgemeinen Reaktion in seiner Rede bestärkt zu fühlen.

„Dass es Lily nicht sofort aufgefallen war, konnten besonders Sirius und ich nie begreifen. James benahm sich wie ein kompletter Idiot, wenn sie in der Nähe war, was, da sie im selben Haus waren, ziemlich oft vorkam. Er konnte sich nicht auf seine Hausaufgaben konzentrieren, weil sie drei Tische weiter saß und sich unglaublicherweise mit einem Jungen aus ihrer Klasse unterhielt, was James' Meinung nach einem Verbrechen gleichkam."

Erneut folgte zaghaftes, vereinzeltes Gelächter, da sich niemand traute, auf einer Beerdigung laut zu sein. Remus hatte es geschafft, ihre Herzen zu bewegen und so waren sie gefangen im Zauber einer anderen Zeit, die niemals mehr wiederkehren würde.

„Er war rasend eifersüchtig, regte sich darüber auf, dass sie ihn nicht beachtete und war oftmals kurz davor, Blätter aus unseren Lehrbüchern zu reißen, um sie anschließend genüsslich zu zerknüllen. Zu seiner großen Enttäuschung nahm Miss Lily Evans nämlich nicht die geringste Notiz von ihm, was wirklich erstaunlich war, so seltsam, wie er sich verhielt. Stattdessen verbrachte sie ihre Freizeit mit ihren Freundinnen, die James heftig beneidete.

Sirius und ich machten uns meist einen Spass daraus, ihn zu ärgern, indem wir es fertig brachten, dass er beim Frühstück, Mittag- und Abendessen in ihrer Nähe saß, woraufhin er lauthals lustige Geschichten erzählte, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Unnötig zu erwähnen, dass er sich komplett lächerlich gemacht hat."

Clarence lachte leise, zum ersten Mal seit Tagen. „Es war unglaublich!", erklärte sie Narcissa leise und für einen Augenblick konnte jeder sehen, wie sie in ihren Erinnerungen hinfort schwebte, zu jenen Jahren, in denen sie glücklich und unbefangen gewesen war.

„Sirius war es schließlich, der mir eine Neuigkeit mitteilte, die wir unserem lieben Freund eine ganze Weile lang verschwiegen. Irgendwie hatte Sirius herausgefunden, dass Lily James ziemlich süß fand und das nur wesentlich besser verstecken konnte, als unser geschätzter Prongs. Was wir für wahnsinnig komisch hielten, brachte ihn schier um den Verstand, weil er noch immer nichts davon wusste.

Um zu verhindern, dass Gryffindor sein erstes Spiel der Saison verlor, weil sein Sucher von einer rothaarigen Erstklässlerin abgelenkt wurde, haben wir es ihm vorher verraten. Das Strahlen, das von da an sein Gesicht beherrschte, werde ich wohl nie vergessen. Gryffindor gewann und James war plötzlich unauffindbar, genau wie Lily. Doch anders als Sirius, der bereits in unserem vierten Schuljahr als Casanova verschrien war, hielten sich die beiden zurück.

Mehr als Händchenhalten oder schüchternen Küssen auf die Wangen war nicht drin, das wussten alle. Und viele dachten nicht, dass die beiden zusammenbleiben würden, weil die erste Liebe nicht automatisch die große bedeutet. Dass es bei Lily und James anders war, ist mir schnell aufgefallen. Da waren diese verliebten Blicke, die einfach nicht verschwanden und das Sehnen in James' Augen, wenn er Lily nicht sehen konnte.

Es wurden in dieser Zeit viele Wetten abgeschlossen, wie lang ihre Beziehung wohl halten würde und sie hatten alle Unrecht. Die beiden waren auch in James' Abschlussjahr noch zusammen und glücklicher denn je. Allerdings hatten sie sich ein wenig verändert, waren selbstverständlich erwachsener und reifer geworden. Lily hatte einen geradezu magischen Einfluss auf James, der bewirkte, dass er aufhörte, einfach irgendwelche Leute, vorzugsweise Snape, zu verhexen. Er lernte, dass es noch andere Dinge gab, außer zu planen, in welcher Unterrichtsstunde man die nächste Stinkbombe schmeißen wollte.

Wirklich erwachsen wurde James freilich nie, dazu genoss er es viel zu sehr, ein Kind zu sein. Und Lily hatte auch niemals versucht, es ihm auszutreiben. Er hatte sich von ganz alleine geändert. Durch ihre Beziehung wurde James ein noch besserer Mensch, er wollte perfekt sein. Ein perfekter Mann für eine perfekte Frau, so sagte er oft und lachte dabei. Lily und James nahmen einander, wie sie eben waren und das hatte zur Folge, dass viele sie um ihr Glück beneideten.

Lily wurde schnell ein Teil von uns, den wir gerne akzeptierten. Wir gönnten den beiden ihre Liebe, weil wir täglich miterleben konnten, wie gut es ihnen ging. Wenn ich an Lily denke, dann fällt mir spontan dieses Strahlen in ihren Augen ein, das nie zu verschwinden schien. Sie war ein herzensguter Mensch mit einem Sinn für Gerechtigkeit, der atemberaubend war. Zu wissen, dass sie dafür gestorben ist, hätte sie mit Freude erfüllt."

Remus schwieg. Er hatte tief Luft holen müssen, so lange hatte er eben gesprochen, dass ihm der Atem ausgegangen war. Doch die glänzenden Augen der Trauergäste vor ihm zeigten ihm, dass es nicht umsonst gewesen war. Remus lächelte kurz. Er war bereit für den letzten Teil.

„Mir hat einmal jemand gesagt: ‚Das vollkommene Glück findet man nur dort, wo es keine Zeit gibt. In unseren Träumen. In einem glücklichen Augenblick, in dem die Zeit stehen bleibt. In unseren Erinnerungen.' Ich bin davon überzeugt, dass Lily und James jetzt an einem Ort sind, wo die Zeit entweder nicht existiert oder nicht von Bedeutung ist. Das heißt für mich, dass sie vollkommen glücklich sind. Und daran glaube ich fest."

Schließlich verstummte Remus und kam ruhigen Schrittes auf Narcissa zu, an deren linke Seite er sich nun stellte. Clarence trat zu ihm, legte ihm kurz eine Hand auf die Schulter und ging dann nach vorne, wo bisher Remus gestanden hatte. Clara warf Remus aus rotgeweinten Augen einen fragenden Blick zu, den dieser mit einem Kopfschütteln abwies und starr auf Clarence sah. Ganz offenbar würde sie ebenfalls eine Rede halten.

„Remus hat James beschrieben und ich will mich bemühen, meiner besten Freundin gerecht zu werden.", begann Clarence leise und zutiefst verunsichert. Der sanfte Wind, der durch die Wipfel der hohen Bäume fegte, brachte ihr kurzes Haar durcheinander und ließ sie wie Rachegöttin erscheinen, umrahmt von dunklen Strähnen und mit kleinen Augen, in denen Tränen glitzerten und die in der trüben Sonne hell wie Perlen wirkten.

„Lily Evans. Um alles zu sagen, was man über sie sagen kann, um sie darzustellen, um sie wieder zum Leben zu erwecken....., dazu bräuchte es einen geschickteren Redner als mich. Ich will einfach nur erzählen, wie sie war, denn ich finde, das ist es, was uns im Gedächtnis bleibt.

Lily hatte, wie Remus es schon gesagt hat, einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Dadurch dass sie selbst in einer, zumindest anfangs, heilen Familie aufgewachsen war, konnte sie nie ganz begreifen, dass es Menschen gab, denen ihre Verwandten nichts bedeuteten. Von klein auf hatte sie mitbekommen, wie herzlich alle miteinander umgingen und genauso handelte auch sie später.

Lily war schon immer sehr beliebt gewesen, das hatte bereits in der Grundschule angefangen. Sie verabscheute Menschen, die es genossen, die zu ärgern, die zu schwach waren, um sich wehren zu können. In solchen Situationen war sie die Erste, die beherzt einschritt und niemals Angst hatte, selbst das Opfer zu werden. Als wir gemeinsam nach Hogwarts kamen, war mir von Anfang an klar gewesen, dass sie eine Gryffindor werden würde und ich behielt Recht.

Es war zu offensichtlich gewesen, dass sie einfach in dieses Haus gehörte. Mit ihrer offenen und fröhlichen Art verstand es Lily, andere zu begeistern und sich mit vielen anzufreunden. Sie war nicht schüchtern im eigentlichen Sinne, eher im Gegenteil: sie schloss schneller Freundschaften, als die meisten anderen. Umso mehr wunderte es mich, als ich bemerkte, dass sie einen bestimmten Gryffindor geradezu mied. Sein Name? James Potter."

An dieser Stelle lachte Clarence leise und auch Narcissa konnte es sich nicht verkneifen. Liebesgeschichten waren immer atemberaubend, aber diese eine berührte sie ganz tief im Herzen, weil sie sie selbst miterlebt hatte.

„Als ich sie daraufhin ansprach, verriet sie mir, dass er ihr bereits am ersten Abend aufgefallen sei. Zunächst war sie ziemlich skeptisch gewesen, hatte nicht geglaubt, dass er sie überhaupt ansehen würde. Natürlich war ich nicht die Einzige, die das seltsame Verhalten der beiden bemerkt hatte. Schnell bekam ich heraus, dass James Lily genauso anziehend fand, wie sie ihn. Die beiden waren sich in gewisser Weise sehr ähnlich: beide lebenslustig und immer gut gelaunt. Nach dem ersten Quidditchspiel kamen sie zusammen und blieben es auch.

Wie Remus schon gesagt hat: es wurden damals viele Wetten abgeschlossen, doch keine behielt Recht. Am Ende waren die Wetten vergessen und die beiden immer noch glücklich. Ganz langsam und allmählich war James zum Mittelpunkt in Lilys Leben geworden und brachte es fertig, ihre Gedanken unentwegt zu beherrschen. Jeder, der die beiden sah, wusste, dass sie einfach zusammengehörten. In der Nähe des anderen verhielten sie sich mustergültig und achteten stets darauf, gut dazustehen.

Mir war klar, dass für die zwei ihre Liebe das Wichtigste überhaupt war. Alles andere war auf einmal nur noch nebensächlich. Oder, um es in Lilys Worten zu sagen: Sie waren geboren, um den anderen glücklich zu machen und zum Lächeln zu bringen. Am wertvollsten sind die Menschen, die es schaffen, anderen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Lily und James gehörten zweifellos dazu."

Clarence warf einen Blick in die Runde, schloss für einen Moment ihre Augen und verkrampfte ihre Hände, flocht ihre Finger ineinander. Das alles zu erzählen, war ihr nicht leicht gefallen. Und nun war es vorbei. Ganz langsam bahnte sie sich einen Weg durch die Menge und öffnete ihre Hände wieder, um nach Narcissa und Remus zu greifen, die ihr entgegen gekommen waren.

„Es ist in Ordnung", flüsterte Cis mit gepresster Stimme, während sie sich mit der freien Hand die Tränen aus dem Gesicht strich und nach einem Taschentuch suchte. „Du hast es geschafft, Clarence."Und die andere fiel ihr um den Hals.

~~~Szenenwechsel~~~

„Auf Wiedersehen."Immer wieder ertönte der Abschiedsgruß und vereinzelt trug der Wind sogar Gesprächsfetzen an die Ohren der drei Personen, die als Letzte vor dem frischen Grab standen und behutsam sämtliche Kränze darauf ablegten, sorgsam darauf bedacht, alles perfekt zu machen. Die Beerdigung war bereits seit einer halben Stunde vorbei und auch jetzt noch knieten einige in der kleinen Kirche aus Stein und versuchten, ihre Trauer zu verarbeiten.

Die drei vor dem Grab jedoch schienen ruhiger, gefasster, so, als hätten sie keine Tränen mehr übrig, als wäre alles gesagt und alles geschehen, was eben beweint, erzählt und passieren konnte. Selbst die trübe Sonne schien sich vor all dem Schmerz zu verstecken, der auf dem Friedhof herrschte. Am Himmel konnte man nichts erkennen außer verzerrten, sturmgrauen Wolken, die sich danach sehnten, zu brechen und der Welt Regen zu schenken, um alles hinwegzuschwemmen, was nicht dorthin gehörte.

„Ich muss gehen."Nur zögernd brach die blonde Frau das wohltuende Schweigen, das geherrscht hatte, während sie sich um das Grab gekümmert hatten. Zwei Blicke waren die einzige Antwort, die sie bekam, gefolgt von einem verständnisvollen Nicken. Das hier war nicht länger der Ort, an dem Lily und James Potter zum vielleicht letzten Mal lebendig geworden waren.

Nun gab es dort nur noch leblose Erinnerungen, Bilder, Geschichten, die niemals vergehen würden. Aber nie wieder würden so viele Menschen von einer Rede derart ergriffen sein und nie wieder würden sie alle sich einander so verbunden fühlen, vereint in der Trauer um zwei große, warmherzige und einzigartige Menschen. Nun würde das Geheimnis ihrer Liebe auf eine einfache Geschichte reduziert sein.

„Cis, bevor du gehst, möchte ich dir etwas mitteilen. Ich gehe ebenfalls."Die Angesprochene senkte den Blick. So etwas Ähnliches hatte sie erwartet und wer konnte es ihm schon verübeln? „Wohin?", fragte sie nur müde. Der Mann zuckte mit den Achseln. „Vermutlich nach Australien. Dort kann ich arbeiten und bin auf niemanden angewiesen." Sie nickte. „Ich verstehe. Du kannst mir jederzeit schreiben. Ich würde mich freuen."

Er lächelte kurz. „Wir wissen beide, dass ich nicht schreiben werde. Und dennoch werden wir niemals alleine sein."Die zweite Frau sah ihn ruhig an. „Also bleibst du bei deinem Plan?"Der Mann erwiderte den Blick gelassen. „Selbstverständlich. Genau wie du. Nicht wahr?"Die kurzen dunklen Haare bauschten sich um ihr Gesicht herum auf, als sie sich ganz erhob. „Ja. Ich kann nicht länger hier bleiben. Zu viele Erinnerungen. Das ist nicht gut."

Und als die Sonne zwischen den trüben, grauen Wolken hervorbrach, fiel ein einzelner, wärmender Strahl auf den weißen Marmorstein, auf man in schwarzen Buchstaben lesen konnte:

„Lily und James Potter

Für immer vereint

Wenn wir lieben, sind wir unsterblich

Eure Liebe war die größte

Ihr könnt alles überstehen

Gemeinsam"

Die ersten Regentropfen fielen leise klirrend auf den Stein und blieben dort hängen, diamantenähnlich und ebenso strahlend. Der Himmel begann, die Trauer wegzuschwemmen und den Menschen die Möglichkeit zu geben, wieder fröhlich zu sein.

Drei Personen machten sich auf ihren Weg in ein neues Leben mit dem festen Vorsatz, ihr Glück zu finden.

~*~*~Ende~*~*~

So, ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn es nun vorbei ist. Ich hab ungefähr ein Jahr an der Story geschrieben und war oft so weit, sie wegzuwerfen. Aber ich hab durchgehalten und ich bin froh darüber. Ich hab dieser Story unendlich viele Stunden gewidmet und ich hoffe, sie hat euch gefallen. Ich weiß, ich hab mal gesagt, dass ich die Story bis zum Schulabschluss von Draco schreibe, doch für meine Idee geht das nicht durchgehend. Und hier hat der Cut sehr gut gepasst. Wer von euch wär denn dafür, dass ich eine Fortsetzung schreibe? Die Idee dazu hab ich, aber ich bin noch am Überlegen.

Bis bald, hab euch lieb,

Maia