Kapitel 14 – Erklärungen und Probleme

Sie gingen kurz darauf ins Schloss zurück, als Harry plötzlich die Hand an die Stirn schlug und stöhnend zu Boden ging.

„Harry!" rief Hermine entsetzt, „Was ist mit dir?"

„Es...es ist Voldemort." stammelte Harry unter unerträglichen Schmerzen.

Langsam ging der Schmerz zurück und er konnte sich wieder aufsetzten. Hermine hatte ihre Arme um ihn geschlungen.

„Es geht schon wieder, Hermine. Es war Voldemort. Er muss gerade wieder zu sich gekommen sein und er war stinkwütend."

„Wir müssen dich in den Krankenflügel bringen, Harry."

„Nein, wir müssen zu Dumbledore. Sofort."

Sie half ihm auf und sie rannten zu Dumbledores Büro.

Er hörte sich Harry besorgt an und versicherte ihm, dass er sofort den Orden informieren würde. Harry wies ihn darauf hin, dass die Weasleys wegen Ginny in besonderer Gefahr sind und dass auch Hermines Eltern in großer Gefahr sein würden, sobald Voldemort erfährt, dass mehr zwischen Hermine und ihm besteht, als nur Freundschaft.

Dumbledore versicherte ihnen, dass sowohl für die Weasleys, als auch für Hermines Eltern alles in die Wege geleitet worden ist, damit sie sicher sind.

Am Abend warteten Harry und Hermine, bis Ron endlich von seinem Treffen mit Luna wieder kam. Der Gemeinschaftsraum war schon leer, als er endlich eintraf.

„Hey, was macht ihr denn hier?" fragte er vergnügt.

„Wir haben auf dich gewartet." meinte Hermine leise.

„Wir wollen dir etwas sagen." meinet nun Harry ernst.

„Was denn, was schlimmes?"

„Nein," antwortete Harry, „Es ist nur so... Hermine.... sie ist meine Freundin."

„Das weiß ich doch. Wir sind alle Freunde, oder?"

„Ron, sie ist meine Freundin im Sinne von ‚Ich liebe sie'."

Ron sah ihn fragend an, dann weiteten sich seine Augen. Er sah erst Hermine an, dann ihn. Dann fuhr er auf... „Und ich dachte, du wärst mein Freund. DU... das hätte ich nicht erwartet." Damit stürmte er wütend aus dem Zimmer.

Harry und Hermine sahen sich hilflos an. Sie konnten nur hoffen, dass sich Ron wieder einkriegte.

Ron nahm in der folgenden Zeit zwar an allen außerschulischen Aktivitäten mit ihnen teil, wie der DA, doch er redete nicht mehr mit ihnen und mied sie, wo es ging.

Die Tage vergingen und Harry übte mit seinen Freunden fast täglich Sprüche für die Verteidigung. Hermine und er liefen jeden Morgen ein paar Kilometer um sich fit zu halten und Harry besuchte zwei mal in der Woche den Raum der Wünsche, um Kraft- und Kampftraining zu machen. Das erste Hogsmeade-Wochenende sollte nach Halloween sein und an Halloween sollte ein Ball für Viertklässler und höher stattfinden. Harry hatte natürlich sofort gefragt, ob ihn Hermine begleiten wolle und sie hatte selbstverständlich zugestimmt.

Doch eine Woche vor Halloween kam es zu einem bedauerlichen Zwischenfall.

Ron begann langsam wieder mit ihnen zu reden, wenn auch nur zögerlich.

Harry hatte sich etwas zum Frühstück verspätet und bemerkte, dass Ron und Hermine sich stritten. Das war sehr ungewöhnlich, denn seitdem er mit Luna zusammen war und Harry mit Hermine, hatten sie kaum miteinander gesprochen, geschweige denn gestritten. Er blieb abwartend hinter Hermine stehen.

„Gib doch zu, dass der Brief von ‚Vicky' ist." rief Ron entrüstet.

„Ja, ist er. Was geht es dich an?" erwiderte Hermine wütend.

„Und was will er von dir? Ich dachte, du bist Harrys Freundin."

Ginny und Dean, die neben Ron saßen und Harry bereits gesehen hatten, starrten Ron und Hermine entsetzt an.

„Er hat mich über die Weihnachtsferien nach Bulgarien eingeladen."

„Du wirst doch nicht etwa hinfahren wollen, oder?" Ron war schrecklich wütend und auch Hermine war außer sich.

„Und wenn doch? Was geht es dich an?" fuhr sie ihn an.

Nun meldete sich Harry zu Wort, sein Ton war ruhig, doch innerlich kämpfte er mit aller Macht um Selbstkontrolle: „Darf ich dich fragen, ob du gedenkst, zu ihm zu fahren?"

Dean und Ginny sahen ihn entsetzt an und auch Ron starrte ihn an, auf einmal mucksmäuschenstill. Nur Hermine hatte nicht bemerkt, wer sie da gerade gefragt hatte und fuhr ihn, noch immer völlig in Rage, an: „Es geht niemanden etwas an, wem ich schreibe oder wie ich meine Ferien verbringe. Lass mich in Ruhe." schrie sie jetzt fast.

Harry drehte sich ohne ein weiteres Wort um und eilte um Fassung ringend aus der großen Halle.

„Bist du bescheuert? Was hast du getan?" fuhr Ron sie an und rannte hinter Harry hinterher.

„Harry?" fragte Hermine leise, als sie realisierte, wen sie da gerade angeschrieen hatte. Eine eisige Faust schloss sich um ihr Herz.

„So, du machst also doch hinter Harrys Rücken mit Viktor rum. Ich dachte es wäre vorbei mit euch beiden. Er hat etwas besseres verdient als dich. Niemand geht so mit Harry um. Wir sind geschiedene Leute." rief Ginny entrüstet und stürzte ebenfalls aus der Halle, nur Dean bleib sitzen.

„Was habe ich nur getan? Das wollte ich nicht." schluchzte Hermine.

„Ich glaube dir, aber Harry...?" meinte Dean ernst, „Weißt du, Harrys Augen, sie wirkten immer irgendwie ernst und voller Angst und dunkler Vorahnung. Aber seit er mit dir zusammen ist, strahlen sie selbstbewusst und voller Energie, voller Lebensfreude. Ich sag dir das nur sehr ungern, aber der Ausdruck gerade in seinen Augen, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so verloren gewirkt hat. Es ist, als wäre gerade eine Welt für ihn zusammengebrochen. Wenn ich du wäre, würde ich ihm sofort hinterher rennen und ihm erklären, dass das alles nur ein Missverständnis war."

Sie sprang schluchzend auf und rannte hinter den anderen hinterher.

Alle Gryffindors hatten das Schauspiel schweigend und entsetzt beobachtet, während sich die Slytherins vor Lachen nicht mehr einkriegten.

Harry rannte, ohne nachzudenken, bis zur Spitze des Astronomieturms. Dort verschloss er die Tür hinter sich und stand auf der Plattform.

Sein ganzes Leben wirkte so wertlos. Ein Kampf so sinnlos. Alles, an was er geglaubt hatte, war in einem winzigen Augenblick in tausend Scherben zerbrochen. Wie konnte er nur glauben, dass Hermine ihn liebte? Was hatte sie überhaupt an ihm gefunden? Er war doch nur ein kleiner Junge ohne besondere Eigenschaften, während Viktor Krum eine Berühmtheit war. Dass er selbst weit berühmter war, als Viktor, realisierte er in diesem verzweifelten Moment nicht... Liebe macht blind.

‚Ich muss hier weg' dachte er. Er verwandelte sich und flog hinaus in den verbotenen Wald. Er flog und flog und flog. Wo ihm das Fliegen normalerweise Trost und Freude spendete, war jetzt nur Leere, Verzweiflung und Wut.

Ron sah Harry noch im Astronomieturm verschwinden und rannte hinterher. Die Tür schlug vor seiner Nase zu und er konnte sie nicht öffnen. Er hämmerte dagegen und rief nach Harry, doch er bekam keine Antwort. Er hörte Schritte hinter sich die Treppe heraufkommen.

Es war Hermine. So aufgelöst wie jetzt, hatte er sie noch nie gesehen. Sie starrte ihn so wütend an, dass er sich nicht traute, auch nur ein Ton zu sagen.

Sie zog ihren Zauberstab und bellte „Alohomora!" Die Tür flog mit einer Wucht auf, die sie fast aus den Angeln gerissen hätte und Hermine stürmte auf die Plattform, Ron im Schlepptau. Doch die Plattform war leer.

„Ich hab ihn hier rauf rennen sehen." murmelte Ron leise. Er war zwar wütend, aber er spürte auch, dass Hermine am Boden zerstört war. Trotzdem sie nicht mit ihm gehen wollte, trotzdem Harry nun ihr Freund war... er empfand immer noch Freundschaft für die beiden und er wollte nicht, dass sie litten. Die Zeit, die sie gerade im Streit verbracht hatten, hatte ihm sehr weh getan, wenn er das auch nie zugeben würde. Inzwischen hatte er längst realisiert, dass er Luna liebte und nicht Hermine.

„Ich habe das nicht so gemeint." schluchzte sie, „Ich wollte Harry in den Weihnachtsferien zu mir einladen. Ich habe sogar schon mit meinen Eltern und Dumbledore darüber gesprochen. Ich habe Viktor schon ewig nicht mehr geschrieben. Ich wäre niemals zu ihm gefahren. Ich war nur wütend, dass du dich in mein Privatleben einmischst."

„Ich weiß das jetzt. Es tut mir leid Hermine." sagte Ron schuldbewusst. Er stritt sich oft mit Hermine, doch das mit Viktor ging ihn wirklich nichts mehr an, das war Harrys Angelegenheit.

„Nein, es war meine Schuld. Was ist nur in mich gefahren? Ich habe nicht gemerkt, dass es Harry war, erst als es zu spät war. Wie konnte ich nur so gemein zu ihm sein?" schluchzte sie.

Ron legte seinen Arm um ihre Schultern. „Ich bin sicher, er wird es verstehen. Aber erst müssen wir ihn finden."

Sie sah ihn mit tränenüberströmten Augen an und sagte „Ron, ich habe ein ganz mieses Gefühl."

Er nickte und sagte „Lass uns die Karte holen."

Sie rannten in den Gryffindor-Turm und Ron holte die Karte der Rumtreiber. Wieder bei Hermine im Gemeinschaftsraum aktivierte er sie. Beide studierten die Karte, doch Harry war nirgends zu sehen.

„Er ist nicht mehr auf dem Gelände, Ron. Komm mit, wir müssen zu Dumbledore." rief Hermine aufgelöst und rannte los.

Vor Dumbledores Büro wären sie fast gegen McGonagall gerannt.

„Miss Granger, Mister Weasley. Sie als Vertrauensschüler sollten doch am besten wissen, dass auf den Fluren nicht gerannt wird."

„Professor, wir müssen sofort zum Direktor. Harry ist verschwunden."

Sie wandte sich ohne weitere Worte zu der Statue und sagte das Passwort: „Zitronenbonbon."

Die Statue gab die Treppe nach oben frei und die drei eilten nach oben.

„Minerva, Miss Granger, Mister Weasley. Was kann ich für sie tun?"

„Professor Dumbledore, Harry ist verschwunden."

„Haben sie schon überall gesucht?"

„Professor, er ist nicht mehr im Schloss, er ist ähh... nicht auf der Karte."

Das Funkeln verschwand plötzlich aus seinen Augen.

„Welche Ka..." wollte McGonagall fragen, doch Dumbledore bedeutete ihr zu schweigen.

„Warum sollte Harry weglaufen?"

Hermine liefen schon wieder die Tränen über die Wangen, „Es ist alles meine Schuld. Ich habe einen Brief von Viktor Krum erhalten und ich war wütend. Harry dachte, ich hätte irgendwas mit ihm und ich habe ihm gesagt, das ginge ihn nichts an und er solle mich in Ruhe lassen." schluchzte sie.

„Ah, die Probleme junger Liebenden. Normalerweise würde ich sagen, das lässt sich mit einem Gespräch wieder aus der Welt schaffen, doch hier haben wir leider ein ernstes Problem fürchte ich. Ich bin mir sicher, dass sie es nicht böse gemeint haben, Miss Granger und ich bin mir auch sicher, dass sich an Harrys Gefühlen für sie nichts geändert hat. Doch ich fürchte, außerhalb des Schulgeländes ist er in großer Gefahr. Insbesondere, da Voldemort wieder aktiv wird. Minerva, sag bitte Hagrid und Moody bescheid. Sie sollen ihn überall suchen. Ich informiere Remus. Ihr beide kehrt besser in den Gemeinschaftsraum zurück, im Falle dass Harry zurückkehrt. Dann möchte ich sofort informiert werden."

Ron führte Hermine hinaus und zurück in den Gemeinschaftsraum. Dort trafen sie Ginny, die Hermine und auch Ron einen eisigen Blick zuwarf und aus dem Raum stürmte. Hermine bekam einen neuen Weinkrampf.

„Schh... ich rede später mit ihr. Es wird alles gut, Hermine. Er kommt wieder. Harry wäre nicht Harry, wenn er so schnell verloren gehen würde. Hab Vertrauen in ihn."

„Oh, Ron. Ich liebe ihn. Ich würde mir nie verzeihen, wenn ihm irgendetwas zustößt."

Ron sah sie mit gemischten Gefühlen an, doch er erkannte, wie ernst es Hermine mit Harry war und dass er nun mal keinen Platz in ihrem Herzen hatte. Außerdem hatte er ja jetzt Luna und er empfand von Tag zu Tag mehr für sie. Er schob all seinen Ärger beiseite und versuchte, Hermine zu trösten und sie zu beruhigen.

Harry flog immer noch über dem verbotenen Wald. Er konnte nur noch die Spitzen des Schlosses am Horizont sehen. Er flog tief und streifte fast die Baumwipfel. Plötzlich fühlte er einen brennenden Schmerz in seiner Stirn. In seiner Verzweiflung und Wut hatte er seine Okklumentik vernachlässigt. Harry schrie auf und konnte seine Animagusform nicht aufrecht erhalten. Er stürzte durch die Baumwipfel zur Erde und schlug schwer auf dem Boden auf. In einem Zustand zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit hörte er Voldemort in seinem Geist lachen.

Es ertönte ein Plopp! und Wurmschwanz tauchte vor ihm auf und schob seinen Zauberstab mit dem Fuß beiseite. Dann fesselte er Harry mit Stricken aus seinem Zauberstab. Er lachte dreckig, „Mein Meister wird gleich erscheinen und dann wird er ein für allemal mit dir abrechnen." Harry bekam einen Tritt gegen den Kopf, dann gingen ihm die Lichter aus.

Von lauten Stimmen wurde er aufgeweckt, doch er öffnete nicht die Augen.

Voldemort war da und redete mit Wurmschwanz. Harry konzentrierte sich kurz, dann flog ihm sein Zauberstab in die Hand. Doch er konnte nichts damit anfangen, da ihm die Hände auf den Rücken gebunden waren.

Durch das Geräusch alarmiert, wandte sich Voldemort zu ihm: „Ah, du bist wach, Potter. Du wirst dir bald wünschen, du wärst noch bewusstlos. CRUCIO!"

Ein roter Strahl schoss auf Harry zu. Sein Körper schien in Flammen zu stehen und gleichzeitig von tausend Messern durchbohrt zu werden. Harry hatte Mühe, nicht laut zu schreien.

„Ah, immer der tapfere Gryffindor. Doch du wirst schreiend sterben. Du wirst um deinen Tod betteln, Potter. CRUCIO!"

Wieder wurde Harry von unglaublichen Schmerzen gequält und ein Seufzer entglitt ihm.

„Es ist eine Schande, dass eine solche Kämpfernatur nicht auf unserer Seite steht. Willst du es dir nicht noch mal überlegen?"

„Fahr zur Hölle, Riddle." rief Harry gepresst.

„Dachte ich doch. Du warst zu lange Dumbledores Einfluss ausgesetzt. CRUCIO!"

Harry wand sich vor Schmerzen am Boden.

„Nun, da müssen wir wohl mal etwas anderes versuchen. Novacula Secare!"

Ein tiefer Schnitt wie von einem scharfen Messer erschien quer über seinen Rücken. Harry stöhnte auf, und Tränen schossen ihm in die Augen. Er fühlte, wie ihm warmes Blut den Rücken entlang lief.

„Du gibst nicht auf?"

Voldemort fügte ihm noch einen Schnitt über den Brustkorb zu und einige an den Armen. Dann begann er wieder mit dem Cruciatus-Fluch. Selbst Wurmschwanz, der daneben stand, war schon blass.

Harry hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen. Er dachte nur noch an eins, an Hermine. Wie gern würde er sie noch einmal sehen, ihr noch einmal sagen, wie sehr er sie liebte. Sie bedeutete ihm alles und nun wusste er auch in seinem tiefstem Inneren, dass sie ihn liebte, dass sie das vorhin nicht so gemeint hatte. ‚Oh Hermine, wie gern wäre ich jetzt bei dir.'

„CRUCIO!"

Der Schmerz drang schon kaum noch in sein Bewusstsein. Er hatte nur noch das Bild von Hermine vor Augen, er wollte nur noch zu ihr. Er fühlte plötzlich ein vertrautes Ziehen und hörte einen lauten Knall.

„Hermine!" wisperte er, dann wurde alles schwarz.