Kapitel 18 – Rückschläge und Voldemort

Harry und Hermine griffen ihre Sachen und apparierten nach Hogsmeade in eine geschützte Ecke. Harry verwandelte sich und Hermine setzte sich unsicher auf seinen Rücken. Langsam begann er mit den Flügeln zu schlagen und hob sachte ab. Dann wurde er immer schneller, als er in Richtung Hogwarts flog. Über dem Gelände ging er in einen flachen Sinkflug und setzte direkt vor der Eingangstür auf. Hermine sprang herunter und war sichtlich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Harry sah sich um, vergewisserte sich, dass niemand ihn sehen konnte, und verwandelte sich zurück. Er öffnete die Tür und stürmte durch die große Halle auf dem schnellstem Wege zum Büro des Schuldirektors.

Im Flur, der zu seinem Büro führte, trafen sie glücklicherweise auf Professor McGonagall.

„Miss Granger! Mr. Potter! Was tun sie denn hier? Und wie kommen sie hierher?"

„Keine Zeit für Erklärungen, Professor. Wir müssen sofort zu Direktor Dumbledore, er ist in Gefahr" keuchte Harry.

Sie sah ihn entsetzt an, dann führte sie die beiden ins Büro von Dumbledore.

Dumbledore saß hinter seinem großen Schreibtisch und sah überrascht auf, als die drei eintraten.

„Harry, Hermine. Ich bin überrascht euch so früh hier zu sehen. Was führt euch zu mir? Aber bitte, nehmt Platz. Einen Tee?"

Sie setzten sich auf zwei Stühle, die Dumbledore beschworen hatte und auf dem Schreibtisch erschienen zwei Tassen dampfenden Tees.

„Professor, Harry hatte eine Vision." keuchte Hermine aufgeregt.

„Ist das wahr?" fragte Dumbledore ihn besorgt.

„Ja, Professor. Wir waren im Zug, als es passierte. Wir sind sofort nach Hogsmeade appariert und dann hierher geflogen." McGonagall keuchte überrascht auf.

„Was hast du gesehen, Harry?" fragte Dumbledore, das sonst vorhandene Funkeln seiner Augen, war einer tiefen Besorgnis gewichen.

„Er will mich umbringen, ich weiß, das ist nichts neues, aber er hat erwähnt, dass er sie vorher aus dem Weg schaffen will. Er meinte, ich würde büßen, wenn Sie und meine Beschützer aus dem Weg geräumt worden sind. Wurmschwanz sagte, der Plan würde umgesetzt werden, sobald die Schule wieder beginnt. Ich weiß nicht, ob sich das auf seine Pläne auswirkt, aber Voldemort weiß, dass ich ihn belauscht habe."

Dumbledore strich sich nachdenklich über den Bart.

„Das ist nicht sehr konkret, Harry. In der Tat ist es so, dass Voldemort mich genau so gern aus dem Weg räumen will, wie dich. Die Situation ist also bekannt. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir in Hogwarts ziemlich sicher sind. Mach dir nicht so viele Sorgen Harry. Wir wissen uns schon zu schützen. Dennoch, habt Dank für die Warnung. Möchtest du dich von Madam Pomfrey untersuchen lassen oder dir was für die Schmerzen verschreiben lassen?"

Man sah Harry an, dass er noch immer unter den Nachwirkungen der Vision litt.

Harry winkte ab, „Danke Professor, ich habe keine Lust, die Nacht im Krankenflügel zu verbringen. Ich rate dennoch zur Vorsicht. Wenn meine Narbe so schmerzt, trotz meiner Okklumentik, kann es nur bedeuten, dass Voldemort etwas großes vorhat und ich habe ein ganz mieses Gefühl bei der Sache."

Als Dumbledore nicht weiter darauf einging, nahm das Harry als Zeichen, dass er entlassen war. Er stand auf und ging mit Hermine aus dem Büro.

Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, nahm Dumbledores Gesicht einen äußerst ernsten Ausdruck an und er sagte leise zu McGonagall:

„Ich fürchte, es beginnt, Minerva."

Hermine ging mit Harry langsam in den Gryffindor Gemeinschaftsraum. Sie versuchten zu einem Schluss zu kommen, wie Voldemort den Direktor aus dem Weg schaffen würde. Aber sie kamen zu keinem Ergebnis.

So warteten sie im Gemeinschaftsraum auf die anderen. Ron und Ginny kamen kurze Zeit später zu ihnen.

„Wo seid ihr gewesen? Wir haben euch gesucht?" fragte Ron.

Hermine und Harry schauten ziemlich ernst drein und Harry war noch immer mitgenommen von seiner Vision, sowie von der Tatsache, dass Dumbledore nichts unternehmen wollte.

„Ist irgendwas passiert? Ihr schaut so besorgt." fragte Ginny.

„Ich hatte eine Vision. Voldemort plant etwas. Er will Dumbledore aus dem Weg räumen." murmelte Harry leise.

Ginny wurde blass und Ron fluchte: „Verdammt! Du musst Dumbledore warnen!"

„Haben wir bereits getan." antwortete Hermine.

„Und er unternimmt nichts." sagte Harry niedergeschlagen.

„Wie war euer Weihnachtsurlaub?" fragte Ron um das Thema zu wechseln.

„Habt ihr nicht den Tagespropheten gelesen?" fragte Harry verwundert.

„Doch. Wieso?"

„Ist euch  nichts aufgefallen?" fragte Harry ernst nach.

„Es hat ein paar Angriffe auf Muggel gegeben, aber Merlin sei dank nur zwei Opfer." stellte Ginny fest.

„Das war das Haus der Grangers, das verbrannt ist. Wir waren da, als der Angriff stattfand."

„Oh Shit!" fluchte Ron.

"Oh Merlin. Hermine, deine Eltern…" sagte Ginny mitfühlend.

„Sie sind OK. Harry konnte sie retten." beruhigte Hermine sie.

„Aber im Tagespropheten...."

„Sie sind tot, für die Öffentlichkeit. So sind sie kein Ziel mehr für Voldemort. Es hat noch weitere Opfer gegeben. Acht Todesser sind in den Flammen umgekommen, und es war meine Schuld." sagte Harry trübsinnig.

Hermine legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm.

„Wow, sie haben bekommen, was sie verdient haben. Gut gemacht, Harry." freute sich Ron.

„Du verstehst es nicht, Ron. Ich habe sie umgebracht." fuhr Harry ihn an, dann stand er auf und stürmte aus dem Zimmer.

„Was habe ich denn gesagt?"

Hermine sah ihn kopfschüttelnd an, „Ron. Harry hasst es, anderen weh zu tun, geschweige denn, sie umzubringen. Er macht sich schwere Vorwürfe. Und du gratulierst ihm noch dazu. Außerdem trägt er eine schwere Last mit sich herum. Er weiß etwas über die Prophezeiung, da bin ich mir sicher, er hat mir nur noch nicht gesagt, was."

Dann eilte sie hinter Harry her, um ihn zu beruhigen.

Ron schien langsam zu begreifen. Er sackte hilflos zurück in den Sessel. Ginny klopfte ihm beruhigend auf die Schulter: „Er kriegt sich schon wieder ein. Das hat er immer getan."

„Danke, Gin. Ich gehe Luna besuchen." Er erhob sich und verließ den Gemeinschaftsraum.

Hermine fand Harry in ‚Ihrem Raum'

Er saß auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelegt und die Augen geschlossen. Dennoch wusste sie, dass er nicht schlief.

„Was ist los Harry? Dich bedrückt doch etwas, mehr, als der Tod der Todesser." sagte sie einfühlsam und setzte sie neben ihn. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und lehnte sich an sie.

„Es ist nur, dass von mir erwartet wird, dass ich töte, Hermine. Ich... ich weiß, das in dem Haus deiner Eltern war ein Unfall und nicht direkt meine Schuld. Dennoch habe ich Schuldgefühle, weil sie tot sind, trotz allem, was sie vielleicht anderen Menschen angetan haben."

„Dein Gewissen und deine Moral sind es, die dich zu so einem guten Menschen machen. Dennoch, wir sind im Krieg und da lassen sich Opfer nicht vermeiden. Insbesondere nicht, bei den Methoden, die die Todesser anwenden." versuchte Hermine ihm Vernunft einzureden.

„Aber da ist noch mehr, Hermine. Mehr, als ich selbst dir erzählt habe."

„Die Prophezeiung?"

Er sah sie überrascht an, dann nickte er ernst.

„Ich kenne die ganze Prophezeiung."

Sie stöhnte überrascht auf, „Oh Harry. Sagt sie, dass du stirbst? Du weißt, dass diese Prophezeiungen nicht immer wörtlich..."

„Nein, Hermine." fiel er ihr ins Wort, „Sie sagt, dass nur einer von uns überleben kann. Das heißt entweder, ich töte ihn und wir gewinnen, oder er tötet mich und alle sind seiner Schreckensherrschaft ausgesetzt. Und sage nicht, die Prophezeiung ist nicht wahr, bisher stimmt sie wortwörtlich."

„Aber das ist doch gut, wenn sie nicht sagt, dass du sterben musst und noch besser, wenn sie sagt, du kannst ihn besiegen."

„Sie sagt auch, ich hätte eine Macht, die Voldemort nicht kennt, ich habe nur keinen blassen Schimmer, was das sein soll. Aber darum geht es nicht. Hermine, ich weiß nicht, ob ich es kann."

„Was?"

„Bewusst einen Menschen umbringen."

„Ich weiß, dass du kein Mörder bist."

„Das ist ja das Problem, wenn ich es nicht tue, sterbe ich. Aber noch schlimmer ist, dann gewinnt Voldemort und ich wage gar nicht an dein Schicksal zu denken."

„Das ist es also, was dich bedrückt. Harry, wir werden einen Weg finden, vertrau mir. Du stehst ihm nicht allein gegenüber, wenn du auch derjenige sein wirst, der ihn ein für alle mal besiegt. Wir sind bei dir. Und wie wir dieses Problem lösen, sehen wir dann, wenn es so weit ist. Dass nur einer von euch überleben kann, heißt noch lange nicht, dass du ihn kaltblütig ermordest."

„Danke, Hermine." sagte er aufrichtig und sie umarmte ihn herzlich.

„Du hättest es mir früher sagen können. Das ist nichts, womit man sich allein herumschlägt, Harry."

„Du kennst mich doch. Ich wollte euch nicht damit belasten. Außerdem bist du noch mehr in Gefahr, wenn Voldemort erfährt, dass du die Prophezeiung kennst."

„Noch mehr, als ich ohnehin schon bin? Wie soll das gehen?" sagte Hermine lächelnd.

Er blickte sie erschrocken an und mit schuldgeladenem Blick an.

Hermine erkannte, dass diese Äußerung ein Fehler war.

„Harry, entspann dich. Ich weiß genau, worauf ich mich eingelassen habe und glaube mir, ich möchte nichts an unserer Situation ändern und ich würde nie im Leben auch nur eine Minute mit dir rückgängig machen wollen. Ich liebe dich und das ist alles was zählt."

Die Schuldgefühle verschwanden nicht aus seinen Augen, doch er ließ es dabei beruhen.

Sie küsste ihn zärtlich, dann half sie ihm auf und schleifte ihn in die große Halle zum Abendessen. Letztendlich hatten sie einen langen Tag hinter sich und waren entsprechend hungrig.

Nach dem Abendessen gingen sie mit ihren Freunden zurück in den Gemeinschaftsraum und spielten ein wenig Zaubererschach und Exploding Snap. Harry und Hermine zogen sich recht früh zurück, doch anstatt in ihren Unterkünften zu verschwinden, zogen sie sich in ihren Raum zurück. Dort angekommen, näherte sich Hermine ihrem Freund langsam und sah ihm verführerisch in die Augen. Mit einer unscheinbaren Bewegung löste sie ihren Umhang und er glitt an ihr herab zu Boden. Dann küsste sie Harry zärtlich und öffnete währenddessen seine Robe und das Hemd, was er darunter trug und streifte sie ab.

Harry war es, als würde ein Vulkan in seinem Inneren explodieren. Sie hockte sich herunter und öffnete seine Hose, die dann auch zu Boden glitt. Dann stand sie wieder auf, umarmte ihn herzlich und küsste ihn mit einer Leidenschaft, wie noch nie zuvor. Sie führte seine Hand an ihre Brust und fuhr dann mit ihrer Hand in seine Boxershorts. Harry konnte nicht anders, er stöhnte überrascht und erregt zugleich auf.

In dem Moment gab es ein ploppendes Geräusch und Fawkes der Phönix erschien aus einer Flammenwolke.

„Fawkes!" rief Harry peinlich überrascht und zog sich schnell die Hose wieder hoch. Hermine trat erschrocken einen Schritt von Harry zurück und wurde knallrot.

Fawkes landete auf Harrys Schulter und Harry erkannte, dass eine Nachricht an seinem Bein befestigt war. Er löste sie von seinem Bein und Fawkes verschwand wieder in einem Flammenball.

„Wow! Hermine... das war... wow." stotterte Harry verlegen.

„Ja, es war .... zu schade, dass wir unterbrochen wurden, ich warte nun schon eine Weile darauf."

„Hermine, wenn ich gewusst hätte..."

„Nun, wir hatten in letzter Zeit etwas viel um die Ohren, nicht wahr? Was steht in der Nachricht? Dumbledore hätte nicht seinen Phönix geschickt, wenn es nicht wichtig gewesen wäre."

„Ähm... ja, Moment." sagte Harry und las hastig die Nachricht.

An Hermine Granger

Bitte kommen sie umgehend in mein Büro.

Sie dürfen Harry mitbringen.

Albus Dumbledore

„Er bestellt dich in sein Büro, und du darfst mich mitbringen. Irgend eine Ahnung, was das bedeutet?" fragte Harry sie.

Sie zuckte mit den Schultern, dann richtete sie ihre Robe wieder und bedeutete Harry, das gleiche zu tun.

„Wir setzten das fort, wo wir gerade aufgehört haben, ja?" fragte sie ihn teuflisch grinsend.

„Das hoffe ich doch. Nun sollten wir ihn aber nicht länger warten lassen. Meinst du, er weiß, was wir gerade gemacht haben?" murmelte Harry, nachdem er sich wieder richtig angezogen hatte.

„Ich glaube nicht. Mach dir keine Sorgen."

Sie eilten zu Dumbledores Büro. Die Statue hatte die Treppe bereits freigegeben, so dass sie ohne Verzögerung nach oben eilen konnten.

„Kommen sie bitte herein!" forderte Dumbledore sie auf.

Harry öffnete die Tür und trat in das Büro. Er spürte augenblicklich, das etwas nicht in Ordnung war. Dumbledore sah plötzlich so alt aus und so niedergeschlagen. Auch McGonagall war im Büro und machte einen sehr ernsten Eindruck. Als Hermine hinter ihm eintrat, warf sie ihr einen teilnahmsvollen Blick zu.

„Bitte, nehmt Platz." sagte Dumbledore ernst.

Hermine setzte sich und Harry nahm neben ihr Platz und hielt ihre Hand. Er hatte das ungute Gefühl, sie würde gleich etwas schlimmes zu hören bekommen.

„Wir wussten nicht, wo wir sie finden können, sie waren nicht im Gryffindor-Turm. Aber das tut jetzt nichts zu Sache. Miss Granger, ich habe schlimme Nachrichten für sie."

Hermine sah plötzlich ganz grau im Gesicht aus. Sie flüsterte: „Meine Eltern?"

Dumbledore nickte niedergeschlagen: „Sie wurden heute Mittag in einen Autounfall verwickelt. Ihr Vater war sofort tot und ihre Mutter... sie ist in St. Mungos, aber sie wird die nächsten Stunden nicht überleben. Es tut mir leid."

Harry wurde ganz übel und Hermine brach in einen Weinkrampf aus. Harry umarmte sie sofort und sie weinte in seine Schulter.

Auch ihm traten Tränen in die Augen, doch er riss sich zusammen.

„Können wir sie noch einmal sehen?" fragte er Dumbledore.

Er schüttelte niedergeschlagen den Kopf.

„Die Reise dorthin würde zu lange dauern, fürchte ich. Wir können erst von Hogsmeade apparieren und seit der starken Aktivität Voldemorts sind keine direkten Portschlüssel mehr erlaubt. Man kann nur noch vor den Eingang apparieren und durch die Besucherkontrollen in das Krankenhaus gelangen. Es tut mir leid. Außerdem fürchte ich um eure Sicherheit."

„Ich würde sie gern noch ein letztes Mal sehen." schluchzte Hermine.

McGonagall liefen inzwischen auch Tränen aus den Augen und sie versuchte Hermine zu trösten.

Dumbledore sah noch nie so alt und hilflos aus, wie jetzt.

Harry wollte ihr den Wunsch erfüllen, egal wie. Er fasste einen Entschluss.

„Hermine, steh auf!" forderte er sie ernst auf.

Sie gehorchte, ohne zu überlegen.

Er umarmte sie ganz fest, dann sah er Dumbledore ernst an. Dieser hatte erst einen fragenden Blick, dann weiteten sich seine Augen überrascht. Harry nickte ihm kurz zu, dann konzentrierte er sich, wie nie zuvor. Er schaffte in seinem Geist das Bild des Besuchereingangs von St. Mungos, dann schöpfte er aus der tiefsten Quelle seiner Magie. Er dachte an nichts anderes, als Hermine noch mal ihre Mutter sehen zu lassen. Er wünschte es sich aus tiefstem Herzen. Es war wie in dem Moment, als er Voldemort entkommen war. Sein Bewusstsein zog sich auf diesen Wunsch und auf das Bild St. Mungos zusammen. Er löste die Apparation diesmal bewusst aus.

Sie verschwanden mit einem Knall und einer gewaltigen Entladung konzentrierter Magie. Die Schockwelle riss McGonagall von den Füßen und zerfetzte die Stühle, auf denen Hermine und Harry eben noch gesessen hatten.

Dumbledore eilte um den Schreibtisch herum und half McGonagall wieder auf die Beine.

„Ist alles in Ordnung, Minerva?"

Sie nickte erschüttert, „Was, bei Merlin, ist gerade passiert?"

„Er ist mit ihr nach St. Mungos appariert."

„Man kann in Hogwarts nicht ...."

„...apparieren? Nun, es ist nicht das erste mal, dass er das macht. Ich weiß zwar nicht, woher er diese Kraft nimmt, oder ob er es in jeder Situation schafft, doch offensichtlich kann er in bestimmten Situationen aus einem unglaublichen Energiepotential schöpfen." mutmaßte Dumbledore mit einem hoffnungsvollen Schimmer in den Augen.

„Müssen wir uns Sorgen machen, dass Voldemort auch nach Hogwarts apparieren kann?"

„Nein, Minerva. Ich bin überzeugt, das hat mit der einzigartigen Kraft zu tun, die in der Prophezeiung erwähnt wird."

„Hoffentlich hast du recht, Albus."

Sie materialisierten vor dem Besuchereingang und Harry zog die apathische Hermine hinter sich her zur Tür. Er meldete sie umgehend an und sie wurden zügig eingelassen. Gott sei dank fragte sie niemand, woher sie aufgetaucht waren oder ob sie etwas mit dem Knall zu tun hatten, der bei ihrem Auftauchen entstanden war. Niemand hatte sie apparieren gesehen.

Hermine nahm kaum was von ihrer Umgebung wahr, „Wo sind wir?" stammelte sie.

„In St. Mungos. Wir besuchen deine Mutter."

Die Hoffnung kehrte in ihre traurigen Augen zurück und sie eilte nun aus eigener Kraft neben ihm her.

„Name und Grund des Besuches bitte." forderte sie die Dame am Einlass auf.

„Hermine Granger und Harry Potter." Bei diesen Worten blickte die Angestellte kurz auf und ihre Augen suchten die berühmte blitzförmige Narbe. Als sie sie gefunden hatte, weiteten sich ihre Augen.

„Wir wollen ihre Mutter besuchen. Auf welchem Zimmer liegt sie?" fuhr Harry fort.

Die Angestellte überflog kurz einen Bogen Pergament, dann antwortete sie höflich: „Sie liegt in Zimmer 313, dritter Stock, Mr. Potter."

„Danke." sagte er und war schon mit Hermine verschwunden.

Kurze Zeit darauf erreichten sie das entsprechende Zimmer. Ein Heiler trat gerade heraus, überrascht sie zu sehen.

„Und sie sind?" fragte er.

„Hermine Granger und Harry Potter." antwortete Harry für Hermine, die immer noch kein Wort herausbekam. Der Heiler schenkte Hermine einen teilnahmsvollen Blick.

„Es tut mir leid, Miss Granger. Wir haben getan, was wir konnten. Sie können hinein gehen, sie ist noch wach, aber sie wird diese Nacht nicht überleben."

Hermine stürzte an ihm vorbei in das Zimmer und Harry nickte dem Heiler zu, dann folgte er ihr.

„Mum!" rief sie schluchzend.

„Ah, mein Sonnenschein. Hallo Harry."

„Mum, was ist passiert?"

Mrs. Granger hustete stark.

„Uns hat ein betrunkener Autofahrer gerammt. Er ist fast durch unser Auto hindurch gefahren. Nach allem, was wir gerade überstanden hatten, nun das."

„Mum, bitte verlass mich nicht." schluchzte Hermine und auch Harry kullerten die Tränen über die Wangen. Er wusste, wie es war, ohne Eltern aufzuwachsen und er konnte gut nachempfinden, was Hermine jetzt durchmachte. Außerdem waren ihm die Grangers ans Herz gewachsen.

„Du musst jetzt stark sein, mein Sonnenschein." Sie hustete schon wieder stark und diesmal lief etwas Blut aus ihrem Mund. Harry hatte sich noch nie so hilflos gefühlt.

„Ich werde bald wieder bei deinem Dad sein und wir werden auf euch aufpassen."

„Mum, bitte..."

„Ich hab dich lieb, meine kleine Hermine."

„Ich dich auch, Mum." schluchzte sie.

„Harry..."

„Ja, Mrs. Granger."

„Versprich mir, dass du auf unsere Hermine aufpasst."

„Das verspreche ich ihnen." antwortete er aus tiefstem Herzen.

„Ich könnte mir keinen besseren Freund für unsere Tochter vorstellen. Ich wünsche euch, dass ihr glücklich werdet. Gebt euch nicht selbst auf. Das Leben geht weiter für euch."

Sie ergriff Harrys Hand und Hermines Hand und drückte sie wie zum Abschied.

„Lebt wohl, ihr beiden..." sie hustete noch einmal, doch diesmal kraftlos, dann brachen ihre Augen.

Hermine schrie auf: „Mum...! Mum...!" dann brach sie weinend zusammen.

Harry schloss die Augen von Mrs. Granger mit einer sanften Handbewegung.

Dann stürmte der Heiler herein. Er schwang noch einmal kurz seinen Zauberstab über dem leblosen Körper. Dann schüttelte er bedauernd den Kopf.

Er murmelte noch einmal, „Es tut mir leid, Mrs. Granger. Wir können nichts mehr für sie tun. Ich gebe ihnen noch zehn Minuten, dann müssen sie gehen. Ich bin mir sicher, Professor Dumbledore wird alles weitere arrangieren."

Hermine weinte diese zehn Minuten über dem leblosen Körper ihrer geliebten Mutter und Harry versuchte sie zu trösten. Dann kam ein Pfleger herein und bedeutete ihnen, dass sie gehen mussten. Harry half Hermine auf die Füße und musste sie förmlich aus dem Raum zerren. Draußen auf dem Flur fiel sie ihm um den Hals und weinte bitter.

„Sch... Hermine. Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun, deinen Schmerz zu lindern."

„Du hast schon genug getan. Es ist schön, das du bei mir bist, mehr verlange ich gar nicht. Danke... dafür, dass du es ermöglicht hast, dass ich sie noch einmal sehen konnte. Das ... bedeutet mir sehr viel. Bringst du uns wieder zurück?"

Er nickte, „Aber wir müssen wieder den Umweg über Hogsmeade nehmen. Du weißt, dass man nicht in Hogwarts apparieren kann."

Sie sah ihn perplex an, „Aber du hast doch...."

„So funktioniert das nicht. Ich kann das nur in Ausnahmesituationen. In diesen Situationen ist es, als würde in mir ein Damm brechen und meine gesamte Energie auf einmal freisetzen. Ehrlich gesagt, wundere ich mich, dass ich noch stehen kann."

Als Hermine in ansah, stellte sie in der Tat fest, dass Harry erschöpft aussah.

„Aber keine Sorge, ich schaffe es noch, uns zurück zu bringen bis nach Hogwarts. Lust auf einen weiteren Rundflug?"

Sie schüttelte ihren Kopf, „Aber ich habe wohl keine andere Wahl." seufzte sie resigniert. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und nickte ihm auffordernd zu.

Sie zogen sich in eine schattige Ecke zurück, Harry umarmte sie, gab ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen und dann apparierte er sie beide nach Hogsmeade, direkt an den Weg, der zum Schloss führte.

Er verwandelte sich umgehend, Hermine stieg zurückhaltend auf seinen Rücken und er flog mit ihr direkt zum Schloss. Er landete in der Nähe der Eingangstür und da es dunkel war, brauchte er nicht zu fürchten, dass er beobachtet würde, als er sich wieder zurück verwandelte.

Er öffnete Hermine die Tür und folgte ihr hinein.

„Wir sollten McGonagall bescheid geben, dass wir wieder da sind." sagte Harry. Hermine nickte bestätigend und sie machten sich auf den Weg in McGonagalls Büro.

Dort öffnete allerdings niemand die Tür.

„Seltsam." sagte Harry, dann holte er die Karte aus seinem Umhang hervor.

Er aktivierte sie und suchte den Punkt, der McGonagall kennzeichnete. Sie war mit Pomfrey und Moody in Dumbledores Büro.

„Sie sind in Dumbledores Büro, lass uns zu ihnen gehen."

Sie eilten in das Büro des Direktors, die Treppe war noch hochgefahren, so konnten sie ohne Passwort eintreten. Die Tür zu seinem Büro war offen und sie hörten aufgeregte Stimmen.

„Aber Madam Pomfrey, können sie nichts tun, um ihn aufzuwecken?" fragte McGonagall.

„Nein, ich kenne das Gegenmittel nicht. Und Snape ist nicht in seinem Büro."

„Ich weiß, ... wir haben ein Problem. Was sagen wir den Schülern?" fragte McGonagall niedergeschlagen.

„Das Problem hat sich gerade erübrigt. Treten sie ein Mr. Potter, Miss Granger." forderte Moody sie auf, als er sie mit seinem magischen Auge erspäht hatte.

„Was ist passiert?" fragte Harry überrascht.

„Ihr seid wieder da, Merlin sei dank. Wenigstens eine gute Nachricht."

Hermine brach bei diesen Worten wieder in Tränen aus und McGonagall sah sie erschrocken an.

„Wir waren in St. Mungos. Hermines Mutter, Mrs. Granger… sie ist vorhin gestorben." sagte Harry, einen Arm tröstend um Hermine gelegt.

„Das... Es tut mir leid, Mrs. Granger. Wir haben uns Sorgen um euch gemacht, als ihr verschwunden seid. Mr. Potter, wir sollten uns bei Gelegenheit mal unterhalten."

„Professor, was ist mit Direktor Dumbledore geschehen?"

Sie sah ihn niedergeschlagen an, „Es sieht aus, als hätte jemand einen seiner Zitronenbonbons vergiftet. Madam Pomfrey hat die restlichen untersucht, es handelt sich um den Trank der lebenden Toten. Es gibt nur wenige, die ein Gegenmittel brauen können. Er ist nicht tot, aber es gibt auch keinen Weg, ihn aufzuwecken. Das Schlimme ist, Professor Snape ist... er ist nicht von seiner Mission zurückgekehrt und er hat uns auch nicht gewarnt. Es scheint, als ob ‚Du weißt schon wer' seine wahren Loyalitäten erkannt hat, dass er uns diese Information nicht übermitteln konnte."

Hermine und Harry wurden blass.

„Das war also sein Plan." murmelte Harry.

McGonagall sah ihn fragend an.

„Erinnern sie sich, was ich ihnen vorhin erzählt habe? Er hat Dumbledore und meine Beschützer aus dem Weg geräumt, nicht wahr? Dumbledore und Snape. Er will mich ausschalten. Er wird Hogwarts angreifen, das ist die einzige Möglichkeit, wie er an mich herankommen kann."

McGonagalls Augen weiteten sich überrascht.

„Ich vermute, der Junge hat recht. Wir sollten den Orden informieren und unsere Kräfte zusammenziehen. Ich wünschte, wir wüssten, wann er angreifen wird." sagte Moody ernst.

Harry kam eine Idee. Er dachte kurz nach und ging dabei auf und ab, dann wandte er sich an McGonagall: „Ich könnte es herausfinden, zumindest könnte ich es versuchen."

Alle drehten überrascht den Kopf zu ihm.

„Wie willst du das anstellen?" fragte Hermine, ihre Augen waren vom vielen Weinen rot und verquollen.

„Leglimens." sagte er entschlossen.

„Ha! Niemals. Voldemort ist einer der stärksten Okklumenten und Leglimenten die es gibt. Niemals schafft das ein sechzehnjähriger Junge" schnarrte Moody.

„Sie vergessen meine einzigartige Verbindung zu ihm." sagte er und tippte sich an seine Narbe.

„Und wenn es schief geht?" fragte er.

„Ganz einfach. Sie und Professor McGonagall sind dabei, ich versuche sofort zu sagen, was ich sehe. Wenn er versucht, mich zu übernehmen und Erfolg hat, können sie mich sofort betäuben. Es besteht also keinerlei Risiko."

„Das hat etwas für sich, Junge." sagte Moody anerkennend.