Weit weg von zu Hause
III 172
Legolas zappelte wild hin und her, als er von Galion in Richtung Bad getragen wurde. Warum musste er schon wieder baden? Das letzte Mal war doch grad zwei Wochen her! Galion schloss die Tür des Raumes und setzte den jungen Elbenprinzen ab. Der war schon einmal entwischt und der Kellermeister hatte große Mühe ihn wieder einzufangen. Er wartete bis das Wasser im Bottich warm war, hob Legolas hoch und ließ ihn in das Nass hineinplumpsen. Der Prinz gab einen widerwilligen Ton von sich, ließ sich aber dann von Galion waschen und ihn später sein Nachthemd überziehen. „So, jetzt gehst du schön schlafen und morgen reiten wir nach Lórien", sagte sein Lehrer, welcher dachte, das schlimmste hinter sich zu haben.
Schlafen? Erst muss er sich völlig unnötig baden lassen und jetzt sollte er auch noch so früh schlafen gehen? Legolas wartete bis Galion die Tür wieder aufschloss, schlüpfte dann durch sie hindurch und lief davon. Er rannte und rannte, rannte und rannte... bis er selbst nicht mehr wusste, wo er war. Verflixt! Die Gänge des Palastes waren sich aber auch verdammt ähnlich: dunkle, graue Mauen, dunkle, braune Säulen, und ab und zu ein paar Pflanzen und Fackeln.
Legolas vernahm, zu seiner Rettung, ein paar Stimmen, die ein freudiges, aber doch recht sinnloses Lied anstimmen. Er verfolgte sie und fand zwei Elben, mit Weinflaschen in der Hand, lustig vor sich her singend. „Hallo!", rief er. Die zwei drehten sich sofort um. „Oh, wen haben wir denn da? Das Söhnlein von Herrn Thranduil", alberte einer und verbeugte sich sarkastisch vor dem kleinen Elben. „Ich hab mich verlaufen", erklärte Legolas, der das alles für sehr ernst hielt. „Ich will in mein Zimmer."
„Na, mal schauen, ob wir dir helfen können", einer der Elben nahm ihn an die Hand und so liefen sie durch die tausend Gänge des Palastes bis sie schließlich auf einen wütenden Galion trafen. „Legolas Thrandulion!", schimpfte dieser und der Angesprochene versteckte sich ängstlich hinter den langen Beinen der anderen Elben. Der Kellermeister packte ihn unsanft am Arm und zerrte ihn in sein Gemach. „Du gehst jetzt in dein Bett und da bleibst du, bis dich morgen früh jemand holt, sonst bekommst du großen Ärger mit mir!"Legolas schritt wie ein geschlagener Hund zu seinem Bett und legte sich hinein. Galion sah ihn noch einmal prüfend an und schloss dann die Tür.
Mitten in der Nacht wachte Legolas auf. Er verspürte den Drang so schnell wie möglich auf ein Klo zu kommen. Aber dann erinnerte er sich an die Worte Galions. Nein, er durfte nicht aufstehen. Er wollte keinen Ärger mit seinem Lehrer. Der Prinz hatte seinen Aufpasser wirklich sehr gern, auch wenn er ihm oft zur Last fiel und ihn neckte.
So versuchte er nun still liegen zu bleiben, aber das war gar nicht so leicht, wenn man so nötig Pipi musste. Er zog die Beine an und versuchte wieder einzuschlafen. Doch all das half nichts. Legolas wand sich im Bett umher, begann zu schwitzen. Was sollte er nun tun? Stände er auf, bekäme er Ärger mit Galion und den wollte er nicht haben, nur weil er Pipi musste. Nach einiger Zeit hatte er den Krieg mit seiner Blase verloren und ließ alles laufen. Leise weinte er in sich hinein. Sie würden ihn alle auslachen, wenn sie ihn so vorfänden!
Am nächsten Morgen wachte Galion früh auf und war stolz auf seinen Legolas, dass er die ganze Nacht ohne einen Mucks zu machen tief durch geschlafen hatte. Plötzlich tat es ihm leid, dass er gestern so gemein zu ihm gewesen war. So stand er auf und eilte zu Legolas Zimmer. Er öffnete die Tür und ging zu dem kleinen Bett. Legolas wachte sofort auf und fing wieder an zu weinen. „Was ist denn los?", fragte Galion besorgt und schlug die Bettdecke beiseite. Sofort bemerkte er den großen, nassen Fleck auf dem Bett. „Legolas, warum hast du denn...Du bist doch schon ein großer Junge?" Er war sichtlich verwirrt. Der Prinz schniefte leise. „Du hast gesagt, dass ich Ärger bekomme, wenn ich heute Nacht aufstehen würd'... Und das wollt' ich nicht!"Und da tat es dem Kellermeister noch mehr leid. Es war seine Schuld. Er nahm den Elfling in den Arm und drückte in fest an sich. „Das tut mir ja so leid", sagte er. „Das wollte ich nicht." Legolas nickte. „Nicht so schlimm!", sagte er dann schnell und wischte sich die Tränen von den Augen.
Galion gab dem Jungen saubere Kleider. Ihn jetzt noch einmal baden zu lassen war wohl eine schlechte Idee. Dem Prinzen versprach er, seinem Vater nichts zu sagen und das Geheimnis hielt er in Ehre, auch, weil er selbst an dem Missgeschick schuld war.
Die Elben Eryn Lasgalens waren auf dem Ritt nach Lothlórien, angeführt von König Thranduil. Neben ihn ritten sein Ratgeber und sein Hauptmann, dahinter Galion, der Legolas vor sich sitzen hatte, und einige Krieger. Das Ende bildete die Gefolgschaft von Eryn Lasgalen. Ihr Weg führte sie durch den Wald gen Westen. Legolas wurde mit der Zeit immer nervöser. Er hatte nie zuvor die Grenzen seines Landes verlassen und er selbst wunderte sich, dass der Wald zu gigantisch war, dass sie einen Tag brauchten, um ihn zu durchqueren. Er erahnte eine Lichtung von weitem, doch Galion erklärte ihm, dass dies das Ende des Eryn Lasgalens war, welches nur wie eine große, runde Lichtung geformt war. Der Prinz war auf das, was ihn erwartete sehr gespannt. Sie passierten die Grenzen, doch ritten weiterhin an ihnen vorbei in den Süden. Legolas machte das langsame Gelaufe und das rhythmische Schlagen der Pferdehufen auf den Boden langsam müde und er sackte in sich zusammen. Galion hielt den schlafenden Jungen in einer Umarmung fest an sich gedrückt, damit dieser nicht vom Pferd fiel. Des Nachts brauchten nun die Pferde etwas Ruhe und so rasteten sie.
Die Elben setzten sich ins Gras, speisten etwas von dem wenigen Essen, erzählten sich alte Geschichten, sangen und lachten. Die Pferde ruhten auf einer weiten Grünfläche und Legolas schlief in Galions Armen gewiegt tief und fest die ganze Nacht durch.
Langsam ging die Sonne wieder auf und sie ritten rasch weiter. Bald vernahm der Thronfolger Eryn Lasgalens das Plätschern von Wasser und erspähte den Lauf eines weiten Flusses. „Dies ist der Anduin", beantwortete Galion seine unausgesprochene Frage. „Dahinter liegt der weite Westen und das Land Eri Ador. Dort befinden sich auch die Wälder Lóriens."Legolas war erstaunt von dem Anblick, der sich ihm bot.
Nach einer weiteren Rast und zwei Tagen überquerten die Elben den Anduin, der sich an dieser Stelle schmälerte. Geschmeidig sprangen die Pferde hinüber und trabten durch das seichte Wasser. Und weiter ging es zu den Wäldern Lóriens.
Vor ihnen erhob sich ein weiter Wald. „Der Wald sieht aus, als wär' er aus Gold!", rief Legolas begeistert. „Nicht umsonst nennt man sie die ‚goldenen Wälder'", erklärte sein Lehrer. „Es ist prächtig in Lórien; große Bäume, in denen die Elben auf ihren Telain wohnen..."– „Sie leben auf Bäumen?", fragte der kleine Elb aufgeregt. „Ja", sagte Galion. „Ganze Städte sind in ihnen gebaut."Legolas gab einen bewundernden Laut von sich und als er Lórien nun endlich sah, übertraf dies all seine Erwartungen. Die Bäume schienen bis in den Himmel zu reichen. An den grau-silbrig schimmernden Stämmen waren runde Gebilde zu erkennen, die man mit einer Leiter erreichen konnte. Er konnte es kaum erwarten in solch einem Talan zu übernachten.
Er wurde aus den Gedanken gerissen, als ihr Zug plötzlich stoppte. Vor sich erkannte er einen Elben, er war wesentlich älter als er selbst, doch war er noch nicht erwachsen. Der Elb hatte fast schulterlange, goldblonde Haare, die sich von den weißblonden Haaren der Sindar unterschieden, trug eine graue Tunika und einen passenden Umhang. Auf seinem Rücken hing ein reichlich verzierter Köcher mit Pfeilen und in seiner Hand hielt er einen fein geschwungenen Bogen. Hinter dem Elben erstreckte sich eine Lichtung, in der sich ein weiter Wald, mit noch höheren Bäumen befand. „Willkommen in Caras-Galadhon, dem Reich von Herrn Celeborn und Frau Galadriel", sprach der goldblonde Elb und verbeugte sich tief vor dem König des fernen Eryn Lasgalens.
König Thranduil war im Gegensatz seiner Männer wenig verblüfft von der Schönheit Lothlóriens. Er wollte so schnell wie möglich die nötigsten Formalitäten mit Herrin Galadriel austauschen und dann wieder auf nach Eryn Lasgalen. Er verabscheute dieses Land und seine Bewohnern, denn er gab Galadriel und ihren Leuten immer noch die Schuld an dem Tod seines Vaters Oropher. Wären die lórischen Krieger nicht so besessen auf sich selbst gewesen, hätte Eryn Lasgalen seinen damaligen Herrscher nicht verloren. Das soll nicht heißen, dass Thranduil seinen Thron verabscheute, dennoch vermisste er seinen geliebten Vater, denn er war das einzige Kind und verlor, genau wie Legolas, seine Mutter im frühen Alter. Manchmal hasste sich der König dafür, Legolas nicht die gleiche Liebe zu schenken zu können, wie er sie damals von seinem Vater erhalten hatte, aber irgendwann wird er mehr Zeit für seinen Nachfolger finden können.
Thranduil trieb sein Pferd an und warf dem Elbenwächter einen herablassenden Blick zu. Dieser war verwirrt, aber machte sich nicht weiter Gedanken darum. Er wusste um die düsteren Gedanken, die sich der König über Lórien machte, bescheid. Aber auch wusste er, dass es falsch wäre, dem hohen Herrn zu widersprechen.
„Wie heißt du?", beförderte ihn eine kindliche Stimme wieder zurück in die Realität. Sein Blick richtete sich nun auf den jungen Elbling, der ihn von seinem hohen Ross aus an seinem Köcher herumzupfte.
„Legolas, lass das sein!", schimpfte Galion und versuchte den sich nach dem Wachmann hin richtenden Prinzen wieder zurück auf das Pferd zu ziehen. Legolas ‚Opfer' lachte vergnügt auf. „Haldir", antwortete er dann. „Mein Name ist Haldir."
„Aha", sagte der kleine Elb nur knapp und fiel nun endgültig nach vorne über. Haldir fing ihn auf und hielt ihn fest in seinem Arm. „Ganz schön neugierig, kleiner Prinz", grinste er. „Ich bin nicht klein", murmelte Legolas. Wieder lachte der Wächter. „Nein, dass bist du wahrlich nicht mehr. Vielleicht möchtest du meine Brüder Rúmil und Orophin sehen? Sie sind noch sehr viel kleiner als du!"
„Ja, vielleicht später", entgegnete Legolas und fing wieder an nach Haldirs Pfeilen zu greifen. Dieser aber zog ihn von den Waffen weg. „Die werde ich dir auch später zeigen", versprach er. Legolas ließ brav die Finger von den Pfeilen und widmete sich wieder dem wunderschönen Wald Lóriens und stellte dem nun vertrauten Wachmann tausende Fragen.
Haldir konnte nicht leugnen, dass er den kleinen Elbling ins Herz geschlossen hatte, obwohl er ihn kaum kannte. Seine aufgeweckte Art erfreute ihn, genau wie sein Interesse an den verschiedensten Dingen. Was wohl einmal aus dem kleinen Prinzen werden würde? Ein stolzer Krieger oder ein eitler und schöner Jüngling, dem die Elbenfrauen nur so hinterher rennen würden? Bis dahin dauerte es aber noch und jetzt war erstmal Zeit sich mit dem ‚kleinen' Legolas zu beschäftigen und ihn besser kennen zu lernen.
Die Elben erreichten Caras-Galadhon. Thranduil stieg von seinem Pferd ab und übergab es einigen Leuten Lóriens und seine Gefolgschaft tat es ihm gleich. Sie ließen sich durch einige verschlängelte Pfade zu dem größten Mallorn führen, den Legolas bisher erblickt hatte. An ihm ragten schmale, reichlich verzierte Treppen herauf und oben in der Krone befand sich ein wahres Schloss. Nicht von Mauern verhüllt, sondern von feinen Ästen, Türen und Fenstern.
„Dort leben Celeborn und Galadriel", erzählte Haldir. „Es ist fantastisch, nicht?"Legolas konnte nur stumm nicken. „Du willst sicher hinauf, nicht?" Wieder ein Nicken. „Ich wird dir nachher alles zeigen. Aber ich denke heute werdet ihr alle erst einmal schlafen. Gute Nacht, Legolas!"Damit wurde er von Haldir abgesetzt und der Wachmann lief schnell zu einem nahe gelegen Talan.
Legolas blickte ihm traurig nach. Er würde so gern mit zu Haldir sein und mehr mit ihm reden. Er hatte das Gefühl, dass dieser Elb ihm ein wirklicher Freund sein könnte. Nicht bloß wie Galion, der ab und zu mit ihm spielte, weil es seine Aufgabe war. „Darf ich bei Haldir schlafen, Galion?" Galion blickte überrascht hinunter zu dem Prinzen. „Wieso willst du denn bei ihm schlafen?", fragte er. „Er wollt' mir noch soviel zeigen!", antwortete Legolas. „Bitte, Galion!" Galion dachte nach. Schließlich gab der Weinkellermeister nach. Er bezweifelte zwar, dass Thranduil es einfach so akzeptieren würde, wenn sein Sohn soviel mit den Lórienelben zutun hätte, aber wenn er bedachte, dass Legolas wieder den lieben, langen Tag trotzig sein würde, weil er nicht bekam, was er wollte, ließ er ihn besser gehen.
Ein glückliches Lächeln zierte Legolas Gesicht und rasch eilte er zu Haldirs Talan. Vor der Leiter dorthin blieb er stehen. „Haldir? Bist du da?"Sogleich steckte Haldir seinen Kopf durch die Öffnung. „Was ist denn los, Legolas?" „Ich will bei dir schlafen", erklärte Legolas. „Galion hat es mir erlaubt!"
„Nun, wenn er es dir erlaubt hat..."Haldir war zwar recht überrascht, doch half er dem Prinzen schließlich hinauf. Oben angelangt sah sich dieser erst einmal um. In diesem Talan befanden sich ein Bett, ein Schrank und ein Tisch. Neben dem Bett stand eine Art Wiege, zu der Legolas sofort hin lief, um einmal hineinzuspähen.
„Die sind ja klein!"In der Wiege lagen zwei Elbenbabys mit kleinen spitzen Ohren und kurzen blonden Haaren. Haldir trat hinter Legolas und lächelte. „Das sind Rúmil und Orophin, meine Brüder", erklärte er stolz. „Wie kann man die denn auseinander halten?", fragte der kleinere Elb neugierig. „Orophin ist etwas größer und hat etwas längere Haare. Aber du hast schon recht, es ist sehr schwer sie auseinander zu halten."
Legolas beugte sich so tief in die Wiege, dass er fast hineinrutschte. Haldir hielt ihn fest, doch nichts desto trotz wachte einer der Zwillinge auf und blinzelte Legolas verschlafen an. „Hallo", begrüßte dieser ihn, doch er gähnte nur und schloss wieder seine Augen. „Das war aber nicht sehr höflich", tadelte ihn der Prinz. Haldir lachte leise auf. Doch nun musste Legolas auch gähnen. „Das scheint ja noch jemand müde zu sein", grinste der Wachmann. „Schlaf du nur schon."
Der Elb nickte. Haldir half ihm noch schnell aus seinem grünen Tunik und brachte ihn zu Bett. Legolas schloss die Augen und bald ging sein Atem ruhig und gleichmäßig und Haldir schlich sich aus dem Talan.
TBC
So, erstes Kapitel... bitte R&R und sagt mir, ob es sich lohnt weiter zu schreiben!
~Orophin
III 172
Legolas zappelte wild hin und her, als er von Galion in Richtung Bad getragen wurde. Warum musste er schon wieder baden? Das letzte Mal war doch grad zwei Wochen her! Galion schloss die Tür des Raumes und setzte den jungen Elbenprinzen ab. Der war schon einmal entwischt und der Kellermeister hatte große Mühe ihn wieder einzufangen. Er wartete bis das Wasser im Bottich warm war, hob Legolas hoch und ließ ihn in das Nass hineinplumpsen. Der Prinz gab einen widerwilligen Ton von sich, ließ sich aber dann von Galion waschen und ihn später sein Nachthemd überziehen. „So, jetzt gehst du schön schlafen und morgen reiten wir nach Lórien", sagte sein Lehrer, welcher dachte, das schlimmste hinter sich zu haben.
Schlafen? Erst muss er sich völlig unnötig baden lassen und jetzt sollte er auch noch so früh schlafen gehen? Legolas wartete bis Galion die Tür wieder aufschloss, schlüpfte dann durch sie hindurch und lief davon. Er rannte und rannte, rannte und rannte... bis er selbst nicht mehr wusste, wo er war. Verflixt! Die Gänge des Palastes waren sich aber auch verdammt ähnlich: dunkle, graue Mauen, dunkle, braune Säulen, und ab und zu ein paar Pflanzen und Fackeln.
Legolas vernahm, zu seiner Rettung, ein paar Stimmen, die ein freudiges, aber doch recht sinnloses Lied anstimmen. Er verfolgte sie und fand zwei Elben, mit Weinflaschen in der Hand, lustig vor sich her singend. „Hallo!", rief er. Die zwei drehten sich sofort um. „Oh, wen haben wir denn da? Das Söhnlein von Herrn Thranduil", alberte einer und verbeugte sich sarkastisch vor dem kleinen Elben. „Ich hab mich verlaufen", erklärte Legolas, der das alles für sehr ernst hielt. „Ich will in mein Zimmer."
„Na, mal schauen, ob wir dir helfen können", einer der Elben nahm ihn an die Hand und so liefen sie durch die tausend Gänge des Palastes bis sie schließlich auf einen wütenden Galion trafen. „Legolas Thrandulion!", schimpfte dieser und der Angesprochene versteckte sich ängstlich hinter den langen Beinen der anderen Elben. Der Kellermeister packte ihn unsanft am Arm und zerrte ihn in sein Gemach. „Du gehst jetzt in dein Bett und da bleibst du, bis dich morgen früh jemand holt, sonst bekommst du großen Ärger mit mir!"Legolas schritt wie ein geschlagener Hund zu seinem Bett und legte sich hinein. Galion sah ihn noch einmal prüfend an und schloss dann die Tür.
Mitten in der Nacht wachte Legolas auf. Er verspürte den Drang so schnell wie möglich auf ein Klo zu kommen. Aber dann erinnerte er sich an die Worte Galions. Nein, er durfte nicht aufstehen. Er wollte keinen Ärger mit seinem Lehrer. Der Prinz hatte seinen Aufpasser wirklich sehr gern, auch wenn er ihm oft zur Last fiel und ihn neckte.
So versuchte er nun still liegen zu bleiben, aber das war gar nicht so leicht, wenn man so nötig Pipi musste. Er zog die Beine an und versuchte wieder einzuschlafen. Doch all das half nichts. Legolas wand sich im Bett umher, begann zu schwitzen. Was sollte er nun tun? Stände er auf, bekäme er Ärger mit Galion und den wollte er nicht haben, nur weil er Pipi musste. Nach einiger Zeit hatte er den Krieg mit seiner Blase verloren und ließ alles laufen. Leise weinte er in sich hinein. Sie würden ihn alle auslachen, wenn sie ihn so vorfänden!
Am nächsten Morgen wachte Galion früh auf und war stolz auf seinen Legolas, dass er die ganze Nacht ohne einen Mucks zu machen tief durch geschlafen hatte. Plötzlich tat es ihm leid, dass er gestern so gemein zu ihm gewesen war. So stand er auf und eilte zu Legolas Zimmer. Er öffnete die Tür und ging zu dem kleinen Bett. Legolas wachte sofort auf und fing wieder an zu weinen. „Was ist denn los?", fragte Galion besorgt und schlug die Bettdecke beiseite. Sofort bemerkte er den großen, nassen Fleck auf dem Bett. „Legolas, warum hast du denn...Du bist doch schon ein großer Junge?" Er war sichtlich verwirrt. Der Prinz schniefte leise. „Du hast gesagt, dass ich Ärger bekomme, wenn ich heute Nacht aufstehen würd'... Und das wollt' ich nicht!"Und da tat es dem Kellermeister noch mehr leid. Es war seine Schuld. Er nahm den Elfling in den Arm und drückte in fest an sich. „Das tut mir ja so leid", sagte er. „Das wollte ich nicht." Legolas nickte. „Nicht so schlimm!", sagte er dann schnell und wischte sich die Tränen von den Augen.
Galion gab dem Jungen saubere Kleider. Ihn jetzt noch einmal baden zu lassen war wohl eine schlechte Idee. Dem Prinzen versprach er, seinem Vater nichts zu sagen und das Geheimnis hielt er in Ehre, auch, weil er selbst an dem Missgeschick schuld war.
Die Elben Eryn Lasgalens waren auf dem Ritt nach Lothlórien, angeführt von König Thranduil. Neben ihn ritten sein Ratgeber und sein Hauptmann, dahinter Galion, der Legolas vor sich sitzen hatte, und einige Krieger. Das Ende bildete die Gefolgschaft von Eryn Lasgalen. Ihr Weg führte sie durch den Wald gen Westen. Legolas wurde mit der Zeit immer nervöser. Er hatte nie zuvor die Grenzen seines Landes verlassen und er selbst wunderte sich, dass der Wald zu gigantisch war, dass sie einen Tag brauchten, um ihn zu durchqueren. Er erahnte eine Lichtung von weitem, doch Galion erklärte ihm, dass dies das Ende des Eryn Lasgalens war, welches nur wie eine große, runde Lichtung geformt war. Der Prinz war auf das, was ihn erwartete sehr gespannt. Sie passierten die Grenzen, doch ritten weiterhin an ihnen vorbei in den Süden. Legolas machte das langsame Gelaufe und das rhythmische Schlagen der Pferdehufen auf den Boden langsam müde und er sackte in sich zusammen. Galion hielt den schlafenden Jungen in einer Umarmung fest an sich gedrückt, damit dieser nicht vom Pferd fiel. Des Nachts brauchten nun die Pferde etwas Ruhe und so rasteten sie.
Die Elben setzten sich ins Gras, speisten etwas von dem wenigen Essen, erzählten sich alte Geschichten, sangen und lachten. Die Pferde ruhten auf einer weiten Grünfläche und Legolas schlief in Galions Armen gewiegt tief und fest die ganze Nacht durch.
Langsam ging die Sonne wieder auf und sie ritten rasch weiter. Bald vernahm der Thronfolger Eryn Lasgalens das Plätschern von Wasser und erspähte den Lauf eines weiten Flusses. „Dies ist der Anduin", beantwortete Galion seine unausgesprochene Frage. „Dahinter liegt der weite Westen und das Land Eri Ador. Dort befinden sich auch die Wälder Lóriens."Legolas war erstaunt von dem Anblick, der sich ihm bot.
Nach einer weiteren Rast und zwei Tagen überquerten die Elben den Anduin, der sich an dieser Stelle schmälerte. Geschmeidig sprangen die Pferde hinüber und trabten durch das seichte Wasser. Und weiter ging es zu den Wäldern Lóriens.
Vor ihnen erhob sich ein weiter Wald. „Der Wald sieht aus, als wär' er aus Gold!", rief Legolas begeistert. „Nicht umsonst nennt man sie die ‚goldenen Wälder'", erklärte sein Lehrer. „Es ist prächtig in Lórien; große Bäume, in denen die Elben auf ihren Telain wohnen..."– „Sie leben auf Bäumen?", fragte der kleine Elb aufgeregt. „Ja", sagte Galion. „Ganze Städte sind in ihnen gebaut."Legolas gab einen bewundernden Laut von sich und als er Lórien nun endlich sah, übertraf dies all seine Erwartungen. Die Bäume schienen bis in den Himmel zu reichen. An den grau-silbrig schimmernden Stämmen waren runde Gebilde zu erkennen, die man mit einer Leiter erreichen konnte. Er konnte es kaum erwarten in solch einem Talan zu übernachten.
Er wurde aus den Gedanken gerissen, als ihr Zug plötzlich stoppte. Vor sich erkannte er einen Elben, er war wesentlich älter als er selbst, doch war er noch nicht erwachsen. Der Elb hatte fast schulterlange, goldblonde Haare, die sich von den weißblonden Haaren der Sindar unterschieden, trug eine graue Tunika und einen passenden Umhang. Auf seinem Rücken hing ein reichlich verzierter Köcher mit Pfeilen und in seiner Hand hielt er einen fein geschwungenen Bogen. Hinter dem Elben erstreckte sich eine Lichtung, in der sich ein weiter Wald, mit noch höheren Bäumen befand. „Willkommen in Caras-Galadhon, dem Reich von Herrn Celeborn und Frau Galadriel", sprach der goldblonde Elb und verbeugte sich tief vor dem König des fernen Eryn Lasgalens.
König Thranduil war im Gegensatz seiner Männer wenig verblüfft von der Schönheit Lothlóriens. Er wollte so schnell wie möglich die nötigsten Formalitäten mit Herrin Galadriel austauschen und dann wieder auf nach Eryn Lasgalen. Er verabscheute dieses Land und seine Bewohnern, denn er gab Galadriel und ihren Leuten immer noch die Schuld an dem Tod seines Vaters Oropher. Wären die lórischen Krieger nicht so besessen auf sich selbst gewesen, hätte Eryn Lasgalen seinen damaligen Herrscher nicht verloren. Das soll nicht heißen, dass Thranduil seinen Thron verabscheute, dennoch vermisste er seinen geliebten Vater, denn er war das einzige Kind und verlor, genau wie Legolas, seine Mutter im frühen Alter. Manchmal hasste sich der König dafür, Legolas nicht die gleiche Liebe zu schenken zu können, wie er sie damals von seinem Vater erhalten hatte, aber irgendwann wird er mehr Zeit für seinen Nachfolger finden können.
Thranduil trieb sein Pferd an und warf dem Elbenwächter einen herablassenden Blick zu. Dieser war verwirrt, aber machte sich nicht weiter Gedanken darum. Er wusste um die düsteren Gedanken, die sich der König über Lórien machte, bescheid. Aber auch wusste er, dass es falsch wäre, dem hohen Herrn zu widersprechen.
„Wie heißt du?", beförderte ihn eine kindliche Stimme wieder zurück in die Realität. Sein Blick richtete sich nun auf den jungen Elbling, der ihn von seinem hohen Ross aus an seinem Köcher herumzupfte.
„Legolas, lass das sein!", schimpfte Galion und versuchte den sich nach dem Wachmann hin richtenden Prinzen wieder zurück auf das Pferd zu ziehen. Legolas ‚Opfer' lachte vergnügt auf. „Haldir", antwortete er dann. „Mein Name ist Haldir."
„Aha", sagte der kleine Elb nur knapp und fiel nun endgültig nach vorne über. Haldir fing ihn auf und hielt ihn fest in seinem Arm. „Ganz schön neugierig, kleiner Prinz", grinste er. „Ich bin nicht klein", murmelte Legolas. Wieder lachte der Wächter. „Nein, dass bist du wahrlich nicht mehr. Vielleicht möchtest du meine Brüder Rúmil und Orophin sehen? Sie sind noch sehr viel kleiner als du!"
„Ja, vielleicht später", entgegnete Legolas und fing wieder an nach Haldirs Pfeilen zu greifen. Dieser aber zog ihn von den Waffen weg. „Die werde ich dir auch später zeigen", versprach er. Legolas ließ brav die Finger von den Pfeilen und widmete sich wieder dem wunderschönen Wald Lóriens und stellte dem nun vertrauten Wachmann tausende Fragen.
Haldir konnte nicht leugnen, dass er den kleinen Elbling ins Herz geschlossen hatte, obwohl er ihn kaum kannte. Seine aufgeweckte Art erfreute ihn, genau wie sein Interesse an den verschiedensten Dingen. Was wohl einmal aus dem kleinen Prinzen werden würde? Ein stolzer Krieger oder ein eitler und schöner Jüngling, dem die Elbenfrauen nur so hinterher rennen würden? Bis dahin dauerte es aber noch und jetzt war erstmal Zeit sich mit dem ‚kleinen' Legolas zu beschäftigen und ihn besser kennen zu lernen.
Die Elben erreichten Caras-Galadhon. Thranduil stieg von seinem Pferd ab und übergab es einigen Leuten Lóriens und seine Gefolgschaft tat es ihm gleich. Sie ließen sich durch einige verschlängelte Pfade zu dem größten Mallorn führen, den Legolas bisher erblickt hatte. An ihm ragten schmale, reichlich verzierte Treppen herauf und oben in der Krone befand sich ein wahres Schloss. Nicht von Mauern verhüllt, sondern von feinen Ästen, Türen und Fenstern.
„Dort leben Celeborn und Galadriel", erzählte Haldir. „Es ist fantastisch, nicht?"Legolas konnte nur stumm nicken. „Du willst sicher hinauf, nicht?" Wieder ein Nicken. „Ich wird dir nachher alles zeigen. Aber ich denke heute werdet ihr alle erst einmal schlafen. Gute Nacht, Legolas!"Damit wurde er von Haldir abgesetzt und der Wachmann lief schnell zu einem nahe gelegen Talan.
Legolas blickte ihm traurig nach. Er würde so gern mit zu Haldir sein und mehr mit ihm reden. Er hatte das Gefühl, dass dieser Elb ihm ein wirklicher Freund sein könnte. Nicht bloß wie Galion, der ab und zu mit ihm spielte, weil es seine Aufgabe war. „Darf ich bei Haldir schlafen, Galion?" Galion blickte überrascht hinunter zu dem Prinzen. „Wieso willst du denn bei ihm schlafen?", fragte er. „Er wollt' mir noch soviel zeigen!", antwortete Legolas. „Bitte, Galion!" Galion dachte nach. Schließlich gab der Weinkellermeister nach. Er bezweifelte zwar, dass Thranduil es einfach so akzeptieren würde, wenn sein Sohn soviel mit den Lórienelben zutun hätte, aber wenn er bedachte, dass Legolas wieder den lieben, langen Tag trotzig sein würde, weil er nicht bekam, was er wollte, ließ er ihn besser gehen.
Ein glückliches Lächeln zierte Legolas Gesicht und rasch eilte er zu Haldirs Talan. Vor der Leiter dorthin blieb er stehen. „Haldir? Bist du da?"Sogleich steckte Haldir seinen Kopf durch die Öffnung. „Was ist denn los, Legolas?" „Ich will bei dir schlafen", erklärte Legolas. „Galion hat es mir erlaubt!"
„Nun, wenn er es dir erlaubt hat..."Haldir war zwar recht überrascht, doch half er dem Prinzen schließlich hinauf. Oben angelangt sah sich dieser erst einmal um. In diesem Talan befanden sich ein Bett, ein Schrank und ein Tisch. Neben dem Bett stand eine Art Wiege, zu der Legolas sofort hin lief, um einmal hineinzuspähen.
„Die sind ja klein!"In der Wiege lagen zwei Elbenbabys mit kleinen spitzen Ohren und kurzen blonden Haaren. Haldir trat hinter Legolas und lächelte. „Das sind Rúmil und Orophin, meine Brüder", erklärte er stolz. „Wie kann man die denn auseinander halten?", fragte der kleinere Elb neugierig. „Orophin ist etwas größer und hat etwas längere Haare. Aber du hast schon recht, es ist sehr schwer sie auseinander zu halten."
Legolas beugte sich so tief in die Wiege, dass er fast hineinrutschte. Haldir hielt ihn fest, doch nichts desto trotz wachte einer der Zwillinge auf und blinzelte Legolas verschlafen an. „Hallo", begrüßte dieser ihn, doch er gähnte nur und schloss wieder seine Augen. „Das war aber nicht sehr höflich", tadelte ihn der Prinz. Haldir lachte leise auf. Doch nun musste Legolas auch gähnen. „Das scheint ja noch jemand müde zu sein", grinste der Wachmann. „Schlaf du nur schon."
Der Elb nickte. Haldir half ihm noch schnell aus seinem grünen Tunik und brachte ihn zu Bett. Legolas schloss die Augen und bald ging sein Atem ruhig und gleichmäßig und Haldir schlich sich aus dem Talan.
TBC
So, erstes Kapitel... bitte R&R und sagt mir, ob es sich lohnt weiter zu schreiben!
~Orophin
