Panne beim Quidditch
"Dring dring dring dring", machte es leise aus Harrys Kopfkissen. Seit wann hatte er einen Wecker? Ach ja, er hatte ihn von Hermine ausgeliehen. Heute war das Quidditch-Spiel! Er schwang sich aus dem Bett -- landete dabei leider am Boden, aber er rappelte sich gleich wieder auf -- und zog sich an. Harry packte seinen Feuerblitz und rannte in den Gemeinschaftsraum. Da niemand zu sehen war, der vielleicht auf ihn wartete, rannte er gleich weiter in die grosse Halle. Was er dort sah, hätte er nie erwartet. In seiner Eile hatte er gar nicht richtig darauf geachtet, aber alle Gryffindors waren schon aufgestanden. Sie hatten den Gryffindor-Tisch mit Girlanden und Plakaten verziert, auf denen stand: "Harry gewinnt!" oder "Ein Hoch auf Harry!" oder "Harry fängt den Schnatz". Aber es war doch nur ein normaler Quidditch-Match! Warum taten die denn so, als ob es die Weltmeisterschaft wäre?
Als Harry sich neben Hermine niederliess, erfuhr er es.
"Geh zum schwarzen Brett!"
Also stand er wieder auf und lief weiter. Dann sah er es: Dort hing ein riesiges Plakat, das das ganze Brett ausfüllte.
HEUTE QUIDDICH-TAG
Stand da in grossen Lettern geschrieben.
Jedes Haus spielt gegen die anderen Häuser. Der Gewinner bekommt den Quidditch-Pokal.
Aha, darum waren alle Gryffindors so aufgeregt! Schon wieder eine Chance, es Malfoy zu zeigen!, fiel Harry ein.
Also lief er zurück zum Gryffindor-Tisch und ass kräftig zu Morgen. Als Wood und die anderen des Quidditch-Teams aus der Halle liefen, riefen Hermine und Ron Harry noch Glückwünsche zu und standen dann auch auf um zum Quidditch-Feld zu laufen.
"Umkleidekabinen!", rief Wood, als sie beim Feld angekommen waren. Sie liefen zu den Umkleidekabinen und warfen sich die scharlachroten Umhänge über. Zuerst mussten sie gegen Slytherin spielen.
Das Quidditch-Team der Gryffindors betrat das Spielfeld. Ebenso das der Slytherins.
"Begrüsst euch, Kapitäne", sagte Madam Hooch.
Flint und Wood traten auf einander zu. Sie schüttelten sich die Hände nicht, sie brachen sie sich fast. Harry und Malfoy starrten sich feindselig an.
"Drei ... Zwei ... Eins ... Los!", rief sie und blies kräftig in ihre Pfeife.
Harry stiess sich vom Boden ab und schwebte in die Luft. Im selben Moment war Malfoy unter ihm.
Harry hatte sich seine Strategie den ganzen Morgen durch den Kopf gehen lassen. Er würde Malfoy davon abhalten, den Schnatz zu fangen, bis Gryffindor mit fünfzig Punkten im Vorsprung war. Dann würde er den Schnatz fangen und sie würden haushoch gewinnen.
"Bell im Besitz des Quaffels -- sie fliegt nach vorne und schiesst -- und trifft!!! Zehn Punkte für Gryffindor! Es steht jetzt zehn zu null! Jetzt liegen sie schon zurück, diese verräterischen A--"
"Jordan! Sie sollen nicht parteiisch sein!", mahnte Professor McGonagall.
"-- Flint im Ballbesitz -- er wird vom Klatscher getroffen und verliert den Quaffel -- und der Quaffel wird aufgefangen von Johnson -- von den Gryffindors -- sie tut es Bell nach, fliegt und trifft!!! Zwanzig zu null für Gryffindor! Jetzt wird diesen verblöd--"
"Mr Lee Jordan! Wenn sie nicht sofort--"
"Ich weiss, Professor, aber -- Jaa! Noch ein Tor von Johnson! Dreissig zu null für Gryffindor!"
Harry flog ein bisschen um die Pfosten des Spielfelds. Bald würde für ihn das Signal kommen, den Schnatz zu fangen. Da kam es auch schon:
"Es steht schon fünfzig zu null für Gryffindor, das wird ein ..."
Harry riss den Besen herum und flog weit nach oben. Von hier konnte er das Spielfeld genau überblicken. Ein paar Minuten schwebte er regungslos weit über dem Spielfeld. Aber dann sah er es: Über dem mittleren Torpfosten der Gryffindors erschien etwas Goldenes. Harry flitzte sofort darauf zu.
"Mach schon! Schneller!", trieb er seinen Besen an.
Als er noch fünf Meter vom Schnatz enfernt war, sah er, dass Malfoy vom anderen Ende des Spielfelds auf ihn zuflog. Harry beschleunigte noch mehr und war jetzt nur noch zwei Meter vom Schnatz entfernt. Er flog über Wood hinweg, der ihm nachsah und Harrys Finger schlossen sich um den kleinen goldenen Ball.
Sechs rote Gestalten flogen auf ihn zu und sie schwebten gemeinsam zu Boden.
Alle Gryffindors erhoben sich von den Tribünen und rannten auf ihn zu.
Ein warmes Gefühl durchflutete ihn. Er hatte es geschafft. Das Spiel gegen Slytherin hatten sie gewonnen und nun lagen sie für den Quidditch-Tag schon mit 200 Punkten im Vorsprung.
Harry sah Ron, der freudestrahlend auf ihn zurannte.
"Du hast es geschafft! Nur du allein!", rief er.
Nicht ganz, dachte Harry und lief auf Wood zu.
"Warte!", rief er Ron zu.
"Wood! Wood! Du musst einfach wissen, warum wir gewonnen haben! Es ist--"
"Ja, ja. Ich weiss. Weil du den Schnatz gefangen hast!"
"Nein! Eben nicht! Ja, vielleicht schon, aber dann lägen wir jetzt nur mit 150 Punkten vorn! Ich hab deine Strategie angewendet! Ich habe gewartet, bis ihr fünfzig Punkte erzielt hattet und habe mich erst dann darauf konzentriert, den Schnatz zu fangen! Darum sind wir jetzt schon so weit im Vorsprung!", erklärte Harry hastig.
"Das zweite Spiel ist Gryffindor-Ravenclaw!", ertönte Lee Jordans Stimme über das magische Megafon.
Wood drehte sich um und sie stellten sich auf. Rasender Applaus und ein paar Buh-Rufe ertönten.
"Begrüsst euch, Kapitäne!", rief Madam Hooch. Sie war ganz aufgeregt. "Drei ... Zwei ... Eins ... Los!" Und es ertönte wieder ihr bekannter Pfiff.
Harry schwebte in die Luft und wartete, bis Angelina Johnson oder Katie Bell das erste Tor erzielt hatten.
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"Mit dem hier", sagte Malfoy zu Crabbe und Goyle und hielt seinen Zauberstab in die Luft, "wird Gryffindor dieses Spiel verlieren!"
Einige Zeit verging und dann begannen Crabbe und Gole zu lachen. Malfoy starrte seine beiden Kollegen ungläubig an.
"Ehrlich? Ihr habt's kapiert?!?", fragte er. "Was hab ich denn soeben erzählt?"
"Ähm", sagte Goyle.
"Wir wissen es nicht", gab Crabbe zu.
"Doch! Wir wissen es!", rief Goyle.
"Nein!" -- "Doch!" -- "Nein!"
Nach langem hin und her einigten sie sich schliesslich darauf, dass sie es doch nicht wussten.
Malfoy starrte Crabbe und Goyle wieder an. Aber dieses Mal wirkte er enttäuscht.
"Ich hab schon gedacht, ihr wärt ein bisschen klüger geworden!"
Nach einiger Zeit begann Goyle zu lachen. Ein paar Minuten später setzte auch Crabbe ein. Sie hatten nun endlich begriffen, von was die ganze Zeit geredet wurde. Malfoy schüttelte den Kopf.
"Ich habs wirklich schwer mit euch!", sagte er ärgerlich und hob seinen Zauberstab wieder in die Luft. "Mit dem hier ..."
Crabbe und Goyle fingen plötzlich an, zu lachen. Malfoy drehte sich um und erblickte das, was auch Goyle und Crabbe gesehen hatten: Es war sechzig zu dreissig für Gryffindor! Jetzt musste es schnell gehen! Er zückte seinen Zauberstab und zielte damit auf Harry, der soeben reglos in der Luft schwebte.
"Crucio!", rief Malfoy, doch in diesem Augenblick zischte Harry los, denn er hatte den Schnatz gesehen.
Ein ohrenbetäubender Knall ertönte und die unsichtbare Schutzmauer um das Quidditchfeld erschien und verschwand dann schliesslich ganz.
Harry war nur noch wenige Meter vom Schnatz entfernt, aber der Schnatz war schneller und flog davon. Harry sah ihn nur noch kurz am Rand des Quidditchfeldes aufleuchten und dann war der Schnatz verschwunden.
Fred und George mühten sich mit je einem Klatscher ab, den sie zum Glück hatten fangen können.
Madam Hooch pfiff das Spiel ab und alle schwebten zu Boden.
Fred und George banden die beiden Klatscher in der Kiste fest. Gleich darauf erschien Angelina Johnson mit dem Quaffel.
"Hast du den Schnatz gefangen, Harry?", fragte Madam Hooch.
"Eben nicht!", antwortete Harry.
"Harry!", rief Professor Dumbledore und bahnte sich einen Weg durch die Menschenmassen, die sich um die Ballschachtel versammelt hatten.
"Harry, ich frage dich, ob du daran intressiert bist, dich auf den Weg zu machen und versuchen, den Schnatz zu fangen. Du bist der beste Sucher ganz Hogwarts!"
"Oohh!", ertönte es bewundernt von allen Seiten.
Harry dachte ein bisschen nach und fragte: "Muss ich ganz alleine gehen oder kann ich jemanden mitnehmen?"
"Das musst du schon selbst entscheiden.", antwortete Dumbledore.
"Gut", sagte Harry, "ich möchte gern mit Ron und Hermine auf die Suche gehen."
Dumbledore schaute Hermine und Ron kritisch an. "Bist du dir sicher?"
"Ja", sagte Harry zögernd. Hermine war zwar noch nie auf einem Besen geflogen, aber sie konnten ja mit ihrer Abreise noch warten. In dieser Zeit könnte er Hermine ein bisschen Flugunterricht geben.
"Harry!", riss Dumbledore ihn aus deinen Gedanken. "Hättest du etwas dagegen, noch mit eurer Abreise zu warten und Hermine in dieser Zeit ein bisschen Flugunterricht zu erteilen? Wie ich weiss, ist Ron schon ein paarmal auf einem Besen geflogen."
Rons Gesicht färbte sich rot und Hermine starrte Harry überrascht an.
"Klar", sagte Harry zu Dumbledore und somit war das Gespräch beendet.
Alle Schüler liefen zurück nach Hogwarts und warfen einen anerkennenden Blick auf Harry.
Hermine rannte sofort auf ihn zu.
"Harry! Dass du Ron mitgenommen hast, war ja wohl klar, aber mich! Ich ... ich kann's immer noch nicht fassen! Ich ..."
"Schon gut, Hermine!", mischte sich Ron ein. "Wenn du nicht dabei wärst, wären wir irgendwie nicht vollständig!"
Hermine blickte ihn dankend an und die drei liefen lachend zum Schloss zurück.
