3. Kapitel: Unterwegs

Noch bevor die Sonne Imladirs verzaubern konnte, sassen wir schon auf den Pferderücken und erwarteten noch Lord Elronds Abschiedsworte: „Schwer fällt mir jeder Abschied, besonders wenn mich meine Söhne verlassen. Reiset wohl und rasch. Ihr werdet schon erwartet. Ich habe euch unserem Freund bereits angekündigt." Damit hielt er seinen Söhnen noch einmal die Hand und drückte auch die Meine. Leise fügte er hinzu: „Ich habe ihnen nichts von deinem Auftrag erzählt. Sie werden dich auch nicht danach fragen. Erzähl es ihnen wenn du es an der Zeit dafür empfindest." „Danke", war das Einzige, dass ich noch sagen konnte, denn meine Begleiter warteten schon ungeduldig auf mich.

So ritten wir mit den ersten Sonnenstrahlen in Richtung Eryn Lasgen. Da der Winter rascher einmarschierte als erwartet, konnten wir nicht über das Nebelgebirge und ich rechnete mit mindestens zwei Wochen mehr Reisezeit. Plötzlich hörte ich aber Elladan zu seinem Bruder sagen: „Hei Elrohir, meinst du Gimli ist Zuhause wenn wir ihn begrüssen möchten?" „Ich hoffe es sehr. Wir haben ihn jetzt doch schon länger nicht mehr gesehen!"

GIMLI??? War denn der nicht einer der Gefährten? Und wo sollten wird denn auf die Zwerge treffen? Ich war total durcheinander. „Hei, sagt mal, wo wohnt denn Gimli?" Ich dachte mit dieser Frage würden sie vielleicht meine Unsicherheit nicht bemerken. „Was? Du weisst nicht wo Gimli Gloissohn wohnt?" Beide stimmten ein fröhliches Gelächter an und beruhigten sich erst nach ein paar Minuten wieder: „Du weisst echt nicht wo Gimli wohnt? Woher kommst du eigentlich??? Aus Mordor??" Ich war zutiefst beleidigt und schaute Elladan mit funkelnden Augen an.

„Entschuldigung, das war nicht so gemeint.", versuchte Elrohir mich wieder zu beruhigen: „In Moria natürlich. Er hat alle grässlichen Orks verscheucht und die Zwerge leben dort wieder richtig auf. Du wirst stauen. Aber sag mal wie bist du denn auf dem Hinweg hergekommen? Bist du etwa über den Hohen Pass?". Elrohir musterte mich eindringlich. „Ja, eindeutig du bist drüber gegangen. Selber schuld. Du wirst schon noch sehen was du alles verpasst hast. Es ist wirklich atemberaubend in diesen Hallen. Obwohl uns meist in solchen Höhlen eher unwohl ist, diese Eine übertrifft alles....!!" Elladan kam gar nicht mehr aus dem erzählen heraus. Dieses Moria musste ja wirklich erstaunlich sein. Ich freute mich schon jetzt. Leider wird es wohl noch ein paar Tage dauern bis wir dort an die Türe klopfen werden.

Die ersten paar Tage ritten wir praktisch durch. Das war kein Problem, wir als Elben brauchen ja nicht viel Schlaf und können uns auch während dem Reiten erholen. Daher beschränken wir unsere Nacht auf ca. vier Stunden, denn auch wenn unsere Pferde zu den besten Mittelerdes gehörten, mussten sie doch mehr ruhen als wir. Mit der Zeit aber sah man ihnen unseren weiten Weg von weitem an und deshalb beschlossen wir bald eine längere Rast einzulegen.

Schon bald hatten wir in der Nähe eines Waldes einen kleinen Flusslauf entdeckt und richteten dort, wo die Waldgrenze am nächsten war unsere Lager ein. Elrohir machte rasch ein wärmendes Feuer und ich brachte die Pferde zum Fluss. Elladan machte sich auf den Weg uns etwas für das Abendmahl zu besorgen. Als die Pferde ausgiebig getrunken hatten bürstete ich alle drei kräftig ab und liess sie dann frei grasen. Dann setze ich mich ans Feuer zu Elrohir, der dabei war alle seine Waffen zu kontrollieren. „Elrohir," er drehte fragend den Kopf in meine Richtung, „was denkst du, warum ich in den Düsterwald will?"

„Naja, eigentlich denke ich nicht, dass du dorthin willst, denn er ist nicht besonders sehenswert. Das heisst, der Königspalast natürlich schon, aber mehr gibt es da nicht unbedingt zu sehen. Ich könnte dir davon ein Lied singen. Nein, also ich denke eher, dass du dort wohl irgendwelche Verwandte hast die du besuchen musst, oder dass du König Thranduil eine Wichtige Botschaft von deinem Volk überbringen musst." „Mit deiner Vermutung, dass ich nicht freiwillig in den Düsterwald gehe, bist du vollkommen richtig. Nur der Rest entspricht nicht genau meinen Gründen. Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass mein Volk sich bei der grossen Trennung der Elben in den Norden zurückzog. Einige unter ihnen, darunter auch meine Eltern, wollten den Kontakt zu den Anderen aber nicht verlieren, und reisten deshalb viel durch ganz Mittelerde. Dein Vater war ihnen immer ein sehr guter Freund und Helfer, und sie kehrten oft bei ihm ein. Sie vertrauen sehr auf seine Ratschläge. Ein Abenteuer um das Andere stand ihnen vor der Tür und auch einige male retteten sie Imladris vor einem Gefecht. Ein Abenteuer aber konnten sie nicht lösen, da es noch nicht die Zeit dazu war. Jetzt ist aber diese Zeit gekommen und sie haben mir dieses Abenteuer aufgetragen."Unruhig blickte ich zu Boden. Ich wusste nicht ob ich es ihm wirklich erzählen sollte .

„So? Und was ist denn nun der Auftrag dieses Abenteuers?" Ich zuckte erschrocken zusammen, hatte ich Elladan während dem Reden gar nicht kommen hören. Nun aber stand er hinter mir und forderte eine Erklärung für mein Gerede. Es blieb mir also gar keine andere Wahl als es ihnen zu erzählen.

Immer noch ein bisschen ausser Atem, vor Schreck natürlich, versuchte ich die richtigen Worte zu finden. „Nun ja, es geht darum,.. Bitte setz dich doch Elladan,... darum, dass Saurons Ring ja vernichtet wurde, und er somit auch, ... aber nicht seine Familie." „Das dachte ich mir schon. Mittelerde kann doch ohne diesen Ring nicht plötzlich gefahrenlos sein." „Moment, bitte lass mich fertig erklären. Also, Sauron hat eine Tochter. Als sein Ring zerstört wurde, erbte sie all seinen Macht die er noch irgendwie retten konnte...". So erzählte ich langsam alles der Reihe nach, wie ich es noch in Erinnerung hatte.

Die Dämmerung zog langsam auf, als ich zu Ende kam und die Brüder mich etwas skeptisch betrachteten. „Alles Gut und Recht, Nimiel, aber wie willst du denn das schaffen? Ich meine, wenn du ihr nur den Kopf abschlagen müsstest wäre das kein Problem, aber unter diesen Bedingungen?" Elrohir schaute mich fragend an und auch Elladan wartete gespannt auf eine Antwort.

„Ich weiss es auch nicht, doch ich denke, als erstes werde ich mich etwas einleben, alle dort Wohnhaften genauer kennen lernen und vor allem versuchen mir keine Feinde zu schaffen. Dann muss ich natürlich herausfinden wie stark die Macht von Saurons Tochter schon ist und was für einen Einfluss sie auf König Thranduil hat. Wenn ich sie überhaupt erkenne. Vielleicht ist sie ja gar nicht Thranduils Beraterin, sondern wird es erst mit der Zeit in der sie ihre Macht entdeckt."

Elladan und Elrohir schwiegen. Es war wohl auch für sie sehr erschreckend, der Tatsache, dass mit der Ringzerstörung das Übel noch nicht entfernt war, ins Augen zu sehen. Wir alle stellen fest, dass diese Aufgabe nicht in ein paar Wochen zu erfüllen war, aber auch, dass noch keine unmittelbare Gefahr bestand.

Inzwischen war unser Abendessen bereit und wir widmeten uns stumm dem Essen. Ab und zu hörte man es im nahen Wald rascheln, aber sonst war es absolut still. Fast zu still. Auch unsere betretenes Schwiegen tat noch seinen Rest dazu. „Kommt es euch nicht auch etwas zu ruhig vor heute Abend? Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm,... oder vor einem Angriff..." „ACHTUNG, Elrohir, hinter dir!!!", gerade noch im letzten Moment hatte ich die Spiegelung des Feuer in den Augen des Angreifers bemerkt. Elrohir griff rasch zu seiner Waffe und schlug im Drehen seinem Gegner das Messer aus der Hand.

Erschrocken ob der raschen Gegenwehr mach die Kreatur zwei kleine Schritte rückwärts und hob abwehrend die Hände. „Gnade, nicht schiessen, bitte!!" Mit panischer Stimme und sehr ängstlichen Augen schaute er von einem Pfeil zu Anderen. Denn während Elrohir sich wehrte hatten Elladan und ich automatisch eine Pfeil auf unsere Bögen gespannt.

Als wir die Lage überblickt hatten senkten wir unsere Bögen aber rasch wieder. Der Angreifer liess nur ein feines Lächeln über unsere Gesichtszüge zaubern. Er schien nicht älter als 12 Jahre zu sein und zitterte am ganzen Laibe. „Komm her, Junge und setzt dich zu uns ans Feuer. Wir werden dir nichts tun." „Nein, ich kann nicht, ich muss fliehen!". Etwas erstaunt sah ich ihn an, fragte dann aber weiter: „Vor wem musst du denn fliehen? Wir tun dir nichts." „Sie sind hinter mir her. Sie sind böse!!"

Immer noch ratlos schaut ich meine Begleiter fragend an. Dann probierte es Elladan: „Wer ist denn böse? Meinst du etwa hier seien Orks?" Der Junge nickte heftig und schaute sich um, immer wieder mit einem ängstlichen Blick in den Wald hinein. Da nun niemand sprach, konnten wir plötzlich ganz deutlich das Knacken von Unterholz wahrnehmen. „Schnell, alle zu den Waffen. Du bleibst nahe am Feuer, wir werden dich beschützen."

Mit einem groben Griff zog ihn Elrohir zum Feuer, schnallte sein Schwert lockerer und legte zwei Pfeile gleichzeitig an die Sehne. Auch Elladan und ich spannten unsere Bögen.

Mit gezogenen Waffen, aber doch völlig überrascht blieb die Horde grausamer Krieger am Waldrand stehen. Mir lief es kalt den Rücken hinab als ich erkannte dass sie uns mit ihrer Anzahl knapp um das zehnfache überragten. Glücklicherweise waren unter ihnen keine Elben, so hatten wir wenigsten unseren Bonus für uns allein. Die Angreifer bestanden zur Hälfte aus Menschen zur Hälfte aus Uruk-hais. Den Kleidern nach zu beurteilen waren es Rhunländer, wie es diese aber so weit in den Westen getrieben hatte blieb mir ein Rätsel.

Elrohir eröffnete den Kampf, gleich darauf folgten unsere beiden anderen Pfeile. Erst als wir schon unseren zweiten Schuss vorbereiteten erwachten unsere Gegner aus ihrer Starre. Mit ohrenbetäubendem Gebrüll stürmten sie auf uns zu. Drei von ihnen blieben jedoch durch unsere Pfeile aufgehalten zurück.

Rasch verstauten wir unsere Bögen und fassten dafür die Schwerter. Dann stellten wir uns im Halbkreis um den Knaben, so dass er nur unsere Rücken zu sehen bekam. Wie es schien, hatte die anderen keine grosse Kampferfahrung und stürmten einfach alle hintereinander auf uns zu. So wurden wir ungefähr immer von vier bis fünf Gegnern gleichzeitig bedroht. Da sie aber nur von einer Seite her angreifen konnten war das kein Problem und einer nach dem anderen sank vor unseren Füssen zu Boden.

Allmählich stank es sosehr, dass es mir langsam übel wurde, so viele stinkende Orks abzustechen. Doch irgendwie, liess das Kampfgetreibe von alleine nach, denn als wir alle Orks getötet hatten begannen die Menschen plötzlich zurückzuweichen. Hatten sie doch längst bemerkt, dass von ihrer Gruppe nur gerade noch sechs Männer zurückgeblieben waren.

Als erster meldete sich Elrohir zu Worte: „Legt die Waffen nieder, dann werden wir euch nichts tun.", leiser sagte er zu mir. „Nimiel, kümmere dich um den Jungen und versuche herauszufinden was genau passiert ist!" Rasch drehte ich mich zu dem Jungen um und wollte ihn fragen woher er komme: „ He Junge....", doch er war plötzlich verschwunden. Vielleicht war er zu den Pferden geflüchtet.

Doch auch dort wurde ich nicht fündig. Erstaunt kehrte ich zum Feuer zurück und versuchte den Fussabdrücken des Jungen zu folgen. Nahe am Feuer fand ich die ersten Abrücke. Sie machten einen weiten Bogen um unseren Kampfplatz, bogen dann ab in die Richtung aus der die Orks und Menschen herkamen. Bald darauf mischten sich seine Spuren mit denen aus dem Wald und es wurde für mich unmöglich der Fährte weiterhin zu folgen. Enttäuscht kehrte ich wieder zu unserem Lagerplatz zurück.

Elladan und Elrohir hatten inzwischen die sechs Menschen gefesselt und geknebelt und machten sich nun daran die Leichen wegzuräumen. Gescheiterweise hoben sie aber alle Waffen und allen Proviant auf, man konnte ja nie weissen ob sich nicht doch noch etwas Brauchbares darunter befindet. Die Leichen überliessen wir den wilden Tieren, schliesslich konnten wir ja kein riesiges Feuer machen und für ein Grab hätten wir mindestens einen Tag verloren.

Als wir nun alle wieder am Feuer sassen und nicht genau wussten was wir tun sollten, nahm ich einfach dem mir am nächsten liegenden Menschen den Knebel aus dem Mund: „Sprich! Warum war der Junge auf der Flucht vor Euch?" „Vielleicht hatte er Angst vor uns?"

Auch das noch!! Dieser Mensch hatte wohl keine Angst vor dem Tod, dass er sich wagte mir solche Antworten zu geben! „Hör mal, ich habe echt keine Lust auf Witze! Sag uns was genau geschehen ist, warum ihr mit Orks unterwegs seit und was mit dem Junge los war," ,ich holte kurz Luft und fuhr dann weiter: „oder schau zu wie du und deine Freunde langsam sterben!" Der Mann zuckte unter meinen harten Worten doch sichtlich erschrocken zusammen. Hatte er Solche wohl nicht aus dem Mund einer Frau erwartet.

„Also gut, aber lasst ihr uns auch wirklich laufen wenn wir euch die Wahrheit erzählen?" „Wir werden sehen!" Immer noch etwas unsicher begann der Mann zu sprechen: „Einst wurde unser Dorf von Orks überfallen, aber anstatt uns zu wehren boten wir ihnen an für sie zu kämpfen. So zogen wir über ein Jahr umher. Meist versuchten wir uns aber bei den Überfällen zurückzuhalten und liessen den Uruks den Vortritt. Heute trafen wir nun auf eine kleine Siedlung die sich aber stark wehrte. Alle, auch die Frauen, kämpften mit vereinten Kräften. Der Junge rannte dann irgendwann davon und da ihn ein Uruk-hai entdeckte mussten wir ihm, als alle anderen Tod waren, folgen. Seine Spur war im Wald gut auffindbar und so hätten wir ihn bald eingeholt, wärt nicht ihr ihm zu Hilfe geeilt!"

„Eigentlich sind wir ihm gar nicht zu Hilfe geeilt, er hat uns nur beim Abendessen gestört."Elladans Antwort klang ziemlich genervt: „Ihr seid also alle nur mit Uruk-hais unterwegs, weil ihr nicht getötet werden wollt. Warum habt ihr sie dann nicht eines Nachts alle umgebracht, oder seid einfach geflohen?"Man hörte seiner Stimme sehr gut an, dass es ihm wohl lieber wäre diese Leute hier einfach liegen zu lassen und sich nicht mehr um sei zu kümmern, als sich auch noch mit ihnen zu Unterhalten. Der Gefragte liess aber nicht locker: „Das haben wir sogar mehrere Male versucht. Manchmal haben sie einen von uns dann sogar vor unseren Augen umgebracht. Ich kann nicht verstehen wie jemand so herzlos sein kann!" „Ich schon,"antwortete ich, „es macht ihnen auch nichts aus Kinder und Freuen umzubringen, sie kümmern sich nicht darum wen sie töten, nur darum dass sie es tun. Aber euch schien es ja auch nicht besonders zu stören!" Mir war es nun auch wirklich zu doof mit diesem Mann zu diskutieren und kehrte ihnen den Rücken zu. Obwohl es ihn wohl auch nicht reizte mit diesen Leuten zu sprechen versuchte es nun auch noch Elrohir: „Also gut, wir lassen euch für den Moment am leben!"Er blickte mich grinsend an, „Wir müssen zuerst darüber schlafen. Morgen werden wir Entscheiden was mit euch geschehen wird." Damit war die Unterhaltung beendet und Elrohir kehrte mit einem glitzern in seinen Augen zurück! Er hatte wohl das Gefühl seine Rede hätte unsere Gefangenen beeindruckt!

Etwas unmotiviert versuchten wir nun noch unsere kalten Reste des Abendmahls zu verspeisen. Sie zu geniessen gelang uns jedoch nicht so recht, hatte wir alle doch immer noch die Gedanken im Hinterkopf was wir morgen mit unseren Gefangenen tun sollten.

Als die Menschen dann endlich alle schliefen, konnten wir beginnen über ihr weiteres Schicksal zu diskutieren. Als Erster begann Elladan zu sprechen: „Also ich bin ja normalerweise nicht so unmenschlich, das heisst natürlich nicht so unelbisch, aber diese stinkenden Kreaturen würde ich am liebsten einfach hier liegen lassen!" „Elladan!", protestierte sein Bruder, „Bist du noch bei Sinnen? Stell dir vor, sie würden gefunden und erzählten dann, dass Elben sie gefangen nahmen und keine Gnade zeigten? Es ist ja bekannt, dass wir ein unerbittliches Volk sind und oft keine Gnade zeigen, aber seit Menschen und Elben in Frieden leben sollten wir nicht als schlechtes Beispiel vorangehen, nicht wahr?" „Auch ich finde, dass wir sie nicht einfach so liegen lassen können, sind sie ja dem Tode noch ziemlich weit entfernt. Ich denke dass wir sie mitnehmen sollten und bei der nächsten Siedlung als Stallburschen abliefern." Elrohir stimmte mir zu und auch Elladan gab langsam nach: „Wie schon gesagt, am liebsten würde ich sie hier lassen, aber ich sehe auch ein, dass das nicht geht. Bedenkt aber dass sie zu Fuss sind und unser Tempo enorm senken werden!"

Es herrschte ein kurzes Schweigen bevor ich mich nochmals räusperte: „Lieber habe ich noch drei Tage länger, als Unzufriedenheit zwischen unseren Völkern zu verursachen. Aber wir könnten einen Kompromiss machen: Wenn wir nach drei vollen Tagen noch keine Siedlung entdeckt haben lassen wir sie laufen. In Ordnung?" Und so wurde es beschlossen. Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass wir keine Siedlung entdecken würden hatte ich auch kein schlechtes Gewissen.

Elladan und Elrohir hielten abwechslungsweise Wache, da sie davon überzeugt waren, dass ich mehr Schlaf brauchen würde als sie. Auch wenn ich lautstark protestierte dass ich als Frau nicht anders behandelt werden wollte als Männer konnte ich sie nicht davon abbringen mir keine Wache zuzuteilen. Eigentlich konnte ich ja froh sein, obwohl ich es wirklich hasste speziell behandelt zu werden, nur weil ich weiblich war. Ich bin eine Kriegerin. Basta. Warum sollte man da Unterscheidungen machen zwischen Mann und Frau? Im echten Kampf nimmt man auch keine Rücksicht! Da wird getötet. Egal von welcher Art und von welchem Geschlecht man ist.

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Kein Wölckchen zierte den Himmel als die Sonne hinter den Zweigen des Waldes hervor trat. Die Spitzen glühten in einen saftigen rot, dass mir die Erinnerungen an den gestrigen Abend nur zu deutlich ins Gedächtnis traten. Langsam stieg mir der Geruch der Schlacht, der noch immer in der Luft hing, in die Nase und mir schon wieder beinahe übel. Schliesslich lagen ja noch alle Leichen eine halbe Meile entfernt vor dem Waldrand.

Elladan und Elrohir waren bereits aufgestanden, hatten die Pferde nochmals getränkt und gestriegelt, das Feuer fast bis zur Unerkenntlichkeit verwischt und die Gefangenen zum Fluss gebracht, damit sie noch etwas trinken und sich waschen konnten.

Nach einigen Minuten, während denen auch ich mich bereit gemacht hatte, kamen die sechs Männer in Begleitung von Elrohir zurück und bettelten nach Essen. Doch da auch wir nicht unendliche Nahrungsvorräte hatten bekamen sie nur eine wirklich winzige Notration.

Elladan band allen Männern die Arme frisch zusammen und sass auf. Wir gingen weiter Richtung Süden. Für unsere Pferde war es sicherlich ein Vergnügen einmal einen Tag nicht andauernd zu galoppieren. Sie genossen es sichtlich, was ja auch gut war, denn es würden wieder andere Zeiten auf sie zukommen.

Die Männer mussten bis am frühen Nachmittag ohne Pause marschieren als wir einen Halt machten. Wir hatten ungefähr 15 Meilen südlich eine kleine Siedlung entdeckt und gönnten ihnen deshalb eine Pause.

„Nimiel!", rief Elrohir, „ich werde voran reiten und unsere Ankunft melden. Wenn es sich machen lässt, werde ich auch gleich eine Unterkunft für diese Männer suchen!" „Ach Elrohir, du bist viel zu fürsorglich! Wir lassen die doch irgendwo vor einer Schenke liegen und ziehen dann weiter, nicht?" Elladans Vorschlag klang ja eigentlich gar nicht so unverlockend, aber ich musste Elrohir zustimmen. Schliesslich hatten wir nicht das Recht dem Ruf der Elben zu schaden: „Ist in Ordnung Elrohir. Bis später!"

Die sechs Männer lagen inzwischen stöhnend und klagen über ihren wunden Füssen am Boden und flehten nach einer Mahlzeit. „Diese Kerle regen mich langsam auf Nimiel!! Können wir die Pause nicht schon beenden? Während dem laufen können sie wenigstens nicht die ganze Zeit so wehleidig tun!" „Beruhige dich Elladan, du wirst sie nicht für alle Ewigkeit begleiten müssen!" Er lächelte kurz ironisch und zog es dann vor sich mit seinem Hengst zu beschäftigen.

Es begann langsam zu dämmern als wir das kleine Dörfchen erreichten. Elrohir erwartete uns schon sehnlichst, anscheinend wurde er etwas misstrauisch angesehen. „Für die sechs Herren hier habe ich eine Unterkunft gefunden. Wenn sie sich anständig benehmen und im Stall mithelfen dürfen sie sogar bleiben!", wieder zu Elladan und zu mir sagte er dann noch: „Aber ich denke die Bevölkerung wäre froh wenn wir nicht auch noch hier übernachten würden. Sie waren nicht so begeistert von der Tatsache dass ein Elb ihr Dorf betrat." „Nun ja, das lässt sich ja wohl ohne weiter Probleme machen, oder?" Elladan war sehr zufrieden und froh darüber dass er nicht noch einen Nacht in der Nähe dieser Menschen verbringen musste.

Als wir nun unsere Gefangenen ablieferten, wurden wir von allen Seiten beobachtet und von unten bis oben gründlich gemustert. Einige Mütter zogen sogar ihre Kinder gleich wieder ins Haus zurück als wir vorüber gingen. Wir wurden uns aber nicht einig, ob es wegen den Gefangenen war oder ob diese Menschen immer noch solche Angst vor uns Elben hatten.

Endlich wieder aus diesem Dorf heraus, gaben wir unseren Pferden die Sporen und galoppierten noch über drei Stunden weiter, bevor wir uns nach einem geeigneten Unterschlupf umschauten. „Bin ich froh, konnten wir dieses Pack dort abladen. Ich weiss nicht wie lange ich mich noch hätte zurückhalten können. Wer mit Orks unter einer Decke steckt gehört einfach zu den Toten." „Schon gut, Elladan, du kannst dich wieder beruhigen. Wir sind sie ja losgeworden!!". Ich hoffte inständig dass er sich auch wirklich erholen würden und übernahm deshalb gleich die erste Schicht der Wache. Glücklicherweise hatte Elladan diesmal nichts dagegen dass ich Wache hielt und so konnte auch Elrohir sich nicht durchsetzte, obwohl er mir sogar anbot meine Wache auch zu übernehmen! Ich glaube er war mir aber trotzdem ziemlich dankbar, dass er auch endlich etwas Erholung hatte. Jedenfalls hatte es den Anschein, als ich ihn nach meiner Wache aus seinem Schlaf rüttelte. „Elrohir, du bist an der Reihe. Bis jetzt wahr alles ruhig. Ich glaube nicht dass sich dies noch ändern wird. Sei trotzdem wachsam." „Natürlich, mach ich. Schlaf gut!" Und das tat ich.

Als Elrohir am Morgen die Pferde bürstete und mir ein Stück Lembas so auf den Bauch warf, dass ich vor Schreck gar nicht mehr weiter Schlafen konnte, stand ich völlig erholt auf und gähnte als erstes die aufgehende Sonne an.