Herz zu erobern
Jeder hat einen Platz im Leben
A/N: Letztes Kapitel. °schnief° Ich will gar nicht mehr viel dazu sagen. Genießt es. Ich tu es auch.. ;)
Disclaimer: Wer jetzt noch nicht gemerkt hat, dass Legolas und Co nicht mir gehören, dem ist echt nicht zu helfen. :D
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Herz zu erobern
Jeder hat einen Platz im Leben
Es waren die ersten Strahlen der Morgensonne, die auf ihr Gesicht fielen. Sie spürte die Wärme auf ihren Wangen und öffnete langsam die Augen. Sie brauchte einen Moment, um sich der Umgebung bewusst zu werden. Die hellen Möbel im Raum strahlten etwas Majestätisches aus. ‚Wo bin ich nur?'
Siané bewegte sich ein wenig, wurde dann aber auf den Druck aufmerksam, der sich auf ihrer Brust befand. Sie blickte auf ihren Körper und sah einen Arm, der sie beschützend festhielt. Lächelnd folgte sie dem Arm mit den Augen und, oh Wunder, ein Körper gehörte auch dazu. Ihr Lächeln wurde breiter, als sie endlich erkannte wo sie war. Legolas lag neben ihr.
Glücklich berührte sie sein Gesicht mit den Spitzen ihrer Finger. Er reagierte kaum darauf und ein leises, wohliges Murmeln zeigte ihr, dass er noch immer schlief. Zärtlich befreite sie sich aus seiner Umarmung und setzte sich auf. ‚Vielleicht brauchen Elben doch mehr Schlaf, als sie zugeben wollen.' Sie konnte ja auch nicht wissen, dass er bis in die frühen Morgenstunden wach neben ihr gelegen hatte.
Es machte kein Geräusch, als sie ihre nackten Füße auf den Teppich setzte. Eifrig zog sie sich an und warf einen Blick auf den immer noch schlafenden Elben. Ein eigenartiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. ‚Es ist alles was ich mir gewünscht habe und eigentlich noch viel mehr..' Und genau deshalb verstand sie nicht, wieso das Bild, welches sich vor ihren Augen bot, sich ganz und gar nicht richtig anfühlte. Nein, irgendetwas sollte anders sein.
Leise nahm sie eines der Bücher vom Tisch, die Cyria ihr mitgegeben hatte und trat aus seinem Schlafgemach heraus. Die Flure waren leer und eine fast unheimliche Stille lag auf dem Palast des Düsterwalds. Sie war es gewohnt, dass Menschen die Gänge hinauf und hinab rannten, sich dabei unwichtige Dinge zuriefen oder lachten. Einen Blick auf den einsamen, weißen Flur und sie wünschte sich ein kleines bisschen von Teslon zurück. ‚Ist es wohl immer so still hier?'
Sie drehte sich um sich selbst und überlegte einen winzigen Moment. Welcher Weg würde sie wohl nach draußen führen? Letzten Endes entschied sie sich für den rechten Gang. Viele der Wandgemälde und Schriften der Elben fielen ihr auf ihrem Weg auf, doch was sie vielmehr einnahm, war die Tatsache, dass sie noch keinem Elben in diesem Schloss begegnet war. Was taten diese Wesen wohl immer zu dieser Stunde des Tages? Was auch immer es war, es bedeutete scheinbar, dass sie sich nicht im Inneren dieses Gebäudes aufhalten konnten.
Umso weiter sie ging, desto näher kamen die Geräusche des Waldes. Schon vor kurzer Zeit hatte sie aufgeregtes Zwitschern vernommen und so schloss sie, dass sie sich in den oberen Etagen des Schlosses und in der Nähe der Gärten befinden musste. In der Tat trat sie einen Moment später auf eine groß angelegte Terrasse, die sie auf einen grün bewachsenen Hof führte.
Glücklich ließ sie sich in der warmen Morgensonne nieder, zog ihre Beine an den Körper und legte das Buch auf ihren Knien ab. Sie war so vertieft in die ‚Anfänge der Magie', dass sie die sich nähernde Person gar nicht bemerkte. Er schritt genauso lautlos wie sein Sohn und Siané glaubte sich ihm erst gegenüber, bis sie in die kälteren Augen blickte. Egal, wie viel Ähnlichkeit Legolas mit seinem Vater hatte, Thranduil strahlte mehr Strenge und Würde aus, als sein Sohn. Siané fühlte sich unsicher, sobald sein Blick auf sie fiel. Doch zu ihrem großen Erstaunen, bildete sich ein freundliches Lächeln auf den Lippen des Königs.
„Schon unterwegs zu so früher Stunde, Siané?" Sie rutschte unbewusst ein wenig von ihm fort, als er sich neben sie setzte.
„Ja, Majestät. Die Sonne weckte mich und ich konnte keinen weiteren Schlaf finden." Ja, sie war nervös. Allerdings auch überrascht über die Festigkeit ihrer Stimme.
„Tatsächlich? Sag mir, wo befindet sich mein Sohn? Du weißt es sicher, wo sein Gemach nun auch deins ist." Sianés Wangen erröteten sofort. Er sagte das, als wäre sie eine Art Flittchen. Jemand, die sich in Legolas' Bett, nicht aber in sein Herz geschlichen hatte.
„Ich habe vor ihm das Gemach verlassen, Hoheit." Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. Am liebsten wäre sie gegangen. Aber sie konnte doch nicht einfach den König hier sitzen lassen.
„So ist das.." Er lachte. Es klang wie ein ehrliches Lachen. Aber Siané wusste, dass Elben ihre Gefühle besser verbargen, als andere. Wahrscheinlich war dieses Lachen auch nur aufgesetzt. „Mein Sohn war früher einer der Ersten, der im Düsterwald auf den Beinen war." Er senkte seinen Blick ein wenig nach unten. „Ja.. Früher.. Es ändert sich nun mal einiges. Früher hätte er auch niemals.."
„Ein Menschenmädchen mit in seine Heimat gebracht? Ein Menschenmädchen, welches nicht einmal adlig ist? Eine, die hier nicht her gehört??" Ihre Stimme war schneidend und ließ den König überrascht aufblicken.
„Mein Kind, du vergisst mit wem du sprichst." Er richtete sich ein wenig auf, was aber sofort eine entscheidende Veränderung darstellte. Er wirkte mächtiger und so, wie ein König eben sein sollte. Jemand, auf den man mit Ehrfurcht hinaufsah.
„Entschuldigt, Majestät. Wie konnte ich nicht daran denken.." Sie hob ihr Buch von ihren Knien und stellte sich hin. Noch einmal sah sie den König an. Der Blick in ihren Augen.. Er war.. Thranduil vermochte ihn nicht zu deuten. Er war auf eine Art herausfordernd.. Aber bevor er weiter darauf eingehen konnte, drehte sie sich um und verschwand zwischen den Bäumen des Gartens.
„Wie ich sehe, hat sie es nicht einmal vergessen.." Er lächelte. Dieses Mal war es en ehrliches Lächeln. Eins, dass nur wenige auf seine Lippen zaubern konnten.
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„Wie es ihr wohl geht?" Pippin stand neben seinem Pony und schnürte gerade seinen letzten Proviantbeutel an den Sattel.
„Legolas wird schon dafür sorgen, dass es ihr gut geht." Merry grinste ihn an und beäugte misstrauisch das ganze Essen, was sein Freund mitschleppte. Hatte Cyria nicht gesagt, sie würden genauso reisen, wie Siané und Legolas? Und das sie deshalb in kürzester Zeit zurück im Auenland sein würden?
„Trotzdem.. Ich stelle es mir nicht schön vor, wenn man als einziger Mensch zwischen Elben lebt." Der Hobbit blickte sich um. Alle anderen machten sich auch zum Aufbruch bereit. Gandalf reiste zusammen mit Aragorn zurück nach Minas Tirith, die Elben wurden gemeinsam nach Bruchtal geschickt, Gimli würde allein zum einsamen Berg reiten und der Rest würde hier verweilen. ‚Ich werde sie vermissen.'
„Aragorn ist auch zwischen Elben aufgewachsen. Und es hat ihm nicht geschadet." Da hatte Merry Recht. Aber war es mit Siané nicht etwas anderes?
„Aragorn ist dort aufgewachsen, du sagst es. Siané ist jetzt zu ihnen gekommen. Sie wird es nicht leicht haben." Mühselig zog Pippin sich auf sein Pony und sah deshalb die einsichtige Miene seines Freundes nicht.
„Wozu eigentlich das ganze Essen, Pip?" Er wollte nicht noch weiter auf das Thema eingehen. Maeglin und Alés standen viel zu nah bei ihnen. Er glaubte, dass sie sich keine Sorgen machten und das wollte er auch nicht ändern.
„Na, was wäre denn, wenn diese Frauen uns an die falsche Stelle schicken? Weit ab vom Auenland? Oder schlimmer: Wenn wir plötzlich auf dem Nebel Gebirge landen? Oder NOCH schlimmer: Wir bleiben in einer Erdspalte stecken und kommen weder vor noch zurück." Ängstlich biss er in einen Apfel und grübelte weiterhin über mögliche, gefährliche Szenarios der bevorstehenden Reise.
Merry sah Pippin ungläubig an. In letzterem Fall würde er sich wohl weniger Sorgen um sein Essen machen. Aber es war wohl das Beste, dieses Thema ganz unter den Tisch fallen zu lassen. ‚Ich tu einfach so, als hätte ich ihn nicht gehört.. Das sollte ich mir vielleicht angewöhnen.'
Etwas abseits der beiden Hobbits stand ein blondes Mädchen und blickte sauer zu einem dunkelhaarigen Jungen hinüber. ‚Dieser dumme, blöde, ungehobelte Kerl..' Sie biss sich auf die Unterlippe und funkelte ihn dabei an. ‚Wieso ist er bloß so.. so.. Argh!!' Sie fluchte, während sie einen Vorfall vom Morgen noch einmal Revue passieren ließ.
Sie hatte die Nacht wach gelegen. Sie vermisste ihre Freundin Siané schon jetzt. Andererseits gönnte sie ihr dieses Glück von ganzem Herzen. Und doch.. Da war etwas, worüber sie sich Sorgen machte. Ein Mensch, der plötzlich im Palast des Elbenkönigs lebte. War das nicht genauso, als hätte man einen Ork nach Teslon hineingelassen? Nicht, dass sie ihre beste Freundin mit einem Ork verglich. Ein Ork war nur sicher genauso unwillkommen in Teslon, wie ein Mensch im Düsterwald. Oder spielten ihre Gedanken ihr nur wieder einen Streich? Machte sie sich unnötig Sorgen? Sie wünschte es.
Wie gerädert stand sie am frühen Morgen auf. Die Sonne stieg gerade hinter dem Horizont empor und tauchte den Himmel in ein helles rot. Als sie aus dem Bad kam, schlüpfte sie fröstelnd in ihr Novizinnenkleid und ging in den Gang hinaus. Es war noch kaum jemand auf den Beinen. Einige Novizinnen, die an diesem Morgen Küchendienst hatten, konnte man schon hören und sie wusste, dass einige Schwestern ihre Unterrichtsstunden vorbereiteten. Aber sie bezweifelte, dass sonst schon jemand wach war.
Gähnend und unaufmerksam tapste sie weiter. Sie hatte sich nun weit von den Kammern der Novizinnen entfernt. In diesem Teil der gläsernen Burg war es totenstill. Maeglin blieb stehen. Hatte sie nicht eben doch noch ein Geräusch vernommen? Waren es Schritte? Unsicher blickte sie sich um, doch sie war allein hier. Tap, Tap, Tap Wieder hörte sie es. Es waren keine menschlichen Schritte.
Maeglin umfasste ihre Arme, auf denen sich eine Gänsehaut gebildet hatte. Bilder von Orks und anderen Kreaturen von denen sie einmal gelesen hatte, schossen ihr durch den Kopf. Sie zitterte und wollte schon weiterlaufen, als sie die Schritte erneut vernahm. Sie bemerkte, dass sie aus der Richtung kamen, in die sie wollte. Doch auf dem Absatz kehrt machen konnte sie auch nicht mehr, denn um die Ecke des linken Ganges lugte plötzlich ein silbergrauer Kopf hervor.
Es war ein Wolf.
Erleichtert atmete Maeglin auf. Es war nur Illana. ‚Moment.. Woher kenne ich dieses Tier?' Da war sie wieder gewesen. Eine Erinnerung, die ihr unbekannt war. Sie wusste nicht, wo sie herkam. Es war genauso, wie das beschützte Gefühl, welches sie hatte, wenn Mat da war.
Sie schüttelte angewidert den Kopf. ‚Wieso denke ich nun an ihn?' Langsam ließ sie sich auf die Knie sinken und war keineswegs überrascht, als die Wölfin zu ihr kam und sich den Kopf kraulen ließ.
„Du bist so eine liebe.. Ein Wunder, dass du zu Mat gehörst. Wie hältst du es nur mit so einem Kerl aus?" Illana schaute mit ihren dunklen Augen zu ihr auf. „Wie dumm von mir. Du kannst mir natürlich nicht antworten. Schade eigentlich. Dein Besitzer versteht dich aber, nicht wahr?" Illana machte eine eigenartige Bewegung mit dem Kopf. Wüsste Maeglin es nicht besser, hätte sie es wohl für ein Nicken gehalten.
„Illana?" Maeglin zuckte zusammen, als sie seine Stimme hörte. Natürlich. Wo Illana war, konnte Mat nicht weit sein. Sie wollte schon aufstehen und davonrennen, als er auch schon um die Ecke gebogen kam.
„Da bist du ja – Oh.." Sein Blick fiel auf das blonde Mädchen. „Was tust du denn schon so früh auf den Beinen?"
„Als ob es dich etwas anginge." Sie wollte ihrer Stimme einen gehässigen Unterton verleihen, aber irgendwie gelang es ihr nicht wirklich.
Betroffen legte Mat eine Hand über sein Herz. „Autsch!" Seine Stimme troff förmlich vor Ironie, was sein selbstgefälliges Grinsen aber noch bestätigte.
„Wieso bist du so?" Noch immer hockte Maeglin am Boden, eine Hand auf dem Kopf der Wölfin.
„So, was? So unwiderstehlich und charmant?" Wenn möglich wurde sein Grinsen noch breiter.
„So absolut arrogant und nervtötend!"
„Ach, sei nicht so. Ich weiß doch, dass du mich magst!" Er zwinkerte ihr zu. Maeglin spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss.
„Niemals würde ich so einen ungehobelten Klotz wie dich mögen! Du hast keinerlei Manieren, jagst jedem Rock nach und siehst schrecklich aus." Gut, zumindest letzteres war gelogen. Er sah gut aus. Aber das würde sie ihm doch nicht auf die Nase binden.
„Verdrängung. Ich wusste, dass du mir verfallen bist." Maeglin stand auf und ging einen Schritt auf ihn zu. Sauer tippte sie mit dem Finger gegen seine Brust.
„Und wenn du der letzte Mann in Mittelerde wärst.. Huch.."
„Was dann?" Er hatte sie an den Handgelenken gepackt und in eine Nische zwischen den Säulen des Ganges gezogen. Seine Stimme war leise geworden.
„Dann.. Dann.." Sie flüsterte.
„Nun, sag es mir doch.." Seine Augen hingen an ihren Lippen. Sie war so nah. Es war so einfach sie zu küssen.
„Nun, selbst dann.." Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn selbst in so einem Augenblick nicht mögen würde, aber jegliche Worte blieben ihr im Hals stecken, als sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spürte.
Sie schloss die Augen. Sein Griff an ihren Handgelenken lockerte sich. Seine Hände strichen hoch zu ihren. Sie spürte, wie seine Finger sich mit ihren verschlangen. Schlimmer noch: Sie spürte, wie sie es zuließ.
Ihre Augen öffneten sich einen Moment und trafen auf seine. Im Schatten der Säule schimmerten sie golden. Sie lächelte einen winzigen Augenblick und schloss ihre Lider wieder. Sein warmer Atem streifte ihre Lippen, bis sie seine endlich spürte. Er strich ganz sanft über ihre. Tupfte leichte Küsse darauf. Doch dann…
Sie öffnete die Augen fast im selben Moment, wie er es tat. Ruckartig trennten sie sich voneinander und traten aus dem Schatten heraus.
„Was sollte das nun?" Mats Stimme war laut, trotzdem brauchte Maeglin einen Moment um
seine Worte genau zu erfassen. Er gab ihr die Schuld.
„Was das sollte? Was DAS SOLLTE?? Du spinnst wohl!! Du hast doch damit angefangen!! .. Du.. du.. Idiot!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und drehte den Kopf weg.
„Ich? Geht es dir noch gut? Wieso sollte ich dich küssen wollen?"
„Frag dich doch selbst. Ich habe dich nicht gezwungen!!!"
„Aber gewehrt hast du dich auch nicht!"
„Argh! Wenn du mich nicht überrascht hättest, wäre es auch nicht dazu gekommen!" Sie drehte sich ganz von ihm weg und streckte ihre Nase in die Luft.
„Fein! Vergessen wir es!" Mat wandte sich zum Gehen.
„Ja, fein.. Geh nur!" Sauer stiefelte sie in die entgegengesetzte Richtung davon. Auch Mat verließ den Flur. Nur Illana blieb in der Mitte des nun leeren Ganges sitzen. Sie hätte wohl mit den Augen gerollt, wenn es ihr möglich gewesen wäre.
Deshalb stand Maeglin nun hier. Die Gefährten verschwanden durch die Tore, die verschiedene Schwestern für sie errichtet hatten und sie winkte ihnen abwesend nach. Dieser Mann würde sie in der nächsten Zeit noch in den Wahnsinn treiben. Vielleicht war es besser, wenn sie ihn im Schlaf einfach mit einem Kissen ersticken würde oder ihm bei ihrem Küchendienst etwas ins Essen mischte. Andererseits. Wollte sie ihn denn loswerden? Also, oberflächlich sicher. Aber tief in ihrem Inneren?
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Sie war schon einige Zeit gelaufen, als sie ihren Blick wieder auf ihre Umgebung richtete. Was dachte er sich bloß dabei? König hin oder her. DAS konnte sie sich einfach nicht gefallen lassen. Ja, vielleicht war sie zu weit gegangen. Aber wie hatte ihr Vater oft gesagt? ‚Du bist schrecklich impulsiv. Da kann man nichts gegen tun. Hast du wohl von deiner Mutter.' Erst heute wusste Siané, dass sie diesen Charakterzug von beiden Seiten geerbt hatte. Wer war denn schnaufend durch die gläserne Burg gelaufen?
Als sie sich genauer umsah, erkannte sie das kleine Dorf wieder, durch das Legolas und sie am Tag zuvor geritten waren. Es befand sich unweit des Palastes, also bestand keine Gefahr, den Weg zurück nicht zu finden.
Sie schlenderte ein wenig auf den Wegen entlang und erfreute sich an den Anblicken, die sie hier und dort erhaschen konnte. Die meisten Elben, die sie sehen konnte, befanden sich im Inneren. Sie sprachen mit ihren Familien und schienen ganz ähnlich wie die Menschen am frühen Morgen zu sein. Es war ein beruhigender Gedanke und machte diese Wesen, die ihr immer noch so fremd vorkamen wie am ersten Tag, sympathischer.
Etwas abseits der Siedlung ließ sie sich nieder und schlug ihr Buch auf. Sie hoffte, wenigstens dieses Mal ein wenig mehr über Reisezauber zu erfahren. Es schien viele Dinge zu geben, die man beachten musste. Hielt man sich nicht an alles, war es möglich, aus einigen Metern Höhe auf seinen Zielort zu fallen. Sie war gerade bei einem Abschnitt über das Landen in ungewünschten Situationen, wie einem Ankunftsort in einer Baumkrone, als sie ein leichtes Zupfen an ihren Haaren verspürte. Erschrocken drehte sie sich um, nur um in die Gesichter einiger Elbenkinder zu blicken. Diese sahen sie mit großen Augen an. Eines der Mädchen hielt sogar noch immer eine von Sianés Haarsträhnen fest.
„Was tut ihr denn da?" Die vier Kinder sahen sich aufgeregt um. Scheinbar stand gerade die Frage zur Diskussion, wem man die Schuld geben könnte. Im Endeffekt blieben aber drei von ihnen stumm, nur das Mädchen mit Sianés Strähne in der Hand, setzte zu einer Antwort an.
„Ich habe noch nie solche Haare gesehen." Ja, es war Siané auch schon aufgefallen. Hier schienen wirklich alle Elben blond zu sein. Aber war es nun gut oder schlecht, aus diesem Bild so heraus zu fallen?
„Ich komme auch nicht von hier." Siané lächelte das Mädchen an. Wie alt mochte sie wohl sein? Augenscheinlich, wenn sie ein Mensch wäre, vielleicht 5. Aber wahrscheinlich war das kleine Mädchen weitaus älter als sie selbst.
„Bist du ein Mensch?" Neugierig griff die Kleine nach Sianés Ohr und das rothaarige Mädchen beugte ihren Kopf ein wenig nach unten, um es ihr leichter zu machen. Die drei anderen sahen staunend zu, aber als das Mädchen Sianés Ohr betastete, kam einer der Jungen einen Schritt nach vorne und zog sie von ihr fort.
„Lass das besser, Kairi. Vielleicht ist sie gefährlich." Siané blinzelte überrascht. Sie? Gefährlich? Wie verrückt war das denn? Aber Kairi zog ihre Hand von dem Jungen weg.
„Glaube ich nicht! Ich habe sie gestern zusammen mit Prinz Legolas gesehen!!" Siané lächelte wieder. Ihr Zusammensein mit dem Prinzen wurde hier also positiv aufgenommen.
„Ach Unsinn! Du hast angeblich auch schon einen fliegenden Ork gesehen." Zustimmend gingen die anderen Kinder mit dem Jungen mit, als er auf dem Absatz kehrt machte. Kairi und Siané blieben allein zurück. Das rothaarige Mädchen seufzte. Was brachte ihr die Gunst eines kleinen Mädchens, wenn es sonst niemand wahrhaben wollte? Zu guter Letzt hörte sie die davongehenden Kinder auch noch das aussprechen, wovor sie sich gefürchtet hatte.
„Mit dem Prinzen hat Kairi gesagt. Warum sollte er sich mit einem Menschen abgeben? Mit einem Zwerg befreundet ist ja schon schlimm genug, aber eine Menschenfrau ist doch unmöglich!"
Ein Mädchen aus der Gruppe antwortete ihm. „Meine Mama sagte gestern, sie hat jemanden mit dem Prinzen gesehen. Vielleicht war es diese Frau? Aber Mama sagte auch, es sei keineswegs standesgemäß. Nur ein Zeitvertreib für den Prinzen… Was immer das bedeuten mag.." Immer weiter entfernten sie sich, bis Siané ihre Stimmen nicht mehr hören konnte. Unbewusst hatte sie ihre Hände zu Fäusten geballt und wurde erst darauf aufmerksam, als sie eine kleine Hand auf ihren rechten Faust spürte. Siané blickte in Kairis lächelndes Gesicht und fühlte sich gleich ein kleines bisschen besser.
„Also, ich mag dich!" Diese Unbeschwertheit wiederum ließ Siané wieder lächeln.
„Sag mal, Kairi. Wie alt bist du?" Das Mädchen setzte sich neben sie und strahlte.
„Ich bin 104!"
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„Sina, Sina!! Hier, komm schon!" Lächelnd folgte Siané dem kleinen Mädchen. Die Zeit hatte sie schon ganz vergessen und somit auch ihre Sorgen, die Thranduil ihr vor einigen Stunden beschert hatte.
„Kairi! Warte, auf mich.. Nicht so schnell!" Zum 100ten Mal an diesem Tag verfluchte Siané das lange Elbengewand, das sie am Morgen angezogen hatte. Es war ihr schon zu Beginn des Tages als unbequem erschienen, aber nun sehnte sie sich förmlich nach ihrem Reitgewand. Natürlich war dies viel zu unpassend für den Hof des Elbenkönigs. Außerdem hatte sie es am Morgen nirgends gesehen. Eine Dienerin hatte es zum Reinigen weggetragen, aber im Gegensatz zu Legolas' Gewändern war es noch nicht wieder erschienen. Wahrscheinlich würde sie es gar nicht mehr zu Gesicht bekommen, weil es als ‚nicht Hoftauglich' gesehen wurde und man es weggetan hatte.
„Na gut. Aber ich warte nicht lang!" Kairi blieb einen kurzen Moment stehen und ließ Siané neben ihr anhalten. ‚Die Kleine hat mehr Ausdauer als ich.. Nun, hat ja auch fast 100 Jahre mehr Zeit gehabt.' Schnaufend richtete Siané ihren Blick zum Himmel. ‚Die Sonne geht bald unter..' Sie blinzelte. Was hatte sie gerade gedacht? Legolas!! Ihr wurde siedensheiß. Er machte sich ganz bestimmt Sorgen.
„Kairi, musst du nicht langsam nach Hause?" Das Mädchen zögerte einen Moment, nickte dann aber langsam.
„Aber vorher bringe ich dich zum Schloss!"
„Wäre es nicht angebrachter, wenn ich dich nach Hause bringe?" Siané stemmte ihre Hände in die Hüften und blickte die Kleine an.
„Nein, nein. Dann verläufst du dich nachher noch!" Mit offenem Mund blickte sie Kairi nach, die an ihr vorbei, Richtung Palast lief. Lachend schüttelte sie den Kopf und folgte ihr.
Es dauerte nicht lange, da standen sie vor den weißen Toren, im Hof des Königs. Siané drehte sich zu Kairi um und kniete sich hin, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. „Und wie kommst du nun nach Hause?" Ihr war es immer noch nicht geheuer, das kleine Mädchen allein nach Hause zu schicken.
„Ich wohne ganz in der Nähe. Spielst du morgen mit mir?" Sie machte große Augen und Siané fühlte, wie sie unfähig war, dem kleinen Kind diese Bitte abzuschlagen.
„Ja, wenn du möchtest." Kairi nickte kräftig. „Wo treffe ich dich denn?"
„Ähhh.." Das blonde Mädchen überlegte angestrengt. „In den Mittagsstunden auf dem Stein, auf dem du heute gelesen hast, als ich dich getroffen habe?"
„In Ordnung. Bis morgen." Kairi winkte noch einmal, bevor sie in die andere Richtung davonlief.
„Da bist du ja!" Siané zuckte zusammen, als sie die nur allzu bekannte Stimme vernahm. Unschuldig drehte sie sich um und kniff die Augen bei dem Anblick zusammen. ‚Oh bitte lass ihn freundlicher ausschauen, wenn ich die Augen wieder öffne.' Aber als sie vorsichtig ein Lid nach oben hob, stand Legolas noch genauso sauer vor ihr, wie einen Moment zuvor. Sein rechter Fuß tippte sogar grummelnd auf dem Boden umher.
Unsicher verschränkte sie ihre Arme auf dem Rücken und schlenderte auf ihn zu. Kurz vor ihm blieb sie stehen und schenkte ihm ihr schönstes ‚Es tut mir leid Papi, dass ich zu spät nach Hause gekommen bin' - Lächeln, welches sie früher so oft geübt hatte. Zusätzlich ließ sie ihre Augenlider ein paar Mal auf und zu flattern.
Legolas' böse Miene, die er mit Absicht aufgesetzt hatte, zerbröckelte. Er hatte nicht gedacht, dass sie zu so etwas in der Lage war. Ihre weißen, geraden Zähne blitzten ihn an. Wie lange würde sie dieses breite Lächeln wohl durchhalten? Aber tief in seinem Inneren wusste er, dass sie sich der Wirkung dieses Lächelns bewusst war. Und schon allein deshalb konnte sie diese Fassade sicher lange aufrechterhalten. Ihr Vater war schließlich ziemlich stur. Da musste man Ausdauer zeigen.
„Wo hast du gesteckt? Ich hab mir Sorgen gemacht, als ich dich im ganzen Palast nicht finden konnte." Sie verzog ihre Lippen zu einer Art Schmollmund und seine Augen wurden bei diesem Anblick ein wenig größer.
„Ich habe die Zeit vergessen. Es tut mir leid." Ihre Stimme war ganz sanft, ja fast entschuldigend.
„Aber was hast du denn den ganzen Tag getan?" Er wollte sie nicht einfach so davonkommen lassen. Aber wie sollte er ihr denn böse sein, wenn sie so aussah? Es war aber auch nicht gerecht. Wieso konnte sie ihn so leicht beeinflussen?
„Ich habe ein kleines Kind im Dorf getroffen und sie hat mich den ganzen Tag herumgeführt." Sie knuffte ihn ein wenig in die Seite. „Bist du mir böse?" Ihre Stimme hatte immer noch diesen Klang.. Einen, den er nicht wirklich beschreiben konnte. Aber es wirkte.
„Sina, nun hör auf! Du hast ja gewonnen." Er lachte und Siané atmete erleichtert auf.
„Wieso gewonnen?" Noch einmal setzte sie ihre Unschuldsmiene auf.
„Du weißt genau, was ich meine.. Und nun komm.. Es wird schon bald dunkel und ich habe dich den ganzen Tag nicht gesehen. Vor dem Abendessen will ich dich wenigstens noch ein wenig für mich haben.." Legolas zog sie hinter sich her, doch sie stellte sich vor ihn und beugte sich zu seinem Ohr.
„Ist das eine Anspielung auf etwas?" Sie grinste ihn verschmitzt an.
„Anspielung? Was wirfst du mir vor?" Verletzt legte er eine Hand auf sein Herz und verzog sein Gesicht zu einer trauernden Miene.
„Nichts.. Gar nichts.. Lass uns gehen." Sie streckte ihm die Zunge heraus und verschwand in einem der Gänge des Palastes. Sie wusste nicht, wo sie hin ging, aber scheinbar hatte sie mal wieder den richtigen Weg gewählt, denn Legolas tauchte ein paar Sekunden später neben ihr auf.
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„Wir sind aber nicht in der Nähe deiner Räume.." Es war eine Tatsache, keine Frage.
„Nun, da du vorhin in den falschen Gang gelaufen bist, habe ich diese Möglichkeit ergriffen und dich hierher geführt." Soviel also zu ihrer glücklichen Wahl mit den Fluren. Nun standen sie in einem großen, hellen Raum. Der Boden war glatt und weiß.. Am Rand standen ein paar bequeme weiße Sofas, aber sonst war der Raum absolut leer. An den Wänden waren riesige Leuchter angebracht, die dem Raum so viel Licht schenkten, dass er förmlich glühte.
„Und wo genau sind wir hier?" Sie ging einen Schritt weiter hinein. Ihre Schuhe machten klickende Geräusche auf dem Boden und sie erinnerte sich plötzlich an einen ähnlichen Raum im Schloss Teslons.
„Was denkst du?"
„Nun.." Ein Bild von tanzenden Pärchen schlich sich in ihre Gedanken. „In Teslon hatten wir einen ähnlichen Saal. Er war nicht so groß, aber hier erinnert es mich trotzdem an einen Tanzsaal."
„Eine Auffassungsgabe hast du.."
„Willst du mich veralbern?" Sie stemmte ihre Hände sauer in ihre Hüften und funkelte ihn an.
„Das würde ich nie tun." Entschuldigend hauchte er ihr einen Kuss auf die Lippen und ging ein paar Schritte in den Raum hinein. „Ich dachte mir nur.. Das Fest heute Abend wird auch Tanz beinhalten."
Sianés Augen weiteten sich ein wenig. „Moment mal.. Fest?? Du sprachst von einem Abendessen.."
„Sagte ich nichts von einem Fest??" Sie schüttelte kräftig mit dem Kopf, woraufhin Legolas nur mit den Schultern zuckte. „Dann muss ich es vergessen haben.."
Siané schnappte nach Luft. Das konnte ja was werden. Sie zwischen tanzenden Elben. Das war ja genauso, als würde man einen Olifanten in den Keramikstand auf Teslons Marktplatz jagen. „Du!!"
Legolas drehte sich lachend zu ihr um. „Ich? .. Was denn?"
„Du kannst nicht verlangen, dass ich dort tanze!" Sie tanzte zwar gern, war früher auch mit Maeglin aus ihren Quartieren geschlichen, um im ‚Lachenden Raben' zu den Tänzen zu gehen.. Aber das hier war doch etwas ganz anderes.
„Ich werde es dir beibringen.." Er kam einen Schritt auf sie zu und hielt ihr seine Hand hin.
„Wie großzügig von euch, werter Prinz." Sie nahm seine Hand und ließ sich an seinen Körper ziehen.
„So bin ich eben.." Er zwinkerte ihr zu und legte eine ihrer Hände auf seiner Schulter ab.
„Wie willst du mir das ohne Musik beibringen? Oder gibt es einen elbischen Zauber, der diesen Raum nun mit selbiger füllt?" Wie auf Kommando erklangen sanfte Klänge in dem großen Saal.
„Einen Zauber nicht. Aber als Prinz hat man in diesem Schloss ein paar Freiheiten." Er zwinkerte ihr zu, zum zweiten Mal an diesem Tage und zog sie ein wenig weiter auf die Tanzfläche.
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„Tut mir leid, dass ich so ungeschickt bin.." Sie wusste nicht, woran es lag. Aber irgendwie schaffte sie es immer wieder, Legolas auf die Füße zu treten oder völlig aus dem Takt zu kommen.
„Nun.. Diese Tänze liegen dir wahrlich nicht im Blut, aber mit ein wenig Übung.."
Doch sie unterbrach ihn. „Übung? Legolas, es ist schon dunkel draußen. Wir sind schon lange genug hier drin. Das Fest beginnt doch gleich. Am besten ich täusche einen verstauchten Fuß vor und verstecke mich in einer Ecke." Sauer setzte sie sich mitten auf die Erde. Es scherte sie nicht, dass sie ein weißes Elbengewand trug. Sauer stützte sie ihre Ellenbogen auf die Knie und bettete ihren Kopf in ihren Händen.
„Schmoll doch nicht. Wir finden eine Lösung." Er hatte sich vor sie hingekniet und berührte ihre Schulter leicht mit den Fingerspitzen.
Kopfschüttelnd blickte sie auf. „Was für eine Lösung? Willst du deine Flöte spielenden Elben dazu auffördern, Menschenlieder zu spielen, damit ich dir nicht mehr auf die Füße trete?" Ihre Stimme sprühte geradezu vor Sarkasmus.
„Sina.. Lass es doch einfach meine Sorge sein." Die ‚Flöte spielenden Elben' überging er geflissentlich.
„Gut.. Was jetzt?" Er lächelte und zog sie wieder auf die Beine.
„Wart einen Moment." Er berührte ihre Lippen kurz mit seinen und verschwand aus dem Raum. Es dauerte nur einen Moment, da kam er wieder. Sie wusste nicht, was er getan hatte, bis plötzlich eine Melodie aus ihrer Heimat gespielt wurde.
„Die können ja doch mehr auf der Flöte spielen."
„Sina, das ist nicht witzig."
„Hast ja Recht." Sie versuchte eine ernste Miene aufzusetzen, begann aber wieder zu lachen.
„Wenn Mat hier wäre, würde ich ihm die Schuld für dieses Lachen geben.. Aber ich denke, niemand hat dir jetzt irgendwelche Kekse gegeben." Siané wurde sofort wieder ernst. Was hatte er gerade gesagt?
„Kekse?"
Auch Legolas sah etwas irritiert aus. „Ja, ich weiß.. Das ergibt keinen Sinn."
Es ergab Sinn. Sogar eine Menge. Cyria hatte erwähnt, dass sich die betroffenen des Zaubers manchmal an kleine Bruchstücke des Vergangenen erinnern konnten. Aber es nun zu erleben war eine andere Sache. „Mach dir keine Gedanken." Sie nahm seine Hände in ihre. ‚Solange du dich nicht an Gilbert erinnerst, ist alles in bester Ordnung.' Sie wollte nicht, dass diese Erinnerung ihn einholte. Wie würde man wohl reagieren, wenn man sich an den eigenen ‚Tod' erinnerte?
„Was hast du denn nun vor?" Sie zog ihn ein wenig näher an sich.
„Dir zeigen, dass ich dir auch nicht auf die Füße treten kann." Sie lächelte und hielt eine Hand vor seine Lippen. „Wag es ja nicht, mir zu widersprechen." Er lachte, nickte ihr aber zu.
Jeder, der in den Saal hineingeblickt hätte, könnte wohl nicht ganz glauben, was er da sah. Vielleicht hätte man den Prinzen für verrückt gehalten. Oder man hätte dem Mädchen unterstellt, ihn unter einen Zauber gestellt zu haben. Vielleicht hätte man aber auch nur lächelnd den Kopf geschüttelt.
Die zwei bewegten sich fließend zu den Klängen der Musik. Eine Melodie, die für den Düsterwald so vollkommen unbekannt war. Vielleicht brauchte dieser Ort ein wenig frischen Wind. Oder vielleicht brauchte der junge Prinz nur diesen Wind.
Auf jeden Fall sollte es so sein. Sein Wind tanzte vor ihm. Ihr Körper schmiegte sich an seinen, während er die Umgebung um sich vollkommen vergaß. Es war nicht mehr wichtig, wo er sich befand. Es war nicht mehr wichtig, dass er sich in seiner Heimat befand und er sich eigentlich anderen Pflichten stellen sollte. Nein, nur dieser Moment zählte. Was scherte ihn, was sein Vater dachte?
Das abrupte Stoppen der Musik, holte die beiden zurück. Siané stolperte und hielt sich geistesgegenwärtig an Legolas Armen fest. Dieser hatte aber auch nicht mir ihrer plötzlichen Bewegung gerechnet und folgte ihr Richtung Saalboden.
„Sag nichts!!" Siané blickte in seine Augen, als er sich auf die Arme stütze und sie von seinem Gewicht befreite.
„Wieso nicht? Du bist mir immerhin nicht auf die Füße getreten!" Er schmunzelte.
„Unmöglicher Elb!" Sie trommelte gegen seine Brust und begann zu lachen. Legolas tat es ihr gleich. Er hatte sich wahrlich verändert. Aber nicht jeder würde diese Veränderung als gut ansehen..
„Wir sollten gehen. Mein Vater erwartet uns." Siané nickte und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen. Zusammen verließen sie den Saal.
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‚Das ist der schlimmste Abend meines Lebens!'
Es war vielleicht eine Stunde nachdem Siané und Legolas sich zu dem Fest begeben hatten, welches Thranduil anlässlich der Heimkehr seines Sohnes gab. Und genauso lange spürte sie die Blicke aller Anwesenden auf sich ruhen. Es begann, als sie den Saal betraten.
Zuvor hatte Legolas ihr eines der elbischen Kleider gegeben, wie sie zu solchen Festen getragen wurden. Es hatte einen weiten Ausschnitt, rutschte an ihren Schultern fast herunter und bestand aus dunkelblauer, fließender Seide. An den Säumen waren kleine, silberne Blüten aufgestickt und ihre Ärmel hingen so weit hinunter, dass Siané zuerst glaubte, sie würden auf dem Boden schleifen.
Ihre Haare waren zu einem buschigen Knäuel zusammen gebunden. Einige ihrer dunkelroten Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht, während winzige Blumenspangen in ihren Haaren glitzerten.
Es war wie der Blick, in ein fremdes Gesicht, als sie sich im Spiegel gesehen hatte. Sie konnte wirklich als adelig durchgehen…
Ja, das hatte sie geglaubt. Doch in dem Moment, in dem sie zusammen durch die Tür des Saales traten, zerbrach dieser Glaube. Sie konnte es förmlich in den Augen der Elben lesen. Es schrie aus ihren Gesichtern. Wie sie sich zu ihrer Begleitung beugten und empört über ihre Anwesenheit sprachen. Manchmal hörte sie sogar die geflüsterten Sätze: ‚Es ist also wahr!' – ‚Wie unschicklich' – ‚Ein Mensch.. Bei Illuvatar..' – ‚Wie konnte sein Vater das nur zulassen?'
Seitdem saß sie hier. Das Essen hatte sie kaum herunter bekommen. Immer hingen ein oder zwei Augenpaare an ihren Lippen, verfolgten jede Geste und suchten nach Fehlern, die sie einwandfrei als ‚untauglich' auszeichneten. Wie war Siané eigentlich darauf gekommen, dass Elben nicht das höfische Gehabe an den Tag legten, wie die Menschen es taten? Wieso hatte sie angenommen, Elben seien zu edel und weise dafür?
Sie seufzte leise, als sie mit den Augen den tanzenden Paaren folgte. Legolas war unter ihnen. Die Pflicht eines Prinzen… Sie hatte sich selbst vom Tanz ausgeschlossen. Sie wollte den grünäugigen Elbinnen nicht noch einen Grund geben, ihre Empörung laut hinaus posaunen zu können.
„Warum habe ich euch noch nicht auf der Tanzfläche gesehen, Siané?" Sie verkrampfte sich spürbar, als sich der König zu ihr setzte. Aber nicht nur seine Anwesenheit schüchterte sie ein. Er hatte sie nicht geduzt. Hatte er es nicht zuvor noch getan? ‚Vielleicht ist dies nicht nur ein Fest für Legolas..' Der bittere Gedanke des Abschieds kam ihr in den Sinn.
„Ich fühle mich nicht wohl, Hoheit." Sie senkte den Blick auf ihre Knie. Ihre Hände waren kalt und ineinander verkrampft.
„Woran kann das liegen?" Seine sanfte Stimme ließ sie aufblicken. Für einen Moment hätte man sie als väterlich bezeichnen können. Aber Siané konnte sich nicht helfen. Dieser Elb war ihr einfach nicht sympathisch.
„Ich weiß es nicht, Hoheit."
„Siané.. Wir könnten nun sagen, dass du vielleicht krank wirst. Menschen werden das ja manchmal. Aber wenn wir ehrlich sind, fühlst du dich hier nicht zu Hause." Siané wollte zu einer Antwort ansetzen. Wie konnte er das wissen? Sie war kaum einen Tag hier. Sie selbst konnte noch nicht einmal sagen, ob sie hier ihr Leben verbringen könnte oder nicht. Dazu brauchte sie Zeit. Doch Thranduil hob beschwichtigend eine Hand und sprach weiter. „Natürlich fühlst du dich in der Nähe meines Sohnes sicher. Ich verstehe auch, warum er dich hierher gebracht hat. Ja, auch wenn du es nicht glaubst. Ich bin kein Narr, der solche offensichtlichen Gefühle nicht erkennt. Trotz allem.. Ich sehe in deinen Augen, wie du dich an einen anderen Ort wünschst. Wo du dich nicht verstellen musst. Legolas kennt dich.. Für ihn musst du niemand anderes sein. Aber für den Düsterwald schon. Es klingt verrückt, nicht wahr? Es tut mir auch ehrlich leid."
Und das glaubte sie ihm. In seinen Augen konnte sie deutlich sein Mitgefühl sehen.. Sie wusste, was er sagen wollte. Trotzdem ließ sie ihn die wenigen Sätze aussprechen.
„Düsterwald ist kein Ort für einen Menschen. Wir haben uns vor Tausenden von Jahren viel zu sehr von der übrigen Welt verschlossen. Die Elben, die hier leben, schätzen ihre Umgebung. Viele würden es nicht akzeptieren. Und auch ich wäre nicht angetan, meinen Sohn ein Menschenmädchen heiraten zu sehen… .. Ja, so ehrlich möchte ich zu dir sein. Ich will dir aber auch sagen: Es steht dir frei.. Du kannst hier verweilen. Niemand wird dich von hier fortschicken. Du sollst mir willkommen sein, wenn das Herz meines Sohnes es so wünscht. Ich frage mich nur: Hat dein Herz sich einfach von all den Wesen getrennt, die es so sehr liebte? Oder schmerzt es noch immer, an all die Menschen zu denken, die du zurücklassen musstest? Wird der Düsterwald diese Wunden heilen können? Denk einmal darüber nach, Siané. Kann deine Liebe zu meinem Sohn all die Dinge ausgleichen, die du in deiner Heimat verloren hast?"
Siané schluckte. ‚Vor allem stellt sich doch die Frage: Kann ich damit leben, wenn ich für alle Ewigkeit mit nur zwei Elben reden kann?' Die kleine Kairi hatte sie in Gedanken gleich hinzugefügt. Sie liebte Legolas. Sie tat es wirklich. Aber konnte es nicht eine andere Lösung geben? Eine, in der sie nicht allein durch weiße Gänge eines Palastes laufen musste?
Und plötzlich wurde alles ganz klar. Das Bild, welches sich ihr am Morgen geboten hatte. ‚Es ist alles, was ich mir jemals gewünscht habe.. Ja, das dachte ich. Aber das stimmt nicht..' Sie hatte sich nie gewünscht, allein mit dem Einen zu leben, den sie liebt. Nein.. Eigentlich hatte sie sich das ganz anders vorgestellt.
„Sina?" Sie blickte mit leeren Augen zu Legolas hoch. Sie hatte nicht einmal gemerkt, wie er neben sie getreten war. Wortlos stand sie auf. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie bemerkte die Elben auf dem Fest nicht, die ihr interessiert nachsahen.
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Legolas Augen waren mit Verwunderung gezeichnet. Langsam drehte er seinen Kopf zu seinem Vater. „WAS hast du ihr gesagt?"
Thranduil zuckte mit den Schultern. „Nur die Wahrheit."
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Lautlos fiel die einzelne Träne in das kristallklare Wasser. Siané hatte sich an einen See gehockt und betrachtete ihr Gesicht auf der Oberfläche, doch die Wellen der Träne ließen das Spiegelbild verschwimmen.
Um sie herum standen hohe Bäume. Sie wurden vom Mond in ein helles, silbernes Licht getaucht und wirkten, wie aus einer anderen Welt. Weit über der Oberfläche des Sees, doch noch unterhalb der Baumwipfel, schwebten Glühwürmchen. Das goldene Licht, dass von ihnen ausging, schien wärmer zu sein, als das des Mondes. Doch dieser überstrahlte einfach alles. Und so würden diese wärmenden Lichter irgendwann ausgehen..
„Und wenn du dich entschieden hast, komme wieder zu uns zurück", hatte sie gesagt. Siané schien es, als hätte Cyria es schon gewusst. Als wäre es vorherbestimmt gewesen, dass sie nicht im Düsterwald leben würde.
‚Bin ich vielleicht zu egoistisch? Aber ist es denn falsch, mit meinen Freunden, meiner Familie und ihm zusammen sein zu wollen? … Wenn doch wenigstens diese Blicke nicht wären..' Einen Moment dachte sie an Kairi zurück. Sie lachte leise. ‚Selbst die Kinder fanden meine Anwesenheit nicht richtig. – Alle, außer das kleine Mädchen.. Sie hat sich nicht darum geschert.'
Sie atmete tief ein. Vorsichtig ließ sie sich in das weiche Gras fallen. Einen Moment betrachtete sie die Sterne. Es gab ein Sprichwort in Teslon. Na ja.. Eigentlich gebrauchte die alte Marktschreierin es immer.. Aber es kam ihr gerade jetzt in den Sinn.
Versuche ruhig den Mond zu erreichen. Selbst, wenn du ihn verfehlst, landest du immer noch bei den Sternen
‚Und wenn ich noch einmal zurück gehe? Ich kann doch nicht einfach alles aufgeben?'
In Gedanken sah sie sich selbst, wie sie sich kräftig zunickte. Dann zog die imaginäre Siané die Richtige auf die Beine und schob sie Richtung Palast. Siané musste bei dem Gedanken lächeln. Auf so einen Unsinn konnte sie auch nur kommen. Und dann auch noch in einer solchen Situation.
Sie war gerade auf halbem Wege zum Fest, als sie Stimmen durch eine der Türen vernahm. Sie blieb wie angewurzelt stehen. ‚Das ist doch..'
Es schickte sich nicht.. Trotzdem
drückte sie ihr Ohr gegen das glatte Holz. ‚Wusste
ich es doch.. Legolas und sein Vater..'
„Hör mir doch einmal zu, mein Sohn.." Thranduils Stimme klang beinahe flehend.
„Nenn mir einen guten Grund, warum ich dir zuhören sollte! Du hast sie wahrscheinlich förmlich aus unserem Reich hinausgeworfen." Sie hatte Legolas' Stimme noch nie so aufbrausend erlebt.
„Das habe ich nicht. Ich sagte ihr nur, was sie hier erwarten würde. Du weißt, dass du den Thron mit ihr nicht besteigen kannst!"
„Du bist unsterblich, Vater. Es besteht kein Grund für mich, die Krone anzunehmen." Legolas war wieder ein wenig ruhiger geworden, aber Siané konnte schwören, dass er mit sich zu kämpfen hatte.
„Irgendwann werde ich Mittelerde verlassen. DANN sollst du König sein. Aber dein Volk wird keinen Menschen als Königin akzeptieren!" Thranduils Stimme wurde lauter. Siané wäre an der Stelle seines Sohnes wahrscheinlich ganz klein geworden. Er aber nicht.
„Das Volk akzeptiert sie nicht, weil DU diese Meinung über Menschen, und wenn wir schon dabei sind, auch über Zwerge, verbreitet hast. Sie sind genauso verbohrt wie ihr König. Aber schön. Wenn du es hören möchtest: Ich werde mit ihr den Thron auch nicht annehmen!" Sianés Augen weiteten sich. Sollte das heißen?
„Schön, dass du zur Vernunft gekommen bist." Thranduil wiegte sich einen Augenblick in Sicherheit.
„Nein, du hast mich nicht verstanden. Lieber verzichte ich darauf, als sie fort zu lassen." Sianés fühlte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Aber er konnte das doch nicht tun…
„Legolas.. Wenn du das tust.." Doch Siané konnte nicht mehr hören, was im Inneren gesprochen wurde. Eine bekannte Stimme ertönte hinter ihr. Eine, die sie ungern wieder gehört hätte.
„Gute Güte.. Da kommt man einmal wieder in dieses Reich und es ist schon genauso verpestet von euch Menschen, wie die übrigen Teile Mittelerdes. Widerlich!!" Sprachlos drehte Siané sich um.
„Laurelin.."
„Du erinnerst dich.. Nett.. Wirklich.." Sie zog angeekelt eine Augenbraue nach oben und verzog die Lippen.
„Was tust du hier?" Siané erwiderte ihren Blick missmutig. Dieses Mal würde Laurelin sich nicht das erlauben können, was sie in Bruchtal getan hatten. Dieses Mal waren Maeglin und Alés auch weit genug fort, um sie nicht von dieser Person fort zu tragen.
„Dasselbe könnte ich dich fragen.. Ich bin hier, weil ich sozusagen ein Anrecht darauf habe. Ganz im Gegensatz zu dir. Du verstehst das sicher.. Elben und Menschen.. Ach ja.." Sie sagte das so…. Siané ballte ärgerlich die Hände..
„Du solltest lieber ganz vorsichtig sein!" Das rothaarige Mädchen ging einen Schritt auf Laurelin zu, doch in diesem Moment ging die Tür auf und Legolas trat mit seinem Vater hinaus.
„Was geht hier vor?" Thranduils Stimme war rau und er machte den Eindruck, als wäre das Gespräch nicht ganz so verlaufen, wie er es gerne gehabt hätte.
„Nichts, euer Hoheit. Ich musste hier nur noch etwas mit diesem Flittchen regeln." Legolas wollte gerade etwas sagen, als Laurelin sich schon von einer unsichtbaren Hand gegen die kühle Wand gedrückt fühlte.
Siané stand dort. Ihre Hand erhoben, ihre Augen zornig. Langsam ging sie einen Schritt auf die Elbin zu. „SO wirst du mich nie wieder nennen!!" Laurelin prallte noch einmal gegen die Wand und sackte dann lautlos daran hinunter. Sie hielt sich wimmernd den Kopf. Siané blinzelte. Was hatte sie denn nun wieder getan?
Sie drehte sich um. Legolas' Miene war völlig ausdruckslos. Doch die seines Vaters loderte. Sie schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. ‚Nein.. nein.. Das sollte doch nicht passieren!!'
Sie drehte sich wieder zurück. Sie konnte nicht in die Gesichter der Dreien blicken. Was sie danach tat, bemerkte sie erst, als sie schon fast wieder an dem klaren See angekommen war, an dem sie zuvor schon gesessen hatte. Sie rannte.
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„Da bist du ja.." Der Mond war schon ein ganzes Stück am Himmel gewandert. Doch die Glühwürmchen tanzten noch immer über der Oberfläche des Wassers. Legolas legte Siané eine Hand auf die Schulter.
„Du hättest nicht davonlaufen sollen." Wieder sagte sie nichts.
„Siané.." Traurig blickte sie zu ihm auf.
„Du weißt, was dort passiert ist?" Ihre Stimme war ganz leise.
Und er erinnerte sich. Sie sagte etwas davon, in der gläsernen Burg zu bleiben, falls sie ihre Kräfte mal wieder nicht unter Kontrolle hatte. Dies war eindeutig der Fall gewesen. Seine Gedanken rasten. Sie würde nicht gehen. Das konnte er einfach nicht zulassen.
„Sina.. Wir bekommen das schon hin. Wir brauchen ja nicht im Palast zu bleiben. Wir können hier in der Nähe leben. Dort wird es dir viel besser gefallen. Die Elben sind nicht alle so, wie du sie hier im Palast gesehen hast.
Oder wir könnten abgelegen von den anderen wohnen." Er lächelte sie an. Eine kleinere Form kam davon zurück.
„Abgelegen, ja? Dort könnte ich vielleicht ein wenig mit meinen Kräften herumprobieren."
„Ja.. Und dann können wir die Menschen besuchen gehen. Es gibt kleine Siedlungen außerhalb Düsterwalds. Dort spielen sie die Lieder die du so magst." Er lächelte.
„Dort könnten wir die Nacht hinein tanzen.."
„Und wir besuchen Gimli. Wir können so vieles tun.. Wir.." Er blickte auf, als er ein leichtes Schluchzen neben sich vernahm. Siané hatte ihren Kopf in die Hände gestützt und versuchte die Tränen zu verhindern. Ein aussichtloser Versuch.
„Sina?" Er zog sie näher zu sich.
„Ich kann das nicht.." Ihr kleiner Körper zitterte. „Ich kann nicht hier bleiben."
Er wusste, dass es die Wahrheit war. Er wollte sie nur nicht hören. Behutsam hob Legolas sie auf seinen Schoß und drückte seine Wange gegen ihre. „Sina.."
Er spürte, wie ihre Tränen sein Gesicht benetzten. Sianés Arme legten sich in seinen Nacken. Es war, als würde sie versuchen, ihn festzuhalten. Ihn und die Zeit, die sie zusammen hatten.
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Es war noch dieselbe Nacht, in der Siané ihre Tasche packte. Kurz vor der Dämmerung stand sie auf dem Hof des Palastes. Legolas stand neben ihr. Sie berührten sich nicht. Sie sprachen kein Wort. Aber in seinem Inneren, wollte er sie in die Arme nehmen. Jedoch wussten sie beide, dass sie sich nicht voneinander trennen würden, wenn sie noch einmal die Haut des anderen spüren konnten.
Legolas wusste nicht, was sie tat. Aber als sich vor seinen Augen ein kleines Abbild des Wegetores auftat, zerriss es ihm fast das Herz. Sie würde fort sein.. Sie musste nur hindurch schreiten..
„Und wenn du.. doch hier bleibst?" Er sah sie an. Ihre Augen waren noch immer gerötet von den Tränen, die sie zuvor vergossen hatte.
„Ich muss gehen.. Ich bin eine Gefahr für alle hier. Ich habe diese Magie nicht unter Kontrolle. .. Außerdem .. .." Sie senkte den Kopf. „Sie wollen mich hier doch eh nicht."
Legolas hob ihren Kopf leicht an. „Was die anderen sagen, ist doch egal. Ich möchte dich hier haben."
„Cyria wird mich in die Burg zurückholen, wenn sie von dem Vorfall hört."
„Wie sollte sie davon erfahren?" Hoffnungsvoll nahm er ihre Hand.
„Sie weiß davon. Sie ist manchmal genau wie Gandalf. Woher sie es auch immer wissen.. Sie scheinen immer die ersten zu sein, die Nachricht von diesen Dingen bekommen." Legolas wusste, das sie Recht hatte.
„Dann lass mich mitkommen."
„Kannst du dir ein leben in Tirell vorstellen?" Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
„Ich kann überall leben, wo du bist." Sie lächelte, obwohl Tränen erneut über ihre Wangen rannen.
„Das habe ich auch geglaubt, als ich hierher kam." Langsam umfasste sie seinen Nacken und zog seinen Kopf ein wenig herunter. Vorsichtig hauchte sie ihm einen Kuss auf die Lippen. Doch in dem Moment, in dem sich ihre Lippen berührten, schlang Legolas seine Arme um ihre Taille und zog sie näher zu sich. Ihr Kuss wurde leidenschaftlicher und auf eine gewisse Weise auch verzweifelt. Erst Augenblicke später, trennte Siané sich wieder von ihm.
„Ich liebe dich.." Sie drehte sich um. Ihr Körper zitterte. Vor sich sah sie das leuchtende Tor. Ein Schritt vor und sie würde von ihm getrennt sein. Ihre Tränen waren noch immer nicht versiegt. Sie atmete ein paar Mal ein, aber auch das half nicht, ihre Gefühle zu beruhigen.
Legolas ging einen Schritt auf sie zu und legte seine Arme von hinten um sie. Sie spürte, wie sich ihr Rücken an seine Brust schmiegte und er seinen Kopf in ihrer Halsbeuge vergrub. „Ich liebe dich auch." Seine Stimme zitterte. Er hatte noch nie erlebt, dass seine Stimme so etwas tat. Aber andererseits: Hatte er nicht schon vieles getan, was so ganz ungewöhnlich für Elben war?
Widerwillig ließ er sich los. Seine Augen brannten. Er sah, wie sie auf das Tor zuging. Sie drehte sich nicht noch einmal um. Und dann.. Als ein helles Licht ihre Silhouette umgab.. War sie verschwunden..
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Der Gang war dunkel. Trotz allem kannte sie ihren Weg noch. Sie war ganz in der Nähe ihrer Novizinnenkammer gelandet. Cyria hatte ihr versprochen, sie würde immer für sie bereit stehen. Wer hätte geahnt, dass sie so schnell wieder hier sein würde?
„Was willst du nun wieder von mir??"
„Ich? Von dir? Dieser Gang ist öffentlich. Ich habe nicht darum gebeten, dich zu dieser gottlosen Stunde zu treffen!"
Siané lachte leise. Als sie in einen Flur einbog, standen Mat und Maeglin zeternd voreinander. Sie schüttelte den Kopf. Die beiden bemerkten sie noch nicht einmal, als sie neben ihnen stand.
„Also ehrlich! Ihr beide bekommt aber auch nichts hin.. Ich glaube, ihr würdet eure Gefühle nicht erkennen, wenn sie euch treten würden. Gut.. Habe ich wenigstens was zu tun.. Eine Lebensaufgabe scheinbar.." Sie lachte.. ‚Bei Eru.. Bin ich verlogen..' Ihr war zum Heulen zumute.
Mat und Maeglin starrten Siané hinterher. Ihnen schien alles aus dem Gesicht zu fallen. Sie vergaßen sogar, sich weiterhin zu streiten.
Siané dagegen…
Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sank sie einen Moment auf den Boden. Sie warf ihre Tasche in eine Ecke und verschloss den Riegel der Tür. Sie sah sich um. Es war alles so geblieben, wie sie es vor einiger Zeit verlassen hatte. Mühsam stand sie auf und legte sich auf das weiche Bett. Erst dort begannen die Tränen von neuem zu fallen.
Jeder hat einen Platz im Leben. Nicht immer ist er an der Seite des Wesens, das man liebt. Hier gehörte sie her. Hier war sie zu Hause.
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Ich möchte eigentlich nichts mehr dazu sagen. °schnüff° Nur eins: Ja, das Sprichwort ist geklaut, genauso wie der Name des Elbenkindes. °schäm°. :o) Den Rest möchte ich einfach nur wirken lassen. Sagt mit bitte eure Meinung.. °sich die Tränen wegwischt° Ist es eigentlich normal, wenn die Autorin bei der eigenen Geschichte flennt?
Ciaoi, Tig
