Snape spürte, dass ein Unglück geschehen würde, würde Elena nicht sofort auf die Aufforderung des Dunklen Lord reagieren. Snape hatte es seit langem vermieden den dritten der unverzeihlichen Flüche zu sprechen. Er hasste es zu töten. Das war nicht immer so gewesen. Seine eigene Grausamkeit hatte ihn damals nahe an den Abgrund getrieben, nie wieder wollte er es riskieren, nie wieder wollte er in dieser tiefen Dunkelheit versinken, die ihn damals umgeben hatte. Snape blickte auf das junge Mädchen neben sich: Sie würde den Schmerz nicht verkraften, sie würde unter der Strafe des Dunklen Lords vergehen. Snape hatte Mitleid mit ihr, mehr Mitleid als mit jenem Mann, der dort auf dem Boden lag und sich in seiner eigenen Blutlache wand. Er würde bald an seinen inneren Verletzungen zugrunde gehen. Für ihn gab es keine Rettung mehr... aber für Elena. Heimlich zog Snape seinen Stab unter seinem Umhang hervor und versuchte die tiefe innere Abneigung niederzuwerfen. Er musste es tun, er hatte keine Wahl, wollte er nicht mit ansehen, wie der Dunkle Lord Elena zu Tode folterte. „TÖTE IHN!" schrie Voldemort erneut und Snape schleuderte den unverzeihlichen Fluch auf den noch immer wimmernden Mann. Sein „Avada Kedavra" hallte laut und schmerzhaft in seinem Innern wieder und drohte ihm fast as Herz zu zerreißen. Er hatte es getan...erneut.

„Nicht DU!" kreischte Voldemort in rasender Wut während er mit gezücktem Stab und vor Zorn funkelnden Augen auf Snape zukam. Dann breitete sich ein diabolisches Grinsen auf seinem Gesicht auf und Snape wusste, was nun geschehen würde. „Crucio" fauchten der Lord und eine Schmerzwelle heißer als Feuer und kälter als Eis durchflutete Snapes Körper. Etwas schien seinen Körper auseinander zu reißen. Snape sackte stöhnend auf die Knie. Der Schmerz ließ nicht nach, immer heftiger traf er ihn, immer wilder riss er an seinem Inneren, immer... Snape wand sich stöhnend auf dem Boden. „Crucio", traf ihn erneut der Fluch und Snape spuckte Blut. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Als Snape erwachte war er allein... fast allein. Eine warme Hand legte sich auf seine Stirn. „Sind sie wach?" hörte er Elenas freundliche und besorgte Stimme neben sich. Snape wollte antworten, aber vom vielen Schreien war er so heiser, dass er keinen Ton hervor brachte. Seine Lippen waren trocken und aufgesprungen und in seinen Mundwinkeln schmeckte Snape den faden Geschmack getrockneten Blutes. Vorsichtig richtete Snape sich auf. Sein Kopf dröhnte und sein Körper kannte kein anderes Gefühl mehr als den Schmerz. Vorsichtig half Elena ihm auf. Als ihre Hand ihn an der Schulter berührte schrie Snape auf: Sein Schlüsselbein war gebrochen. Vorsichtig blinzelte Snape und versuchte irgendetwas seiner verschwommenen Umgebung wahrzunehmen. Sie waren draußen vor dem Haus, die Straße war leer. Die anderen Todesser waren längst gegangen. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?" flüsterte Elena und Snape spürte die tiefe Sorge in ihrer Stimme. Snape nickte mit schmerzverzerrtem Gesicht. Jede Bewegung schien seinen Körper erneut auseinander zu reißen. „Bring mich nach Hogwarts zurück", keuchte er angespannt. Elena nickte und versuchte Snape, der bedrohlich schwankte, zu stützen. Auf ihre Schultern gestützt schlurfte Snape zu dem Portal, das sich ganz in der Nähe befand und sie an die Grenzen von Hogwarts bringen würde. Von dort aus hatten sie noch einen für Snapes Zustand viel zu langen Fußweg. Gerade noch rechtzeitig erreichten sie Snapes Wohnung. Zum Glück unbemerkt. Der Anblick des Tränkemeisters war wirklich erschreckend.

Elena half Snape sich auf das Sofas zu setzen. Angespannt schloss Snape die Augen und versuchte für einen winzigen Augenblick den Schmerz zu vergessen. Doch es wollte ihm nicht gelingen, noch immer hallte der „Crucio" in ihm wieder und folterte ihn innerlich mit immer neue Qualen. „Du könntest mir noch einen Gefallen tun...", flüsterte er mit heiserer Stimme. Elena horchte auf. Snapes Blick wanderte durch den Raum und blieb schließlich an einem Regal hängen, das von oben bis unten mit verschiedenen Flaschen gefüllt war. Schwerfällig hob Snape die Hand und zeigte in das Regal. „Siehst du die Flasche dort hinten...die kleine weiße aus Porzellan?" Elena nickte. „Hol sie mir! ... Das wird wenigstens meinen gebrochenen Knochen wieder in Ordnung bringen." Mit einer fast unmerklichen Handbewegung deutete Snape auf sein Schlüsselbein. Elena eilte schwebend zu dem Regal und ergriff die Flasche, um sie dem blassen und erschöpften Severus Snape zu reichen. Gierig trank Snape einige Schlucke davon und sein von Schmerz und Qual gezeichnetes Gesicht begann sich etwas zu entspannen. „Wieso haben Sie das gemacht?" Elena sah Snape aus verwirrten Augen an. „Was?" „Mir geholfen." Snape blickte sie ausdruckslos an. „Es...es...", stotterte Elena, „ es tut mir leid..." „Ist schon gut. Ehrlich gesagt bin ich recht froh darüber, dass sie nicht das herzlose Wesen sind, für dass die meisten Zauberer einen Todesser halten." Elena sah beschämt zu Boden, als das Wort Todesser Snapes Mund entsprang. „Ich bin erleichtert, dass Sie nicht in der Lage sind einen Menschen einfach so ohne bedenken zu ermorden...", fügte Snape hinzu. „Aber... wie... ich meine Sie haben doch..." Elenas Verwirrung war nun fast ins Unendliche gesteigert. „Glauben Sie nicht, dass mir DAS leicht fiel!" Snape funkelte sie böse an. „Aber warum haben Sie das dann getan?... ich meine Sie kennen IHN doch, sie ... sie mussten doch wissen, was er tun würde..." Snape blieb Elena eine Antwort schuldig. „Warum?" Elena sah ihn eindringlich an und Snape wurde verlegen. „Sie taten mir leid", flüsterte er so leise, dass es kaum hörbar war. „Wie...Wieso?" Snape sah sie nun mit einem tiefen und eindringlichen Blick an. „Weil ich bemerkte, dass Sie diesen Menschen nicht töten würden. Der Mann wäre sowieso gestorben, aber was ER mit dir ...äh ... Ihnen gemacht hätte... glauben sie mir: DAS hätten Sie nicht ertragen." Elena sah ihn ungläubig an und für einen Moment herrschte betretenes Schweigen. Schließlich durchbrach Snape die Stille. „Helfen Sie mir auf." Er streckte Elena die Hand entgegen und sie ergriff sie zögerlich. Snape sah Elena nicht an. „Es ist besser wenn Sie heute Nacht hier bleiben. Dort drüben ist das Gästezimmer", Snape deutete auf eine Tür im hinteren Teil des Raumes, „ich werde Sie morgen unbemerkt von hier weg bringen...wenn es mir besser geht." Dann löste sich Snape aus Elenas Griff und atmete tief durch. Seiner stütze beraubt begann Snape sofort zu schwanken. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und ... wurde von unglaublichem Schwindel ergriffen. Im Türrahmen seiner Schlafzimmertür musste er kurz stehen bleiben und sich festhalten. Er spürte Elenas Blick in seinem Nacken, doch wagte er nicht sich zu ihr umzudrehen. Noch einmal holte er tief Luft. „Keine Schwäche zeigen", versuchte er sich selbst einzubläuen und betrat schwankenden Schrittes das Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Erleichtert ließ sich Snape auf das Bett fallen. Er konnte nichts mehr gebrauchen als etwas Schlaf, das wusste er. Ohne sich zu entkleiden schlief Severus Snape erschöpft ein.