DAS BLAUE VOM HIMMEL
aka: The Chosen 2 - Die Rückkehr

1. Staffel

1-1.
"Was? Das soll Jack sein?" rief Ved erstaunt, als Danni ihm das Foto von einem Jungen in einem grasgrünen Blümchenhemd und mit knallroten, zu Spikes geformten Haaren zeigte. "Jack mit roten Haaren? Das glaub ich einfach nicht."
"Das ist er", versicherte Danni, "so sah er damals aus". Sie mußte lachen, weil Ved so ein entsetztes Gesicht machte und konnte sich daraus natürlich leicht zusammenreimen, daß Jack jetzt wohl ziemlich anders aussah.
"Wir haben uns sicher alle verändert mit der Zeit. Aber ein Gesicht ist ein Gesicht, das erkennt man doch immer wieder", fand sie.
"Ja, das Gesicht hat schon Ähnlichkeit", sagte Ved nachdenklich. "Aber Jacks Haare sind blau, so ein glänzendes helles Blau, so eine Art Himmelblau, weißt du, so unnahbar wie der Himmel selbst. Du kannst es einfach nicht greifen, auch wenn es noch so dicht vor dir steht. Ich meine, Jacks Haare sind wie der Himmel - er ist da, du siehst ihn, aber du kannst ihn nicht greifen."
Danni lächelte, "du hast eine wunderbar poetische Ausdrucksweise".
"Ach, das ist nur wenn ich verlie- -äh, nichts", stockte Ved.
"Verliebt? Das ist doch schön", fand Danni. "Aber was hat das mit Jack zu tun?"
Ved verdrehte die Augen und faßte sich verlegen mit der Hand ans Kinn. Dann zuckte er mit den Schultern und wand sich ein bißchen.
"Nun komm schon, sag's mir. Es muß doch einen Grund haben, weshalb du dieses alte Foto von Jack unbedingt sehen wolltest", bohrte Danni.
"Es ist - ich bin in Jack verliebt!" bekannte Ved.
"Du meine Güte", rief Danni überrascht. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. "Jack ist doch mit Ellie zusammen, zumindest war er es damals. Hast du denn irgendein Anzeichen dafür, daß er auch auf Jungs steht?"
"Er ist immer noch mit Ellie zusammen. Aber wenn ich die beiden so beobachte, habe ich den Eindruck, daß er gar nicht glücklich ist, ich meine, daß es nicht das ist, was er sich erhofft. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weil ich möchte, daß es so ist. Aber die Art, wie er mich immer ansieht, das ist bestimmt keine Einbildung", erzählte Ved mit einem sehnsuchtsvollen Klang in seiner Stimme.

1-2.
"Du kannst das Foto behalten, ich schenke es dir", sagte Danni, "damit du ihn immer bei dir hast, auch wenn es auf dem alten Bild nicht der Jack ist, den du kennst."
Ved nahm das Foto in die Hand und strich mit seinen schönen langen Fingern zärtlich darüber. "Jacks Haare sind jetzt ganz glatt, und sie strahlen einen sonderbaren leuchtenden Glanz aus, ich weiß auch nicht, was das ist, es zieht mich einfach magisch an, es ist fast wie ein Licht. Und er trägt dazu ein hellblaues Satinhemd mit einem wellenförmigen Paisley-Muster und eine dunkelrote Hose. Er sieht einfach umwerfend aus", schwärmte Ved.
"So ein blaues Hemd hatte er früher auch schon, vielleicht ist das noch dasselbe", erinnerte sich Danni.
Ved ließ noch einmal seinen Blick über die Wände von Dannis Zimmer schweifen, vielleicht würde er noch irgendetwas von früher entdecken, das mit Jack zu tun hatte. Doch er vermied es, Danni weitere Fragen zu stellen, er wollte nicht, daß sie dabei an Bray erinnert würde. Sie hatte sich in dieses einsame Haus zurückgezogen, um die Vergangenheit zu vergessen, um Bray zu vergessen, nachdem er wieder zu Amber zurückgegangen war.
"Dann gehe ich mal wieder, vielen Dank für alles", sagte er zum Ende seines Besuchs.
Sie verabschiedeten sich, und Ved verließ Dannis Haus und machte sich auf den Weg zurück in die Stadt. Es war Abend geworden, der Himmel war klar, doch die untergehende Sonne hatte das kräftige Blau des Nachmittags in ein blasses Rosa-Orange verwandelt. Ved starrte nach oben und fuhr sich dabei mit der Hand durch seine strohblonden kurzen Haare, die schon leicht verfilzt waren und nach allen Seiten frech abstanden. Sie fühlten sich dadurch ziemlich steif und schwer an. Jacks Haare fühlten sich bestimmt total federleicht an, dachte er, so leicht wie der Himmel. Ved hatte ein unwiderstehlich hübsches Gesicht, aus dem ein paar durchdringende pechdunkle Augen blickten. Seine Haut war herrlich gebräunt. Er hatte einen breiten Mund mit schmalen, dünnen Lippen und darunter ein leichtes Grübchen an seinem spitzen Kinn, was ihn besonders geheimnisvoll erscheinen ließ, denn wenn ein Junge schmale Lippen und Grübchen hat, bedeutet das, daß es dahinter etwas Wunderbares zu entdecken gibt, was sich nur demjenigen zeigt, der den Jungen dazu bringt, sich ihm zu öffnen.
Verträumt stapfte Ved Richtung Mall.