1-7.
Jacks Gesichtsausdruck zeigte eine Gleichgültigkeit, doch sie war anders, als die der übrigen Mallrats. Er wirkte verbittert, traurig, resigniert, fand Ved. Oder bildete er sich das nur ein? War es wegen Ellie? Dann auf einmal, als Luke das Wort ergriff, drehte sich Jack um, so als wollte er den Typen, der ihm die Freundin ausgespannt hat, mit Ignoranz strafen, oder so tun, als wäre er Luft. Seine Augen fielen auf Ved, und sie blieben dort. Was für ein wahnsinniger Blick, dachte Ved und ging auf Jack zu.
"Jack", sagte Ved und versuchte, seine Stimme so ruhig wie möglich zu halten, so als ginge es darum, das Vertrauen eines scheuen Tiers zu gewinnen. "Was zum Teufel macht ihr hier?"
"Das Überwachungssystem muß erweitert werden. Alle Ungläubigen müssen erkannt und eliminiert werden!" antwortete Jack in einem roboterhaften, klanglosen Ton.
Er antwortet mir, dachte Ved, er hat mich also wahrgenommen. Aber war das wirklich Jack?
"Weißt du, wer ich bin?" fragte Ved vorsichtig.
"Ved, mein Freund, willst du mich verschaukeln?" lachte Jack.
"Ich hab mich nur gefragt, ob du noch du bist", erklärte Ved. Jack runzelte die Stirn und glotzte ihn an. "Wieso bist du zu den Chosen?" wollte Ved wissen.
"Wir wollen doch weiterleben", erklärte Jack, und Ved hatte immer noch den Eindruck, daß etwas Fremdartiges in dieser Stimme lag.
"Was geschieht mit denen, die nicht zu den Chosen gehen?" wollte er wissen.
"Sie werden sterben", antwortete Jack kalt und gefühllos wie eine Maschine.
Das ist nicht Jack, dachte Ved wieder und blickte in die himmelblauen Haare, aber wenigstens kriege ich ein paar wichtige Informationen aus ihm heraus. Nachdem er sich mit senkrecht gesträubten Nackenhaaren angehört hatte, was die Chosen nach ihrer Vertreibung getan hatten, und was der Grund für ihre unerwartete Rückkehr war, wurde Ved klar, daß er das Unmögliche tun mußte. Er mußte nach dem Himmel greifen.

1-8.
In dem Augenblick war der Unterricht beendet. Die Mallrats packten ihre Sachen. Als Luke an Jack vorbeilief, warf ihm dieser einen haßerfüllten Blick entgegen. Ellie blieb stehen und wollte etwas sagen, doch Jack drehte sich demonstrativ um und wandte ihr den Rücken zu. Er wollte sie nicht sehen und kein Wort von ihr hören. Stattdessen legte er seinen rechten Arm um Veds Hals und lehnte sich mit dem Oberkörper an ihn. Ved zuckte, es war so eigenartig, von Jack berührt zu werden. Da war plötzlich wieder etwas von dem Jack, den er kannte. Das war so warm und wohlig, und als Jacks Finger die Haut an seinem Hals berührten, durchfuhr Ved ein Kribbeln, das durch die Brust bis zum Magen und noch tiefer hinunterlief.
"Sie hat mir mein Herz rausgerissen", sagte Jack mit einem zornigen Unterton so laut, daß Ellie es hören mußte.
"Sie ist es nicht wert", sagte Ved ebenfalls ganz laut. "Sie hat dich nicht verdient. Du bist viel zu gut für sie."
Jack sah ihn zweifelnd an, eine Trauer lag in seinen Augen, und Ved legte einen Arm um seinen Rücken und drückte ihn noch enger an sich. "Jack, du bist der beste Freund, den ich jemals hatte. Das ist tausendmal mehr wert, als jedes Mädchen."
Ein Lächeln zog über Jacks Lippen.
"Jedes Gefühl für sie, ob Liebe oder Haß, ist reine Verschwendung", fuhr Ved fort und dachte gleichzeitig darüber nach, ob er seine Hand auf Jacks Rücken jetzt unbewegt dort lassen sollte, oder ob er sie bewegen und ihm vielleicht vorsichtig über den Rücken streichen sollte, oder ob er das doch lieber sein lassen sollte - weil Jack nämlich mit seinen Fingern an seinem Hals herumstrich, oder war das nur Zufall und keine Absicht, oder war es wieder nur Einbildung oder Wunschdenken?
"Welche Gefühle?" fragte Jack, "ich habe doch kein Herz mehr!"
Ved mußte über diesen typischen Jack-Spruch lachen. Dann sagte er: "Ich schenke dir meines!"