1-19.
Lex lag ziemlich übel zugerichtet oben im Flur und regte sich nicht.
"Wir müssen sofort Tai-San holen", rief Cloe besorgt.
"Nein, laß ihn", sagte Ved und zog sie schnell weiter. Sie liefen geradewegs Jack in die Arme, der ein mürrisches Gesicht machte.
"Jack, warum warst du nicht bei der Party?" fragte Cloe.
"Du hast dich bestimmt ganz gut mit Ved amüsiert", muffelte Jack sie an und warf Ved einen giftigen Blick zu.
"Ich weiß nicht, was du meinst", sagte Ved irritiert.
"Tu bloß nicht so scheinheilig", blaffte Jack ihn an, "ich habe euch gesehen, du weißt genau, was ich meine".
Ved verdrehte die Augen. War das der richtige Jack? Er hatte diese unwiderstehlichen blauen Haare und den unwiderstehlichen Blick. Es mußte Jack sein.
"Du hast mich bei der Party gesehen?" fragte Ved betreten.
"Du brauchst gar nicht so überrascht zu tun", schimpfte Jack weiter und fand es recht schäbig, daß Ved ihm jetzt etwas vorspielen wollte.
Ved kombinierte. Dann packte er plötzlich Cloe und hielt ihr den Mund zu, damit sie nicht schreien konnte. "Tut mir leid, Kleines, aber das muß sein", sagte er. "Jack, hilf mir, wir müssen sie fesseln."
Da fiel es Jack wie Schuppen von den Augen. Vor ihm standen der echte Ved und die falsche Cloe, und unten bei der Party hatte er die echte Cloe mit dem falschen Ved flirten sehen.
Sie sperrten die geklonte Cloe geknebelt in die Besenkammer und schafften auch den k.o. geschlagenen Klon von Lex beiseite.
"Wir müssen unbedingt zusammenbleiben", fand Ved und verspürte dabei eine aufkommende Erregung, "damit wir den Mistkerl stellen können, der hier irgendwo herumläuft und so tut, als wäre er ich". Der Gedanke, nicht mehr von Jacks Seite zu weichen, gefiel ihm, auch wenn alles andere wenig erfreulich war.
"Arme Cloe", lachte Jack, "sie ist deinem Klon auf den Leim gegangen, der steht wohl auf Mädchen".
Auch Ved mußte kichern. "Wie hat er es - ich meine, wie habe ich es denn gemacht? Etwa so -", verstellte er seine Stimme und tänzelte um Jack herum, "oh Cloe, ich liebe dich, du hast so schöne blaue Haare, du bist wie der Himmel über mir". Jack hielt sich den Bauch vor Lachen. Dann machte Ved die Stimme von Cloe nach, "oh Ved, bitte küsse mich, ich will deine Zunge abschlecken".
Dann nahm er Jack in die Arme, und die beiden küssten sich so lange, bis ein Schrei sie unterbrach.

1-20.
"Du mieser Kerl", heulte Cloe und fing an auf Ved einzudreschen. "Du hast es gar nicht ernst gemeint, was du vorhin bei der Party zu mir gesagt hast. Du machst dich nur über mich lustig. Wie konnte ich nur so dumm sein und mich in dich verlieben?"
"Es gibt eine Erklärung", sagte Ved, während er ihre wilden Schläge abwehrte, "aber du würdest mir sowieso kein Wort glauben".
"Warum zeigen wir es ihr nicht?" schlug Jack vor.
"Je weniger davon wissen, desto besser ist es", wandte Ved ein. "Ich glaube nicht, daß sie uns eine große Hilfe sein wird, so verwirrt wie sie im Moment ist."
Plötzlich hörte Ved seine eigene Stimme von der Treppe her. Jack schnappte sofort nach Cloe, damit sie stillhielt, denn als sie sah, wie der eine Ved um die Ecke bog und auf den anderen Ved zulief, drohte sie erneut in Ohnmacht zu fallen.
Ved und der Klon von ihm traten sich gegenüber und knurrten sich wütend an.
"Was willst du von mir?" brüllte Ved den Klon an. Es war ein unbeschreiblich komisches Gefühl, sich selbst in die Augen zu schauen. Wenn er sich im Spiegel ansah, war sein Gegenüber nur ein Bild, welches alles tat, was er tat. Aber der Klon bewegte sich und sprach nach eigenem Willen. Er war ein Vertrauter und gleichzeitig eine unbehagliche Bedrohung.
"Du bist überflüssig geworden, lieber Bruder", erklärte der Klon mit einem überheblichen Tonfall. "Ich bin genetisch verbessert, sieh her." Er zückte ein Springmesser und ritzte sich einen Schnitt in den Unterarm. Ved glaubte, den Schmerz zu spüren, aber er versuchte sich klarzumachen, daß das nicht sein konnte. Der Junge vor ihm hatte zwar einen Körper, der so aussah, wie er, doch es war nicht er. Innerhalb weniger Sekunden verschloß sich die Wunde auf dem Arm des Klons wieder, so als wäre sie nie dagewesen. "Deshalb werde ich weiterleben, und du wirst terminiert", drohte der Klon.
"Das wirst du nicht tun", rief Ved entsetzt.
"Du irrst dich", entgegnete der Klon. "Du wirst es nicht tun, aber ich schon! Du kannst mich nicht schlagen, denn du kannst dich nicht selbst schlagen, weil du ein sentimentaler Schwächling bist. Ich hingegen bin darauf optimiert zu überleben, Gefühle können meine Entscheidungen nicht beeinflussen. Du solltest mir dankbar sein, durch mich wirst du unsterblich."
Dann kam es zum Kampf. Ein Kampf, den keiner gewinnen konnte, weil sie genau gleich stark waren. Erst als Lex auftauchte und einem der beiden einen Baseballschläger über den Schädel zog, war der Fight beendet. Ved torkelte keuchend in Jacks Arme.
"Woher wußtest du, welches der Klon ist?" fragte Jack erstaunt.
"Mein Geheimnis", tat Lex angeberisch.
Kaum hatten sie den Klon von Ved bei den anderen Klonen in der Besenkammer versteckt, erschien Luke in Begleitung einiger bewaffneter Chosen. Was er kundtat, ließ allen, für einen Augenblick selbst Lex, vor Schauder das Blut in den Adern gefrieren.
"Der Guardian schickt nach euch, Cloe und Ved, das junge Liebesglück. Der Guardian ist sehr zufrieden mit euch. Ihr werdet morgen heiraten, und dann werdet ihr dem Guardian ein Baby schenken."