Quelle: http : // www. yearningvoid. net/ calico/ lustre.html
Von:
Julad und Calico
Datum:  02/2003
Übersetzung: MilenaLupin 03/2004
Inhalt: Draco wird volljährig und bekommt ein Geschenk mit Hintergedanken. Lucius sendet einen Bindungsring, Harry spricht mit Schlangen und Draco hat Charakterschwächen. H/D (nix für kleine Kinder, sanfte Seelchen und Homophobe)
Rating: R
Genre: 5. Klasse AU; Drama/Romance
Pairing: Harry/Draco
Spoilers: Feuerkelch (nicht OdP-kompatibel, nehmt's einfach hin, okay? S'ist's wert.)

Hinweis der Übersetzerin:
Nicht meins. Harry, Draco und Konsorten gehören JKR und zahlreichen anderen Rechte-Inhabern in Verlagen und Filmstudios. Granatapfel, Handlung und Idee dieser fanfic gehören Julad und Calico. Mir gehört bloß ein kiloschweres Übersetzerlexikon und die Erlaubnis des werten Autorenduos, meinen Gehirnschmalz hier zu verschmieren. Und mein ewiger Dank wird meiner Beta Alina nachschleichen...

 

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Schimmer
von Calico und Julad

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Draco, steht in dem neuesten Brief.

Es ist unbedingt erforderlich, dass du die sichere Lieferung deines Geburtstagsgeschenkes zu deinen Händen bestätigst. Andernfalls muss ich annehmen, dass AdlerPost die Ausführung des Auftrags misslungen ist, und angemessene Korrekturmaßnahmen veranlassen.

Die Tinte ist ungeduldig über das Papier verspritzt. Sie bietet keinen Hinweis auf die Laune seines Vaters, selbst als Draco mit seiner Zauberstabspitze über die Worte streicht; entweder ist es versiegeltes Pergament, oder Lucius hat beim Schreiben keinerlei Emotionen verspürt.

Ich bin überzeugt, dass dein Schweigen Anzeichen für deinen Enthusiasmus bei der Verfolgung der anstehenden Aufgabe ist, und ich nehme an, dass alle Aspekte der Situation unter Kontrolle sind. Versage nicht darin, mich zu informieren, falls du dich deiner Pflichten ungeeignet erweisen solltest.

Die Unterschrift ist in goldener Tinte – kaufmännisches Markenzeichen seines Vaters. Draco nimmt an, dass Lucius mit ihm über offizielle Kanäle zu kommunizieren wünscht, dass dies ein weiteres Zeichen seiner bevorstehenden Volljährigkeit ist.

Es wäre sicherlich nicht nur eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass der Brief in die falschen Hände fallen sollte, eine Finte, um Spione zu überzeugen, dass die Korrespondenz mit seinem Sohn nur eine Geschäftsangelegenheit für Lucius ist, nichts weiter. 

Vater, schreibt Draco. Nein, Lieber Vater. Nein, nur Sir.

Draußen ertönt ein lautstarkes Besengeklapper und stört seine Konzentration. Er flucht leise, seine Schreibfeder knickt, und das reicht ihm: Er ist bestimmt nicht in der Lage, das Pergament ebenso gegen seinen Vater zu versiegeln, und ein Brief, der unter derartigen Störungen geschrieben wird, wäre seiner Sache überhaupt nicht dienlich.

Er zerknüllt das Pergament. Er wird nach dem Spiel weiterschreiben, wenn er sich ruhig und königlich fühlt, und wenn er das Geschenk ganz beiläufig unter den Neuigkeiten von seinem Quidditch-Sieg erwähnen kann.

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„Ich glaube nicht, dass es angebracht ist, sie als Maskottchen für das ganze Team dienen zu lassen", sagt Draco lässig zu Pucey, der ihm nachläuft, als er Granatapfel zu Bett bringt. „Nicht so, wie die Dinge stehen."

Pucey drückt sich eindringlich von hinten näher. „Was für Dinge?"

Draco glättet den dunklen Satin in der Schachtel auf seinem Schreibtisch ein letztes Mal, und bewundert die elegante Länge des Körpers seiner Schlange, die sich wieder und wieder zu perfekter, schimmernder Symmetrie um sich selber ringelt. „Nun ja, schließlich", murmelt er, so dass Pucey sich anstrengen muss, um ihn zu hören, „kann ich immer noch mindestens zwei Schlammblüter unter den Reinen zählen."

Er hört Pucey leise glucksen. „Und das stört dich?", fragt er und summt sanft. „Manchmal vergesse ich, Malfoy, dass du so ein Idealist bist."

Das ist ein zweischneidiges Kompliment, aber Draco ist heute Abend in der Stimmung, es ihm durchgehen zu lassen. Die Sonne versinkt draußen, und die Feuer rings um das Spielfeld werden entzündet. Quidditch im Dunklen ist erstaunlich, alle Bälle bis auf den Schnatz werden hell erleuchtet, und die Menge ist nur eine schreiende Masse im Mond leuchtender Zähne unter ihm. Aufregend.

„Oh, wirklich?", meint Draco und streichelt Granatapfel ein letztes Mal, bevor er sanft den Deckel senkt. Granatapfel verneigt sich großartig, dann legt sie ihren Kopf auf ihren Schwanz; das Letzte, was Draco sieht, sind funkelnde Augenlider, die sich über diesen Tautropfenaugen schließen.

„Malfoy", entgegnet Pucey mit gesenkter, ungeduldiger Stimme im Befehlston, „sieh mich an."

Draco zögert absichtlich ein paar Sekunden und dreht sich dann langsam um. Seine Handflächen sind gegen den Schreibtisch gepresst. „Ja?"

„Die fraglichen Schlammblüter", erläutert Pucey ruhig, wobei er seine Worte mit boshafter Präzision formuliert, „sind extrem gute Spieler. Mit ihnen haben wir eine höhere Siegeswahrscheinlichkeit." Er bewegt sich näher auf Draco zu und lässt seine Finger gefährlich langsam Dracos Arm hochwandern.

„Das sind sie", gibt Draco zu, neugierig, worauf Pucey hinaus will. Er neigt seinen Kopf entgegenkommend, als Puceys Finger seine Kehle erreichen, und Pucey neigt sich vor.

„Draco", murmelt er. Sein Mund fegt an Dracos Kieferansatz entlang. „Wir wären keine Slytherins, wenn wir nicht unsere Werte für eine höhere Siegeschance gelegentlich zurückstellen würden."

„Das ist ein Punkt", sagt Draco ein wenig zittrig. Eine Berührung heißen Atems auf empfindlicher Haut wird immer diesen Effekt erzielen – eine Tatsache, die Draco von Zeit zu Zeit nur zu gerne erforscht. Puceys freie Hand gleitet über Dracos Finger, hält sie fest gegen die Tischplatte, und streichelt sie überzeugend. Überzeugend, denkt Draco. Das ist das treffende Wort.

Pucey streicht seinen anderen Daumen gegen Dracos Ohr. „Du weißt, was es dem Team für einen Auftrieb geben würde, so ein wundervolles Wesen als unser Maskottchen zu haben", atmet er, und falls Draco auf ihn stehen würde, würde er jetzt flach auf dem Boden liegen, alles auflecken, was Pucey ihm anbietet, und Versprechen über Versprechen abgeben.

Gut, dass er nicht der Typ ist, der auf gewöhnliche Sportler steht. „Nein", sagt Draco im selben Ton wie Pucey, und er spürt, dass Pucey das nicht versteht, dann begreift und ihn momentan dafür hasst, ihn dafür hasst, dass seine animalische Anziehungskraft nicht nach Plan funktioniert hat.

„Ich bin sicher, dass du noch einmal darüber nachdenkst", meint Pucey, zieht sich zurück und bedenkt Draco noch mit einem langsamen, gedankenvoll abschätzenden Blick – und wieder, wäre Draco von irgend jemandem anderem als seinem Vater aufgezogen worden, hätte der Drang, noch einmal nachzudenken, ihn absolut überwältigen können. Er ist aber ein Malfoy. Malfoys lassen sich selbst nie manipulieren, und Draco hat nicht vor, mit dieser Tradition zu brechen.

„Ich bin sicher, dass ich dich das dann wissen lasse", erwidert Draco freundlich. Pucey wirft beiläufig einen prüfenden Blick auf seine Uhr.

„Egal. Zwanzig Minuten", stellt er fest und macht reinen Tisch in ihrer Unterhaltung.

Draco nickt. Das ist Politik.

„Ich werde da sein."

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Harry Harry Harry Harry Harry Potter Potter Potter Potter Schnatz Potter Potter Harry Harry Schnatz Potter Schnatz--

Draco zieht in der Dunkelheit zu schnell durch eine Kurve, und seine Welt wird aus ihrem engen, perfekten Fokus geworfen; der glitzernd erleuchtete Boden tief unter ihm schaudert, und er muss einen Moment lang mit geschlossenen Augen dagegen ankämpfen, dass sein Gleichgewichtssinn seinem Gehirn weismachen will, er müsste jetzt eigentlich tot sein.

Er hat kein Problem mit großen Höhen, aber er mag seine Umwelt unter Kontrolle, und die Lichter – diese Lichter können einen ganz schön irritieren.

Das genau macht die dunklen Spiele so besonders intensiv, denkt er, und lässt seinen Besen eher gleiten als rasen, solange sie nichts zu verfolgen haben. Er reagiert nicht so effektiv wie sonst, merkt er nervös; noch immer ein erstaunliches Flugmittel, versteht sich, aber da gibt es so eine winzige Verzögerung in der gewohnten messerscharfen Reaktion auf seine Befehle. Er beschließt, sich mehr zu konzentrieren, ihn zu einer weiteren blitzschnellen Tour über das Gryffindor-Territorium anzutreiben, und dieses Mal beschleunigt der Besen bereitwillig und Draco kann sich wieder entspannen.

Muss ihn halt wissen lassen, wer hier der Boss ist.

Er fühlt neben sich das Nicht-Vakuum von Potters Präsenz heranschweben, kann gerade mal den Schimmer in dessen Augen erkennen, und schon schießen sie beide wie Pistolenkugeln in verschiedene Richtungen davon, wie in einer Art unausgesprochener gegenseitiger Abstoßungsreaktion.

Das Spielfeld ist mit Magiekohlen gekennzeichnet, die in den entsprechenden Farben aufglühen, sobald ein Spieler aus einem der beiden Teams an ihnen vorbeifliegt, während die Besen alle in gefärbtem Leuchtpulver gerollt wurden, und der Quaffel und die Klatscher jeweils mit einem düsteren roten oder blauen Glühzauber versehen wurden. Im Gegensatz zu diesem kräftigen Lichtschauspiel sind die Flügel des Schnatzes nur mit reflektierenden Kristallen versehen worden, die sich im Mondlicht verändern – eine schwache und unzuverlässige Hilfe.

Im Ergebnis zeichnet sich das Spiel für die Menge dort unten in klug durchdachten Bildern gegen den mit schwachem Sternenlicht übersäten Himmel ab. Der Sport wird eher zu einer reinen Teamsache als zu individuellem Spiel, bei dem die Slytherin-Zuschauer jedem grünleuchtenden Spieler zujubeln, nicht nur Pucey oder Montague oder Bole.

Draco sieht einen Lichtblitz zu seiner Linken, schwingt eiligst herum, aber es stellt sich als diese Weasley-Viertklässlerin heraus, die keucht, während sie eine erneute Wende nach dem Quaffel fliegt. Unwichtig.

Draco umrundet das Gryffindor-Ende des Spielfeldes und verspannt sich, als er ein silbriges Blitzen hoch oben am unruhigen Ende seines Sichtfeldes wahrnimmt. Mit äußerster Konzentration schießt er mit seinem Besen los und fegt ihm nach, feuert sich selbst immer mehr an, bis es in seinem Fokus ist, und er merkt, dass es nur eine Feder ist, die vom Flügel irgendeiner über ihnen fliegenden Eule herabgeschwebt kommt.

Er neigt die Besenspitze wieder abwärts und lässt sich von der Schwerkraft beinahe vertikal wieder ins Spiel herunter ziehen. Nichts passiert, und es wird Potter abgelenkt haben, was immer von Vorteil ist. Wenn er das Ding erwischt hätte, wäre es etwas anderes, aber so wie die Lage ist, entscheidet er, hat er sich nur als flink und scharfsinnig gezeigt.

So etwas ist ohnehin nicht ungewöhnlich, zieht er Bilanz. Schon so manches von den Spielen, die Draco gespielt hat, war angehalten worden, weil sich sein übereifriger Gegner eine vorbeigleitende Silberfliege gegriffen hatte und der Kommentator die Situation falsch interpretiert und den Sieg des gegnerischen Teams verkündet hatte.

In der gespannten Stille, die einem solchen Fehler folgte, hatte Draco es öfters genossen, die Proklamation umzukehren. Keine Menge jubelt so laut wie eine, die gerade noch den Triumph aus den Klauen ihres schon feiernden Feindes reißt.

Draco hört das Klatschen von Leder auf Knochen, gefolgt von einem kurzen Schrei und einem Wuups aus den Zuschauerreihen, und hofft, dass es keinen aus seinem Team getroffen hat. Keine Zeit, sich umzudrehen und nachzuschauen, wiederum – nicht solange Potter im Zickzack um die entgegengesetzte Spielfeldecke herumtanzt wie eine Katze auf heißen Kohlen.

„Und der Quaffel geht an Johnson, an Finnigan, jetzt weiter zu Ginny Weasley – und das war ein schööööööner Schlag, hat ihn direkt in Slytherins Verteidigungszone geschickt, und kann sie das mit einem Punkt beenden, kann sie, kann sie--"

Nein, hofft Draco, der beinahe blind drauflos rast, geschockt, als sein Besen mitten im Flug Schluckauf bekommt und dann an Geschwindigkeit verliert, bis er beinahe solches  Schneckentempo fliegt wie der des Gryffindor-Hüters. Ein Jubel steigt von der Slytherinseite des Spielfeldes auf, und Draco hört tatsächlich den Kommentator vor Enttäuschung einen Atemzug ausstoßen.

Geht doch nichts über unvoreingenommene Unterstützung, oh nein.

„Zu spät", keucht Potter, als Draco hart in seinen Besen steuernd eingreift, um eine Kollision zu vermeiden, und dann kreist und steigt Potter. Draco folgt ihm auf den Fersen, schielt in die Dunkelheit hinein nach was immer Potter so aufgeregt hat. Selbst schneckenlahm hat sein Besen noch einen gewissen Biss -- der Comet Jahrhundert-Magier-Edition, während Potter noch immer an seinem alten Feuerblitz klebt – und er kämpft sich zentimeterweise wieder an Potters Schwanz heran.

Geschwindigkeit nützt allerdings nichts, wenn du nur dem verschwimmenden Mitternachtshimmel nachjagst; er blinzelt hart gegen den Wind, erhascht dann den Anblick von etwas Pfeifendem, Silbernen und haarscharf an Potters Wange Vorbeiziehendem, und wirft sich selbst in die ernsthafte Verfolgung.

Das Lumos-Pulver von seinem Besen reibt sich auf seinen Handflächen ab, lässt sie wie geisterhaft glühende Spektren vor seinen Augen auftauchen, als er nach der winzigen Kugel gerade außerhalb seiner Reichweite greift. Das ist der Schnatz, richtig? Richtig, und er zwingt sich selbst schneller voran, grabscht mit seinen scheinenden Händen durch die leere Luft.

Der Besen verschluckt sich wieder, zieht nach links. Draco flucht lautlos, versucht sich zu konzentrieren, und fragt sich, was zur Hölle eigentlich hier los sei. Er vermisst die „Manschette" seiner Schlange um sein Handgelenk, merkt er; ohne sie fühlt er sich leicht unbalanciert, und dann entschwindet das Silber endgültig, und er fegt herum, die Lichter blitzen grässlich in seinen Augen, als er Potter in die entgegengesetzte Richtung davonschießen sieht.

„Und das ist Finnigan, der knapp einem Klatscher rechts in die Hu-hahs ausweicht, und Pucey hat den Quaffel, und er macht sich auf zum Gryffindortor und nichts scheint ihn aufhalten zu können, Ladies und Gentlemen, schaut euch bloß mal diese Geschwindigkeit an und --"

Draco wendet seinen Besen und stürzt sich in die Verfolgung, aber der hüpft schon wieder, sinkt einen Meter und wirft ihn beinahe ab.

„-- und Harry Potter hat den Schnatz", brüllt Jordan, dessen Begeisterung und Triumph unfair diese Worte untermalen, und Draco dreht sich giftig auf seinem eigenen, nicht reagierenden Besen, und kann gerade noch dem Drang widerstehen, Potter auf dessen glitzernde, siegreiche Nase zu boxen.

Heutzutage ist er aber zu wohlerzogen, also hält er sich zurück.

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Pucey schaut ihn nicht einmal an, als sie die Treppen zum Slytherin-Gemeinschaftsraum heruntersteigen – und der Rest des Teams ist nicht viel besser. Draco hat das Gryffindor-Team nach einer Niederlage gesehen, all das Rückenklopfen und niedergeschlagene Umarmen, und so viel anständiges Entschuldigen, dass sogar Draco das Gefühl entwickelt, es sei einfach verdammtes Pech, dass Slytherin gewonnen hat.

„Wenn du ihn gefangen hättest, hätten wir gewonnen", giftet Montague. Draco knirscht mit den Zähnen. Er hasst es, dass er, wenn er nicht antwortet, seinerseits nach dem Kampfgesetz jämmerlich aussehen würde. 

„Wenn ihr Jungs euch nicht von diesem winzigen Weasley-Blag austricksen lassen hättet, hätte Potter vielleicht über mehr nachdenken müssen, als mir am Schwanz zu kleben", zischt er, und das bringt die jüngere Hälfte des Teams zum Schweigen und gibt Draco die Zeit, ohne allzu viele Hindernisse durch den Gemeinschaftsraum zu stürmen.

„Ich denke, wir brauchen ein neues Maskottchen", sagt Pucey mit hinterhältigem Tonfall, als Draco gerade sein eigenes Zimmer betreten will. Draco hält inne, und selbst wenn alle seine Instinkte danach schreien, dass er durch die Tür gehen und diese fest versperren sollte, dreht er sich langsam um. Würde, um jeden Preis.

Das letzte Teammitglied schließt die Tür hinter sich, und der ganze Raum verfällt in regungsloses Schweigen. Die Luft im Raum ist dick vor unterdrückter Gewalt und frisch getrocknetem Schweiß. Crabbe und Goyle lösen sich aus der Menge und schlurfen zu Draco hinüber, womit sie unwissentlich alle Blicke auf sich ziehen. Goyle hält immer noch Dracos Besen, und die Zweige schlagen auf den Boden. Pansy ist nirgends zu sehen.

„Malfoy", meint Pucey, dessen Augen schrecklich intensiv schauen, und Draco dankt sich selbst erneut, dass er vor einigen Jahren nicht dem Schwärmen erlegen war. „Gehst du etwa schon?"

Für den Bruchteil einer Sekunde weiß Draco absolut nicht, was er sagen soll. Alles, was nur den geringsten Hauch von Appell, Schuld, Furcht...

„Mein Besen war heute nacht verhext", verkündet er, und macht seine Stimme dabei hart und kalt. „Ich bin überzeugt, dass ihr es mir nicht übel nehmt, wenn ich ein wenig Zeit für mich alleine brauche, um den Schuldigen zu identifizieren und meine Rache zu planen."

Schon besser.

Crabbe steckt einen Finger ins Ohr und wühlt darin herum. Der kollektive Blick schwingt zufriedengestellt wieder zu Pucey hinüber. Draco atmet schnell und flach und leise, dann schnappt er sich seinen Besen von Goyle. Das Wuschen der missbrauchten Zweige ist in dem stillen Raum plötzlich unerträglich geworden.

„Ich freu mich dann, davon zu hören", entgegnet Pucey und reibt seine Hände aneinander. „Zünd doch mal einer das Feuer an. Sportler müssen sich warm halten."

Einer aus der Handvoll Nicht-Team-Slytherins geht schleunigst zum Feuer hinüber und lässt einen scharfen Feuerstoß auffahren. Draco hält seinen Blick weiter auf Pucey gerichtet, weil das einfach nicht alles gewesen sein kann --

„Übrigens, wegen dieses Maskottchens, Malfoy", meint Pucey gedehnt. Dracos Mund wird trocken. „Nett von dir, deine Schlange anzubieten, wenn auch unter den Umständen nur angemessen."

Ich hab nichts dergleichen – „Sie gehört nicht der Gemeinschaft", erklärt Draco angespannt. Er erkennt, wenn er in der Defensive ist. „Aber da sie so ein feines Symbol ist, hielt ich es nur für angemessen, wenn sie als Repräsentant eines so feinen Teams bekannt wird."

Es gibt keinen Applaus, aber Draco hat auch keinen erwartet; Leute, die es in dieses Team schaffen, klatschen nicht. Es gibt ein paar harte Grinser, was noch das Beste ist, auf das er hoffen konnte bei Teenagern, die immer noch unter der frischen Niederlagen leiden. Ein paar der Jüngeren sehen nicht einmal mehr sauer aus. Die Wärme des Feuers muss bei ihnen angekommen sein.

Die eiskalte Wut des Verrats entflammt in Draco. Er kann nicht glauben, dass der Quidditch-Kapitän seinen Besen für ein Machtspielchen um ein Maskottchen verhexen würde, aber die glitzernden Schakalaugen, die ihm gegenüber stehen, können kaum Puceys Schadenfreude verhehlen.

Die Brutalität dieser Entwicklung ist zum Kotzen.

„In der Zwischenzeit", stellt Draco fest und berührt Crabbe am Arm, „will ich nicht gestört werden – es sei denn, Snape persönlich wünscht mich zu sehen." Er sagt es gerade laut genug, dass es durch den Raum zu hören ist. Wieder einmal sehen die Jüngeren am meisten beeindruckt aus von der Vorstellung, dass Malfoy mit ihrem Hausleiter auch nach Feierabend auf persönlichem Fuß steht.

Crabbe nickt. Seine Gesichtszüge verändern sich minimal und verwandeln sich vor seinen Augen von dämlicher Idiot zu felsenfester Bodyguard. „Sir", sagt er.

„Gut", nickt Draco und öffnet seine Tür.

„Willst du uns nicht unser neues Maskottchen zu einer schnellen Parade rausbringen", ruft Pucey gerade leise genug, dass Draco antworten muss, um nicht taub zu wirken.

„Jetzt nicht. Sie schläft."

„Ich würde sie rausbringen", entgegnet Pucey. Seine Stimme klingt wie eine raue Zunge, die an langen, scharfen Zähnen leckt. „Einige im Team haben die ganze Woche trainiert, und hatten noch keine Chance sie zu sehen."

Was soviel heißen sollte wie: Während du hier warst und angegeben hast. „Sie schläft", wiederholt Draco gepresst. Crabbe und Goyle blecken ihre Zähne wie auf Kommando. „Morgen vielleicht."

Pucey betrachtet seine Fingernägel. „Jetzt."

„Nein." Draco schwingt den Besen herum und untersucht den Schwanz. „Ich werde nicht den Gelüsten eines Kapitäns nachgeben, der seine kleinliche persönliche Rache vor die Ehre seines Teams stellt."

Puceys Augen blitzen, und Draco fragt sich, was genau Crabbe und Goyle wohl gegen einen ausgewachsenen Psychopathen ausrichten konnten. „Malfoy", schnurrt Pucey, „ich glaube, du hast mich missverstanden."

„Ich glaube, ich habe dich perfekt verstanden", erwidert Draco seidenglatt. Unglücklicherweise steht die Menge auf Puceys Seite, weil er größer ist, und weil Draco das Match verloren hat, und überhaupt, sie wollen alle die Schlange sehen.

Draco zieht seinen Zauberstab hervor und zieht mit der Spitze durch die Luft in seinem Türeingang. „Impervius decepio inimicusa", formt er Worte mit dem Mund und spricht damit einen verschachtelten Zauber, der stärkste Schutzzauber, der ihm einfällt, eingehüllt in einen Trugzauber. Er sieht Pucey fest an. „Ich rate dir, das Selbe zu tun."

Er wählt ein beliebiges Mädchen und lächelt sie charmant an; sie blinzelt und strahlt, und er taucht ab in sein Zimmer, schließt die Tür hinter sich und lehnt sich daran zitternd an. Er hat schon zu lange nichts gegessen – daran liegt es, sagt er sich selbst.

Noch nie zuvor hat er sich dafür so dankbar gefühlt, dass er sein eigenes, privates Zimmer hat und nicht nur eines dieser pöbelhaften Himmelbetten. Zaubersprüche lassen sich gelegentlich bezüglich ihrer Wirkungsgrenzen verwirren, wenn es keine festen Wände gibt.

Er denkt nicht, dass irgendwer tatsächlich versuchen würde, wegen Granatapfel sein Zimmer zu plündern, aber der Schutzzauber wird dafür sorgen, während die Trugmaske die Leute darüber täuscht, wie stark er den Spruch tatsächlich gewirkt hat. Es ist besser, wenn keiner weiß, wie unsicher er sich plötzlich in seinem eigenen Haus fühlt, oder?

Er fegt ein paar Krümel glimmernden Staubes von seinem Ärmel, gibt dann auf und zieht sich aus, um eine saubere dunkle Robe anzulegen und sie bis zum Kragen hoch zuzuknöpfen.

Er sagt sich selbst, er fühle sich besser, öffnet dann Granatapfels Schachtel und fühlt sich schrecklich plötzlich schlechter.

Einen Augenblick lang denkt er, es sei nicht die selbe Schlange. Die schimmernden Schuppen, die seidig scheinenden Augen, der Farbverlauf -- die Kreatur auf dem Satin sieht rau und betrunken aus, wie ein gewöhnlicher Gartenregenwurm.

Sie hebt ihren Kopf bereitwillig und versucht, Dracos Finger anzustupsen; Draco lässt sie entsetzt gewähren und stellt fest, dass sie sich in der Tat wenigstens genau wie vorher anfühlt.

„Hey", flüstert er, und Granatapfel blinzelt ihn elendig an, und Draco schluckt hart. Er stellt die Schachtel auf sein Bett und neigt sie sanft auf die Seite. Granatapfel windet sich Mitleid erregend und plumpst wieder auf den Satin zurück.

Draco kommt eine plötzliche Erinnerung an das starke, geschmeidige Winden der Schlange um seinen Hals und sieht sich wütend um. Das ist kein angemessenes Verhalten von einem Malfoy-Haustier.

Er ruft sein Schlangenbuch herbei, das mit einem Plopp in sein Kopfkissen kracht. Er ist zu sehr aus der Fassung, um sich jetzt gerade Gedanken über mangelnde Kontrolle zu machen. Er öffnet das Buch und verengt seine Augen. Symptome, Symptome. Identitätsverwechslung?

Er springt direkt auf die Frageseite hinüber und der Beschwörer runzelt die Stirn. „Du misshandeltst dein Haustier", schreit er und winkt verärgert mit der Hand in Granatapfels Richtung. „Du achtest nicht gut auf sie, und das ist das Ergebnis."

Draco knurrt: „Was mache ich mit ihr, dass es ihr besser geht?"

Du machst gar nichts mit ihr", schnaubt der Beschwörer verächtlich. „ Es geht ihr gut, wenn du sie vernünftig pflegst, statt nur deinen persönlichen Gelüsten nachzugeben."

Draco kaut einen Moment lang an diesen kryptischen Worten und starrt verständnislos auf die armselige Schlangenrolle, die schlaff auf dem Schachtelboden liegt. „Was umfasst diese Pflege?", fragt er schließlich und starrt auf die Seite, die jetzt nur noch eine geschlossene Tür mit einem Schild über einem Sprossenfenster zu zeigen scheint.

Mit einem Freund zur Mittagspause.

„Hey", protestiert Draco, greift sich das Buch und widersteht dem Drang, es zu schütteln, „komm zurück, ich –-"

Brauche Hinweise, denkt er, und bricht den Gedanken ab. Er weiß nicht, wie er das Zimmer geräuschsicher machen und gleichzeitig die Schutzzauber aufrecht erhalten kann, besonders nicht, wo ihm heute selbst die einfachsten Zauber so schwer von der Hand zu gehen scheinen, und während er nicht glaubt, dass Pucey es tatsächlich noch einmal versuchen würde – nun, er hat nicht so lange überlebt, indem er seine Feinde unterschätzt hat.

Pansy? Pansy könnte Bescheid wissen, könnte helfen können -- nur ist Pansy der letzte Mensch, vor dem er Schwäche zeigen will, und der allerletzte, den er um Hilfe bitten will. Wenn sie eine erfolgreiche Zukunft miteinander haben wollen, ist es unverzichtbar, dass die Macht auf Dracos Seite bleibt.

Es ist ja auch nicht so, als habe sie tatsächlich irgendwelche Erfahrung mit einer Corculus Anguisa. Das ist schließlich der Sinn seltener Besitztümer, das niemand sonst auch nur hoffen kann, dein Verständnis zu teilen.

Harry Potter kann mit Schlangen sprechen, denkt er.

Nein. Undenkbar.

Potter versteht Schlangen.

Nein.

Draco holt sein anderes Schlangenbuch, schlägt direkt die Problemlösungsseite auf und flucht.

Mit einem Freund zur Mittagspause.

Das kann doch wohl nicht wahr sein. Das -- das kann einfach nicht sein. Er stellt sich vor, wie die beiden Schlangenbeschwörer zusammen dasitzen, über alte Zeiten klönen, über vergessene Schwänze und vergangene Schlangen, während Granatapfel unter Dracos Händen dahin schwindet.

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Er weiß nicht, wie viel Zeit er hat, bevor sich die Wand wieder zurückbaut. Mittlerweile schleunigst enthext scheint sein Besen das zu begreifen, und verdoppelt seine Geschwindigkeit, schneidet die Ecke zwischen zwei Türmchen in einem Tempo, bei dem Hooch schwindlig werden würde. Die Quidditcharena prescht ins Blickfeld, noch immer fröhlich blendend, und bronze-rote Punkte markieren die siegreichen Spieler.

Er hat es nicht riskiert, sein Zimmer durch die Tür zu verlassen. Unsichtbarkeitszauber beherrscht er noch nicht, und überhaupt, die Tür würde sich immer noch öffnen und schließen und damit einen gewissen Aufruf erzeugen. Er passt nicht durchs Fenster, es handelt sich schließlich um einen Kerkerraum, und um nichts in der Welt würde er das Zimmer unverriegelt lassen, jetzt, wo Puceys Interesse geweckt worden ist.

Also durch die Wand, die ein befriedigender Energiestrahl durchlässig macht.

Er parkt am Rande des Spielfeldes, in dem düsteren Unterholz hinter einer langen Hecke, und sichert seine Besen mit einem schnellen Zauberspruch. Es ist kein starker Spruch, aber er hat sich die Zeit genommen, das Lumos-Pulver von den Zweigen zu entfernen, und muss jetzt eben hoffen, dass sich während der Feier des Abends niemand ausgerechnet diesen Fleck als diskretes Versteck aussucht.

Ganz gegen seinen Charakter hofft er, dass sich auch für ihn niemand interessiert. Er geht so weit wie möglich hinter der Hecke entlang, und schlendert an ihrem Ende heraus. Das Gras ist niedergetrampelt und schlammig unter seinen Füßen; gegen Morgen, denkt Draco, wird es wieder frischer und gleichmäßiger Rasen sein, ungeachtet der Schönheit der Partys gewisser Leute.

Er runzelt leicht die Stirn, als er sei er in Gedanken vertief, und wandert zielstrebig in die Menge der Feiernden. Lass deinen Kopf hängen in dieser Gryffindor-Menge, und sie strömen instinktiv herbei, um dich zu trösten; lächle, und im besten Fall verdächtigen sie dich, Unfug im Sinn zu haben.

„Auf den Sieg!", ruft jemand einen Toast aus – scheinbar direkt neben seinem Ohr, und das Klingen von Gläsern hallt in seinem Hirn wieder. Er fragt sich, ob dieser Punsch, den sie da trinken, wohl so ganz den Regeln entspricht, aber dann erinnert er sich selbst daran, dass es sich schließlich um eine Gryff-Party handelt. Dumbledore wird derartige kleinere Regelverletzungen mit einem Funkeln in den Augen übersehen.

Er geht an Ginny Weasley vorbei, deren Haar sich in losen Kupferlocken über ihren leuchtenden Schultern schmiegt, und die mit einem dunklen Mädchen, das Draco nicht kennt, Händchen hält. Sie erkennen ihn auf jeden Fall und tauschen Blicke, aufgrund derer Draco ihnen am liebsten schallende Ohrfeigen geben möchte.

Die Luft riecht nach Moschus, obwohl das magische Feuer nicht raucht. Irgendwas kräuterartiges, wettet Draco, aber er hat keine Ahnung, was. Nicht Teil solcher Informationen, tut mir Leid, Sir.

Ein Feuerwerk geht hinter seinem Kopf hoch und zieht während der ganzen Dauer seines Fluges einen Chor von Aahs und Oohs nach sich. Der Boden leucht kurzzeitig rot-golden. Draco muss nicht hinsehen, um zu sehen, wie der brennende Löwe den Himmel betatscht. Der war im letzten Halbjahr auch da. Er erinnert sich, als dort einmal eine sensationell schöne Schlange war, die sich grün und silbern in einem üppigen, hellen Bogen über den Himmel wand. Ist Monate her, wenn auch noch immer heftig vermisst.

Wieder bricht ein Lärm aus, dieses Mal Anfeuerungsrufe für – irgendwas. Irgend so eine neue, wundervolle Haussache, denkt Draco bitter, und läuft ganz plötzlich Potter und seinem Hofstaat über den Weg, die gemütlich auf einem flachen Grünstreifen sitzen.

„Malfoy", sagt Potter und kommt wachsam auf die Füße hoch. Draco fragt sich, ob er wohl was getrunken hat, und denkt dann: Doch nicht der Goldjunge – Sünden werden getrennt geliefert. „Kommst du, um mir zu gratulieren?"

Nicht in deinem –- „Ja", antwortete Draco. „Warum kommst du nicht hier rüber, und ich gratuliere dir anständig?"

„Vorsicht", warnt Weasley, und Granger berührt seinen Arm.

„Ist schon in Ordnung", beruhigt sie ihn, „er hat nichts Böses vor. Ich habe ihn mit einem Kobolddetektor verwanzt, gleich als Harry von den Chaotischen Bergseen zurückkam. Er hat seitdem nicht einen boshaften Gedanken gehabt."

Ron schaut sie mit solcher Ehrfurcht an, dass Draco ernsthaft kotzen will. Potter zieht eine Augenbraue hoch.

„In diesem Fall", meint Potter, „sehe ich keinen Grund, warum ich nicht --"

„Find erst heraus, was er will", erwidert Ron, der jetzt einen Moment lang seine anbetungsvolle Aufmerksamkeit von seiner Freundin abwendet – oder vielleicht versucht er bloß, sie mit seinem Abscheu für alles Slytherinnige zu beeindrucken. „Boshaft oder nicht, man kann ihm trotzdem nicht trauen."

Oh, großartig, sie ist beeindruckt. Draco verzieht das Gesicht. „Warum fragst du mich nicht, du aufgeblasener kleiner Mistkerl?"

Rons Augen weiten sich, und er schluckt sichtbar. „Okay", krächzt er. „Was willst du von Harry?"

„Ein Wort." So leicht wird er nicht kooperieren.

Grangers Augen leuchten auf. „Worüber?", fragt sie. In ihrer Stimme klingt eine Menge unterdrückter Schadenfreude.

Den Randfiguren ist hiermit genug seiner Zeit gewährt worden, entscheidet Draco. Er verschränkt die Arme. „Das geht dich nicht das Geringste an", verkündet er steif und sieht Potter in die Augen. Zeit für die volle Packung, auch wenn es nichts als die Wahrheit ist. „Du bist der Einzige, mit dem ich bereit bin, das zu diskutieren. Kommst du mit oder nicht?"

„Ich denke, du solltest mitgehen", meint Granger, quietscht dann auf und schaut Weasley anklagend an. „Was? Das tue ich!"

Potter neigt den Kopf. „Okay", sagt er. „Dann lass mal hören, was du zu sagen hast."

Du musst mal meine Schlange untersuchen. Nichts in der Welt würde Draco hier und jetzt diese Worte laut aussprechen lassen. „Komm -– einfach mit, okay?" Er zuckt mit dem Kopf in Richtung Heckenende, wo ein paar Schritte weiter sein Besen versteckt ist.

„Wie dynamisch", grinst Granger und schubst Potters Hüfte an.

Niemand hat Draco jemals so berührt. Und was bildet die sich eigentlich ein, ihm Anti-Bosheitskobold anzukleben? Kein Wunder, dass er sich in letzter Zeit so komisch gefühlt hat, seltsam leer, als ob ihm die ganze Schadenfreude, die er zu seinem Volljährigwerden hätte verspüren sollen, gestohlen worden sei.

Bosheitsdetektor, nicht –deflektor, sagt eine kleine Stimme, die er geflissentlich ignoriert.

Er erreicht die Hecke und hält sekundenlang inne, dann tritt er dahinter in den Schatten. Es ist düster, Blätter unter seinen Füßen und über seinem Kopf, und das Licht der Feuer ist Merlin sei Dank abgedunkelt. Er hört ein Rascheln, und dann steht Potter hinter ihm. Auf seiner Tunika befinden sich noch immer schwach glühende Streifen, die schön und exotisch aussehen. Er bürstet sie wenig effektiv mit einer Hand ab.

„Malfoy?", sagt er.

Du musst mal meine Schlange untersuchen. Draco blickt sich prüfend nach Lauschern um. Potter lächelt schief.

„Ist schon okay, hat keiner gesehen. Und Hermione wird nicht zulassen, dass uns jemand folgt. Worüber wolltest du sprechen?"

Draco schluckt und überlegt es sich noch einmal. Er braucht das hier doch bestimmt nicht zu tun. Er hätte ein anderes Buch finden können; er hätte Snape fragen können, oder vielleicht hätte es sogar dieser Idiot Hagrid gewusst. Er hätte nicht herkommen müssen, ausgerechnet zu Potter. Tatsache ist, es war nur ein Ausrutscher, ein Nachlassen seiner Entschlusskraft, die er nicht hätte erlauben dürfen. Es ist nichts dabei, vage Fantasien zu entwickeln, wie er Potter nach einer Quidditch-Niederlage auf den kühlen, grünen Rasen niederdrückt, aber das er ihn hier jetzt wirklich aufgesucht hat, sollte ihm zu denken geben.

„Oh, jetzt komm schon", meint Potter und rollt mit den Augen. „Du sagtest, ich sei der Einzige, der es kann", zitiert er falsch. „Wieso das?"

Weil, denkt Draco, ich keine weitere Chance kriegen könnte.

Es gefällt ihm nicht, wenn sich die Landkarte seiner Pläne so unerlaubt verändert, und er hat nicht erwartet, dass Potter ein Festpunkt auf seiner Karte sein könnte, den er nur ungern aus den Augen verliert.

Seit er zugestimmt hat, die Position anzunehmen, die Lucius ihm im Ministerium besorgt hat, hat er begreifen müssen, dass die Zukunft, von der er geträumt hat, und die Zukunft, die ihm bevorsteht, keinerlei Ähnlichkeit miteinander aufweisen. Er ist damit einverstanden – wirklich, das ist er. Aber manchmal muss er doch kurz innehalten, und diese kleinen, mentalen Anpassungen vornehmen, die sein kürzlich verändertes Schicksal von ihm verlangen. Ganz klar, er muss sich an die Idee gewöhnen, dass er bald nicht mit Potter in der Schule ist, dass er ihn niemals auf das Gras niederdrücken wird und mit ihm tun, was er wirklich will.

„Malfoy", sagt Potter gerade. „Wolltest du mit mir reden, oder nicht?"

„Du bist die einzige Person, die ich kenne, die mit Schlangen reden kann", gibt Draco schließlich zu.

Potters Lächeln friert ein. „Es geht um Granatapfel?"

Das, ertönt Lucius' Stimme, ist, was man in der Kommunikationslehre Den Vorteil nennt. „Ja", antwortet Draco, und kämpft den Autopilot nieder, der am liebsten 'um was soll's denn sonst wohl gehen?' höhnen würde.

Wieder hört man Jubeln von der anderen Seite der Hecke, und eine zweite Salve Feuerwerk tönt den Himmel wie heiße Kohlen. Potter hat seine Arme verschränkt und sieht zunehmend verärgert aus.

„Sie ist krank", erklärt Draco und weigert sich starrköpfig, die Dunkelheit, die sich wie ein düsterer Schimmer auf Potters Wangen legt, zur Kenntnis zu nehmen. „Du musst für mich mit ihr reden."

„Ich dachte, du wüsstest, wie du dich um sie kümmern musst." Potter verzieht das Gesicht, und seine Stimme klingt kalt und messerscharf. „Oder ist jemand deines Kalibers einfach zu stolz, das Wohlergehen anderer mal vor seine eigenen Gelüste zu stellen?"

Nichts Neues. „Ich glaube, sie könnte verhext worden sein. Ich werd's in Ordnung bringen, sobald ich weiß, wie", knirscht Draco durch die Zähne. Potter betrachtet ihn mit kurzem Blick von Kopf bis Fuß, erstarrt dann, und schüttelt ungläubig den Kopf.

„Diesen Ring da abnehmen könnte ein Anfang sein", sagt er und deutet mit kurzem Nicken auf Dracos Hand. Draco schluckt und faltet die Finger über seines Vaters Ring. Der Ring? Scheiße. Woher zur Hölle wusste Potter --

„Dieser? Woher--"

„Ich bin gerade erst zurück von – na ja, irgendwo ziemlich weit weg von Hogwarts, soviel kann ich dir verraten, und ich erkenne Einfluss-Ringe, wenn ich sie sehe." Er sieht wieder erschöpft aus, und das Glühpulver lässt das Weiße in seinen Augen aufleuchten. „Was wolltest du tun, sie ertränken? Das ist furchtbar, sogar für deine Verhältnisse." Er dreht sich um und stolziert durch die Hecke zurück.

Draco rennt hinter ihm her und zieht im Laufen den Ring ab. Das macht keinen Sinn, denkt er wild, weil Lucius ihm sicherlich gesagt hätte, wenn es Granatapfel schaden könnte –- und überhaupt, was zur Hölle soll er wohl mit einem so exquisiten Ring, wenn er ihn nicht zeigen kann, um den Neid zu wecken, der dieser garantiert? Und –- was für ein Einfluss?

„Warte", bringt er gerade noch zustande, und Potter hält an, starrt böse zu ihm zurück, während er sich in helle Licht zurückblinzelt. „Was tut der Ring denn?"

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum dich das was kümmert", blafft Potter.

Zorn windet sich wie kleine Fangarme um Dracos sinkenden Magen. „Du hast doch nicht die geringste Ahnung, was mich was kümmern könnte", fängt er an, und dann passen sich auf einmal seine Augen an das Licht an, und sein Magen hüpft. Zu ihrer Linken runzelt Granger eindeutig unbeeindruckt ihre Stirn. Zur Rechten hat Lee Jordan einen Arm um Pansy gelegt, und sie lacht, während sie etwas von seinen Fingern leckt.

Draco starrt hin, und Potter folgt seinem Blick. „Oh je", kommentiert Potter mit honigsüßem Gift in der Stimme. „Sieht aus, als hättest du einen anstrengenden Tag vor dir, mit deiner betrügenden Freundin, elenden Schlange und dunklen magischen Artefakten an deinen Händen."

Scheiße, denkt Draco. Das ist eine verdammte Schande, aber er hatte in seinen kindischen Träumen immer den Verdacht, dass Potter für seine Situation Mitleid empfinden würde. Wer sollte es wohl besser verstehen können, wenn einem höhere Mächte das Leben diktierten, als der Junge Der Lebt? Draco hatte gedacht, dass sie eine Art vagen Mitgefühls über die harte Hand des Schicksals teilten, ein gelegentliches Halblächeln über die bösen Scharaden, die das Leben spielt. Stellt sich raus, dass Potter ihn wirklich hasst, und dass Potter sein eigenes Leben wirklich mag.

Draco stürmt wieder hinter die Hecke, um seinen Besen zu suchen.

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Sobald er abgestiegen ist, eilt er zum Schreibtisch. Er denkt, zumindest eines wird nun besser sein, wo er den Ring abgenommen hat -- aber Granatapfel geht es sogar noch schlechter. Ihre Augen sind nass und öffnen sich kaum noch zur Hälfte, und ihr Kopf schwingt wie betrunken hin und her, als Draco einen zitternden Finger in die Schachtel hält.

Draco fühlt einen Schwall Hasses für das Ding und piekst sie mit dem Finger. Sie zuckt und windet sich gequält, und aus ihren Augen tränt noch ein bisschen mehr zähe gelbe Flüssigkeit ihre Schuppen herunter. Abstoßend.

Er wühlt in seinem Schrank nach dem AdlerPost-Korb, in dem das Geschenk angekommen ist, und klemmt den Ring wieder sicher in sein Fach zurück.

Wenn du den Zauberspruch auf diesem Ring entziffern kannst, stellt er meinen Beitrag zur deinem Übergang ins Erwachsenwerden dar.

Dank dir, Vater. Was für ein großartiges, großzügiges Geschenk.

Du weißt, was du damit zu tun hast.

Trage ihn mit Stolz, dachte er, aber das war's offensichtlich nicht. Gebrauche ihn irgendwie, also -- aber wofür? Potter sagt, davon geht es Granatapfel schlechter, aber ihn abgenommen zu haben, scheint die Situation noch exponentiell verschlechtert zu haben. Dass Potter lügt, bezweifelt er – Sankt Potter hätte nie seinen Hass auf Draco an einer unschuldigen Schlange ausgelassen – aber warum sollte ihm Lucius dann ein Geschenk machen, dass ein anderes Geschenk wertlos werden lässt? Lucius ist kein Verschwender, wie weit man seine Vorstellungskraft auch reckt und streckt.

Potter nannte ihn ein dunkles magisches Artefakt; Draco fragt sich, ob er wohl irgendwie den Ring Potter selbst aufzwingen soll. Hitze überschlägt sich in Dracos Magen, und er muss die Fantasien, die dieser Gedanken in ihm weckt, niederzwingen: Potters Finger, Dracos Frust, Potters schließliches Nachgeben. Alberne Fantasien eines naiven Kindes, sagt Draco sich scharf. Er wird nicht mehr in ihnen schwelgen.

Nein. Der Ring ist eindeutig nicht für Potter. Zum einen weiß er, was es ist, zum anderen würde Lucius nie eine solche Aufgabe mit so wenigen Instruktionen in seine Hand legen. Der Ring ist nicht Teil des Krieges, oder zumindest kein wichtiger Teil.

Er spürt schwache Dankbarkeit, dass er Potter oder den anderen Studenten noch keinen Schaden zufügen muss. An diese Idee hat er sich noch nicht voll gewöhnt, auch wenn sie zu verabscheuen schon mal ein passender Anfang ist.

Die Schlange gibt ein Geräusch wie ein rasselndes Niesen von sich, und Dracos Magen schmerzt krampfhaft. Bei Merlins Feuer, Granatapfel. Bitte. Hör auf damit. Bitte, komm da wieder raus, werd wieder gesund --

Er erinnert sich, wie Granger von seiner mörderischen Körperwärme gesprochen hat, und wie ihr der Schlangenbeschwörer widersprochen hat, gesagt hat, Draco behandle seine Schlange gerade richtig. Er versucht herauszufinden, was sich seitdem verändert hat, schnappt sich die Schachtel, starrt auf die armselige Ausrede von einer Schlange nieder, die trübselig und steif und betäubt daliegt.

„Du siehst aus, als taugst du nicht einmal mehr als Ingredienz", flüstert Draco – voller Schrecken, dass sich seine Kehle so fest zuzieht, voller Angst vor diesem schwachen, heißen Brennen in seinen Augen.

Granatapfel schaut ihn schwindlig an.

Draco beschließt, quälend langsam, sich nicht zu blamieren, indem er tatsächlich eine Träne vergießt. Er ist ein Malfoy, und er wird nicht diesen hirnlosen Gefühlen nachgeben wegen einer Situation, die momentan einfach nicht zu seinen Gunsten steht. Es ist vielmehr angemessen, Korrektivmaßnahmen zu ergreifen, und wenn diese Maßnahmen ihren Preis haben, ist ein Malfoy immer bereit und in der Lage, diesen zu bezahlen – oder zumindest bei der Bezahlung gemein zu betrügen.

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