Quelle: http :
// www. yearningvoid. net/ calico/ lustre.html
Von: Julad und Calico
Datum: 02/2003
Übersetzung: MilenaLupin 03/2004
Inhalt: Draco wird volljährig und
bekommt ein Geschenk mit Hintergedanken. Lucius sendet einen Bindungsring,
Harry spricht mit Schlangen und Draco hat Charakterschwächen. H/D (nix für
kleine Kinder, sanfte Seelchen und Homophobe)
Rating: R
Genre: 5. Klasse AU; Drama/Romance
Pairing: Harry/Draco
Spoilers: Feuerkelch (nicht
OdP-kompatibel, nehmt's einfach hin, okay? S'ist's wert.)
Hinweis
der Übersetzerin:
Nicht meins. Harry, Draco
und Konsorten gehören JKR und zahlreichen anderen Rechte-Inhabern in Verlagen und
Filmstudios. Granatapfel, Handlung und Idee dieser fanfic gehören Julad und
Calico. Mir gehört bloß ein kiloschweres Übersetzerlexikon und die Erlaubnis
des werten Autorenduos, meinen Gehirnschmalz hier zu verschmieren. Und mein
ewiger Dank wird meiner Beta Alina nachschleichen...
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
Schimmer
von Calico und Julad
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
„Okay", flüstert Harry entschieden, als sie oben im Schloss auf dem Treppenabsatz zum Turm stehen, „Schritt Zwei."
„Zwei was?", fragt Draco. Harry ignoriert ihn. Gemeinsam, jetzt Seite an Seite, Harrys Arm um Dracos Taille, Draco die Schachtel mit Granatapfel sicher an der Brust – beginnen sie, die Treppe hoch zu schleichen.
Nach etwa dreißig Sekunden entspannt Draco sich. Die Korridore sind nur Korridore, wenn auch ein bisschen dunkler als sonst. Er zuckt nur, als sie um eine Ecke biegen und beinahe durch den Beinahe Kopflosen Nick hindurch spazieren. Harry hält seine Hüfte gequetscht, während sie zurückweichen und einen Moment abwarten, bis Nick lautlos in die Düsternis davon geschwebt ist. Draco ist sich nicht sicher, ob das Quetschen als Beruhigung gemeint ist oder als bloßes Grabschen, aber er ist eh mit beidem einverstanden.
Die Fette Dame öffnet ein Auge, als Harry „Drachenschuppen" sagt, und wedelt mit dem Zeigefinger in ihre Richtung.
„Höchst regelwidrig", schilt sie. Dann reckt sie sich, blinzelt und strahlt. „Aber Gratulation zu Ihrem Sieg, junger Mann. Ein guter Fang, wenn man den Wasserspeiern vom Schlossdach glauben darf."
Das war erst heute Abend, denkt Draco. Er lehnt sich schwer gegen Harry, als sie den Gryffindor-Gemeinschaftsraum betreten, schielt gegen das plötzliche grelle Licht der Lampen und des Kamins, und wird stocksteif bei dem Lärm, den ein Dutzend Feiernde machen. Rotes Haar überall, und Hermione wie immer ihren Wuschelkopf über Rons gebeugt. Draco grübelt, ob er jetzt wohl aufhören muss, sie in Harrys Gegenwart zu beleidigen, aber wie sollte er sich wohl zurückhalten können?
Natürlich sind sie alle noch am Feiern, die Älteren, und sitzen über Fotos triumphierender Gryffindor-Vorgänger gebeugt da und kichern über Apfelchampagner. Warum sollten sie auch nicht?
„Probier das hier mal! Ist besser, ehrlich", bestätigt einer der Zwillinge; der andere gießt mit einem Grinsen und einer schwungvollen Bewegung eine sanft rauchende Flüssigkeit ein und drückt Johnson das Glas in die Hand. Die Kameradschaft in dem Zimmer ist wie ein leises Dröhnen, warm und aufdringlich. Draco hält den Atem an und sieht den Boden unter ihren Füßen dahinziehen – erleichtert, dass Harry geradewegs auf den Schlafsaal zu strebt.
„Wir haben den Confundus dieses Mal durch einen Spiegel gemacht", vertraut ihr der zweite Zwillinge stolz an, „also solltest du davon jetzt nicht mehr umkippen--"
Draco erwischt sich selbst bei einem frechen Grinsen, als sie ohne weiteren Zwischenfall die Treppe hoch und in die ruhige Dunkelheit hoch gehen. Er verspürt keine Bitterkeit mehr wegen des Spiels, merkt er mit einem überraschten Schock. Es war bloß ein Spiel, und davon wird es noch mehr geben, und er hat immer noch den besten Besen und einen Riesenhaufen angeborenen Talents zum Fliegen. Er hat immerhin beinahe den Schnatz mit einem verhexten Besen gefangen.
Quer durch den Raum schnüffelt und seufzt jemand, und Harry steuert Draco auf ein ziemlich unordentliches Bett zu. „Setz dich da hin", wispert er und drückt Draco neben dem Kissen auf die Matratze hinunter. „Bin in einer Minute zurück", verspricht er, schlüpft unter dem Umhang hervor und geht zu einer niedrigen Kiste hinüber, die neben der Wand steht.
Draco beobachtet ihn, wie er auf die Knie sinkt und darin herumwühlt; er ist leise, effizient und ernsthaft. Mit einem Aufblitzen seiner Erinnerung stellt ihn sich Draco nackt vor, mit ausgebreiteten Armen gegen die Kiste gelehnt, und dann wirklich sehr laut.
Er mag den Umhang.
Draco überlegt, er könne sich malerisch auf Harrys Bett zurücklehnen, ein Knie hochgezogen, die Finger lässig über seinen Bauch wandern lassen – aber die Wirkung wäre verloren, weil er, nun ja, unsichtbar ist, und Draco war noch nie der Typ, der eine Pose verschwendet.
Harry sieht nervös zum Bett herüber, und Draco piekst zweimal mit dem Finger ins Kopfkissen, um zu zeigen, dass er seine Aufmerksamkeit hat. Als Harry zurückkommt, rutscht er ein Stück zur Seite, aber nicht so weit, dass Harry sich tatsächlich mit aufs Bett setzen könnte, ohne sich mit entschiedener Intimität eng an ihn zu pressen.
„Hier", flüstert Harry, rollt sich auf den Bauch und schlägt das Buch auf dem Kopfkissen auf. „Lumos Candela. Das ist das Kapitel. Du solltest es wohl besser mitnehmen."
Draco träumt davon zu bleiben, in dem schwachen Licht unsichtbar auf Harry gelehnt zu liegen und über seine Schulter zu lesen, und ihm mit einem Knabbern an seinem Ohr das Signal zum Umblättern zu geben.
Wenn es außer Kontrolle gerät, sind hier vielleicht vier andere Jungen in Hörweite, ganz zu schweigen von den besoffenen Idioten unten.
„Nun ja", gibt er zu, „schon. Aber du kannst mich wenigstens noch zur Tür bringen."
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
Mit schwungvollen Schritten wandert Draco zurück durch die Flure, schwingt Granatapfels Schachtel als vorgeschobene Ausrede für die Verletzung der nächtlichen Ausgangssperre, und lässt sie sich wie ein Geburtsrecht um sein Handgelenk winden. Er entscheidet sich, aus seinen katastrophal zerzausten Haaren und dem, wie es ihm scheint, unanständigen Strahlen Vorteil zu ziehen.
Indem er Snape anbetet, weiß Draco, zeigt er lediglich für einen Slytherin guten Geschmack. Während ansonsten keiner der Proleten hier in der Schule den Mann zu schätzen weiß, macht sein loyales Haus die Idiotie dieser Undankbaren mehr als wett. Snapes Wohlmeinen ist eine hoch geschätzte Währung in Dracos Welt. Und wo denken seine Slytherin-Hausgenossen schließlich, sei er wohl die ganze Zeit gewesen?
Er fragt sich, ob es ein Sakrileg sei, Harrys Gute-Nacht-Kuss noch einmal in Gedanken zu durchleben, in den Umhang gehüllt und einfach nur süß, während er die Schwelle in den Slytherin-Gemeinschaftsraum überschreitet.
Wahrscheinlich. Er reibt sich heftig über die Lippen, um ja dafür zu sorgen, dass sie blutunterlaufen aussehen, lächelt und stolziert durch die Tür.
Ein paar sind noch auf. Millicent und Blaise sind am Lernen, während der kleine Baddock und Pritchard im Wettstreit Streichholztürmchen auf dem Teppich bauen. Pucey hockt alleine in einem Ohrensessel und starrt wütend ins Feuer. Pansy hat sich jetzt über Goyle ausgebreitet, den Kopf in Crabbes Schoß. Sie schläft fast, und Crabbe streichelt ihre Wange in tiefer, hohläugiger Konzentration. Draco rollt beinahe die Augen: Ihre Wahl an Gefährten wird zunehmend trivialer und aufdringlicher – sogar nach Slytherin-Standards.
„Du bist spät dran", grollt Pucey und wirft Draco einen bösen Blick zu.
Draco reckt sich genüsslich und lässt dabei eine Art postkoitales Zittern durch seine Muskeln laufen. „Nun ja", antwortet er langsam und gedehnt, bis er merkt, dass er ihre Aufmerksamkeit fest an sich gerissen hat, „ich war ein bisschen länger bei Snape als geplant, aber ich kann euch versichern, dass es in jeder Hinsicht ausnehmend gut lief." Er kann einfach nichts gegen dieses Gerade-gut-durchgenommen-Grinsen auf seinem Gesicht tun, und, als er ihre Reaktionen sieht, will er es nicht einmal mehr versuchen.
Pucey schielt ihn an. Seine Augen glitzern bitter im Schein des Feuers. Eins von Pritchards Streichhölzern schießt hervor, begeht einen raschen Sabotageakt, und die empörten Aufschreie von Baddocks zusammenstürzendem Turm klingen sehr laut in der plötzlichen Spannung, die im Raum herrscht.
Draco erinnert sich wieder an die Hitze und das Beben in Harrys Brust unter seinen Händen, als Draco ihn gegen die Wand neben der Fetten Dame gepresst hielt und mit einem vorwitzigen Schenkel seine Beine sanft auseinander drückte -- und diese Erinnerung lässt er auf seinem Gesicht erkennen, während er die versammelte Mannschaft mustert. Pansys Augen liegen auf ihm, blitzen vor Eifersucht, bemerkt er, und lächelt abgelenkt über sowohl den Grund wie auch die Auswirkungen seines Strahlens.
Er schwenkt seine Aufmerksamkeit wieder zu Pucey zurück und richtet sich auf. Sein schlangenverzierter Arm wandert hoch, um die verwuschelten Haare zu glätten.
„Ich war in einer zu guten Stimmung, um dich reinzureißen", erwähnt er mit der großzügigen Grausamkeit, die ein Markenzeichen seines Vaters ist. „Aber ich werde deine kleine Intrige so schnell nicht vergessen. Und jedem anderem", fügt er mit einem kalten Blick auf die Anwesenden hinzu, „der sich in Zukunft Freiheiten mit Granatapfel herausnimmt, wird, das verspreche ich, sowohl mir als Snape gegenüber dafür gerade stehen."
Er nickt knapp, stapft zu seinem Zimmer hinüber und überlässt sie ihrem gemeinschaftlichen Schmollen. Sie haben alle so elend ausgesehen, denkt er, als er sich auf das Bett fallen lässt. Blöde Idioten.
Er ist beinahe zu müde, um das Licht an zu zaubern, aber kann auch nicht der Versuchung widerstehen, zu bewundern, wie sehr Granatapfel jetzt glänzt, wo er wieder Freude empfindet. Dann also sanftes Licht, das sie sich in die Brust werfen und schimmern lässt.
Ihre Schachtel setzt er auf dem Schreibtisch ab, und sie schlängelt sich daneben hinunter – eine majestätische, seidige Schlange, die in stiller Anbetung durch seine Finger gleitet. Er seufzt glücklich und legt sich auf seinem Bett hin. Dann erstarrt er: Auf dem Kissen liegt eine einsame Feder – eindeutig nicht von einer Eule.
Er schaut sich im Zimmer um und sieht den Malfoy-Falken neben dem Fenster Wache stehen ohne auch nur eine Feder zu rühren. Seine hellen Augen zeigen mörderischen Ernst. Er hält einen Brief mit Lucius' marmoriertem Siegel, geschrieben auf Papier, das, wie Draco weiß, mit einem Zauber gegen Beschädigung durch die einer polierten Klinge gleichkommenden Schärfe des Vogelschnabels geschützt ist.
Draco zuckt zusammen und seine Atemluft verlässt abrupt die Lunge. Es ist noch nie vorgekommen, dass dieser spezielle Bote zugelassen hat, dass eine Nachricht ungelesen bleibt, oder ohne Antwort wieder zurück fliegt. Die einzige Gewalttat, die dieser Vogel nicht begehen wird, ist ein Verletzen der Schreibhand.
Es ist in Ordnung, denkt Draco und wischt sich die Hände an seiner Robe ab. Es geht ihm jetzt gut. Er hat das Buch. Er wird es rauspuzzeln und eine angemessene Antwort formulieren. Schließlich hat er die Kunst der Diplomatie von Lucius persönlich gelernt. Er hat wirklich nichts zu befürchten.
Er öffnet das Buch in dem Kapitel, das Harry gedankenvoll mit einem Glühen markiert, und lässt seine Finger die Seite hinunter wandern. Der Falke bebt vor Zorn und stakst zur Bettseite herüber, wobei er den Brief in Dracos Blickrichtung ausstreckt.
„Placos", befielt Draco. Das wird den Vogel vielleicht zehn Minuten ruhig halten, wenn er Glück hat. Es wird reichen müssen.
Er blättert die Seite um und findet eine kleine Abbildung – ja, seines Ringes. Es dreht sich gemächlich, glänzt vor einem schimmernden Hintergrund blauen Samtes. Das Edelsteinherz der Schlange blitzt in einem teuren, satten Grün. Das Schlangenherz, liest Draco. Aus der Coniuaratius-Familie; umgangssprachlich auch einer der Union-Ringe genannt.
Eine verbundene Union, mutmaßt Draco. Er trägt das Buch zu seinem Schreibtisch hinüber und setzt sich langsam hin. Ein paar Teile des Puzzles fallen an ihren Platz.
Der Falke bewegt sich unruhig, um ihn im Blick zu behalten, und Draco beeilt sich, überfliegt die Passagen. Union-Ringe... selten, unschätzbar, einzigartig geschmiedet... vom Mondlicht poliert, der Edelstein alchemisiert aus... Kreatur... aha.
Der Edelstein muss aus der ersten Haut, die die Kreatur abwirft, alchemisiert und in im Mondlicht geschmiedetem und in Gift gelöschtem Silber fixiert werden. Der Zauber wird gesichert, sobald der Ring der Braut präsentiert wird, zu welchem Zeitpunkt ein Ritual aus gemischtem Blut die Fruchtbarkeit der Vereinigung garantiert.
Unterhalb dieser Worte sieht man ein Bild eines blonden Jungen, der entschieden gegen die Tränen in seinen Augen anblinzelt, während er eine exquisit gebogene Silberklinge über seine Daumenkuppe zieht, dann leicht den Bauch seiner schwarzen Schlange aufschlitzt und beobachtet, wie das dunkle Blut bereitwillig in eine Silberschüssel tröpfelt. Die schwer verschleierte Braut sieht zu. Auch aus ihrer Fingerspitze tröpfelt es, und auf dem Boden der Schüssel liegt der Ring und glüht.
Draco zwingt sich selbst auszuatmen und legt das Buch für eine Minute zur Seite. Granatapfel schlängelt zu ihm und windet sich um seinen Arm, ein fester, sicherer Trost. Draco bemerkt, dass er zittert.
„Sie werden dir nicht weh tun", murmelt er, und sie gleitet zurück auf den Schreibtisch hinunter und wirft sich in Pose. Sie scheint nicht mehr auf jede Nuance seiner Stimmungen zu reagieren, stellt er fest. Sicherlich spürt sie dieses oberflächliche Entsetzen nicht, oder höchstens als Drang, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Er überspringt den Rest des Abschnittes mit den Vorbereitungen und kehrt zur Anwendung zurück, liest den Teil und runzelt die Stirn.
„Mit den Augen der Schlange zum Herzen getragen", liest er leise und versucht sich zu konzentrieren, obwohl sich der Falke neben ihm wieder regt, „überträgt der Ring die Emotionen des Bräutigams auf die Braut. Mit den Augen der Schlange auf die Welt gerichtet, übermittelt die Braut ihre Emotionen der Schlange."
Er sieht Granatapfel an; sie beobachtet ihn freundlich, zu einer ordentlichen Pyramide aufgerollt, mit halbgeschlossenen, funkelnden Augen. Draco versucht sich zu erinnern, auf welche Weise er den Ring getragen hat. Mit den Augen der Schlange auf ihn gerichtet, denkt er. Was bedeuten würde, dass er... seine eigenen Emotionen empfangen hat?
Und sie wieder an Granatapfel zurück gesandt hat, durch ihre Bindung, um sie nur wieder zurück zu bekommen. Alle Furien der Hölle, begreift er: Ein Teufelskreis aus Ekstase oder Todesqualen. Er beschließt fest, das nicht wieder zu tun.
Als er gerade zum Weiterblättern ansetzt, schüttelt der Falke seine Schwingen herrschaftlich aus, streckt ihm den Brief hin und stößt sogar bedrohlich damit vor, als Draco nach seinem Zauberstab greift.
Fein.
Da ihm sonst nichts weiter einfällt, nimmt Draco den Brief und bricht das Siegel.
Draco, ich kann mir nicht erklären, was du damit zu erreichen hoffst, dass du meine Korrespondenz ignorierst. Antworte mir direkt: Hat sich die Corculus Anguisa mit dir verbunden? Und hast du Miss Parkinson den Ring gegeben? Ich werde keine weiteren Verzögerungen hinnehmen. Die Verlobung muss jetzt erfolgen, um den Anstand zu wahren, da die Hochzeit unmittelbar nach dem Abschluss deiner ZAGs und deinem Verlassen Hogwarts' stattfinden wird.
Aha, denkt Draco und lehnt sich in die Kissen zurück. Der Dunkle Lord will mehr Kinder, da diejenigen aus seinem letzten Regime am Rande des Erwachsenwerdens stehen. Die vorige Generation hat ganz offensichtlich für seinen Geschmack zu wenig Kinder produziert.
Granatapfel verliert zusehends die Farbe, und er stellt sich die müßige Frage, ob es wohl besser oder schlimmer sei, wenn sie jetzt stirbt. Solange sie am Leben ist, ist sie gleichermaßen eine Pforte zu Dracos tiefsten Gefühlen wie eine Geisel für Pansys Glück. Er kann sich nicht vorstellen, dass mit Blut gebundene Vereinigung mit magisch garantiertem Nachwuchs je etwas anderes sein könnte als ein guter Nährboden für endloses, niederschmetterndes Elend – und der Ring liefert sowohl Draco als auch Granatapfel Pansys Gnade aus.
Besser wenn die Schlange jetzt stirbt, denkt er. Wie auf Kommando beginnt Granatapfel ihren Todeskampf.
Der Falke kneift in sein Ohr, nicht gerade sanft, und Draco reicht geistesabwesend hoch, um mit der Hand das tröpfelnde Blut wegzuwischen. Dieses Schicksal ist so viel schlimmer als das, das er erwartet hat. Es ist beinahe beschämend zu begreifen, dass ihn aus Hogwarts herauszunehmen nur einem derart prosaischen Zuchtzweck dient. Es macht natürlich Sinn – wenn er Lucius wäre, würde er so ziemlich das Gleiche tun, und sich nicht einen Deut darum scheren, wie sich wohl sein Sohn in dieser Rolle fühlt. Noch viel weniger das Mädchen, versteht sich, und am allerwenigsten die Kinder in einer Familie, die so von Grund auf dazu verdammt ist, sich gegenseitig zu hassen.
Bei der Vorstellung eines Weihnachtsfestessens in fünfzehn Jahren schluckt er ein hysterischen Auflachen herunter : Sein Vater schneidet den Truthahn, seine Mutter sitzt da in perfekter Pose und ätzendem Schweigen, Pansy trinkt sich selbst in Koma, und ein Dutzend blonder Kinder boxen sich böswillig gegenseitig, wer die Sickels im Weihnachtspudding haben darf. Er selbst, verziert mit einer dumpfen, leblosen Schlange, die jede Regung hinter seiner lebenswichtigen Maske verrät. Der Dunkle Lord wird natürlich am Kopf der Tafel thronen und seine Schöpfung mit Wohlgefallen betrachten.
Der Falke schlägt mit seinen Flügeln auf ihn ein, greift dann eine Klauevoll seines Haars und reißt es aus. Die Hysterie tritt jetzt offen hervor, während Granatapfel auf den Schreibtisch neben dem Buch und seinem Brief keucht und pfeift. Er kann das nicht tun. Gefesselt werden an ein Mädchen, das ihrerseits ans Wochenbett gefesselt würde – daran ist nichts Neid erweckendes, Großartiges oder auch nur Würdevolles. Auch wenn Pansy für einen Sickel mit dem halben Gryffindor-Quidditchteam schlafen würde, und mit dem ganzen Slytherin-Team für einen Knut – auch wenn eine Heirat mit ihr ihm nur lebenslanges Tragen der Hörner verspricht, die sie ihm aufsetzen wird – kann er sich nicht dazu bringen, ihr dieses Schicksal aufzwingen.
Ein stechender Schrei und ein scharfer Schmerz in seiner Schulter richten seine Aufmerksamkeit auf den Falken, der inzwischen die Schreibfeder in die Tinte getaucht hat und sie nun auf einem leeren Pergament hockend für Draco bereit hält. Dracos Verstand ist leer, aber er akzeptiert beides dennoch: Er hat nicht wirklich eine Wahl.
Lieber Vater, schreibt er hastig, als der Falke die reglose Federspitze wild anstarrt. Ich würde mir lieber selbst mit einem Zauberstab die Augen ausstechen, als Pansy für deine Zwecke zu heiraten. Du kannst deinen Lord informieren, dass solche Pflichten weit unter meiner Würde stehen, und darüber hinaus, dass der Meister der Zaubertränke Snape über eine Impotenzmedizin verfügt, die es ihm vielleicht ermöglicht, sich solche Aufgaben in Zukunft selbst zu erfüllen.
Zweifellos bringt dich meine Ablehnung in eine peinliche Situation, aber vielleicht bist du bereit das zu übersehen, zumal meine Vorliebe, Harry Potter zu vögeln, eine viel größere Sünde gegen den Namen der Familie und eine viel ernsthaftere Bedrohung gegen Voldemorts Pläne für dynastische Leibherrenschaft darstellen.
Dein getreuer und gehorsamer Sohn, Draco.
Er rollt das Pergament sorgfältig auf, fixiert es mit einem Wachstropfen und setzt sein persönliches Siegel darauf. Granatapfel würgt lauthals, während er den Zauber gegen neugierige Augen und den Fluch gegen alle außer seinem Vater, die das Siegel brechen wollen, wirkt.
Er war ein Narr zu glauben, dass ein paar gestohlene Augenblicke mit Harry Potter in einem einsamen Turm irgend etwas ändern könnten. Er ist der Sohn seines Vaters, und in der Konsequenz seines Vaters Wünschen unterworfen. Es gibt nichts, das er oder irgend jemand sonst tun könnte, um die Zukunft zu verhindern, die Lucius für ihn arrangiert hat. Nicht einmal der Junge Der Lebt kann Draco in Hogwarts halten, wenn sein Vater ihn woanders sehen will, um die Pläne der Familie voranzubringen.
Scheinbar wie ein wahrer Malfoy scheint Granatapfel auf die theatralischste Weise zu sterben, die nur möglich ist. Sie windet und verdreht sich, die Fangzähne gebleckt, der peitschende Schwanz verursacht ein Chaos auf Dracos elfenbeinernem Schreibtischset.
Fast wie die Auswirkungen von Cruciatus, bemerkt Draco. Er sieht, wie sich seine Zukunft in eine verdammte Hochzeit und endlose Kinder verbindet, er durch seine Schlange und seinen Ring an Pansy gebunden wird, und vielleicht kriegen sie auch das Dunkle Mal als Hochzeitsgeschenk, denn welch größere Ehre könnte man ihnen wohl gereichen?
Granatapfel zuckt in Krämpfen. Ihre Schuppen blitzen in einem kränklichen Grau. Vielleicht stirbt sie auch nicht, denkt er dumpf. Vielleicht kann sie gar nicht sterben, bevor er stirbt, fügt sein Verstand hinzu, und das würde sein Vater nicht erlauben, also wird es nicht passieren. Sie wird einfach nur leiden und leiden und leiden --
„Nein, schhtt", sagt er schnell, als ihn dies aus seiner seltsamen Betäubung reißt. „Keine Sorge. Ich werd's nicht absenden. Ich werd mir was anderes einfallen lassen." Er nimmt sie hoch, und sie versteift sich, gleitet in seine Armbeuge und lässt den Kopf still hin und her baumeln. „Das werde ich", verspricht er. „Ich werde den gehorsamen Sohn spielen, und ihn dann überzeugen, uns in Hogwarts zu lassen, und dann werde ich Pansy warnen, und wir kriegen schon was raus."
Mit seiner freien Hand greift er nach dem Zauberstab und levitiert den Brief. Er sammelt seine ganze nachlassende Stärke, bevor er seinen besten rituellen Opferzauber darauf richtet – aber der Falke kreischt und fegt hoch, bricht seine Konzentration, ergreift den Brief und schießt wie ein Pfeil davon.
Draco heult auf, rennt dann zum Fenster, sticht den Zauberstab durch die Luft und schreit, schleudert ihm jeden Zauber und Fluch nach, der ihm in den Sinn kommt, Sammelzauber, Rufzauber, Desintegratorsprüche, Zaubernebel, Orientierungsverwirrer -- und am Ende sogar Avada Kedavra -- aber der Falke ist längst fort. Granatapfel würgt schon wieder. Draco muss sich am Fensterbrett festklammern. In seiner gepressten Kehle steigt die Galle auf.
Der unterbrochene Opferzauber hat ein Quidditchposter an seiner Zimmerwand getroffen, erkennt er reglos. Während die Übelkeit langsam nachlässt und erträglich wird, legt sich wieder die frühere Abgestumpftheit über seine Gefühle. Kleine Medizauberer ballen sich um den kleinen grün-silbern gestreiften Sucher, dessen Besen unter seinem Hintern weg geopfert wurde, während kleine Wachhunde die kleine Zuschauermenge von den rauchenden Ruinen der halben kleinen Zuschauerränge fernhalten.
Zornig schlitzt Draco mit aller Macht eine Verschwinde-Rune über das Bild und lacht dann in verbittertem Unglauben auf, als ein rot-gold gekleidetes Team ins Feld fegt, von deren Spielern einer den Schnatz umklammert hält. Er dreht ihm den Rücken zu, und wieder macht sich der Himmel über ihn lustig, dessen glitzernden Licht die dunkle Gestalt eines Falken erleuchtet, dessen Schwingen ihn zurück zu seinem allmächtigen Meister tragen, und mit ihm die allergrößte Dummheit, die Draco je begangen hat.
Erschöpft steht Draco da und starrt hinterher, bis der Falke längst entschwunden ist und Granatapfel so leblos wie ein schmutziges Seil daliegt, das jemand achtlos auf seinen Schreibtisch geworfen hat.
Er wirft sich aufs Bett und rollt sich zusammen, umfasst seine Knie. Nun beobachtet er sie, wendet den Sternen seinen Rücken zu. Seine Dummheit mit dem Brief pocht ihm wieder und wieder durch sein Hirn. Keine Lüge auf der Welt wird Lucius überzeugen, dass er seine Worte nicht gemeint hat. Jetzt bleibt ihm wirklich nichts mehr übrig, als auf das Unvermeidliche zu warten.
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
Er versucht, nicht zu denken, aber das ist vergebliche Liebesmüh. Im Grunde hat er soeben seinen Vater informiert, dass weit strengere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Dracos Gehorsam zu erreichen. Er hat eine Beziehung zu Harry Potter zugegeben, und sein Vater ist niemand, der müßig sitzen bleibt, wenn sich eine solche Gelegenheit bietet. Es hat auch keinen Zweck, Harry zu warnen. Wie immer man Draco gegen ihn benutzen wird, wird dies von einem ganzen Team Todesser-Experten durchgeführt und mit dem gesamten Inhalt seines Gedächtnisses unterstützt werden. Draco wird darüber keine Kontrolle mehr haben, und Harry keine Ahnung. Verglichen damit war ein Blut-Bund mit Pansy geradezu idyllisch.
Nicht dass das Bekenntnis seiner Beziehung zu dem Jungen Der Lebt ihn vor der Hochzeit bewahren würde, versteht sich – nicht, wenn der Dunkle Lord mehr Kinder in seinen Rängen will. Pansy wird ihn mit einer Leidenschaft hassen, die sich aus Jahren bitterer Fesseln und zerschlagener Vorhaben kristallisieren wird, und er wird sie und sich selbst mit dem selben exklusiven Feuer hassen.
Der Himmel färbt sich schließlich pink und verblasst dann. Das Zimmer füllt sich mit fremdartigen Schatten. Granatapfel hat sich noch immer nicht gerührt.
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
Als Goyle ihm seinen Frühstückskaffee und den Morgenbericht bringt, ignoriert Draco ihn. Sein Magen rührt sich nicht einmal bei dem intensiven Duft; er hat seit dem Mittagessen gestern nichts mehr gegessen, aber mal ehrlich, eine so weltliche Sorge wie Hunger ist nun wirklich unter seiner Würde.
Goyle blinzelt verwirrt. Er sieht das reglose Reptil auf dem Schreibtisch und zieht sich schnell wieder zurück.
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
Die Zeit kriecht in einer Weise, dass Draco sich beinahe durch den Sonnenstrahl, der langsam über seinen Schreibtisch kriecht, unterhalten fühlt. Granatapfel zuckt nicht einmal, als sich das Licht auf sie legt, und ihre Augen spiegeln ein glasiges Nichts in Dracos Richtung.
Er starrt zurück in dem Verständnis, dass er, wenn die Sonne ihn erreicht, sich bewegen muss oder die Sonne wird ihm die Augen versengen, aber er ist zufrieden damit, hier zu sitzen und zu warten, denn was sollte er wohl sonst tun? Er weiß nicht, wie man den Zauber rückgängig macht, und es ist sowieso sinnlos. Auf die Sonne warten, auf seinen Vater warten, darauf warten, dass seine kostbare Schlange mit einem letzten, gequälten Atemzug davon scheidet -- ihm ist alles egal.
Die Zeit beschleunigt sich wieder, als die Tür von alleine aufplatzt: Dieser Eintritt ist nur für einen Mann typisch, und Draco fährt herum und starrt wütend in die Sonne und sieht einen Blitz seidigen Silbergoldes und flucht.
In diesem Augenblick, wo es endgültig um ihn geschehen ist, stellt er fest, dass er sein Schicksal nicht akzeptieren will wie so ein schwächlicher, kriechender Speichellecker, und das wird er auch nicht – nicht solange er noch seinen Zauberstab heben kann; er wirft Ninguesius und dann Erstarre auf die Gestalt, die der Schneesturm nun preisgibt, tritt die Gestalt aus Prinzip noch ein paar Mal, sendet noch einen Petrificus Totalus hinterher, und einen Obmutesco, nur um sicher zu gehen, und dann einen Finite gegen den Unsichtbarkeitszauber.
Der Finite zeigt keine Wirkung. Er versucht es mit Aclaro und dann Aperio, bevor er begreift, dass es ein Umhang ist wie der, den Harry hat.
„Accio Umhang", befiehlt Draco und fragt sich, wie weit und wie schnell er jetzt wohl rennen muss, um seinem Vater zu entkommen. Zumindest wird er in der Lage sein, ihm erst noch in die Augen zu sehen, denkt er, während der Umhang in seine Hand schießt, und er herabsieht auf die zusammengesunkene Gestalt seines Vater --
seines --
oh.
Scheiße, denkt Draco und stürmt hinüber an die Stelle, wo ein irgendwie blau gefleckter und extrem zusammengekrümmter Harry zu ihm hoch starrt wie ein versteinerter, verprügelter, sprachloser und unbestreitbar sichtbarer Eisklumpen.
„Na, was hast du denn erwartet?", murmelt Draco verlegen, entfernt die Zaubersprüche wie Spinnweben, hilft ihm schließlich auf die Füße und Ruft ein Handtuch.
„Was meinst du – was habe ich erwartet?", fährt ihn Harry an und rubbelt wild durch seine Haare. „Was hast du denn erwartet? Entschuldige mal, sollte ich vielleicht den geheimen, magischen Umhang abnehmen, während ich mich noch in deinem Gemeinschaftsraum befinde - zu dem ich mir, wie ich betonen möchte, auch noch hochgradig illegalen Zutritt verschafft habe, nur um deine Deckung noch ein bisschen gründlicher zu ruinieren? Da hab ich wohl wirklich nicht richtig nachgedacht."
Einen Moment, während er der verärgerten Stimme unter dem feuchten Handtuch zuhört, bedauert Draco den Verlust einer Zukunft, die er, ganz kurz, für nicht unmöglich gehalten hatte.
Harry wirft das Handtuch auf den Fußboden und starrt ihn weiter böse an. Er sieht aus wie ein Modell aus einer dieser Broschüren für Erlebnisbäder, denkt er sehnsuchtsvoll, wenn auch ausnehmend wütend. „Du warst nicht beim Frühstück", erklärt Harry, „und dann hab ich gehört, dass Granatapfel tot sei."
Die Welt schwingt wieder ordentlich zurück an Ort und Stelle, und Draco winkt achtlos in Richtung Schreibtisch. „Wenn sie jetzt noch nicht tot ist, wird sie es bald sein."
„Nein!" Harry geht zu Granatapfel hinüber und nimmt sie in die Hand, streichelt ihren regungslosen Körper und starrt Draco über ihren Kopf hinweg an. „Warum?"
„Weil ich meinem Vater den Gehorsam verweigert habe, und er das weiß."
„Oh", meint Harry, ohne allzu beeindruckt zu klingen. „Richtig." Er trägt Granatapfel zu Dracos Kopfkissen hinüber und lässt sie sanft darauf hinabgleiten, kickt seine Schuhe beiseite, bevor er sich neben ihr auf das Bett niederlässt. „Hey da", flüstert er ihr zu, und streichelt ihren Kopf sanft mit einer Fingerspitze. „Ist schon in Ordnung, keine Sorge. Schhh."
Draco starrt ihn an. Schwärze breitet sich in ihm aus. „Oh", äfft er Harry nach, „ist schon in Ordnung. Gar nichts passiert. Richtig?"
„Gib mir den Ring", befiehlt Harry und sammelt Granatapfel in seiner Handfläche auf.
„Warum?", fragt Draco nachdrücklich.
„Ich will ihn einfach", sagt Harry. „Ich muss dir was zeigen", und er ist einfach zu entspannt und selbstsicher und sexy, und Draco denkt, wenn er seinen Brief erhält, wen genau würde Lucius wohl--
„Scheiße", keucht Draco, dem ganz kalt wird, weil, Vielsaft, Scheiße. Mit eisiger, zitternder Hand richtet er seinen Zauberstab auf Lucius. „Bleibt verdammt noch mal weg von mir, Vater."
Lucius schielt und schiebt seine Brille gerade. „Okay", stellt er fest, „jetzt ist nicht die Zeit für deine Neurosen, Malfoy. Ich wette, dein Vater weiß nicht, was ich dir letzte Nacht über den Sprechenden Hut erzählt habe."
Aber wenn Lucius diese Information besitzen sollte, wäre das genau, was er --
„Oder dass ich Boxershorts mit Werwölfen drauf anhatte", fährt Harry fort und beißt sich auf die Unterlippe.
„Stimmt wahrscheinlich", gibt Draco zu. Er hat Harrys Boxershorts nicht wirklich gesehen, aber Lucius hätte seine Augenbraue hochgezogen, und Harry sieht einfach nur nass und zusammengekrümmt und ungeduldig aus.
„Also gib mir schon den Ring", fordert Harry, und Draco zögert, und Harry rollt die Augen und wirft seinen Zauberstab auf den Schreibtisch. „Da. Unbewaffnet, okay?"
„Okay", akzeptiert Draco, holt den Ring heraus, hält ihn einen Moment lang in seiner Hand, bevor er die Faust darum schließt und diese auf Harrys ausgestreckte Handfläche ruhen lässt. „Wenn ich dir nicht trauen kann--"
„Natürlich kannst du das, du verflixter, verdrehter Idiot", murmelt Harry und ruiniert damit die Würde des Augenblicks, „ich bin ein Gryffindor." Draco seufzt und öffnet die Hand.
Harry schiebt sich den Ring auf den Finger, die Augen der Schlange nach außen gerichtet, und Granatapfel hebt neugierig ihren Kopf und schüttelt den Trübsal von ihren Schuppen. Die Emotionen der Braut zeigen sich in der Schlange, denkt Draco erstaunt, während die fragliche Schlange sich in einem lebendigen Schimmer von Grün und Silber neugierig um Harry windet. Also so sieht das aus, wenn die Braut kein Quell schwelenden Hasses und Elends ist.
„Siehst du", zeigt Harry, streckt den Arm aus und lässt Granatapfel sich darum wickeln. „Ich bin glücklich. Du bist zu mir gekommen, und ich hab dich an meiner Seite, und, nur falls du's noch nicht gemerkt hast, ich liege auf deinem Bett und warte darauf, dass du mich wieder vernaschst. Kapierst du's?" Er hält Granatapfel hoch. „Glücklich."
„Und falls du es noch nicht trotz der überwältigend offenkundigen Umstände noch nicht gemerkt haben solltest", knurrt Draco, „ich erwarte meinen Vater jede Minute, und er weiß, was wir getan haben, und er wird mich benutzen, um dich zu kriegen, und dann mich mit Pansy verheiraten mit diesem hübschen, kleinen", er zeigt auf den Ring, „Artefakt dunkler Magie." Er deutet noch auf sich selbst, da Harry augenscheinlich nicht einmal die grundlegendsten Tatsachen dieser Situation mitbekommt. „Du kannst ja mit meiner Schlange nackt in Tulpenfeldern tanzen, wenn du willst, aber mir geht's nicht gut."
Harry setzt sich auf und sieht ihn aufmerksam an. „Nein, hey", sagt er besänftigend, „ich weiß, es ist eine große Sache, aber es ist schon in Ordnung. Keine Sorge."
Er greift nach Draco. Draco tritt mit kalter Wut zurück. Es ist nicht in Ordnung, ihm geht's nicht gut, und er mag es nicht, wenn man ihm das Gegenteil unterstellt. „Du hast doch keine Ahnung, womit du es hier zu tun hast!", brüllt er.
Harrys Augen verdunkeln sich, und Draco starrt wütend in seine gegenwärtige Realität: Harry Potter sitzt lässig auf seinem Bett, hält Granatapfel und lächelt, als ob Draco es einfach nicht verstünde. „Ich habe keine Ahnung, womit du es zu tun hast", wiederholt Harry tonlos. Dann blitzen seine Augen zornig auf. „Malfoy, du hast keine Ahnung, womit ich es tun habe. Hast du eigentlich gemerkt, dass ich kaum noch am Unterricht teilnehme?"
„Natürlich habe ich das", blafft Draco zurück, verschränkt seine Arme und schaut giftig zurück.
Harry schüttelt nur den Kopf. „Ehrlich, Draco! Wenn ich nicht wahnsinnig in dich verknallt wäre würd' ich dir jetzt glatt einen Tritt in den Schädel verpassen. Du bist so auf deinen Vater fixiert, Voldemort könnte dich gar nicht weniger interessieren."
„Voldemort ist mir scheiegal!", brüllt Draco, woraufhin Harry ihm ein wölfisches, geradezu Slytherinniges Lächeln schenkt.
„Gut", sagt er energisch. „Ich könnte jemanden gebrauchen, dem Voldemort scheißegal ist. In der Zwischenzeit ist mir Lucius Malfoy scheißegal, also werd ich mich um den kümmern. Sonst noch Fragen?"
Draco starrt diesen schönen, selbstsicheren, verrückten Jungen an, der ihm gerade gestanden hat, dass er wahnsinnig in ihn verknallt ist, und ihn nicht in den Schädel getreten hat. „Du bist irre", bringt er schließlich zustande. „Mein Vater wird mich jeden Augenblick nach Hause zerren."
Immer noch lächelnd schüttelt Harry den Kopf und sammelt seinen Umhang auf. „Hol Granatapfels Schachtel", sagt er Draco.
Draco wirft ihm die Schachtel hinüber. Granatapfel schlängelt sich freudig in ihren Raum, als Harry sie ihr hinhält.
„Gefällt mir übrigens, was du mit dem Poster angestellt hast", meint Harry fröhlich und winkt mit der freien Hand den feiernden Gryffindors zu, die betrunken um Dracos Verschwinde-Rune herumtanzen, während sich die Slytherins maulend am Rahmen entlangdrücken. „Wirklich angemessen. Musst du mir bei Gelegenheit mal zeigen, wie du das gemacht hast."
Draco starrt ihn an. In seiner Kehle bahnt sich eine Explosion an.
„Hermione hat sich erst letzte Woche über die Slytherin-Porträts im Ostflügel beklagt", erklärt Harry weiter, während er mit einem erwartungsvollen Lächeln die Schachtel schließt und Draco hinhält. „Und Ron würde es einfach lieben."
Draco zuckt zusammen. Die Hitze in seiner Kehle dehnt sich schmerzhaft. „Halt die Klappe, halt verdammt noch mal die Klappe!" Er ist jetzt den Tränen nahe und kämpft wild dagegen an. „Verdammt, wie kannst du -- Du weißt, was dieser Ring tut! Er will mich damit verheiraten. Ich kann's nicht tun, aber ich kann mich auch nicht vor ihm verstecken!"
Harry kommt näher und drückt die Schachtel in Dracos gefühllose Hand. „Jetzt hör mal", sagt er. „Morgen ist doch dein Geburtstag, oder?"
„Ja." Bei all der Aufregung, denkt Draco ätzend, hat er wohl vergessen, sich darauf zu freuen.
„An dem du volljährig wirst?"
„Ja", schnappt Draco bitter. „Ich erwarte meine Verlobung zur Feier des Tages."
Harry schenkt ihm einen Augenaufschlag. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das so übereilen sollen..."
Draco stampft mit dem Fuß auf und ballt die Faust, und diesmal wird er ihn wirklich schlagen. „Potter, hör auf, dich wie ein verdammter Idiot zu benehmen! Ich bin hier ernsthaft in Schwierigkeiten!"
„Falsch", zuckt Harry mit den Achseln und schwingt den Umhang über sie beide. „Du bist morgen volljährig – du kannst Dumbledore sagen, dass du Hogwarts nicht verlassen willst, und er wird dich bis zu deinen UTZs schützen."
„Dumbledore würde mir doch nicht helfen", höhnt Draco in den leeren Raum zwischen ihnen. „Er würde mich mit Freuden loswerden."
Harry klatscht ihm nicht gerade sanft auf den Arm. „Wenn du volljährig wirst, falls du's noch nicht kapiert hast, bedeutet das, dass du deine eigenen Entscheidungen treffen kannst. Den Schulregeln zufolge darf Dumbledore gar nicht zulassen, dass dich jemand ohne Zustimmung aus der Schule nimmt – und sobald du sechzehn bist, heißt das deine Zustimmung, nicht die deines Vaters. Also werde ich dich bis morgen verstecken, und dann ist alles in Ordnung. Falls", Harry dreht sich ihm zu und schaut ihn mit riesigen grünen Augen unter der Brille an, „falls du überhaupt in der Schule bleiben willst, heißt das."
Draco schluckt schwer; er kann es kaum glauben. „Dumbledore wird auf meiner Seite sein, wenn mein Vater kommt?"
„Er würde dir sowieso helfen, aber, ja!", verspricht Harry. „Alle Lehrer. Du denkst, du müsstest jede Schlacht alleine schlagen, aber das brauchst du nicht."
In ihm löst sich etwas, ein langer, schwacher Seufzer ganz tief unten. „Ich hätte nicht gedacht, dass mir irgendwer helfen könnte."
„Ich weiß. Glaub's mir", grinst Harry ein wenig schwach, „ich weiß es. Und wenn ich irgend etwas über Schlachten in den letzten Jahren gelernt habe, dann dass nichts daran verkehrt ist, allein zu kämpfen."
„Es tut mir Leid", platzt Draco hervor, und er krallt sich in Harrys Schulter und babbelt vor Erleichterung. Es ist ganz einfach, nur eine Entscheidung, aber ihm war nie die Idee gekommen, dass er eine Wahl haben könnte. „Es tut mir Leid, ich wusste es nicht."
„Ist schon in Ordnung", beruhigt ihn Harry lächelnd und lässt einen Arm um Dracos Taille gleiten. „Alles in Ordnung mit uns. Also, willst du denn nun bleiben?"
Draco fragt sich atemlos, ob das hinhauen kann, jemals, in einer Million Jahren, aber mit Harry Verdammter Potter und seinen ihn anbetenden Lehrern an seiner Seite, könnte es das vielleicht. Im Bruchteil einer Sekunde hat er sich entschieden. „Wenn ich nicht in Hogwarts bin", verspricht er, „kann ich dir beim nächsten Quidditchspiel nicht den Arsch aufreißen. Also bring mich jetzt raus hier."
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
„Irgendwer in diesem Schlafsaal braucht ein dreifach verstärktes Nasennebenhöhlentonikum", wispert Draco, als er an Harrys Seite geschmiegt ausgestreckt in dessen Bett liegt. Das weiche Tuch des Tarnumhangs kribbelt in seiner Nase. Granatapfel ringelt sich um den Bettpfosten und schimmert in der Dunkelheit. Harry scheint gar nicht aufhören zu wollen, an ihm zu knabbern und zu saugen. Die letzten Minuten von Dracos Kindheit tröpfeln dahin, und er spürt, mit unbestreitbarer Nervosität, dass diese ganze Situation ein brillantes Fick-Dich an alle ist, die ihn jemals herumkommandiert haben.
Es ist perfekt, bis auf, grübelt Draco, dieses unaufhörliche Schnarchen, das durch den Raum tönt – es ist sanft, und beinahe regelmäßig, und hat gerade genug Variationen, dass es sich nicht als Hintergrundgeräusch ignorieren lässt.
„Mir gefällt's", flüstert Harry zurück. Draco grinst frech und rutscht näher heran, um sein Ohr auf Harrys Schlüsselbein zu legen.
„Muss Musik sein, verglichen mit dem, was deine Teamgefährten unter Gesang verstehen", erwidert er, und Harry gluckst und streichelt seinen Arm.
„Nah, es bedeutet bloß Frieden in Hogwarts", erklärt er und fügt dann hinzu, „na ja, zumindest zeitweise. Oder vielleicht, dass die Schreie uns noch nicht erreicht haben."
Draco lacht, aber er kann sich das Grübeln nicht verkneifen --
„Es wird nicht passieren", sagt Harry mit ernster Gelassenheit. Er unterbricht Dracos Gedanken so schnell, dass der sich einen Augenblick lang fragt, ob er immer noch den Ring trägt. „Glaub mir. Wir haben mittlerweile Schutzwälle durch den halben Verbotenen Wald gezogen, und wenn es irgendwo auch nur den Hauch von Ärger gibt, werden augenblicklich ein Dutzend Leute alarmiert, ich eingeschlossen. Niemand wird zulassen, dass sie dich holen, okay? Niemals." Seine Stimme erwärmt sich neckend. „Das nächste Mal, wenn du deinen Vater siehst, wird sein, nachdem ich dich hingeschickt habe, und ist das nicht beruhigend?"
Ist es tatsächlich. „Also das ist der Plan?", erwidert Draco schelmisch, um keine peinlichen Wahrheiten preiszugeben. „Du darfst mich jetzt rumkommandieren?"
„Oh, darf ich?", sagt Harry mit viel zu glücklicher Stimme bei dieser Aussicht. „Exzellent."
„Nein, darfst du nicht", betont Draco.
Harry macht ein enttäuschtes Geräusch. „Aber--"
„Du darfst mich aber locken", unterbricht ihn Draco angeregt, als die Uhr gerade Mitternacht schlägt. „Oder, hmm. Du wirst mir deine Vorschläge mit vernünftigen und logischen Gründen unterbreiten dürfen, und ich werde sie gebührend in Betracht ziehen, wenn ich Zeit habe. In der Zwischenzeit steht es dir frei, die Lockversuche fortzusetzen und jegliches Mittel anzuwenden, dass dir angemes--"
„Hey", meint Harry, rollt sich über ihn und spricht gegen seinen Mund, „alles Gute zum Geburtstag."
„--sen erscheint, mm", beendet Draco den Satz und erlaubt sich dann großzügig, sich küssen zu lassen. Er stellt fest, dass das intensive Knabbern und Saugen und Gleiten von Harrys Mund überall die Nervenzellen in Erwartungshaltung versetzt. Sein Körper ist eingestimmt worden, merkt er, im Verlauf der letzten fünfzehn Stunden der Unsichtbarkeit, dass er grandiose Dinge erwarten darf, wenn Harrys Zunge in seinen Mund schlüpft. Was für ein großartiger Vorabend für einen Geburtstag. Er kann bloß hoffen, dass der echte Geburtstag da noch mithalten kann.
Dem Stocken in Harrys Atmung zufolge, als Draco seine Hände über seinen Kopf hebt, hat Draco den Verdacht, dass sich schon wieder grandiose Dinge anbahnen--
Dennoch bricht er zögernd ab, weil er eine Menge zu tun hat, wo er jetzt endlich volljährig geworden ist. Eine ganz wichtige Sache zuerst, und dann kann er anfangen, sich um all die anderen zu kümmern, wie Pansy und die Slytherins und was zur Hölle er nun mit seinem Leben anfangen soll, wo es jetzt endlich in seinen eigenen Händen liegt.
Draco greift nach dem Brief, den er vorhin geschrieben hat, und reicht ihn Hedwig. „Für den Schulleiter", sagt er ihr, und sie schießt davon in die Nacht.
„Willkommen auf der anderen Seite", verkündet Harry. „Wo du wahrscheinlich auf regelmäßiger Basis verhext, vergiftet und verwundet werden wirst, und man von dir erwartet, zwischen all den lebensbedrohlichen Abenteuern für die UTZs zu lernen."
„Klingt großartig", gibt Draco zu. „Darf ich den Unterricht schwänzen?"
„Nur wenn du gerade über den Verbotenen Wald fliegst, um irgendeinem Alarm nachzugehen und die Schutzsysteme zu checken."
„Bin dabei. Ich kann auch alleine auf einem Besen fliegen, weißt du."
„Weiß ich", sagt Harry sanft und kuschelt sich näher heran. „Wir werden die Größten sein."
Draco rollt die Augen. „Klar sind wir das. Wir sind Slytherins."
Draußen vor Harrys Fenster haben sich die Sterne zu einer neuen Konstellation gedreht. Draco hält die Hand hoch und lässt Granatapfel von dem Bettpfosten auf sein Handgelenk heruntergleiten. Es fühlt sich an, als sei er noch nie ohne sie an dieser Stelle gewesen. Ihre Schuppen glänzen wie poliertes Silber, und um ihre leuchtenden Augen liegt ein Funke selbstgefälliger Befriedigung. Sie ist exquisit. Und was den Ring angeht... er nimmt ihn von Harrys Nachttisch und betrachtet ihn intensiv. Es ist, muss er zugeben, ein Stück von tiefer Schönheit, von einer Seltenheit, die Granatapfels gleichkommt. Ein Geschenk würdig des besten Slytherins.
„Du kannst dir jetzt überlegen, was du damit tun willst", murmelt Harry und Draco flippt den Ring in die Luft. Er dreht sich, kreiselt, Harry fängt ihn auf, und das, denkt Draco, ist alles, was er wissen muss.
Harry spielt damit -- nach innen gewandt? nach außen gewandt? Draco ist neugierig, für was er sich entscheidet, aber Harry scheint selbst beidem abgeneigt. Schließlich streckt er die Hand aus und schnappt sich ein paar von Dracos feinen Haaren.
„Aua", jammert Draco, und Harry rollt wieder mit den Augen.
Er verzwirnt die Haare zu einem Faden und verwandelt diesen in ein Goldkettchen, durch das er den Ring fädelt. „In Ordnung?", fragt er vorsichtig, und Draco nickt. Harry hängt sich die Kette um den Hals und greift dann nach Granatapfel, die sich fröhlich zwischen ihnen beiden zusammen ringelt.
„Sie hatte Recht, dich zu wählen", sagt Harry ruhig.
„Sag ihr danke von mir." Draco gähnt mit offenem Mund, endlich bereit, die Augen für diesen Tag zu schließen, für diese Woche, dieses ganze verdammte Jahr, und zu einem neuen aufzuwachen.
„Sie sagt, gern geschehen", meint Harry, „und dass ich ein besserer Sucher sei als du, und dass du ihr jede Menge Schokofrösche kaufen sollst, und sie mir geben, damit ich drauf aufpasse."
„Ich werde wohl Parsel lernen müssen, nicht wahr? Da muss es doch einen Zauberspruch oder so etwas für geben..."
Harry streckt die Hand aus und zaubert die Lampe aus. „Du wirst es lieben", murmelt er. „Es gibt eine eigene grammatische Form nur für Beleidigungen."
Der Gryffindor-Schnarcher verdoppelt seine Anstrengungen, und Draco spürt, wie er in Träume davon gleitet, in denen mit der Welt alles in Ordnung ist, wenn auch nicht unbedingt in völliger Harmonie.
„Erinner' mich dran", murmelt Draco schläfrig, „dass ich meinem Vater schreiben muss."
Harry öffnet seine Augen halb und lässt sie wieder zufallen. „Mmh?"
Draco spürt eine Zunge gegen seine Finger flackern, und grinst in der Dunkelheit müde vor sich hin. „Ich hab ihm nie für sein wundervolles Geschenk gedankt."
*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*-=-*
{Ende}
