Eure Reviews sind sooo klasse!
DANKE an skateZ, Ainaredien, koryu, Blue, Amidala85 (freut mich..:)!),DRACO_FAN, Enemy, Carys (wo sie liegen wird demnächst verraten *zwinker*), Padfoot's Mate, pirat, Todesser, Viper4, theSnitch (oh, cool! :) Und schon geht's weiter..), Snuggles2.
DON'T GO!
The loyal heart has hidden treasures.
In secrets kept,
In silence sealed.
*
-2-
Draco hatte kein einziges Mal gestoppt. Er war einfach nur gerannt, scheinbar kreuz und quer, durch das ganze Schloss, bis er der Meinung war, sicher zu sein.
Völlig außer Atem kam er langsam in einem kleinen, verlassenen Gang in den Verliesen zum stehen und lehnte sich an die feuchte, graue Steinwand. Er hatte stechende Seitenschmerzen und die kalte Luft hier unten schien wie heiße Nadelspitzen in seiner Lunge zu brennen.
Das Feuer der Fackeln glitzerte auf dem Boden und an den Wänden, sanft und in grünsilbrigen Farben, um der Dunkelheit, die in diesem Bereich vorherrschte, einen schimmernden Effekt zu geben, doch Draco nahm nichts dergleichen wahr.
Viel zu viele Gedanken stoben durch seinen Kopf, so schnell und chaotisch, dass ihm davon schwindelte. Keuchend stützte er seine Hände auf die Knie; bemühte sich, die Kontrolle über seinen Atem wiederzuerlangen und Antworten auf die Fragen zu finden, die sich in ihm aufwallten.
Was war hier los? Warum verhielten sich alle so merkwürdig und wie konnte es sein, dass jeder, der ihm über den Weg lief, ihn plötzlich nicht länger als König anerkannte? Warum sah die Burg so anders aus? Er war doch nur für ein paar Stunden weg gewesen... wie hatte das alles denn passieren können?
Aber er fand keine Erklärungen und spürte, wie Frustration sich aufmachte, nach seinem Verstand zu greifen, um leere Dunkelheit zu hinterlassen.
Ob er vom Blitz getroffen worden und verrückt geworden war? Ob er in einem komaartigen Zustand versetzt worden war und sich das alles nur einbildete? Ob er schlief und jeden Moment erwachen würde, um über einen besonders lächerlichen Albtraum lachen zu können? Seine innere Stimme flüsterte ihm zu, dass nichts dergleichen geschehen war und er eine bessere Begründung finden müsste, um seine derzeitige Lage erklären zu können. Irgendetwas sagte ihm, dass mehr dahinter steckte; vielleicht war es ein instinkthaftes Gefühl, welches man immer erst dann wahrnahm, wenn man es wirklich brauchte, obwohl es unaufhörlich die ganze Zeit über zu einem sprach.
Er richtete sich auf und lehnte sich wieder mit dem Rücken gegen die Wand.
Dumbledores Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn. Alles, was ich Euch sagen kann, ist, dass Ihr lernen solltet, Sein von Schein zu unterscheiden. Wahrheit und Lüge sind leicht zu verwechseln.
Was meinte er damit? Welches hinterhältiges, falsches Spiel spielte jener Zauberer, von dem er gedacht hatte, ihm vertrauen zu können? Der Verrat diesen Mannes traf ihn härter, als ihm lieb war. Draco war noch nicht lange König - und hätte es auch noch nicht sein müssen, wenn sein Vater nicht so plötzlich gestorben wäre.
Auf sich allein gestellt sah er sich unerwartet vor einer ganzen Nation, die verlangte, dass er seine Sache mehr als perfekt bewerkstelligte, umringt von Adligen, die es alle auf Macht abgesehen hatten. Auch wenn sie ihm treu dienten und er es für selbstverständlich halten konnte, dass sie es taten, so war er ein junger König und ein jeder war um seine Vormundschaft bemüht, damit dieser an der nächstbesten Quelle der Macht sitzen konnte.
Es gab nicht viele, denen er vertrauen konnte... wer war nur Freund, weil er Thronfolger und reich war? Wer meinte es ehrlich mit ihm? Er hatte sich selten richtige Gedanken darum gemacht, bis er es auf einmal tun musste, weil er neuer Herrscher war. Begleitet von Gönnern, die ihm das sagten, von dem sie glaubten, dass er es hören wollte, hatte Draco gedacht, auf Dumbledore setzen zu können, da jener schon ein enger Vertrauter seines Vaters gewesen war.
Dass Dumbledore und sein Vater schon immer gegensätzliche Charaktere waren, war ihm schon vorher aufgefallen. Ersterer hatte nie nach Macht gestrebt, sondern war immer darum bemüht gewesen, Gutes zu tun und ehrlich zu bleiben. Letzterer war nun mal rechtmäßiger König und Draco wusste, dass der alte Zauberer seinem Vater Lucius gedient hatte, weil es die Pflicht und die Loyalität es verlangte, weil niemand anders herrschen konnte, außer die Familie der Malfoys, weil er England liebte und alles für das Land und Volk zu tun gedachte.
Aber offensichtlich war Dumbledore ein anderer Mensch, als es den Anschein hatte. Er schien die ganze Zeit über eine Maske getragen zu haben, um sein wahres Begehren zu verbergen. Kaum war der König tot, lehnte er sich gegen dessen Sohn auf... Draco stieß einen langen Atem aus. Das konnte doch wirklich nicht wahr sein. Wie hatte er es nur so weit kommen lassen?
Er hatte doch schon vor zwei Jahren gelernt, dass er niemandem vertrauen durfte. Vor zwei Jahren, als er bitter hintergangen wurde, hätte er doch erkennen müssen, dass er für immer auf sich allein gestellt war und sich seine Krone würde erkämpfen müssen, sollte er früher, als geplant König werden.
Draco ließ seinen Hinterkopf gegen die feuchte Steinwand lehnen und starrte trübsinnig vor sich her.
"Du bist nicht er, nicht wahr?", ertönte auf einmal eine leise, dunkle Stimme. Sie klang leicht sympathisch, etwas distanziert und im Augenblick erfüllt von... Trostlosigkeit.
Sie kam ihm bekannt vor.
Dracos Hand legte sich jedoch automatisch dorthin, wo er normalerweise sein Schwert getragen hätte. Noch während er ins Leere griff, schaute er in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und spannte jeden Muskel in seinem schlanken Körper an.
Ein Junge in seinem Alter trat aus den Schatten schräg gegenüber von ihm aus einer Nische hervor und blieb etwa zwei Meter vor ihm stehen.
Dessen bleichgrüne Augen lagen ruhig, aber forschend auf den Blonden, strichen über sein Gesicht, über seine Gestalt und schienen jede Faser aufzunehmen.
Er hatte etwa dieselbe Statur und Größe wie Draco. Seine dunklen, zu allen Seiten, spitzzulaufenden, abstehenden Haare bildeten einen Gegensatz zu seiner blassen Haut und verliehen im etwas Düsteres, doch es wurde durch seine langen, dichten Wimpern gemildert, die ihm etwas Mädchenhaftes gaben. Der kleine, silberne Ring, den er an der linken Augenbraue trug, funkelte im dämmrigen Fackellicht auf.
Draco wollte ihn bereits empört anfahren, ihn anherrschen, sich klarer auszudrücken und ihn gefälligst mit seinen Titeln anzureden, als etwas im Blick des anderen ihn anders reagieren ließ. Als er die geballte Traurigkeit las, die bei dem Jungen vorherrschte, schaute er zunächst nur stumm zurück, ihn erst jetzt aufmerksam musternd.
Er erkannte ihn augenblicklich. Diese... rebellische... Aufmachung seines Gegenübers hatte ihn für einen Moment lang irritiert.
"Blaise...?", staunte Draco ungläubig. "Wie... wie siehst du denn aus?"
Trotz legte sich auf den Zügen des feingeschnittenen Gesichts mit den hohen Wangenknochen, welcher sich sofort in den lebhaften, warmen Augen widerspiegelte. Dann siegte erneut die Schwermütigkeit, die den Dunkelhaarigen wie eine leichte Aura zu umgeben schien, einem sanften Frühlingswinde gleich.
"Ich habe mich nicht verändert", antwortete Blaise leise und sanft. Zögernd trat er einen weiteren Schritt näher, nicht ein einziges Mal den Blick von Draco lösend. "Ich könnte sagen, dass du derjenige bist, der sich verändert hat, aber ich glaube nicht, dass du derselbe bist, den ich einst gekannt hatte."
Draco blinzelte. Er hatte Blaise, Sohn eines hohen Adligen, seit einem Jahr nicht mehr gesehen, doch er hatte ihn gemocht und ihm einigermaßen vertraut. Nun allerdings schien er ein wenig neben der Spur zu sein... nicht nur sein Aussehen und seine Kleidung - er lief so herum, wie alle hier - gehörte er etwa auch zu den Verrätern? - auch seine Worte schienen verwirrt.
"Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst, Blaise", antwortete er barsch. Hochmütig funkelte er ihn an. "Aber meinst du nicht, dass du mir eine Erklärung schuldig bist?"
Der Junge starrte ihn an. "Ich bin nicht der, für den du mich hältst", sagte er langsam. Ein nachdenklicher Ausdruck glomm in den blassen Augen auf. Das silbriggrüne Licht funkelte matt in ihnen auf. "Ich weiß nicht, was hier gerade vorgeht, aber du bist nicht Draco Malfoy."
Der Blonde hob seine Augenbrauen. Schon wieder diese Verleugnungen. "Ich sehe mal darüber hinweg, dass du meine sämtlichen anderen Namen und Titel vergessen hast zu erwähnen", schnarrte er, "aber ich bin es sehr wohl, und nebenbei auch noch König." Sein Blick wurde hart. "Erst vor drei Tagen habe ich deinen Brief erhalten, indem du schriebst, dass du nach London kommen würdest, um mir neben dem Treueid auch den Blutschwur zu leisten. Um an meiner Seite zu stehen, wie es sich für einen Freund gehört. Um mir zu helfen, damit die hinterhältigen Intriganten am Königshofe nicht die Überhand gewinnen." Er klang bitter; er konnte es nicht verhindern.
Blaise lächelte. Es war ein aufrichtiges Lächeln, welches hinaufglitt zu seinen grünen Augen und dort aufglitzerte, wie Tautropfen im Morgenlicht. "Es ist schön zu hören, dass wir in deiner Welt Freunde sind."
Als dessen Worte Dracos Verstand erreichten, erstarrte er. Seine angespannte Haltung verstärkte sich, dann lockerte sie sich mit einem Male und nur der Halt, den er an der Wand fand, verhinderte, dass er zurückstolperte. "Was?", hauchte er fassungslos. Deine Welt...?
All das hier Erlebte drang in rasender Geschwindigkeit wieder in ihm hoch. Das Verhalten der Menschen in dieser Burg, deren andere Aufmachung und Reaktionen... wollte der Junge ihm etwa sagen, dass er sich in einer anderen Welt befand?
Draco lachte höhnisch auf. "Wie lächerlich, Blaise." Es gab keine anderen Welten. Es gab nur seine Welt. Nur seine Zeit. Etwas anderes konnte nicht existieren, das war unmöglich...
Blaise sah ihn ernst an. "Ich scherze nicht, Draco. Du bist nicht er, das weiß ich." Und wieder diese Traurigkeit. Dieses endlose Bedauern, dieser Kummer, der nur dann entstehen konnte, wenn man einen Menschen verlor, der ein echter Freund gewesen war. Der Schwarzhaarige fuhr leise, aber intensiv fort. "Ein Vielsafttrank oder ein anderer Trank und Fluch können es auch nicht sein, denn sosehr ich Dumbledores Politik für widersinnig halte, so ist er nun mal ein brillanter Zauberer und er hätte die List gemerkt. Ganz davon abgesehen, dass dich die diversen Schutzzauber Hogwarts nicht eingelassen hätten, die im Sommer erneuert und verbessert wurden. Und... es gab Zeugen, die ihn haben sterben sehen. Ich habe ihn sterben sehen." Verzweiflung blitzte in seinem Blick auf, wie tausend kleine Spiegelsplitter, und ließ den Jungen zerbrechlich wirken.
Draco hingegen hatte seine Augen weit aufgerissen und rang um seine Fassung. Und wieder diese Behauptung, er - oder sein Namensvetter - wäre tot. Verwirrung griff nach ihm, zusammen mit dem Gedanken, sich vielleicht doch in einer anderen Welt oder Zeit zu befinden, auch wenn seine Vernunft ihm sagte, dass es nicht möglich sein konnte. Es war gegen das magische Naturgesetz und Naturgesetze ließen sich nicht brechen. Niemals.
Niemals...
"Was erzählst du da?", flüsterte er irritiert.
"Verstehst du das denn nicht?" Blaise wurde lauter; seine Hände hatten sich zu schutzlosen Fäusten geballt. "Das hier ist nicht deine Welt. Nicht deine Zeit. Du bist nicht der, den ich kannte - nicht Draco Malfoy - sondern sein Ebenbild. Ein Vorfahre vielleicht, oder ein... ein Jemand aus einer parallelen Welt. Erst kürzlich gab es heiße Diskussionen darüber, und... und..." Blaise atmete aus, verlor sich in seinen überstürzten Gedanken, trat näher und streckte seinen Arm aus.
Draco spürte dessen Hand, die sich auf seine Schulter legte. Spürte die bleichgrünen Augen, in denen es immerwährend leuchtete, die auf ihn ruhten und seinen Blick erwiderten, als könnte Blaise direkt in seine Seele hineinschauen, deren wahren Einblick er sonst doch immer versuchte, zu verhindern.
"Ich weiß nicht, wie du hierhin gelangt bist... offensichtlich völlig unbeabsichtigt, da du dich noch in deiner Zeit, in deiner Welt wähnst, aber... aber das bist du nicht." Blaises Blick wurde mild. "Erzähle mir von deinem Leben und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen, wieder zurückzukehren."
Draco starrte ihn an, plötzlich erleichtert, endlich jemanden zu finden, der Loyalität offenbarte, und nickte, ehe der Gedanke ihn erreichte, vorsichtig sein zu müssen, da das alles eine Falle sein konnte.
Und schon schüttelte er den Kopf. "Was, wenn du mich hintergehst und mein Vertrauen ausnützt?"
Blaises Augen wurden groß und wurden dunkel, als er diese Beschuldigung wahrnahm. "Er war mein bester Freund. Ich... ich fühle mich verpflichtet, dir zu helfen, weil du sein Ebenbild bist... sein... sein Vorfahre oder sein paralleles Ich..."
Draco war noch immer nicht überzeugt. So vieles war in den letzten drei Stunden geschehen, so viele Unerklärlichkeiten, er konnte, er wollte nicht so einfach dem Nächstbesten vertrauen, der ihm über den Weg lief, nur weil derjenige ihm Hilfe anbot.
Mit einer schnellen Bewegung stemmte er seine flachen Innenhandflächen auf Blaises Brust und stieß den Jungen von sich, so dass dieser zwei Schritte zurückstolperte.
Mit düsterem, flackerndem Blick sah Draco ihn an. "Ich bin rechtmäßiger König Englands. Ich nehme mir deine Hilfe, wann ich sie haben will, und nicht, wann du sie mir anbietest!", herrschte er ihn anmaßend an, löste sich von der Wand und schritt mit aufbauschendem Umhang davon.
Schnell, in die Dunkelheit hinein.
*
Snape war nicht wirklich überrascht, als er Draco durch die Slytheringänge eilen sah. Er hatte bereits nach dem Jungen gesucht und seine Vermutung, ihn vielleicht unten in den Verliesen zu finden, hatte sich nun als richtig erwiesen.
Draco schien aufgeregt zu sein, denn er lief, ohne auf seine Umgebung zu achten, hastig durch den schmalen Gang, ohne dabei seine königliche Haltung zu verlieren. Das silbriggrüne Fackellicht hatte sich in seinen hellen Haaren verfangen und ließ sie aufschimmern.
Snape trat hervor und stellte sich ihm in den Weg.
Der Blonde bemerkte ihn sofort, denn er blieb so abrupt stehen, dass der Zaubertrankmeister die Stirn runzelte.
Draco wurde noch blasser, als er es so schon war und schien einen Schritt nach hinten stolpern zu wollen, als ihm offensichtlich einfiel, dass er König war und vor niemandem zurückzuweichen hatte. Seine rechte Hand flog automatisch dorthin, wo normalerweise das Schwert befestigt war, die Linke zu jener Stelle, an der sein Zauberstab sich befunden hätte.
Da keines von beiden der Fall war, griffen seine Hände in die Leere, was ein kurzes Aufflackern in den grauen Augen Dracos auslöste.
Dessen komplette Körperhaltung stand unter höchster Anspannung; das Gesicht war wie versteinert und um seinen Mund hatte sich ein harter Zug gelegt. Dracos Blick wurde ausdruckslos. Snape wusste, dass es reiner Selbstschutz war, dem Zweck dienlich, keinerlei Gefühle zu zeigen, die den Jungen hätten verraten können.
"Geht mir aus dem Weg!", befahl Draco nun mit scharfer, kalter Stimme.
Snape ließ sich davon nicht beeindrucken. "Nein", antwortete er schlicht.
In den grauen Pupillen funkelte es wütend auf. "Das ist ein Befehl!"
Der Giftmischer lächelte flüchtig. "Ihr sagtet, ´ich´ sei ein Verräter und hätte Euren Vater hintergangen. Wieso glaubt Ihr dann, ich würde mich einem Befehl von Euch fügen?" Hohn glitzerte in seinen schwarzen Augen auf, während er Draco belustigt beobachtete.
Dieser presste seine Lippen zu einer geraden Linie zusammen. "Ich ließ nicht bekennen, dass ich an einem wiederentdeckten Loyalitätsgefühl Eurerseits glaube", erwiderte er schließlich schroff. "Einmal Verräter, immer Verräter, nicht wahr?" Ein vernichtender Blick folgte diesen Worten, die bitter hätten sein können, wenn der Junge sich nicht um so viel Ausdruckslosigkeit bemüht hätte.
Snape wollte etwas entgegnen, als Draco plötzlich Anstalten machte, weiterzugehen und sich an ihm vorbeizuschieben.
Er machte eine flüssige Bewegung, hatte im Nu seinen Zauberstab in der Hand und richtete ihn kompromisslos auf Draco. "Ich bedaure, aber Ihr geht nirgendwo hin", bestimmte er schlicht. Nach dem Zwischenfall mit Ron Weasley würde Draco nirgends mehr alleine hingehen.
Als der Blonde sich mit dem Zauberstab konfrontiert sah, dessen Spitze unweigerlich auf dessen Herz gerichtet war, konnte er ein Augenaufreißen und ein automatisches Zurückweichen nicht verhindern. Sein Blick, nicht länger auf Snape, sondern auf die magische Waffe gerichtet, flackerte.
"Was habt Ihr vor?", verlangte er zu wissen und hatte seine Stimme erstaunlich gut unter Kontrolle.
Snape beschloss, ein Spiel zu beginnen. Er wollte wissen, warum Draco so reagierte, wie er reagierte, wollte herausfinden, was wohl zwischen dem König und seinem Namensvetter geschehen war.
Dumbledore hatte ihn bereits von seiner Vermutung, der Junge stamme aus einer Parallelwelt in Kenntnis gesetzt - der Zaubertrankmeister wusste sehr wohl um die durchaus logischen Theorien über solche alternativen Realitäten in der magischen Welt, und wenn man dann noch die Erzählungen Dracos in Betracht zog, konnte es durchaus nachvollziehbar sein. Aber dieser durfte sich dann demnach nicht hier befinden und der Schulleiter hatte, auch wenn noch keine Beweise für diese Vermutung vorlagen, auf äußerste Dringlichkeit gesetzt, herauszufinden, ob sie stimmte, um Draco wieder zurückschicken zu können.
So wenig wie es erlaubt war, durch die Zeit zu reisen, so wenig waren die Tore zwischen den Welten dazu gedacht, sie zu öffnen und zu durchschreiten. Das Gleichgewicht könnte ins Wanken geraten.
Dumbledore meinte, es wäre wichtig, alles über Draco herauszufinden, um mögliche Anhaltspunkte dafür zu finden, wie er die Welten durchschreiten konnte.
"Was glaubt Ihr denn, habe ich vor?", fragte Snape lauernd zurück.
Dracos Blick verdüsterte sich und richtete sich wieder auf den Mann. "Woher soll ich das denn wissen, was in Eurem abspenstigen Gehirn vorgeht?", blaffte er ihn an. "Ich sage es Euch ein letztes Mal: geht mir aus dem Weg!"
Snape gestattete sich ein hämisches Lächeln. So viel Frechheit hätte sich jener Draco, den er einst gekannt hatte, nicht erlaubt. "Und wenn ich es nicht tue? Ihr habt hier nichts zu befehlen, Junge, und nach diesem Zwischenfall von gerade werdet Ihr doch wohl kaum gedacht haben, dass man Euch ohne Aufsicht herumlaufen lasst?"
"Ich bin König, ich kann tun, wonach es mir in den Sinn steht!", fuhr Draco ihn heftig an. Wieder waren seine Hände zu Fäuste geballt. Für einen kurzen Moment entglitt ihm die Maske der Ausdruckslosigkeit und ließ Verzweiflung erkennen, doch nur einen Bruchteil einer Sekunde später hatte er sich wieder unter Kontrolle.
Snape schüttelte den Kopf. "Ihr habt hier keinerlei Befehlsgewalt, Draco", klärte er ihn ruhig auf. Bei Salazar, dieser Junge sah Draco so ähnlich... und doch war er so anders. "Ihr kommt jetzt mit mir", fügte er hinzu.
Draco wich wieder einen Schritt zurück, diesmal konnte er nicht abwehren, dass sein Entsetzen sich zeigte. "Niemals!", stieß er hervor.
Snape wurde ungeduldig. "Kommt mit mir mit, ehe ich Euch dazu zwinge."
Draco schüttelte leicht panisch den Kopf. "Ich komme nicht mit. Ihr könnt mich nicht zu Eurem Spielzeug der Macht machen." In den weit aufgerissenen Augen huschten rasant Schatten vorüber, dunkel und verworren.
Snape trat auf Draco zu; dieser trat den strategischen Rückzug an, doch der Zaubertrankmeister folgte ihm, bis der Junge mit dem Rücken gegen die Wand stieß.
Er presste sich daran, als hoffte er, sie würde nachgeben, doch sie tat es nicht. Sein wilder Blick glitt unruhig über Snape und seinem Zauberstab. Seine Brust hob und senkte sich in einem viel zu schnellen Tempo. Die Ausdruckslosigkeit verlor an Stärke.
Offensichtlich war jener Severus Snape in Dracos Welt entweder eine besonders gefährliche Person und der Junge hatte schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht oder Draco hatte mehr unter dessen Verrat gelitten, als er hier zugestand. Vielleicht traf auch beides zu. Wer wusste es schon...
Snape wollte sich nicht zugestehen, dass der Junge ihn mehr berührte, als er durfte - zu sehr glaubte er hin und wieder, seinen Patensohn vor sich zu sehen, zu sehr glaubte er, jener sei von den Toten wiederauferstanden. Doch dem war nicht so, das musste er sich einreden, immer, und immer wieder...
Es war schmerzhaft, ihn anzusehen. Viel zu viele Erinnerungen wallten sich dabei hoch. Viel zu viele Schmerzen.
Der Zaubertrankmeister hatte Draco gemocht, ohne es jemals offen zu zeigen. Er hatte sich für ihn in Hogwarts verantwortlich gefühlt und Narcissa versprochen, auf ihn Acht zu geben. Doch die Finsternis hatte ihm wie üblich einen Strich durch die Rechnung gemacht, den Erben der Malfoys in viel zu jungen Jahren auf Voldemorts Seite gelockt und ihn hatte sterben lassen.
Und auch wenn dieser hier eine vollkommen andere Person war, so ähnelte sie sich äußerlich exakt und das machte es schwer für Snape, zu vergessen. Den Verlust zu vergessen, wie er immer in seinem Leben bemüht war, Leid zu vergessen. Es war merkwürdig - er interessierte sich für diesen Jungen hier, obgleich er nicht sein Patensohn war. Sondern ein Fremder. Einer, der noch nicht einmal hier sein durfte. Ein König, arrogant, anmaßend... und verzweifelt.
"Wovor fürchtet Ihr Euch?", erkundigte sich Snape beiläufig, seinen aufmerksamen Blick über Dracos blasses Gesicht streifend.
Dieser funkelte ihn erbost an. "Ich fürchte mich nicht!", stieß er abfällig hervor.
Doch seine Augen sprachen eine andere Sprache. Sie bezeugten die Angst, die er verspürte, tief in seinem Inneren, die Ausweglosigkeit, gepaart mit Unverständnis und Verwirrtheit. Die Ausdruckslosigkeit hatte längst nicht mehr die Macht über ihn, sie entglitt ihm, seit Snape ihn bedrohte und sich ihm genähert hatte; sie schwand in namenlose Tiefen schattiger Unerreichbarkeit.
"Ihr lügt", stellte Snape unumwunden fest.
"Euch gesteht das Recht, mir Fragen zu stellen, nicht zu", verteidigte Draco sich nervös. Die Anmaßung, die ihn stets begleitete, war zwar da, doch sie übte zur Zeit nur wenig Einfluss aus.
"Da ich derjenige mit dem Zauberstab bin, denke ich schon, dass es mir zusteht", erwiderte Snape mit sanftem Spott.
Dracos silberne Augen waren mittlerweile schwarz vor Aufruhr. "Als König--", fing er befehlerisch an, doch Snape fiel ihm barsch ins Wort.
"Hier seid Ihr nicht König!" Er verengte seine Augen. "Glaubt Ihr allen Ernstes, hier würde irgendjemand auf Eure Befehle hören? Die Zaubererwelt hat keinen König. Sie braucht keinen König."
Irritationen flackerten in seinem Blick auf, durchstreiften seine dunklen Pupillen wie zarte, helle Fäden, gefolgt von einer Mischung aus Missbilligung und Entsetzen. "Welches Jahr schreibt diese Welt?", fragte er dann forschend.
"1996", antwortete Snape knapp. "1996 nach Christi Geburt."
Draco blinzelte verwirrt, dann umhauchte ihn schlagartige Düsternis. Seine Augen waren so schmal, dass die Wimpern die Sicht zu ihnen beinahe verhinderten. "Es gibt keine Parallelwelten", sagte er harsch. "Und wenn es sie gäbe, wäre es unmöglich, sie zu bereisen." Seine Stimme bestand aus purem Hohn. "Die magischen Naturgesetze verhindern ein solches Tun. Demnach kann ich mich nur in meiner Welt befinden. Wo ich König bin und über die alleinige Befehlsgewalt verfüge."
Snape sah ihn überrascht an. Er hätte nicht gedacht, dass Draco sofort auf die Theorie der Parallelwelten kommen würde. Auch wenn, seit er auf die Zeitfrage geantwortet hatte, klar war, dass es sich hierbei nicht um eine Zeitreise handeln konnte, da die Zeitalterbezeichnung dann ja gleich gewesen wäre - oder zumindest bekannt - hätte er nicht vermutet, dass es in Dracos Welt Theorien über Parallelwelten gäbe.
Außer... "Wer hat dir davon erzählt, dass es sich hierbei um Parallelwelten handeln könnte?", fragte er unfreundlich.
Draco sah ihn an und schien zu erkennen, dass er ihm die Antwort verweigern konnte, denn ein boshaftes Lächeln umspielte seine Lippen. "Ihr glaubt also tatsächlich, ich wäre durch Welten geschritten?"
Snape konnte erkennen, wie der junge König mit aller Macht versuchte, den Schrecken über diesen Gedanken zu verdrängen. Es gelang ihm, denn noch war der Unglaube viel zu groß, als das er es realisieren konnte.
Offensichtlich war man in des Jungen Welt fest davon überzeugt, dass derartiges vollkommen unmöglich war. Er hatte von magischen Naturgesetzen gesprochen. Vielleicht hatten sie eine Art Schutz, die so etwas verhinderte? Aber wenn das der Fall war, wieso war er dann trotzdem hier?
"Lenkt nicht vom Thema ab - wer hat Euch davon erzählt?"
Dracos Lächeln wurde zu einem unverschämten Grinsen. "Das ist obskur. Ich befinde mich nicht in einer Parallelwelt."
Snape verlor die Geduld. Er trat schnell an Draco heran, packte sein Hemd und drückte ihn brutal gegen die Steinwand.
Dieser keuchte unterdrückt auf, griff um Snapes Handgelenke und versuchte, dessen Arme so herunterzudrücken, um sich aus dem Griff des Mannes zu befreien.
"Antwortet mir!", zischte Snape.
"Lasst mich gefälligst los!", presste Draco erzürnt hervor.
Snape begann ihn zu schütteln. Auch wenn er ein Meister des Gefühlsverbergens war, so spielte auch bei ihm seine kalte Seele nur bis zu einem gewissen Punkt mit. "Nennt mir den Namen, ehe ich ihn aus Euch herausprügle."
Es konnte wichtig sein, mit wem Draco so lange ein Gespräch führen konnte, dass sie auf das Thema Parallelwelten kamen, ohne den anderen zu bedrohen, wie der Junge es bisher bei sonst jedem gemacht hatte.
Er fühlte Dracos verzweifelten Griff um seine Handgelenke, doch ihm gelang es nicht, sich zu befreien, da der Giftmischer stärker war.
Snape hörte auf, ihn zu schütteln und stieß ihn wieder gegen die Wand. Dracos Hinterkopf prallte hart dagegen und der Blonde biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe, um ein Aufkeuchen zu unterdrücken.
Sein Blick flackerte. "Ihr sollt mich loslassen!", verlangte er mit vor Aufruhr und Verzweiflung erstickter Stimme. "Ihr sollt mir nicht zu nahe kommen, also lasst endlich von mir ab!" Draco wehrte sich weiterhin.
Snape ließ ihn mit einer Hand los, hielt ihn aber immer noch gegen die Wand und presste kurzerhand die Spitze seines Zauberstabes gegen des Königs Schläfe.
Augenblicklich hielt Draco inne. Sein Atem ging schnell und flach, ein zartes Blassrot hatte sich über seine Wangen gelegt und er wartete unter höchster Anspannung Snapes weiteres Verhalten ab.
"Name?"
Draco biss seine Zähne zusammen, erkenntlich am Heraustreten seiner Kiefermuskeln. Sein Blick war entflammt - stürmisch und unruhig sah er direkt in die nachtschwarzen Augen des Mannes, die ihn zu verhöhnen schienen.
"Ich habe den Veritastrank noch immer bei mir, Draco", sagte Snape ruhig. "Ich denke, Ihr macht es Euch einfacher, wenn Ihr mir freiwillig antwortet."
Eine Zeit der Stille strich über sie, so elektrisiert, dass die Luft zu zerreißen drohte. Der Augenblick spitzte sich zu. Nur das Atmen des Jungen war zu hören. In seinen grauen Augen hatte sich endgültige Furcht erkenntlich gemacht, nicht deutlich und klar, sondern überschattet von dem verletzten Stolz eines Königs, aber sie war da...
"Blaise of Worcester", murmelte er schließlich.
Snape runzelte die Stirn. "Meint Ihr Blaise Zabini?"
Draco wurde ärgerlich. "Ich wiederhole mich nicht!"
Aber das brauchte er auch nicht - natürlich war es Blaise Zabini, Dracos bester Freund.
Intelligent genug, um sofort auf die Theorie mit den Parallelwelten zu kommen.
Loyal genug, um sofort diesen Jungen hier aufzusuchen.
Empfindsam genug, um ein ausreichendes Gespräch mit ihm führen zu können, ohne dass es in Morddrohungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen endete.
Listig genug, um es geheim halten zu wollen.
Snape trat einen Schritt zurück, packte Draco so fest am Handgelenk, dass er dessen schnellen Puls fühlen konnte und zog ihn mit sich, ohne ein Wort und ohne auf dessen Proteste und Befreiungsversuche zu achten.
Zum Glück habe ich ja schon OOC-Warnung am Beginn gegeben *lächel*.
Hoffentlich reviewt ihr mir eure Meinungen...
Und wer den leicht abgeänderten Herr-der-Ringe-die-Gefährten-Film-Spruch findet, bekommt einen Keks *grins*.
