Titel: Liber Studiorum

Kapitel 3/6

Pairing: Jack/Will

Rating: PG-13

Zusammenfassung: 'Ein Pirat würde sicher ein gutes Modell hergeben', denkt sich der junge Künstler Will Turner..

Genre: AU; Slash

Autor: melv08 bzw. K.M.

E-Mail: melvin_m@gmx.de

Rechte: An den Charakteren liegen bei Disney.. Am Plot mehr oder weniger bei mir. Die "Akt"-Szene habe ich aus "Besser geht's nicht" geklaut. W.T. gab's wirklich, ich habe ihn für diese Geschichte mal so nen 200-Jahre-Sprung machen lassen. Der betreffende Künstler möge mir verzeihen! Ich liebe seine Werke..

Notes: Mich haben eine Szene aus "Besser geht's nicht" (Künstler: "Ich suche ein hübsches Gesicht. Du da." Stricher: *selbstgefällig_durch_Haare_streich* "Brad Pitt. Hä-hä-hä." Autor: "NEIINN! J. Depp!") und ein Vortrag über Romantik zu dieser FF inspiriert.. Ich bin kein Kunstexperte sondern nur eine arme, kunstuninteressierte Schülerin und habe deshalb detaillierte Bildbeschreibungen ausgelassen - trotzdem entschuldige ich mich für gewisse Ungereimtheiten in Bezug auf Romantik, Naturrealismus und Impressionismus.. Oder was auch immer der Typ gemalt hat. Weist mich aber trotzdem auf Fehler hin, dann überarbeite ich es nochmal.. Ach ja, habe Will (wenn er nicht tatsächlich so hieß) und seinen Vater etwas umbenannt.

Kritik und Verbesserungsvorschläge (an E-Mail-Adresse) erwünscht, Flames unerwünscht, erste FF. Sagt bitte was dazu!

Danksagungen: Vielen, lieben Dank an meine Beta-Readerinnen Sailanis bzw. Glorloth und Maria!

_#_#_#_#Kapitel 3#_#_#_#_

Die Nacht war kalt und unbequem. Es hatte über den Tag hinweg geregnet, und der Keller, der als Gefängnis fungierte, war durchnässt und feucht. Das Strohlager konnte man nicht mehr als Bett benutzen, Jack konnte sich daher nur in eine Ecke der Zelle, die nicht vom Regen durchnässt war, legen, was ihn am Morgen mit einem schmerzenden Rücken aufstehen ließ.

Will war bereits in seinem Atelier, als Jack sein Haus betrat. Die Wachen schlossen die Tür hinter ihm und er hörte, wie sie ihre Schwerter und Musketen prüften und sich vor dem Haus aufstellten. Er fragte sich, wie viel Mann der Gouverneur wohl zu seinem "Schutz" abkommandiert hatte.

Als Jack durch die drei Zimmer ging, die zum Atelier führten, fiel ihm eine offene Tür im zweiten Raum auf. Er spähte in Richtung des Ateliers. Als er sich vergewissert hatte, dass Will ihn aus seiner derzeitigen Position nicht sehen konnte, ging er auf die offene Tür zu und sah in den dahinter liegenden Raum hinein. Der Raum war größer als die anderen, die Jack bisher gesehen hatte, und hier befanden sich zwei kleinere, aber den großen ähnlich geformte, nach Osten hin gerichtete Fenster. Die Wände waren mit Teppichen ausgekleidet, die in zarten rötlichen und braunen Tönen verschnörkelte Muster zeigten. In der Mitte des Zimmers befand sich ein großes, mit Kissen und Decken aus kostbaren Stoffen verdecktes Bett. Sonst gab es hier keine weiteren Einrichtungsgegenstände. Die rötliche Morgensonne fiel durch die Fenster hindurch und beschien die Kissen und Decken, die dadurch zart glänzten. "Ein Liebhaber der Sonne, hm?", murmelte Jack breit grinsend. Er fragte sich, ob er eine Freundin hatte, mit der er dieses riesige Bett teilen konnte.

"Wo bleibst du?", hörte er Will rufen. Jack wich von der Tür zurück. "Sofort!"

Jack ging in das Atelier, ließ sich in die rechte Ecke des Sofas fallen, und stützte sich mit dem Ellenbogen auf der Lehne auf, so, wie er gestern den ganzen Tag über dort für Will posiert hatte. Er wartete darauf, dass der Künstler wieder zu malen begann.

Will betrachtete ihn, betrachtete das Bild, und sah noch einmal zu Jack. Jack zog eine Augenbraue hoch, hielt aber sonst die Position. Wieder sah Will zwischen ihm und dem Bild hin und her, ohne die Farben oder den Pinsel in die Hand zu nehmen. Er machte dabei ein grimmiges Gesicht. Dieses Spiel ging eine Weile so weiter, bis Jack schließlich ungeduldig wurde.

"Was ist los?", fragte dieser. "Willst du es nicht fertig malen?" Will schnaubte und schaute ärgerlich. Noch einmal betrachtete er die Leinwand und dann Jack, und griff dann zu dem Pinsel, tauchte ihn in schwarze Farbe und strich zweimal quer über das ganze Bild. "N- Nicht!" Jack sprang auf und wollte ihm den Pinsel aus der Hand reißen, doch Will wehrte ihn ab und zog wütend einen breiten, schwarzen Strich von oben nach unten über das Bild. "W- was hast du getan?" Jack betrachtete fassungslos das fast fertige, aber nun zerstörte Gemälde. Es war ein Porträt von ihm, man konnte nicht erkennen, dass oder wie er auf dem Sofa saß, aber es war in ruhigen Farben gehalten und wunderbar detailliert ausgearbeitet gewesen.

"Es war nicht gut", sagte Will, setzte sich auf den Boden, vergrub das Gesicht in den Händen und atmete erschöpft aus. Er sah noch einmal missbilligend zu dem Bild auf. "Es war wirklich nicht gut." Dann riss er die Leinwand grob von der Staffelei. Jack hielt den Mund offen, fassungslos über das, was der Künstler gerade mit dem wunderschönen Porträt getan hatte. Will warf die Reste des Gemäldes in eine Ecke des Ateliers. Einige Zeit lang blieb er so sitzen, resigniert in die Leere starrend, bevor er aufstand und eine neue Leinwand an die Staffelei anbrachte. Jack hatte sich mittlerweile auf das Sofa gesetzt, immer noch entsetzt über Wills Reaktion.

"Und was wirst du jetzt tun?" - "Ein neues Bild malen." - "Um es morgen wieder zu zerstören?" Will sah Jack verwundert an. "Nein, diesmal gebe ich mir mehr Mühe." Er legte den Pinsel neben die Staffelei.

"Ich weiß jetzt, warum mir das Bild gestern misslang. Zieh dich aus." Jack riss die Augen auf und starrte ihn an. Will lächelte. "Nur das Hemd. Ich möchte deine Narben sehen." Jack schluckte, und lächelte dann. "Nun gut." Er zog die Weste aus und ließ sie neben sich auf das Sofa fallen. Das gleiche tat er mit dem Hemd. Er war nervös. Nicht etwa, weil er Will seinen Oberkörper präsentieren sollte, nein, er hätte auch kein Problem damit gehabt, nackt für ihn zu posieren. Er hatte Angst vor den Dingen, die gleich kommen würden. Er fürchtete Wills Augen. Er hatte Angst vor den bohrenden Blicken, die ihn ansahen, ohne, dass er wusste, was Will in diesem Moment dachte oder fühlte. Er begann schon jetzt damit, ihn auf diese Weise zu betrachten, und mit jeder vergangenen Sekunde stieg Jacks Nervosität deswegen. Will öffnete den großen Schrank und holte ein paar Blatt Papier, ein Zeichenbrett und ein Stück Kohle daraus hervor. Er sah Jack noch einmal kurz an, ging dann mit drei großen Schritten zu dem Sofa hinüber und setzte sich darauf. Er sah ihm dieses Mal glücklicherweise nicht bohrend in die Augen, sondern betrachtete die unzähligen Tätowierungen und Narben, die über seinem Körper verteilt waren. Drei der Male waren auffällig: Zum einen zwei große Brandlöcher oder Einschusswunden am rechten Teil seiner Brust, zum anderen sein linker Arm, der übersäht war von großen, langen Narben, als hätte jemand die Schneide eines Schwertes wieder und wieder dort hineingepresst. Will beugte sich über ihn und legte seine Finger auf Jacks Brust. Über einige der Male fuhr Will mit den Fingerspitzen, andere berührte und erfühlte er länger, manchmal auch mit leichtem Druck, sodass ein sanfter, kaum merklicher Stich Schmerz von ihnen ausging und sich in Jacks Körper verbreitete. Dabei betrachtete er sie genau. Jack ließ diese Berührungen zu, auch, wenn er es dem Künstler nicht erlaubt hatte. Nach einer Weile nahm Will das Stück Kohle zur Hand und begann, zu zeichnen. Es entstanden teilweise Porträts, teilweise Ganzkörperansichten, doch immer schon nach kurzer Zeit, kurz, bevor die Bilder komplett fertig waren, fluchte Will, zerknüllte das Blatt und warf es in eine Ecke des Ateliers. "Warum tust du das?", fragte Jack. Will reagierte nicht darauf, sondern zeichnete unermüdlich weiter. Der Pirat beließ es dabei und blieb sitzen, stundenlang, doch keiner der Entwürfe schien Will zu gefallen, und jeder landete früher oder später in der Ecke des Ateliers. Jack wunderte sich, aber ihm konnte es nur recht sein. Je länger der Künstler damit zubringen würde, Skizzen zu zeichnen, desto länger hatte der Pirat Zeit, sich einen guten Fluchtplan auszudenken.

Es war bereits später Abend, als es an der Tür hämmerte. Will hatte minutenlang regungslos dagesessen und Jack angestarrt, mit dem bohrenden Blick, den Jack am Morgen so gefürchtet hatte, den Will aber erst jetzt vollständig und grausam auf ihn einwirken ließ. Sein Kopf war auf seine Handfläche gestützt, und er schloss kurz die Augen, als würde er Wut unterdrücken, stand dann aber auf und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Jack zog sich an und folgte ihm in einigen Schritten Abstand. "Ich brauche ihn noch ein paar Tage.", hörte er Will sagen, und Jack kam gerade rechtzeitig zur Tür, um zu sehen, dass die Wachen nickten, ihre Gesichter jedoch sichtbaren Ärger wiederspiegelten.

_#_#_#_

Die nächsten Tage vergingen ähnlich. Immer wieder begann Will Zeichnungen auf Skizzen oder gleich auf ganzen Leinwänden, und verwarf sie dann kurz vor der Vollendung. Er malte wie ein Teufel. Seine Hand schnellte über das Papier, korrigierte manchmal einige Stellen, und begann dann wieder, wie wild zu malen. In Minutenschnelle konnte er eine Vorzeichnung für eine ganze Leinwand vollenden, und komplett mit Farbe versehen war sie bereits wenige Stunden später. Dabei wiesen die Bilder eine Detailfreudigkeit auf, wie Jack es noch nie gesehen hatte. Jede noch so kleine Unreinheit auf Jacks Haut fügte der Künstler dem Bild zu, und dennoch konnte er dabei eine allumfassende und allgegenwärtige Kraft in das Gesamtwerk einfügen, die jedes winzige Detail mit in sich aufnahm und sich in das Gefühl, das dem Betrachter entgegenschlug, fügte. An die Blicke hatte sich Jack mittlerweile gewöhnt, auch wenn er sie immer noch hasste. Er wurde es jedoch langsam Leid, jeden Tag für Bilder Modell zu sitzen, die gleich danach sowieso wieder verworfen werden würden. Am Abend wurde er von den Soldaten zurück ins Gefängnis gebracht und am Morgen wieder in das Atelier. Und er hatte immer noch keine Gelegenheit gefunden, zu entkommen. In der Zeit, die er bisher bei dem Künstler verbracht hatte, konnte er jedoch immerhin herausfinden, wie viele und welche Wachen um das Haus herum aufgestellt waren und wo sie sich befanden. Es waren vier, und sie standen hauptsächlich an der Ostseite des Hauses; an der Westseite, von der aus man durch das große Fenster gut in das Atelier hineinsehen konnte, war niemand postiert. Nur zwei Wachen behielten an den Ecken dieser die Westseite im Auge, aber sie waren so aufgestellt, dass keiner von ihnen in das Haus hineinsehen konnte. Jack vermutete, dass Will das angewiesen hatte. Wäre er der Künstler, würde er auch niemanden vor seinem Haus dulden, der in sein Atelier hineinsehen konnte.

Eine Woche war bereits vergangen, und Jack saß wieder in dem Atelier, für Will posierend, der gerade dabei war, ein weiteres seiner Gemälde wutentbrannt zu vernichten.

"Ich bekomme es einfach nicht hin!", rief er verbittert und stieß dazu noch Flüche aus, die Jack normalerweise nur in einer vollen Bar auf La Tortuga zu hören bekam, wenn dem Wirt der Rum ausging. Es war bereits später Nachmittag, und die Sonne schien direkt in das Atelier. Will setzte sich auf den Boden, in der gleichen, resignierten Haltung, in der er immer da saß, wenn er eines seiner Bilder zerstörte. Jack wartete. Gleich würde er wieder ein Neues beginnen. Der Himmel begann schon, sich rot zu verfärben, als es an der Tür klopfte. "Ich gehe schon", murrte Will verbittert. Jack grinste. Der Künstler redete, als ob er schon einmal für ihn die Tür geöffnet hatte. Als ob Jack bei ihm wohnen würde und sich frei durch das Haus und die Stadt bewegen könnte.

"Darf ich reinkommen?", hörte er eine Stimme von der Tür her sagen. Sie war ihm bekannt, doch Jack wusste nicht, woher. "Wenn es schnell geht.", hörte er Wills genervte Stimme antworten. Jemand kam in das Haus hinein und eine Tür fiel ins Schloss. "Will, du kannst ihn nicht länger behalten." Jack stand so leise wie möglich von dem Sofa auf, ging zu dem Eingang des Ateliers und spähte um die Ecke, um herauszufinden, wer in das Haus gekommen war. Er konnte niemanden erkennen, die beiden standen im Eingangsbereich. Er huschte in das nächste Zimmer, um das Gespräch besser verstehen zu können. "Die Wachen werden langsam unruhig und ich hörte auch schon Gerüchte, die die Bürger verbreitet haben. Niemand darf davon erfahren, dass ich dir erlaube, einen zum Tode verurteilten Piraten als Modell zu benutzen." Jack erkannte nun die Stimme. Es war der Gouverneur der Insel. "Gib mir noch zwei Wochen." Jack schluckte. Das war also seine verbliebene Zeit, und noch immer hatte er nichts von seiner Mannschaft oder seinem Schiff gehört. "Eine Woche.", antwortete der Gouverneur bestimmend. Jack hörte will leise seufzen. "Eine Woche, und.." Will zögerte. "Onkel,- " Jack zog verwundert die Brauen hoch. Onkel? ".. lass.. Lasse ihn über die Nacht hier. Nur so kann ich mit dem Bild fertig werden." Stille.

Dann begann der Gouverneur wieder, zu sprechen. "Nun.. " Er zögerte. "Mehr als eine Woche kann ich dir nicht geben..." - "Ich bitte dich, Onkel. In solch einem Fall dulde ich auch mehr Wachen um das Haus." - "Mehr kann ich für diese Sache nicht abkommandieren," antwortete der Gouverneur barsch. Sie schwiegen. Jack stellte sich vor, wie Will seinen 'Onkel' mit diesem durchdringenden Blick ansah, mit dem er sein Modell sonst betrachtete, und wie es diesem dabei ähnlich unwohl in seiner Haut wurde wie dem Modell. Er lächelte bei dem Gedanken, und grinste, als er die nervöse Antwort des Gouverneurs hörte. "N- nun gut. Eine Woche lang behältst du ihn noch hier. Ich versuche, noch ein paar Soldaten für die nächtliche Wache abzuzweigen. Und du passt hier auf ihn auf, ja? Ich verlasse mich bei dieser Angelegenheit auf dich." Schritte, und eine Tür ging auf. "Ja, das weiß ich. Ich passe schon auf ihn auf. Ich danke dir, Onkel." Die Tür fiel zu. Jack schlüpfte leise wieder in das Atelier zurück und setzte sich so, wie er vorhin hier gesessen hatte, wieder dort hin. Will kam nur einen Augenblick später in das Atelier. "Heute haben wir ein bisschen mehr Zeit.", sagte er und sah mit einem zweifelnden Blick auf Jacks Weste, auf der er nun saß. Jack ließ beim Lächeln seine Goldzähne blitzen.

_#_#_#_

Sie hatten gerade zu Abend gegessen. Seit der Gouverneur wieder gegangen war, hatte Will noch ein weiteres Bild gemalt und wieder verworfen und ein neues begonnen.

Jack saß ohne Hemd auf dem Sofa, Will neben ihm. Seit Minuten hielt er nun schon den Stift in der Hand, ohne ihn auf das Papier aufzusetzen. Er betrachtete den Piraten wieder mit diesen bohrenden Blicken, mit denen er ihn nun schon den ganzen Tag lang angestarrt hatte. Dann seufzte er und warf das Papier samt dem Stift auf den Boden. Er streckte seine Arme nach oben, gähnte, legte sie auf seinen Schoß und starrte mit müden Augen in die Leere. Jack sah von ihm weg. Konnte er diese Nacht vielleicht entkommen? Oder in einer der folgenden? Er hatte schon die ganze Zeit über versucht herauszufinden, ob man die großen Fenster auf der Westseite öffnen konnte. Sie boten zwar nur eine schlechte und gefährliche, aber dennoch die einzige Fluchtmöglichkeit, die Jack bisher gefunden hatte. Er war müde. Er schloss die Augen.

Will machte neben ihm irgendeine Bewegung. Jack wollte sich bereits wieder in die Position setzen, in der Will ihn die letzten Stunden über gezeichnet hatte, als er etwas Warmes auf seinen Beinen spürte. Als er die Augen öffnete, saß Will bereits auf ihm, ohne eine Möglichkeit für ihn, ihn wegzustoßen. Jack grinste.

"Ah.. Das sind also die wahren Motive des Künstlers." Will legte seine Hände um Jacks Taille und zog ihn an sich. Er grinste ebenso. "Nicht ganz." Er machte eine Bewegung nach rechts, zog Jack mit sich und stieß ihn dann längs auf das Sofa. Dann beugte er sich über ihn und begann, seinen Körper mit sanften Küssen zu überdecken. Jack wehrte sich nicht. Wozu auch? Er war viel zu müde, um ihn abzuwehren oder weiter über seine Flucht nachzudenken, und außerdem genoss er das Gefühl. Auf seinen unzähligen Seereisen hatte er viele männliche Partner gehabt, und Will, der seine Zunge nun sanft an den kleinen, empfindlichen Erhebungen auf seiner Brust spielen ließ, gehörte bei weitem nicht zu den unangenehmsten. Jack schloss die Augen. Auf einer monatelangen Seereise ohne eine einzige Frau auf dem Schiff seine Triebe gänzlich zu unterdrücken, würde jeden früher oder später wahnsinnig machen. Irgendwann mochte man seine Männer einfach mehr als vorher.

Jack legte seine Hände an Wills Schultern und zog ihn mit leichtem Druck ein Stück nach unten. Dann ließ er sie bis zum Ende seines Hemdes und darunter gleiten, und zog den Stoff von seinem Körper. Will jedoch legte seine eigenen Hände auf Jacks und führte sie sanft wieder über das Hemd, sodass er sein Vorhaben stoppte. Jack sah ihn fragend an, doch Will führte, unbeeindruckt davon das Spiel an seinen Brustwarzen fort. Dann ließ er seinen Mund einige Zentimeter nach unten wandern, saugte die Haut dort an und ließ sie wieder los, und bewegte sich noch ein kleines Stück weiter. Er hielt inne. "Erzähle mir von diesen Narben hier.", sagte er, verschränkte die Arme auf Jacks Brust und legte seinen Kopf darauf. Er zog die Brauen hoch und sah ihn aufmerksam an. Seine Wissbegier war gespielt, doch Jack sah ein winziges Aufblitzen in Wills Augen, ein Aufblitzen desselben Ausdrucks, den sie immer hatten, wenn sie ihn beim Malen betrachteten. Der taxierende, bohrende Blick, den Jack so sehr hasste. Innerlich enttäuscht über die Erkenntnis, dass Will überhaupt nicht vor hatte, mit ihm zu schlafen, sondern ihn nur für weitere Bilder zu 'studieren' gedachte, begann Jack zu erzählen.

Er sprach von den Kaperfahrten, von den Kämpfen, die diese beiden großen Narben verursacht hatten, von den Matrosen, gegen die er sein Schwert erheben musste, schwer verletzt von den Schusswunden, die ein schlechter Schütze des gegnerischen Schiffes verursacht hatte; mit blutdurchtränktem Hemd, gerade noch fähig, dem Kapitän einen Dolch in den Bauch zu rammen, und aufzustehen, um das gegnerische Schiff zu übernehmen. Er erzählte von den Narben an seinem Arm, die ihm während einer Gefangenschaft bei den Spaniern zugefügt wurden, durch einem Soldaten, der glaubte, Jack habe seine Frau geraubt; und der seine Wut wieder und wieder an dem an der kalten Zellenwand angeketteten Piraten ausließ, seinen Dolch immer tiefer in dessen Arm hineindrückend, schneidend, und der ihn mit wahnsinnigem Hass in den Augen beinahe getötet hatte. Will hörte den Geschichten zu. Ab und an gab er einen Laut des Erstaunens von sich, oder des Mitleids, doch sonst ließ er Jack die ganze Zeit über reden. Der Pirat fand diesen Abend angenehm. Er glaubte zwar, dass Will ihn nur derartig reden ließ, um sein Modell zu studieren, es kennenzulernen, und die neu gewonnenen Erkenntnisse vielleicht in ein Bild einzuarbeiten, doch wenn er hier lag, die zarte, schöne Haut des Künstlers auf seiner eigenen spürend, und die sanften, braunen Augen vor sich, die unverwandt seine eigenen betrachteten, während er von den, zugegeben, nur wenig interessanten Begebenheiten auf seinen Reisen erzählte, glaubte er, in Will einen neuen Freund gefunden zu haben. Eine Seele, so unterschiedlich von seiner, diese aber ergänzend, um eine Empfindung, die er nur selten verspürte. Ruhe. Und das Gefühl, dass jemand ihm zuhörte. Nicht um des Redens willen allein, sondern mehr noch um die Gewissheit, dass eine Person bei ihm war, deren Gesellschaft er genoss, und durch die er nicht allein war. Will strich mit den Fingerspitzen über Jacks Haut. Jack lächelte. Wie schon so oft in den letzten Tagen vergaß er völlig, warum er hier war, und dass er in einer Woche vermutlich am Galgen hängen würde, wenn nicht bald ein Wunder geschah. Seine Mannschaft schien ihn, ganz nach dem Piratenkodex, im Stich gelassen zu haben. Jack konnte es ihnen nicht verübeln, denn er hatte sie immer angewiesen, sich daran zu halten.

"Jack?", unterbrach Will seine Erzählungen. "Wie bist du hier her gekommen?" Jack grinste. "Eine lange Geschichte. Soll ich sie dir erzählen?" Will lächelte, und das genügte Jack als Antwort. Er begann von der winzigen Karibikinsel zu erzählen, die seiner Mannschaft und ihm in den letzten Monaten als sichere Zuflucht gedient hatte, und davon, wie einer der Piraten die Lage der Insel an England verriet, um das Kopfgeld einzustreichen, was mittlerweile auf sie ausgesetzt war. Es war eine gehörige Summe, einem einzelnen Mann hätte sie ein ganzes, luxuriöses Leben finanzieren können. Jack und seine Mannschaft hatten sich in den letzten Monaten mit dem Rauben und Brandschatzen nicht zurück gehalten. Zu sicher glaubten sie sich dort, und Jack hätte sich denken können, dass das auf sie ausgesetzte Kopfgeld auch Leute aus den eigenen Reihen reizen konnte. Gerade im letzten Moment, die Schiffe Englands waren schon beinahe am Horizont zu sehen, wurde der Verräter enttarnt, und die Piraten nahmen ihre Schätze und ließen ihn auf der Insel. Seine Mannschaft konnte noch knapp entkommen, doch Jack war zu diesem Zeitpunkt unauffindbar gewesen, und ganz nach dem Piratenkodex hatte die Mannschaft ihn zurückgelassen. England fand ihn und brachte ihn in die nächstgelegene Hafenstadt. Auch den Verräter nahmen sie gefangen, was ihm seine gerechte Strafe zukommen ließ. Jack wusste nicht, was mit ihm geschehen war, doch er glaubte und hoffte, dass er seinen Tod am Galgen gefunden hatte.

Dass seine Mannschaft noch ein perfekt ausgerüstetes Schiff besaß und den Ort wusste, an den Jack gebracht wurde, verschwieg er. Er vertraute dem Künstler zwar mehr als so manchem Soldaten oder Mitgefangenen, aber eine bestimmte Vorsichtsgrenze sollte auch in diesem Falle besser nicht überschritten werden.

Als Jack die Geschichte beendet hatte, seufzte Will und sah auf Jacks Brust herab. Er sah irgendwie traurig aus, echte Traurigkeit, ohne den bohrenden Blick, der sonst auf seinem Gesicht lag, und Jack setzte sich ein wenig auf, lehnte sich an das Ende des Sofas und legte seine Arme um ihn. Will schloss die Augen. "Ich wäre auch immer gerne aufs Meer gefahren.", sagte er leise, "Aber mein Onkel hat es mir nie erlaubt."

"Warum nicht?", fragte Jack.

"Ich weiß nicht..", antwortete er schulterzuckend. "Vielleicht, weil mein Vater in einem Sturm umkam.. Und ich das einzige bin, was von seinem Bruder noch übrig ist." Er schmiegte sich ein wenig mehr in seine Arme. "Jedenfalls hat mein Onkel peinlich genau darauf geachtet, dass ich kein Schiff betreten, keines kaufen, und nicht von der Insel runterkommen kann. Als Entschädigung erfüllt er mir jeden Wunsch." Jack nickte verstehend.

"Ich wäre so gerne aufs Meer gefahren..", murmelte Will noch, verfiel dann aber in Schweigen, und schon nach kurzer Zeit schloss er die Lider und war eingeschlafen. Jack betrachtete ihn noch eine Weile, sah das Licht des Mondes, der diese Nacht so hell war, dass es sogar bis auf die Westseite des Hauses reflektierte, und betrachtete es lächelnd, wie es sich zart auf das Gesicht, die Augenlider, die Lippen der Gestalt in seinen Armen legte, und wie es sie in kühle, aber seltsam weiche und schöne Farben tauchte. Dann hob er ihn vorsichtig hoch, trug ihn in das Schlafzimmer, legte ihn auf das Bett und eine Decke über ihn.

melv08