- Kapitel 9 -

Nächtliche Ausflüge

Der Monat September und der halbe Oktober vergingen wie im Fluge, auch wenn sie nicht so vergnüglich waren, wie die ersten beiden Tage. Tarsuinn musste zugeben, dass er sich manchmal wünschte wieder allein zu sein. Und alles lag an Toireasa von den Slytherins. Zumindest behauptete das Winona, die genau wie er einiges ertragen musste. Doch ihre Hauptgegnerin war eindeutig Regina Kosloff und ein Mädchen namens Vivian Hogan. Beide gingen nicht sonderlich subtil vor und hatten schon einige Minuspunkte dafür kassiert. Anders sah es bei ihm selbst aus. Niemand griff ihn direkt an oder setzte irgendwelche offensichtliche Zauber ein. Das einzige, was ihm passierte war, dass Toireasa ihm einmal aus Versehen einen Lichtzauber vor die Augen gesetzt hatte. Er selbst hatte es natürlich nicht bemerkt, aber es wurde ihm erzählt und, wie Winona, glaubte auch er nicht an einen Zufall.

Außerdem war dies der Zeitpunkt, an dem es für ihn bergab ging. Irgendwer von den Slytherins war auf den zauberhaften Gedanken gekommen einmal auszutesten, ob er eine Hundepfeife hören konnte (er konnte) und demzufolge machten sie ihm die meisten Unterrichtsstunden zu einer akustischen Hölle. Vor allem, wenn er etwas gefragt wurde oder sich aufs Arbeiten konzentrieren musste. Doch wie sollte er sich über etwas beschweren, was nur er selbst hören konnte?

Nicht so schlimm war, dass man ihm außerdem ständig seine Tinte vom Papier löschte. Prinzipiell hätte ihn das zwar nicht gestört, schließlich konnte er das Geschriebene durch die Kratzer auf dem Papier trotzdem lesen, leider aber zog ihm Lockhart jedes Mal Punkte ab, weil er nicht mitschrieb. Und gut machen konnte er diese Verlustpunkte auch nicht mehr, denn es war allen Lehren inzwischen untersagt, ihm Pluspunkte im Unterricht zu geben. Nur seine Hausaufgaben und die Tests, die er allein in einem leeren Raum machen musste, durften positiv bewertet werden. Offiziell hatte Professor Flitwick behauptet, weil das Ministerium, auf Grund seines besonderen Status, auf einer besonders objektiven Bewertung bestand. Inoffiziell war das natürlich die Reaktion auf sein besonderes Gehör in Sachen Bücher. Nicht, dass er sie über das Pfeifen noch hören konnte. Außerdem hassten die meisten Seiten, genau wie er, diesen hellen Ton und waren einfach still – oder sie beschwerten sich laut, was die Sache noch schlimmer machte. In mancher Stunde Dunkle Künste tat Tarsuinn nichts anderes mehr, als sich seine Ohren zuzuhalten. Lockhart war einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um das zu bemerken. In Zauberkunst – auch mit den Slytherins – war es nicht so schlimm. Professor Flitwick war sehr aufmerksam und sein Peiniger oder die Peinigerin waren recht vorsichtig.

Doch das alles konnte er noch halbwegs ertragen. Schlimm fand er eher, wie Winona da mit hineingezogen wurde und wie sie stur an seiner Seite blieb. Ständig wurden neue Gerüchte über sie beide in die Welt gesetzt. Mal waren sie ein Liebespaar, mal war es eine von den Eltern arrangierte Geschichte. Zwei Tage später war Tarsuinn ein extrem reicher Muggel und Winona nur an seinem Geld interessiert. Vor wenigen Tagen hörte er dann, wie ein paar Hufflepuffs darüber redeten, dass er Winona eine hässliche Kuh genannt hätte. Es war für ihn unverständlich, wie man so eine Idiotie glauben konnte. Einmal war sogar ein Gryffindor-Mädchen zum Krankenflügel gelaufen, nur weil er sie berührt hatte, und sie glaubte, er hätte sie mit seiner Augenkrankheit angesteckt.

Nun, es war eh seit Anfang Oktober in der Schule rum, dass er blind war.

Madame Pomfrey hatte ihn eines Tages mit den Worten: Der Augenspezialist aus dem St. Mungos ist jetzt da. Würden Sie bitte entschuldigen, Professor Binns, wenn ich Mr McNamara mitnehme?, aus dem Unterricht geholt.

Natürlich hatte er Professor Binns ablehnende Haltung nicht mitbekommen und war einfach gegangen. So war herausgekommen, dass Tarsuinn noch nie ein Wort von dem Geist gehört hatte, der Geschichte lehrte, was diesen ziemlich sauer gemacht hatte. Schließlich war Tarsuinn sein aufmerksamster Schüler seit langem gewesen, da dieser der einschläfernden Wirkung von Professor Binns monotoner Stimme nicht ausgesetzt war (O-Ton Winona). Winona hatte ihm nur einfach immer das Thema zugeflüstert und er hatte sich von den Büchern die stellenweise hochinteressanten Begebenheiten erzählen lassen. Binns nahm ihm das ziemlich übel, obwohl Tarsuinn nichts dafür konnte.

Da aber Tarsuinn trotzdem mitschrieb und niemand etwas von seinem stillen Zwiegespräch mit den Büchern wusste, kamen alsbald die nächsten Gerüchte auf. Jetzt war er plötzlich ein Gedankenfresser, der die Erinnerungen der anderen Schüler raubte. Sein Extraraum während der Tests gab diesen Behauptungen immer wieder neue Nahrung.

Zusätzlich dazu, dass er es sich mit Binns verscherzt hatte, hatte der Augenheiler nur feststellen können, dass sein Augenlicht unwiederbringlich verloren wäre, da sein Sehnerv irreparabel zerstört wäre. Wie das geschehen war, konnte er aber auch nicht erklären.

So kam es, dass Zaubertränke seine Lieblingsstunde wurde. Keine Slytherins, Snape kümmerte sich während des Unterrichts nur minimal um das, was er tat, alle Hufflepuffs setzten sich weit von ihm entfernt und es war das einzige Fach, in dem er etwas Greifbares bewirken konnte. Was nutzte es schon, wenn Flitwick und McGonagall ihm exakte Zauberstabbewegungen und eine genaue Aussprache bescheinigten, wenn sich nichts tat! Natürlich konnte in den Unterrichtsstunden überhaupt nichts passieren, da er da ja den falschen Zauberstab benutzte, doch auch wenn er mit dem richtigen heimlich und allein übte, war das Ergebnis immer gleich Null.

In Zaubertränke bekam er zwar auch immer Null Punkte, aber das nur, weil in Snapes Augen keiner seiner Tränke perfekt war. Trotzdem freute sich Madame Pomfrey, wenn er ihr zum Beispiel einen Trank gegen Müdigkeit vorbeibrachte. Seiner Meinung nach war zwar ein Schwarzer Tee einfacher herzustellen, billiger, geschmackvoller und effektiver, aber was sollte es. Er vernichtete nie, was er herstellte, sondern nahm für sich ein kleines Glas und gab den Großteil an die Krankenschwester. Er wusste zwar nicht, ob sie es wirklich brauchte, doch ihr Zuspruch und ihr positives Urteil über seine Tränke und Salben gaben ihm jedes Mal neuen Auftrieb, wenn ihn Snape zuvor getadelt hatte.

Doch zu allem Schlechten gab es auch Positives. Die ständigen kleinen Angriffe und Anfeindungen hatten ihn und Winona fast unzertrennlich gemacht und auch mit den anderen Ravenclaws seines Alters kam er hervorragend aus.

Da war zunächst Merton zu nennen, der einzige reine Muggelstämmige in ihrem Alter in Ravenclaw. Merton spielte gern Handball, was hier leider niemand sonst mochte. Das war zwar auch keine Sportart für Tarsuinn, aber Mertons Eltern hatten ihren Sohn auf ein Spiel für Blinde aufmerksam gemacht, das eine geringe Ähnlichkeit mit Handball aufwies.

Es war ein Spiel mit einem Ball, der ein lautes, vibrierendes Geräusch von sich gab, wenn er auf den Boden aufprallte. Dazu zwei Tore und ein flach gespanntes Seil in der Mitte des Feldes und man hatte alles, was man brauchte. Es hieß Torball und war recht einfach zu erlernen.

Man legte Matten vor die Tore, kniete sich mittig darauf, der Gegenüber rief einem kurz etwas zu und dann warf man den Ball unter dem Seil durch auf das Tor. Dieses Seil hing so flach über dem Boden, dass der Ball mindestens einmal auf den Boden prallen musste und deshalb in seinem Inneren zu summen begann. Dadurch war es dem anderen Spieler möglich, das Tor nach Gehör zu verhindern.

Zunächst war Tarsuinn skeptisch gewesen, doch Mertons Eltern hatten einfach einen dieser speziellen Bälle gekauft und ihrem Sohn geschickt. Daraufhin fühlte Tarsuinn sich verpflichtet, wenigstens einmal mitzuspielen und musste dann feststellen, dass es ihm viel Spaß machte. Seitdem übte er mit Merton regelmäßig, wobei Tarsuinn jedoch ein wenig unter seinen Möglichkeiten spielte, damit Merton, der natürlich eine Augenbinde trug, nicht so sehr frustriert wurde. Ab und zu kamen auch andere Ravenclaws hinzu, was eigentlich immer im absoluten, aber vergnüglichen Chaos endete.

Hervorragend kam er auch mit Alec und Cassandra aus. Mit Alec wahrscheinlich vor allem, weil dieser Slytherin verabscheute und er deshalb Tarsuinn ein wenig beschützte. Nicht dass der Junge dazu besonderes Talent hatte, denn er war eigentlich nicht gerade der Hellste und viele Slytherins lästerten, dass seine Einteilung nach Ravenclaw eigentlich ein Fehler gewesen sein musste. Bemerkungen, die jedoch eher dazu angetan waren, Alec anzuspornen, so dass er ständig auf der Suche nach Nachhilfe war. Und so hatte Tarsuinn sich bereit erklärt, ihm bei Geschichte und Zaubertränke auszuhelfen.

Wobei bei der Zaubertränke-Nachhilfe auch Cassandra zu ihnen stieß. Eigentlich war sie das genaue Gegenteil zu Alec in Sachen schulische Leistungen. Hochintelligent und mit einem logischen Verstand gesegnet, war sie der Star der Ravenclaws in der ersten Klasse. Nur leider war sie mit zwei linken Händen geschlagen, wenn es um den Umgang mit Messern und ähnlichen Werkzeugen ging. Außerdem ekelte sie sich vor den meisten Zutaten und Snapes ätzende Kommentare verunsicherten das erfolgsgewohnte Mädchen vollständig. So kam es, dass Tarsuinn mit Alec die Rezepte paukte und mit Cassandra die praktische Zubereitung übte.

Die fünfte Person, mit der Tarsuinn sich freundschaftlich verbunden fühlte, war Luna Lovegood. Er wusste zwar nicht, ob das stille, in sich gekehrte Mädchen diese Ansicht teilte (niemand schien wirklich ihre Gedanken ergründen zu können), doch er nahm es zumindest an. Schließlich war sie die Einzige, die regelmäßig die Geduld aufbrachte, mit ihm solche erfolgserlebnisfreien Fächer wie Verwandlungen und Zauberkunst zu üben. Es störte ihn auch nicht im Geringsten – im Gegensatz zu Winona – dass Luna ihn oft studierte und ihm die seltsamsten Fragen stellte. Ihre Neugierde schmeichelte ihm sogar heimlich. Sie gab ihm immer die Zeitung ihres Vaters – den Quibbler – den er unheimlich interessant fand. Die Geschichten darin beflügelten so sehr seine Phantasie, dass er sich oftmals noch intensiver wünschte, er könne normal träumen.

Leider hatte seine Begeisterung für den Quibbler den negativen Nebeneffekt, dass Ian, fast so begabt wie Cassandra, ihm etwas distanzierter gegenüberstand. Der Junge war begeisterter Anhänger einer wirklichkeitsbezogenen Presse und damit jedem Leser des Quibblers gegenüber misstrauisch. Seiner Meinung nach war die Tageszeitung namens Der Tagesprophet das einzig selig machende. Leider hatte darin aber auch in einem kleinen Kommentar gestanden, dass es eine Schande wäre, dass ein Muggel in Hogwarts die Schule besuchen dürfe und deshalb verabscheute Tarsuinn das Blatt.

Das bedeutete nicht, dass Ian nun feindlich ihm gegenüber auftrat, aber er half Tarsuinn auch nicht und nahm im Gegenzug auch keine Hilfe an.

Am problematischsten innerhalb Ravenclaws war jedoch sein Verhältnis zu Penelope, der Vertrauensschülerin. Auch wenn diese sich um einen betont freundlichen Umgang bemühte, so merkte Tarsuinn doch, dass ihr jeder seiner Minuspunkte innerlich wehtat. Sie versuchte zwar objektiv zu bleiben, aber Tarsuinn merkte deutlich, wie schwer es ihr fiel, sich zu beherrschen. Sie schien die Sache mit den Punkten ernster zu nehmen, als jeder andere Ravenclaw und Tarsuinn war inzwischen für siebzehn Minuspunkte verantwortlich, denen nur fünf positive gegenüber standen.

Er musste zugeben, die Schuld dafür lag zum Teil sogar bei ihm selbst. Er verbrachte viel mehr Zeit mit Büchern über seltene magische Artefakte und Sagen, als mit Hausaufgaben und Lernen. Und wenn er schon bei Schuldeingeständnissen war, für Winonas nicht so berauschende Leistungen war er wahrscheinlich auch mit verantwortlich. Schließlich half sie ihm bei seinen Recherchen.

Er lümmelte gerade entspannt auf einem Sofa im Aufenthaltsraum und las mit den Fingerspitzen – das konnte er inzwischen deutlich schneller als früher – ein Buch namens Magische Dinge für den Hausgebrauch. Das war ziemlich unbefriedigend, aber er und Winona hatten fast alle Bücher aus der allgemein zugänglichen Bibliothek schon durch, die sich mit magischen Artefakten befassten. Tikki stromerte irgendwo durch das Schloss, jagte Ratten und ärgerte wahrscheinlich Mrs Norris und Filch, der Tarsuinn noch immer hasste. Jeden Morgen nach dem Essen, wenn er zum Unterricht ging, stand der Hausmeister neben der Tür und murmelte ihm jedes Mal ein – Du wirst es niemals schaffen! – zu.

Plötzlich knallte ein Buch neben Tarsuinn auf den Tisch. Er fuhr erschrocken auf.

„So!", fluchte Winona frustriert. „Mit diesem Buch begeben wir uns auf Lunas mystisches Niveau. Magische Gegenstände alter Sagen und wie man sie herstellen könnte von Adelheid Unglaube. Tiefer können wir nur sinken, wenn wir eine Suche im Archiv des Quibblers beantragen."

„Na wenigstens klingt es interessanter, als das hier", meinte er optimistisch.

Ich zeige euch die Wahrheit in den Legenden und Wege zur alten Macht", flüsterte das neue Buch.

„Was sagt das Buch?", fragte das Mädchen leise.

„Wenn das stimmt, was es verspricht, dann würde es nicht im offenen Bereich der Bibliothek stehen", antwortete er ebenso leise.

„Das hab ich mir auch gedacht, als ich das Kapitelverzeichnis gelesen habe. Aber Luna ist aufgefallen, dass wir uns für Artefakte interessieren und so hat sie mich gefragt, ob sie helfen könne. Ich sagte ja, um sie loszuwerden, und dann kam sie mit dem Buch an. Ich konnte es nicht wieder zurückstellen, wo ich doch selbst keins mehr gefunden habe."

„Sei nicht so skeptisch wie Ian", warf Tarsuinn ihr vor. „Luna ist doch nett."

„Das kannst du nur sagen, weil dich ihr Blick nicht nervös machen kann. Sie mag ja ganz okay sein, aber manchmal ist sie so nervig wie eine Katze, die einen keine Sekunde aus den Augen lässt. Und das geht nicht nur mir so."

„Na ja – vielleicht hat sie ja einen Treffer. Schließlich haben wir in den hochwissenschaftlichen Büchern nichts gefunden."

Sie ließ ein theatralisches Stöhnen hören und imitierte gekonnt Professor Dumbledore.

Hiermit möchte ich den möglicherweise anstehenden Untergang des Universums bekannt geben…"

Tarsuinn musste laut lachen. Er erinnerte sich noch sehr genau an diese Worte. Doch seine Freundin stimmte nur halbherzig in sein Lachen ein.

„Was ist los?", fragte er und wurde schlagartig wieder ernst.

„Nur Gerüchte", antwortete sie abfällig.

„Das tut mir Leid", gestand er ihr.

„Ach, Quatsch", fuhr sie ihn plötzlich ungehalten an. „Fühl dich doch nicht verdammt noch mal für alles schuldig, was hier passiert. Es gibt auch Dinge, für die du nicht der Grund bist!"

„Entschuldige meine Ich-Bezogenheit", sagte er gespielt geknickt, konnte sich aber ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. Sie hatte ja Recht, jedoch konnte er das ihr gegenüber nicht zugeben.

„Ach hör schon auf!", verlangte sie. „Das ist so komisch nicht."

Betreten schwieg er daraufhin. Sie war sonst immer ein Quell des Frohsinns, aber langsam schienen auch ihr die Nerven zu flattern. Still lasen sie eine Weile ihre Bücher, doch dann hielt er es vor Neugier nicht mehr aus.

„Willst du mir nicht erzählen, was los ist?", fragte er vorsichtig.

„Es ist nichts", log sie.

„Von wegen."

„Es hat nichts mit dir zu tun."

„Das hab ich ja nun begriffen. Aber vielleicht kann ich ja mal zur Abwechslung dir helfen?"

„Nein, kannst du nicht", sagte sie fest und nach einer Kunstpause legte sie das neue Buch weg. „Das Ding ist sinnlos. Diese Adelheid Unglaube tut nichts anderes, als kurz von der Sage zu schreiben und beschreibt dann sofort harrklein, warum, was und wie es funktionieren könnte. Dabei sind die Angaben in den Sagen so ungenau, dass sie eigentlich gar keine Ausgangsgrundlage für ihre Thesen hat. Ich gehe hoch und schreib einen Brief."

„Kannst du das Buch hier lassen?", bat er. „Du weißt doch, es klingt, als hätte es Quibbler-Leser-Niveau. Und da ich Fan bin…"

„Ja, ja. Ich lasse es hier."

„Hast du Lust, dich heute noch in die Eulerei zu schleichen?", fragte er, bevor sie ging. „Ich hab schon einen fertigen Brief an meine Schwester hier."

„Wenn du jetzt gehst, schaffst du das noch vor der Schlafenszeit", antwortete sie – nicht zu Unrecht.

„Ja, aber später macht es mehr Spaß", gab er zu bedenken.

„Mal schauen", sagte sie zum Schluss widerwillig. „Penelope ist eh schon sauer auf uns."

Dann ging sie und Tarsuinn fragte sich, ob der Hinweis auf die Vertrauensschülerin nun ein Pro- oder Contra-Argument gewesen war.

Er nahm sich gelangweilt das zurückgelassene Buch, überflog kurz das Inhaltsverzeichnis und wollte es schon wieder zur Seite legen, als ein seltsames Gefühl ihn noch mal stutzen ließ. Schnell schlug er das Buch noch mal auf und seine Finger flogen erneut über den Text, bis er eine schlecht leserliche Stelle erreichte, an der jemand etwas überschrieben hatte.

Unberühr…stäbe, stand da. Wieder und wieder tastete er über die Stelle. Doch er konnte nichts Zusammenhängendes mehr entziffern.

„Sag mir bitte, was an dieser Stelle steht", bat er leise.

Da steht nichts geschrieben!", antwortete das Buch.

„Oh doch, da steht etwas!", beharrte er verwundert. Normalerweise waren Bücher scharf darauf, ihm alles zu erzählen, was in ihnen geschrieben stand.

Da steht nichts", wiederholte das Buch. Es klang irgendwie unsicher.

„Möchtest du wieder zurück in die Bibliothek?", fragte Tarsuinn.

Ja gerne."

„Das werd ich mir aber überlegen", sagte er halb drohend.

Bitte?!"

Tarsuinn war jetzt vollkommen misstrauisch. Bücher wollten immer gelesen werden. Dieses hier war die allererste Ausnahme, wobei es sich am Anfang durchaus normal verhalten hatte.

„Ich weiß nicht", dachte er laut für das Buch. „Ein Buch mit geheimem, möglicherweise gefährlichem Wissen in der Bibliothek…?!"

Das Buch zitterte in seiner Hand. Zumindest empfand er es so.

„Sag mir, was du verbirgst", verlangte er.

Und dann…?"

„Wird dir nichts passieren."

Das Buch schwieg einen Augenblick.

Such nach einer zu dicken Seite", wies das Buch ihn dann schließlich an.

Er tat es. Vorsichtig ließ er, eine nach der anderen, die Seiten durch seine Finger gleiten. Bis er kurz vor Ende eine etwas dickere Seite fühlte. Hätte er nicht danach gesucht, es wäre ihm nicht aufgefallen. Er merkte sich die Seite, dann ging er nach oben in den Schlafraum. Glücklicherweise war es Freitag und weder Ian, noch Alec oder Merton waren schon ins Bett gegangen. Tarsuinn nahm sich sein schärfstes und dünnstes Messer, das er normalerweise recht oft in Zaubertränke brauchte, setzte sich auf sein Bett und zog die Vorhänge um sich herum zu.

Hoffentlich ist der Stoff nicht durchsichtig, dachte er sich dabei, ansonsten war das eben sicherlich recht lächerlich anzuschauen.

Danach schlug er wieder das Buch auf und rückte vorsichtig der dicken Seite zu Leibe. Das Buch bat ihn die ganze Zeit vorsichtig zu sein.

Geduldig arbeitete er sicher eine halbe Stunde daran, ehe es ihm gelungen war, die Seiten zu trennen. Gespannt versuchte er den freigelegten Text zu lesen, was sich als schwieriges Unterfangen herausstellte. Anscheinend war, wie beim Inhaltsverzeichnis, die Tinte gelöscht worden und nur die Eindrücke der Druckmaschine, des Vervielfältigungszaubers, der Feder oder was auch immer die Zauberer für ihre Bücher benutzen, war zu erfühlen. Schon bald holte er Feder und Papier dazu, um sich die einzelnen entzifferten Wörter zu notieren. Das Buch gab an, dass es selbst nur lesen konnte, was in ihm mit Tinte stand, doch das war ihm egal. Buchstabe für Buchstabe kämpfte er sich voran. Zwischenzeitlich musste er seine Arbeit unterbrechen, da nach und nach seine Stubenkameraden zum Schlafen hochkamen.

Aus diesem Grund wechselte er den Standort und ging wieder in den Gemeinschaftsraum. Die meisten Ravenclaws hatten sich inzwischen daran gewöhnt, dass er als letzter zu Bett ging und als erster aufstand. Niemand von den Älteren forderte ihn also auf, schlafen zu gehen. So musste er nur warten, bis auch die Letzten im Bett waren, dann nahm er seine Arbeit wieder auf und steigerte sich soweit in diese hinein, dass er Zeit und Umgebung völlig vergaß.

„Wir können los!", sagte unvermittelt Winona neben ihm. „Was zum Teufel machst du da?"

Es musste für sie wirklich seltsam aussehen. Seine linke Hand las mit den Fingerspitzen leere Seiten und seine rechte Hand schrieb mit einer Feder, aber ohne Tinte, auf ein leeres Pergament.

„Oh", zuckte er zusammen. „Es hat nichts mit dem Stein zu tun."

„Aber es ist sehr interessant, oder?", forschte sie misstrauisch weiter.

„Der Quibbler wäre begeistert!", versuchte er ihre Neugierde etwas einzuschränken.

„Um was geht es?", wollte sie trotzdem wissen.

Er legte die Feder beiseite und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann hielt er inne.

„Komm schon", drängelte sie weiter. „Leere Seiten in einem Buch und du bist so konzentriert darauf, dass du zum ersten Mal jemanden nicht gehört hast, wenn er sich dir nähert."

„Ich kann es dir nicht sagen", sagte er, um Verständnis bittend. „Genau wie du ja auch Geheimnisse hast."

Das ist etwas völlig anderes", stellte sie klar.

„Nein! Ist es nicht!", meinte er fest.

„Doch. Ich helfe dir seit Wochen bei der Sache, ich halt meinen Mund, dann habe ich auch das Recht zu erfahren, was dabei herauskommt", sagte sie jetzt recht laut und ungehalten. Sie schien richtig sauer zu sein.

Er schüttelte den Kopf. Der Inhalt der beiden Seiten und die Warnungen von Mrs Glenndary hallten in seinem Kopf nach.

„Bitte!", flehte er.

„Nein!", schrie sie ihn entschieden an. „Entweder du sagst es mir oder aber ich…ich…"

Sie vollendete den Satz nicht, sondern rannte unvermittelt in den Mädchenschlafsaal zurück. Traurig zuckte Tarsuinn mit den Schultern. Das hatte er nicht gewollt, doch er konnte nicht anders. Er konnte aber auch nicht verstehen, warum sie so überreagierte.

Kopfschüttelnd brachte er das Buch nach oben, klebte die beiden Seiten wieder vorsichtig zusammen und brachte dann seinen Brief heimlich zur Eulerei. Auf dem Weg dahin schloss sich ihm Tikki wieder an, die ein wenig nach Blut roch. Anscheinend war die Jagd erfolgreich gewesen. Die Augen der Mungodame waren ihm bei diesen illegal-späten Ausflügen zur Eulerei eine willkommene Hilfe. Außerdem tröstete ihn ihre Anwesenheit ein wenig über die Streiterei mit Winona hinweg.

Problemlos erreichten sie die Wohnstätte der Eulen.

„Na dann, Tikki – lass uns Ninja-chan suchen", sagte er und Tikki tobte begeistert los. Wahrscheinlich misstrauisch beäugt von den wenigen anwesenden Eulen, deren nächtliche Jagd anscheinend recht früh erfolgreich gewesen war.

Natürlich war mit Ninja-chan auch eine Eule gemeint. Er war eine der Schuleulen und wenn man ihn scheu nannte, so schmeichelte man ihm. Im Grunde genommen war er nur stinkend faul, und deshalb hatte er die Kunst des Versteckens bis fast zur Perfektion gebracht. Nur gegen Tikki hatte Ninja-chan – den Namen hatte er von Tarsuinn – keine Chance. Es dauerte nur Sekunden und ein leises Pfeifen sorgte für die perfekte Orientierung von Tarsuinn. Vorsichtig, um keine Eule zu verletzen, schlich er sich zu seiner bevorzugten Posteule. Sie steckte halb zwischen Dach und Stützbalken und hackte leicht nach seinen tastenden Fingern, als er ihr das kleine Postsäckchen an ein Bein fummelte. Obwohl er langsam das Gefühl hatte, dass Ninja-chan auf den Geschmack kam, was die Postaufgabe anging. Immerhin bluteten seine Finger nicht mehr, wenn Tarsuinn ihn mit einer Aufgabe betraute.

Ninja-chan, bringe das bitte zu meiner Schwester", flüsterte er ihm leise zu. Zur Antwort zwickte dieser ihm in die Nase, tappte aus seinem Versteck und flog zur offenen Dachluke hinaus. Daraufhin wollte Tarsuinn den Rückweg antreten. Er hatte gerade die Tür der Eulerei geöffnet, als er schnelle Schritte die Treppe heraufkommen hörte. Zwei, nein drei Personen kamen herauf gehastet. Leise schloss er schnell wieder die Tür.

„Tikki, Versteck!", flüsterte er hastig und folgte ihr dann in eine Ecke der Eulerei. Er rollte sich auf dem Boden zusammen und breitete seinen Umhang über sich und Tikki aus. Für eine oberflächliche Durchsuchung mochte das vielleicht reichen. Je nachdem, wie gut Tikkis Versteck war.

Kaum hatte er sich ruhig hingelegt, flog auch schon die Tür auf. Er hörte, wie eine weibliche Stimme – Mist, zu eng! –murmelte.

Dann wurde die Tür zugeworfen und die gleiche Stimme sagte laut: „Colloportus!"

Von der anderen Seite der Tür krachte es zweimal dagegen.

Die Frau kletterte nun schnell zur Dachluke. Das musste ihr ziemlich schwer fallen, denn in der Eulerei war das Chaos ausgebrochen. Eulen flogen aufgeregt herum. Dann krachte irgendetwas gegen die Tür, die Sekunden später nachgab.

Stupor!", donnerte die Stimme Snapes.

Protego!", fast gleichzeitig, aber deutlich leiser, die Frau.

Es donnerte, krachte, zischte, dann hörte Tarsuinn das Rauschen des Windes und den Schlag großer Flügel.

„Wir müssen sie kriegen!", brüllte Filch, der in sicherer Entfernung hinter Snape auf den Dachboden kam. Snape schien dem nachkommen zu wollen.

Accio Besen!", rief er laut.

Ein Aufrufungszauber! Tarsuinn hatte darüber gelesen. Es dauerte nicht lange und er konnte den Besen von draußen kommen hören. Der Gegenstand nimmt den zeitlich kürzesten Weg zum Aufrufenden, hatte es in den Büchern geheißen. Innen durchs Schloss war ganz sicher nicht der schnellste Weg. Und das wusste anscheinend auch die Frau, die geflohen war. In dem Augenblick, als der Besen durch die Luke zu Snape kam, schien das halbe Dach zu explodieren. Tarsuinn roch verbranntes Holz und das Rieseln von Asche.

Snape, der sich anscheinend mit einem Hechtsprung in Deckung geworfen hatte, murmelte einige wirklich unanständige Kraftausdrücke. Doch sein Wille zur Verfolgung war momentan aufgebraucht.

„Professor Snape? Alles in Ordnung?", erkundigte Filch sich von der Treppe aus.

Nur ein widerwilliges Schnauben und das Abklopfen von Staub war die Antwort.

Langsame, leise Schritte kamen die Treppe empor. Snape und Filch schienen sie nicht zu bemerken.

„Darf ich erfahren, was hier vor sich geht, Severus?", erkundigte sich Professor Dumbledore ruhig von der Tür aus. „Und warum sind einige unserer besten Posteulen angesengt?", fügte er mit trauriger Stimme hinzu.

„Mr Filch hatte einen Einbrecher in der Verbotenen Abteilung der Bibliothek entdeckt und mich informiert, Direktor", erklärte Snape, dessen Zähne frustriert knirschten und der nur schwer seine Aufregung beherrschte. „Er ist durch die Dachluke entflohen und wahrscheinlich auch so hereingekommen. Muss ein ehemaliger Schüler sein."

„Mag sein, muss aber nicht", entgegnete Dumbledore. „Wissen wir schon, was gestohlen worden ist?"

„Man müsste schauen, Direktor! Aber ich hoffe, wir haben den Dieb noch rechtzeitig erwischt. Es liegen mehrere Bücher in der Verbotenen Abteilung herum, so als hätte er nach etwas Bestimmtem gesucht, ohne genau zu wissen was."

„Könnte es Voldemort oder einer seiner ehemaligen Gefolgsleute gewesen sein?", fragte Dumbledore nach einer Weile nachdenklich.

„Der Dunkle Lord sicher nicht", erklärte Snape überzeugt. „Doch ein ehemaliger Todesser wäre durchaus möglich, aber nicht wahrscheinlich. Der Mann schien nicht darauf aus zu sein, mich zu töten."

„Nun denn!", brummte der Direktor nachdenklich. „Das war sehr aufmerksam und reaktionsschnell von Ihnen beiden. Einige Bücher aus der Verbotenen Abteilung hätten in den falschen Händen Schlimmes anrichten können. Ich wäre Ihnen beiden sehr dankbar, wenn Sie sich jetzt den Weg zur, und die Bibliothek nach Spuren ansehen und ansonsten Stillschweigen über diesen Zwischenfall bewahren. Wir wollen die Schüler nicht beunruhigen.

Ich selbst werde mich jetzt den offensichtlich unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen hier widmen."

„Wie Sie wünschen, Professor", stimmte Snape zu und verließ mit Filch die Eulerei.

Dann war es still. Alle Eulen waren geflohen oder hockten verängstigt in den verschiedenen Ecken. Tarsuinn hörte Dumbledore langsam hin und her schreiten und Zauber murmeln. Noch vor weniger als zwei Monaten hätte Tarsuinn gewartet, bis der Direktor wieder gegangen war.

Sei unauffällig, kontrolliere deine Gefühle und traue Niemandem außer dir und mir.

Das waren die Worte seiner Schwester gewesen und sie hatten ihnen die Freiheit erhalten. Doch inzwischen war es anders. Er hatte hier Freunde. Selbst seine Schwester Rica schien Dumbledore zu vertrauen.

Langsam und zögerlich erhob er sich aus seinem Versteck und ging zu Dumbledore.

„Ich dachte schon, du würdest nie aufstehen", sagte der Professor mit seiner nachsichtigen und sanften Stimme. „Wen haben wir denn da? Ah – Tarsuinn! Wie geht es deiner Schwester?"

„Sie behauptet, es gehe ihr gut", antwortete Tarsuinn unsicher. Dumbledore klang, als wäre er in seinem Büro und plaudere völlig entspannt.

„Aber du glaubst ihr nicht?"

„Nicht wirklich."

„Und? Schreibst du ihr die Wahrheit?"

„Ich lüge sie nicht an", wich Tarsuinn aus.

„Das beantwortet meine Frage nicht wirklich."

„Ich kann ihr doch nicht schreiben, dass ich immer noch versage", verteidigte Tarsuinn sich gegen den indirekten Vorwurf.

„Wer behauptet denn, dass du versagst?"

„Ich!"

„Dann werd ich dir mal ein großes Geheimnis verraten", flüsterte Dumbledore verschwörerisch und als nächstes erklang seine Stimme ganz dicht an Tarsuinns Ohr.

„Ein Lehrer hält dich für sehr talentiert und hat mich gebeten, zwei Bücher für dich aus der Verbotenen Abteilung freizugeben. Sie warten auf dich, du musst sie nur abholen."

„Wer ist dieser Lehrer?"

„Das hab ich versprochen niemandem zu sagen."

„Halten Sie sich immer an Ihre Versprechen, Professor?"

„Natürlich, aber ich vergebe sie auch nur sehr vorsichtig."

Tarsuinn biss sich nervös auf die Lippen. Ein paar mal setzte er an, doch er brachte kein Wort zustande.

„Hast du auch ein Versprechen gegeben?", forschte Dumbledore vorsichtig nach.

Er nickte nur zur Antwort und senkte beschämt den Kopf.

„Es ist...es ist nur…"

„Ja?"

„Wenn Sie sie trotzdem finden, dürfen Sie ihr nicht wehtun. Man zwingt sie einzubrechen."

„Sie?", fragte Dumbledore und klang dabei gelinde amüsiert.

Oh je, da hatte er zuviel gesagt. Innerlich wollte er sich ohrfeigen für diesen Ausrutscher und er fühlte den fragenden Blick Dumbledores auf sich ruhen. Das machte ihn vollkommen nervös.

„Wenn du mir nicht sagen kannst, wer unsere Einbrecherin ist, könntest du mir dann sagen, wer sie schickt?"

Wieder riss ihn das Für und Wider hin und her. Konnte es denn schaden? Ja – konnte es! Obwohl? Vielleicht?

„Können Sie mir denn versprechen…?"

„Wie schon gesagt, ich gebe mein Wort nur sehr vorsichtig."

„Seien Sie einfach fair zu ihr."

„Zu wem?"

„Der Einbrecherin!"

„Das kann ich dir durchaus versprechen", erklärte Dumbledore.

Tarsuinn atmete tief durch. Er wünschte sich plötzlich, er wäre einfach liegen geblieben oder besser noch, er hätte den Brief erst morgen geschickt.

„Ich glaube es ist Lady Kondagion, die diese Bücher haben möchte", presste Tarsuinn hervor.

„Gloria Kondagion?", präzisierte Dumbledore fragend.

„Ja."

„Und weißt du auch, was sie sucht?"

Sie tauchte vor sieben Jahren hier zum ersten Mal auf, weil sie in Erfahrung gebracht hatte, dass sich meine Familie mit den Legenden der Unberührbaren Zauberstäbe befasste.

Das waren die Worte Mrs Glenndarys gewesen, der Frau, die ihm seinen Zauberstab gegeben hatte und die heute in die Schule eingebrochen war. So wie andere Leute niemals ein Gesicht vergaßen, so vergaß Tarsuinn niemals eine Stimme. Und wenn Dumbledore auch wusste, welche Familie sich mit der Legende beschäftigte, dann konnte er sich vielleicht ausrechnen…

„Irgendein Artefakt aus einer alten Sage", sagte er deshalb vorsichtig.

„Möchtest du mir nicht mehr sagen?"

Tarsuinn schüttelte erneut den gesenkten Kopf, seine Lippen aufeinander gepresst. Er machte sich auf einen Schlag oder Zauber gefasst. Irgendwann musste doch Dumbledores Geduldsfaden reißen. Schließlich verschwieg Tarsuinn so offensichtlich wichtige Fakten, dass mehr Druck unausweichlich schien. Dumbledore konnte ja nicht wissen, dass der Zauberstab, den Kondagion suchte, schon gefunden war und sich in Tarsuinns Besitz befand. Am besten war, sie erfuhr niemals von seiner Existenz.

Doch Dumbledore reagierte nicht so, wie Tarsuinn es erwartete.

„Bist du dir sicher, richtig zu handeln?", fragte der Professor.

Sorgfältig überdachte er noch mal, was er wusste, aber er sah keinen anderen Weg.

„Ja, Professor."

Eigentlich hatte er schon mehr gesagt, als er eigentlich sollte.

„Dann denke ich, ist es an der Zeit, dass du ins Bett kommst", sagte der Professor locker. „Eigentlich steht ja jedem Schüler eine Strafe zu, wenn er noch so spät im Schloss herumstrolcht, aber ich bin ja mit dem neuen Abwehrzauber so beschäftigt…wirklich furchtbar anstrengend…bin völlig abgelenkt...wirklich…zwinker, zwinker!"

Es dauerte einige Augenblicke ehe Tarsuinn begriff, doch dann rannte er mit Tikki aus der Eulerei.

„Na, da kann ich nur hoffen, dass Professor Snape und Mr Filch ihre Augen offen halten", hörte er Dumbledore noch laut murmeln.

Das verlangsamte seinen Schritt wieder etwas und er schaffte es so, unbemerkt und somit strafpunktfrei den Ravenclaw-Turm zu erreichen.

Während alle anderen das Wochenende genossen, folgte Toireasa unbeirrt ihrer Mission. Sie musste sich eingestehen, sie spionierte inzwischen gerne, hatte darin einiges an Übung erworben und ein paar passende Zauber erlernt. Zum Beispiel hatte sie einen recht einfachen Zauber gefunden, der dafür sorgte, dass ihre Schuhe keine Geräusche machten. Hilfreich, wenn man einen Blinden verfolgte, der so gut hören konnte, dass er schon fast zu sehen schien. Gegen die Augen des Mungos half das zwar nicht, aber Toireasa stellte niemals etwas mit dem Muggel an, wenn der Mungo hinsah. Aus diesem Grund sah das Tier sie inzwischen nicht mehr als Bedrohung an. Außerdem hatte sie mit ihren Gerüchten viel mehr Erfolg gehabt. Es waren immer andere, die alles weitererzählten und sie – der Ursprung der Lügen – trat nie in Erscheinung. Und auch wenn nicht viele ihren Erfolg bemerkten, Toireasas Notizen zeugten vom Gegenteil. Der Muggel und seine Freundin verbrachten inzwischen fast ihre gesamte Freizeit im Turm der Ravenclaws. Sie schienen sich die Zeit mit Lesen zu vertreiben. Toireasa hatte sich nach und nach eine Liste aller von dem Mädchen ausgeliehenen Bücher besorgt. Was recht einfach gewesen war, man musste Madame Pince nur nach dem Buch fragen, welches das Mädchen eben vor ihr ausgeliehen hatte und schon kam man auf eine Warteliste. Ein paar Tage später ging man vorbei und holte sich das Buch und schon hatte man die Information. Das brauchte man aber nur zu tun, wenn es keinen Slytherin gab, der zufällig etwas gesehen hatte. Ganz Slytherin half Toireasa – und auch Vivian – mit netten kleinen Beobachtungen aus. Nur setzte Toireasa sie methodischer um, weshalb sie bisher keinen einzigen Minuspunkt für Slytherin kassiert hatte und Vivian schon zwölf.

Wobei – der letzte Plan von Vivian und den anderen Mädchen war eingeschlagen wie eine Bombe. Seit einer Woche war der Muggel fast nur allein. Seine Freundin saß zwar noch immer in jeder Unterrichtsstunde neben ihm, doch sah sie die immer so aus, als hätte sie gerade geweint oder würde es gleich tun. Und wenn sie nicht im Unterricht waren, dann blieb das Mädchen die ganze Zeit im Turm verschwunden. So war das Traumpaar getrennt, was den Muggel angreifbar machte. Aber nur ein wenig, denn er hatte auch noch ein paar andere Freunde unter den Ravenclaws.

Trotzdem blieb der Muggel seit einer Woche in seiner freien Zeit meist allein. Dies schien ihn vor allem in Sachen Bibliothek vor große Probleme zu stellen. In der vergangenen Woche hatte sie ihn mehr als einmal am Tag vor der Tür zu den Büchern stehen sehen und immer wieder war er kopfschüttelnd abgezogen. Irgendwas schien ihn dort abzuschrecken und gleichzeitig magisch anzuziehen. Und dabei ging es nicht um Schulstoff. Fast alle Bücher, die die beiden sich besorgt hatten, handelten von magischen Artefakten. Bevorzugt solche, die auf der Grundlage von Edelsteinen erschaffen wurden. Keine Ahnung, was sie damit versuchten. Aber Toireasa hatte sich vorgenommen, dies herauszufinden. Und deshalb folgte sie dem Muggel auch am Samstag, wann immer er sich aus dem Ravenclaw-Turm herauswagte. Sie kannte inzwischen viele Wege und Verstecke im Schloss, um das unauffällig erledigen zu können. Doch jetzt war sie draußen unterwegs. Der Zauber sorgte dafür, dass ihre Schritte unhörbar waren. Sie musste nur daran denken, die Magie regelmäßig zu erneuern, da sie es noch nicht geschafft hatte, den Zauber dauerhaft zu wirken.

Aus diesem Grund verweilte sie erst einmal im Schatten des Großen Torbogens und sah zu, wie der Muggel am See vorbei genau zu Hagrids Hütte ging. Er klopfte und wenige Sekunden später öffnete der Wildhüter. Toireasa wartete bis er drin war, dann sprach sie den Zauber auf ihre Schuhe und schlenderte auch über die Wiese. Erst am See entlang bis in die Nähe des Verbotenen Waldes, dann im Schatten der ersten Bäume zu Hagrids Hütte. Es kam ihr dabei entgegen, dass das Wetter ziemlich hässlich war. Ein kalter Wind peitschte und tief hängende Wolken kündigten von kommendem Regen.

Sie erreichte die Hütte auf der vom Schloss abgewandten Seite. Leise schlich sie zur Hintertür. Da keines der Fenster offen war, konnte sie nur hier hoffen, etwas aufschnappen zu können. Wenn es nur um Hagrid gegangen wäre, dann wäre dies nicht das Problem gewesen. Er war laut genug, um ihn selbst durch die Wand zu hören.

Vorsichtig legte sie das Ohr an die Tür. Sie durfte nicht vergessen, dass der Zauber nur ihre Schuhe lautlos machte, jedes andere Geräusch klang genauso laut wie immer.

„Willst du Zucker und Milch in den Tee, Tarsuinn?", fragte Hagrid gerade.

„Ja,…", antworte dieser, kaum verständlich, dank Tür und Sturm.

„Ach weißt du, ich merk mir doch nich die Trinkgewohnheiten von Gästen, wenn sie mich so selten besuchen", meinte der Wildhüter.

„Ich dachte…viel…hättest!"

„Das is die beste Ausrede, die ich je gehört habe", lachte Hagrid. „Ein solches Talent is sicher hilfreich, wenn man seine Hausaufgaben vergessen hat."

„…muss man sagen…wie eine Marionette…!"

„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen."

„Aber Hagrid…die Slytherin…das Leben…und meinen…auch!"

„Lass dich doch davon nich unterkriegen. Kennst du Harry Potter? Ja? Der hat auch Probleme mit denen. Aber der kämpft."

„…du vor, dass…Vergeltung übe?"

„Na, na. Nich übertreiben. Aber wehren darfst du dich schon."

„Wann weiß ich aber…"

„Beobachte die anderen, besonders Fred und George Weasley von den Gryffindors, dann weißt du, wie weit du gehen darfst."

„Ich bin darin…sicher."

„Nich entmutigen lassen. Freu dich lieber auf Halloween."

Eine Sturmböe rauschte durch die Bäume.

„…"

„Ich dachte das feiern Muggel auch?"

„…"

„Oh! Na ja – kann man nichts ändern. Vertrau mir einfach, es wird toll. Professor Dumbledore hat nen paar Sachen organisiert. Ich werd dir aber nich sagen was."

Eine Weile war es still oder der Muggel erzählte etwas sehr leise, dann ließ der Wind wieder etwas nach.

„…nicht ohne Hintergedanken dich besucht", beendete der Muggel gerade seinen Satz.

„Freu mich trotzdem, dass du hier bist", versicherte der Wildhüter. „Wobei brauchst du denn meine Hilfe?"

„Na ja, ich glaube…Tikki…könntest…mal schauen?"

„Sicher doch. Um ehrlich zu sein, vermute ich das schon seit dem Tag, als wir uns kennen lernten."

Wieder war eine Weile Ruhe. Diesmal jedoch, weil wirklich niemand sprach.

„Und?", fragte der Muggel nach geraumer Zeit.

„Schwierig zu sagen. Ich zumindest bin mir sicher, aber meist zeigt sich die Magie erst in besonderen Situationen. Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen Gedankenverbindung und die Fähigkeit Magie zu sehen."

Sie mussten gerade über dieses Artefakt sprechen. Toireasa beschloss einen kurzen Blick zu riskieren. Sie erneuerte schnell ihren Zauber und schlich zu einem der Fenster. Vorsichtig reckte sie sich nach oben und linste mit dem linken Auge. Doch leider war sie zu spät. Hagrid und der Muggel saßen sich gegenüber und unterhielten sich. Der Mungo saß zwischen den beiden und schaute immer wieder interessiert vom einen zum anderen. Enttäuscht begab sie sich wieder zurück zur Tür, doch auch hier wartete nichts Interessantes mehr für sie. Das Jaulen des Sturms verschluckte inzwischen sogar ab und zu Hagrids laute Stimme. Doch soweit sie es verstehen konnte, unterhielten sie sich über ganz allgemeine Sachen. Die Schule, dreiköpfige Hunde, den Quibbler, Drachen, Wichtel und noch einmal Drachen. Dieser Hagrid wusste eine Menge über magische Geschöpfe. Und damit traf das Gespräch genau Toireasas Wellenlänge, weshalb sie auch weiterhin zuhörte, statt zurück zum Schloss zu gehen. Erst als es dunkel geworden war und fernes Donnergrollen kommenden Regen ankündigte, wurde ihr bewusst, dass sie den richtigen Zeitpunkt verpasst hatte, sich davonzustehlen.

„Du solltest gehen, bevor es anfängt zu regnen", hörte sie Hagrid sagen.

„…"

Die Vordertür wurde geräuschvoll geöffnet.

„Regelmäßig muss nicht sein. Häufiger langt schon. Und jetzt Marsch zum Schloss. Du bist nicht gerade regenfest angezogen."

Toireasa huschte an der Hauswand entlang nach vorn. Hagrid hatte die Vordertür schon wieder geschlossen und Tarsuinn war ein Schatten, der aufs Schloss zuging. Sie wollte ihm gerade folgen, als er plötzlich stutzte und stehen blieb. Auch Toireasa verharrte erschrocken. Sie hatte den Schleichzauber vergessen. Hatte er sie gehört?

„Geh ins Schloss, Tikki", hörte sie ihn sagen. Der Mungo zu seinen Füßen schien unentschlossen.

„Schon gut, Tikki, ich komme gleich nach. Außerdem regnet es gleich und das magst du doch nicht bei der Kälte."

Jetzt gehorchte der Mungo und lief Richtung Schloss, wobei er sich ab und zu umsah.

Der Muggel kam inzwischen ohne ein weiteres Wort auf Toireasa zu, den Kopf lauschend leicht schräg geneigt. Jetzt war er nur noch wenige Schritte von ihr entfernt und sie konnte sein Gesicht erkennen. Seine Stirn lag in nachdenklichen Falten. Dann blieb er vor ihr stehen. Toireasa hielt die Luft an. Einige endlose Sekunden lang glaubte sie, er würde sich einen Spaß daraus machen sie zappeln zu lassen, doch plötzlich ging er weiter – und haarscharf an ihr vorbei.

Ohne sich umzudrehen wartete sie, bis seine Schritte nicht mehr zu hören waren.

Was für einen Dusel sie doch heute hatte!

Sie wartete noch einige Sekunden länger, dann erneuerte sie ihren nützlichen Zauber – wenn man daran dachte ihn auch einzusetzen – und drehte sich erst danach um. Es brauchte einen Blitz am Himmel, ehe sie den Muggel entdeckte. Er stand genau vor der dunklen Wand, die der Verbotene Wald in der Nacht darstellte. Mitten zwischen zwei Bäumen, direkt auf der Grenze, mit dem Gesicht Richtung Wald.

Was hörte er da nur? Fast wäre Toireasa hingegangen, um zu fragen, so neugierig war sie.

Aber sie riss sich zusammen und schlich zum Schloss. Erste Regentropfen trafen dabei ihr Gesicht. Im Torbogen angekommen, versteckte sie sich in einer trockenen Ecke und schaute zurück zum Wald. Immer wenn ein Blitz zuckte, konnte sie ihn da stehen sehen. Bewegungslos, ohne dass er die Kapuze seines Umhangs über den Kopf gezogen hatte.

Lange stand er so da. Eine Stunde, zwei. Toireasa fror erbärmlich, obwohl sie im Trockenen stand. Doch sie hatte nicht vor, ihre Beobachtung aufzugeben. Wenn er stundenlang im Regen stehen konnte, dann konnte sie das erst recht in trockener Umgebung. Ein wenig bewunderte sie ihn für seine stoische Ruhe.

Es war schon weit nach Mitternacht, als endlich Bewegung in die Sache kam. Doch nicht der Muggel bewegte sich, sondern die Tür von Hagrids Hütte wurde geöffnet und der riesige Mann erschien mit einer hellen Laterne. Er musste den Jungen während eines Blitzes vom Fenster aus gesehen haben, denn er ging direkt hin zu ihm, sprach ihn anscheinend an. McNamara schien jedoch überhaupt nicht darauf zu reagieren. Erst als der Wildhüter den Muggel berührte, bewegte sich dieser. Er tat einen Schritt zur Seite – und brach zusammen. Hagrid bückte sich schnell, nahm ihn auf seinen riesigen Arm und lief eiligen Schrittes Richtung Schloss.

Für Toireasa war dies das Signal sofort loszulaufen. Wenn sie schneller als Hagrid war, konnte sie sich im Krankenflügel verstecken, bevor Madame Pomfrey geweckt wurde. Und wenn sie doch schon oder noch immer wach war, konnte Toireasa so tun, als wolle sie die Krankenschwester zu Hilfe rufen. Also rannte sie und schaffte es trotzdem, ihre Schuhe zu verzaubern. Wie ein lautloses Gespenst flog sie durch die Gänge, erreichte die Tür zum Krankensaal, öffnete diese, schlich leise an der halbgeöffneten Tür vorbei, die zu Madame Pomfreys privaten Räumen führte – es brannte noch Licht – und huschte dann in den hintersten Teil des Raumes, wo sie sich unter einem Bett versteckte. Ihr Herz klopfte laut vom schnellen Laufen. Sekunden nachdem sie sich verkrochen hatte, wurde die Tür erneut aufgestoßen – diesmal sehr laut – und Hagrid kam herein.

„Poppy!", rief er laut und legte den Jungen auf eines der Betten ganz nah bei der Tür.

Die Krankenschwester erschien fast sofort. Die ansonsten recht strenge Frau wirkte diesmal ganz anders. Anscheinend hatte sie sich gerade bettfertig gemacht. Ihre Haare lagen offen auf ihren Schultern und sie war in einen langen Morgenmantel gekleidet, unter dem ein spitzenbesetztes Nachthemd hervorlugte.

„Was ist passiert, Hagrid!", verlangte sie streng zu wissen. „Das sieht ja furchtbar aus!"

Toireasa musste ihr Recht geben. Der Junge sah wirklich schlimm aus. Bis auf die vor Kälte blauen Lippen, war sein Gesicht kalkweiß. Blutleere, aufgedunsene Hände. Ein Zittern, das den gesamten Körper erfasst hatte und ein schauriges Klappern seines Unterkiefers.

„Ich hab ihn im Regen stehend gefunden, völlig bewegungslos. Hat überhaupt nicht reagiert, bis ich ihn berührt hab."

Madame Pomfrey murmelte einen Zauber, der das Zittern etwas linderte.

„Hagrid, zieh den Jungen aus. Ich hol Handtücher und einen Trank. Schnell!", befahl sie und Hagrid kam sofort ihren Worten nach.

Peinlich berührt wandte Toireasa den Blick ab und schaute erst wieder hin, als Madame Pomfrey schon eine Weile zurückgekehrt war. Der Junge lag unter einem dicken Federbett auf dem Rücken und sein leerer Blick war zur Decke gerichtet. Sein Gesicht war dick mit einer Salbe eingeschmiert, welche die Krankenschwester gerade auch in seine Hände einmassierte. Hagrid tat dasselbe mit den Füßen.

Inflamare!", rief Madame Pomfrey, kaum dass sie fertig war und ein großes Feuer loderte im Kamin auf. Wenig später pfiff ein Kessel und der Junge bekam auch noch einen warmen Trank eingeflößt. Er zitterte inzwischen nicht mehr so schlimm und seine Atemzüge wurden regelmäßiger. Seine Gesichtszüge entspannten sich und ein unpassendes Lächeln formte sich.

„Ich geh Professor Dumbledore holen", sagte Hagrid, nachdem er die Füße mit zwei dicken Socken versehen und die Decke darüber gezogen hatte.

„Der Direktor ist im Ministerium", hielt die Krankenschwester ihn zurück. „Und Flitwick ist unten im Dorf."

„Aber es muss doch…"

„Lass sie schlafen, Hagrid. Wir haben getan was wir konnten und alles wird wieder gut. Es reicht, wenn wir morgen Bescheid geben und er dann mit Fragen gelöchert wird. Soll er in Ruhe schlafen."

„Wie du meinst, Poppy", stimmte Hagrid widerwillig zu und schaute unsicher auf den Muggel.

„Keine Sorge – ich kümmere mich hier schon um alles."

„Aber…"

„Raus hier, Rubeus! Ich möchte dich nicht vor morgen acht Uhr sehen!", sagte sie entschieden und schob energisch den riesigen Mann zur Tür hinaus.

Kaum war der Wildhüter draußen, änderte sich das Verhalten der Krankenschwester plötzlich.

„Sollte sich herausstellen, dass ihn irgendwer zum Spaß mit einem Lähmfluch in den Regen gestellt hat, dann kann der was erleben", sagte sie mit einem eisigen Ton, der Toireasa das Blut gefrieren ließ. Wenn jemand sie gesehen hatte, dann konnte dies furchtbar nach hinten für sie losgehen, obwohl sie nichts gemacht hatte.

Madame Pomfrey setzte sich sorgenvoll auf das Bett neben den Muggel.

„Geht es Ihnen besser?", fragte sie sanft.

Er nickte abwesend.

„Ist Ihnen warm genug?"

Wieder ein Nicken.

„Sie müssen jetzt schlafen. Am besten geb ich Ihnen einen Trank."

Das brachte wieder Leben in sein Gesicht.

„Nein", bat er schwach. „Kein Schlafmittel!"

„Das ist nichts Schlimmes", wehrte die Krankenschwester ab. „Im Schlaf erholt sich der Körper am besten."

Er versuchte sich dagegen zu wehren, aber der Junge war offensichtlich zu schwach und Madame Pomfrey zu erfahren im Umgang mit widerwilligen Patienten.

Eine zugehaltene Nase und mehrere Schlucke später, sank der Junge mit geschlossenen Augen zurück und die Schwester strich ihm sanft über die Wangen. Sie zog noch einmal die Decke zurecht, löschte das Licht aus und zog sich dann zum Schlafen wieder in ihre eigenen Räume zurück. Toireasa wartete noch eine Weile, dann schlich sie sich aus dem Krankenflügel und zurück in den Slytherin-Kerker. Selbst für das Wochenende war es sehr spät, beziehungsweise eher früh geworden und so war sie froh, dass sie niemandem über den Weg lief, der ihr Punkte abziehen konnte.

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