- Kapitel 34 -
Den Erwachsenen vertrauen?!
Es wurde langsam Nacht und die Sonne war kaum noch auf Tarsuinns Haut zu spüren. Er saß auf einer Bergwiese nahe Hogwarts und konnte sich nicht überwinden zum Schloss zurückzukehren. Seit gestern hielt er sich von allen fern, die vielleicht mit ihm sprechen wollten. Einzig erfragt hatte er, wie es Rica und Toireasa ging.
Viel hatte man ihm nicht erzählt, doch zumindest wusste er, dass es beiden gut ging. Oder – um genauer zu sein – dass Rica sich sogar auf dem Weg der Besserung befand, auch wenn sie immer noch so schwach war, dass die Heiler ihren Zustand für kritisch hielten. Aus diesem Grund musste er auch hier in Hogwarts bleiben. Die Heiler und Professor Dumbledore befürchteten, sein Wildes Talent könnte einen schlechten Einfluss auf Ricas Genesung haben, solange ihr Zustand so instabil war.
Vielleicht hielt der Professor aber auch ihn selbst für instabil. Immerhin kapselte er sich im Moment von allen ab. Er schlief in einer Kammer, in der nichts kaputt gehen konnte und sobald er wach war, verzog er sich allein nach draußen. Offiziell behauptete er, dass er zaubern üben wollte, doch dies war nur die halbe Wahrheit. Im Grunde schämte er sich einfach nur, weil er nicht fröhlich sein konnte. Natürlich freute er sich unheimlich über Ricas fortschreitende Genesung, doch immer wenn er versucht war ausgelassen durch die Gegend zu springen, kamen die Erinnerungen an diesen Flur im Krankenhaus. Und dann empfand er wieder die gleiche Hilflosigkeit.
Da half es nicht, dass er nun auch über Zauberkräfte gebot, denn so richtig unter Kontrolle hatte er sie nicht gebracht. Sein Zauberstab war ein schlimmerer Lehrer als selbst Professor Snape. Jeder Fehler wurde schmerzhaft bestraft und keiner blieb unbemerkt. Das Hauptproblem dabei war, er konnte nicht sagen, was er falsch machte. Auch Tikki war in diesem Fall ratlos.
Schwere Schritte näherten sich vom Fuß des Hügels.
„Hallo Hagrid, hallo Fang", grüßte er sie ernst. „Wie geht's?"
„Ganz gut", entgegnete der Wildhüter. „Darf ich mich zu dir setzen?"
Einladend wies Tarsuinn neben sich.
Entgegen seiner Erwartung sagte Hagrid eine Weile nichts, sondern warf nur mit einem Stock, damit Fang etwas zu tun hatte.
„Schöne Aussicht hast du dir ausgesucht", bemerkte der Mann mit seiner tiefen Stimme, dann aber doch und überraschte damit Tarsuinn. Doch dann schüttelte er innerlich den Kopf. Er glaubte nicht, dass Hagrid irgendetwas ahnte oder dass er so etwas sagte, um ihn zu verletzen.
„Die Sonne geht hier später unter und man hört viel weiter in den Verbotenen Wald hinein", erklärte er. „Ich verstehe, warum du gern Wildhüter bist."
Hagrid sagte nichts darauf und Tarsuinn hing lange seinen Gedanken nach.
„Hagrid?", fragte er nach mehreren Minuten vorsichtig.
„Ja?"
„Warum haben sie dich unschuldig ins Gefängnis gesteckt, während derjenige, der Rica und mir das angetan hat, frei herumläuft?"
„Nun – vielleicht weil auch unsre Welt nich vollkommen is", entgegnete der Wildhüter.
„Wirst du jetzt wieder anfangen zu zaubern?", führte Tarsuinn seinen Gedankengang fort.
„Was?", war Hagrid erstaunt. „Ich darf doch nich!"
„Aber es steht doch jetzt fest, dass du nichts mit der Kammer des Schreckens zu tun hattest. Ist der Zauberbann damit nicht hinfällig?"
„Daran hab ich überhaupt nich gedacht", gestand Hagrid nachdenklich. „Ich glaub nich, dass der Bann aufgehob'n wird."
„Warum nicht?"
„Liegt wahrscheinlich an dem was ich bin", vermutete Hagrid undeutlich.
„Was bist du denn?", fragte Tarsuinn weiter.
„Ähem – na ja, ein wenig anders als die anderen halt", räusperte sich der Wildhüter verlegen. „Kann mit leben."
„Aber ist das richtig?"
„Ach weißt du, ich zaubre trotzdem heimlich", flüsterte Hagrid verschwörerisch. „Darfst du aber niemandem verraten."
„Warum musst du heimlich zaubern, wenn du doch unschuldig bist. Man hat einen Fehler gemacht, sollte man sich nicht eher bei dir entschuldigen?"
„Um ehrlich zu sein, ich lege keinen Wert auf deren Entschuldigung. War mir viel wichtiger, dass meine Freunde nich schlecht von mir denken."
„Hattest du Angst?", flüsterte Tarsuinn fragend.
„Unheimlich!", gab der Mann unumwunden zu und dann stockte seine Stimme. „Askaban ist…nun die…zumindest is es da furchtbar. Es war, als würd's keine Hoffnung geben, nur Verzweiflung."
Hatte Tarsuinn bisher immer in die Sonne geschaut, so drehte er jetzt den Kopf Richtung Hagrid, der gerade das beschrieb, was er selbst empfunden hatte.
„Man merkt dir das nicht an", sagte er ehrlich. „Deine Stimme klingt fröhlich."
„Bin einfach froh hier zu sein", lachte er dröhnend und Fang stimmte bellend zu. „Das Leben ist zu wertvoll, um Trübsal zu blasen."
„Tust du das denn nie?"
„Nur wenn nen Grund dazu besteht", entgegnete Hagrid freundlich und zwei seiner Finger berührten Tarsuinns Hand. „Welchen hast du?"
Es war eine einfache, fast unschuldig vorgebrachte Frage und bei jedem anderen hätte Tarsuinn angenommen, dass das gesamte Gespräch auf diese eine Frage abgezielt hatte. Doch nicht bei Hagrid. Und genau das war es, was ihn dazu brachte sich nicht zu verschließen, sondern einen Augenblick über die Frage nachzudenken.
„Ich habe Angst davor Hoffnung zu haben", sagte er leise. „Und ich kann Rica nicht beschützen. Ich bin so hilflos, Hagrid."
„Hilflos?", sagte Hagrid mit hörbaren Missfallen. „Soweit ich weiß, bist du alles andere als das!"
„Aber wie soll ich nur gegen einen erwachsenen Zauberer ankommen?"
„Du? Gar nicht! Du bist zwölf Jahre alt", sagte Hagrid überzeugt. „In deinem Alter sollte man einfach Kind sein und die ernsten Dinge des Lebens den Erwachsenen überlassen."
„Wie kann ich das?"
„Hab einfach Vertrauen."
„Und das funktioniert?"
„Normalerweise schon. Ansonsten, heißt es, hilft ne große Schüssel Plumpudding. Was hältst du davon? Wollen wir die Hauselfen drum bitten?"
„Okay", gab Tarsuinn nach und zog versuchsweise den linken Mundwinkel nach oben.
Er ließ sich von dem großen Mann auf die Füße ziehen und sofort begann Tikki mit Fang herumzutollen. Langsam gingen sie den Berg hinunter und mit jedem Schritt fühlte er sich besser.
„Hagrid!", sagte er, kurz bevor sie das Schloss erreichten.
„Mmh?", brummte Hagrid
„Ich hasse Plumpudding!", erklärte er von der plötzlichen Erkenntnis fast überwältigt, was Hagrid ein dröhnendes Lachen entlockte.
Das Abendessen mit Hagrid und Madame Pomfrey war eine vergnügliche Angelegenheit und bestand aus gebackener Banane mit Honig und Unmengen Vanilleeis. Es hatte ihn einiges an Überredungskunst gekostet, um die Portionen der beiden Erwachsenen mit Rosenschnaps flambieren zu dürfen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte er auch seine Mahlzeit damit verfeinert, aber dem hatte Madame Pomfrey entschieden einen Riegel vorgeschoben. Egal wie gering der Alkohol nach dem Verbrennen sein mochte, solange Tarsuinn jeden Morgen und Abend einen Trank nehmen musste, ließ sie keine Ausnahme zu. Und alles nur, weil er sich einen komplizierten Splitterbruch am rechten Jochbein und am Oberkiefer zugezogen hatte, der trotz Zauber nur langsam heilen wollte. Aus diesem Grund auch das Eis und die weiche Bananenspeise, feste Nahrung konnte er noch nicht richtig kauen.
„Wissen Sie etwas Neues von meiner Schwester, Madame Pomfrey?", fragte er, nachdem sie mit dem Essen fertig waren.
„Nein", erwiderte die Frau mitfühlend. „Aber keine Nachricht ist eine gute Nachricht."
„Finden Sie?", fragte er zweifelnd.
„Glaub mir", erwiderte Madame Pomfrey ernst. „Schlechte Nachrichten sind die schnellsten Nachrichten der Welt."
Ein lauter Gong ertönte. Inzwischen wusste Tarsuinn, dass es sich dabei um den Türgong des Schlosses handelte, der natürlich nur in den Sommerferien gebraucht wurde.
„Das ging aber schnell", kommentierte Tarsuinn locker und leckte seinen Teller von Honig und Vanilleeis frei. Er konnte nur vermuten, dass zumindest Madame Pomfrey ihn tadelnd anschaute. Aber ihm war das egal. Schließlich hatte Hagrid ihm gesagt – er solle ein Kind sein und Kinder machten doch so was, oder?
„Ich geh und schau mal", erklärte Hagrid und stand auf.
„Dir scheint es heute besser zu gehen?", fragte Madame Pomfrey, sobald Hagrid gegangen war.
„Ein weiser Mann hat mir geholfen", entgegnete Tarsuinn und lächelte halbseitig. Auf der rechten Seite wagte er nicht den Mundwinkel hochzuziehen, weil dies noch wehtat.
„Wer?", erkundigte sich Madame Pomfrey und verstand dann. „Hagrid?!"
„Ja", bestätigte Tarsuinn.
„Er ist zwar ein lieber Kerl", gab die Krankenschwester amüsiert zu. „Aber es ist das erste Mal, dass ihn jemand in meiner Gegenwart weise nennt. Diesen unvernünftigen großen Jungen."
„Hagrid ist doch nicht unvernünftig!", entfuhr es Tarsuinn erstaunt und er versuchte sich angestrengt zurückzuerinnern. Nein, ihm fiel beim besten Willen nichts ein.
„Sagen wir es anders", flüsterte Madame Pomfrey, da die schweren Schritte Hagrids wieder im Flur zu hören waren. „Er ist manchmal etwas naiv in Bezug auf die Konsequenzen. Vor allem gegenüber sich selbst."
Wenn alles stimmte, was Tarsuinn so im Laufe des Jahres aufgeschnappt hatte, dann mochte das vielleicht sogar stimmen. Zumindest das mit dem Drachen klang doch schon ziemlich heftig. Und wenn man an die Begeisterung dachte, wie Hagrid manchmal über irgendwelche Monster sprach – dann musste Toireasa ein Hagrid-Gen besitzen.
Er wollte gerade diesen Verdacht Madame Pomfrey mitteilen, als die Tür sich öffnete und Hagrid wieder hereinkam.
„War nen Posthüpfer", erklärte Hagrid. „Paket für Tarsuinn."
Er schob Tarsuinns glatt geleckten Teller beiseite und stellte dann etwas Großes vor ihm ab.
„Is von den Darkclouds", fügte der Wildhüter hinzu.
Etwas verwirrt packte Tarsuinn es aus, nur um festzustellen, dass er alles kannte, was darin war.
„Das sind meine Schulsachen und Wechselkleidung", sagte er enttäuscht, denn dies konnte nur bedeuten, dass er hierbleiben musste.
„Da ist noch ein Brief dabei", bemerkte Madame Pomfrey und reichte ihn an Tarsuinn. Neugierig machte er ihn auf und stellte sofort erfreut fest, dass er von Winona war.
Hallo Tarsuinn,
Hagrid schreibt es geht Dir gut. Das ist schön, obwohl wir das lieber von Dir gelesen hätten.
Nun zu dem was Dich interessiert – Rica geht es immer besser, wobei die Heiler in St Mungos nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie hören, wie man sie im Muggelkrankenhaus behandelt hat. Aber sie hat heute Morgen, das erste Mal etwas gegessen, was sie drin behalten konnte. Außerdem glaube ich, erkennt sie langsam wieder, was um sie herum vorgeht.
Und jetzt zu dem, was Dir überhaupt nicht gefallen wird. Im Ministerium laufen sie Amok wegen unserem Besuch in Irland. Professor Flitwick hat zwar alles Rechtliche abgeblockt, indem er darauf hinwies, dass auch minderjährige Zauberer und Hexen das Recht haben, sich und ihre Angehörigen zu verteidigen und das Justizministerium für magische Strafverfolgung stimmt dem zu, aber ansonsten sind alle irgendwie beteiligten Ministerien stinkig.
Die Iren fordern die Kosten des Aufräumens von England und eine Erklärung, doch keiner will zahlen und uns dürfen sie es ja nicht in Rechnung stellen, weil wir ja gegen kein Gesetz verstoßen haben. Wäre schon irgendwie lustig, wenn wir nicht ständig alle paar Stunden in irgendeiner Abteilung unsere Geschichte erzählen müssten. Es nervt!
Und niemand will das mit dem Feuerrubin und den Siegeln glauben. Selbst dem Heiler und dem Alchemisten, die Ricas Siegel mit dem Rubin zerstört haben, glauben sie nicht. Sie verlangen Beweise, aber natürlich haben wir den Rubin nicht mehr. Und dass Ricas Gesicht laut den Heilern durch magisches Feuer verbrannt wurde, ignorieren sie und tun es als Zufall ab. Sie vermuten, dass Rica durch Zufall einer Indischen Gefiederten Schlange über den Weg gelaufen ist, halb verbrannt wurde und dass die örtliche Regierung ihr deshalb das Gedächtnis gelöscht hat. Man hat bei denen angefragt, aber man zweifelt, dass sich da noch wer daran erinnert. Die haben es nicht so mit der Bürokratie.
So, und zum Schluss – Toireasa drängelt und will auch was schreiben – die richtig schlechte Nachricht. Flitwick musste dem Zaubereiminister sagen, wie du einen zweitausend Fuß hohen Funkenzauber hinbekommen hast. Einigen Leuten scheint Dein Talent ziemliche Angst zu machen, obwohl der letzte bekannte Fall davon hundert Jahre zurückliegt. Du weißt, welchen ich meine.
Zumindest bedeutet dies für Dich, Du wirst in zehn Tagen Besuch von einer Prüfungskommission bekommen, die Deine fachliche Kompetenz und Dein Gefahrenpotential abschätzen soll. Deshalb haben wir Dir auch Dein Schulzeug geschickt – damit Du üben kannst. Leider durften wir uns selbst nicht mit verschicken, sonst würden wir vorbeikommen. Aber Professor Flitwick wird Dir helfen, sobald er Zeit hat.
So und jetzt mach ich Platz für Toireasa.
Hallo auch von mir,
eigentlich hat Winona schon alles geschrieben. Tut mir Leid, dass Du und ich Mist gebaut haben, aber das lässt sich jetzt nicht mehr ändern.
Fenella – Mrs Darkcloud – sagt gerade ich soll schreiben, dass es mir gut geht. Sie sind sehr nett zu mir und ich darf hier erst mal bleiben. Meine Stiefeltern sind übrigens verreist, aber nicht an ihrem geplanten Urlaubsort angekommen. Das sagt uns hier viel, aber dem Ministerium natürlich nichts. Hohle Nüsse da. Lockhart wäre stolz. Den haben wir übrigens in St Mungos getroffen. Hat jetzt richtig einen an der Waffel (Oh mein Gott – ich kling langsam wie Winona!). Ansonsten bin ich gerade dabei, mich ein wenig mehr über Marie-Ann zu informieren. Soweit ich das ersehen kann, ist es wahrscheinlich das Beste, wenn Du absolut beherrscht bei der Prüfung bist. Vermeide es aggressiv zu werden! Winona meint, Du solltest immer an Lunas Märchen denken. Ich hoffe, dies sagt Dir mehr als mir.
So, der Posthüpfer ist da und wartet. Lerne und grüß mir Hagrid. Sag ihm, dass er mir noch einen Hippogreif schuldet!
Es grüßen Dich ganz lieb,
Winona, Toireasa, Fenella, Patrick und Filius.
Tarsuinn faltete den Brief langsam zusammen.
„Ich soll Sie beide grüßen", sagte er, obwohl Madame Pomfrey nicht im Brief erwähnt war. „Und Hagrid an ein Versprechen in Sachen Hippogreif erinnern."
„Das muss Toireasa geschrieben haben", lachte Hagrid dröhnend. „Gute Nachrichten?"
„Alles was wichtig ist, war gut."
„Und der Rest?", fragte Madame Pomfrey misstrauisch.
„In zehn Tagen kommt Besuch vom Ministerium, um mich zu prüfen", sagte Tarsuinn lockerer, als er sich wirklich fühlte. „Da hätte ich übrigens eine Frage. Schließt das Fliegen mit ein?"
„Normalerweise schon", sagte Hagrid. „Aber für dich machen die da sicher eine Ausnahme."
„Ich wäre mir da nicht so sicher", entgegnete Tarsuinn und musste grinsen. Schließlich hatte er sich schon immer gewünscht, einmal selbst auf einem der Besen zu reiten. Mitzufliegen war einfach nicht das Gleiche.
„Da bin ich schon vor", versicherte Madame Pomfrey entschieden und zerschlug so seinen Traum. „Aber dies bedeutet vor allem, dass du dich konzentriert vorbereiten musst. Zehn Tage sind nicht viel. Am besten fängst du heut schon an. Hagrid hat die Schlüssel, falls du etwas aus der Bibliothek brauchst."
„Ähem, jetzt?", fragte er verblüfft.
„Ja, was dachtest du denn?", sagte sie energisch. „Eine Prüfung durch das Ministerium ist keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte!"
„Und was ist mit Fliegen?"
„Sobald du sehen kannst, lasse ich dich fliegen!", herrschte sie ihn fast an. „Wenn ich dich auch nur in der Nähe der Besen erwische…"
„Ja, ja. Schon verstanden", gab er klein bei.
„Hagrid?", bat Madame Pomfrey. „Hilfst du ihm mit seinen Sachen?"
„Aber natürlich. Komm, Tarsuinn", entgegnete dieser und führte ihn nach draußen. Kaum waren sie außer Hörweite, fügte Hagrid noch hinzu: „Wenn sie diesen Ton anschlägt, sollte man besser gehorchen."
„Ich weiß!", kommentierte Tarsuinn leise. „Ich war oft genug im Krankenflügel."
Am nächsten Tag stand er schon am frühen Morgen, die Sonne ging gerade auf, auf der Wiese vor dem Schloss. Er hatte beschlossen, sich vor allem um die Praxis zu kümmern. Mit der Theorie konnte man ihn nicht schrecken, mit echtem Zauberkram hingegen schon.
Vor allem, wenn es Zauber waren, die man nicht nur sprechen, sondern auch noch zielen musste. Es war zum Haare raufen. Er brachte alle Möglichkeiten zustanden. Vom absoluten Fehlschlag mit Schmerzen, über perfekt bis übers Ziel hinausgeschossen und den Rasen verbrannt. Einmal freute er sich darüber einen tollen Schwebezauber auf einen Stock hinbekommen zu haben, bis er merkte, dass dieser noch vor ihm auf dem Boden lag. Als er daraufhin die Kontrolle verlor, fielen Unmengen von Erdreich und Gras auf seinen Kopf.
Diesen Moment nutzte natürlich eine bestimmte Person, um ihm Gesellschaft zu leisten.
„Wieder bei ihrer Lieblingsbeschäftigung, McNamara?", erklang die ätzende Stimme von Professor Snape. „Im Dreck spielen!"
Tarsuinn war aufgrund seiner vielen Fehlschläge im Moment nicht gerade in der passenden Laune für Snape.
„Wieder bei Ihrer Lieblingsbeschäftigung, Professor?", fragte er desinteressiert. Kinder quälen, setzte er in Gedanken hinzu.
Er versuchte den Zauber noch mal, ohne einen spürbaren Erfolg.
„Nein", erwiderte Snape eher neutral, denn sauer. „Eigentlich bin ich hier, um einen dummen Jungen zu unterrichten."
„Warum sollten Sie das wollen?", erkundigte er sich, unfreiwillig erstaunt.
„Um weitere Pannen zu vermeiden", erklärte Snape. „Sie sind eine wandelnde Katastrophe, McNamara, und eine Gefahr für die Menschheit."
Das konnte Tarsuinn nicht wirklich abstreiten.
„Dann sollten Sie aber vorsichtshalber nicht in meinem Weg stehen", sagte er. „Ich glaube, das könnte verheerende Auswirkungen haben."
„Das sehe ich", sagte er nur.
„Und?", entgegnete Tarsuinn feindselig. „Können Sie mir helfen?"
„Es ist wohl besser so", antwortete Snape kühl. „Machen Sie sich sauber, McNamara, und dann stellen Sie sich ordentlich hin."
Die nächsten Stunden waren angefüllt mit beißenden Kommentaren und Gemeinheiten aller Art. Bis heute hatte Tarsuinn gar nicht gewusst, wie gut er es bisher gehabt hatte, von Snape im Unterricht ignoriert zu werden. Das Schlimme war, je mehr ihn Snape zur Weißglut brachte, desto schlechter wurden seine Ergebnisse.
„Vergessen wir das", sagte Tarsuinn darum frustriert. „Sie sind mir keine Hilfe."
„Weil Sie keine Hilfe wirklich akzeptieren oder ihr vertrauen", schob Snape ihm den Schwarzen Peter zu.
„Sie haben doch keine Ahnung von dem, was Sie hier tun!", fauchte Tarsuinn.
„Ich bin mir dessen bewusster als Sie, McNamara", versicherte Snape beherrscht. „Sie hingegen machen sich eher weniger Gedanken."
„Langsam gehen Sie mir furchtbar auf den Nerv, Professor", fluchte Tarsuinn. „Wenn Sie das Hilfe nennen, dann brauche ich Sie nicht!"
„Nun, da Sie nicht selbst darauf kommen, McNamara, werde ich Ihnen mal ein wenig die Augen öffnen", sagte der Professor ernst und erwartete anscheinend einen bösen Kommentar von Tarsuinns Seite. Doch darauf wollte Tarsuinn sich nicht einlassen. Er ging einfach weg. Er kam nur ein paar Schritte.
„Ich weiß genau, was Ihr Problem beim Zaubern ist", flüsterte der Professor und Tarsuinns Schritt stockte. „Es sind Ihre Emotionen."
Eigentlich wollte Tarsuinn weggehen, doch er konnte nicht.
„Es bringt nichts, mich zu beherrschen", gestand er flüsternd. „Dann passiert gar nichts."
„Kein Wunder, McNamara. Haben Sie sich jemals darum gekümmert, was Wildes Talent wirklich bedeutet?"
„Es bedeutet, dass die Magie sich meiner Kontrolle entziehen möchte."
„Falsch. Denn im Grunde ist es etwas völlig Natürliches. Wenn ein Zauberer das erste Mal Magie wirkt, dann meist ohne Zauberstab, sondern einfach aufgrund von Angst, Zorn oder Wut. Weil dies sehr starke Gefühle sind und eine Art instinktiver Selbstverteidigung aktivieren. Wir können dabei meist nicht die Auswirkungen kontrollieren und deshalb ist es gut, wenn wir mit der Zeit die Fähigkeit dazu verlieren.
Ab und an gibt es jedoch Zauberer oder Hexen, bei denen die Magie hypersensibel auf Emotionen reagiert. Sie sind gefährlich für sich selbst und jeden anderen. Vor allem, wenn sie halb wahnsinnig sind."
„Herzlichsten Dank, Professor", murrte Tarsuinn, noch immer mit dem Rücken zu dem Mann.
Seine Gedanken liefen auf Hochtouren, versuchten das Gehörte zu verarbeiten.
„Keine Emotionen, keine Magie", flüsterte er nach einiger Zeit zu sich selbst.
„Zu viele Emotionen, viele Tote!", brachte Snape kalt seine Meinung zum Ausdruck, doch Tarsuinn ignorierte das.
Ohne sich um den Professor zu kümmern, ging er auf die Knie, schloss die Augen und begann sich auf seine Atmung zu konzentrieren.
„Was soll das?", fragte Professor Snape irritiert.
Tarsuinn vergaß den Professor, er vergaß Hogwarts, er drängte Rica aus seinen Gedanken und war wieder in dem Krankenhaus. Noch nie zuvor hatte er es geschafft, während einer Meditation so tief in seinen Erinnerungen zu versinken.
In Gedanken zauberte er wieder, tat, was er damals getan hatte, fühlte, was er damals gefühlt hatte und begriff plötzlich.
Langsam stand er wieder auf und drehte sich zu Professor Snape herum.
„Ein neuer Versuch, Professor?", fragte er lächelnd.
„Nur zu, McNamara", antwortete dieser arrogant.
„Rictusempra!", rief Tarsuinn und zielte auf die Stimme des Lehrers.
„Protego!", schnappte Snape sofort und Tarsuinns Fluch, den er sogar als Strich sah, prallte von einer leuchtenden Kugel ab.
„Ein kläglicher Anfang", kommentierte der Professor locker. „Aber wenigstens ein Anfang. Tarantallegra!"
Es schlug in Tarsuinn ein und seine Füße begannen von selbst zu tanzen, bis Snape den Fluch nach einer Weile beendete. Doch statt mit einem Erfolgserlebnis zum Mittagessen zu gehen, fuhr Snape mit dem Spiel fort. Tarsuinn versuchte mehr oder minder erfolgreich einen Fluch auf Snape zu sprechen, dieser wehrte ihn jedes Mal ab und schickte Tarsuinn eine Antwort, der er zwar mit einem Sprung zur Seite ausweichen konnte, was ihm der Professor jedoch kategorisch verbot.
Abwehrzauber oder hinnehmen, keine andere Wahl ließ ihm Snape. Der Nachmittag war die Hölle. Irgendwann wusste Tarsuinn nicht mehr, ob er gerade lachte, tanzte, mit den Ohren flatterte oder ob das alles gleichzeitig passierte.
Tikki verhielt sich die ganze Zeit über sehr ruhig, was eigentlich ungewöhnlich war. Erst gegen Abend begann sie zu quengeln und schließlich stellte sie sich zwischen Tarsuinn und den Professor, was Snape nicht davon abhielt, ihm einen weiteren Fluch auf den Hals zu hetzen. Tarsuinn warf sich aus dem Weg.
„Es reicht, Professor", rief er dabei. „Ich hab Hunger und Sie sind eh besser."
„Ich sagte, abblocken oder hinnehmen", bestand Snape und schickte einen Schockzauber.
„Ich bin ein Kind!", blaffte Tarsuinn und rollte über den Boden.
„Das ist keine Ausrede!", entgegnete Snape und war er vorher immer kühl gewesen, jetzt klang er, als würde er die ganze Welt anklagen.
„Hören Sie auf!", schrie Tarsuinn und wurde langsam wütend. Snape hatte mit dem letzten Fluch seinen rechten Arm erwischt und der brannte jetzt furchtbar. „Drehen Sie jetzt völlig durch?"
„Du wirst dich deiner Angst stellen, Junior!", forderte er mitleidlos und der nächste Fluch riss Tarsuinn zwei Meter nach hinten und während er den Schwung in eine Rückwärtsrolle umwandelte, schmerzte sein Jochbein wieder.
Das Seltsame dabei war, dass er das Gefühl hatte, der Professor rede gar nicht wirklich mit ihm.
Was war nur in Snape gefahren? Er nannte Tarsuinn Junior. Das war doch absolut krank. Mit Junior konnte Snape doch unmöglich ihn meinen.
„Erde an Snape!", brüllte Tarsuinn inzwischen voller Angst und Wut. „Was…?"
Ein weiterer Fluch traf ihn wie ein Schlag im Gesicht. Gar nicht mal so schmerzhaft, da er die linke Seite erwischte. Es war eher wie eine Ohrfeige, die man erhielt, damit man jemanden etwas mehr Aufmerksamkeit zollte.
„Wehr dich!", schrie Snape ihn an und diesmal folgte Tarsuinn dieser Aufforderung.
„Expelliarmus!", zischte er extrem wütend den Entwaffnungs-Fluch und sah, wie der Zauber an Snapes Schildzauber einschlug und zerfaserte. Doch diesmal war der Druck der rohen Magie so stark, dass Snape von den Beinen und nach hinten geschleudert wurde.
Ausgeschaltet hatte Tarsuinn den Lehrer damit jedoch nicht und der nächste Schockzauber ließ bei Tarsuinn kurzzeitig die Lichter ausgehen.
Das nächste was er hörte, war ein Enervate von einem ziemlich schockiert klingenden Snape und die Erstarrung fiel von ihm ab.
„Alles in Ordnung mit Ihnen, McNamara!", flüsterte Snape, seltsam besorgt. Tikki schimpfte etwas entfernt und soweit Tarsuinn begriff, hatte Snape sie mit einem Zauber gefesselt.
„Die Frage sollte ich Ihnen stellen!", giftete Tarsuinn zornig und schlug die Hand beiseite, die ihm beim Aufstehen hatte helfen wollen. „Halten Sie mir nie wieder vor, ich wäre halb wahnsinnig!"
„Es tut mir Leid", flüsterte Snape selbst für ihn kaum hörbar und vor Entsetzen fiel Tarsuinn wieder auf den Hosenboden. Es sah sicherlich vollständig bescheuert aus, wie er mit sperrangelweit geöffnetem Mund nicht glauben wollte, was er eben gehört hatte. In seinem Kopf konnte es weder Klein- noch Großhirn fassen. Snape hatte sich für etwas entschuldigt! Und klang dabei, als würde er es ernst meinen.
„Bleiben Sie ruhig liegen, McNamara", rief Madame Pomfrey vom Schloss aus und Tarsuinn hörte sie schnell näher kommen.
Aus einem Impuls heraus stand Tarsuinn jedoch auf und ging der Krankenschwester entgegen.
„Alles in Ordnung, Madame Pomfrey", verkündete er. „Ich hab nur etwas die Kontrolle verloren."
Er ging zu Tikki, hob sie hoch und ging mit ihr zu Snape zurück.
„Wenn Sie so freundlich wären?", bat Tarsuinn und der Professor hob auch umgehend den Fluch auf, der Tikki am Bewegen hinderte. Tarsuinn musste fest zugreifen, um Tikki daran zu hindern, sich wütend auf Snape zu stürzen. Diese Reaktion stand damit zwar im vollen Gegensatz zu seiner Lüge, aber was sollte Madame Pomfrey tun, außer zweifeln. Die Krankenschwester setzte zwei Mal zu einem gepfefferten Kommentar an – er konnte das aus ihrem Schnappen nach Luft hören – dann drehte sie sich abrupt um und stapfte davon.
„Bilden Sie sich nicht ein, ich würde Ihnen etwas schulden", zischte Snape in seinem normalen unfreundlichen Tonfall.
Tarsuinn schüttelte nur mitleidig den Kopf.
„Ich halte es für besser, wenn Sie nie wieder versuchen mir Verteidigung gegen die Dunklen Künste beizubringen", sagte Tarsuinn kalt und ging davon.
Als er am nächsten Tag wieder zum Üben nach draußen ging, wartete Snape schon auf Tarsuinn und obwohl ihm nicht wohl bei der Sache war, tat er so, als wäre der letzte Tag niemals geschehen. Professor Snape verfuhr genauso.
Zu Tarsuinns Überraschung verzichtete Snape dabei auf seine übliche beleidigende Art, sondern blieb eher vollkommen emotionslos. Noch ein wenig kälter und er hätte Professor Binns Konkurrenz machen können.
Wenigstens aber war es nicht so langweilig wie der Unterricht bei dem Professor für Geschichte, den Tarsuinn zum Ende des Schuljahres dann doch hatte genießen müssen. Snape schien sich vorgenommen zu haben, ihm wirklich etwas beizubringen. Natürlich unter Ausschluss von Dunkle Künste. Aber in Sachen Zauberkunst und Verwandlungen war der Professor durchaus eine Hilfe. Vor allem, weil er sich Gedanken darüber gemacht hatte, wie Tarsuinn auch das treffen konnte, was er treffen wollte.
Das Zaubern wurde dadurch aber auch nicht einfacher. Inzwischen war ihm klar geworden, dass jeder Zauber oder Fluch mit einem Gefühl verbunden war und nur wenn er dieses Gefühl auch empfand, konnte er zaubern. Das mochte im Fall von Dunkle Künste erst mal recht einfach klingen. Für einen Schutzzauber musste Tarsuinn Angst haben, für einen Fluch Wut oder Zorn, wobei beim Kitzelfluch auch noch ein wenig Fröhlichkeit dazu gehörte. Problematisch war jedoch die Dosierung. Beherrschte Tarsuinn sich zu stark, passierte nichts oder nur wenig. Empfand er jedoch zu viel von einem Gefühl oder es mischte sich etwas Unpassendes hinein, dann gerieten seine Zauber außer Kontrolle.
Und trotzdem war das alles nichts gegen einen Verwandlungszauber. Was für ein Gefühl brauchte es, um ein Streichholz in eine Nadel zu verwandeln?
Marie-Ann wäre jetzt sicher eine größere Hilfe als Snape, doch das Geistermädchen war leider mit den ganzen Verrückten eingesperrt. Dafür hatte er selbst gesorgt.
Obwohl hatte er nach fünf Tagen doch schon das eine oder andere Erfolgserlebnis. Zum Beispiel schaffte er den Schwebezauber inzwischen recht gut. Er brauchte sich nur an seinen Flug auf dem Besen erinnern und schon klappte es – wenn man mal außer Acht ließ, dass seine schwebenden Gegenstände niemals ruhig an einem Ort schwebten, sondern immer hektisch durch die Umwelt schossen.
Besser klappten da schon Lichtzauber und Dunkelheit – Lumos und Nox. Licht war Hoffnung und für Dunkelheit kamen sogar drei Gefühle in Frage – Trauer, Hoffnungslosigkeit und Angst. Nicht, dass ein Lichtzauber irgendeinen praktischen Zweck für ihn hatte, aber allein das Wissen ihn halbwegs problemlos sprechen zu können, war schon etwas Tolles.
Trotzdem er dank Snape einige Fortschritte gemacht hatte, war er dann doch froh, als am sechsten Tag Professor Flitwick auftauchte und den Lehrer für Zaubertränke ablöste.
Er brachte auch neue Kunde von Rica mit.
„Ja, deiner Schwester geht es sehr gut", sagte Flitwick fröhlich, auf Tarsuinns Frage hin. „Sie kann wieder sprechen und normal essen. Sie hat schon nach dir gefragt."
„Und? Darf ich jetzt zu ihr?", drängte Tarsuinn.
„In vier Tagen", versprach der Professor. „Nach der Prüfung."
„Ich will nicht so lange warten", sagte Tarsuinn ein wenig trotzig.
„Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dich diesmal gedulden könntest und damit nicht wieder die Planung von Erwachsenen durcheinander bringst", entgegnete Flitwick ernst.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen?", wehrte Tarsuinn ab.
„Natürlich deinen kleinen Ausflug nach Irland!", erklärte der kleine Professor.
„Ich wüsste nicht, was daran falsch war", meinte Tarsuinn, wie er fand mit Recht. „Man wollte Rica entführen und wir waren rechtzeitig da, um das zu verhindern."
„Und du hast nie geglaubt, wir hätten nicht die selben Schlussfolgerungen wie du ziehen können?"
„Offensichtlich nicht!"
„Oh doch und wir haben auch daran gedacht was passiert sobald deine Schwester von ihrer Krankheit befreit ist. Hast du das?"
Natürlich hatte Tarsuinn das, doch er hatte beschlossen, dass dies nicht sein Problem wäre.
„Es ist nicht meine Verantwortung, was danach geschieht", sperrte er den Gedanken aus. „Die Leute, die das tun ,sind schuld!"
„Möchtest du damit sagen, dir ist es egal, wenn jetzt ein kleines Kind seine Zauberkraft verliert oder vielleicht eine Mutter mit einem tödlichen Hirnfresser beschenkt wird?"
„Nicht ich oder Rica sind dafür verantwortlich!", wiederholte Tarsuinn stur, aber er wandte sich bei dem Gedanken vor Scham von Flitwick ab.
„Das behaupte ich nicht. Aber deine Schwester empfand trotzdem so und deshalb wollte sie sich entführen lassen."
„Sie wollte was?", entfuhr es Tarsuinn entsetzt. „Und das haben Sie zugelassen?"
„Sie bestand darauf."
„Sie war krank, fast tot! Wie konnten Sie sich nur darauf einlassen?"
„Deine Schwester ist eine starke Frau, Tarsuinn, und sie bestand darauf. Wir hatten ihr einen Stein zum Schlucken gegeben, mit dem wir sie jederzeit hätten wiederfinden können."
„Trotzdem war das viel zu gefährlich in ihrem Zustand!"
„Sie wollte nicht geheilt werden, solange sie nicht alles versucht hatte, um die Kette zu unterbrechen", beharrte der Professor. „Jeder von uns hat sich große Sorgen um sie gemacht. Aber deine Schwester beharrte darauf und glaubst du, sie hätte damit leben können, es nicht einmal versucht zu haben?"
Die letzte Frage traf Tarsuinn wie ein Schlag. Er wusste, dass Rica sich immer für alles – und vor allem für ihn – verantwortlich fühlte. Da er aber den Plan versaut hatte, würde Rica sich jetzt sicher schuldig für irgendjemanden auf dieser Welt fühlen.
„Ich wusste es doch nicht", flüsterte er geschockt.
„Niemand hat behauptet es wäre deine Schuld", beruhigte Flitwick ihn ein wenig. „Wir hatten einfach nicht damit gerechnet, dass ihr so schnell da sein könntet. Wie habt ihr das überhaupt geschafft? Toireasa hat sich standhaft geweigert es zu erzählen. Sie meinte, das wäre deine Sache."
„Das Einhorn", sagte Tarsuinn nur und war mit seinen Gedanken bei Rica. Wie hatte sie es aufgenommen, dass ihr Plan gerade durch ihn fehlgeschlagen war? Durfte er deshalb nicht zu ihr? Wollte sie ihn nicht sehen?
„Willst du damit sagen, ihr seid schon wieder auf einem Einhorn geritten?", fragte Flitwick erstaunt.
„Ja", erwiderte Tarsuinn abwesend. „Was ist schon dabei?"
Viel schlimmer war doch, dass jetzt irgendwo da draußen ein Mensch starb, weil er den Erwachsenen nicht vertraut hatte.
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