Teil 5 – Kraftlos

Helles Licht stach in Legolas' Augen, als er aufwachte. Es dauerte einige Zeit, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte und sich das grellweiße Strahlen in weiche Umrisse verwandelte.
Legolas befand sich in einem kleinen Raum, der mit großen Fenstern ausgestattet war. Majestätische Bäume wiegten sich draußen im Wind und die Stille des kleinen Waldes wurde nur von vereinzeltem Vogelgezwitscher unterbrochen. Bruchtal, Haus des Elbenfürsten Elrond, dem Herrn von Imladris*.
Vorsichtig setzte Legolas sich auf und sah sich in dem kleinen Raum um. Die einzigen Möbelstücke waren ein bequemes Bett, in welchem er sich momentan befand, und ein kleiner Tisch mit dazugehörigem Stuhl. Auf diesem Stuhl lagen ordentlich zusammengefaltet und gewaschen Legolas' Sachen.
Legolas schlug die weiße Decke zurück und begutachtete eine Weile die Verbände, die sich um große Teile seines Körpers schlangen. Manche von ihnen waren blutdurchtränkt, doch die meisten strahlten genauso weiß, wie der Rest des Zimmers.
"Du Narr! Hast du es also tatsächlich nach Imladris geschafft?", meldete sich eine Stimme in seinem Kopf zu Wort.
Legolas schlug sich mit der Faust gegen die Stirn. „Schweigt doch endlich!", flehte er und sprang aus dem Bett.
Eine Welle des Schwindels durchfuhr seinen Körper und er musste sich an dem Stuhl festklammern um nicht umzufallen.
Schließlich hatte er sich gefangen und begann sich anzukleiden. Als er all seine Kleidungsstücke angelegt hatte, fuhr sich Legolas mit gespreizten Fingern durch das Haar und versuchte etwas Ordnung in die blonden Strähnen zu bringen, die durch seinen unruhigen Schlaf und die Anstrengungen der vergangen Tage wirr in sein Gesicht hingen.
Erst dann öffnete er leise die Zimmertür und tat einige Schritte auf den weitläufigen Flur hinaus.
Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter und er wirbelte herum. Vor Legolas stand ein dunkelhaariger Elb, dessen wache Augen ihn eingehend musterten.
"Seid Ihr wirklich schon bereit aufzustehen, Legolas?"
Unwirsch streifte Legolas die störende Hand von seiner Schulter. „Würde ich sonst hier vor Euch stehen, Elladan**?"
Der andere Elb schüttelte den Kopf. „Nein, vermutlich nicht… Mein Vater erwartet Euch bereits. Soll ich Euch zu ihm führen?"

*-*-*

Gedankenverloren saß Andeliniel auf dem Bett und betrachtete den Sonnenaufgang.
Der Himmel erstrahlte in diversen Rosatönen und ein paar Wolken zogen wie eine Schafherde über den Horizont hinweg.
In Gedanken befand sie sich in alten Zeiten. Einst war sie Schneiderin gewesen und hatte mit ihrem Mann, einem angesehen Krieger, glücklich zusammengelebt. Als sie die Nachricht der nahen Niederkunft erhalten hatten, war ihr Glück vollkommen gewesen. Sie hatten noch nicht ahnen können, dass das Unglück wie Pech an ihren Sohlen haften würde.
Stille Tränen rannen an Andeliniels zartem Gesicht hinab und hinterließen einen salzigen Geschmack auf ihren Lippen.
Sie spürte, dass auch ihre Zeit bald vorbei sein würde. Das Fieber, das Besitz von ihrem Körper ergriffen hatte, zehrte an ihren ohnehin fast verbrauchten Kräften.
Bald würde sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn vereint sein… es schien ihr, wie die Erlösung von all ihren Qualen. Lange würde sie nicht mehr warten müssen…

*-*-*

"Der Fluss brachte uns Kunde, dass etwas Grausames geschehen sein musste. Sofort sendete ich Späher aus, um herauszufinden was passiert war. Zwei von ihnen kehrten gestern Morgen mit Euch und Eurer Begleiterin zurück. Die restlichen kamen in später Nacht und berichteten, dass sie niemand Lebenden mehr in Düsterwald vorgefunden hatten. Sprecht, Legolas, was ist vorgefallen?"
Elrond saß in einem mächtigen Lehnstuhl in seinem Gemach und musterte Legolas, der ihm gegenüber saß, aufmerksam.
"Sauron…", zischte Legolas bedeutungsschwer und stieß einen Seufzer aus. „Eine Armee aus Orks fiel plötzlich in Düsterwald ein. Niemand hatte mit ihnen gerechnet. Wir leisteten Widerstand, doch sie waren in der Überzahl...", erklärte Legolas, bemüht darum sachlich zu klingen.
"Das Ende der Düsterwald-Elben!", kicherte eine Stimme hysterisch. Legolas sog zischend die Luft ein.
"Habt Ihr Schmerzen, Legolas? Die Orks haben euch starke Verletzungen zugefügt.", fragte Elrond besorgt.
"Nein, es ist alles in Ordnung…", murmelte Legolas und stand auf. Einen Moment lang ging er nervös im Zimmer hin und her, bis er sich schließlich besann. „Wo ist er?", wollte er wissen.
"Wo ist was?", fragte Elrond und zog eine Augenbraue hoch. [A/N: Sorry, das musste einfach sein *lol* Ich find das im Film einfach zu geil!]
"Das wisst Ihr genau, Elrond! Wir müssen nachholen, was wir einst versäumt haben!", brauste Legolas auf und eine Ader an seiner Stirn begann drohend zu pulsieren.
"Zweifelt Ihr die Entscheidung an, die wir einst im Rat der freien Völker Mittelerdes getroffen haben? Auch ihr wart dafür, ihn zu verwahren."
"Es mag sein, Elrond, dass wir damals beschlossen, den Ring in Imladris zu verwahren, doch es war ein Fehler. Sauron muss vernichtet werden und dies kann nur gelingen, wenn der Ring vernichtet wird! Versteht Ihr das denn nicht?! Selbst Imladris wird nicht vor Saurons Zorn sicher sein! Ein Volk nach dem anderen wird fallen…Der Schatten breitet sich aus…", erklärte Legolas betrübt.
"Wie stellt Ihr Euch das vor, Legolas? Es ist zu spät! Der Ring kann nicht mehr vernichtet werden! Es ist unmöglich zum Schicksalsberg zu gelangen!" Nun stand auch Elrond auf und blickte Legolas durchdringend an.
"Wollt Ihr denn einfach tatenlos zusehen, wie Mittelerde zu Grunde geht? Wie könnt Ihr dem sicheren Tod so gelassen ins Auge sehen?", fragte Legolas verzweifelt.
"Alle werden sterben… ALLE!", kreischte eine der Stimmen vergnügt. „Alle… Jeder! Die Zeit ist gekommen!"
Noch mehr Stimmen mischten sich ein. Sie schrieen laut durcheinander. Verzweifelt presste Legolas sich die Hände auf die Ohren, doch die Stimmen wurden nur noch lauter.
Verschwommen sah er, wie Elrond langsam auf ihn zutrat und ihn fragend ansah. „Legolas?"
Doch anstatt zu antworten, stieß dieser einen Schmerzensschrei aus und ließ sich langsam und zitternd an der Wand hinunter gleiten.
Zusammengekauert hockte Legolas auf dem Boden. „Schweigt…", flüsterte er flehend. „Bitte…."
Schwärze zog sich in seinen Blick, als seine Gedanken vor lauter Stimmen explodierten und er sich zitternd übergab.
Kraftlos und verschwitzt fiel er in einen tiefen Schlaf.

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*Bruchtal
** Elladan ist einer der beiden Söhne von Elrond

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Ich habe es tatsächlich geschafft zehn Zeilen lang ein friedliches Kapitel zu schreiben. Das wollte ich eigentlich bis zum Ende des Kaps so beibehalten. Hat gut geklappt, wie man sieht *g* Irgendwie nimmt meine sadistische Ader immer überhand *lol* Es sind die Stimmen in meinem Kopf, die mir befehlen so was zu schreiben *umfall*
Hm, verzeiht mir. Ich hatte Cola… das Koffein bekommt mir nicht so gut *g*
Tut mir leid, dass das Kapitel schon wieder sehr kurz ist, aber ich muss jetzt erst noch mal meine Möglichkeiten durchgehen… Habe schon ein paar Ideen und muss schauen, für welche ich mich entscheide…
Ehm ja, ich hoffe der Zusammenhang der ganzen Sache ist jetzt klar. Die Essenz des Kapitels ist eigentlich: Der Ring wurde nicht vernichtet, sondern in Bruchtal aufbewahrt, die Protagonisten sind kurz vorm Abdanken und es besteh äußerst wenig Hoffnung…
Schreibt Reviews! *fleh*