Kapitel 30: Rettung in letzter Minute

Aragorn machte ein kleines Feuerchen im Wald, zum Schutz gegen Feinde, aber auch um Gwen aufzuwärmen. Bill saß bedrückt neben ihr und wusste nicht, was er tun sollte.

Langsam öffnete Gwen ihre Augen. Sie blinzelte verwirrt umher und fragte mit schwacher Stimme: „Was ist geschehen? Wo sind die schwarzen Reiter?"

Alle drehten sich erfreut zu ihr um. „Gwen, du lebst! Ich dachte schon... ich bin so froh. Es ist alles meine Schuld!"

Frodo hatte ein schlechtes Gewissen, da Gwen nur verletzt war, weil sie ihn beschützt hatte.

„Die schwarzen Reiter haben die Flucht ergriffen. Ich weiß nicht wieso, aber sie haben nicht noch einmal versucht uns anzugreifen. Dennoch befinden wir uns in höchster Gefahr. Sie könnten jeden Augenblick wiederkommen!"

Aragorn sah sich mit nachdenklicher Miene um.

„Am besten wir gehen sofort weiter", meinte Gwen und versuchte, sich aufzurichten. Doch ihr Körper war zu schwach. Sie taumelte und wurde gerade noch rechtzeitig von Merry und Pippin gestützt.

„Nein, du bist noch zu erschöpft. Wir setzen unsere Reise im Morgengrauen fort. Ruh dich aus, ich suche etwas um deine Wunde zu verarzten."

Aragorn zog Sam mit sich mit und fragte ihn: „Du kennst doch Athelas, ein Heilkraut. Hilf mir, ein wenig davon zu finden."

Sam nickte und begann, den Boden nach der Pflanze abzusuchen. Er wurde rasch fündig und reichte Aragorn eine Hand voll. Streicher zerrieb die Blätter zwischen seinen Fingern und vermischte sie mit warmem Wasser.

Gwen zuckte zusammen, als Aragorn ihre Wunde mit der Brühe auswusch.

„Aua! Das tut so weh", jammerte sie. Gwen fühlte sich elend. Sie spürte immer noch die eisige, kalte Schwertspitze des Ringgeists in ihrer Schulter.

„Die Wunde wurde durch ein Schwert der dunklen Macht erzeugt. Ein übles Gift ist am Werk, wir müssen auf Elronds heilende Hände hoffen."

Aragorn half Gwen sich hinzulegen. Das wärmende Feuer half ihr ein wenig und bald fing das Athelas an, seine Wirkung zu zeigen. Langsam driftete sie in den Schlaf. Sie träumte von einer düsteren Schattenwelt, in der es weder Licht noch Freude gab. Ihr kam es vor, als würde dieser Traum sich mehr und mehr in die Realität umwandeln.

Die andern hielten Wache und es herrschte eine unheimliche Stimme. Bill spukten andauernd die selben Fragen im Kopf herum. Er räusperte sich und fragte leise: „Warum haben die Ringgeister eigentlich Angst vorm Feuer? Warum sind sie weg, sie sind doch nicht tot?"

„Nein, sie existieren noch. Sie sind weder tot, noch lebendig. Die Ringgeister sind Diener des Dunklen Herrschers, sie existieren so lange wie es den Einen Ring gibt. Das Feuer strahlt Licht und Wärme aus, etwas das in ihrer Welt nicht existiert, deswegen fürchten sie es. Doch wie lange diese Furcht anhalten wird, weiß ich nicht...", erklärte Aragorn.

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Nach einem erholsamen Schlaf, frühstückte die kleine Gruppe und erfrischte sich am Lauf eines kleinen Baches. Behutsam weckte Frodo, der noch immer tiefe Schuldgefühle hatte, Gwen und half ihr beim Aufstehen. Da sie nicht die Kraft zum Gehen hatte, setzten sie Gwen auf das Pony.

Sie setzten ihre Reise nach Bruchtal, dem Wohnort von Elbenlord Elrond, fort und kamen trotz Gwens Verletzung recht schnell voran.

Doch im Laufe der folgenden Tage verschlechterte sich Gwens Zustand wieder. Zwar war die Wunde an ihrer Schulter kleiner geworden, doch das Gift des Schwertes fing an, ihren Körper anzugreifen. Gwen fühlte sich wie gelähmt und ihr war eiskalt. Die Lust am Weiterreisen und der Hunger waren ihr vergangen. Sie wollte nur noch schlafen, denn sie fühlte sich entsetzlich müde.

„Gwen du musst etwas essen", bat Frodo verzweifelt, „oder wenigstens etwas trinken."

Vergeblich versuchte er ihr etwas Wasser einzuflößen, Gwen war wie in Trance und nahm nichts mehr wahr.

Ein Rascheln in den Büschen ließ die Gefährten aufschrecken. Alle versteckten sich im hohen Gras oder hinter Bäumen.

Alle, bis auf Gwen. Sie stand langsam, mit zittrigen Beinen auf und ging in die Richtung des Raschelns.

Ein hell leuchtender Mann stand vor ihr. Er war in strahlendes Weiß gekleidet und sein blondes Haar erleuchtete die Schattenwelt, in die Gwen zu versinken drohte. Gwen wusste, dass dieser Mann ihre Rettung war. Ohnmächtig brach sie in den Armen des Fremden zusammen.

Voller Erstaunen betrachtete der blonde Elb das bewusstlos Mädchen in seinen Armen. Neben ihm war eine weitere Person aufgetaucht. Eine Elbin mit langem schwarzen Haar und blauen Augen.

Aragorns Herz schlug schneller. Er verließ sein Versteck und rief: „Arwen! Glorfindel! Es erleichtert mein Herz zu sehen, dass ihr es seid!"

Arwen war von ihrem weißen Ross gestiegen und wollte Aragorn umarmen. Der wich ihr jedoch geschickt aus und sagte hastig: „Glorfindel, dieses Mädchen wurden durch das Schwert eines Ringgeistes verletzt. Bitte, bring sie so schnell wie möglich zu Elrond nach Bruchtal! Arwen, wir haben nicht viel Zeit, nimm Frodo mit und sieh zu, dass auch er in Sicherheit gebracht wird. Wir werden euch folgen."

Glorfindel und Arwen ritten mit Gwen und Frodo los. Sie kamen sehr schnell voran, denn ihre Pferde verstanden es, wie der Wind zu laufen. Sie achteten auf die kleinste Berührung ihres Reiters und schienen zu wissen, wie wichtig diese Rettungsaktion war.

Nach einer Weile merkte Arwen, dass sie verfolgt wurden. Es waren die Neun, die Mordor verlassen hatten. Ihr Vater, Lord Elrond, hatte ihr schon viel über die dunklen Zeiten der Welt erzählt.

„Wir teilen uns auf. Ich reite nach links, du nach rechts", rief sie Glorfindel zu und ritt schneller.

Auch die schwarzen Reiter bildeten zwei Gruppen. Arwen flüsterte ihrem Pferd elbische Befehle zu und es lief immer schneller. Sie überquerten den Fluss, der die Grenze zu Lord Elronds Reich markierte.

Die fünf Verfolger standen auf der andern Seite. Der größte von ihnen zischte wild: „Gib den Halbling auf, Elbenweib!"

Frodo zitterte und umklammerte ängstlich Arwens Taille.

„Wenn du ihn willst, dann komm und hol ihn dir!" ´Wie bitte?? Hat die Frau nicht mehr alle Tassen im Schrank??`, dachte sich Frodo entrüstet und sah Arwen ungläubig an.

Doch Arwen beachtete ihn nicht und flötete irgendetwas auf Elbisch. Auf einmal wurde aus dem friedlichen Fluss eine gewaltige Flutwelle, die die Ringgeister mit sich riss.

Arwen war zufrieden mit sich selbst und machte sich auf den Nachhauseweg, nach Bruchtal.

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Glorfindel versuchte indessen noch immer seine Verfolger abzuschütteln. Er verstand nicht, wieso die schwarzen Reiter ihn überhaupt verfolgten. Der Hobbit hatte doch den Ring, warum wollten sie dann das Menschenmädchen haben??

Abrupt blieb er stehen und sah seinen Gegnern herausfordernd ins Gesicht. (zumindest dorthin wo er glaubte dass sich ihr Gesicht befinden müsse) Erstaunt blieben die Ringgeister stehen.

„Was wollt ihr von dem Mädchen? Was hat sie euch denn getan?"

„Wir müssen die Erlöserin aufhalten und zu Sauron bringen. Gib sie uns!!", fauchten die Feinde.

´Dieses Mädchen soll unsere, die Erlöserin Mittelerdes sein?` Glorfindel konnte es nicht glauben.

„Nein, ihr werdet sie niemals bekommen. Einen schönen Gruß an Lord Sauron!"

Glorfindel zwinkerte verschmitzt und ritt mit seinem Pferd auf und davon. Erschöpft traf er auf Arwen, als er die Tore Bruchtals erreichte. Während Arwen die Pferde in die Stallungen brachte, trug Glorfindel Gwen zu Elrond.