~°~°~°~Briefe aus Askaban~°~°~°~
2.
„Hey Malfoy, Post für dich." Draco schreckte von seiner Liege hoch.
Post? Das war eine Seltenheit für ihn. Die Einzige, die ihm hier drinnen ab und zu einen Brief schrieb, war seine Mutter. Ein wenig ungelenk vom Liegen stand er auf und ging zu den Gitterstäben, wo ihn ein Auror mit entgegengestrecktem Briefumschlag bereits erwartete. Sobald Draco den Brief zu fassen kriegte, zog der Wärter eilig seine Hand zurück. Draco bedachte ihn nur mit einem spöttischen Blick. „Vorsicht, ich könnte ja giftig sein", sagte er höhnisch. Dann ging er zu seinem Bett zurück und ließ sich darauf nieder. Dort angekommen drehte er den Umschlag schließlich herum, um sich die Adresse des Absenders anzusehen. Sobald er den Namen Hermine Granger las, stahl sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Hastig riss er den Umschlag auf, dann faltete er den Brief auseinander.
‚Lieber Draco,
ich konnte es kaum glauben, als plötzlich vorgestern die Eule mit deinem Brief ankam.
All die Jahren hatte ich mich nun schon gefragt, wo du steckst; du warst damals einfach spurlos verschwunden. Aber Askaban?!
Ich verstehe, wenn du nicht über die Gründe reden willst, aber ich muss sagen, dass es mich doch sehr geschockt hat.
Ich wusste nicht, dass Voldemort dich zu einem seiner Anhänger gemacht hat. Ich hoffe, du hast es nicht freiwillig getan.
Ich gebe zu, ich hatte nach dir gesucht. Ich hatte mir Sorgen gemacht, als ich nach dem Abschlussball nichts mehr von dir gehört hatte. Anfangs dachte ich, dass du es vielleicht nur bereuen würdest, was in dieser Nacht zwischen uns passiert ist. Aber ich hoffte immer, dass dies nicht der Grund dafür war.
Mir ist es recht gut ergangen in den letzten Jahren. Mein Leben verläuft ziemlich ruhig, ich studiere zur Zeit noch magische Medizin. Es ist zwar ziemlich anstrengend, man muss soviel lernen, aber ich komme schon damit klar. Aber mir fehlt irgendwie etwas. Du wahrscheinlich. Natürlich, ich habe noch Harry; was mit Ron ist, weiß ich nicht, er hat sich schon ewig nicht mehr bei mir gemeldet.
Aber Harry ist immer ziemlich beschäftigt. Als Auror reist er schließlich viel umher.
Und zu der Sache mit dem Abschlussball: Glaube nicht, dass ich mich nicht mehr an den schönsten Abend meines Lebens erinnern würde.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich dich unten bei der Treppe stehen sah. Du warst leicht im Schatten verborgen.
Ich hab den Blick gesehen, mit dem du mich betrachtet hattest. Natürlich dachte ich zu diesem Zeitpunkt, das wäre nur Einbildung gewesen; ein Malfoy würde schließlich nie ein Schlammblut so ansehen.
Ich hatte viel Spaß auf dem Ball. Das lag vermutlich daran, dass irgendjemand Alkohol in den Punsch geschüttet hatte, aber sicherlich nicht nur daran.
Ich weiß noch, Ron war mit beim Tanzen andauernd auf die Füße getreten. Aber mit dir war es anders. So viel... einfacher. So, als wären wir uns vollkommen vertraut miteinander.
Und unseren Kuss; den werde ich wohl nie vergessen können. Ich will ihn auch gar nicht vergessen! Ich war so erstaunt gewesen, ich hätte nie damit gerechnet. Aber innerlich hatte ich es schon seit Jahren gehofft.
Ron hat mir am nächsten Tag erzählt, dass ich den restlichen Abend nur noch mit einem „dämlichen" Grinsen im Gesicht herumgelaufen bin.
Ich hoffe, das war nicht der einzige Brief, den ich von dir erhalte.
Du fehlst mir!
In Liebe
Hermine'
...„Und? Was schreibt dir deine Freundin?", fragte der Wärter, der immer noch vor seiner Zelle stand, jedoch in einigem Sicherheitsabstand und ihn aufmerksam beobachtete. Draco bedachte ihn mit einem kühlen Blick, doch dann lächelte er, was dem Wärter eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ. „Ach, sie hat mir nur meinen Fluchtplan geschickt, weißt du? Und eine kleine Nagelfeile, mit der ich die Gitterstäbe durchfeilen kann."
Er sah belustigt, wie der Wärter ganz große Augen bekam. Dann stand er auf und ging zu den Gittern, was verursachte, dass der Wärter nur noch weiter von der Zelle zurückschritt. „Kleiner Scherz", sagte Draco schließlich unschuldig. „Weißt du-", begann er und blickte auf das Namensschildchen des Wärters, „-Hank, du solltest mal etwas lockerer werden. Du bist doch schließlich ein cooler Auror." Damit ging er zurück zu seiner Liege, legte sich darauf und schloss die Augen, Hermines Brief an seine Brust gedrückt. Hank starrte ihn noch eine Weile stumm an, bevor er den dunklen Gang hinabschritt...
