Ich muss sagen, diese Geschichte nimmt weit größere Ausmaße an, als ich anfangs geplant hatte. Eigentlich ging es nur um die beiden Briefe und dabei wollte ich es belassen. Doch im Laufe der Zeit kamen mir immer mehr Ideen, die ich hier unterbringen wollte. Ich weiß, es dauert immer verdammt lange, bis ein neues Kapitel erscheint, und dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen. Aber meine andere Geschichte nimmt mich oft mehr gefangen, und außerdem ist diese hier schwieriger zu schreiben. Und ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich dieses Kapitel umgeschrieben oder Absätze ergänzt habe. Aber keine Sorge, ich höre nicht eher auf, bis ich alle meine Ideen so hier drin verpackt habe, wie es mir in meinem Kopf vorschwebt.

Also, macht es wie ich: bleibt am Ball! *g*

Und jetzt viel Lesevergnügen beim neunten Kapitel.

~°~°~°~Briefe aus Askaban~°~°~°~

9.

:Gegenwart:

Draco konnte nicht schlafen. Unruhig schritt er in seiner kalten Steinzelle auf und ab; Hermines Brief, der ihr mit seinem kläglichen Mittagessen geliefert wurde, hielt er fest in seiner Hand. Durch das winzige Fenster, das hoch oben in die Wand eingelassen war, schien silbern der Mond. Es gab einen Grund dafür, dass er nicht schlafen konnte. Er war einfach zu aufgeregt.

‚Bald, bald ist sie da!', dachte er, während er wieder kehrt machte und zur anderen Seite der Zelle lief. Er hatte nicht wirklich viel Platz zum Umherlaufen, aber es reichte, um ihn zu beschäftigen. Sein Essen, das ihm die Wärter in die Zelle lieferten, hatte er kaum angerührt. Und selbst das eisige Gefühl, welches die Dementoren hinterließen, wenn sie an seiner Zelle vorbei schritten, störte ihn heute nicht. Denn im Moment waren all seine Schuldgefühle und schlechten Erinnerungen in einen fernen Winkel in seinem Verstand zurückgedrängt. Morgen war es soweit, dann würde sie endlich bei ihm sein...

Nach links und rechts schauend lief Hermine durch den düsteren Gang, auf beiden Seiten von zwei Auroren flankiert. Sie hielten ihre Zauberstäbe angriffsbereit in den Händen. Sehr zu Hermines Verwunderung trugen sie auch noch Pistolenhalfter unter ihren Umhängen, in denen tatsächlich Waffen steckten. ‚Seit wann brauchen Auroren denn Pistolen?', dachte Hermine verwirrt. ‚Die sind doch eher eine Sache für Muggel'. Doch sie verkniff es sich, danach zu fragen. Schließlich waren dies die Experten. Sie würden schon ihre Gründe für diese nichtmagische Vorsichtsmaßnahme haben.

Zwei Tage waren vergangen, seit sie den Brief an Draco geschrieben hatte. Sie hatte einige Vorbereitungen treffen müssen. Nach Askaban kam man nämlich nicht einfach so. Sie musste diesen Ausflug beim Ministerium anmelden. Dort hatte man einen Portschlüssel vorbereitet, der noch von ein paar anderen Leuten benutzt wurde, die ebenfalls an diesem Tag nach Askaban wollten. Nicht, dass es viele wären. Die wenigsten Leute rissen sich darum, hierher zu kommen. Doch so hatte sich Hermine schließlich heute morgen ins Ministerium begeben, wo pünktlich um elf Uhr mittags der Portschlüssel aktiv wurde.

Nachdem man ihr den Zauberstab abgenommen hatte, „nur vorsorglich" wurde ihr erklärt, durfte sie schließlich eintreten. Ihr vertraute man zwar, aber den Gefangenen bei weitem nicht. Sie saßen hier schließlich nicht ohne Grund. Nur die schlimmsten Verbrecher wurden hier eingeliefert. Und Draco zählte zu ihnen...

In den langen Gängen gab kaum Fenster, doch an den kalten Steinwänden hingen in regelmäßigen Abständen Fackeln, die spärlich Licht aussandten.

„Wie kommt es eigentlich, dass es hier immer noch Dementoren gibt? Vor drei Jahren stand in der Zeitung, dass sie zu Voldemort übergelaufen wären und deshalb Auroren an ihrer Stelle eingesetzt wurden", fragte Hermine erstaunt, als sie an einer dieser düsteren Gestalten vorbei liefen, was sie leicht frösteln ließ. Die beiden Magier zuckten bei der Erwähnung Voldemorts zusammen. Sie selbst hatte sich dies abgewöhnt;. Angst vor dem Namen schürte schließlich nur die Angst vor der Sache selbst.

„Nun, die Dementoren scheinen ihren Meister enttäuscht zu haben. Oder er hatte einfach keinen Nutzen mehr für sie. Nach ein paar Monaten kamen sie jedenfalls plötzlich hierher zurück und nahmen wieder ihre Plätze als Wärter ein. Natürlich trauen wir dem Frieden nicht, deshalb wurden wir Auroren auch nicht abgezogen. Wir überwachen weiterhin die Arbeit der Dementoren." Hermine nickte verstehend. Je weiter sie den Gang entlang liefen, desto aufgeregter wurde sie. Nach über 3 Jahren würde endlich Draco wiedersehen...

Schließlich deuteten ihr die Auroren, stehen zu bleiben, während sie sich an einem der Türschlösser zu schaffen machten. Nervös versuchte Hermine, einen Blick in die Zelle werfen zu können, aber die Beiden versperrten ihr jegliche Sicht. Doch als sie endlich beiseite traten und sie einließen, erkannte sie trotzdem nichts, denn es drang kaum Licht in die Zelle. Nach ein paar Augenblicken konnte sie schattenhafte Umrisse ausmachen. Das Zimmer war äußerst spartanisch eingerichtet. An der rechten Wand stand ein Tisch mit einem Stuhl davor und auf der gegenüberliegenden Seite erkannte sie ein Bett, auf der eine dunkle Figur saß.

Draco!

Er saß ganz still da. Sein Gesicht lag im Schatten, doch sie konnte sein freudiges Lächeln förmlich spüren. 

Für einen kurzen Moment schien Hermine wie festgewachsen am Boden zu sein. Doch dann durchfuhr sie ein Ruck, dann schritt sie eilig zu ihm hinüber und warf sich in seine ausgebreiteten wartenden Arme.

Für einen Moment sagte keiner von ihnen etwas, sie klammerten sich nur fest aneinander, als hätten sie Angst, einander zu verlieren, wenn sie losließen.

„Du hast mir so gefehlt", hörte sie Draco schließlich leise in ihr Ohr murmeln, immer und immer wieder, während die Auroren die Zellentür schlossen. „Fünfzehn Minuten, ihr Beiden" sagte einer von ihnen mit rauer Stimme, bevor sie sich abwandten.

Lange hielten sie sich einfach in den Armen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Doch nach einer Weile löste sich Draco von ihr und lehnte sich auf dem Bett zurück.

Hermine betrachtete ihn und erschrak leicht. Er war dünner geworden. Seine Wangen sahen eingefallen aus und sie konnte deutlich die hohen Wangenknochen erkennen. Sein Haar schien länger geworden zu sein, aber vielleicht wirkte es auch nur so, weil er sie nicht zurückgegeelt hatte. ‚Was haben sie nur mit dir gemacht, Draco?'.

„Na, wie gefällt dir meine Einrichtung?", fragte er scherzend, nicht wissend, welch düstere Gedanken ihr durch den Kopf gingen. Deswegen schien Hermine diesen Kommentar auch nicht besonders lustig zu finden. „Draco, das ist einfach schrecklich", sagte sie, während sie sich in der Zelle umsah. „Tja, sie wollten meinen Innenarchitekten nicht rein lassen." Sie sah ihn böse an. „Wie kannst du nur über so etwas Witze machen?", fragte sie ihn niedergeschlagen. Draco zuckte mit den Schultern. „Was bleibt mir denn schon übrig?" Abwesend zupfte er an der rauen Bettdecke herum. Aber dann schien er die düsteren Gedanken, die in seinem Kopf umherschwirrten, beiseite zu schieben. Er schenkte Hermine ein strahlendes Lächeln.

„Ich wüsste da einen Weg, wie du mich davon ablenken könntest", sagte er mit neckender Stimme und zog sie wieder in seine Arme. Dann senkte er seine Lippen sanft auf ihre und sie fühlte sich, als würde sie schmelzen.

Endlich! Nach all den Jahren! Dracos Lippen, so kühl und gleichzeitig brennend heiß, ließen ihre Schauer über den Rücken laufen. Es war, als wäre sie endlich nach Hause gekommen, als hätte sie endlich dass gefunden, wonach sie so lange gesucht hatte....

Nach endlosen Minuten löste sie sich schließlich von ihm.

Sie hatten nicht mehr viel Zeit; sie durfte nicht vergessen, wieso sie hergekommen war...

Draco seufzte enttäuscht auf. „Ich muss dich unbedingt etwas fragen, Draco", begann sie. „Bist du deshalb hier?", wollte er wissen. Er schien betrübt darüber zu sein. „Nicht nur, aber das war mein Hauptgrund", gestand sie mit gesenktem Kopf. „Na gut, dann frag mich", erwiderte er forsch. Unsicher blickte sie auf ihre ineinandergeschlungenen Hände. Wollte sie es überhaupt wissen? Was, wenn er nicht die Antwort gab, die sie erwartete? Doch dann riss sie sich zusammen und hob ihren Kopf. „Ich weiß jetzt, wieso du nach Askaban gekommen bist." Etwas in Dracos Augen schien sich zu verändern. Als würde ein undurchdringlicher Schleier hinter seinen Augen hängen. Es war, als würde er plötzlich ganz weit weg sein.

„Und was ist dann deine Frage?", wollte er leise wissen. Dabei sah er ihr die ganze Zeit mit diesem seltsamen Blick in die Augen, obwohl er sie gar nicht mehr zu sehen schien.

„Hast du Dumbledore wirklich getötet?", fragte sie nervös. Diese Worte schienen ihn in die Wirklichkeit zurückzuholen, denn sein Blick wurde wieder fest.

Prüfend, wie um ihre Gedanken zu lesen, starrte er sie an. „Glaubst du das denn, Hermine?", fragte er ruhig. Sie ließ seine Hände los. „Nein, ich... ich weiß einfach nicht mehr, was ich glauben soll." Unruhig rutschte sie auf der harten Pritsche herum. „Harry hat mir davon erzählt, und dein Zauberstab hatte den Todesfluch gezaubert."

Draco nickte. „Ja, das stimmt. Es war mein Zauberstab." Sie sah ihm ungläubig in die Augen. „Aber... dann warst du es wirklich". Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Doch er schüttelte nur den Kopf. „Nur weil es mein Zauberstab war, beweißt das nicht gleich meine Schuld, Hermine. Auch wenn das die Auroren damals nicht interessiert hatte." In seiner Stimme vernahm sie deutlich den sarkastischen Ton. Mit leicht verzogenen Gesicht starrte er sie an. „Und um deine Frage zu beantworten: nein, ich habe Dumbledore nicht getötet."

Hermine atmete erleichtert aus; sie hatte nicht gemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte. „Aber dann bist du unschuldig. Also müssen sie dich hier rauslassen." Doch noch während sie sprach, schüttelte Draco seinen Kopf. „Es gibt keine Beweise, außer meiner Aussage, Hermine. Und die reicht bei weitem nicht. Es spricht viel zuviel gegen mich. Besonders das hier", sprach er und deutete dabei auf seinen Arm. Verwundert, doch mit einer bösen Vorahnung, schob Hermine seinen Ärmel ein Stückchen hoch.

Dort, auf der blassen Haut seines Unterarms, grinste ihr ein Totenkopf entgegen.

Das dunkle Mal.

Erschrocken ließ sie seinen Arm los. Draco starrte sie prüfend an. „Davon hatte ich dir in meinem ersten Brief geschrieben. Es war in der Nacht des Abschlussballs. Sie hatten Dumbledore extra deswegen aus Hogwarts weggelockt. Hatten ihm geschrieben, dass irgendein alter Freund von ihm in Sterben liege."

„Deshalb hattest du dich auch nicht mehr gemeldet, nicht wahr?", fragte Hermine nach einer Weile des Schweigens, während sie auf seinen Arm hinunter gestarrt hatte. „Und ich dachte die ganze Zeit, dass du einfach nur nichts mehr mit mir zu tun haben wolltest." Draco lächelte sie traurig an. „Ich wollte dich so gerne besuchen, oder dir wenigstens schreiben, aber ich glaube, Voldemort wäre davon nicht besonders begeistert gewesen. Ich hatte immer Angst, dass er irgendwie von dir erfahren würde. Und glaub mir, er kriegt alles raus. Den anderen Todessern ist es eine Freude, andere verraten zu können." An dieser Stelle seufzte er auf.

„Also hab ich mich von dir ferngehalten", schloss er schließlich. Hermine betrachtete ihn traurig.

In der sich bildenden Stille konnte sie deutlich die Geräusche hören, die vom Gang her in Dracos Zelle schallten. Manchmal ertönten leise Schreie, aus einer nahe liegenden Zelle drang leises Wimmern.

‚Wie musste es sein, so etwas jeden Tag erleben zu müssen?', dachte Hermine betrübt. Mitleid wallte in ihr auf.

Daraufhin schlang sie ihre Arme wieder um ihn und bettete ihren Kopf an seiner Schulter. „Ach Draco", seufzte sie leise. Sanft strich er ihr über den Kopf. Als sie schließlich wieder aufsah, starrte er sie mit brennenden Augen an. Es schien, als wollte Draco sich an ihr satt sehen. Hermine fühlte sich plötzlich entschlossen. 

„Ich werde dich hier rausholen, Draco. Irgendwie. Ich lasse mir etwas einfallen", sagte sie bestimmt. Er lächelte ihr zu. Dankbar, wie es schien, doch dann verhärteten sich seine Züge wieder. „Hermine, bitte verschwende nicht deine Zeit. Es ist nutzlos. Die lassen mich hier nie wieder raus." Er sah, wie Hermine die Tränen zurückdrängen musste, die ihr bei seinen Worten in die Augen stiegen. „Bitte weine nicht", flüsterte er besorgt. Er hatte sie nicht zum Weinen bringen wollen. „Hermine", seufzte er leise bevor er seine Lippen senkte, um sie zu küssen. Sacht ließ er seine Lippen über ihre wandern. Doch Hermine schien sanft nicht mehr zu reichen. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken, um ihn so nah wie möglich zu ziehen. Dann vertiefte sie denn Kuss, was Draco schier in den Wahnsinn trieb...

„Die Zeit ist um, ihr Zwei. Miss Granger, kommen sie bitte zur Tür."

Geschockt von der lauten Stimme, die plötzlich ihr friedliches Idyll zerstörte, fuhren sie auseinander. 

Eilig drehte sie sich zu den Wächtern um. „Ich komme sofort." Dann wandte sie sich wieder Draco zu. „Hör zu, ich werde schon einen Weg finden, dich zu befreien. Und wenn ich dich eigenhändig hier rauszerren muss. Und ich komme dich bestimmt bald wieder besuchen, okay?", flüsterte sie ihm zu. Draco blieb stumm, lächelte sie aber aufmunternd an. Dann zog sie ihn zum letzten Mal an sich und küsste ihn heftig, bevor sie von dem Wärtern aus der Zelle geführt wurde.