~°~°~°~Briefe aus Askaban~°~°~°~

13.

Warmes Sonnenlicht fiel auf Dracos Gesicht und kitzelte ihn in der Nase. Er wandte den Kopf ein Stückchen, überzeugt, dass er das warme Licht nur träumte. Schließlich drang kaum Sonnenlicht durch das kleine Fenster in seiner Zelle...

Aber als er langsam die Augen öffnete, war er überrascht, das er sich das Licht nicht nur eingebildet hatte. Es fiel durch große Dachfenster direkt auf das Bett hinunter, in dem er lag.

Verwirrt blinzelte er; das helle Licht blendete ihn. Etwas desorientiert sah er sich um, bis er bemerkte, dass ein Schopf brauner Haare auf seiner Brust ruhte.

Er lächelte, während ihm die Ereignisse von gestern Abend wieder einfielen. Hermine lag eng an ihn gekuschelt, ein kleines Lächeln spielte um ihre Lippen. Für wie es schien eine Ewigkeit starrte er sie einfach nur an, wie sie da so lag und das Sonnelicht auf sie hernieder fiel. Dann strich er ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht und sie öffnete flatternd ihre Augen. Als ihr Blick auf Draco fiel, breitete sich ein Strahlen auf ihrem Gesicht aus.

„Hey", sagte Draco sanft und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Hey", erwiderte sie leise und sah ihn mit einem so gefühlvollen Blick an, dass es Draco schlicht die Sprache verschlug. In ihren Augen lag soviel Liebe...

Dann ließ sie ihren Kopf wieder auf seine Brust sinken. Wohlig seufzte sie auf. Draco konnte einfach nicht widerstehen und zog sie fester in seine Arme. So lagen sie vollkommen versunken da und genossen es, einfach nur still nebeneinander zu liegen, den anderen zu spüren.

Draco, den es danach verlangte, sie zu berühren, hob ihre Hand und presste ihre und seine Handflächen gegeneinander. Versonnen starrte er auf ihre Finger und verflocht sie dann miteinander. Hermine drehte sich leicht in seinen Armen und hob ihren Kopf.

„Letzte Nacht war... einfach unglaublich, Draco. Ich.. normalerweise bin ich nicht so, weißt du... so gleich in der ersten Nacht...", sprudelte es aus ihr hervor. Scheinbar war sie nervös; sie sah ihn nicht an, sondern blickte auf seine Brust hinunter und zupfte unruhig an dem Laken herum. Draco legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. Sie verstummte und sah ihn mit großen Augen an. „Hermine, du brauchst dir keine Gedanken zu machen, dass ich dich für ein ‚leichtes Mädchen' halten könnte. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass dem nicht so ist." Dann legte er ihr den Finger, der immer noch ihre Lippen bedeckte, sanft unter ihr Kinn und hob den Kopf leicht an. „Daran musst du überhaupt nicht denken", sagte er leise, bevor er die Augen schloss und ihren Mund mit einem Kuss versiegelte.

Als er sich nach einer ganzen Weile von ihr löste, blickte er ihr wieder tief in die Augen und sah erneut diesen gefühlvollen Ausdruck in ihren Augen. In seinem Herzen spürte er einen seltsamen Stich und er wusste genau, was das bedeutete..

„Ich liebe dich", sagte er plötzlich. Die Worte waren heraus, noch ehe er sich bewusst wurde, dass er sie aussprach. Erstaunt und mit einem Leuchten in den Augen starrte Hermine ihn an. Und auch Draco war sichtlich erstaunt. Wo kamen diese Worte her? Doch dann drängte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Es stimmte, er liebte sie. Deshalb war er gestern auf direktem Weg von seinem Zuhause zu ihr appariert. Weil er sich schmerzhaft nach ihr sehnte. Deshalb hatte er es die Jahre über vermieden, ihr zu schreiben. Weil er es nicht riskieren konnte, ihr Leben in Gefahr zu bringen. Deshalb lag sie jetzt hier neben ihm, nur von einem dünnen Laken bedeckt.

Als ihr die Bedeutung seiner Worte aufging, öffnete und schloss sie ihren Mund rasch hintereinander, als würden ihr die Worte fehlen. „Wirklich?", fragte sie schließlich. Draco schenkte ihr ein fast schon schüchternes Lächeln. „Natürlich, sonst hätte ich doch wohl nicht die Gefahr aufgenommen, zu flüchten, nur um bei dir zu sein." Ein strahlendes Lächeln stahl sich auf Hermines Gesicht. Sanft lehnte Draco seine Stirn gegen ihre und blickte ihr tief in die Augen. Dann ließ er sich wieder auf das Kissen zurücksinken.

„Und? Wie wäre es jetzt mit ein bisschen Frühsport?", scherzte Draco. Hermine schnaubte nur entrüstet. „Hör mal, ich glaube du verwechselst mich da mit jemandem", sagte sie, während sie ein Gähnen unterdrückte. „Und außerdem-", fuhr sie fort, während sie sich im Bett aufsetzte „-finde ich, dass wir heute Nacht aktiv genug waren, als dass wir jetzt zusätzlich noch Sport bräuchten, meinst du nicht auch?". Dabei lächelte sie lasziv. Dann schlang sie ihre Arme um ihn und drückte sich gegen seinen nackten Rücken. „Ich muss gleich los, Draco. Ich habe heute eine Vorlesung." Draco wandte ihr, so gut es ging, den Kopf zu. „Und schon willst du mich verlassen?", fragte er und tat so, als wäre er eingeschnappt. Hermine drückte ihm lächelnd einen Kuss auf den Nacken. „Mit ‚wollen' hat das nicht soviel zu tun."

Nachdem Hermine schließlich gegangen war, döste er noch eine Weile vor sich hin, bevor er endlich aufstand. Er schwang seine Beine über die Bettkante und streckte sich genüsslich wie eine Katze. Dann ging er, unbekleidet wie er war, die Treppe hinunter in die Küche, wo er sich erst mal einen Kaffee aufsetzte. Während er Kaffee brühte, öffnete Draco hungrig den Kühlschrank. Ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht während er den Inhalt begutachtete. Hermine hatte wirklich an alles gedacht. Neben Milch fand er Wurst, frisches Obst, und sogar eine Flasche Champagner, den sie anscheinend für feierliche Anlässe aufgehoben hatten. ‚Schade das wir an den nicht gestern Nacht gedacht haben', dachte Draco grinsend. All dies war ein absoluter Luxus, wenn man bedachte, dass er in den letzten Jahren nur recht dürftiges Essen bekommen hatte.

Er nahm sich schließlich einen Apfel und ging gemächlich ins Wohnzimmer, wo er sich auf das weiche Sofa sinken ließ. Genüsslich schlurfte er seinen Kaffee, während sein Blick durch das Zimmer streifte. Der Kaffee schien seine Lebensgeister schon nach kurzer Zeit zu wecken, denn er wurde unruhig und stand wieder auf, um die Fotos an den Wänden zu betrachten. Einige waren anscheinend mit einem Muggelapparat gemacht worden, denn darauf bewegten sich die Personen nicht, sondern verharrten still auf ihrem Platz.

Lächelnd betrachtete er Hermine, die freudestrahlend zwischen ihren beiden Freunden stand. Auf einem anderen Foto starrte sie Ron Weasley gerade böse an und schüttelte entrüstet den Kopf, während Rons Ohren sich leicht rot verfärbten.

‚Typisch Hermine', dachte Draco amüsiert. ‚Muss immer den Moralapostel spielen.' Doch dann wurde sein Grinsen breiter, als er an die vergangene Nacht dachte. ‚Gestern Nacht allerdings hat sie sich gar nicht so moralisch verhalten.' Schließlich stellte er die Tasse ab und ging zurück ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen, da ihm nun doch langsam kalt wurde.

Dann begab er sich wieder ins Wohnzimmer, setzte sich und schaltete dieses komische Gerät, „Fernseher" wie Hermine es gestern genannt hatte, ein. Damit sollte man fern sehen können, oder so ähnlich. Draco sah überrascht, wie aus dem Nichts Bilder auf der breiten Fläche erschienen.

Und wie sehr er plötzlich erschrak, als ihm ein riesiges Monster genau ins Gesicht starrte. Geschockte zuckte er zurück.

Ein unbeteiligter Beobachter hätte vermutlich über Dracos Reaktion auf den Film Godzilla gelacht, doch für jemanden, dem der Kontakt mit muggelverwandten Dingen untersagt war, war es wohl eine verständliche Reaktion...

Während Draco in der Zuflucht die Faszination des Fernsehens entdeckte, kam Hermine gerade aus einer ihrer Vorlesungen. Bevor sie gegangen war, hatten Draco und sie darüber gesprochen, wie es nun weitergehen sollte. Der erste Entschluss, den sie gefasst hatten war, dass sich Hermine in der Öffentlichkeit so normal wie möglich benehmen sollte. Das hieß, zur Vorlesung gehen und dann nach Hause. Später könnte sie dann in die Zuflucht rüberkommen.

Somit lief Hermine gerade unschuldig über das Unigelände, als die Auroren auf sie zuliefen.

„Miss Granger?", fragte einer der finsterblickenden Auroren. Beide waren, dafür das sie Magier waren, normal, jedenfalls für Muggelverhältnisse, gekleidet. Sie trugen dunkle Anzüge, als wären sie zwei Bodyguards, wodurch sie ziemlich eindrucksvoll erschienen. „Ja?", fragte sie zögernd und blieb stehen. „Hätten sie ein paar Minuten Zeit? Wir müssen dringend mit ihnen reden." Derweil beobachteten die Männer sie aufmerksam, als würden sie auf eine ungewöhnliche Reaktion warten. Doch Hermine hatte damit bereits gerechnet. Deshalb blieb sie vollkommen ruhig, lächelte die Männer freundlich an und nickte. „Natürlich. Worum geht es denn?"

Das Verhör fand in einem Haus statt, das Hermine so unbekannt vorkam, als hätten die Auroren es eben erst heraufbeschworen. Sie führten sie in einen kleinen, vollkommen weißen Raum in dem nur ein Tisch mit drei Stühlen stand. ‚Jetzt fehlt nur noch, dass sie mir eine grelle Lampe genau aufs Gesicht richten', dachte Hermine spöttisch. Doch als sie freundlich gebeten wurde, sich zu setzen, spürte sie, wie sie langsam nervös wurde. 

„Miss Granger, es geht um Draco Malfoy. Kennen sie ihn?", fragte einer der Männer, der sich als Cadogan Morry vorstellte. Er war ein Mann in den Vierzigern, mit dunkelbraunen Haaren und wachsamen, grauen Augen. Hermine nickte. „Ich kenne ihn noch aus meiner Schulzeit. Wir waren im selben Jahrgang in Hogwarts." „Und wussten sie, dass er ein Anhänger Lord Voldemorts, ein Todesser, ist?", fragte nun Morrys Partner, ein dunkelhäutiger stämmiger Mann, der sie prüfend anblickte. Er hatte sich vor der Tür postiert.

„Ich habe es erst vor kurzem erfahren, als er mir einen Brief geschickt hatte", antwortete sie wahrheitsgemäß. „Vorher hatten sie keinen Kontakt mehr mit ihm?" Hermine schüttelte den Kopf. „Das letzte Mal habe ich mit ihm an unserem Abschlussabend in Hogwarts gesprochen." „Und sie haben den Kontakt weiterhin mit ihm aufrechterhalten, als sie erfahren haben, dass Draco Malfoy ein Todesser ist?", fragte Morry,  fast schon ungläubig. Unwillig nickte sie wieder, sagte aber nichts weiter.

„Ist es richtig, dass sie Mister Malfoy vor knapp einer Woche in Askaban besucht haben?" „Ja, das ist richtig", erwiderte Hermine aufrichtig. „Sie pflegen also immer noch Kontakt mit ihm?" Hermine spürte, wie ein Frösteln sie überkam. „Ich hatte seit meinem Besuch keinen Kontakt mehr mit ihm. Ich habe keine Post mehr von ihm gekriegt, falls sie das meinen."

Die Auroren blickten sich aus den Augenwinkeln heraus an. „Haben sie gehört, dass Draco Malfoy gestern Nachmittag aus Askaban ausgebrochen ist?", fragte der Partner von Morry.

Da! Jetzt kommt es darauf an, Hermine. Versau es nicht!

„Was?", fragte Hermine und setzte einen geschockten Gesichtsausdruck auf. Hoffentlich waren ihre schauspielerischen Fähigkeiten glaubhaft genug, um diesen Test standzuhalten. Ihr Puls beschleunigte sich. „Wann... wie?", fragte sie ungläubig. Morry blickte sie nüchtern an. „Gestern Nachmittag ist Draco Malfoy auf unerklärliche Weise ausgebrochen. Da es sich bei Askaban um das sicherste Gefängnis der ganzen Welt handelte, nehmen wir an, dass ihm jemand geholfen hat, zu fliehen." Hermine starrte ihn immer noch ungläubig an. „Und nun möchten wir wissen, ob er sich bei ihnen gemeldet hat. Sie sind die einzige Person, mit der er in letzter Zeit Kontakt hatte." Hermine starrte Morry mit leerem Blick an, schüttelte dann aber den Kopf und hoffte, dass keiner der beiden Auroren bemerkte, dass sie langsam anfing zu schwitzen. „Tut mir leid, wie ich schon sagte, habe ich in letzter Zeit nichts mehr von ihm gehört gehabt."

„Wären sie bereit, diese Aussage noch einmal im Ministerium unter Einfluss des Veritaserums zu machen, wenn es nötig werden sollte?", fragte sie Morry. Hermine nickte, auch wenn sie innerlich kurz vor der Panik stand. Veritaserum? Wenn sie das auf sie anwenden würden, wäre sie aufgeschmissen. Dann wäre es um Draco und sie geschehen. Damit stand Morry auf und deutete ihr, es ihm gleich zu tun.

„Sehen Sie, wir haben nichts persönlich gegen Sie, aber es ist unsere Aufgabe, alle Verdächtigen zu überprüfen, die Malfoy zur Flucht verholfen haben könnten", erklärte Morry und lächelte sie entschuldigend an. „Und da gehören sie ebenfalls dazu, Miss Granger". Hermine nickte verständnisvoll. „Und wir müssen sie bitten, das Land nicht zu verlassen. Anordnung vom Ministerium. Sollte sich Draco Malfoy bei ihnen melden, geben sie uns bitte sofort bescheid." Damit reichte ihr Morry eine kleine Visitenkarte, auf der die Adresse und Telefonnummer der Aurorenabteilung im Ministerium stand. „Danke, das werde ich", sagte Hermine, schüttelte den Beiden die Hände und wandte sich zum Gehen.

Abends, als Draco auf dem Sofa saß, loderte plötzlich das Feuer im Kamin auf. Überrascht blickte er auf und sah, wie ein kleiner Fetzen weißes Papier aus dem Feuer in das Zimmer segelte. Eilig stand er auf und fing das Papier noch in der Luft auf. Eine kurze Notiz war darauf geschrieben, in einer nahtlosen, ordentlichen Schrift.

‚Wurde von Auroren verhört. Werde deshalb heute nicht kommen, falls man mich überwachen lässt.

H'

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Also, das nächste Kapitel wird bestimmt erst mal auf sich warten lassen, da die Ferien fast vorbei sind, und meine Klausuren anfangen.