Kapitel 9 – Prüfung der Paladine

Heute war der Tag der Tage. Heute würden sie demonstrieren, wie sie reiten konnten und ihre magischen Fähigkeiten demonstrieren.

Morgen würden sie sich duellieren, um den besten zu ermitteln. Dann fand die Abschlusszeremonie statt.

Die Elfen fanden sich alle am Reit-Trainingsgelände der Elfen zusammen. Die Zuschauer saßen überall in den Bäumen und auf dem Boden. Für die Königin stand ein einfacher Holzthron unter einer Eiche und vor Ihnen standen die Lehrer. Etwas hinter den Lehrern standen die Schüler.

Die Königin wandte sich an die Lehrer:

„Lehrer, Ausbilder. Habt ihr eure Schüler zufriedenstellend gelehrt."

„Ja,  Königin." Kam die Antwort wie aus einem Mund.

Sie musterte die Lehrer mit stählernem Blick.

„Werden alle die Prüfung bestehen?"

„Ja."

„Dann habt ihr auch Harold ausgebildet?" fragte sie nun in einem gefährlich eisigen Ton, der den Ausbildern nicht verborgen geblieben ist.

Sie sahen sich unsicher an.

„Harold?" fragte der Reitlehrer.

„Harold Evans, der Mensch." sagte die Königin ungeduldig.

Der Schreck stand den Lehrern in den Augen.

„Also?" fragte sie nach, „Er wird die Prüfung bestehen, sagt ihr. Dann bin ich mit euch zufrieden."

„Meine Königin, äh... es ist so, er hat den schwarzen Hengst gewählt und niemand konnte diesen bisher reiten." sagte der Reitlehrer.

„Meine Königin, die Menschen sind so schwach... er hatte Probleme, das Schwert zu halten. Er hat nicht genug Kraft und ist zu ungelenk."

„Er hat nicht die Fähigkeiten, die Magie der Bannweber zu erlernen, Mylady." Sagte der oberste Bannweber.

Ihre Augen blitzten vor Zorn, „Ihr wagt es! Eben habt ihr mir gesagt, alle würden die Prüfung bestehen. Ihr habt mich angelogen?"

Die Lehrer schluckten.

„Warum hat mich keiner informiert? Warum habt ihr ihm nicht extra Training gegeben?"

„Er ist doch nur ein Mensch." sagte der Reitlehrer mutig und abfällig.

„Ist das eurer aller Einstellung?"

Die Lehrer nickten arrogant.

„Das ist der Elfen unwürdig." begehrte die Königin auf, „Wir Elfen sind tolerant und hilfsbereit. Diesen Grundsatz habt ihr verletzt. Noch schlimmer, Harold Evans kam, um Hilfe zu suchen und ich habe sie ihm zugesagt. Wie kann ich ihm jetzt ins Gesicht sehen?

Und was noch schlimmer ist, ich habe diese Hilfe auf ausdrücklichen Wunsch Emrys' gewährt und wie ihr alle wisst, wären wir ohne seine Hilfe alle nicht mehr am Leben. Das war unsere Chance, einen Teil unserer Schuld zu tilgen. Das zumindest war euch bewusst."

Sie sahen beschämt zu Boden.

„Schüler, tretet vor!" bellte sie.

„Wie beurteilt ihr die Leistungen des Menschen?"

Nacheinander antworteten sie unsicher: „Miserabel. Unzureichend. Er kann nichts."

Sie bedeutete ihnen zu schweigen.

„Wer von Euch hat ihm seine Hilfe angeboten?"

Sie sahen sich an, dann zu Boden.

„Niemand? Das ist also aus der Gastfreundschaft der Elfen geworden. Geht mir aus den Augen. Beginnt mit der Prüfung!"

Die Schüler brachten ihre Pferde an den Zügeln zum Kurs.

Nur Harry betrachtete die Szene ruhig und gelassen. Er lehnte sich an einen Baum. Er wusste, dass er zuletzt dran kommen würde. Schatten war nirgends zu sehen.

Meylem war der einzige, der den Kurs fehlerfrei absolvierte.

Dann kam Chantal. Sie lag sehr gut im Rennen, doch in der Mitte des Kurses scheute ihre Stute, als sie von einem Fuchs erschreckt wurde, der aus einem Gebüsch hervorsprang. Chantal war gerade beim Schießen mit dem Bogen und verlor das Gleichgewicht und fiel.

Ihr Pferd rannte weiter.

Harry schüttelte den Kopf. Die anderen erwachsenen Elfen durften in die Prüfung nicht eingreifen, solange keine akute Gefahr bestand. Chantal schien nicht ernsthaft verletzt zu sein, sie hinkte nur leicht. Harry pfiff und schon kam Schatten herangeflogen.

Im Lauf schwang sich Harry gekonnt auf sein Pferd. In vollem Galopp ritt Harry durch den Kurs. Er wich Hindernissen aus oder übersprang sie.  Nebenbei schoss er einen Pfeil nach dem anderen auf die vorbereiteten Ziele. Er traf jedes ins Zentrum.

Dann erreichte er Chantal. Er hielt ihr seinen rechten Arm hin, sie griff ihn und schwang sich ohne Problem hinter ihn auf sein Pferd. Er setzte den Kurs geschwind fort und hatte Sekunden später Chantals Stute eingeholt. Ohne anzuhalten sprang sie von seinem Pferd auf das ihre und sie beendeten den Kurs gemeinsam.

Harry hatte keinen Fehler gemacht und war trotz seiner Hilfe für Chantal mit Abstand der schnellste.

Rigel, der Reitlehrer starrte ihn an, als hätte er zwei Köpfe. Elaine nickte ihm anerkennend zu.

Die anderen Schüler schauten überrascht, Meylem eher enttäuscht und wütend.

Damit wurde diese Runde der Prüfung beendet.

Am Nachmittag mussten sie ihre Kenntnisse in der Magie beweisen.

Jeder Schüler musste drei Aufgaben erfüllen. Zunächst einmal musste er einen Baum heilen, dann ein Tier und zuletzt musste er einen wirkungsvollen Schutzzauber wirken, den die Lehrer versuchten zum Einsturz zu bringen.

Nela und Mynel hatten keine Probleme mit den Heilzaubern, doch die Schilde waren nicht sehr stark. Denron und Daneb versagten bei den Heilzaubern fast völlig, die Schilde waren nur mäßig.

Der Rest schaffte die Heilzauber in angemessener Zeit und die Schilde hielten zwischen zwanzig und sechzig Sekunden, als vier Lehrer versuchten, sie zum Einsturz zu bringen.

Chantals Schilde hielten achtzig Sekunden, und sie lächelte Harry stolz zu.

Nun war Harry an der Reihe. Er kontrollierte den Baum, er verlor an einer Stelle viel Harz.

Er ließ das Harz verschwinden und wirkte einen Wachstumszauber auf die umliegende Rinde. In einer Minute war der Baum wieder gesund. Sein Tier war ein Hirschkalb, dessen Knochen gebrochen war. Er betäubte das Tier, richtete den Knochen und heilte den Knochen. Danach erweckte er das Kalb, das fröhlich davonlief.

Dann der Schild. Er ging auf den freien Platz und konzentrierte sich. Die vier Bannweber nahmen um ihn herum Aufstellung. Dann begann er seinen Zauber zu wirken. Es war einer der potentesten Domschilde der Elfen. Er hatte ihn in einem sehr alten Buch gefunden und er hatte nahezu einen Monat benötigt, um ihn zu meistern, trotz all seiner neuen Fähigkeiten. Das feine Muster der Magie, das er nun gewoben hatte, strahlte in einem feinen Silber. Er konnte förmlich die Macht spüren, die sich in diesem Schild verbarg. Dann wandte der zusätzlich seine eigene Magie an, um diesen mächtigen Schild noch zu stärken und zu festigen. Er wurde nicht nur aus der Magie der Umgebung geschaffen, sondern zusätzlich von seiner Macht gespeist. Als er diese Verbindung hergestellt hatte, schimmerte der sonst silberne Schild golden.

Die Bannweber schauten ihn überrascht an. Er nickte ihnen zu, damit sie begannen.

Sie feuerten mit allem was sie hatten, Feuerbälle, Blitzzauber, Betäubungszauber und so fort. Nach fünf Minuten fassten sie sich an den Händen und starteten eine lange kompliziere Beschwörung. Normalerweise hätte sie das Muster des Schildes zerstört, doch Harrys eigene Magie hielt sie davon ab, das Muster zu verändern.

Nach einer halben Stunde gaben sie auf. Harry ließ den Schild zusammenfallen.

Chantal strahlte ihn an und er zwinkerte ihr zu.

Die anderen Schüler waren blass und völlig erstarrt.

Die Lehrer waren völlig baff und schüttelten nur den Kopf und Elaine's Mundwinkel waren zu einem leichten anerkennenden Lächeln verzogen.

Glücklich und zufrieden ging Harry am Abend ins Bett. Morgen war das Duell-Turnier.

Er sah dem schon erwartungsvoll entgegen. Er würde ihnen eine Lektion erteilen.

Er erwachte zeitig am nächsten Morgen und verbrachte den Morgen mit Dehnungen und Stretching. Chantal leistete ihm Gesellschaft

Als sie fertig waren, wünschten sie sich viel Glück und gaben sich einen letzten Kuss vor der Prüfung.

Harry kontrollierte sorgfältig seine Waffen, insbesondere sein Schwert und seine beiden Dolche. Er hatte das Schwert in den Originalzustand versetzt, es hatte wieder das richtige Gewicht und eine perfekte Balance.

Dann ging er mit Chantal zu den anderen und zum Fechtplatz. Der Fechtplatz lag ein ganzes Stück außerhalb der Stadt der Elfen.

Die Königin eröffnete das Turnier: „Heute werden die Schüler beweisen, ob sie ihrer Rolle der Verteidigung des Elfenreiches gerecht werden können und in den Rang eines Paladin aufgenommen werden. Heute ist der Tag an dem sie ihre Kampffähigkeiten demonstrieren. Der erste Kampf findet zwischen Chantal und Denron statt. In der ersten Runde sind nur Waffen erlaubt. Es wird gekämpft, bis der Gegner wehrlos ist, oder das erste Blut fließt."

Denron und Chantal nahmen Aufstellung und verbeugten sich leicht voreinander.

Dann starteten sie den Kampf. Noch bevor Denron einen Angriff ausführen konnte, war er bereits entwaffnet. Er blickte Chantal überrascht an. Er hatte sie nur für eine durchschnittliche Kämpferin gehalten und nun hatte sie ihm in einem blitzschnellen Angriff das Schwert aus der Hand geschlagen... wie konnte das sein? Frustriert wartete er auf seinen nächsten Kampf.

Danach kämpften Mynel und Breys. Breys gewann nach einem kurzen Duell in dem er eindeutig überlegen war. Das Duell zwischen Daneb und Dein war recht spannend, sie kämpften fast eine halbe Stunde, doch letztendlich gewann Dein, als er seinen Gegner entwaffnen konnte. Krelus trat gegen Meylem an und Meylem gewann, als er Krelus am Arm verletzt hatte.

Harry trat dann gegen Nela an. Auch er verneigte sich vor ihr, bevor er in eine legere Kampfstellung ging. Sie sah ihn sicher an, sie würde gewinnenn... dachte sie. Er hatte sie während des Unterrichts beobachtet und kannte bereits ihre Schwächen. Sie griff ihn direkt und mit einer den Elfen angeborenen Eleganz an, doch sie verriet mit ihrem ganzen Körper, was sie vorhatte. Er parierte geschickt ihren Schlag und schlug ihr gleichzeitig das Schwert aus der Hand. Mit seiner Linken fing er das Schwert auf und damit war der Kampf beendet. Sie sah ihn entsetzt an, als er ihr lächelnd das Schwert zurückgab und ging. Fragend sah sie zum Ausbilder, doch auch der schaute entsetzt und so gab sie sich ihrem Schicksal geschlagen.

Nun kämpften die Gewinner miteinander und die Verlierer. Dieses Duell wurde durch Magie entschieden. Fatale Zaubersprüche durften nicht angewandt werden. Die Elfen kannten keine Unterscheidung zwischen dunkler und weißer Magie. Für sie entschied der Zweck darüber, ob ein Zauber gut oder böse war.

Harry kämpfte zuerst gegen Breys. Breys schoss einen Blitz auf Harry, der ihn von der Intensität her gelähmt hätte. Er sprang zur Seite, rollte sich ab und konterte mit einem schnellen Bindezauber. Der fesselte seinen überraschten Gegner, ehe dieser etwas dagegen tun konnte. Es war fast zu einfach. Dadurch, dass sie ihn alle unterschätzten, rechneten sie nicht mit einem Gegenangriff und so waren sie nicht vorbereitet. Harry schüttelte missmutig den Kopf, so machte das keinen Spaß.

Auch Chantal gewann ihr Match gegen Dein. Meylem hatte keinen Gegner und durfte sich seinen Gegner aussuchen. Er wählte Harry.

Das wurde ein etwas fieseres Duell. Meylem war entschlossen, sich nicht noch mal von einem Menschen schlagen zu lassen, doch seine Arroganz war auch seine größte Schwäche.

Meylem sandte ihm einen Feuerball entgegen, dem Harry knapp ausweichen konnte. Dann konterte Harry mit einem Blitzschlag. Dieser traf Meylem und er wurde weit zurückgeschleudert. Doch Meylem gab noch nicht auf. Er begann eine Beschwörung, die Harry fesseln würde, doch Harry murmelte leise vor sich hin und erzeugte einen Reflexionsschild. Meylem schickte seinen Fluch los, doch er prallte von Harrys Schild ab und traf ihn selbst. Er hatte sich selbst besiegt. Harry grinste ihn hämisch an.

Im Finale standen nur noch Chantal und Harry.

Sie durften wählen, ob Magie, Schwertkampf oder beides. Harry überließ Chantal sie Wahl.

Sie wählte das Schwert, denn sie wusste, dass Harry sich mit der Magie noch zurückgehalten hatte. Mit dem Schwert hatten sie wenigstens gemeinsam trainiert.

Harry lächelte ihr ermutigend zu, dann konzentrierte er sich. Er ließ Körper und Geist eins werden.

Dann begann der Kampf. Chantal attackierte ihn vehement und wendete alles an, was Harry ihr beigebracht hatte. Auch sie hatte gelernt, die Züge des Gegners vorauszuahnen. So gewann keiner einen wirklichen Vorteil. Alle Elfen starrten gebannt auf das Flirren der Schwerter, das vor ihnen stattfand. Attacke, Parade, Finte, Konter... es ging so schnell dass nur die besten Kämpfer diesem Duell folgen konnten.

Schließlich wurde es Harry zu bunt. Er konzentrierte sich noch mehr und begann den Tanz der Klingen. Sein Schwert war kaum mehr ein Schemen blitzenden Metalls, als er sich wand und drehte, zuschlug und parierte. Chantal konnte nur noch blocken, doch schließlich durchbrach Harry den Block mit einem komplizierten Move und entwaffnete sie. Schwer atmend standen sie sich gegenüber. Beide strahlten, als Harry sich vor ihr verbeugte und sagte: „Ein toller Kampf, Prinzessin Chantal."

„Ein würdiger Sieger, Harold Evans."

Dann reichte Harry ihr das Schwert zurück. Sie starrten in fassungslose Gesichter.

„Wer hat ihm den Klingentanz beigebracht?" rief ein fassungsloser Schwertlehrer und durchbrach dadurch die absolute Stille, die sich während des Kampfes ausgebreitet hatte.

Wütend trat Chantal hervor und rief: „Ihr solltet euch schämen, ihr alle, wie ihr dort steht. Es war eure Aufgabe Harold zu trainieren, ihn auf seine große Aufgabe vorzubereiten. Ihr habt versagt, hieltet es für unter eurer Würde, ihn für unfähig. Harold hat bewiesen, dass er besser ist, als jeder von euch. Wer es ihm beigebracht hat? Er selbst hat es sich hart erarbeitet. Jede Nacht hat er trainiert, weil ihr ihn nichts gelehrt habt. Alles was ihr konntet, war, ihn zu verhöhnen, doch er hat euch nie etwas getan. Er wollte nur unsere Hilfe und von uns lernen. Und was hat er bekommen? Intoleranz und Ablehnung. Ich hatte die Ehre, von ihm zu lernen und ich hatte die Ehre ihm einen großartigen Menschen kennen zu lernen, der mit seinen jungen Jahren bereits mehr Mumm hat, als jeder von euch." Die Elfen ächzten auf, die Ausbilder sahen betreten zu Boden. „Er hat mir diese Ehre gewährt, weil ich ihn respektiere. Ich frage mich, ob einer von euch noch guten Gewissens in den Spiegel schauen kann."

Damit warf sie den Lehrern ihr Schwert vor die Füße und stürmte davon. Viele der Elfen folgten ihr beschämt und schließlich auch die Lehrer.

Die Königin trat zu Harry und gratulierte ihm zu seiner hervorragenden Leistung. Inzwischen war kaum einer der Elfen mehr am Fechtplatz.

„Du hast großartiges geleistet, Harold. Ich bin stolz auf dich und bitte dich, unser Verhalten dir gegenüber zu entschuldigen. Ich hoffe, du glaubst nicht, dass alle Elfen so sind."

„Königin Elaine, ich würde nie von vorneherein annehmen, dass mich alle Elfen ablehnen. Chantal ist ein gutes Beispiel für das Gegenteil und auch ihr wart immer fair zu mir."

„Ja, das ist mir nicht entgangen, obwohl das sicher auch andere Gründe hat. Aber vielleicht hatte das alles auch ein gutes, vielleicht besinnen sich die Elfen wieder auf ihre alten Werte, wie Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Ehre. Wir sehen uns morgen bei der Zeremonie." sagte sie lächelnd.

Plötzlich versteifte sich Harry.

„Was ist?" fragte sie überrascht.

„Ich weiß nicht, irgendetwas stimmt..."

„AHH!" Schrie Elaine auf und Harry sah eine Schlange von ihr wegkriechen. Sie war zu Boden gegangen und hielt sich ihr Bein.

Ohne zu zögern holte Harry einen Dolch hervor, schob ihr Gewand etwas hoch und führte einen Kreuzschnitt auf der Wunde aus. Er saugte das vergiftete Blut heraus und spuckte es aus. Dann holte er ein paar Kräuter, die er in der Nähe fand und verband die Wunde damit. Anschließend ließ er leicht seine Magie wirken, um die Reste des Gifts zu beseitigen.

„Das sollte reichen. Ich würde die Wunde ja komplett heilen, doch zu viel Magie würde in diesem Fall schaden, Majestät." meinte er.

„Danke, Harold. Wenn du nur eine Sekunde gezögert hättest, wäre ich jetzt tot. Diese Schlange ist äußerst giftig."

„Kein Problem."

Plötzlich hörte Harry ein krachendes Geräusch und das Monstrum, dass einem Nashorn ähnelte stürmte auf sie zu.

„Shit!" rief Harry. Er versuchte, es zu betäuben, doch es gelang ihm nicht. Er rannte zu Seite und versuchte es von der geschwächten Königin abzulenken, doch es rannte weiter auf sie zu.

„Verdammt!" rief er.

Dann levitierte er die Königin weit hinter sich. Jetzt rannte das Monster auf ihn zu.

Er zog sein Schwert und machte sich bereit. Er wusste, dass die Schwerter der Elfen von äußerst guter Qualität waren, äußerst stabil und megascharf.

Er wartete bis zum letzten Augenblick und wich mit einem Sidestep aus. Während dieser Bewegung ließ er sein Schwert auf das Monster heruntersausen. Es traf das Tier direkt am Halsansatz und trennte in einem sauberen Schnitt den Rumpf vom Schädel. Der kopflose Rumpf knickte ein und schlitterte noch einige Meter über den Boden, bevor er blutgetränkt zum Stillstand kam.

Harry half der Königin auf und sie stützte sich dankbar auf seine Schulter.

Dann pfiff Harry zweimal und Schatten erschien Momente später an seiner Seite.

Er half ihr auf und führte sein Pferd zurück in die Stadt der Elfen.

Chantal kam ihm entgegen gerannt.

„Was ist geschehen? Ich sah, wie Schatten plötzlich losgerannt ist und dachte, es muss was passiert sein."

„Beruhige dich, Chantal. Deine Mutter wurde von einer Schlange gebissen. Ich habe das Gift ausgesaugt und die Wunde verbunden und dann war da noch dieses Vieh dahinten. Es hatte wohl Elf Royale auf der Speisekarte."

Sie sah das Monster und wurde blass.

„Harold hat mich gerettet." sagte Elaine dankbar.

Chantal fiel ihm um den Hals und küsste ihm auf die Lippen.

Harry wurde rot, als sie das vor der Königin machte.

„Warum verlobt ihr euch nicht endlich?" fragte Elaine lächelnd.

Harry und Chantal sahen sie überrascht an. Sie lachte und sagte. „Glaubt ihr, ich weiß nicht, was zwischen euch vorgeht?"

„Das geht nicht. Ich habe euch doch schon erklärt, dass ich aus der Zukunft komme." antwortete Harry niedergeschlagen und blickte dabei traurig Chantal an.

Darauf fragte Elaine: „Harold, kannst du je eine andere Frau lieben?"

„Nein." sagte Harry sicher.

„Und du, Chantal, kannst du je einen anderen Mann lieben, nachdem du Harry kennen gelernt hast?"

„Nein."

„Dann verlobt euch und wir werden sehen, was weiter geschieht."

„Schaden kann es nicht." meinte Harry hoffnungsvoll.

„Oh Harold, das würde mich so glücklich machen."

„Dein Wunsch ist mir Befehl, Prinzessin." sagte er und verbeugte sich spöttisch. Sie quittierte ihm das mit einem Schlag auf den Arm.

Am Abend fand die Zeremonie statt.

Emrys alias Merlin war wie versprochen gekommen, um Harry abzuholen.

„Na, Harold, wie blickst du diesem Abschluss entgegen?" fragte Merlin gutmütig.

„Mit einem gebrochenen Herzen." antwortete Harry trübe.

„Oh, wie kommt das?"

„Ich habe in Chantal, der Tochter der Königin, meine Seelenpartnerin gefunden. Wir werden uns heut abend verloben. Und dann werde ich sie nie wieder sehen."

„Und warum verlobt ihr euch dann?"

„Weil uns Elaine dazu überredet hat, Chantal es sich wünscht und ich nie eine andere Frau lieben werde, außer ihr."

„Ich verstehe. Nun, was geschehen soll, wird geschehen."

„Pah." antwortete Harry missmutig.

Erst gab es ein Festmahl, dann stand Elaine auf und bat um Ruhe.

„Werte Schüler. Alle Schüler haben den Status eines Paladins erreicht. Ich gratuliere euch zu eurer hervorragenden Leistung. Insbesondere gratuliere ich Harold zu seiner außergewöhnlichen Leistung. Erhebt euch Paladine!"

Die Paladine traten vor. Auf einen Wink der Königin wurde ihre normale Lederkleidung durch die Kampfausstattung der Paladine ersetzt. Harry trug jetzt schwarze Lederhosen, ein schwarzes ärmelloses Shirt und eine schwarze Lederweste mit vielen Taschen und Aufhängungen für Waffen, wie Dolche und Wurfsterne. Dazu kam ein entsprechender Waffengurt, eine Schwerthalterung und ein Köcher mit Elfenpfeilen. An seinem Kragen war ein dunkelgrünes Cape befestigt, dass bis zu den Waden reichte. Er sah beeindruckend aus, wie er dort aufrecht vor der Königin stand. Ein geborener Krieger. Er war während seines Aufenthaltes gewachsen, seine Gestalt war kräftiger und viel muskulöser geworden. Sein Körper hatte nicht ein Gramm Fett zuviel und wenn er lief, bewegte er sich mit den geschmeidigen Bewegungen einer jagenden Wildkatze. Die Zeit bei den Elfen hatte wirklich wunder bei ihm bewirkt.

Auf einen weiteren Wink erschienen auf den rechten Oberarmen eine Art Tattoo, ein tiefroter Schild mit der Elfe-Rune für Schutz und Wachsamkeit darauf und hinter dem Schild zwei gekreuzte silberne Schwerter.

Das Symbol gefiel Harry sehr gut. Es erschien außerdem auf seiner Weste.

Dann traten erwachsene Paladine vor jeden Schüler. Sie überreichten den Schülern einen kunstvoll gearbeiteten Elfen-Langbogen. Harry's war exquisite. Der Griff war aus dem Knochen eines Drachen geschnitzt und hatte auch einen stilisierten Drachen eingearbeitet. Der Bogen an sich war aus einem schwarzen festen Holz, das Harry nicht kannte, von dem er aber wusste, dass es alle Paladine für ihre Bögen verwendeten. Die Sehne war aus Drachendärmen gearbeitet und war demnach nahezu unzerstörbar. Dennoch erhielt Harry dazu einige Ersatzsehnen.

Mit Ehrfurcht schulterte Harry den Bogen.

„Nun tretet bitte zurück, bis auf Harold." verkündete die Königin.

Harry blieb stehen, allerdings etwas verwundert.

„Es ist mir ein Vergnügen bekannt zu geben, dass Harold Evans sich mit meiner Tochter Chantal verlobt hat, trotzdem er gezwungen ist, uns noch heute Nacht zu verlassen.

Weiterhin möchte ich ihm danken, dass er mir heute gleich zwei mal unter Einsatz seines eigenen Lebens das Leben gerettet hat und bewiesen hat, dass er ein würdiger Paladin ist. Und nicht zuletzt erinnere ich daran, dass er trotzdem er ein Mensch ist, den Lehrgang zum Paladin als bester der letzten tausend Jahre abgeschnitten hat. Ich bin stolz auf ihn, umso mehr, da er sich seine Fähigkeiten und sein Wissen selbst erarbeitet hat. Ich erhebe ihn hiermit in den Stand eines Elfenlords und ernenne ihn gleichzeitig zum Prinzregenten der Eledhain. Sein Name wird in unserem Volk von nun an Endryl de Caladhan sein. Ihr werdet ihm den gebührenden Respekt erweisen, bei der Ehre der Eledhain!"

Auf seinem Arm erschien ein kunstvolles Tribal-Tattoo, das den Schild einschloss. Die obere Seite war golden, die untere silber. Das Silber bedeutete, dass er den Stand eines Lords hatte, das obere, goldene, dass er der Prinzregent war und in Abwesenheit der Königin die Regierung übernehmen konnte. Das Muster des Tribals besagte, dass er Mitglied des Clans de Caladhan (vom Morgentau) war und somit in die Familie der Königin aufgenommen war.

Harry war völlig baff, und das war noch untertrieben.

„Vielen Dank, meine Königin." sagte er mit einer Verneigung.

Die anderen Elfen waren starr vor Ehrfurcht und Chantal kam auf ihn zu gerannt und fiel ihm um den Hals.

„So, und jetzt feiern wir." gab die Königin bekannt.

Es wurde Musik gespielt und getanzt und auch Harry wurde oft genug von Chantal auf die Tanzfläche gezerrt. Viele Elfen gratulierten ihm ehrlich, was Harry völlig überraschte.

Doch auch diese wunderschöne Nacht endete irgendwann. Die Königin kam auf Harry hinzu und übergab ihm ein kunstvoll geschmiedetes Schwert.

„Harold, dieses Schwert gehörte einst meinem Gatten. Ich möchte, das du es nun bekommst. Es gibt kein weiteres Schwert dieser Art auf der Welt. Es wurde aus dem Metall eines Kometen geschmiedet, der auf dieser Welt vor tausend Jahren eingeschlagen ist. Es bedurfte zehn unserer mächtigsten Bannweber um das Metall zu schmelzen und es schmiedbar zu machen. Kein normales Feuer hat das geschafft. Es ist seit dieser Zeit im Besitz unseres Clans und es hat trotz unzähliger Kämpfe noch nicht eine kleine Scharte. Möge es dir auf deinem zukünftigen Weg treue Dienste leisten."

Dann umarmte sie ihn und küsste ihn auf die Stirn.

Dann kam Chantal und küsste ihn leidenschaftlich. Beide, Harry und sie, hatten Tränen in den Augen.

„Ich liebe dich Chantal. Ich werde dich immer lieben und nie vergessen." sagte Harry leise und mit belegter Stimme.

„Ich dich auch, Lord Endryl de Caladhan. Leb wohl. In Gedanken wirst du immer bei mir sein."

„Und du bei mir. Leb wohl." Mit einem letzten Kuss verabschiedete er sich von ihr.

Doch dann drehte er sich noch einmal zu ihr um, „Ach ja, da war noch etwas." sagte er nun mit einem teuflischen Grinsen.

Sie sah ihn fragend an und er deutete auf die anderen Schüler. Er schnippte mit den Fingern und die Haare der Elfen färbten sich nachtschwarz. Es dauerte einige Sekunden bis die Elfen es bemerkten, dann schrieen sie aufgeregt durcheinander. Harry und Chantal brachen in herzliches Lachen aus und kurz darauf stimmte die Königin und Emrys mit ein.

Mit einem Pfiff rief er Schatten, dann schwang er sich auf das Pferd.

„Nimmst du mich mit?" fragte Merlin.

„Steig auf!" antwortete Harry.

Er hauchte Chantal einen Kuss zu, dann teleportierte er mitsamt Merlin und Pferd zurück in Merlins Hütte.