Kapitel VIII: Etwas stimmt nicht

Als sie das Feuer in Gang hatten und jeder sein Würstchen darüber hielt, hatte Lupin immer noch nicht aufgehört zu reden. Er hatte von seinem allerersten Campingausflug erzählt, als er Elf gewesen war, und jetzt war er bereits bei seinem 20. Geburtstag. Und jedes Jahr war er zelten gewesen und hatte all diese Male in schillernden Farben wiedergegeben. Es trieb Snape in den Wahnsinn.

„Lupin!", sagte er laut, und Lupin brach verblüfft seine Erzählung ab, in der er gerade einen Karpfen gefangen hatte, und sah Snape an.

„Severus?", sagte er.

„Du gehst mir tierisch auf den Geist. Du redest wie Minerva am Telefon. Halt doch einfach mal die Klappe."

„O...okay."

Lupin schwieg. Snape sah zufrieden ins Feuer und dann hoch zu den Sternen. Und dann wieder ins Feuer, dann zu den Sternen... Ins Feuer... Zu den Sternen... Und dann wagte er einen Seitenblick auf Lupin. Der saß da und starrte ins Feuer wie ein kleiner Junge, dem man etwas weggenommen hatte. Snape presste die Lippen aufeinander, aber er sagte nichts. Er sah wieder ins Feuer... zu den Sternen... ins Feuer... zu Lupin...

Gott, dieses Schweigen war genauso nervenaufreibend wie das dauernde Gerede. Irgend etwas stimmte da doch nicht. Er merkte das genau, aber er wusste nicht, was es war, also versuchte er, es zu ignorieren. Feuer... Sterne... Feuer... Sterne... Lupin. Und da war es auf einmal wieder – dieses Wippen! Lupin wippte leicht vor und zurück wie heute Nachmittag unter der Plane, und Snape war fast froh, dass er jetzt etwas hatte, über das er sprechen konnte.

„Du machst es schon wieder!", sagte er laut, und Lupin zuckte zusammen.

„Was?", fragte er und sah erschrocken auf.

„Du wippst schon wieder! Warum tust du das?"

„Ich... ich weiß auch nicht", sagte Lupin und sah schnell weg. Snape konnte nicht sagen, ob Lupin rot wurde, oder ob es der Schein des Feuers war, der Lupins Wangen anmalte.

„Das ist albern", sagte Snape missbilligend. „Wenn du noch nicht mal weißt, wieso."

Lupin sagte nichts. Er sah gedankenverloren ins Feuer, doch dann sprang er auf einmal auf und kreischte los. Snape erschrak fürchterlich, sprang ebenfalls auf und kreischte auch – vor Schreck, und gleich darauf schämte er sich. „Spinnst du?", herrschte er Lupin an. „Was ist denn jetzt in dich gefahren?"

Lupin sah bekümmert auf den Ast, den er in der Hand hielt. Er war auf einmal viel kürzer, und zwar weil er in der Mitte durchgesengt war und die andere Hälfte mitsamt der Würstchen ins Feuer gefallen war. Snape hob rasch seinen eigenen Ast vor seine Augen – das gleiche. „Mist", sagte er.

„Was machen wir denn jetzt?", jammerte Lupin.

„Du wirst ja wohl noch etwas anderes zu essen dabei haben", sagte Snape. „Wieso hast du auch nicht aufgepasst? Du bist doch hier der tolle Camper!"

„Ich weiß auch nicht, das war alles nur weil... Ach, ich weiß es nicht. Es sind noch Würstchen da, also wenn wir aufpassen..."Er ging die Würstchen und zwei neue Äste holen, und dann setzten sie sich wieder vors Feuer und schwiegen. Snape konnte nicht umhin, trotz aller guten Absichten von wegen Aufpassen immer wieder zu Lupin zu schauen. Manchmal schaute dann auch gerade Lupin zu ihm, und dann sahen sie beide schnell wieder weg und schwiegen noch mehr. Snape meinte, bald aus der Haut fahren zu müssen.

„Soll... soll ich etwas erzählen?", fragte Lupin, dem es anscheinend genauso ging, zögernd.

„Von mir aus", brummte Snape, froh, dass Lupin es von selbst vorschlug.

„Also gut", sagte er enthusiastisch. „Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Tour zu meinem 20. Geburtstag! Mein Vetter und ich sind mit dem Fahrrad durch Frankreich gefahren, das war vielleicht ein Spaß. Sechs Wochen waren wir unterwegs, das war im Sommer, und mein Vetter hat immer gesagt, die schönsten Sommer gibt's in Frankreich. Womit er recht hatte! Naja, auf jeden Fall..."

Snape lauschte, während er auf die Würstchen aufpasste, und diesmal nahmen sie sie rechtzeitig aus dem Feuer. Sie aßen, während Lupin erzählte, und das tat er bis tief in die Nacht. Dann sagten sie sich Gute Nacht, und Snape ging ins Zelt, während Lupin draußen blieb. Das Zelt war wirklich groß, und Snape schlüpfte in seinen Schlafsack und breitete sich aus. Er war hundemüde, aber seltsamerweise konnte er nicht schlafen. Etwas ließ ihm keine Ruhe. Es dauerte eine Weile, bis er darauf kam, was es war: Lupin.