Kapitel 4
Paige hatte sich schon früh in eine leere Nebengasse in der Nähe des Lokals georbt, damit sie sich noch einmal alles zurechtgelegen konnte, was sie ihm erzählen wollte. Sie setzte sich an einen freien Tisch und dacht nach. Es war schon komisch sich vorzustellen, dass dieser junge Mann wirklich Cole war und dass er wirklich nichts von seiner Vergangenheit wusste. Er wusste noch nicht einmal etwas von Hexen, geschweige denn von Dämonen. Paige schüttelte den Kopf als sie Cole durch die Tür kommen sah, er erblickte sie sofort und legte ein freundliches Lächeln auf.
"Guten Abend setzen sie sich doch." begrüßte ihn Paige.
Kevin setzte sich und sah Paige gespannt an. Sie sah lockerer aus als am Morgen, das war schon mal ein gutes Zeichen.
Paige bemühte sich um Smalltalk bis die Getränke kamen. Dann fing sie an "Sie wundern sich sicher über mein Benehmen?"
Kevin konnte nur nicken. "Was könnte man so nennen." erklärte er ruhig.
"Also die ganze Geschichte ist ziemlich kompliziert. Zuerst sollte ich ihnen vielleicht sagen, dass ich wirklich weiß dass sie nicht Cole sind. Er ist tot wie ich ihnen schon mitgeteilt habe, er ist im letztem Jahr im Frühling gestorben, also nachdem sie in Seattle aufgetaucht sind."
"Okay." Kevin hörte gespannt zu.
"Er war mein Ex-Schwager und wir hatten einige Probleme mit ihm, dass heißt meine Schwestern und ich."
"Probleme?"
"Ja, wie soll ich es beschreiben, meine Schwester Phoebe hat sich von ihm getrennt und schließlich scheiden lassen. Aber das wollte er nicht akzeptieren." erklärte Paige seufzend. "Er hat uns tyrannisiert und das Leben zur Hölle gemacht, er wollte einfach nicht einsehen, dass es vorbei ist. Er gab mir und meiner anderen Schwester die Schuld, er meinte wir würden seine Frau von ihm fern halten. Es war ein Albtraum."
"Und die Polizei konnte da gar nichts machen." wunderte Kevin sich.
"Ha, sie wissen sicher, dass die Polizei in solchen Fällen kaum Möglichkeiten hat."
"Ja sicher, aber wenn er gewalttätig war?" fragte Kevin
"Wissen sie so etwas ist subtiler, er ..." sie schaute ihn an. "eigentlich möchte ich nicht so gerne darüber reden," sagte sie entschuldigend.
"Gut, aber jetzt ist er doch tot, oder?" wollte Kevin wissen.
"Ja, Gott sei dank, das hört sich zwar hartherzig an, aber so empfinde ich es einfach." Sie lächelte ihn entschuldigend an. "Er hatte einen Unfall und er ist ganz sicher mausetot."
"Und sie waren dabei?"
"Nein, nein, wie kommen sie denn darauf?" fragte Paige alarmiert.
"Hatten sie nicht so etwas erwähnt?" fragte Kevin überrascht.
"Nein, dass haben sie falsch verstanden. Es war ähm ein ... ein Autounfall es war Alkohol im Spiel, sie wissen schon."
"Ach so."
"Ja, es war wirklich traurig, aber es war für alle besser so."
Ach für ihn auch? Kevin glaubte der ganzen Sache nicht so richtig, ein Autounfall zur rechten Zeit, so ganz ohne Zutun. Tja wer's glaubt wird selig. Aber er wollte sie auch nicht vorschnell verurteilen, wenn sie wirklich tyrannisiert worden waren, dann war das vielleicht ihre einzige Möglichkeit gewesen. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als Paige ihn intensiv ansah.
"Sie verstehen doch sicher, was das für ein Schock für mich gewesen ist, jemanden zu treffen, der ihm so ähnlich sieht."
"Ja sicher!" gab Kevin zu.
"Okay, dann verstehen sie sicher noch besser, wie schlimm es für meine übrige Familie wäre." Paige sah ihn hypnotisierend an. "Vor allem für Phoebe, sie ist gerade darüber hinweg und wenn sie dann plötzlich auftauchen würden..."
"Das würde sie umhauen!" erklärte Kevin schlicht.
"Genau, also bitte lassen sie uns in Ruhe, mein Ex-Schwager ist tot und wir möchten nicht mehr an ihn erinnert werden. Ich weiß es ist zu viel verlangt, dass sie San Francisco wieder verlassen, aber bitte kommen sie nicht in unsere Nähe."
"Ich verstehe ihr Problem, aber wie soll ich das machen?" Fragte Kevin verwundert. "Als Journalist bin ich in der ganzen Stadt unterwegs und ich weiß ja noch nicht einmal, wem ich aus dem Weg gehen soll."
"Lassen sie das mal unsere Sorge sein." meinte Paige bestimmt.
"Okay. Aber vielleicht wäre es trotzdem ganz hilfreich, wenn sie mir sagen würden, von welchen Plätzen ich mich am besten fern halten soll." erkundigte er sich unschuldig.
"Wie ich schon sagte, ich denke nicht dass das nötig ist, solange sie uns nicht nachspionieren." meinte sie lächelnd, sie würde ihm ganz bestimmt nicht ihre Adresse nennen.
"Warum sollte ich? Wenn sie sich wirklich so sicher sind, dass ich es nicht bin?" fragte Kevin noch einmal nach.
"Aber ja, das habe ich ihnen doch schon erklärt."
Schweigend starrten beide in ihre Getränke. Kevin wusste nicht was er davon halten sollte. Er hoffte wirklich das er nicht dieser Cole war, aber überzeugt hatte sie ihn davon nicht.
Paige hoffte indes, dass sie ihn davon überzeugt hatte, sich von ihnen fern zu halten und dass er nicht weiter rumzuschnüffeln würde. Sie hoffte, dass diese Geschichte ein heilsamer Schock gewesen war. Sie musste lächeln, wenn sie darüber nachdachte, dass sie darauf hoffte, dass Cole sich von so etwas abhalten lassen würde. Aber irgendwie wusste sie, dass das so sein könnte. "Ich wollte ihnen nicht den Abend verderben, aber ich dachte sie müssten das wissen." erklärte sie ihm schließlich.
"Ist schon klar, danke für ihre Ehrlichkeit." erwiderte Kevin und bemühte sich nicht ironisch zu klingen, denn er war sich nicht sicher, wie ehrlich sie tatsächlich gewesen war.
"Gut." Paige erhob sich und wollte ihr Portemonaie hervorholen.
"Nein lassen sie nur, ich bezahle schon." meinte Kevin daraufhin.
"Danke, also dann ich hoffe sie haben eine schöne Zeit in San Francisco."
"Aber nur so lange ich ihnen nicht über den Weg renne nicht wahr?" fragte er sarkastisch.
"Tja also dann!" Paige wollte so schnell wie möglich weg, sie drehte sich um und verschwand. Kevin blieb in Gedanken versunken an seinem Tisch sitzen.
Draußen vor dem Lokal wartete Peter in seinem Auto, er hörte Radio und blickte gelangweilt auf den Ausgang. Wieso hatte er sich nur dazu überreden lassen, er könnte jetzt so schön mir Helen in seiner neuen Wohnung sitzen... Da endlich wurde die Tür geöffnet, aber es war nur ein junges Paar das Hand in Hand von dannen schlich. Ach, hoffentlich machte Kevin mal etwas schneller, er wollte wirklich nicht ewig warten. Ihm taten schon die Knochen weh, als ob er Observationen nicht schon immer gehasst hatte.
Nach einer weiteren Ewigkeit, wie es Peter schien, kam endlich die junge Frau aus der Tür. Peter erwartete, dass sie auf eines der geparkten Autos zugehen würde, doch sie ging an ihnen vorbei. Auch das noch, dachte er sich, sie geht zu Fuß. Er bemühte sich so schnell wie möglich aus dem Auto auszusteigen, um hinter ihr herzueilen. Sie ging auf eine dunkle Ecke zu und verschwand in einer Nebenstraße. Was wollte sie nur in dieser düsteren Gegend, wunderte Peter sich, das war ja beinah unheimlich. Peter bemühte sich ihr hinterherzukommen, denn auf keinen Fall wollte er sie verlieren. Doch als er vorsichtig in die Seitenstraße bog war die junge Frau verschwunden.
So ein Mist, dachte Peter ungläubig, das durfte doch nicht war sein, Kevin würde ihn umbringen. Peter sah sich in der Gasse um, es war eine Sackgasse, es war also unmöglich von hier zu verschwinden. Aber sie hatte es getan. Peter ging die Gasse ab und war völlig ratlos. Wie war es ihr nur gelungen hier wegzukommen. Hatte er sich geirrt, war sie gar nicht in diese Gasse gegangen. Er schüttelte den Kopf er war sich 100ig sicher gewesen, aber er musste sich wohl doch getäuscht haben. Wahrscheinlich die Müdigkeit oder was auch immer, er konnte es sich nicht erklären. Seufzend machte er sich auf den Rückweg zum Lokal.
Als er dort ankam, wartete Kevin bereits in Gedanken versunken vor Peters Wagen. "Hey, Kumpel " rief Peter und ging zu seinem Auto "Es tut mir wirklich Leid, aber ich habe deine Freundin verloren, ich weiß wirklich nicht wie gerade mir so etwas passieren konnte." Entschuldigend blickte er Kevin an.
"Ist schon okay." murmelte dieser.
"Was ist denn mit dir los, ist alles in Ordnung?" fragte Peter überrascht, normalerweise hätte Kevin ihm den Kopf dafür abgerissen, dass er die Frau verloren hatte.
"Lass uns zu euch fahren, Peter, ich erzähl euch dann was sie erzählt hat."
"Na gut." meinte Peter und stieg in seinen Wagen.
In Helens und Peters Wohnung angekommen setzten sich alle ins Wohnzimmer. Als sie endlich saßen meinte Peter "Also was war nun los, spann uns doch nicht so auf die Folter."
Kevin stöhnte und sah seine Freunde an, er hatte keine große Lust es ihnen zu erzählen. "Sagt mal, meint ihr ich bin der Typ der Frauen tyrannisiert?"
"Wie kommst du denn auf die Idee, hat sie dir das erzählt?" fragte Peter ungläubig.
"Nein, sie hat mal wieder behauptet ich wäre es nicht, aber der Typ, der ich nicht bin, war mit ihrer Schwester verheiratet und als die sich von ihm getrennt hat, ist er wohl ausgerastet und hat sie und ihre Schwestern verfolgt."
"Oh!" entfuhr es Helen.
"Ja oh und ich frag mich halt die ganze Zeit, ob ich so was tun könnte." meinte Kevin nachdenklich. "Ich meine erscheine ich so auf euch?"
"Wieso gehst du denn davon aus, dass du es bist?" fragte Helen.
"Keine Ahnung, tue ich eigentlich gar nicht. Aber sie hat zwanghaft versucht mich zu überzeugen, dass ich es nicht bin. Und wenn ich sie wäre, und ich es doch bin, dann würde ich das natürlich auch tun."
"Also ich glaube nicht, dass du so etwas tun könntest und überhaupt so eine Angelegenheit hat auch immer zwei Seiten. Ich denke der Typ würde dir da eine ganz andere Geschichte erzählen" meinte Peter bestimmt.
"Aber solche Männer gibt es wirklich, sie wollen einfach nicht akzeptieren, dass sich eine Frau von ihnen trennt." Gab Helen zu bedenken.
"Und du denkst ich bin so einer?" fragte Kevin aufgebracht.
"Das habe ich doch gar nicht gesagt, aber ich denke, dass man keinem so recht ansehen kann, was er tun würde, wenn er verzweifelt ist." Als sie Kevins wütenden Gesichtsausdruck sah fügte sie hinzu "Das heißt aber noch lange nicht, dass ich dir so etwas zutraue. Nur du musst doch zugeben, dein Gedächtnisverlust muss doch auch einen Auslöser gehabt haben!"
"Ja vielen Dank, du denkst also ich bin wie ein Verrückter durch die Gegend gerannt nur weil sich meine Frau von mir getrennt hat und irgendwann hatten sie dann so die Nase voll von mir, dass sie irgendeinen Unfall inszeniert haben?" Sagte Kevin aufgebracht und fügte hinzu "Leider bin ich dann aber nicht gestorben sondern nur 1000 Kilometer entfernt wieder aufgetaucht".
"Das ist doch alles Blödsinn Kevin, sie hat dir gesagt du bist es nicht und dann bist du es auch nicht. Beschäftige dich doch nicht mit so´nem Scheiß!"
"Du hast gut reden Peter!"
"Wieso hat sie dir das überhaupt erzählt?" hakte Helen nach.
"Weil sie mich von ihrer Familie fern halten will, natürlich nur weil ich dem Typ so ähnlich sehe. Klar!" erklärte Kevin sarkastisch.
"Wahrscheinlich siehst du ihm tatsächlich einfach nur ähnlich, jeder hat seinen Doppelgänger" meinte Peter entschlossen.
"Na auf so einen kann ich verzichten."
"Du kümmerst dich ganz einfach nicht mehr um die ganze Geschichte und läßt sie ruhen." beschoss Peter.
"Ich weiß nicht ob ich das kann." meinte Kevin nachdenklich.
"Oder du gehst endlich zu einem Psychiater." schlug Helen vor.
"Helen bitte nicht schon wieder. Da habe ich nichts verloren." erklärte er genervt.
"Aber wenn du wissen willst, was in deiner Vergangenheit so vorgefallen ist, dann ist das die einzige Möglichkeit." Beharrte Helen weiter auf ihren Vorschlag.
"Ja aber will ich es überhaupt wissen?" meinte Kevin zweifelnd.
"Ich dachte immer, du wolltest Bescheid wissen, das hast du uns doch ständig erzählt." erklärte sie überrascht.
"Hmm ja." meinte er unzufrieden.
"Naja ich würde mir nicht über diese Frau und ihre Geschichte den Kopf zerbrechen. Vielleicht war das alles ein Märchen. Etwas eigenartig war sie nämlich schon, stellt euch vor sie ist aus dem Lokal zu Fuß in eine dunkle Gasse gegangen und war auf einmal verschwunden. Und es war eine Sackgasse, es war also eigentlich unmöglich von dort zu verschwinden." Die beiden betrachteten ihn mit skeptischem Blick. "Aber wenn ich es euch doch sage."
"Es ist ihm nur peinlich, das er sie verloren hat." vertraute Kevin Helen an.
"Ach so, und da sieht man dann lieber Frauen, die verschwinden." stimmte Helen ihm zu.
"Ha ha es war wirklich so." meinte Peter beleidigt.
"Ja klar." entfuhr es Helen.
"Sicher." stimmte Kevin ihnen zu.
Als Paige nach Hause kam fand sie im Wohnzimmer zu ihrem Glück nur Piper und Leo vor. "Alles in Ordnung," erklärte sie den beiden. "Naja so weit alles in Ordnung sein kann."
"Was ist passiert, was hast du ihm gesagt." fragte Piper aufgeregt.
"Ich habe mir gedacht, dass ich am besten nah bei der Wahrheit bleibe. Also habe ich ihm erzählt, dass Cole mein Ex-Schwager war und er nach der Scheidung angefangen hat uns zu tyrannisieren." meinte Paige zufrieden.
"Und das hat gewirkt?" fragte Leo skeptisch.
"Jedenfalls hat er ir versprochen uns aus dem Weg zu gehen." meinte Paige mit einem Achselzucken.
"Und das glaubst du ihm? Cole zu vertrauen war schon immer so eine Sache." gab Piper zu bedenken.
"Er wirkte jedenfalls leicht geschockt. Ich denke er will mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Ich meine selbst er will sicher nicht so gerne so ein Kerl sein."
"Hoffentlich hat das seinen Erinnerungen nicht auf die Sprünge geholfen" erklärte Piper skeptisch.
"Nein Piper, die sind ausgelöscht, da könnt ihr ihm erzählen was ihr wollt, er wird sich nicht erinnern, das haben die da oben mir versichert." versuchte Leo sie zu beruhigen.
"Na dann hoffen wir, dass damit der Fall erledigt ist." meinte Paige bestimmt.
Die drei schauten sich an und keiner von ihnen konnte glauben, dass damit das Problem wirklich so einfach gelöst wäre, da hatten sie schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht.
Eine Woche später stand Kevin vor einem Altbau an dem das Schild "Psychologische Praxis Dr. Brenner" hing. Wie hatte er sich nur darauf einlassen können, fragte er sich zum 100sten Mal. Seufzend betrat er das Gebäude und begab sich in die Arztpraxis.
Seine Ungewissheit hatte ihn in den letzten Tagen nicht zur Ruhe kommen lassen. Er konnte sich zwar schwer vorstellen, dass er wirklich dieser Cole war, aber er musste Gewissheit haben. Er war nicht versessen darauf, dieser Typ zu sein, aber selbst wenn, wie Peter schon gesagt hatte, die Geschichte hatte immer zwei Seiten, und wer konnte schon sagen, ob ihm diese Paige wirklich die ganze Wahrheit erzählt hatte. Er wollte endlich wissen, wer er wirklich war, egal welche Konsequenzen das hatte. Deshalb saß er nun also hier im Wartezimmer und hatte immer noch seine Zweifel, ob das Ganze wirklich etwas bringen würde.
Als er in den Behandlungsraum gerufen wurde gab ihm eine ruhige Frau die Hand. Sie war mittleren Alters und strahlte eine beruhigende Wirkung aus.
"Mister Torrens." sagte sie, "Sie haben mir am Telefon erzählt, dass sie bisher noch keinen Arzt aufgesucht haben. Das ist ungewöhnlich bei einer Amnesie." Sie blickte ihn ruhig an.
"Ja wissen sie, ich dachte bisher meine Erinnerungen werden schon wieder kommen, ich war der Überzeugung, dass ich nicht unbedingt einen Arzt benötige." Geschweige denn einen Seelenklempner fügte er in Gedanken hinzu. Wieso hatte er sich nur dazu überreden lassen?
"Und jetzt sind sie anderer Meinung?" fragte die Ärztin nach.
"Ja ich komme überhaupt nicht vorwärts, schon über ein Jahr und es hat sich nichts eingestellt, ich erinnere mich nicht an das kleinste bisschen." sagte Kevin entnervt.
"Wie ich ihnen schon am Telefon gesagt habe, verwende ich in meiner Praxis vornehmlich Hypnose bei Amnesiepatienten. Die Erinnerungen sind bei den Betroffenen noch vorhanden, sie sind aber sozusagen verschüttet." Sie sah ihn freundlich lächelnd an. "Der Auslöser ist oft schwer festzustellen, meist wurden schon zuvor Stresssituationen nicht richtig verarbeitet. Eine erneute Situation löst dann im Gehirn Stresshormone aus, die die Erinnerungen so verschütten, dass es dem Patienten nicht mehr möglich ist, auf sie zurückzugreifen."
"Aber sie sind noch da?" erkundigte er sich.
"Ja sicher, die Erinnerungen verschwinden nicht so einfach. Ich gehe in meinen Hypnosen dann zurück zu den Punkten, wo Stresssituationen nicht richtig verarbeitet wurden, bis ich zum eigentlichen Auslöser komme."
"Aber ich kann mich noch nicht einmal an meine Kindheit erinnern." Gab er zu bedenken.
"Ich denke wir sollten es einfach versuchen." meinte sie resolut. "Sie wissen, wie eine Hypnose abläuft?"
"Im Groben schon."
Die Ärztin begann Kevin die einzelnen Punkte und Vorgehensweisen bei der Hypnose zu erklären. Kevin hörte zu und erklärte sich damit einverstanden es zu probieren. Er machte es sich auf dem Sofa bequem und ließ sich fallen. Er hörte nur noch die ruhige Stimme der Ärztin. Er fühlte sich wohl und konnte sich entspannen. Die Ärztin setzte ihn zurück in vergangene Zeiten, doch nichts geschah er konnte ihr nichts erzählen. Als er nach einer gewissen Zeit wieder aufwachte schaute ihn die Ärztin enttäuscht und überrascht an.
"Es tut mir wirklich Leid, aber ich konnte selbst mit der Hypnose keine einzige Erinnerung hervorholen. Es ist, als wären sie ausgelöscht worden."
"Aber wie kann das möglich sein?"
"Das kann viele Ursachen haben, aber so extrem wie bei ihnen ist es mir noch nie vorgekommen." Die Ärztin schüttelte den Kopf. "Ich habe sogar versucht sie 100 Jahre in die Vergangenheit zurückzuversetzen, aber sie konnten mir nichts erzählen."
"Wieso sind sie denn so weit in die Vergangenheit gegangen?" fragte Kevin irritiert.
"Wissen sie, da sie sich selbst in der Hypnose an nichts aus ihrem jetziges Leben erinnern können, bestand die Möglichkeit, dass es vielleicht schon in ihren vorherigen Leben Probleme gab."
"In meinen vorherigen Leben?" Kevin sah sie ungläubig an, meinte sie das etwa ernst. "Also daran glaube ich leider gar nicht."
"Ja, so geht es vielen." lachte die Ärztin "Aber wenn sie in der Hypnose erst einmal fließend portugiesisch sprechen können, dann sieht das ganze gleich völlig anders aus."
Kevin hatte keine Lust, mit ihr über seine vorherigen Leben zu philosophieren. Er wollte mehr über sein jetziges Leben in Erfahrung bringen, deshalb war er schließlich hier. "Dann können sie mir also auch nicht helfen." erklärte er daraufhin.
"Nun wir können daran arbeiten, mit der Zeit findet sich sicher eine Möglichkeit, lassen sie sich doch einen weiteren Termin geben. Wir könnten dann auch versuchen noch weiter in die Vergangenheit zurück zu gehen, oder vielleicht finden wir durch Gespräche heraus warum sie die Erinnerungen an ihr bisheriges Leben blockieren."
"Ja danke, ich werde darüber nachdenken," er hatte es doch gewusste, Psychiater das ist doch alles nur Zeitsverschwendung, die konnten ihm auch nicht helfen.
"Oder vielleicht ist eine Gruppentherapie für Sie geeignet, die hat schon vielen Menschen weitergeholfen." versuchte es die Ärztin weiter.
"Nein, ich denke das ist nicht mein Fall. Ich bin viel zu eigenständig, um solche Probleme mit anderen zu teilen." Das hätte ihm gerade noch gefehlt.
Sie lachte, "ja das meinen viele meiner Patienten, aber probieren sie es doch einfach mal aus. Also ich rate ihnen dringend davon ab, dieses Problem auf die leichte Schulter zu nehmen, das wird sich in der Zukunft sicher rächen."
"Sicher, werde ich schon nicht. Ich habe ja ihre Adresse. Also auf Wiedersehen" oder auch nicht dachte sich Kevin. Er hatte es doch geahnt, seine Vergangenheit war ein schwarzes Nichts, das niemand erforschen konnte. Und auch er sollte es bleiben lassen. Verborgene Probleme lösen, er hatte doch sein Leben. Es war Zeit sich wieder mehr um seine Karriere zu kümmern, ein neuer spannender Fall und er würde all dies so schnell wie möglich vergessen. Mit diesem Vorsatz verließ Kevin das Gebäude.
