Kapitel 6

Am nächsten Morgen stand Phoebe vor dem Gebäude von Coles Zeitung. Paige hatte den Zettel mit Coles Adresse und Telefonnummer nicht mehr finden können, aber dafür hatte sie ihr die Visitenkarte von seinem Kollegen Peter Willett gegeben. Das passte Phoebe ganz gut, da sie keinerlei Lust hatte Cole Zuhause zu besuchen, kam ihr die Adresse des Daylight Express ganz gelegen.

Nachdem ihr Paige Coles jetzigen Namen genannt hatte, hatte sie Phoebe ebenfalls davor gewarnt sich noch einmal mit ihm zu treffen. Aber Phoebe wusste, dass sie ihn davon überzeugen musste, dass er nicht Cole war. Sie hatte es vermasselt, obwohl ihre Schwestern natürlich die Schuld dafür traf, dachte sie grimmig. Sie konnte immer noch nicht ganz verstehen, warum die beiden ihr nichts davon gesagt hatten. Vertrauten sie ihr nicht?

Sie musste es einfach regeln, denn dass ein Journalist in ihrem Leben rumschnüffeln würde, das durfte nicht passieren, das war zu gefährlich. Wieso hatte er auch diesen Beruf ergreifen müssen, nur um sie zu ärgern? Sie stöhnte und begab sich zum Empfang.

Nachdem sie mit dem Lift in den 8. Stock gefahren war, musste sie einen langen Gang entlang gehen, bevor sie vor Coles Büro ankam. Die Tür war offen, und sie sah ihn, wie er an seinem Schreibtisch saß und einige Zettel durchging. Sie atmete noch einmal tief durch und ging auf ihn zu. "Guten Morgen." begrüßte sie ihn energisch.

Kevin blickte auf und war überrascht Phoebe zu sehen. Er sprang sofort auf und streckte ihr die Hand entgegen. "Guten Morgen, setz dich doch" er wies auf einen Stuhl, der vor seinem Schreibtisch stand. "Kann ich dir einen Kaffee anbieten?"

"Nein danke, ich bin nur kurz vorbei gekommen um mich bei dir zu entschuldigen" Phoebe setzte sich, ihr fiel gar nicht auf, das sie sich geduzt hatte, denn auch Kevin erschien das ganz normal.

"Du hast mit deinen Schwestern geredet?" fragte er sie.

"Ja habe ich und äh die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend." Versuchte sie ihr gestriges Verhalten zu erklären.

"Tja scheint so." lächelte Kevin "Also es tut mir wirklich Leid, wenn ich dich gestern erschreckt habe, das lag wirklich nicht in meiner Absicht."

"Ja ich weiß!" Sie sah zu ihm rüber.

"Also," überlegte er. "Du warst gestern so überzeugt davon das ich wirklich dein Ex-Ehemann bin. Das..."

"Nein, nein, das war ein Irrtum." Es war komisch Cole gegenüberzusitzen und er wusste nicht wer sie war, was sie beide verbunden hatte. Sie wusste nicht ob sie darüber froh oder traurig sein sollte. Froh natürlich sagte ihr eine innere Stimme, du wolltest doch von ihm befreit sein. Ja sicher, das wollte sie, natürlich. Sie hatte nur irgendwie ein schlechtes Gewissen gehabt, ihn erneut umgebracht zu haben. Obwohl sie es noch nicht mal wirklich selbst gewesen war und er es auch ohne Zweifel verdient hatte, versuchte sie sich zu überzeugen. Also war diese Lösung doch optimal, er war nicht tot, würde aber auch keine Gefahr mehr bedeuten. Sie bemerkte, dass sie ihm nicht zugehört hatte und lächelte entschuldigend. "Entschuldigung, was hast du gerade gesagt."

"Ich meinte nur falls doch die Möglichkeit besteht, dass ich Cole bin, dann würde ich das gerne wissen. Dann könnte ich es vielleicht wieder gut machen, was auch immer ich getan habe, oder ich würde dich in Ruhe lassen, ganz wie du willst. Aber diese Ungewissheit macht mich noch wahnsinnig." Er sah sie lächelnd an und sah ihren entsetzten Blick. "Also nicht richtig wahnsinnig, das sagt man nur so."

"Ja ich verstehe schon" gegen ihren Willen musste Phoebe lächeln. "Aber ich kann dir leider nicht weiterhelfen, lass es einfach ruhen, bitte."

Er nickte und blickte nach unten, er wusste er durfte sie nicht drängen, selbst wenn er dieser Cole war, dann würde sie es heute nicht zugeben. Doch überzeugt davon, dass er es nicht war hatte sie ihn nicht. Es war keine schlechte Vorstellung sich zu überlegen, dass er vielleicht einmal mit ihr verheiratet gewesen war. Aber was danach passiert war, war natürlich nicht so erstrebenswert. Er schaute sie wieder an. "Du hast eine interessante Kette um." wechselte Kevin plötzlich das Thema.

"Was?" fragte Phoebe verwundert nach.

"Deine Kette, sie passt zu dir." meinte er lächelnd.

"Danke!" meinte Phoebe verblüfft. Sie hatte die Kette in einem Esoterikgeschäft gesehen und sie hatte ihr sofort gefallen, obwohl sie eigentlich nichts besonderes war. Doch da sie nicht teuer war hatte sie die Kette sofort gekauft, aber bis heute noch nicht getragen.

Er lächelte sie immer noch an und fragte "Bedeuten die Zeichen etwas?"

"Auf dem Anhänger sind Runen." erklärte Phoebe, der es mehr als komisch vorkam ihm so etwas erklären zu müssen. "Sie sollen den Träger vor Gefahren schützen."

"Glaubst du an sowas?" fragte er überrascht.

"Ich habe diese Kette gekauft, weil sie mir gefallen hat, und nicht weil ich glaube, dass sie magische Kräfte besitzt." Ein Cole, der keine Ahnung von Magie hatte, also daran musste sie sich erst noch gewöhnen, oder lieber nicht. Sie sollte besser gehen, dachte sie sich, sie hatte ihn davon überzeugt, dass er nicht Cole war und mehr wollte sie ja nicht. Trotzdem blieb sie unerklärlicherweise sitzen.

Ein Redaktionsmitarbeiter kam plötzlich ins Büro und warf Kevin einen Stapel Zettel zu. "Der Artikel muss bis halb 12 fertig sein, Mr. Torrens." meinte er und verschwand sofort wieder.

"Hm" meinte Kevin entschuldigend "So geht es halt zu bei Zeitungen."

"Ja ich weiß."

"Wirklich?" fragte er erstaunt.

"Ja ich arbeite auch für eine Zeitschrift." teilte Phoebe ihm zufrieden mit.

"Ach tatsächlich, du bist auch Journalistin?" fragte Kevin, das überraschte ihn tatsächlich.

"Ja sozusagen, ich beantworte Briefe, die Leser mit Probleme an mich richten."

"Du siehst gar nicht aus wie eine Kummerkastentante," entfuhr es ihm. Und als er ihren wütenden Blick sah, fügte er lieber hinzu. "Ich meinte nur, also, für dein Alter musst du schon ziemlich viel Lebenserfahrung gesammelt haben."

"Ja das habe ich auch" meinte sie ernst.

"Oh, tut mir Leid, ich meinte.."

"Nein ist schon gut," beruhigte ihn Phoebe. "Ich habe wirklich schon viel in meinem Leben erlebt und darunter waren auch genug schöne Erlebnisse."

"Na das hoffe ich doch." meinte er lächelnd. "Und du kannst damit sicher vielen Leuten helfen."

"Das kann man nicht als so einfach abstempeln, ich probiere wirklich den Leuten zu helfen, und manchmal gelingt mir das sogar." Versuchte sie ihre Arbeit zu verteidigen.

"Nein natürlich, ich meinte das schon ernst." wiegelte Kevin ab.

"Einige Journalisten belächeln meine Arbeit darauf reagiere ich vielleicht etwas übertrieben." Meinte sie nachdenklich. "Obwohl ich ziemlich erfolgreich bin, man könnte mich schon fast berühmt nennen, ich habe sogar manchmal eine Sendung im Radio." Sie lehnte sich zufrieden zurück.

"Was meinst du, was ich mir manchmal anhören muss, schließlich habe ich keine Ausbildung. Also kann ich dich gut verstehen. Aber ich ignoriere das einfach." Er sah sie zufrieden an. "Und dir traue ich wirklich zu, dass du großartige Arbeit leistest, ohne Zweifel."

"Danke!" Phoebe schaute sich um. "Ich denke ich lasse dich jetzt lieber arbeiten."

"Nein, kein Problem, also diesen Artikel, den habe ich in 10 Minuten geschrieben, ich habe noch genug Zeit." meinte er selbstzufrieden.

"So so in 10 Minuten." meinte Phoebe amüsiert.

"Sicher keine Problem, ich bin ein Meister meines Fachs."

"Ach tatsächlich!" Phoebe musste lachen.

"Ja hast du noch nie einen Artikel von mir gelesen?" fragte er überrascht.

"Ich fürchte nein." gab Phoebe zu.

Kevin kramte auf seinem Schreibtisch zwischen einzelnen Zeitungsausgaben herum. "Hier!" endlich hatte er den passenden Artikel gefunden. "Dies habe ich über den Mord an Adam Samuels geschrieben, der Artikel wird dich interessieren, deine Schwestern waren ja auch anwesend." Er reichte Phoebe die Zeitung. "Fotos gibt es leider nicht, weil der dämliche Fotograph nur den Asphalt fotografiert hat."

"War das.." Phoebe holte die Visitenkarte hervor "Peter Willett?"

Kevin nickte. "Ja genau der, du hast ihn gestern auf dem Platz getroffen."

"Oh, dann sag ihm doch bitte, dass ich mich auch bei ihm für mein Benehmen entschuldige."

"Das ist doch nicht nötig. Du standest doch unter Schock, da ist das verständlich."

"Ja," meinte sie grübelnd.

Oh nein, jetzt hatte er sie wieder auf den eigentlichen Zweck ihres Besuches zurückgebracht. Und natürlich erhob sie sich auch.

"Also vielen Dank für die Zeitung, aber ich muss jetzt wirklich gehen." erklärte Phoebe entschlossen.

"Keine Ursache, du kannst mir ja auch mal ein Exemplar deiner Zeitschrift zukommen lassen, ich würde wirklich gerne etwas von deiner Arbeit lesen." versuchte Kevin sie aufzuhalten.

"Du kannst dir die Zeitschrift auch kaufen." meinte Phoebe schnell und nannte ihm den Namen des Bay Mirrors.

"Okay!" meinte Kevin mit leichter Resignation in der Stimme. Er ahnte, das er sie nicht wieder sehen würde, was irgendwie verständlich war. Sie wollte ganz bestimmt nichts mit einem Kerl zu tun haben, der aussah wie ihr verrückter Ex-Ehemann oder es eventuell sogar war.

"Auf Wiedersehen!" sie gab ihm die Hand und ging.

"Auf Wiedersehen" sagte er ihr hinterher und meinte es auch so.

Im Gang kam Phoebe Peter Willett entgegen, der sie verblüfft anschaute. "Guten Morgen." meinte sie und ging rasch an ihm vorbei, sie hatte im Moment keine Lust auf ein weiteres Gespräch. Sie hatte so lange kein normales Gespräch mehr mit Cole führen können und sie musste noch darüber nachdenken, wie es für sie gewesen war. Wahrscheinlich war es besser nicht weiter darüber nachzudenken, Cole führte als Kevin sein eigenes Leben und sie hatte ihr Leben, sie würde ihn einfach nicht mehr wiedersehen und das war besser so. Überzeugt davon verließ sie das Gebäude.

Peter sah ihr hinterher und ging natürlich sofort in Kevins Büro. "War das da deine Ex-Ehefrau, die ich eben im Gang getroffen habe?" fragte er.

"Sie ist nicht meine Ex-Ehefrau." erklärte Kevin genervt.

"Naja gestern hat das aber noch ganz anders geklungen, was wollte sie denn?"

"Mir sagen, dass ich nicht dieser Cole bin."

"Schon wieder?" fragte Peter verwundert. "Also langsam sagen die drei Schwestern mir das doch zu oft."

"Hör auf Peter."

"Was bist du denn so empfindlich, die ganze Sache ist doch wirklich mysteriös." gab Peter zu bedenken.

"Ja und ich will trotzdem nichts davon wissen." sagte Kevin bestimmt.

"Aber wieso nicht? Ich dachte immer du wolltest unbedingt mehr von deiner Vergangenheit erfahren." fragte Peter überrascht.

"Und wenn sie mir sagen, ich bin es nicht, dann bin ich es nicht und damit Schluss. Ich muss diesen Artikel noch schreiben." Kevin wandte sich den Zettel auf seinem Schreibtisch zu.

"Okay, okay, kein Problem!" leicht sauer verließ Peter das Büro. Er wusste, dass Kevin nichts unternehmen würde, aber irgendjemand musst etwas tun. Er hatte das Gefühl, dass er der Sache auf den Grund gehen musste. Er begab sich ins Erdgeschoss und führte ein nettes Gespräch mit der Empfangsdame. Am Ende dieses Gespräches hatte sie ihm den Namen der jungen Frau genannt, den sie ins Besucherbuch eingetragen hatte. Phoebe Halliwell. Er würde herausfinden, ob das ihr tatsächlicher Name war. Zufrieden mit sich machte sich Peter auf den Weg.

Kevin arbeite doch länger als gedacht an seinem Artikel. Nach dem Mittag musste er einige Dinge recherchiere, als er einen Anruf von Helen erhielt. "Hallo Kevin, sag mal ist Peter bei dir."

"Nein, wieso?"

"Ich kann ihn nicht erreichen, und er hatte mir versprochen, mich bei der Stadtverwaltung abzuholen, wir wollten uns dann noch wegen einer Geschichte in einem Außendistrikt umsehen." seufzte sie.

"Tut mir Leid, aber ich habe ihn seit dem Vormittag nicht mehr gesehen."

"So ein Mist." erklärte Helen ärgerlich. "Sag mal, kannst du nicht mitkommen, oder hast du noch was wichtiges zu erledigen?"

"Nein eigentlich nicht, aber brauchst du keinen Fotograf?" wollte Kevin überrascht wissen.

"Nein, dass ist nicht unbedingt nötig, ich brauche eigentlich nur so eine Art Augenzeugen und ich wollte nur ein paar Fotos als Beweis, keine für die Zeitung." erklärte Helen. "Also wie wär's? Hast du Zeit?"

Da Kevin nichts wichtiges mehr vor hatte und neugierig war, auf welcher Spur Helen war, sagte er zu.

Eine viertel Stunde später kam er bei dem Bürohaus der Stadtverwaltung an. Es handelte sich um ein modernes Gebäude im Stadtzentrum, nicht weit von der Zeitung entfernt. Als Kevin die Treppe zum Haupteingang erreichte sah er sich unversehens Phoebe gegenüber. "Hallo!" sagte er überrascht aber erfreut.

Phoebe sah in irritiert an, "Verfolgst du mich?" fragte sie alarmiert.

"Nein, natürlich nicht, wie kommst du denn darauf?" fragte Kevin leicht verärgert. Für wen hielt sie ihn denn, ach ja, fiel es ihm wieder ein.

"Hm." meinte sie nicht sehr überzeugt. "Also was machst du dann hier?"

"Ich bin beruflich hier." klärte er sie auf.

"Bei bei Stadtverwaltung?" sie guckte ihn skeptisch an.

"Ja ich treffe hier eine Kollegin." stellte er unmissverständlich klar, was hatte sie nur.

"Und die forscht über die Vorgänge in der Stadtverwaltung? Das wird bestimmt ein spannender Artikel." meinte Phoebe ironisch.

"Sieht ganz danach aus. Wieso so misstrauisch?" fragte Kevin nachdenklich.

"Bin ich gar nicht!" verteidigte sich Phoebe und blickte demonstrativ zum Haupteingang, sie sah es wirklich nicht ein, ihm irgendwelche Erklärtungen abzugeben.

Kevin blickte sie skeptisch an. "Und?" meinte er nach einer kurzen Gesprächspause. "Hast du meinen Artikel schon gelesen?"

"Ja das habe ich!" gab Phoebe zu und bereute es sofort, als sie Kevins erfreuten Gesichtsausdruck sah. Sie hatte natürlich nur wissen wollen, ob er irgendwelche Neuigkeiten über den Mord wusste, die ihnen entgangen waren. Daher hatte sie den Artikel sofort gelesen, das war der einzige Grund sagte sie sich. Aber er hatte auch nicht viel mehr gewusst, außer dass Adam Samuels im Vorstand eines Unternehmens, das vorwiegend Waffen produzierte, gewesen war, für das er auch als Rechtsanwalt gearbeitet hatte.

Sicher, es hatte sie auch interessiert, einen Artikel von ihm zu lesen und sie musste zugeben, dass er Talent hatte. Was sie ihm aber nicht auf die Nase binden wollte. Darum erklärte sie ihm gelangweilt. "Da meine Schwestern auch am Tatort waren, war ich neugierig zu erfahren, was passiert ist."

"Tja leider konnte ich auch nicht allzu viel in Erfahrung bringen, die Polizei hält sich sehr zurück und gibt kaum Auskünfte." erklärte Kevin. "Das einzig interessante waren grüne Flecke die Peter angeblich fotografiert hatte."

"Grüne Flecke?" unterbrach ihn Phoebe.

"Ach das würde ich nicht so genau nehmen." Kevin winkte ab "Auf den Fotos waren auf jeden Fall keine."

"Seltsam!" meinte Phoebe nachdenklich.

"Ja," erklärte Kevin ein wenig desinteressiert und sah sie forschend an. "Und wie hat dir der Artikel sonst so gefallen?"

Phoebe ging auf die Frage nicht ein, sondern stelle ihm ihrerseits eine Frage. "Sag mal, wie bist du eigentlich darauf gekommen, Journalist zu werden, ich meine du weißt ja gar nicht welchen Beruf du früher hattest."

"Ich weiß auch nicht, es passierte ganz zufällig." Er zuckte mit den Schultern. "Freunde brauchten Hilfe bei ihren Recherchen und da ich Zeit aber kein Geld hatte, habe ich ihnen geholfen. Ja und es hat mir zum Glück auch Spaß gemacht, Geheimnissen auf die Spur zu kommen, von Leuten die Dinge zu erfahren, die sie lieber nicht Preis geben wollen." er lächelte sie verschlagen an.

Sei lieber auf der Hut Phoebe, dachte sie sich. "Na dann bin ich lieber vorsichtig." erklärte sie sarkastisch.

In dem Moment kam Helen die Treppe herunter, sie ging auf Kevin zu und umarmte ihn zur Begrüßung. Phoebe guckte irritiert zu. Eine Kollegin, ja sicher.

"Das ist meine Kollegin Helen." meinte Kevin zu Phoebe.

Helen lachte und bemerkte erst jetzt, dass sich Kevin mit der jungen Frau unterhalten hatte. Sie hielt ihr die Hand entgegen und sagte "Helen Carter."

"Phoebe." meinte die junge Frau und nahm die Hand entgegen, sie betrachtete Helen mit einem kritischen Blick.

"Also Phoebe und was machst du hier?" probierte Kevin das Gespräch wieder in Gang zu bringen.

"Ich treffe mich hier mit meinem Freund." sagte Phoebe bestimmt.

"Ach so!"

"Ja er arbeitet hier sein Name ist Philip Hartman, wir haben heute Abend etwas vor." Sie blickte voller Vorfreude zur Eingangstür. Und da erschien auch schon Philip, freudig ging Phoebe ihm entgegen und gab ihm zur Begrüßung einen Kuss. "Hallo Schatz!" meinte sie. Philip war leicht erstaunt, nahm diese freundliche Begrüßung aber gerne entgegen.

Phoebe wandte sich wieder an Kevin und Helen. "Wir müssen dann auch los." sagte sie und schob Philip die Treppe hinunter.

"Also dann." meinte Kevin und sah ihr nachdenklich hinterher "Viel Spaß!"

Philip nahm Phoebe am Arm und die beiden gingen auf sein Auto zu. "Wer war denn das?" fragte er sofort. "Wolltest du mich den beiden nicht vorstellen?"

"Ach, unwichtig sie wollten nur den Weg erklärt haben." murmelte Phoebe. Sie verstand gar nicht, warum sie sich so dämlich verhalten hatte. Hoffentlich dachte Philip jetzt nicht, es könnte doch mehr aus ihnen beiden werden als nur Freundschaft. Zu Anfang hatte sie es auch in Betracht gezogen, aber sie waren einfach zu verschieden. Zuerst erschien ihr das attraktiv, solide und bodenständig, warum nicht, Gegensätze zogen sich doch angeblich an. Es war angenehm jemanden zu kennen, der keine Ahnung von Dämonen und der Unterwelt hatte. Es war gut, um auf andere Gedanken zu kommen. Aber mit der Zeit war es doch schwierig geworden dies alles vor ihm zu verheimlichen. Ihr war klar geworden, dass sie ihn nie würde einweihen können, dafür war er einfach zu normal, er würde es weder verstehen noch akzeptieren können. Schon allein deshalb hatte ihre Beziehung für sie keine Zukunft, jedenfalls keine, die über Freundschaft hinaus ging. Darüber war sie sich im klaren, warum hatte sie ihn dann also als ihren Freund vorgestellt? Sie schüttelte den Kopf. Alles nur Coles Schuld dachte sie grimmig als ihr Philip auf dem Weg ins Restaurant den Arm um die Schulter legte und sie innig an sich zog.

"Wer war das denn?" fragte Helen als die zwei verschwunden waren.

"Meine sogenannte Ex-Ehefrau." antworte Kevin zynisch.

"Oh!" meinte Helen überrascht. "Kein schlechter Geschmack."

"Hm!"

"Ach komm schon sie gefällt dir." zog Helen ihn lächelnd auf.

"Nein sie ist, nicht mein Fall." erklärte Kevin strikt.

"Tatsächlich, auf welche Frauen stehst du denn so?" wollte Helen amüsiert wissen.

Er schaute Helen an "Groß, blond, blauäugig." meinte er lachend.

Helen lachte. "Danke für das Kompliment, aber ich seh es dir an, sie beschäftigt dich."

Kevin seufzte. "Natürlich beschäftigt sie mich. Bei all den Umständen ist das ja wohl auch kein Wunder, aber.." er dachte nach. "Also und außerdem hat sie einen Freund."

"Meine Güte, du hast dieses Theater doch nicht ernst genommen, oder?" wollte Helen verwundert wissen. "Und selbst wenn, dann kannst du ihr das nächste Mal sagen, dass ihr netter Freund hoffentlich bald im Knast sitzt."

"Wie kommst du denn da drauf?" Kevin schaute Helen erstaunt an.

"Hey ich recherchiere in einem Korruptionsskandal, wieso bin ich wohl hier, hörst du mir denn nie zu?" fragte Helen ungläubig.

"Hm" Kevin zuckte mit den Schultern.

"Wieder mal typisch" meinte Helen und schüttelte den Kopf.

"Und dieser Philip Hartman ist darin verwickelt?" diese Nachricht verbesserte Kevins Laune gleich erheblich.

"Ich denke schon, der Name kommt mir jedenfalls bekannt vor. Einige Deals liefen glaube ich auch über seinen Schreibtisch. Er ist zwar nur ein kleines Rädchen, aber, so wie er aussieht ist er auf Karriere aus und solche sind immer die Schlimmsten."

"Ach jetzt komm Helen übertreibst du da nicht etwas?"

"Jaaa ich weiß, ach, aber solche Typen sind mir halt nicht geheuer." sie schüttelte sich. "Also warn sie ruhig vor ihm, wenn du möchtest, aber sieh zu, dass sie ihm nichts verrät, meine Nachforschungen sind erst am Anfang."

"Ich denke das lasse ich lieber bleiben, ich glaube nicht, dass sie sowas gerade von mir hören will." Er schaute zu Helen "Was ja auch verständlich ist." fügte er schnell hinzu.

"Also doch.." stellte Helen überzeugt fest "..du magst sie" .

Kevin verdrehte die Augen sagte aber lieber nichts mehr. Bei diesem Thema würde er nur den kürzeren ziehen.

"Hey ist doch okay, aber lass uns endlich los fahren." entschied Helen und sah sich suchend nach Kevins Wagen um.

"Wo willst du übrigens hin?" fragte Kevin, froh, das Thema zu wechseln.

"Das verrate ich dir während der Fahrt."

Kurze Zeit später kamen die beiden in einem Außenbezirk der Stadt an, die Häuser dort waren so dicht aneinander gebaut, dass man von der Straße aus keinen Zugang zum hinteren Teil der Häuser und ihren Gärten hatte. Die Häuserzeile sah ziemlich ordentlich aus, und besonders das Gebäude vor dem sie anhielten, sah von vorne sehr gepflegt aus. An der Fassade hing ein Schild mit der Aufschrift "Midlands New Hope".

Das einzig merkwürdige war, dass keine Geräusche aus dem Haus drangen. Aber es könnte auch gut isoliert sein, mutmaßte Kevin. "Also kannst du mir jetzt sagen warum wir hier sind?" wandte er sich an Helen.

Helen nickte und erzählte Kevin von ihren Nachforschungen im Zusammenhang mit der Stadt. Vor 2 Jahren sollte von der Stadt eine neue Kindertagesstätte und Schule für benachteiligte Kinder unterstützt werden. Die Mittel wurden dafür bereit gestellt und ein passendes Objekt wurde gesucht.

"Wir stehen gerade davor." Sie zeigte auf die geschlossenen Fenster und erklärte, dass in diesem Gebäude keine Kinder spielten. Es stand nur als Fassade, innen war es verfallen. Die Stadt unterstützt aber weiterhin diesen Gebäudekomplex, in den Büchern wurden Aufträge für Möbel, Bücher, Spielzeug usw. gefälscht, Gelder flossen und verschwanden nicht in der Kindertagesstätte und der Schule, sondern in den Taschen korrupter Mitarbeiter der Stadt.

"Aber wieso kam das nie zu Tage?" wunderte sich Kevin.

"Weil die Leute hier gar nichts von diesen Plänen wussten." erklärte Helen. "Sie wussten nicht, dass für ihre Kinder etwas getan werden sollte, also fragten sie auch nie nach, wo die Schule geblieben war. Für sie hatte sich nichts geändert."

"Und es hat nie jemand nachgeprüft, ist nie jemand hierher gekommen?" fragte Kevin ungläubig.

"So eine große Sache war das auch wieder nicht." meinte Helen achselzuckend. "Die Unterstützung war nicht so gewaltig, dass sich jemand darum kümmerte. Sie trauen sich im Moment sogar für die Renovierung des Hauses Spenden zu sammeln." Helen schüttelte den Kopf. "Das alles soll wahrscheinlich nur so eine Art Propaganda sein, á la seht, wir tun auch etwas für die Armen und es wird trotzdem nichts aus ihnen." Sie schaute ihn an. "Ich denke sie haben und hatten nie die Absicht hier Geld, in ihren Augen, zu verschwenden." Sie seufzte, "Es ist bisher nur eine Kleinigkeit auf die ich da gestoßen bin, aber ich sage dir, wenn hier schon Geld verschwindet, dann gibt es auch Korruption in viel größerem Stil in der Stadtverwaltung, davon bin ich überzeugt."

"Und du wirst sie aufdecken, ganz sicher." erklärte Kevin zuversichtlich. Helen warf einen letzten Blick auf das Gebäude und wies Cole an, ein paar Fotos zu schießen.

"So!" meinte Helen, nachdem sie wieder bei seinem Auto angekommen waren. "Jetzt müssen wir nur noch auf das Grundstück kommen."

Die beiden stiegen ins Auto und Helen lenkte Kevin durch einige kleine Gassen, bis sie bei einem brach liegenden Grundstück ankamen. Sie stiegen aus und Helen führte Kevin durch einen Maschendrahtzaun, der an einigen Stellen Löcher hatte auf das Grundstück, sie mussten am Ende dieses Grundstückes über Gerümpel steigen und schließlich noch über einen Steg balancieren, der über einen Abflussgraben gelegt worden war. Dann endlich befanden sie sich auf der Rückseite des Gebäudes, das sie von der Straße aus betrachtet hatten. Von hinten sah das ganze Gebäude leicht verfallen aus.

Die beiden gingen durch eine nicht verschlossene Hintertür in das Gebäude. Alles war verfallen, in den Räumen standen nur die Reste von ein paar zerbrochenen Möbeln und überall war Dreck. Sie gingen durch das heruntergekommene Haus und Kevin machte einige Fotos. Das Gebäude war früher sicher einmal sehr schön gewesen, aber davon war nicht mehr sehr viel übrig.

Als sie zurück in die Redaktion kamen wartete Peter in Helens Büro auf sie. Die meisten Mitarbeiter waren bereits nach Hause gegangen und das Gebäude war ziemlich leer. Peter entschuldigte sich bei Helen, weil er ihre Verabredung vergessen hatte. Doch weil sich ihr Verdacht bestätigt hatte und sie einige gute Fotos gemacht hatten, war Helen so guter Laune, dass sie ihm sofort verzieh. Sie gab ihm einen Kuss und teilte ihm mit, dass sie noch für kurze Zeit arbeiten müsse. Kevin und Peter ließen sie daraufhin allein und gingen in Kevins Büro.

"Danke das du sie begleitet hast." sagte Peter schnell.

"Kein Problem, es war sehr interessant." er schaute Peter an. "Aber sag mal wo bist du gewesen?"

"Hm" stolz kramte Peter einen Zettel hervor und gab ihn Kevin. Der nahm ihn entgegen und begann zu lesen "Phoebe Halliwell." erstaunt sah er Peter an.

"Tja ich dachte es würde dich interessieren. Ich habe heute etwas rumgeforscht und wie du siehst, einiges in Erfahrung gebracht." er lächelte zufrieden.

Kevin schaute ihn immer noch an, ohne etwas zu sagen.

"Hey guck lieber auf den Zettel, da steht auch ihre Adresse und wer sonst noch mit ihr in dem Haus wohnt. Nämlich ihre Schwester Piper Halliwell und eine Paige Mathews. Naja die kennen wir ja auch. Warum diese Paige einen anderen Nachnamen hat, weiß ich noch nicht, verheiratet ist sie jedenfalls nicht."

Als Kevin immer noch nichts sagte fuhr er fort, "Die drei hatten noch eine andere Schwester, Prue, die aber schon gestorben ist. Sie wohnte ebenfalls in dem Haus. Und, ach ja, die Großmutter und Mutter der Schwestern sind ebenfalls tot. Mehr habe ich bisher nicht herausgefunden. Aber hey, was sagst du für nur einen Tag." meinte er zufrieden, als ihm noch etwas einfiel. "Oh ja das hätte ich fast vergessen, der Ehemann von dieser Phoebe hieß Cole Turner. Aber ich dachte nach ihm forschst besser du."

Meine Güte was war nur mit Kevin los? Peter hatte ja nicht gedacht, das er ihm vor Freude gleich um den Hals fällen würde, aber etwas mehr Begeisterung hätte er schon erwartet. "Also was sagst du, bin ich gut?"

Kevin wusste nicht was er davon halten sollte, auf der einen Seite war er wütend auf Peter, er hatte ihm gesagt, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Auf der anderen Seite war es schon eine Erleichterung ihren Namen zu kennen und die Chance zu haben Nachforschungen anstellen zu können. Aber wenn hier jemand solche Nachforschungen anstellte, dann sollte er das sein. Diese Informationen hätte er leicht selber herausbekommen können. Was erlaubte sich Peter in Phoebes Leben herumzustochern. Er atmete durch, zerriss den Zettel, warf ihn in den Papierkorb und sagte kühl zu Peter "Hatte ich dir nicht gesagt du sollst sie in Ruhe lassen?"

"Ach jetzt komm schon, ich wollte dir doch nur einen Gefallen tun."

"Meinst du nicht ich hätte das alleine herausfinden können, wenn ich es gewollt hatte?" fragte Kevin bedrohlich ruhig.

"Aber, sie hat doch so geheimnisvoll getan und da dachte ich .." begann Peter.

"Sie hat mir sogar erzählt, für welche Zeitung sie arbeitet, es wäre also kein Problem für mich gewesen diese Informationen zu bekommen. Sie hat nichts vor mir zu verbergen."

"Das glaubst du doch nicht wirklich." stellte Peter verblüfft fest.

"Doch das glaube ich und ich will ihr nicht noch mehr Kummer bereiten, und wenn du mein Freund bist, dann hältst du dich daran und läßt sie in Ruhe."

"Soll das eine Forderung sein, oder was?" meinte Peter sauer.

"Nein, eine Bitte!"

"Das Wort habe ich nicht gehört."

"Dann sage ich es jetzt BITTE lass sie in Ruhe." er sah Peter und sein Blick verriet das er hierbei keinen Spaß verstand.

"Wenn du das wirklich willst." Peter drehte sich gekränkt um und machte sich auf den Weg in Helens Büro. Er hatte so viel Arbeit investiert und dieser Idiot..., so hatte er ihn noch nie erlebt, diese Hexe hatte ihn verhext. Immer noch vor sich hin grummelnd kam er in Helens Büro an. Er erzählte ihr, dass Kevin noch bleiben würde. Er hatte keine Lust ihr von seinem Disput mit ihm zu erzählen. Zum Glück war sie so von ihrem ersten Erfolg bei ihrer Korruptionsgeschichte begeistert, dass sie die ganze Zeit davon erzählte, während Peter schweigend zuhörte.

Als Peter gegangen war nahm Kevin den Papierkorb und holte den zerrissenen Zettel heraus. Er notierte sich die Namen und die Adresse auf einen anderen Zettel. Vielleicht würde er diese Notizen ja noch benötigen. Cole Turner, dieser Name sagte ihm nichts, aber ihm war ja überhaupt nichts bekannt, er legte seinen Kopf auf den Schreibtisch, warum erinnerte er sich nur nicht. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Er wollte doch nur wissen wer er eigentlich war, aber die leichte Angst, die er auch am Anfang gehabt hatte, als er seine ersten Versuche unternommen hatte mehr von sich zu erfahren, stellte sich wieder ein. Er war zu der Überzeugung gekommen, dass er kein schlechter Mensch war, auch kein edler Samariter, ein ganz normaler halt, aber mit einem guten Kern. Aber konnte er dann dieser Cole Turner sein? Und wenn ja, erzählten ihm die Schwestern dann nur Unsinn. Er seufzte und richtete sich wieder auf. Nein, er würde die Sache für's erste ruhen lassen, beschloss er. Aber die Sicherheit, vielleicht einen Anhaltspunkt zu haben, würde er nicht einfach wegwerfen. Er steckte den Zettel in seine Brieftasche und verließ sein Büro.