11. Kapitel
Als Kevin am nächsten Tag von seinem Interview kam, war er bester Laune. Es war gut gelaufen, der Doktor war ein interessanter Mann gewesen, mit dem es Spaß gemacht hatte, sich zu unterhalten. Er hatte viele Informationen erhalten und Neuigkeiten erfahren, die er in seinem Artikel unterbringen konnte. Er hatte einen guten Tag heute, dass spürte er, da würde er auch ein normales Gespräch mit Phoebe führen können. Zuversichtlich betrat er das Gebäude von Phoebes Zeitschrift.
Im Gegensatz zu Cole hatte Phoebe diese Nacht schlecht geschlafen, ihre Erkältung hatte sich verschlimmert und sie fühlte sich mies. Sie wollte nur ein paar Dinge erledigen und sich dann wieder nach Hause begeben um sich ins Bett zu legen. Als ihre Bürotür geöffnet wurde blickte sie kurz hoch. Zu ihrem Entsetzen erblicke sie Cole, oh nein, dass hatte ihr gerade noch gefehlt. Heute hatte sie wirklich keine Lust auf diese Spielchen und vor allem wie sie aussah, wie eine Vogelscheuche, ihre Nase war rot und ihre Augen verquollen! Aber warum interessierte sie das überhaupt, dachte sie grimmig.
"Hallo, deine Kollegin Heather," er blickte sich lächelnd um, "hat mir gezeigt, wo dein Büro ist." Er schloss hinter sich die Tür und setzte sich ohne Aufforderung auf den Stuhl ihr gegenüber.
Na toll, dachte sich Phoebe, die Klatschbase Heather. Sie war erst ein halbes Jahr hier, kannte aber schon alle persönlichen Probleme und überhaupt alles Private über ihre Kollegen. Phoebe glaubte, dass sie auch etwas von Cole wusste, aber wahrscheinlich nicht wusste, wie er aussah. Hoffentlich nicht, dachte sie sich, es wäre ja noch schöner, wenn sie das hier herumtratschen würde. Es war so schon schlimm genug.
"Also" begann er, da sie nichts sagte, " ich wollte dir deine Sachen zurückbringen." Er reichte ihr ihr Kleid und die Autoschlüssel.
Sie nahm sie entgegen. "Danke, aber ich hatte dir doch gesagt, dass es nicht nötig ist, sie vorbeizubringen, du hättest sie mir auch schicken können."
"Ach das," er machte eine wegwerfende Handbewegung, "ich dachte du meinst das nicht ernst."
"Habe ich aber!"
"Wirklich, ich dachte es wäre ein Scherz. Vor allen Dingen nach Freitag..."
Sie sah ihn wütend an, was bildete er sich eigentlich ein.
"Sag mal," begann er "wie bist du eigentlich ohne Schlüssel mit deinem Auto weggekommen?"
"Mein Ersatzschlüssel liegt immer im Auto und ich habe das Fenster ein Stück offen gelassen," es überraschte sie immer wieder, wie schnell ihr diese Lügen einfielen.
"Das ist aber riskant," gab Kevin zu bedenken. Er hatte Rechte gehabt, sie beschützen zu müssen war eine schwierige Angelegenheit.
"Ach es passiert mir manchmal, dass ich meinen Schlüssel verliere und so ist dann das Problem gelöst."
"Und dein Auto wurde bisher noch nicht gestohlen?" meinte er ungläubig.
"Nein", Phoebe musste niesen.
Kevin sah sie sich genau an und bemerkte, dass sie schlecht aussah. "Bist du krank?" fragte er besorgt.
"Nur eine Erkältung, und du kannst dir ja denken woher die kommt." meinte sie wütend, und du kannst dir ja denken wer Schuld daran ist fügte sie in Gedanken hinzu.
Als könne er diese lesen sagte er "Du hättest ja auch nicht unbedingt im Regen zu deinem Auto laufen müssen."
"Nein, dass hätte ich nicht gemusst, wenn du nicht so aufdringlich geworden wärst." platzte es ihr heraus.
Er lachte ungläubig. "Also so war es ja nun nicht," meinte er bestimmt.
"Ach nein? Für mich war es aber so."
"Hör doch auf, es war ein harmloser Kuss, den du genauso wolltest, oder etwa nicht?"
"Ich denke du gehst jetzt besser."
Das hätte sie wohl gerne. "Erst müssen wir noch einige Sachen klären." meinte er und sah sie an. Er spürte, dass sie sich unwohl fühlte und fügte schnell hinzu "Es geht nicht um den Kuss, sondern darum, dass du gesagt hast," er zögerte ein wenig "das ich Cole bin." Er merkte, dass sie sich jetzt noch unwohler fühlte. Dann war der Kuss also nicht das Problem gewesen.
Sie schwieg und versuchte sich zu beruhigen, wie hatte sie nur so blöd sein können, ihm das zu sagen, fragte sie sich zum wiederholten Mal. "Vergiss das einfach."
"Das kann ich nicht, das musst du doch verstehen." versuchte Kevin sie zu überzeugen.
"Es ist mir einfach so rausgerutscht." erklärte Phoebe lahm.
"Du hast es aber ernst gemeint, das habe ich gespürt." meinte er und sah sie flehentlich an. "Also, bin ich Cole?"
Sie dachte nach, was sollte sie nur tun. "Ich weiß es nicht genau" sagte sie schließlich, es würde ihr auch nicht weiterhelfen, weiterhin alles zu leugnen.
"Okay!" das war schon mal ein Anfang "Deine Schwestern haben mir erzählt, dass Cole im Frühjahr einen Unfall hatte."
"Hm .. ja."
"Und dass er dabei gestorben ist."
Schweigen.
"War das wirklich erst im Frühling?" fragte Kevin nach. "Warst du bei seiner Beerdigung?"
Phoebe dachte nach, sie wusste sie musste etwas sagen, wenn er Nachforschungen anstellen würde, würde er wahrscheinlich herausfinden, dass Cole Turner nur verschwunden und nicht begraben war. Ganz zu schweigen, dass dies auch noch im Januar passiert war.
"Was war das denn für ein Unfall?" versuchte er es unterdessen weiter.
Phoebe sah ihn an, konnte er nicht einfach damit aufhören? Stöhnte sie.
"Also Phoebe hör mal, wenn ihr irgendwas mit dem Unfall zu tun hattet, und du darum Angst hast," versuchte er sie zu beruhigen. "Ich versichere dir, darum geht es mir nicht. Das ist mir egal, hey ich lebe ja noch." Probierte er sie grinsend zu überzeugen. Doch es schien nicht zu funktionieren.
Sie sah ihn entsetzt an, wie kam er nur darauf? Piper hatte schon Recht gehabt, sie musste vorsichtig sein, er war schließlich Reporter. Doch über "den Unfall" musste sie sich keine weiteren Gedanken machen, es war unmöglich für ihn herauszufinden, was wirklich geschehen war. Er hatte keine Chance zu erfahren, dass die Schwestern dafür verantwortlich waren und dass dieser "Unfall" tatsächlich tödlich gewesen war. Naja fast. Doch trotzdem wollte sie auf keinen Fall, dass er Nachforschungen über sein Verschwinden anstellte.
Da fiel ihr etwas ein, was ihn vielleicht davon abbringen würde. "Also wir hatten damit nichts zu tun und ich weiß eigentlich gar nicht, ob es überhaupt einen Unfall gegeben hat, er war einfach verschwunden und jeder nahm an, dass er tot ist," sagte sie zögerlich.
"Und wieso?"
"Weil .. also ... er hatte vorher schon einige Selbstmordversuche gestartet, und wir dachten dieses Mal hätte es funktioniert."
"Funktioniert? ... Oh!" Er blickte sie an, sollte er ihr das glauben? Er kam sich nicht wie ein Mann vor, der Selbstmord beging, aber das war ihm für's erste auch egal, er musste herausfinden ob er Cole war. "Und wann war das nun wirklich?" fragte er vorsichtig.
Phoebe seufzte, ach was soll's, er würde es sowieso irgendwie herausbekommen. "Anfang letzten Jahres," gab sie mürrisch zu.
"Okay." meinte er ruhig. "Dann ist es also möglich, dass er noch lebt und ich es bin." Er schaute sie direkt an. "Und du bist überzeugt, dass ich es bin."
Sie antwortete nicht darauf, sondern sagte bestimmt, "es ist besser für dich, wenn du ein neues Leben führst."
"Ach, und das entscheidest du?" fragte er aufgebracht. "Wenn ich es bin, dann muss ich es wissen, verstehst du das denn nicht?"
"Ich gebe dir nur einen Rat," meinte Phoebe seufzend. "Und es ist auch genau so gut möglich, dass du es nicht bist."
"Aber du musst doch wissen, ob ich Cole bin, du warst schließlich mit ihm verheiratet."
"Was hat das denn damit zu tun?" fragte sie aufgebracht.
"Also bitte, wenn man mit jemandem so eng zusammen war, dann muss man ihn doch wiedererkennen."
"Vielleicht kannte ich ihn ja nicht wirklich, und vielleicht will ich einfach keine schlimmen Erinnerungen wecken." fuhr sie ihn an.
Kevin sah sie nachdenklich an, das wollte er nicht, aber er musste es einfach wissen. "Aber du hast mich wiedererkannt." stellte er entschlossen fest.
Phoebe hatte keine Lust mehr es zu leugnen, es war doch sowieso zwecklos. "Ja, kann sein." Sagte sie und schaute dabei interessiert die Wand an.
Leicht bestürzt blickte Kevin sie an. Er hatte zwar immer wissen wollen wer er war, aber er hatte auch eine unbestimmbare Furcht davor gehabt, und jetzt wusste er warum. "Gut, dann kannst du mir ein paar Fragen beantworten," meinte er ruhig.
Sie blickte ihn wieder an und sagte bestimmt. "Wenn du es wirklich bist, dann wirst du dich schon von alleine erinnern müssen, ich werde dir nicht weiterhelfen."
"Ich will doch gar nichts privates oder persönliches von dir, .. von uns, wissen, sondern nur ganz allgemeine Dinge, z.B. wo ich aufgewachsen und welchen Beruf ich habe, wer meine Eltern sind, ob sie noch leben und ob ich noch Geschwister habe, wann ich Geburtstag habe und ach ja, wie alt ich eigentlich bin. Das kann doch nicht so schwer zu beantworten sein."
Wenn du wüsstest, dachte sich Phoebe.
Da sie weiterhin schwieg fragte er entnervt. "Hat mich denn niemand gesucht, Familie oder Freunde?"
"Nein, Freunde hattest du leider nicht." meinte sie hart.
"Tatsächlich?" das konnte er kaum glauben, er hatte keine Freunde gehabt? Wie war er denn drauf gewesen, fragte er sich.
"Jedenfalls keine die ich kannte, aber die würde ich dann auch nicht als Freunde bezeichnen." fügte sie kalt hinzu.
Da fiel ihm etwas ein. "Sag mal," begann er vorsichtig "war ich vielleicht irgendwie kriminell?"
"Kriminell? Wie kommst du denn darauf?" fragte Phoebe überrascht.
"Ich weiß auch nicht, ich hatte irgendwie so ein Gefühl und dann das viele Geld, aber es ist ja gut, wenn dem nicht so war," meinte er beruhigt, wobei er gar nicht bemerkte hatte, dass sie ihm nicht gesagt hatte, dass er kein Krimineller gewesen war. "Und was ist mit meiner Familie?" fragte er stattdessen weiter.
"Also deine Eltern sind tot."
"Oh," meinte er bestürzt, "kannst du mir etwas von ihnen erzählen?"
Also deine Mutter hat vor ca. 100 Jahren deinen Vater umgebracht, sie war nämlich ein Dämon, musst du wissen, du warst damals noch ein kleiner Junge und hast es mit angesehen. Daraus kannst du schließen, wie alt du schon bist. Sonst weiß ich allerdings nicht allzu viel von deinen Eltern, dachte sie sich und musste sich beherrschen nicht anzufangen zu lachen, trotz der miesen Situation, hatte das ganze doch einen gewissen Hauch von Komik.
Er sah sie an, wieso fand sie das so komisch? "Was ist denn daran so witzig?" fragte er sie, langsam würde er wütend.
"Tut mir Leid, es ist wohl besser du gehst jetzt" meinte sie immer noch leicht amüsiert.
"Und wann geruhst du mir auf all meine Fragen Antworten zu geben?" fragte er launisch.
"Nie" sagte sie voller Überzeugung.
"Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Ich habe ein Recht das zu erfahren." meinte er ungläubig.
"Aber nicht von mir!"
Sie trieb ihn noch in den Wahnsinn, kein Wunder, dass er hatte Selbstmord begehen wollen, aber halt nein, warum hatte er nicht lieber sie umgebracht, sowas von selbstgefällig.
"Ach nein" er stand auf und stützte sich mit den Händen auf ihrem Schreibtisch auf. Er beugte sich zu ihr herüber und schaute sie wütend an. "Du wirst es mir schon noch sagen" meinte er bedrohlich.
Was dachte der sich denn, meinte er er könne sie einschüchtern. Das hätte er wohl gerne. Sie stand ebenfalls auf und stellte sich ihm in der gleichen Stellung gegenüber. "Das glaube ich kaum."
"Ach nein?"
"NEIN!"
Sie standen sich wie zwei Kampfhähne gegenüber.
"Wenn du es mir nicht sagst, dann werde ich meine eigenen Nachforschungen anstellen müssen, wer weiß, was ich da alles zu Tage fördern werde." meinte er übertrieben freundlich.
"Soll das eine Drohung sein?" fragte sie angriffslustig.
"Nein eine Tatsache."
Sie starrten sich weiter an und keiner wollte als erstes den Blick senken, eine knisternde Spannung lag in der Luft. Da ging plötzlich die Tür auf und Heather kam herein. "Oh," sie blieb in der Tür stehen. "Ich hoffe ich störe nicht," meinte sie zuckersüß.
"Nein ganz und gar nicht" sagte Phoebe, die hatte ihr gerade noch gefehlt. Aber sie war froh, dass die endlich ihren Blick von Cole nehmen konnte. "Er wollte gerade gehen."
"Ach, wollte er?" fragte Kevin zynisch.
"Ich kann auch später wiederkommen, wenn es gerade nicht passt."
"Nein Heather, schon gut." meinte er freundlich lächelnd. "Ich gehe schon." Er ging zur Tür und warf noch einmal einen Blick auf Phoebe. "Wir setzen unser Gespräch bei Gelegenheit fort."
Darauf kannst du lange warten, dachte sich Phoebe und sah erleichtert, wie er endlich verschwand.
"Wer war das denn?" fragte Heather neugierig, als Cole weg war.
"Niemand wichtiges." meinte Phoebe, Heather glaubte doch wohl nicht tatsächlich, dass sie ihr etwas erzählen würde? "Also, was willst du von mir."
Heather holte geschäftig ihre Unterlagen hervor und dachte sich ihren Teil.
Nachdem sie gegangen war, war Phoebe immer noch wütend auf Cole. Die Wut tat ihr gut, sie war besser als die übrigen Gefühlen. Sie seufzte, was würden nur ihre Schwestern sagen, wenn sie erfahren würden, dass sie es ihm gesagt hatte. Sie hoffte, dass sie ihm nicht zu viel verraten hatte und dass er bald Ruhe geben würde. Ein ziemlich irrealer Wunsch. Ob er wohl seine Drohung wahr machen würde und anfangen würde zu recherchieren? Sicherlich, aber er konnte doch nichts herausfinden, oder doch? Sie griff zum Telefon und rief vorsichtshalber Darryl an. Er war gerade nicht zu erreichen, würde aber in einer Stunde im Revier sein. Phoebe blickte auf die Uhr. Bis dahin hatte sie ihre dringendsten Aufgaben erledigt und konnte sich auf den Weg nach Hause machen und vorher noch bei ihm vorbeischauen.
Als Kevin/Cole, wer war er jetzt eigentlich? ging es ihm durch den Kopf, wieder in seinem Büro saß, hatte er sich langsam wieder beruhigt. Trotz ihres Streites, hatte er die Spannung im Raum gespürt, er wäre am liebsten ... Oh nein, hatten sie etwa so eine Art von Beziehung gehabt, machte sie Streit an? fragte er sich und war nicht allzu angetan von dieser Vorstellung. Klar, es hatte schon seinen Reiz, aber für eine Ehe reichte das, seiner Meinung nach nicht aus, kein Wunder, dass sie sich von ihm getrennt hatte. Und er hatte das dann wohl nicht eingesehen, aber sich deswegen gleich umbringen wollen, das bezweifelte er doch stark. Was für ein Chaos.
Zur Ablenkung nahm er sich die Notizen von seinem Interview am Morgen vor. Es würde besser sein, wenn er jetzt erst einmal diesen Artikel schreiben würde, dann hätte er sicher wieder einen klaren Kopf. Und dann wäre es immer noch früh genug, um zu probieren, etwas über sein früheres Leben herauszufinden.
Am frühen Nachmittag kam Phoebe beim Polizeirevier an. Sie hatte beschlossen, Darryl mitzuteilen, dass Cole noch lebte, ihr erschien es auch schon deswegen besser, weil er ihm vielleicht zufällig über den Weg laufen würde, bei Polizisten und Journalisten war dies nicht ungewöhnlich. Und wer weiß, was er ihm dann unbeabsichtigt alles erzählen würde. Sie fand ihn in seinem Büro vor. Nachdem sie sich kurz über allgemeines unterhalten hatten, erzählte ihm Phoebe das Cole wieder aufgetaucht sei.
"Was schon wieder? Ich dachte er wäre tot."
"Nein, ist er nicht, aber einen Vorteil hat das ganze, er hat sein Gedächtnis verloren und ist kein Dämon mehr."
Darryl sah sie skeptisch an. "Und das ist tatsächlich die Wahrheit?"
"Ja, und er wird sich auch nicht mehr erinnern."
"Und wieso bist du dir da so sicher."
"Vertrau mir einfach." meinte sie lächelnd und sah ihn an.
"Nun gut, aber warum bist du dann hier?"
"Also erstens damit du keinen Schock bekommst, wenn er dir über den Weg läuft. Und nichts falsches sagst." Sie machte eine kurze Pause "Er ist jetzt Journalist."
"Ach tatsächlich, kaum zu glauben." Darryl runzelte die Stirn.
"Und da ist noch ein anderes Problem, ich habe ihm mehr oder weniger gesagt, dass er Cole ist." sie sah ihn entschuldigend an. "Und jetzt will er Nachforschungen über sich anstellen."
"Hm ich kann das alles irgendwie nicht glauben."
"Jaaa, so ging es uns zuerst auch, aber Darryl, sag mal, sind hier noch Unterlagen über ihn, ich meine die Vermisstensache von damals usw. Kann er irgendwie an diese Informationen herankommen?"
"Hm" er dachte nach "ich habe mich eigentlich bemüht, dass alle Akten, die hier über euch existieren, den Vermerk vertraulich bekommen. So auch die über ihn. Das bedeutet, dass nicht jeder sie einsehen kann."
Phoebe atmete erleichtert auf. "Na dann bin ich ja beruhigt."
"Es ist so also kaum möglich an die Akten heranzukommen," stimmte ihr Darryl zu. "Und wir versuchen unser System immer weiter zu optimieren und sicherer zu machen."
"Ohne übernatürliche Kräfte wird es ihm also kaum gelingen. Danke Darryl, du hast mir sehr geholfen." Sie verabschiedete sich und fuhr etwas beruhigter nach Hause.
Nachdem Cole seinen Artikel fertig geschrieben hatte, hatte er versucht etwas über sich in Erfahrung zu bringen. Dies war aber schwieriger gewesen, als er gedacht hatte. Er hatte nur herausgefunden, dass Cole Turner einmal für die Staatsanwaltschaft gearbeitet hatte, dass es da aber immer noch Ungereimtheiten gab. Doch alle weiteren Akten über ihn, bei der Polizei trugen den Vermerk 'vertraulich' er kam also nicht an sie heran. In der letzten Zeit hatte er als Rechtsanwalt gearbeitet, was ihn doch sehr verwunderte, denn er konnte sich selbst als Anwalt nicht vorstellen. Weiterhin hatte er nur in Erfahrung bringen können, dass er seit Januar vor gut einem Jahr nicht mehr bei seiner Arbeit aufgetaucht war.
Das alles passte einfach zu gut zusammen, genau zu dieser Zeit war er in Seattle aufgetaucht, er sah so aus wie Cole, und seine komische Beziehung zu Phoebe konnte er auch nicht verleugnen. Das alles konnte kein Zufall sein. Er musste sich wohl damit abfinden, dass er Cole Turner war. Wie er nach Seattle gekommen war, wusste wohl nur er alleine. Er schaute auf die Uhr. Heute würde er nichts mehr dazu unternehmen, sondern nach Hause fahren.
Als Kevin am nächsten Tag von seinem Interview kam, war er bester Laune. Es war gut gelaufen, der Doktor war ein interessanter Mann gewesen, mit dem es Spaß gemacht hatte, sich zu unterhalten. Er hatte viele Informationen erhalten und Neuigkeiten erfahren, die er in seinem Artikel unterbringen konnte. Er hatte einen guten Tag heute, dass spürte er, da würde er auch ein normales Gespräch mit Phoebe führen können. Zuversichtlich betrat er das Gebäude von Phoebes Zeitschrift.
Im Gegensatz zu Cole hatte Phoebe diese Nacht schlecht geschlafen, ihre Erkältung hatte sich verschlimmert und sie fühlte sich mies. Sie wollte nur ein paar Dinge erledigen und sich dann wieder nach Hause begeben um sich ins Bett zu legen. Als ihre Bürotür geöffnet wurde blickte sie kurz hoch. Zu ihrem Entsetzen erblicke sie Cole, oh nein, dass hatte ihr gerade noch gefehlt. Heute hatte sie wirklich keine Lust auf diese Spielchen und vor allem wie sie aussah, wie eine Vogelscheuche, ihre Nase war rot und ihre Augen verquollen! Aber warum interessierte sie das überhaupt, dachte sie grimmig.
"Hallo, deine Kollegin Heather," er blickte sich lächelnd um, "hat mir gezeigt, wo dein Büro ist." Er schloss hinter sich die Tür und setzte sich ohne Aufforderung auf den Stuhl ihr gegenüber.
Na toll, dachte sich Phoebe, die Klatschbase Heather. Sie war erst ein halbes Jahr hier, kannte aber schon alle persönlichen Probleme und überhaupt alles Private über ihre Kollegen. Phoebe glaubte, dass sie auch etwas von Cole wusste, aber wahrscheinlich nicht wusste, wie er aussah. Hoffentlich nicht, dachte sie sich, es wäre ja noch schöner, wenn sie das hier herumtratschen würde. Es war so schon schlimm genug.
"Also" begann er, da sie nichts sagte, " ich wollte dir deine Sachen zurückbringen." Er reichte ihr ihr Kleid und die Autoschlüssel.
Sie nahm sie entgegen. "Danke, aber ich hatte dir doch gesagt, dass es nicht nötig ist, sie vorbeizubringen, du hättest sie mir auch schicken können."
"Ach das," er machte eine wegwerfende Handbewegung, "ich dachte du meinst das nicht ernst."
"Habe ich aber!"
"Wirklich, ich dachte es wäre ein Scherz. Vor allen Dingen nach Freitag..."
Sie sah ihn wütend an, was bildete er sich eigentlich ein.
"Sag mal," begann er "wie bist du eigentlich ohne Schlüssel mit deinem Auto weggekommen?"
"Mein Ersatzschlüssel liegt immer im Auto und ich habe das Fenster ein Stück offen gelassen," es überraschte sie immer wieder, wie schnell ihr diese Lügen einfielen.
"Das ist aber riskant," gab Kevin zu bedenken. Er hatte Rechte gehabt, sie beschützen zu müssen war eine schwierige Angelegenheit.
"Ach es passiert mir manchmal, dass ich meinen Schlüssel verliere und so ist dann das Problem gelöst."
"Und dein Auto wurde bisher noch nicht gestohlen?" meinte er ungläubig.
"Nein", Phoebe musste niesen.
Kevin sah sie sich genau an und bemerkte, dass sie schlecht aussah. "Bist du krank?" fragte er besorgt.
"Nur eine Erkältung, und du kannst dir ja denken woher die kommt." meinte sie wütend, und du kannst dir ja denken wer Schuld daran ist fügte sie in Gedanken hinzu.
Als könne er diese lesen sagte er "Du hättest ja auch nicht unbedingt im Regen zu deinem Auto laufen müssen."
"Nein, dass hätte ich nicht gemusst, wenn du nicht so aufdringlich geworden wärst." platzte es ihr heraus.
Er lachte ungläubig. "Also so war es ja nun nicht," meinte er bestimmt.
"Ach nein? Für mich war es aber so."
"Hör doch auf, es war ein harmloser Kuss, den du genauso wolltest, oder etwa nicht?"
"Ich denke du gehst jetzt besser."
Das hätte sie wohl gerne. "Erst müssen wir noch einige Sachen klären." meinte er und sah sie an. Er spürte, dass sie sich unwohl fühlte und fügte schnell hinzu "Es geht nicht um den Kuss, sondern darum, dass du gesagt hast," er zögerte ein wenig "das ich Cole bin." Er merkte, dass sie sich jetzt noch unwohler fühlte. Dann war der Kuss also nicht das Problem gewesen.
Sie schwieg und versuchte sich zu beruhigen, wie hatte sie nur so blöd sein können, ihm das zu sagen, fragte sie sich zum wiederholten Mal. "Vergiss das einfach."
"Das kann ich nicht, das musst du doch verstehen." versuchte Kevin sie zu überzeugen.
"Es ist mir einfach so rausgerutscht." erklärte Phoebe lahm.
"Du hast es aber ernst gemeint, das habe ich gespürt." meinte er und sah sie flehentlich an. "Also, bin ich Cole?"
Sie dachte nach, was sollte sie nur tun. "Ich weiß es nicht genau" sagte sie schließlich, es würde ihr auch nicht weiterhelfen, weiterhin alles zu leugnen.
"Okay!" das war schon mal ein Anfang "Deine Schwestern haben mir erzählt, dass Cole im Frühjahr einen Unfall hatte."
"Hm .. ja."
"Und dass er dabei gestorben ist."
Schweigen.
"War das wirklich erst im Frühling?" fragte Kevin nach. "Warst du bei seiner Beerdigung?"
Phoebe dachte nach, sie wusste sie musste etwas sagen, wenn er Nachforschungen anstellen würde, würde er wahrscheinlich herausfinden, dass Cole Turner nur verschwunden und nicht begraben war. Ganz zu schweigen, dass dies auch noch im Januar passiert war.
"Was war das denn für ein Unfall?" versuchte er es unterdessen weiter.
Phoebe sah ihn an, konnte er nicht einfach damit aufhören? Stöhnte sie.
"Also Phoebe hör mal, wenn ihr irgendwas mit dem Unfall zu tun hattet, und du darum Angst hast," versuchte er sie zu beruhigen. "Ich versichere dir, darum geht es mir nicht. Das ist mir egal, hey ich lebe ja noch." Probierte er sie grinsend zu überzeugen. Doch es schien nicht zu funktionieren.
Sie sah ihn entsetzt an, wie kam er nur darauf? Piper hatte schon Recht gehabt, sie musste vorsichtig sein, er war schließlich Reporter. Doch über "den Unfall" musste sie sich keine weiteren Gedanken machen, es war unmöglich für ihn herauszufinden, was wirklich geschehen war. Er hatte keine Chance zu erfahren, dass die Schwestern dafür verantwortlich waren und dass dieser "Unfall" tatsächlich tödlich gewesen war. Naja fast. Doch trotzdem wollte sie auf keinen Fall, dass er Nachforschungen über sein Verschwinden anstellte.
Da fiel ihr etwas ein, was ihn vielleicht davon abbringen würde. "Also wir hatten damit nichts zu tun und ich weiß eigentlich gar nicht, ob es überhaupt einen Unfall gegeben hat, er war einfach verschwunden und jeder nahm an, dass er tot ist," sagte sie zögerlich.
"Und wieso?"
"Weil .. also ... er hatte vorher schon einige Selbstmordversuche gestartet, und wir dachten dieses Mal hätte es funktioniert."
"Funktioniert? ... Oh!" Er blickte sie an, sollte er ihr das glauben? Er kam sich nicht wie ein Mann vor, der Selbstmord beging, aber das war ihm für's erste auch egal, er musste herausfinden ob er Cole war. "Und wann war das nun wirklich?" fragte er vorsichtig.
Phoebe seufzte, ach was soll's, er würde es sowieso irgendwie herausbekommen. "Anfang letzten Jahres," gab sie mürrisch zu.
"Okay." meinte er ruhig. "Dann ist es also möglich, dass er noch lebt und ich es bin." Er schaute sie direkt an. "Und du bist überzeugt, dass ich es bin."
Sie antwortete nicht darauf, sondern sagte bestimmt, "es ist besser für dich, wenn du ein neues Leben führst."
"Ach, und das entscheidest du?" fragte er aufgebracht. "Wenn ich es bin, dann muss ich es wissen, verstehst du das denn nicht?"
"Ich gebe dir nur einen Rat," meinte Phoebe seufzend. "Und es ist auch genau so gut möglich, dass du es nicht bist."
"Aber du musst doch wissen, ob ich Cole bin, du warst schließlich mit ihm verheiratet."
"Was hat das denn damit zu tun?" fragte sie aufgebracht.
"Also bitte, wenn man mit jemandem so eng zusammen war, dann muss man ihn doch wiedererkennen."
"Vielleicht kannte ich ihn ja nicht wirklich, und vielleicht will ich einfach keine schlimmen Erinnerungen wecken." fuhr sie ihn an.
Kevin sah sie nachdenklich an, das wollte er nicht, aber er musste es einfach wissen. "Aber du hast mich wiedererkannt." stellte er entschlossen fest.
Phoebe hatte keine Lust mehr es zu leugnen, es war doch sowieso zwecklos. "Ja, kann sein." Sagte sie und schaute dabei interessiert die Wand an.
Leicht bestürzt blickte Kevin sie an. Er hatte zwar immer wissen wollen wer er war, aber er hatte auch eine unbestimmbare Furcht davor gehabt, und jetzt wusste er warum. "Gut, dann kannst du mir ein paar Fragen beantworten," meinte er ruhig.
Sie blickte ihn wieder an und sagte bestimmt. "Wenn du es wirklich bist, dann wirst du dich schon von alleine erinnern müssen, ich werde dir nicht weiterhelfen."
"Ich will doch gar nichts privates oder persönliches von dir, .. von uns, wissen, sondern nur ganz allgemeine Dinge, z.B. wo ich aufgewachsen und welchen Beruf ich habe, wer meine Eltern sind, ob sie noch leben und ob ich noch Geschwister habe, wann ich Geburtstag habe und ach ja, wie alt ich eigentlich bin. Das kann doch nicht so schwer zu beantworten sein."
Wenn du wüsstest, dachte sich Phoebe.
Da sie weiterhin schwieg fragte er entnervt. "Hat mich denn niemand gesucht, Familie oder Freunde?"
"Nein, Freunde hattest du leider nicht." meinte sie hart.
"Tatsächlich?" das konnte er kaum glauben, er hatte keine Freunde gehabt? Wie war er denn drauf gewesen, fragte er sich.
"Jedenfalls keine die ich kannte, aber die würde ich dann auch nicht als Freunde bezeichnen." fügte sie kalt hinzu.
Da fiel ihm etwas ein. "Sag mal," begann er vorsichtig "war ich vielleicht irgendwie kriminell?"
"Kriminell? Wie kommst du denn darauf?" fragte Phoebe überrascht.
"Ich weiß auch nicht, ich hatte irgendwie so ein Gefühl und dann das viele Geld, aber es ist ja gut, wenn dem nicht so war," meinte er beruhigt, wobei er gar nicht bemerkte hatte, dass sie ihm nicht gesagt hatte, dass er kein Krimineller gewesen war. "Und was ist mit meiner Familie?" fragte er stattdessen weiter.
"Also deine Eltern sind tot."
"Oh," meinte er bestürzt, "kannst du mir etwas von ihnen erzählen?"
Also deine Mutter hat vor ca. 100 Jahren deinen Vater umgebracht, sie war nämlich ein Dämon, musst du wissen, du warst damals noch ein kleiner Junge und hast es mit angesehen. Daraus kannst du schließen, wie alt du schon bist. Sonst weiß ich allerdings nicht allzu viel von deinen Eltern, dachte sie sich und musste sich beherrschen nicht anzufangen zu lachen, trotz der miesen Situation, hatte das ganze doch einen gewissen Hauch von Komik.
Er sah sie an, wieso fand sie das so komisch? "Was ist denn daran so witzig?" fragte er sie, langsam würde er wütend.
"Tut mir Leid, es ist wohl besser du gehst jetzt" meinte sie immer noch leicht amüsiert.
"Und wann geruhst du mir auf all meine Fragen Antworten zu geben?" fragte er launisch.
"Nie" sagte sie voller Überzeugung.
"Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Ich habe ein Recht das zu erfahren." meinte er ungläubig.
"Aber nicht von mir!"
Sie trieb ihn noch in den Wahnsinn, kein Wunder, dass er hatte Selbstmord begehen wollen, aber halt nein, warum hatte er nicht lieber sie umgebracht, sowas von selbstgefällig.
"Ach nein" er stand auf und stützte sich mit den Händen auf ihrem Schreibtisch auf. Er beugte sich zu ihr herüber und schaute sie wütend an. "Du wirst es mir schon noch sagen" meinte er bedrohlich.
Was dachte der sich denn, meinte er er könne sie einschüchtern. Das hätte er wohl gerne. Sie stand ebenfalls auf und stellte sich ihm in der gleichen Stellung gegenüber. "Das glaube ich kaum."
"Ach nein?"
"NEIN!"
Sie standen sich wie zwei Kampfhähne gegenüber.
"Wenn du es mir nicht sagst, dann werde ich meine eigenen Nachforschungen anstellen müssen, wer weiß, was ich da alles zu Tage fördern werde." meinte er übertrieben freundlich.
"Soll das eine Drohung sein?" fragte sie angriffslustig.
"Nein eine Tatsache."
Sie starrten sich weiter an und keiner wollte als erstes den Blick senken, eine knisternde Spannung lag in der Luft. Da ging plötzlich die Tür auf und Heather kam herein. "Oh," sie blieb in der Tür stehen. "Ich hoffe ich störe nicht," meinte sie zuckersüß.
"Nein ganz und gar nicht" sagte Phoebe, die hatte ihr gerade noch gefehlt. Aber sie war froh, dass die endlich ihren Blick von Cole nehmen konnte. "Er wollte gerade gehen."
"Ach, wollte er?" fragte Kevin zynisch.
"Ich kann auch später wiederkommen, wenn es gerade nicht passt."
"Nein Heather, schon gut." meinte er freundlich lächelnd. "Ich gehe schon." Er ging zur Tür und warf noch einmal einen Blick auf Phoebe. "Wir setzen unser Gespräch bei Gelegenheit fort."
Darauf kannst du lange warten, dachte sich Phoebe und sah erleichtert, wie er endlich verschwand.
"Wer war das denn?" fragte Heather neugierig, als Cole weg war.
"Niemand wichtiges." meinte Phoebe, Heather glaubte doch wohl nicht tatsächlich, dass sie ihr etwas erzählen würde? "Also, was willst du von mir."
Heather holte geschäftig ihre Unterlagen hervor und dachte sich ihren Teil.
Nachdem sie gegangen war, war Phoebe immer noch wütend auf Cole. Die Wut tat ihr gut, sie war besser als die übrigen Gefühlen. Sie seufzte, was würden nur ihre Schwestern sagen, wenn sie erfahren würden, dass sie es ihm gesagt hatte. Sie hoffte, dass sie ihm nicht zu viel verraten hatte und dass er bald Ruhe geben würde. Ein ziemlich irrealer Wunsch. Ob er wohl seine Drohung wahr machen würde und anfangen würde zu recherchieren? Sicherlich, aber er konnte doch nichts herausfinden, oder doch? Sie griff zum Telefon und rief vorsichtshalber Darryl an. Er war gerade nicht zu erreichen, würde aber in einer Stunde im Revier sein. Phoebe blickte auf die Uhr. Bis dahin hatte sie ihre dringendsten Aufgaben erledigt und konnte sich auf den Weg nach Hause machen und vorher noch bei ihm vorbeischauen.
Als Kevin/Cole, wer war er jetzt eigentlich? ging es ihm durch den Kopf, wieder in seinem Büro saß, hatte er sich langsam wieder beruhigt. Trotz ihres Streites, hatte er die Spannung im Raum gespürt, er wäre am liebsten ... Oh nein, hatten sie etwa so eine Art von Beziehung gehabt, machte sie Streit an? fragte er sich und war nicht allzu angetan von dieser Vorstellung. Klar, es hatte schon seinen Reiz, aber für eine Ehe reichte das, seiner Meinung nach nicht aus, kein Wunder, dass sie sich von ihm getrennt hatte. Und er hatte das dann wohl nicht eingesehen, aber sich deswegen gleich umbringen wollen, das bezweifelte er doch stark. Was für ein Chaos.
Zur Ablenkung nahm er sich die Notizen von seinem Interview am Morgen vor. Es würde besser sein, wenn er jetzt erst einmal diesen Artikel schreiben würde, dann hätte er sicher wieder einen klaren Kopf. Und dann wäre es immer noch früh genug, um zu probieren, etwas über sein früheres Leben herauszufinden.
Am frühen Nachmittag kam Phoebe beim Polizeirevier an. Sie hatte beschlossen, Darryl mitzuteilen, dass Cole noch lebte, ihr erschien es auch schon deswegen besser, weil er ihm vielleicht zufällig über den Weg laufen würde, bei Polizisten und Journalisten war dies nicht ungewöhnlich. Und wer weiß, was er ihm dann unbeabsichtigt alles erzählen würde. Sie fand ihn in seinem Büro vor. Nachdem sie sich kurz über allgemeines unterhalten hatten, erzählte ihm Phoebe das Cole wieder aufgetaucht sei.
"Was schon wieder? Ich dachte er wäre tot."
"Nein, ist er nicht, aber einen Vorteil hat das ganze, er hat sein Gedächtnis verloren und ist kein Dämon mehr."
Darryl sah sie skeptisch an. "Und das ist tatsächlich die Wahrheit?"
"Ja, und er wird sich auch nicht mehr erinnern."
"Und wieso bist du dir da so sicher."
"Vertrau mir einfach." meinte sie lächelnd und sah ihn an.
"Nun gut, aber warum bist du dann hier?"
"Also erstens damit du keinen Schock bekommst, wenn er dir über den Weg läuft. Und nichts falsches sagst." Sie machte eine kurze Pause "Er ist jetzt Journalist."
"Ach tatsächlich, kaum zu glauben." Darryl runzelte die Stirn.
"Und da ist noch ein anderes Problem, ich habe ihm mehr oder weniger gesagt, dass er Cole ist." sie sah ihn entschuldigend an. "Und jetzt will er Nachforschungen über sich anstellen."
"Hm ich kann das alles irgendwie nicht glauben."
"Jaaa, so ging es uns zuerst auch, aber Darryl, sag mal, sind hier noch Unterlagen über ihn, ich meine die Vermisstensache von damals usw. Kann er irgendwie an diese Informationen herankommen?"
"Hm" er dachte nach "ich habe mich eigentlich bemüht, dass alle Akten, die hier über euch existieren, den Vermerk vertraulich bekommen. So auch die über ihn. Das bedeutet, dass nicht jeder sie einsehen kann."
Phoebe atmete erleichtert auf. "Na dann bin ich ja beruhigt."
"Es ist so also kaum möglich an die Akten heranzukommen," stimmte ihr Darryl zu. "Und wir versuchen unser System immer weiter zu optimieren und sicherer zu machen."
"Ohne übernatürliche Kräfte wird es ihm also kaum gelingen. Danke Darryl, du hast mir sehr geholfen." Sie verabschiedete sich und fuhr etwas beruhigter nach Hause.
Nachdem Cole seinen Artikel fertig geschrieben hatte, hatte er versucht etwas über sich in Erfahrung zu bringen. Dies war aber schwieriger gewesen, als er gedacht hatte. Er hatte nur herausgefunden, dass Cole Turner einmal für die Staatsanwaltschaft gearbeitet hatte, dass es da aber immer noch Ungereimtheiten gab. Doch alle weiteren Akten über ihn, bei der Polizei trugen den Vermerk 'vertraulich' er kam also nicht an sie heran. In der letzten Zeit hatte er als Rechtsanwalt gearbeitet, was ihn doch sehr verwunderte, denn er konnte sich selbst als Anwalt nicht vorstellen. Weiterhin hatte er nur in Erfahrung bringen können, dass er seit Januar vor gut einem Jahr nicht mehr bei seiner Arbeit aufgetaucht war.
Das alles passte einfach zu gut zusammen, genau zu dieser Zeit war er in Seattle aufgetaucht, er sah so aus wie Cole, und seine komische Beziehung zu Phoebe konnte er auch nicht verleugnen. Das alles konnte kein Zufall sein. Er musste sich wohl damit abfinden, dass er Cole Turner war. Wie er nach Seattle gekommen war, wusste wohl nur er alleine. Er schaute auf die Uhr. Heute würde er nichts mehr dazu unternehmen, sondern nach Hause fahren.
