21. Kapitel

Am Montag morgen verließ Phoebe frühzeitig das Haus. Sie hatte eine Entscheidung in Bezug auf Cole getroffen und sie wollte sich von niemandem davon abbringen lassen. Bei der Zeitung war es noch ungewohnt ruhig, und sie überlegte, ob sie Cole Zuhause anrufen sollte. Doch dann entschied sie sich ihn erst später im Büro anzurufen.

Cole verbrachte den Montag morgen im Polizeirevier. Ihm schien es als müsse er endlose Stunden immer wieder die selben Fragen beantworten, und er hatte den Eindruck, dass der Beamten sowieso keines seiner Wörter richtig glaubte oder annahmen er verschweige etwas. Daher hatte er auch kein Interesse daran, die beiden Männer zu erwähnt, die er in der Nähe der Lagerhalle beobachtet hatte. Er hatte beschlossen, dass seine Beschreibung ohnehin nicht besonders hilfreich wäre und das er das Gespräch belauscht hatte, wollte er dem selbstgefälligen Polizisten erst recht nicht auf die Nase binden. Polizisten verleiteten ihn nunmal dazu seine Informationen für sich zu behalten, er konnte ja auch nicht dazu.

"Das habe ich ihnen doch schon mehrmals beantwortet," erklärte er dem wichtigtuerischen Polizisten genervt, als der ihm zum hundertsten Mal die gleiche Frage stellte. "Ich habe nicht sehen können, woher der Schuss kam, also war es mir auch unmöglich, den Schützen zu erkennen."

"Also haben sie doch mitbekommen, wie der Schuss abgefeuert wurde, bisher hatten sie aber etwas anderes behauptet." Stellte der Polizist selbstzufrieden fest und schlürfte an seinem sicher schon eiskalten Kaffee.

"Nein, habe ich nicht, wie ich ihnen schon mitteilte, habe ich ein dumpfes Geräusch gehört und Helen ist zusammengesunken. Das ist alles." Langsam wurde es ihm zu bunt. "Was wollen sie eigentlich von mir? Ich habe ihnen alles gesagt, was ich weiß und sie haben nichts besseres zu tun als meine und ihre Zeit zu verschwenden. Wie wäre es denn damit, wenn sie endlich den Täter suchen würden anstatt ihre dämlichen Spielchen mit mir zu spielen." riet er dem Polizisten gereizt.

"Dies sind keine Spielchen Mr. Torrens, dies ist blutiger Ernst. Eine Frau ist angeschossen worden."

Als ob er das nicht wüsste. Bevor er zu einer entsprechenden Antwort ansetzen konnte, wurde die Tür des winzig kleinen Büros geöffnet und ein weiterer Polizist betrat den Raum. Er starrte Cole verblüfft an, während sein Kollege aufsprang und sagte "Officer Morris."

"Ist hier alles in Ordnung Samson?" wandte sich dieser an seinen Kollegen.

Diese Chance ließ sich Cole nicht entgehen. "Nein, ihr Kollege hier hält mich schon den ganzen Vormittag mit seiner unfähigen Befragung auf. Er scheint der Ansicht zu sein, dass es sinnvoller ist, mich hier auszuquetschen, als den wahren Täter zu suchen."

Darryl Morris schaute Cole interessiert an und lenkte anschließend seine Aufmerksamkeit auf das Protokoll, das ausgefüllt auf dem Tisch lag. "Hm, es scheint als hätten wir alle Angaben von ihnen. Wenn sie hier bitte noch unterschreiben würden," meinte Darryl, der spürte, dass sein junger Kollege ganz anderer Auffassung war. Samson schaute ihn böse an und wollte etwas sagen, aber Darryl hielt ihn mit einer leichten Handbewegung zurück. Er schaute auffordernd zu Cole rüber. "Mr. Torrens." Er hielt ihm das Protokoll entgegen.

"Wird ja auch langsam Zeit." meinte Cole, unterschrieb seine Aussage und wandte sich zum Gehen.

"Wenn ihnen noch etwas einfällt, dann melden sie sich," fügte Darryl vorsorglich hinzu, bevor Cole endlich das Polizeirevier verlassen konnte.

Als Cole nach diesem nervenaufreibenden Vormittag wieder in seinem Büro ankam, klingelte das Telefon. Seine Laune verbesserte sich schlagartig, als er hörte, wer am anderen Ende war. Phoebe. "Hallo." Meinte er erfreut.

"Hallo, ich versuche schon den ganzen Vormittag dich zu erreichen."

"Ach wirklich?" Er lächelte zufrieden vor sich hin und erklärte schließlich. "Ich war im Polizeirevier. Frag lieber nicht, es war schrecklich, warum müssen Polizeibeamte auch meist solche Idioten sein?"

"Oh ich kenne auch welche, die in Ordnung sind."

"Tatsächlich?" Meinte Cole wenig überzeugt. "Mir sind noch keine über den Weg gelaufen."

"Also früher kamst du mit Darryl Morris eigentlich ganz gut zurecht." Erklärte Phoebe und ärgerte sich gleich darauf, dass sie ihm davon erzählt hatte.

"Darryl Morris? Wir kannten uns? Ich habe ihn heute getroffen, und er hat kein Wort davon gesagt." wunderte sich Cole.

"Naja ich habe ihn darum gebeten." meinte Phoebe vorsichtig.

"Oh!" Das sie selbst einen Polizeibeamten so im Griff hatte, fand er doch verwunderlich.

"Aber deswegen rufe ich nicht an." Wechselte Phoebe schnell das Thema. "Ich wollte fragen, ob wir die Mittagspause gemeinsam verbringen können, ich muss mit dir reden. Ich weiß es ist etwas kurzfristig..."

"Nein, nein kein Problem. Das kann ich einrichten." erklärte er erfreut. "Wo wollen wir uns treffen?"

Sie vereinbarten einen Treffpunkt am Eingang zum Park, der von beiden Arbeitsstellen bequem zu erreichen war.

Phoebe wartete dort schon, als Cole ein paar Minuten später eintraf. Nach einem innigen Begrüßungskuss, hakte sie sich bei ihm unter und sie betraten das Parkgelände. Alle Bänke waren um diese Zeit schon besetzt, und so schlug Phoebe vor, dass sie doch etwas durch den Park spazieren könnten. Schweigend schlenderten sie zunächst einen Hauptweg entlang, bevor Cole das Wort ergriff. "Und, wie hast du deinen Sonntag verbracht."

"Faul, ich war Zuhause, habe ein wenig gearbeitet und nachgedacht."

"Hatten sich deine Schwestern schon Sorgen gemacht?" fragte er vorsichtig, um langsam zu dem Thema zu kommen, dass ihn eigentlich interessierte.

"Ja, aber Cole." Sie blickte sich um, obwohl sie schon ein Stück gegangen waren, konnte sie keine freie Bank entdecken. Sie schaute auf die Rasenfläche. "Wollen wir uns nicht kurz hier auf den Rasen setzen?" schlug sie vor.

"Hier auf das Gras?." Er schaute skeptisch ihre helle Kleidung an.

"Hast du vielleicht eine Zeitung dabei?" fragte Phoebe.

"Nein, aber warte." Er nahm seine Jacke von der Schulter und legte sie auf den Boden. "Das müsste doch gehen." meinte er zufrieden.

"Wenn du meinst." Sie setzten sich nah nebeneinander auf die ausgebreitete Jacke auf den Boden.

"Also, was willst du mir sagen."

Phoebe überlegte kurz "Es geht um uns." meinte sie schließlich.

Cole hatte ein ungutes Gefühl bei diesem Anfang des Gesprächs. Es hatte ja schon einen Vorteil, dass es überhaupt ein uns gab. Aber Phoebe hörte sich so verdammt ernst an, dass er beschloss, erst einmal abzuwarten.

Sie atmete kurz durch und blickte über die Wiese zu ein paar Bäumen, die am Rand standen und sich leicht im Wind bewegten. Dann begann sie vorsichtig zu erklären. "Unsere letzte Beziehung endete für uns beide sehr unglücklich. Wie ich dir schon einmal versucht habe zu erklären, du hattest mein Vertrauen zu stark verletzt und ich wollte nichts mehr mit dir zu tun haben." Sie schaute ihn kurz an und bemerkte, dass er ihr aufmerksam zuhörte. Sie blickte dennoch lieber wieder zu den Bäumen. "Du hattest Probleme damit und wolltest nicht einsehen, dass es zwischen uns wirklich aus war. Und naja letztendlich warst du nicht mehr du selbst, ich habe dich nicht mehr erkannt." Sie schwieg einen Moment.

"Und was willst du mir jetzt damit sagen?" Fragte er unruhig.

Phoebe schaute ihn wieder an. "Ich will dir sagen, dass es für mich jetzt anders ist. Ich habe darüber nachgedacht. Du hast mir immer wieder das Herz gebrochen, um es im Anschluss daran wieder zu heilen. Ich konnte das nicht mehr ertragen und hatte beschlossen, dass ich es selbst heilen kann. Ich dachte ich hätte es geschafft, aber das war ein Irrtum." Sie lächelte ihn an.

"Das tut mir alles so Leid, ich ..." Sie legte ihm ihren Zeigefinger auf den Mund und schüttelte den Kopf. "Ich weiß, dass es dir Leid tut . Und ich habe beschlossen, dass ich es noch einmal mit dir versuchen will. Aber unter der Bedingung, dass du die Vergangenheit ruhen läßt."

Cole sah sie ungläubig an. "Du meinst ich soll nicht mehr versuchen in Erfahrung zu bringen wer ich war?" Das konnte doch nicht ihr Ernst sein.

"Ja, genau das meine ich. Und um ganz ehrlich zu sein, dein Leben war nicht besonders glücklich. Du hast eine neue Chance erhalten, versuche sie zu nutzen, ganz ohne den ganzen Ballast, der Vergangenheit." versuchte sie ihn zu überzeugen.

"Halt, Moment mal" meinte er und hob beschwichtigend die Hände. "Es mag ja sein, dass mein Leben nicht gerade das tollste war, aber trotzdem will ich wissen, wer ich war, ich muss doch wissen, was ich getan habe, was ich erlebt habe. Ich will nicht weiterhin mit dieser Ungewissheit leben, es ist einfach zu frustrierend. Vor allem wen ich weiß, dass du es ändern könntest."

"Aber ich kann es nicht ändern, du wüßtest doch noch nicht einmal ob ich dir die Wahrheit sage. Es wären nicht deine Erinnerungen." versuchte sie ihn erneut zu überzeugen.

"Naja es wäre wenigstens ein Anfang und vielleicht könnte ich mich dann endlich erinnern."

Unglücklich zupfte Phoebe ein paar Kleeblätter ab. "Das glaube ich nicht, aber wenn du darauf bestehst, dann haben wir keine Chance." Stellte sie bestimmt fest.

"Das verstehe ich einfach nicht." erklärte Cole.

Sie sah zu ihm auf "Ich will mich nicht daran erinnern." meinte sie hart. "Es war die schlimmste Zeit meines Lebens. Für mich bedeutet es schlimme Erinnerungen, Leid und Schmerz."

"Und wenn wir es verdrängen und so tun als wäre es nicht geschehen, dann kannst du all das einfach so vergessen?" Fragte er ungläubig.

"Ich verdränge es nicht, es ist für mich nur ein abgeschlossenes Kapitel. Es war nicht nur deine alleinige Schuld, das muss ich vielleicht hinzufügen. Aber was in der Vergangenheit passiert ist, kann niemand mehr ändern. Es ist vorbei und ich verzeihe dir, soweit ich das kann. Doch das alles noch einmal durchzugehen, dass ertrage ich einfach nicht."

"Und wie wäre es mit den angenehmen Erlebnissen? Meine Kindheit, oder ich möchte einfach wissen, was ich dachte, als ich dich das erste Mal gesehen habe, wie wir uns verliebt haben, wie unsere Hochzeit war."

"Unsere Scheidung." fügte sie nüchtern hinzu.

"Das gehört dann natürlich auch dazu."

"Aber du erlebst diese Dinge doch jetzt neu." Stellte sie fest. "Und was du dabei empfunden hast, kann ich dir sowieso nicht sagen." Sie sah seinen unzufriedenen Gesichtsausdruck. "Ich verstehe ja, dass du die Erinnerungen mit mir teilen willst. Aber ich kann dir nur diese Möglichkeit geben." Sie sah ihn hoffnungsvoll an.

Cole konnte sie einfach nicht enttäuschen, sie sah so wunderschön aus, wie sie dort im Gras saß und sie bedeutete ihm so viel. Und dennoch musste er einen letzten Versuch unternehmen. "Wäre es nicht sinnvoller, wenn ich wüsste, was ich getan habe und was zwischen uns schief gelaufen ist, damit ich die selben Fehler nicht noch einmal mache?"

"Keine Sorge, es wird nicht noch mal passieren, das ist nicht möglich." meinte sie überzeugt.

Er sah sie skeptisch an. "Und da bist du dir ganz sicher?"

"Ja."

Er sah sie unsicher an. "Ich bin nicht der Mensch, der das alles einfach auf sich ruhen lassen kann."

"Ja, ich weiß, aber wenn ich dich darum bitte?" Sie sah ihn bittend an.

Hatte er ihr schon jemals etwas abschlagen können, schoss es Cole durch den Kopf. Er wollte sie nicht verlieren, und sie hatte es sehr deutlich gemacht, dass sie sich von ihrer Meinung nicht würde abbringen lassen. Er wusste nicht, ob er dazu in der Lage war, sein vergangenes Leben einfach so zu vergessen. Aber seine Möglichkeiten mehr darüber zu erfahren, waren ohnehin beschränkt. Seine erste Möglichkeit war Phoebe und ihre Familie, aber aus denen würde er nichts herausbekommen, da war er sich sicher. Seine zweite Möglichkeit war Cyber und die Polizeiakten, aber wie Cyber ihm schon am Telefon mitgeteilte hatte, hatte er nicht viel in Erfahrung bringen können. Und wer wollte ihn daran hindern, den Umschlag zu öffnen? Er musste es Phoebe ja nicht unbedingt erzählen. Und dann war da noch seine höchst unwahrscheinliche Verstrickung in das Organisierte Verbrechen, aber ganz abgesehen von der Gefahr, die ihn nicht weiter schreckte, wollte er überhaupt mehr darüber in Erfahrung bringen? Vielleicht hatte sie ja Recht, vielleicht sollten sie einfach neu anfangen. Er schaute sie entschlossen an. "Gut, wenn du davon überzeugt bist, dass es besser so ist, dann vertraue ich dir. Ich werde nichts weiter unternehmen."

"Wirklich?" freudestrahlend fiel sie ihm um den Hals, wodurch er sich lachend auf den Rücken fallen ließ. Phoebe küsste ihn stürmisch, sie war sich sicher, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten, und ihre Familie würde dies auch noch einsehen, davon war sie überzeugt. Sie unterbrach kurz ihren Kuss und sah ihn ernst an. "Ich muss dich noch von Piper warnen." teilte sie ihm mit.

"Von Piper?" er starrte sie erstaunt an. "Deiner Schwester?" Er konnte sich nicht vorstellen, wovor sie ihn warnen könnte.

"Ja" Phoebe nahm lächelnd sein Gesicht zwischen ihre Hände. "Sie meint es ist nicht fair von mir, dass ich es zulasse, dass du dich wieder in mich verliebst."

Er runzelte die Stirn. "Wieso?"

"Weil du nie von mir losgekommen bist." meinte Phoebe ehrlich.

Cole sah sie nachdenklich an. "Und sie befürchtet, dass das wieder geschehen könnte?" Phoebe nickte. "Ich denke für die Warnung ist es zu spät, ich bin bereits in dich verliebt." Sie lächelte. "Aber du kannst ihr versichern, ich komme dieses Mal damit klar, selbst wenn es nicht klappen sollte." Er hatte ein komisches Gefühl im Magen, denn er war selbst nicht hundert Prozent davon überzeugt. Eine leise Stimme versuchte ihn vor ihr zu warnen, dass seine Gefühle für Phoebe ihn zu verletzbar machen könnten, aber er wollte nicht darauf hören, warum sich Sorgen machen. "Aber wenn wir uns lieben, dann wird es funktionieren und wir werden für den Rest unseres Lebens zusammen sein, davon bin ich überzeugt." Fügte er vorsichtshalber hinzu.

Das hoffte Phoebe auch, sie hoffte es so sehr, es durfte dieses Mal einfach nichts dazwischen kommen. Mit einer Leidenschaft, die alle Zweifel beiseite schob, küsste sie ihn erneut.

Nach einiger Zeit mussten sie sich unwillig voneinander lösen, da es Zeit war, zur Arbeit zurückzukehren. Beim Aufstehen bemerkte Cole, dass er Grasflecken an seinem T-Shirt hatte, die ihn aber nicht weiter störten. Kurz bevor sie sich trennen mussten, fiel ihm noch etwas ein, was er Phoebe fragen wollte. "Und was ist, wenn meine Erinnerung von selbst wiederkommt?"

"Das ist dann Schicksal" Meinte Phoebe, darüber musste sie sich keine Gedanken machen, denn sie war überzeugt davon, dass dies nie geschehen würde.

Nachdem sie sich für Mittwoch Abend in der Stadt verabredet hatten, trennten sie sich schweren Herzens voneinander.

Als Cole in sein Büro zurückkam, traff er dort zu seiner Überraschung Trisha Raymond vor.

"Hallo Trisha, was treibt sie zu mir." Erfreut bot er ihr einen Platz an. Sie setzte sich und teilte ihm ohne Umschweife mit, dass sie von ihm wissen wollte, ob es in ihrer Nachbarschaft tatsächlich noch andere Überfälle gegeben hätte. Er schaute sie verlegen an und musste eingestehen, dass dies eine Ausrede gewesen war. "Ich habe einer Kollegin bei ihren Recherchen über die Korruptionsaffäre in der Stadtverwaltung geholfen."

"Die Stadverwaltung? Aber damit habe ich doch gar nichts zu tun." Meinte sie überrascht.

"Wirklich?" Dies verwunderte Cole auch. "Aber sie haben meiner Kollegin Informationen zu dieser Angelegenheit versprochen. Doch als sie sich mit ihr treffen wollten, hatten sie bereits ihren Unfall gehabt." Als sie ihn weiterhin ungläubig anschaute, fuhr er fort. "Außerdem haben sie ihr noch die Deacon Waffenfabrik als verdächtig genannt."

"Die Deacon Waffenfabrik? Also die kenne ich nun wirklich nicht, oder doch?" Sie sah ihn unglücklich an. "Die ganze Angelegenheit macht mich noch verrückt." Sie seufzte, "aber woher wussten sie dann von meinem Unfall?"

"Eine andere Informantin ist ebenfalls überfallen worden, kurz bevor sie mit Helen reden konnte. Und wissen wie was, auch diese Frau hat ein Stück ihrer Erinnerung verloren, ist das nicht ein merkwürdiger Zufall?"

Trisha schüttelte ungläubig den Kopf. "Das ist ja kaum zu glauben. Sie meinen diese Leute besitzen ein Mittel, mit dem sie die Erinnerungen beeinflussen können. Aber das ist doch nicht möglich."

Er zuckte mit den Achseln. "Eine andere Erklärung habe ich nicht."

Trisha dachte einen Augenblick nach und zog dann einen Block mit einigen Notizen hervor. "Hier." Sie reichte ihn Cole. "Diesen Block habe ich am Wochenende gefunden. Ich kann mich nicht daran erinnern, diese Notizen gemacht zu haben, aber ich weiß ich muss irgendwas entdeckt haben."

Cole schaute sich interessiert die Notizen an. Dort standen einige Angaben zur Canterro Chemiefabrik und eine Nummer, die rot eingekreist war. Auf einem weiteren Blatt war eine Weg aufgezeichnet. Hinter den Zetteln klebte eine Karte, mit einem Magnetstreifen, mit dem man Türen öffnen konnte.

Er schaute hoch "Und sie wissen nicht, was dies zu bedeuten hat?"

"Ich habe vor einem Jahr begonnen, Informationen zu der Canterro Chemiefabrik zu sammeln. Ich bin Chemikerin, müssen sie wissen, und ich engagiere mich nebenbei für eine Umweltorganisation. Wir hatten den Verdacht, dass die Fabrik die Umwelt mit ihren Chemikalien stärker verschmutzt, als erlaubt. Daraufhin habe ich mich um einen Teilzeitjob bei der Chemiefabrik beworben. Und ich habe ihn erhalten." Sie schaute ihn unglücklich an.

"Können sie sich noch daran erinnern, wie sie mit der Arbeit begonnen haben?"

"An die ersten Tage, aber dann ist alles weg. Ich habe meine Freunde von der Umweltschutzorganisation gefragt, und sie haben mir erzählt, dass ich keine Hinweise auf eine illegale Verschmutzung der Umwelt gefunden habe. Aber ich habe etwas anderes entdeckt, was mich sehr beunruhigt hat. Mir war die ganze Sache wohl zu gefährlich oder zu uninteressant, kommt ganz darauf an, wen meiner Freunde ich dazu befrage." Meinte sie lächelnd. "Leider hatte ich ihnen auch nicht gesagt, um was es ging, aber ich wollte die Informationen einem Reporter zukommen lassen, damit dieser weitere Nachforschungen anstellen kann."

"Und da haben sie dann Helen ausgesucht." stelle Cole fest.

"Scheint so. Ich habe am Wochenende ihren Artikel gelesen, und ich denke ich hatte eine gute Wahl getroffen, aber jetzt ist alles anders." Sie schaute ihn neugierig an. "Sind sie an dieser Geschichte interessiert?"

"Aber sicher doch." Er schaute interessiert zurück. Diese Story würde er sich nicht entgehen lassen.

"Gut, denn ich will der Sache auf den Grund gehen, jetzt betrifft es mich selbst, und da werde ich nicht locker lassen." Sie lächelte "und dafür brauche ich Hilfe."

Cole machte eine einladende Geste "Meine können sie haben. Was haben sie vor?"

Sie nahm ihm ihre Notizen aus der Hand und holte die Zeichnung hervor. "Ich kann mich an diesen Gang erinnern." Sie zeigte ihm die Stelle auf der Zeichnung "Er führt zu der Pharmazeutischen Abteilung der Fabrik. Zu dieser Abteilung haben nur einige Mitarbeiter den Zugang. Die Tür ist hermetisch abgeriegelt. Ich hatte schon immer den Verdacht, dass ich dort suchen muss. Naja, wahrscheinlich habe ich dann etwas anderes gefunden, als ich vermutet hatte." Sie sah ihn entschuldigend an. "Aber egal, ich denke wir müssen dort noch einmal suchen."

Cole nahm die Codekarte und fragte skeptisch "und mit dieser Karte kommt man dort rein?"

"Nein, im Grunde nicht, man braucht für den Zugang ganz andere Ausweise und Schlüssel. Das wundert mich ja auch." meinte sie resigniert.

Er schaute sich noch einmal ihre Zeichnung an. "Und was ist das hier?" fragte er und zeigte auf eine blau markierte Stelle in der Nähe des Einganges.

"Hm, soviel ich weiß sind dort nur sterile weiße Wände."

"Vielleicht ist es ja eine versteckte Tür, die sie entdeckt haben und die mit dieser Karte geöffnet werden kann." überlegte Cole.

"Kann ich mir kaum vorstellen, aber ich denke das werden wir wohl überprüfen müssen." Sie kramte in ihrer Tasche herum und holte einen Ausweis hervor, der mit einem Anstecker an die Kleidung geheftet wurde. "Dies ist mein Ausweis für die Canterro Chemiefabrik. Damit kommt man eigentlich an allen Kontrollen vorbei. Aber als ich es versucht habe, haben sie mir mitgeteilt, dass ich niemals in dieser Fabrik gearbeitet habe. Sie haben behauptet der Ausweis wäre gefälscht und sie wussten mittlerweile auch, dass ich mit einer Umweltorganisation sympathisiere. Daraufhin haben sie mir den Eintritt verboten."

"Und wie können wir sonst hineinkommen?"

"Jeden Donnerstag werden Führungen durch die Fabrik veranstaltet. Mrs. Canterro legt viel Wert auf Publicity. Wenn wir uns einer dieser Führung anschließen, dann könnten wir uns nach kurzer Zeit absetzen und in die Kleiderkammer gehen."

"Werden die Teilnehmer denn nicht gezählt?"

"Doch, aber nur am Anfang der Tour am Tor und am Ende der Führung wieder dort. Jeder der ohne Kittel und Ausweis herumläuft fällt sowieso auf. Wenn ich mir aber diesen Ausweis anstecke, wird mich keiner mehr beachten." Sie schaute ihn nachdenklich an. "Ich denke ich kann ihnen so einen ähnlichen Ausweis besorgen. Er muss ja nur auf den ersten Blick echt wirken. Aber ich brauche ein Foto von ihnen."

Cole suchte in seine Schreibtischschublade und fand nach einiger Zeit ein Foto, das er ihr gab.

"Gut, dann ist das kein Problem." Sie lächelten sich verschwörerisch zu. "Ich habe auch noch ein weiteres Interesse daran, noch einmal in die Fabrik zu kommen." Teilte sie ihm mit. "Ich will in mein ehemaliges Schließfach gucken, ich vermisse nämlich einen meiner liebsten Pullover und sie haben doch tatsächlich behauptet ich hätte dort niemals ein Schließfach gehabt." meinte sie empört. "Aber bei meinem Glück haben sie es schon anderwertig vergeben und meine Sachen weggeschmissen. Naja was soll es. Ich werde uns jedenfalls für die Führung diesen Donnerstag anmelden, passt ihnen das?"

Cole hatte keine Einwände und sie verabredeten sich für Donnerstag Nachmittag. Nachdem Trisha sein Büro verlassen hatte, erschien ein Kurier, um ihm einen Umschlag zu überreichen. Cole unterschrieb die Empfangsbestätigung und erhielt den dünnen Umschlag. Er legte den Umschlag vor sich auf den Schreibtisch und dachte nach. Er wollte wissen, was in diesem Umschlag steckte, aber er hatte Phoebe versprochen die Sache ruhen zu lassen. Er stöhnte und nahm ihn in die Hände. Die Ränder waren stark zugeklebt. Cyber achtete immer akribisch darauf, dass seine Lieferungen gut verschlossen waren. Er zerrte unsicher etwas daran herum, konnte sich aber nicht überwinden, den Umschlag zu öffnen. Sie vertraute ihm, und hatte sie nicht gesagt, ihre Liebe zu ihm wäre gestorben, weil sie kein Vertrauen mehr zu ihm gehabt hätte. Aber sie wusste doch nichts davon, versuchte er sich zu überzeugen. Doch trotzdem verließ ihn das dumme Gefühl nicht, dass sie es irgendwie herausfinden könnte. Er schaute noch einmal auf den Umschlag und legte ihn schweren Herzens in die unterste Schublade. Er hatte immer die Möglichkeit ihn zu öffnen, im Moment war es nicht so dringend.