23. Kapitel

Als Cole am nächsten Morgen in sein Büro kam, erhielt er überraschend Besuch vom stellvertretenden Redakteur. Er ließ sich im Stuhl gegenüber von Cole nieder und erteilte ihm den Auftrag, an diesem Abend die Eröffnung einer Ausstellung für Plastiken aus Metall zu besuchen und einen Artikel über den neuen Künstler zu schreiben.

"Ich? Wie kommst du denn auf mich?" wunderte sich Cole und lehnte sich zurück. "Ich habe keine Ahnung von dem Zeug."

"Diese Reportagen schreibt sonst immer Helen, wie du weißt."

"Ja und? Kann Angela das nicht übernehmen?"

"Angela hat außerhalb zu tun und ist diesen Abend noch nicht zurück."

"Aber es muss doch jemand anderen geben, der besser geeignet ist als ich." erklärte Cole überzeugt.

"Wie schon gesagt, es ist Helens regelmäßige Kolumne und du weißt ja wie eigen sie dabei ist." Er schaute Cole wissend an. "Es ließ sich niemand finden, der sich daran wagen wollte. Also fiel die Wahl auf dich."

"Na toll. Aber ich habe von dieser Art Kunst keinen blassen Schimmer."

"Du musst nur Helens Artikel lesen, und in etwa in ihrem Stil imitieren." Er grinste Cole fröhlich an. "Du hast ja bewiesen, wie gut du das kannst. Wer weiß, vielleicht gefällt es dir sogar."

Cole schaute ihn wenig überzeugt an. "Aber ich habe heute Abend schon etwas vor." probierte er es zum letzten Mal.

Der Redakteur reichte ihm zwei Karten über den Tisch. "Nimm sie einfach mit, Frauen gefallen solche Veranstaltungen, schöne Kleider, interessante Leute und ein kleiner Imbiss. Da kann man das berufliche mit dem privaten verbinden."

Widerwillig nahm Cole die Karten entgegen und sah sie sich an.

"Es fängt um 19 Uhr an, und ich erwarte deine Reportage bis morgen Mittag." Meinte der Redakteur noch schnell bevor er zufrieden Coles Büro verließ.

Cole schaute immer noch missmutig auf die Karten. Was soll's dachte er sich, vielleicht würde es ja ganz lustig werden. Er wusste zwar nicht, ob Phoebe auch zu den erwähnten Frauen, die solche Veranstaltungen genossen, gehörte, aber das ließe sich leicht feststellen. Er griff nach dem Telefonhörer und wählte ihre Nummer. In ihrem Büro teilte man ihm aber mit, dass sie an diesem Tage Zuhause arbeitete.

Phoebe hatte die ganze Nacht schlecht geschlafen. Nachdem sie spät ins Bett gekommen war, hatte sie sich, obwohl sie wusste, dass Fleisher gut verstaut war, nicht richtig entspannen können. Früh am nächsten Morgen, als es noch dunkel war, hatte der Wecker geklingelt und sie hatten den jammernden Fleisher aus dem Keller geholt. Nachdem sie ihm einen Schlaftrunk verabreicht hatten, hatte Paige in wohlbehalten zurück in seine Zelle gebracht. Danach hatten sie sich mit Darryl in Verbindung gesetzt und ihm die Lage erklärt. Er hatte ihnen versichert, dass er eine Lösung für dieses Problem finden würde.

Da Phoebe immer noch müde war, hatte sie beschlossen, an diesem Tag Zuhause zu arbeiten. Ihre Schwestern waren nicht da, als am späten Vormittag das Telefon klingelte.

Es war Cole, nach einer kurzen Begrüßung teilte er ihr mit, dass er an diesem Abend beruflich zu einer Ausstellung müsste. "Unser Redakteur ist der Meinung, sowas würde Frauen gefallen, also kommst du mit?"

"Sicher, warum nicht, dass könnte doch interessant werden. Was für eine Ausstellung ist es denn?"

Cole schaute auf die pompös gestalteten Eintrittskarten, auf denen ein paar Werke des Künstlers abgebildet waren. "Hm, der Künstler hat aus irgendsolchem Metallschrott Statuen gemacht. Sieht nicht sonderlich interessant aus, aber wir müssen ja nur kurz vorbeischauen, damit ich wenigstens weiß, über was ich schreibe."

"Okay, wann fängt es an?"

Cole nannte ihr die Uhrzeit und fragte, wann er sie abholen sollte.

Phoebe dachte kurz nach "Weißt du," meinte sie nachdenklich. "Ich kann ja bei dir vorbeikommen, deine Wohnung liegt zentraler, und wir können von dort aus zur Ausstellung fahren."

Cole war dieser Vorschlag ganz recht, da er auch nicht sonderlich erpicht darauf war, Phoebes Familie zu treffen.

Nachdem Cole aufgelegt hatte, laß er zwei von Helens Artikeln. Sie brachten ihn nicht viel weiter und er beschloss, ihr lieber einen Besuch im Krankenhaus abzustatten. Er hatte sie am Tag zuvor schon nicht besucht, und wollte sowieso mal wieder bei ihr vorbeischauen. Dieses Mal kaufte er im Eingang einen Blumenstrauß und begab sich in ihr Zimmer.

"Hallo Fremder" meinte Helen, als er das Zimmer betrat.

"Fremder? Ich war doch erst Sonntag hier." Verteidigte er sich, während er die Blumen in eine Vase stellte.

"Sonntag? Heute ist Mittwoch und hier ist es so schrecklich langweilig, das einem jeder Tag wie eine ganze Ewigkeit vorkommt."

Cole stellte die Blumen auf den Tisch neben ihrem Bett und sah die aufgeschlagenen Zeitschriften. "Wie ich sehe hast du sogar die Kreuzworträtsel gemacht." meinte er leicht amüsiert.

"Nein, dass war Peter, er will den Super- Leinwand -Fernseher gewinnen. Ich habe mir nur die wahren Geschichten durchgelesen, und mich gewundert was für ein aufregendes Leben manche Leute haben." Sie schaute ihn lachend an. "Also wenn diese Geschichten wirklich wahr sind, dann kann ich da trotz meiner Schussverletzung noch lange nicht mithalten."

"Ich kann dir nächstes Mal ja Nachschub mitbringen."

"Oh bitte, so schlägt man wenigstens die Zeit tot. Also, was gibt es sonst Neues?"

Cole erzählte ihr von seinem Auftrag, über die Ausstellung am heutigen Abend eine Reportage schreiben zu müssen. "Du weißt, ich habe davon keine Ahnung, also gib mir ein paar Tipps."

Nachdem ihm Helen ein paar Ratschläge gegeben hatte warnte sie ihn "Aber verdirb mir ja nicht diese Reihe. Ich verstehe sowieso nicht, warum sie gerade dich ausgewählt haben?"

"Tja, es hat sich sonst keiner getraut." meinte Cole und grinste sie an.

"Das ist doch nicht dein Ernst, oder." Als er nickte fügte sie entsetzt hinzu "Bin ich so schlimm?"

"Sicher, was denkst du denn?" meinte er ironisch. "Aber ich habe eher den Verdacht, dass die anderen genauso wenig Interesse an dieser Ausstellung hatten wie ich. Und du wirst dich noch wundern, die Leser werden so begeistert von meinem Artikel sein, dass ich diese blöde Reihe gar nicht mehr los werde."

"Jetzt stell dich nicht so an, es ist eigentlich immer ganz lustig, also ich habe meistens Spaß daran." Sie schaute ihn interessiert an. "Geh doch mit dieser Phoebe dorthin."

"Auf diese Idee bin ich auch schon gekommen." Teilte er ihr mit.

"Und sie kommt mit?" Als er nickte fügte sie hinzu. "Und wie läuft es sonst so?"

"Helen nicht." meinte er genervt.

"Man darf doch wenigstens mal fragen." Sie schaute ihn an. "Lernen wir sie denn auch mal kennen?"

"Sicher, aber im Moment bist du ja noch im Krankenhaus." Stellte er erleichtert fest.

"Ich werde aber Freitag endlich endlich entlassen. Also nächste Woche hätte ich dann Zeit." meinte sie grinsend.

"Hm, mal sehen." antwortete er vage.

Als Phoebe sich am Abend fertig gemacht hatte und die Treppe herunter kam, begegnete ihr Piper. Die sie interessiert betrachtete "Hey, Phoebe, woa, was hast du denn heute noch vor?"

"Ach, ich will noch zu so einer Art Vernissage."

"Mit Cole?" fragte Piper, und als sie von Phoebe eine leise Zustimmung hörte, fügte sie hinzu "Holt er dich ab?"

"Nein, ich fahre zu ihm, von dort kommen wir besser zu dem Ausstellungssaal."

"Oh, seine Idee?"

"Nein meine."

Piper schaute ihre Schwester überrascht an.

"Ich weiß doch, dass ihr etwas gegen Cole und mich habt," verteidigte sich Phoebe.

"Aber das heißt doch nicht, dass er sich von uns fern halten soll." meinte Piper kopfschüttelnd. "Ich denke wir waren in all den Jahren ziemlich tolerant ihm gegenüber, oder nicht?"

Phoebe nickte.

"Ich bin zwar der Überzeugung, dass du die Vergangenheit nicht wieder aufleben lassen solltest, und ich habe auch nicht vor, ihm so einfach zu verzeihen, aber ich werde dir keine Steine in den Weg legen. Und wenn du beschlossen hast, dass er wieder zu deinem Leben gehören soll, dann rate ich dir zwar, auf der Hut zu sein, aber ich werde es akzeptieren. Okay?"

Phoebe sah ihre Schwester glücklich an.

"Kommt doch heute nach dieser Vernissage noch im P3 vorbei, wenn ihr wollt." schlug Piper versöhnlich vor.

"Das meinst du wirklich ernst." fragte Phoebe erfreut.

"Ja, ich würde mich freuen."

"Danke" Freudestrahlend umarmte Phoebe ihre Schwester. Und machte sich dann auf den Weg zu Cole.

Als Cole die Tür öffnete, um sie hereinzulassen, schaute er sie bewundernd an. "Woa." meinte er, "Ich sollte mich öfter von Frauen abholen lassen, wenn sie dann so wunderschön sind wie du." Er zog sie begeistert in die Wohnung und begann sie gleichzeitig zu küssen. Ohne sie loszulassen, lehnte er sich etwas zurück und betrachtete ihr Gesicht. "Wir können diese blöde Veranstaltung ja einfach sausen lassen." murmelte er. "Ich würde lieber mir dir allein sein."

Sie schob ihn von sich und schaute ihn empört an. "Ich will ja nicht deine Karriere ruinieren."

"Ach Karriere," er winkte ab. "Die war mir noch nie sonderlich wichtig. Und den Artikel bekomme ich auch hin, ohne auf dieser Ausstellung gewesen zu sein." Erklärte er und wollte sie wieder küssen.

Phoebe wich ihm spielerisch aus und meinte energisch. "Allein sein können wir ja hinterher noch. Mich würde diese Ausstellung schon interessieren."

"Wirklich," meinte er verblüfft und ließ sie los. "Naja warum nicht, dein Wunsch ist mir Befehl." Er griff nach seiner Jacke und den Autoschlüsseln und öffnete die Tür. "Aber ich warne dich, auf den Eintrittskarten versprach diese ganze Veranstaltung nicht sonderlich interessant zu werden." Er reichte ihr die Karten, die sie neugierig betrachtete.

"Wir werden sehen, lassen wir uns doch überraschen." meinte sie fröhlich, als sie mit ihm auf den Lift wartete.

Als sie vor dem Ausstellungssaal angekommen waren, hatten sich dort schon ein paar Leute eingefunden, die ebenfalls auf den Einlass warteten. Punkt 19 Uhr wurden die Türen geöffnet. Ein freundlicher Herr nahm die Karten entgegen und reichte jedem eine Broschüre zu den einzelnen Ausstellungsstücken. Cole betrachtete die kleine Broschüre und schaute auf die letzte Seite, wo einige Angaben über den Künstler Janny Aroso gemacht wurden.

"So ein Zufall," meinte er und zeigte Phoebe die letzte Seite. "Aroso hat doch tatsächlich für die Deacon Fabrik gearbeite, und als er unbedingt Künstler werden wollte haben sie ihm netterweise ihren Schrott zur Verfügung gestellt."

"Naja, so sieht es aber auch aus," meinte Phoebe und blieb vor einem Werk stehen, dass aussah, wie ein zusammengesuchtes Sammelsurium aus Metallschrottteilen. "Was soll das bloß darstellen? Steht etwas dazu in der Broschüre?"

"Der Arbeiter im 21. Jahrhundert." las Cole vor und schaute sich das Werk zweifelnd an.

"Wo ist denn da der Arbeiter?" Fragte Phoebe und ging um das Kunstwerk herum.

"Wahrscheinlich unter dem Schrotthaufen." Mutmaßte Cole.

Phoebe musste lachen und sah sich nach dem nächsten Werk um. Es handelte sich um ein Drahtgestell mit eingebauten Türgriffen. "Verschlossene Türen. Über die Verzweiflung, wenn einem kein Weg mehr offen steht. Wie poetisch, man muss nur die richtigen Einfälle haben, um seinen Schrott zu verkaufen."

"Schon praktisch." Stimmte ihm Phoebe zu. "Man häuft einfach etwas Müll übereinander und wird dadurch steinreich, fragt sich nur wer so blöd ist und dafür Geld ausgibt."

"Irgendwelche reichen Leute, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld, oder auch Banken und Versicherungen kaufen gerne solche Kunst." erzählte ihr Cole. "Sie sehen es als Geldanlage und hoffen, dass die jungen Künstler irgendwann einmal berühmt werden und ihre Werke dann ein vielfaches von dem Wert sind, den sie heute bezahlen."

"Und wenn nicht?"

"Dann verschandelt das Zeug die Eingangshallen und verstaubt dort. Oder verrostet, ganz wie du willst."

Sie gingen weiter, um die anderen Kunstwerke zu betrachten, als Phoebe plötzlich wie erstarrt stehen blieb. Cole folgte ihrem Blick und sah ein Kunstwerk, dass hell leuchtete. Sie gingen näher heran, und Cole meinte sarkastisch "Na das kann man wenigstens noch als Lampe benutzen." Er schaute es sich genauer an. "Obwohl es mir vorkommt, als hätte ich so was schon mal gesehen." meinte er nachdenklich.

Phoebe schaute ihn entsetzt an und meinte schnell. "Cole, hast du nicht gesagt hier gäbe es auch Getränke?" Sie sah ihn fragend an und nachdem er die Frage bejaht hatte, bat sie ihn darum, ihr ein Glas zu holen.

Als er weg war, schaute auch sie sich das Werk genauer an. Es handelte sich um eine Metallschale, die wie eine offene Hand geformt war. Man konnte jeden einzelnen Finger erkennen. Ein Stück über dieser Hand befand sich eine aus Metalldrähten geformte Kugel, die sich drehte. Sie war so unsichtbar befestigt, dass es schien, als würde sie wirklich schweben. Außer den dünnen Drähten war die Kugel offen und man konnte hindurchsehen. Die Drähte leuchteten in einem hellem Licht, und durch das Drehen schien es als würde die gesammte Kugel brennen. Phoebe wusste nicht, wie der Künstler diesen Effekt erzielt hatte, aber sie war sich sicher, dass dieses Kunstwerk einen dämonischen Energieball darstellte. Sie war so versunken in ihre Betrachtung, dass sie nicht bemerkte, wie ein weiterer Besucher neben sie trat und sie ansprach. "Sie wissen was das ist, nicht wahr?"

Phoebe erschrak und schaute zur Seite. Dort erblickte sie den Künstler persönlich.

"Ich wollte sie nicht erschrecken," entschuldigte er sich. "Aber ich habe sie beobachtet und gesehen, wie sie mein Kunstwerk betrachtet haben."

"Wo haben sie das gesehen?" Erkundigte sich Phoebe neugierig.

"Sie erkennen es also?" Fragte er aufgeregt.

Sie schaute ihn an und nickte schließlich.

"Ich habe es in einer leeren Lagerhalle der Deacon Fabrik beobachtet. Nebenan befand sich die Stelle, an der ich den Metallschrott abholen konnte, den sie mir zur Verfügung stellten. Als ich mir eines Abends einige Teile ansehen wollte, hörte ich in der Lagerhalle komische Geräusche. Ich näherte mich also der Halle und späte hinein. Und was ich da sah." Er sah Phoebe entsetzt an. "War einfach Grauen erregend. Da stand so ein Wesen, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, es sah aus wie ein Monster aus einem Film und es bildete diese Kugel in seiner Hand." Er zeigte auf sein Werk. "Das hat mich völlig fasziniert. Ich schaute nur noch diese brennende Kugel an und konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Daher sah ich auch nicht, dass sich noch jemand in dem Raum befunden haben musste, denn als dieses Wesen die Kugel warf, muss sie jemand getroffen haben. Ich vernahm einen lauten Schrei. Aber als ich in die Richtung sah, war nichts übrig geblieben, ich sah nur noch Feuer und es roch nach verbrannten Fleisch. Es war schrecklich. Ich habe mich dann umgedreht und bin nur noch gerannt." Er schaute nachdenklich auf den Boden. "In der Zeit danach habe ich mir eingeredet, dass es nur ein Traum war, aber geglaubt habe ich es nie. Und diese Kugel hat mich verfolgt, so dass ich sie als Kunstwerk verarbeiten musste."

"Und das ist ihnen auch wirklich gut gelungen." Meinte Phoebe bewundernd.

"Also können sie mir sagen, was ich da gesehen habe?"

Phoebe dachte kurz nach und entschied sich für eine Halbwahrheit "Sie haben wahrscheinlich einen Dämon gesehen, ich habe davon gelesen." Er schaute sie erschreckt an. "Keine Sorge, wenn er sie nicht gesehen hat, dann wird er ihnen auch nichts tun."

Er wollte ihr weitere Fragen stellen, aber zu Phoebes Glück trat eine Gruppe von Leuten auf ihn zu, die den Künstler mit Fragen zu seinen Werken bestürmten. Dankbar verzog sich Phoebe schnell und stieß dabei fast mit Cole zusammen.

"Da war vielleicht ein Andrang" erzählte er und gab ihr ein Glas Champagner. "Die meisten Leute sind wahrscheinlich nur gekommen, um etwas zu trinken und zu essen. Obwohl die Snacks nicht besonders appetitlich aussehen." Er trank einen Schluck und sah Phoebe neugierig an. "Ich habe eben gesehen, wie du mit dem Künstler höchstpersönlich gesprochen hast. Wie war er denn so, leicht verrückt?"

Phoebe schaute sich um, aber die Meute hatte ihn schon aus ihrem Blickfeld geführt. Sie atmete erleichtert auf. "Eigentlich war er ziemlich normal, es war mir nur irgendwie peinlich, weil wir ja kurz zuvor über seine Werke gelästert haben."

Cole lachte "Was hat er dir so darüber erzählt?"

"Ach auch nichts weltbewegendes." Sie trank ihr Glas aus und sah Cole an. "Wie sieht es aus, hast du genug für deinen Artikel zusammen?"

"Sicher, kein Problem, wenn du gehen willst, dann können wir gehen." Sie stellten ihre Gläser auf die schmale Fensterbank und begaben sie zum Ausgang.

Kurz davor wurden sie von einem begeisterten "Phoebe" aufgehalten. Phoebe blickte sich um und erspähte zu ihrer Überraschung Philip Hartman. "Phoebe" meinte dieser erneut "Was für eine Überraschung." Er ging auf sie zu und küsste sie auf die Wange. "Meine Güte, hast du dich wieder herausgeputzt."

Gott war der schleimig, dachte Cole trocken und beobachtete das Ganze mit skeptischem Blick.

"Philip, was suchst du denn hier, interessiert an jungen Künstlern?" Fragte Phoebe.

"Ja in der Tat, ich habe schon einige interessante Kunstwerke entdeckt. Und spiele mit dem Gedanken mir eins davon zuzulegen. Dieser junge Künstler braucht Unterstützung." meinte er wohlwollend. "Ich bin der Ansicht, dann könnte er noch einmal ganz groß herauskommen."

"Ach tatsächlich?" Phoebe musste sich beherrschen nicht zu lachen.

Philip schaute sie immer noch zufrieden an. "Ich bin wirklich froh dich hier zu treffen, meine Liebe, seit dem Ball haben wir ja leider nichts mehr voneinander gehört. Ich war so beschäftigt." Er blickte auf und entdeckte erst jetzt Cole neben Phoebe, und erkannte in ihm den Mann, der ihm mitgeteilt hatte, dass Phoebe den Ball hatte verlassen müssen. Er war ihm damals schon sehr unhöflich und unangenehm erschienen, ihn aber jetzt hier mit Phoebe zu sehen, überraschte ihn doch sehr. Er nickte ihm kurz zu.

Cole grinste freundlich zurück und meinte trocken "Ich dachte eher sie säßen schon im Gefängnis."

Phoebe schuppst ihn an und warf ihm einen missbilligenden Blick zu.

"Also diesen Unsinn glaubst du doch nicht wirklich Phoebe, oder?" Meinte Philip erregt und fuhr fort. "Das ist alles ein großes Missverständnis. Auch Harold Fleisher wird ganz zu unrecht verunglimpft." Er schüttelte den Kopf. "Das ist alles eine ganz miese Kampagne von einigen wichtigtuerischen Schmierfinken. Sie wollen ihre Auflage steigern und dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Und damit beschädigen sie den Ruf von einigen angesehenen Leuten. Es ist ein Jammer." Er schüttelte beschämt den Kopf.

Cole wollte ihm darauf schon eine passende Antwort geben, aber Phoebe hielt ihn zurück. Sie hatte keine Lust jetzt in einen Streit zwischen den beiden zu geraten. "Die Wahrheit wird schon herauskommen." meinte sie daher versöhnlich und fügte hinzu. "Wir müssen jetzt leider schon gehen, Phil. Aber melde dich doch mal wieder." Sie griff nach Coles Arm und zerrte ihn zum Ausgang.

"Das werde ich meine Liebe." Rief Philip ihr hinterher.

"Wieso wolltest du nicht, dass ich ihm die Meinung sage." Meinte Cole entrüstet, als sie wieder im Freien waren. "Der gute Harald Fleisher wird zu unrecht verunglimpft, so ein Schwachsinn. Und Helen wurde natürlich zu Recht angeschossen, um ihren lügnerischen Artikel zu verhindern. Du glaubst das doch nicht etwa?" Er starrte sie wütend an.

"Nein natürlich nicht, aber was bringt es sich darüber aufzuregen? Er hätte sowieso nie zugegeben, dass er etwas damit zu tun hat. Oder dass an den Vorwürfen etwas dran ist. Also warum sich den Abend verderben."

"Na gut, vielleicht hast du ja recht. Aber du willst doch nicht tatsächlich, dass der sich nochmal meldet."

"Hm, mal überlegen."

"Du willst mich doch nur eifersüchtig machen, oder?" Er lachte. "Du kannst ein echte Hexe sein, weiß du das?"

"Ja, das weiß ich." meinte sie mit einem wissenden Lächeln und hakte sich bei ihm unter. Als sie ein paar Straßen weiter ein Lokal mit einem freien Tisch gefunden hatte, fragte Phoebe Cole. "Und was schreibt du nun über die Ausstellung?"

Er schaute sie an. "Keine Angst, ich werde Aroso in meinem Artikel nicht fertig machen. Das wage ich gar nicht, wo du ihn jetzt persönlich kennst." Meinte er lächelnd "Ich schreibe einfach das gleiche Zeug, das Helen immer schreibt. Diese Kunst muss angeblich nicht ansehlich sein, sondern etwas aussagen."

"Und das hat sie ja." Stellte Phoebe nachdenklich fest.

Er schaute sie verwundert an. "Naja, er hatte sich ganz nette Texte zu dem Schrott ausgedacht, aber sonst... Ich weiß nur noch nicht, auf welches seiner Kunstwerke ich besonders eingehen soll, vielleicht diese Lampe, die hatte wenigsten noch einen praktischen Zweck."

"Hm," antwortete Phoebe, die ihn von diesem Gedanken lieber wieder abbringen wollte. "Nimm doch lieber diesen Schrotthaufen, oder das Gestell mit den Türgriffen, die Lampe ist wahrscheinlich zu normal."

"Kann schon sein. Es wundert mich nur, warum sie mir irgendwie bekannt vorkam." Rätselte er und wurde zu Phoebes Erleichterung durch den Kellner von seinen Überlegungen abgelenkt.

Als sie mit dem Essen fertig waren, schlug Phoebe vor, noch ins P3 zu gehen.

"Deiner Schwester gehört ein Club?" fragte Cole überrascht.

"Ja, und sogar ein ziemlich angesagter, du wirst staunen."

"Hm, also ich war der Ansicht deine Schwestern wären nicht die größten Fans von mir."

"Sie akzeptieren meine Entscheidung." Erklärte ihm Phoebe und schaute ihn an. Sie bemerkte, dass Cole von ihrem Vorschlag nicht besonders begeistert war.

"Da bin ich ja froh" meinte er "Aber weißt du, es ist ja schon schlimm genug, dass du mehr über mein Leben weißt, als ich, aber dass auch noch deine Schwestern mehr über mich wissen. ..." Er verzog unzufrieden sein Gesicht.

"Du musst probieren, damit umzugehen, meine Familie bedeutet mir sehr viel, ich werde sie nicht aus meinem Leben ausschließen."

"Ich würde nie auf die Idee kommen, das von dir zu verlangen." Erklärte er ihr ernsthaft. Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten, fragte er sie "Wart ihr schon immer so eng befreundet?"

"Oh nein." antwortete Phoebe lachend. "Nicht die Spur, als Jugendliche konnten wir uns fast nicht ausstehen. Nur unsere Großmutter hat Piper, Prue und mich zusammengehalten. Vor allem mit Prue hatte ich heftige Auseinandersetzungen." Phoebe klang traurig. "Ich vermisse sie immer noch so sehr."

"Ihr Tod muss schlimm für dich gewesen sein."

"Ja das war er. Es war schrecklich, vor allem auch für Piper." Sie schwieg einen Moment und sah ihn dann an. "Du hast mir in der Zeit ziemlich geholfen."

"Oh, endlich mal etwas positives." Meinte er erfreut. "Habe ich mich gut mir ihr verstanden?"

"Mit Prue?" fragte Phoebe lächelnd. Er nickte und sie fuhr fort. "Oh, das war so eine Sache, zu Anfang konntet ihr euch gar nicht ausstehen. Aber mit der Zeit hat sich das gelegt. Ihr habt euch akzeptiert, und obwohl ihr euch oft gestritten habt, denke ich, dass ihr euch, auch wenn ihr es beide nie zugegeben hättet, schon ganz sympathisch wart." Nachdem dem sie dies gesagte hatte, musste sie lachen. "Aber sie würde mir sicher gerne den Hals umdrehen, dass ich dir das gesagt habe." Ganz in ihren Erinnerungen gefangen blickte sie zu ihm auf und wurde plötzlich etwas misstrauisch. "Woher weißt du, dass sie tot ist?"

"Als ich euch getroffen habe, habe ich mich natürlich nach euch erkundigt." Meinte er nachdenklich. "Aber viel war nicht in Erfahrung zu bringen."

"Ist auch besser so." Meinte sie vorsichtig.

Sie bezahlten die Rechnung und verließen das Lokal. Als sie draußen auf der Straße waren, kehrte Cole noch einmal zu dem Thema zurück. "Wobei mich aber eins verwundert hat. Wieso hat Paige einen anderen Nachnamen als ihr, sie ist doch nicht verheiratet."

"Cole" erwiderte Phoebe gedehnt.

"Was? Das hat doch nichts mit mir oder uns zu tun. Und du hast mir doch gerade erzählt, wie wichtig dir deine Schwestern sind." Er schaute sie zufrieden an.

Phoebe stöhnte. "Paige ist unsere Halbschwester, wir haben sie erst nach Prues Tod kennen gelernt."

"Ach, und wieso?"

"Das ist eine lange Geschichte." sie sah ihn skeptisch an."Findest du das wirklich so interessant?"

"Ich will doch nur Anteil an deinem Familienleben nehmen. Dann bist du vielleicht eher bereit, nicht mehr ins P3 gehen zu wollen." Meinte er grinsend. Inzwischen waren sie wieder bei seinem Wagen angekommen. "Ich will lieber mit dir allein sein." Erklärte er leise und schaute sie hypnotisierend an.

Sie schaute lächelnd zurück "Wenn du heute absolut keine Lust mehr dazu hast, dann müssen wir nicht dorthin." meinte sie, schlang ihm die Arme um den Hals und begann ihn zu küssen.

Er zog sie begeistert an sich und erwiderte ihren Kuss zufrieden, bevor er sich wieder vorsichtig von ihr löste. "Aber vorher müssen wir noch woanders hin." meinte er und öffnete ihr die Tür.

"Ach? Wohin denn?"

"Lass dich überraschen." Cole fuhr los und bog nach kurzer Zeit auf den Parkplatz des nächsten noch offenen Supermarktes ein.

Sie stiegen aus und Phoebe fragte irritiert "Was willst du denn hier noch?" Sie schaute an sich herunter. "Sind wir nicht etwas unpassend angezogen?"

"Es geht doch schnell. Komm" Er hielt ihr die Hand entgegen, die sie ohne zu Zögern ergriff.

Im Geschäft war es um diese Uhrzeit schon ziemlich leer. Nur ein paar sehr vereinzelte Kunden waren noch anzutreffen, die die beiden in ihren Abendgarderoben skeptisch betrachteten. Cole führte Phoebe zur Kosmetikabteilung. Dort angekommen machte er eine einladende Handbewegung. "Bitte sehr, such dir aus, was du brauchst, Duschgel, Shampoo, Zahnbürste, alles was du möchtest."

Sie sah ihn lachend an "Du bist verrückt" meinte sie und schüttelte den Kopf.

"Nur nach dir." Erwiderte er ruhig.

Wie hatte sie nur ohne ihn leben können? Fragte sich Phoebe und starrte ihn fasziniert an. Zum Glück stand er ein paar Meter von ihr entfernt, sonst hätte sie für nichts garantieren können. Sie zwang sich dazu, den Blick von ihm abzuwenden und auf das Regal mit dem Warenangebot zu lenken. Schnell wählte sie ein paar Kosmetika, ergriff seine Hand und zerrte ihn zur Kasse, wo sie die einzigen Kunden waren.

"Das war ja richtig bescheiden." meinte Cole als sie wieder draußen angekommen waren. Er schaute sie überrascht an.

"Ich wollte keine Zeit verschwenden. Also steig endlich ins Auto und lass uns zu dir fahren."

"Zu Befehl."

Als Phoebe am nächsten Morgen durch die ins Zimmer scheinenden Sonnenstrahlen erwachte, lag sie glücklich und zufrieden eng umschlungen in Coles Armen. Er war ebenfalls wach und küsste sie in den Nacken. "Guten Morgen" murmelte Phoebe und drehte sich zu ihm um. "Wieso hast du eigentliche keine Gardinen für dein Schlafzimmer?"

"Wieso? Stört dich das etwa?" fragte er noch leicht verschlafen und schaute zur Glastür hinüber. "Wir sind im 7. Stock, da kann keiner reingucken."

"Das ist es nicht." meinte sie und schaute ebenfalls in Richtung Balkon. "Aber man kann doch nie ausschlafen."

"Man gewöhnt sich daran, aber wenn es dich stört, dann kann ich mir welche zulegen."

"Nicht nötig." Sie grinste ihn an. "Ich werde mich auch schon daran gewöhnen." Sie wollte ihn erneut küssen, als ihr Blick auf die Uhr fiel, die auf dem Nachttisch stand. "Oh nein," entfuhr es ihr, "Schon so spät?"

"Siehst du, man kann doch ausschlafen." meinte Cole zufrieden.

"Ich muss nur so schnell wie möglich zur Arbeit. Gestern habe ich mich dort schon nicht sehen lassen." Sie stand auf und begann ihre Sachen zusammenzusuchen.

"Du kannst doch gleich von hieraus dorthinfahren." Meinte Cole und stand ebenfalls auf, um sich etwas überzuziehen. "Du hast jetzt schließlich dein eigenes Duschzeug hier." Fügte er hinzu und wies in Richtung des Badezimmers.

"Super Idee, soll ich etwa in meinem Abendkleid zur Arbeit gehen?" Sie sah ihn missbilligend an. "Da werden sich alle den Mund zerreißen, das erspare ich mir lieber."

"Du hättest dir eben noch ein nettes T-Shirt und eine Hose in dem Laden gestern aussuchen können."

"Tut mir Leid, aber Mode aus solchen Läden ist nicht unbedingt mein Stil." Sie hatte inzwischen wieder ihr Abendkleid angezogen. "Ich hasse es im Abendkleid nach Hause zu kommen." Meinte sie und schaute unzufrieden an sich herunter.

Er schaute sie ebenfalls an und erwiderte "Ich finde du siehst wunderschön aus."

Phoebe ging lächelnd zu Cole hinüber und lehnte sich an ihn. Sie schaute zu ihm auf und meinte enttäuscht "Es tut mir Leid, dass ich nicht mehr bleiben kann, um mein neues Duschzeug auszuprobieren. Das nächste Mal planen wir es besser, versprochen." Sie küsste ihn zum Abschied, und Cole brachte sie zur Tür. Phoebe verließ die Wohnung und drehte sich im Flur noch einmal zu ihm um, um ihm zu versprechen, dass sie sich bei ihm melden würde.