24. Kapitel
Nachdem Cole bis zum Mittag seinen Artikel über Janny Arosos Ausstellung, ganz im Helen Stil, abgegeben hatte. Machte er sich am frühen Nachmittag auf den Weg zur Canterro Chemiefabrik um sich dort mit Trisha zu treffen. Als er am Treffpunkt ankam wartete sie dort schon nervös auf ihn. Sie trug eine helle Hose und eine ebenfalls helle Bluse und wirkte mehr als ein bisschen aufgeregt.
"Hallo," meinte sie als er näher kam und reichte ihm seinen Ausweis. "Ich weiß er ist nicht besonders gut, aber es wird schon gehen, hoffe ich."
"Hey, es wird schon alles Gutgehen," versuchte Cole sie zu beruhigen und schaute sich seinen fast perfekt gefälschten Ausweis an.
"Ja, ich weiß, aber das alles beunruhigt mich schon, ich weiß nicht, irgendwie bin ich nicht für so was geeignet." Sie schaute mit düsterem Blick in Richtung der Chemiefabrik.
"Ich dachte sie spionieren sonst Firmen aus, die potentielle Umweltverschmutzer sind." meinte er überrascht. "Ist das nicht auch gefährlich?"
"Das ist etwas anderes, da geht es nicht um mich. Und übrigens, wollen wir uns nicht duzen? Also ich bin Trisha" Sie reichte ihm erneut ihre Hand.
"Cole" meinte er und ergriff sie.
"Cole?" Sie sah ihn verwundert an. "Ich dachte sie heißen Kevin."
Er grinste sie an. "Ja stimmt schon, in meinem jetztigen Leben heiße ich Kevin, in meinem vorherigen Cole. Es ist etwas kompliziert. Also du kannst dir den Namen aussuchen, ich höre auf beide."
"Du weißt also, wer du vor deinem Gedächtnisverlust warst?"
"Mehr oder weniger, ist eine lange Geschichte," er schaute auf seine Uhr. "Lass uns jetzt lieber zum Tor gehen, sonst verpassen wir noch die Führung."
Sie wackelte unruhig mit ihrem Fuß. "Ist auch nicht so schlimm." murmelte sie. "Also ich würde es gerne noch etwas herauszögern." Erklärte sie unglücklich. "Aber was hilft das schon ." Sie atmete durch und meinte wenig entschlossen. "Wenn es mir zu mulmig wird, dann können wir ja immer noch einfach so die Führung mitmachen wie die anderen auch, nicht wahr?"
"Ach das wird schon klappen" meinte er optimistisch und nahm ihren Arm, um sie in Richtung des Tors zu führen. Er würde seinen Nachmittag doch nicht damit verschwenden, sich eine öde Chemiefabrik anzuschauen.
Am Tor wartete ein Mann, der einen Block in der Hand hielt. Trisha nannte ihm die Namen, unter denen sie Cole und sich für die Führung angemeldet hatte. Er strich sie durch, gab ihnen einen Besucherausweis und ließ sie auf den Hof treten. Dort warteten bereits ein paar Leute, die sich ebenfalls die Fabrik anschauen wollten.
"Hoffentlich werden es noch mehr Leute." Meinte Trisha düster und schaute sich um. "Bei den paar Besuchern kommen wir nie unbeobachtet in den Umkleideraum."
"Du bist wohl kein besonders optimistischer Mensch, oder?"
Trisha zuckte mit den Achseln. "Ich bin eben so."
Cole schüttelte den Kopf und wendete seinen Blick zum Tor. Was er dort sah, zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. "Das solltest du aber sein." meinte er und wies zum Tor. "Guck, eine lärmende Gruppe Jugendlicher, also etwas besseres hätte uns wirklich nicht passieren können."
Die Besuchergruppe von nun ca. 40 Leuten, begab sich um Punkt 14.00 Uhr in die Eingangshalle der Fabrik. Sie bestand aus einem Empfangstresen an der linken Seite, hinter dem eine adrett gekleidete Frau stand, und einer Sitzecke in der rechten Ecke mit ein paar Sesseln und einem Tisch mit Werbeprospekten. Doch Cole erheiterte am meisten ein Kunstwerk, das im hinteren Teil des Raumes vor sich hin staubte. Es sah so aus, als hätte er es auch auf der Ausstellung von Janny Aroso antreffen können. Ein Gestell aus Metall und Netzen. Die Frau kam hinter dem Empfangstresen vor und überreichte jedem der Besucher die selbe Broschüre, die auch auf dem Tisch lag. Cole warf einen Blick hinein und erspähte Meagan Canterro. Timothy Clark hatte sie wirklich passend beschrieben, mit ihrem weißblonden kurzen Haar und ihrem harten Gesichtsausdruck wirkte sie wirklich eiskalt. Er versuchte sich an das Bild aus dem Studienjahrbuch zu erinnern, damals hatte sie auf ihn noch ziemlich normal gewirkt. Ernst und pflichtbewusst, vielleicht, aber diese kalte Ausstrahlung hatte sie damals noch nicht gehabt.
Nach einer Weile trat ein Mann trat neben das Kunstwerk und begrüßte die Gäste auch im Namen der Geschäftsführerin Meagan Canterro. Dann begann er einen Vortrag über die Vorzüge von chemischen Produkten zu halten, der eine Ewigkeit zu dauern schien. Nach unzähligen "Chemie ist Leben" Floskeln wurden sie endlich in die eigentliche Fabrik geführt. Sie betraten zuerst einen steril aussenden weißen Gang, von dem aus einige Türen abgingen. Geradeaus ging es zu den Produktionsstätten und Labors. In diese Richtung begab sich die Gruppe, Trisha flüsterte Cole zu, dass sie sich hinten halten sollten um unauffällig zurückzubleiben. Die Schulklasse befand sich im vorderen Teil der Gruppe und nahm den Leiter der Besichtigungstour in Beschlag, so dass er Trisha und Cole nicht beachtete.
Als sie die ersten Türen hinter sich gelassen hatten, begann Trisha unruhig an ihrer Lippe zu kauen. Sie schaute sich um und gab Cole an der nächsten Tür ein Zeichen, dass er unauffällig seinen Besucherausweis abnehmen sollte, dann öffnete sie die nächste Tür. Zu ihrem großen Schreck befanden sich zwei Angestellte im Umkleideraum, und unterhielten sich. Trisha blieb entsetzt stehen, doch Cole tat als bestünde kein Zweifel, dass er hier sein durfte, nickte den beiden ruhig zu und ging langsam an ihnen vorbei zu den Schließfächern. Trisha folgte ihm schnell und bemerkte, dass die beiden kaum Notiz von ihnen nahmen. Sie holte ihren Schlüssel hervor und schloss ihr ehemaliges Fach auf. Doch wie sie es schon erwartet hatte, war es wieder belegt worden und ihre Sachen waren verschwunden. Als sie sich umsah, nahm sie wahr, dass die beiden Angestellten den Raum verlassen hatten. Sie atmete erleichtert durch "Puh." meinte sie, "zum Glück sind sie weg." Sie ging in den hinteren Teil des Raumes, wo Kittel zum Austauschen lagen und reichte Cole einen von ihnen. Dann zog sie sich selbst um und steckte sich ihre Ausweise an.
Cole riet Trisha sich so aufzuführen, als würde sie immer noch zur Belegschaft der Chemiefabrik gehören. Sie nickte und öffnete die Tür, sie durften keine Zeit verschwenden, sie wusste ja, dass sie nur knapp 45 Minuten Zeit hatten, bevor die Besuchergruppe wieder in dem Gang auftauchen würde. Also führte sie Cole so schnell aber auch so unauffällig wie es ging durch ein Labyrinth von Gängen. Unterwegs begegneten sie einigen Mitarbeitern, die sie aber nicht weiter beachteten. Trisha beruhigte sich mit der Zeit. Es würde schon alles Gutgehen, redete sie sich ein.
Cole ging hinter ihr her und hoffte, dass Trisha wirklich den Weg kannte, denn ihm kam es vor als würden sie schon stundenlang durch immer gleich aussehende Gänge laufen, ohne ihrem Ziel wirklich näher zu kommen. Als sie wieder einmal um eine Ecke bogen und der vor ihnen liegende Gang genauso aussah wie die zahlreichen davor, meinte Trisha leise "wir sind da."
Cole sah sich überrascht um. Die Wände sahen glatt und undurchdringlich aus. Er konnte sich schwer vorstellen, dass hier irgendwo eine Geheimtür versteckt war."Bist du sicher?" fragte er deshalb und schaute sie skeptisch an.
Sie nickte und ging bis zum Ende des Ganges, um Cole zu zeigen, dass von dortaus, links die verbarrikadierte Tür zu der Pharmazeutischen Abteilung abging. Cole nickte und sie begannen die Wände nach einer versteckten Öffnung abzusuchen.
Nachdem sie eine Weile gesucht hatte, meinte Trisha seufzend "Wahrscheinlich ist hier gar nichts, und wir haben diese ganze Aufregung völlig umsonst durchgemacht."
"Wo war denn genau die markierte Stelle?" fragte Cole, nachdem er auch nichts gefunden hatte.
Trisha holte den Zettel hervor, gab ihn Cole und zeigte auf eine Stelle. "Ich dachte dort."
Cole schaute sich die Zeichnung noch einmal genau an "Hm," meinte er "Ich denke die Markierung soll eher auf die versteckte Tür hinweisen. Für ein Codeschloss ist sie zu groß."
Trisha ging zu der markierten Stelle. "Also mit ganz viel Fantasie könnten diese Streifen hier die Öffnungen für die Tür sein. Aber das hilft uns auch nicht viel, wenn wir das blöde Schloss nicht finden, dann bekommen wir die Tür nie auf."
"Du gehst noch einmal in den Bereich vor der Tür und ich in den hinteren Gang. Vielleicht ist ja am Übergang zu diesem Gang hier irgendwo das Schloss."
Als Trisha in den schmalen Raum vor der Pharmazeutischen Abteilung kam, sah sie gleich zu Beginn ein merkwürdiges Zeichen, dass in Hüfthöhe an die Wand gezeichnet worden war. Es war ziemlich winzig und in heller Farbe gemalt, so dass es kaum auffiel. Sie holte Cole und die zwei betrachteten dass Symbol. Cole führ mit der Hand darüber, und augenblicklich öffnete sich ein kleiner Spalt, der genau die passende Größe hatte, um die Magnetstreifenkarte darin entlangzuziehen. Die zwei sahen sich triumphierend an, sie hatten das Türschloss gefunden. Cole spähte in den Gang und da er niemanden sah, gab er Trisha ein Zeichen und sie zog die Karte durch den Spalt. Doch nichts passierte, die blöde Tür wollte sich nicht öffnen. Sie probierte es erneut, aber es erklang nur ein abweisendes Geräusch.
Cole kam zurück und sah sie fragend an. "Es will einfach nicht funktionieren." meinte sie entnervt. In diesem Moment kam ein weiterer Mitarbeiter den Gang entlang. Trisha zog Cole mit sich in den Gang zurück, sie gingen mit gesenkten Köpfen an dem Mann vorbei, der sie kaum registrierte.
"Was sollte das denn jetzt? Die Zeit läuft uns langsam davon." meinte Cole verärgert.
"Was hatte er denn von uns denken sollen, wenn wir wie blöd vor der Tür zur Pharmazeutischen Abteilung stehen? Im besten Fall hätte er gedacht, wir knutschen nur in unserer Arbeitszeit, im schlimmsten, dass wir spionieren." Flüsterte Trisha wütend und drehte sich wieder um. Sie hörten ein Geräusch, das anzeigte, dass der Mann die Pharmazeutische Abteilung betreten hatte und die Tür wieder verschlossen war.
Sie gingen zurück und Trisha meinte "Dieses Mal probierst du es, diese bescheuerten Karten funktionieren bei mir sowieso nie." Sie reichte ihm die Karte und ging in den Gang um Wache zu schieben.
Cole ging zu der Öffnung und zog die Karte langsam hindurch, er hörte ein bestätigendes Piepen. Mit einem triumphierenden Lächeln kam er zu Trisha zurück.
"Sag jetzt bloß nichts" warnte sie ihn. Doch die Aufmerksamkeit beider richtete sich schon auf die Geheimtür, die lautlos aufging. Sie gingen hinein und sofort schloss sich die Tür hinter ihnen.
Cole schaute sich um. "Hoffentlich kommen wir hier auch wieder raus."
Trisha schaute sich ebenfalls um und wies auf einen Öffnungsknopf auf der linken Seite der Tür. "Ich hoffe nur es ist niemand in dem Gang, wenn wir ihn benutzen, dass könnte unangenehm werden."
"Komm" meinte Cole "Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist."
Sie stiegen eine Treppe herunter, die in einen winzigen Raum endete. In diesem Raum standen zwei Aktenschränke und sonst nichts. Cole schaute sich enttäuscht um. "Das ist alles?"
"Ich hatte auch mehr erwartet." äußerte sich Trisha und ging auf einen der Schränke zu.
"Vielleicht befinden sich hier ja ein paar geheime Akten," wagte Cole zu hoffen.
"Das wäre schon merkwürdig." meinte sie, "Ich kann mich noch erinnern, wie man uns immer erklärt hat, dass Meagan Canterro auf das papierlose Büro schwört. Sprich alle Unterlagen mussten in den Computer eingescannt und alle Forschungsergebnisse und ähnliches eingegeben werden. Das war ein ganz schöner Aufwand, aber meine Kollegen hier haben mir erzählt, dass sie nicht davon abzubringen war." Sie probierte die Tür zu öffnen und bekam sie ohne Probleme auf. In dem Schrank befanden sich tatsächlich Aktenordner. Trisha nahm einen heraus und begann ihn durchzublättern. "Hm, Forschungsunterlagen." meinte sie.
Cole ging zu dem anderen Schrank und schaute überrascht auf die Tür, hier war das gleiche Symbol aufgemalt wie oben auf dem Schloss. Er nahm an, dass es sich hierbei um das geheime Zeichen dieser Satansclique handeln könnte. Er öffnete die Tür und sah sich ebenfalls zahlreichen Aktenordnern gegenüber.
Er drehte sich zu Trisha rüber und meinte "Diese Akten scheinen ja ganz interessant zu sein, aber was machen wir jetzt mit ihnen? Um uns alle anzusehen, haben wir keine Zeit." Er schaute auf die Aktenaufkleber und holte ein Akte hervor. Der Inhalt sagt ihm nichts. Er nahm sich weitere Akten heraus, aber auch aus deren Inhalt wurde er nicht schlau. Er blickte zu Trisha rüber, die ganz vertieft in einer Akte war. "Also mir sagt dies alles nichts. Wonach soll ich suchen?"
Cole bemerkte wie schwer es ihr fiel, sich von der Akte zu lösen. "Hierbei geht es um Forschungsberichte über Substanzen, die mir völlig unbekannt sind." meinte sie fasziniert. "Schau einfach ob irgendwas verdächtig aussieht." Riet sie ihm
Toller Hinweis, dachte er sich. Für ihn sah alles gleich aus. Er schaute sich den Aktenschrank genauer an, und bemerkte, dass es oben eine leicht versteckte Ablagefläche gab, die Leute, die kleiner waren als er, nicht bemerken geschweige denn erreichen konnten. Selbst er musste sich etwas ausrenken um hineinfassen zu können. Er holte eine schmale Akte hervor, die völlig verstaubt war. In der Mappe befanden sich Baupläne und Zeichnungen. Als er sich diese genauer anschauen wollte, hörte er wie sich oben die Tür öffnete. Trisha und er schauten sich entsetzt an. Er sah sich um, aber in dem Raum befand sich nichts als die Schränke.
"Schnell, probier dich hinter den Schrank zu quetschen" raunte er Trisha zu, die diesen Ratschlag sofort versuchte in die Tat umzusetzen. Er hörte wie sich Schritte die Treppe herunterbewegten, schloss leise die Schranktür und versuchte ebenfalls hinter den Schrank zu kommen. Trisha war schon nicht mehr zu sehen, aber er musste den Schrank erst etwas mehr in den Raum schieben, um sich dahinter verstecken zu können.
Trisha hatte derweil ganz andere Probleme. Zu ihrem Entsetzten saß neben ihr eine fette schwarze Spinne an der Schrankwand. Am liebsten wäre sie schreiend wieder hervor gerannt, aber sie biss die Zähne zusammen, so sehr sie sich auch vor Spinnen ekelte, dass ein Mitarbeiter der Chemiefabrik sie hier entdeckte, war doch noch weitaus schlimmer.
Cole hörte, wie jemand die Tür an Trishas Aktenschrank öffnete und wie Papier knisterte. Er war froh, dass der Eindringling nicht an seinen Schrank gekommen war, und bemerkt hatte, dass er viel zu weit im Raum stand. Den beiden erschien es wie eine Ewigkeit, bis der unerwartete Besucher sich wieder der Treppe zuwandte und den geheimen Raum verließ.
Trisha kam sofort hinter ihrem Schrank hervor. "Igitt, bua, da saß so eine fette Spinne hinter dem Schrank." Sie schüttelte sich angeekelt. "Wenn sie sich auch noch bewegt hätte, hätte ich für nichts garantieren können."
Cole war inzwischen auch wieder hinter dem Schrank hervorgekommen und schob ihn wieder zurück an seinen alten Platz. "Das hat sie bestimmt gewusst, und da ihr ihr Leben lieb ist, hat sie sich ruhig verhalten" meinte Cole trocken.
"Ich hätte sie doch niemals töten können." Sagte sie mit angeekeltem Blick. "Aber zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich vor etwas mehr Angst, als vor einer Spinne." Erklärte sie ihm und öffnete wieder den Schrank. "Mal schauen, ich glaube diese Akte ist neu hinzugekommen." Sie nahm sie hinaus und schaute auf das Datum der Berichte. "Richtig" meinte sie zufrieden und blickte anschließend auf die Uhr. "Mist" meinte sie "wir müssen wieder zurück, sonst verpassen wir noch die Gruppe." Sie öffnete die Akte und nahm sich die einzelnen Blätter heraus. Cole hatte immer noch die Akte mit den Zeichnungen und Plänen in der Hand und tat es ihr nach. Sie stopften sich die Unterlagen unter ihre Kleidung und stellten die leeren Akten in die hintersten Ecken der Schränke zurück.
"Meinst du es fällt auf?" fragte Trisha, als sie bei der Tür angekommen waren.
"Kommt ganz darauf an, wie oft sie sich das Zeug anschauen. Aber sie kommen sowieso nie auf uns." Meinte er optimistisch und drückte auf den Öffnungsknopf neben der Tür.
"Hoffentlich." Erwiderte Trisha und sah zu ihrem Entsetzen, dass die Tür sich nicht öffnete. "Oh nein, wie kann das kommen?"
"Keine Ahnung," Cole drückte erneut auf den Knopf und nichts geschah. "Ob dieser Kerl vorhin hier irgendwas eingegeben hat?"
"Kann ich mir gar nicht vorstellen. Versuch es nochmal."
Cole drückte weitere drei Male auf die Tür, bis sie sich endlich öffnete. "Zum Glück" meinte er erleichtert. "Ich dachte schon, dass ich die Tür eintreten muss." Er trat vorsichtig in den Flur und blickte sich um, niemand war zu sehen. Trisha trat hinter ihn und sie sahen gerade noch eine Gruppe von Menschen, die am Gangende in einen anderen Korridor traten. Es war offensichtlich, dass sie sich noch von nicht allzu langer Zeit in der Nähe der Geheimtür befunden haben mussten. Wenn sich die Tür früher geöffnet hätte, wären sie entdeckt worden, fuhr es Cole durch den Kopf. "Es muss einen Sensor oder so was geben," überlegte er.
"Stimmt" meinte Trisha "und die Tür öffnet sich nur, wenn niemand in der Nähe ist." Sie blickte zurück zu der nun wieder verschlossenen Tür, die in der Wand kaum auffiel. "Ich bin wirklich froh, dass es nur daran gelegen hat, denn nimm es mir nicht übel," sie warf Cole einen skeptischen Blick zu, "aber das mit dem Eintreten wäre wohl nichts geworden."
Cole schüttelte den Kopf und wollte ihr schon widersprechen, als ihm auffiel, das sie Recht hatte, die Tür war viel zu stabil, als dass er sie einfach so gewaltsam öffnen könnte. Aber er war sich so sicher gewesen, dass er dazu in der Lage war, oder jedenfalls früher dazu fähig gewesen war. Wie war er nur auf diesen Gedanken gekommen, schließlich verfügte er nicht über übermenschliche Kräfte. Eigenartig, immer noch in Gedanken versunken folgte er Trisha durch die Korridore.
Sie redeten unterwegs kein weiteres Wort und kamen ohne Zwischenfälle zurück in den Raum mit den Schließfächern. Sie zogen ihre Kittel aus und legten sie zurück. Dann gingen sie an die Tür und lauschten. Schon von weitem hörten sie den Lärm der Schulklasse, die sich näherte. Als die Gruppe an der Tür vorbei war, öffneten sie vorsichtig die Tür und liefen der Gruppe hinterher. In der Eingangshalle waren sie wieder Teil der Besuchergruppe, als wäre nichts gewesen. Der Leiter der Besichtigungstour verabschiedete sich auf dem Hof von ihnen und sie traten wieder durch das Tor. Die Gruppe löste sich rasch auf und nach einer Weile waren Trisha und Cole wieder allein. Sie beschlossen, dass Trisha sich die Forschungsunterlagen genauer ansehen sollte. Cole würde sich um die Pläne kümmern.
Nachdem Cole bis zum Mittag seinen Artikel über Janny Arosos Ausstellung, ganz im Helen Stil, abgegeben hatte. Machte er sich am frühen Nachmittag auf den Weg zur Canterro Chemiefabrik um sich dort mit Trisha zu treffen. Als er am Treffpunkt ankam wartete sie dort schon nervös auf ihn. Sie trug eine helle Hose und eine ebenfalls helle Bluse und wirkte mehr als ein bisschen aufgeregt.
"Hallo," meinte sie als er näher kam und reichte ihm seinen Ausweis. "Ich weiß er ist nicht besonders gut, aber es wird schon gehen, hoffe ich."
"Hey, es wird schon alles Gutgehen," versuchte Cole sie zu beruhigen und schaute sich seinen fast perfekt gefälschten Ausweis an.
"Ja, ich weiß, aber das alles beunruhigt mich schon, ich weiß nicht, irgendwie bin ich nicht für so was geeignet." Sie schaute mit düsterem Blick in Richtung der Chemiefabrik.
"Ich dachte sie spionieren sonst Firmen aus, die potentielle Umweltverschmutzer sind." meinte er überrascht. "Ist das nicht auch gefährlich?"
"Das ist etwas anderes, da geht es nicht um mich. Und übrigens, wollen wir uns nicht duzen? Also ich bin Trisha" Sie reichte ihm erneut ihre Hand.
"Cole" meinte er und ergriff sie.
"Cole?" Sie sah ihn verwundert an. "Ich dachte sie heißen Kevin."
Er grinste sie an. "Ja stimmt schon, in meinem jetztigen Leben heiße ich Kevin, in meinem vorherigen Cole. Es ist etwas kompliziert. Also du kannst dir den Namen aussuchen, ich höre auf beide."
"Du weißt also, wer du vor deinem Gedächtnisverlust warst?"
"Mehr oder weniger, ist eine lange Geschichte," er schaute auf seine Uhr. "Lass uns jetzt lieber zum Tor gehen, sonst verpassen wir noch die Führung."
Sie wackelte unruhig mit ihrem Fuß. "Ist auch nicht so schlimm." murmelte sie. "Also ich würde es gerne noch etwas herauszögern." Erklärte sie unglücklich. "Aber was hilft das schon ." Sie atmete durch und meinte wenig entschlossen. "Wenn es mir zu mulmig wird, dann können wir ja immer noch einfach so die Führung mitmachen wie die anderen auch, nicht wahr?"
"Ach das wird schon klappen" meinte er optimistisch und nahm ihren Arm, um sie in Richtung des Tors zu führen. Er würde seinen Nachmittag doch nicht damit verschwenden, sich eine öde Chemiefabrik anzuschauen.
Am Tor wartete ein Mann, der einen Block in der Hand hielt. Trisha nannte ihm die Namen, unter denen sie Cole und sich für die Führung angemeldet hatte. Er strich sie durch, gab ihnen einen Besucherausweis und ließ sie auf den Hof treten. Dort warteten bereits ein paar Leute, die sich ebenfalls die Fabrik anschauen wollten.
"Hoffentlich werden es noch mehr Leute." Meinte Trisha düster und schaute sich um. "Bei den paar Besuchern kommen wir nie unbeobachtet in den Umkleideraum."
"Du bist wohl kein besonders optimistischer Mensch, oder?"
Trisha zuckte mit den Achseln. "Ich bin eben so."
Cole schüttelte den Kopf und wendete seinen Blick zum Tor. Was er dort sah, zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. "Das solltest du aber sein." meinte er und wies zum Tor. "Guck, eine lärmende Gruppe Jugendlicher, also etwas besseres hätte uns wirklich nicht passieren können."
Die Besuchergruppe von nun ca. 40 Leuten, begab sich um Punkt 14.00 Uhr in die Eingangshalle der Fabrik. Sie bestand aus einem Empfangstresen an der linken Seite, hinter dem eine adrett gekleidete Frau stand, und einer Sitzecke in der rechten Ecke mit ein paar Sesseln und einem Tisch mit Werbeprospekten. Doch Cole erheiterte am meisten ein Kunstwerk, das im hinteren Teil des Raumes vor sich hin staubte. Es sah so aus, als hätte er es auch auf der Ausstellung von Janny Aroso antreffen können. Ein Gestell aus Metall und Netzen. Die Frau kam hinter dem Empfangstresen vor und überreichte jedem der Besucher die selbe Broschüre, die auch auf dem Tisch lag. Cole warf einen Blick hinein und erspähte Meagan Canterro. Timothy Clark hatte sie wirklich passend beschrieben, mit ihrem weißblonden kurzen Haar und ihrem harten Gesichtsausdruck wirkte sie wirklich eiskalt. Er versuchte sich an das Bild aus dem Studienjahrbuch zu erinnern, damals hatte sie auf ihn noch ziemlich normal gewirkt. Ernst und pflichtbewusst, vielleicht, aber diese kalte Ausstrahlung hatte sie damals noch nicht gehabt.
Nach einer Weile trat ein Mann trat neben das Kunstwerk und begrüßte die Gäste auch im Namen der Geschäftsführerin Meagan Canterro. Dann begann er einen Vortrag über die Vorzüge von chemischen Produkten zu halten, der eine Ewigkeit zu dauern schien. Nach unzähligen "Chemie ist Leben" Floskeln wurden sie endlich in die eigentliche Fabrik geführt. Sie betraten zuerst einen steril aussenden weißen Gang, von dem aus einige Türen abgingen. Geradeaus ging es zu den Produktionsstätten und Labors. In diese Richtung begab sich die Gruppe, Trisha flüsterte Cole zu, dass sie sich hinten halten sollten um unauffällig zurückzubleiben. Die Schulklasse befand sich im vorderen Teil der Gruppe und nahm den Leiter der Besichtigungstour in Beschlag, so dass er Trisha und Cole nicht beachtete.
Als sie die ersten Türen hinter sich gelassen hatten, begann Trisha unruhig an ihrer Lippe zu kauen. Sie schaute sich um und gab Cole an der nächsten Tür ein Zeichen, dass er unauffällig seinen Besucherausweis abnehmen sollte, dann öffnete sie die nächste Tür. Zu ihrem großen Schreck befanden sich zwei Angestellte im Umkleideraum, und unterhielten sich. Trisha blieb entsetzt stehen, doch Cole tat als bestünde kein Zweifel, dass er hier sein durfte, nickte den beiden ruhig zu und ging langsam an ihnen vorbei zu den Schließfächern. Trisha folgte ihm schnell und bemerkte, dass die beiden kaum Notiz von ihnen nahmen. Sie holte ihren Schlüssel hervor und schloss ihr ehemaliges Fach auf. Doch wie sie es schon erwartet hatte, war es wieder belegt worden und ihre Sachen waren verschwunden. Als sie sich umsah, nahm sie wahr, dass die beiden Angestellten den Raum verlassen hatten. Sie atmete erleichtert durch "Puh." meinte sie, "zum Glück sind sie weg." Sie ging in den hinteren Teil des Raumes, wo Kittel zum Austauschen lagen und reichte Cole einen von ihnen. Dann zog sie sich selbst um und steckte sich ihre Ausweise an.
Cole riet Trisha sich so aufzuführen, als würde sie immer noch zur Belegschaft der Chemiefabrik gehören. Sie nickte und öffnete die Tür, sie durften keine Zeit verschwenden, sie wusste ja, dass sie nur knapp 45 Minuten Zeit hatten, bevor die Besuchergruppe wieder in dem Gang auftauchen würde. Also führte sie Cole so schnell aber auch so unauffällig wie es ging durch ein Labyrinth von Gängen. Unterwegs begegneten sie einigen Mitarbeitern, die sie aber nicht weiter beachteten. Trisha beruhigte sich mit der Zeit. Es würde schon alles Gutgehen, redete sie sich ein.
Cole ging hinter ihr her und hoffte, dass Trisha wirklich den Weg kannte, denn ihm kam es vor als würden sie schon stundenlang durch immer gleich aussehende Gänge laufen, ohne ihrem Ziel wirklich näher zu kommen. Als sie wieder einmal um eine Ecke bogen und der vor ihnen liegende Gang genauso aussah wie die zahlreichen davor, meinte Trisha leise "wir sind da."
Cole sah sich überrascht um. Die Wände sahen glatt und undurchdringlich aus. Er konnte sich schwer vorstellen, dass hier irgendwo eine Geheimtür versteckt war."Bist du sicher?" fragte er deshalb und schaute sie skeptisch an.
Sie nickte und ging bis zum Ende des Ganges, um Cole zu zeigen, dass von dortaus, links die verbarrikadierte Tür zu der Pharmazeutischen Abteilung abging. Cole nickte und sie begannen die Wände nach einer versteckten Öffnung abzusuchen.
Nachdem sie eine Weile gesucht hatte, meinte Trisha seufzend "Wahrscheinlich ist hier gar nichts, und wir haben diese ganze Aufregung völlig umsonst durchgemacht."
"Wo war denn genau die markierte Stelle?" fragte Cole, nachdem er auch nichts gefunden hatte.
Trisha holte den Zettel hervor, gab ihn Cole und zeigte auf eine Stelle. "Ich dachte dort."
Cole schaute sich die Zeichnung noch einmal genau an "Hm," meinte er "Ich denke die Markierung soll eher auf die versteckte Tür hinweisen. Für ein Codeschloss ist sie zu groß."
Trisha ging zu der markierten Stelle. "Also mit ganz viel Fantasie könnten diese Streifen hier die Öffnungen für die Tür sein. Aber das hilft uns auch nicht viel, wenn wir das blöde Schloss nicht finden, dann bekommen wir die Tür nie auf."
"Du gehst noch einmal in den Bereich vor der Tür und ich in den hinteren Gang. Vielleicht ist ja am Übergang zu diesem Gang hier irgendwo das Schloss."
Als Trisha in den schmalen Raum vor der Pharmazeutischen Abteilung kam, sah sie gleich zu Beginn ein merkwürdiges Zeichen, dass in Hüfthöhe an die Wand gezeichnet worden war. Es war ziemlich winzig und in heller Farbe gemalt, so dass es kaum auffiel. Sie holte Cole und die zwei betrachteten dass Symbol. Cole führ mit der Hand darüber, und augenblicklich öffnete sich ein kleiner Spalt, der genau die passende Größe hatte, um die Magnetstreifenkarte darin entlangzuziehen. Die zwei sahen sich triumphierend an, sie hatten das Türschloss gefunden. Cole spähte in den Gang und da er niemanden sah, gab er Trisha ein Zeichen und sie zog die Karte durch den Spalt. Doch nichts passierte, die blöde Tür wollte sich nicht öffnen. Sie probierte es erneut, aber es erklang nur ein abweisendes Geräusch.
Cole kam zurück und sah sie fragend an. "Es will einfach nicht funktionieren." meinte sie entnervt. In diesem Moment kam ein weiterer Mitarbeiter den Gang entlang. Trisha zog Cole mit sich in den Gang zurück, sie gingen mit gesenkten Köpfen an dem Mann vorbei, der sie kaum registrierte.
"Was sollte das denn jetzt? Die Zeit läuft uns langsam davon." meinte Cole verärgert.
"Was hatte er denn von uns denken sollen, wenn wir wie blöd vor der Tür zur Pharmazeutischen Abteilung stehen? Im besten Fall hätte er gedacht, wir knutschen nur in unserer Arbeitszeit, im schlimmsten, dass wir spionieren." Flüsterte Trisha wütend und drehte sich wieder um. Sie hörten ein Geräusch, das anzeigte, dass der Mann die Pharmazeutische Abteilung betreten hatte und die Tür wieder verschlossen war.
Sie gingen zurück und Trisha meinte "Dieses Mal probierst du es, diese bescheuerten Karten funktionieren bei mir sowieso nie." Sie reichte ihm die Karte und ging in den Gang um Wache zu schieben.
Cole ging zu der Öffnung und zog die Karte langsam hindurch, er hörte ein bestätigendes Piepen. Mit einem triumphierenden Lächeln kam er zu Trisha zurück.
"Sag jetzt bloß nichts" warnte sie ihn. Doch die Aufmerksamkeit beider richtete sich schon auf die Geheimtür, die lautlos aufging. Sie gingen hinein und sofort schloss sich die Tür hinter ihnen.
Cole schaute sich um. "Hoffentlich kommen wir hier auch wieder raus."
Trisha schaute sich ebenfalls um und wies auf einen Öffnungsknopf auf der linken Seite der Tür. "Ich hoffe nur es ist niemand in dem Gang, wenn wir ihn benutzen, dass könnte unangenehm werden."
"Komm" meinte Cole "Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist."
Sie stiegen eine Treppe herunter, die in einen winzigen Raum endete. In diesem Raum standen zwei Aktenschränke und sonst nichts. Cole schaute sich enttäuscht um. "Das ist alles?"
"Ich hatte auch mehr erwartet." äußerte sich Trisha und ging auf einen der Schränke zu.
"Vielleicht befinden sich hier ja ein paar geheime Akten," wagte Cole zu hoffen.
"Das wäre schon merkwürdig." meinte sie, "Ich kann mich noch erinnern, wie man uns immer erklärt hat, dass Meagan Canterro auf das papierlose Büro schwört. Sprich alle Unterlagen mussten in den Computer eingescannt und alle Forschungsergebnisse und ähnliches eingegeben werden. Das war ein ganz schöner Aufwand, aber meine Kollegen hier haben mir erzählt, dass sie nicht davon abzubringen war." Sie probierte die Tür zu öffnen und bekam sie ohne Probleme auf. In dem Schrank befanden sich tatsächlich Aktenordner. Trisha nahm einen heraus und begann ihn durchzublättern. "Hm, Forschungsunterlagen." meinte sie.
Cole ging zu dem anderen Schrank und schaute überrascht auf die Tür, hier war das gleiche Symbol aufgemalt wie oben auf dem Schloss. Er nahm an, dass es sich hierbei um das geheime Zeichen dieser Satansclique handeln könnte. Er öffnete die Tür und sah sich ebenfalls zahlreichen Aktenordnern gegenüber.
Er drehte sich zu Trisha rüber und meinte "Diese Akten scheinen ja ganz interessant zu sein, aber was machen wir jetzt mit ihnen? Um uns alle anzusehen, haben wir keine Zeit." Er schaute auf die Aktenaufkleber und holte ein Akte hervor. Der Inhalt sagt ihm nichts. Er nahm sich weitere Akten heraus, aber auch aus deren Inhalt wurde er nicht schlau. Er blickte zu Trisha rüber, die ganz vertieft in einer Akte war. "Also mir sagt dies alles nichts. Wonach soll ich suchen?"
Cole bemerkte wie schwer es ihr fiel, sich von der Akte zu lösen. "Hierbei geht es um Forschungsberichte über Substanzen, die mir völlig unbekannt sind." meinte sie fasziniert. "Schau einfach ob irgendwas verdächtig aussieht." Riet sie ihm
Toller Hinweis, dachte er sich. Für ihn sah alles gleich aus. Er schaute sich den Aktenschrank genauer an, und bemerkte, dass es oben eine leicht versteckte Ablagefläche gab, die Leute, die kleiner waren als er, nicht bemerken geschweige denn erreichen konnten. Selbst er musste sich etwas ausrenken um hineinfassen zu können. Er holte eine schmale Akte hervor, die völlig verstaubt war. In der Mappe befanden sich Baupläne und Zeichnungen. Als er sich diese genauer anschauen wollte, hörte er wie sich oben die Tür öffnete. Trisha und er schauten sich entsetzt an. Er sah sich um, aber in dem Raum befand sich nichts als die Schränke.
"Schnell, probier dich hinter den Schrank zu quetschen" raunte er Trisha zu, die diesen Ratschlag sofort versuchte in die Tat umzusetzen. Er hörte wie sich Schritte die Treppe herunterbewegten, schloss leise die Schranktür und versuchte ebenfalls hinter den Schrank zu kommen. Trisha war schon nicht mehr zu sehen, aber er musste den Schrank erst etwas mehr in den Raum schieben, um sich dahinter verstecken zu können.
Trisha hatte derweil ganz andere Probleme. Zu ihrem Entsetzten saß neben ihr eine fette schwarze Spinne an der Schrankwand. Am liebsten wäre sie schreiend wieder hervor gerannt, aber sie biss die Zähne zusammen, so sehr sie sich auch vor Spinnen ekelte, dass ein Mitarbeiter der Chemiefabrik sie hier entdeckte, war doch noch weitaus schlimmer.
Cole hörte, wie jemand die Tür an Trishas Aktenschrank öffnete und wie Papier knisterte. Er war froh, dass der Eindringling nicht an seinen Schrank gekommen war, und bemerkt hatte, dass er viel zu weit im Raum stand. Den beiden erschien es wie eine Ewigkeit, bis der unerwartete Besucher sich wieder der Treppe zuwandte und den geheimen Raum verließ.
Trisha kam sofort hinter ihrem Schrank hervor. "Igitt, bua, da saß so eine fette Spinne hinter dem Schrank." Sie schüttelte sich angeekelt. "Wenn sie sich auch noch bewegt hätte, hätte ich für nichts garantieren können."
Cole war inzwischen auch wieder hinter dem Schrank hervorgekommen und schob ihn wieder zurück an seinen alten Platz. "Das hat sie bestimmt gewusst, und da ihr ihr Leben lieb ist, hat sie sich ruhig verhalten" meinte Cole trocken.
"Ich hätte sie doch niemals töten können." Sagte sie mit angeekeltem Blick. "Aber zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich vor etwas mehr Angst, als vor einer Spinne." Erklärte sie ihm und öffnete wieder den Schrank. "Mal schauen, ich glaube diese Akte ist neu hinzugekommen." Sie nahm sie hinaus und schaute auf das Datum der Berichte. "Richtig" meinte sie zufrieden und blickte anschließend auf die Uhr. "Mist" meinte sie "wir müssen wieder zurück, sonst verpassen wir noch die Gruppe." Sie öffnete die Akte und nahm sich die einzelnen Blätter heraus. Cole hatte immer noch die Akte mit den Zeichnungen und Plänen in der Hand und tat es ihr nach. Sie stopften sich die Unterlagen unter ihre Kleidung und stellten die leeren Akten in die hintersten Ecken der Schränke zurück.
"Meinst du es fällt auf?" fragte Trisha, als sie bei der Tür angekommen waren.
"Kommt ganz darauf an, wie oft sie sich das Zeug anschauen. Aber sie kommen sowieso nie auf uns." Meinte er optimistisch und drückte auf den Öffnungsknopf neben der Tür.
"Hoffentlich." Erwiderte Trisha und sah zu ihrem Entsetzen, dass die Tür sich nicht öffnete. "Oh nein, wie kann das kommen?"
"Keine Ahnung," Cole drückte erneut auf den Knopf und nichts geschah. "Ob dieser Kerl vorhin hier irgendwas eingegeben hat?"
"Kann ich mir gar nicht vorstellen. Versuch es nochmal."
Cole drückte weitere drei Male auf die Tür, bis sie sich endlich öffnete. "Zum Glück" meinte er erleichtert. "Ich dachte schon, dass ich die Tür eintreten muss." Er trat vorsichtig in den Flur und blickte sich um, niemand war zu sehen. Trisha trat hinter ihn und sie sahen gerade noch eine Gruppe von Menschen, die am Gangende in einen anderen Korridor traten. Es war offensichtlich, dass sie sich noch von nicht allzu langer Zeit in der Nähe der Geheimtür befunden haben mussten. Wenn sich die Tür früher geöffnet hätte, wären sie entdeckt worden, fuhr es Cole durch den Kopf. "Es muss einen Sensor oder so was geben," überlegte er.
"Stimmt" meinte Trisha "und die Tür öffnet sich nur, wenn niemand in der Nähe ist." Sie blickte zurück zu der nun wieder verschlossenen Tür, die in der Wand kaum auffiel. "Ich bin wirklich froh, dass es nur daran gelegen hat, denn nimm es mir nicht übel," sie warf Cole einen skeptischen Blick zu, "aber das mit dem Eintreten wäre wohl nichts geworden."
Cole schüttelte den Kopf und wollte ihr schon widersprechen, als ihm auffiel, das sie Recht hatte, die Tür war viel zu stabil, als dass er sie einfach so gewaltsam öffnen könnte. Aber er war sich so sicher gewesen, dass er dazu in der Lage war, oder jedenfalls früher dazu fähig gewesen war. Wie war er nur auf diesen Gedanken gekommen, schließlich verfügte er nicht über übermenschliche Kräfte. Eigenartig, immer noch in Gedanken versunken folgte er Trisha durch die Korridore.
Sie redeten unterwegs kein weiteres Wort und kamen ohne Zwischenfälle zurück in den Raum mit den Schließfächern. Sie zogen ihre Kittel aus und legten sie zurück. Dann gingen sie an die Tür und lauschten. Schon von weitem hörten sie den Lärm der Schulklasse, die sich näherte. Als die Gruppe an der Tür vorbei war, öffneten sie vorsichtig die Tür und liefen der Gruppe hinterher. In der Eingangshalle waren sie wieder Teil der Besuchergruppe, als wäre nichts gewesen. Der Leiter der Besichtigungstour verabschiedete sich auf dem Hof von ihnen und sie traten wieder durch das Tor. Die Gruppe löste sich rasch auf und nach einer Weile waren Trisha und Cole wieder allein. Sie beschlossen, dass Trisha sich die Forschungsunterlagen genauer ansehen sollte. Cole würde sich um die Pläne kümmern.
