33. Kapitel

Canterro hatte dem Mann am Schaltpult unterdessen ein Zeichen gegeben, und der Käfig erstrahlte wieder in gleißendem Licht. Langsam hatte er Phoebe in die Nähe des Käfigs geführt und blieb in Coles Nähe stehen. "Magische Kräfte zu erforschen ist gar nicht so einfach." teilte er Phoebe vertraulich mit. "Meist kann man sie nicht benutzen oder vervielfältigen, und dann muss man andere Wege finden. Aber ein paar Sachen kann man auch so gut gebrauchen." Er fasste in seine Jackentasche und holte etwas hervor.

"Ich dachte sie sind an meinen Zauberkräften interessiert." versuchte Phoebe ihn abzulenken.

Canterro beugte sich zu ihr runter und flüsterte ihr ins Ohr. "Hm, keine Sorge, wenn es so läuft, wie ich annehme und dein dämonischer Freund dort mitspielt, dann wird dir nichts passieren und um deine magischen Fähigkeiten kümmere ich mich dann später."

Beim genauen Hinsehen, erkannte Phoebe, dass Canterro eine Spritze und eine Fläschchen in der Hand hielt. "Wollen sie mir etwa die Erinnerung rauben?" fragte sie schockiert von dieser Vorstellung.

"Nein, das hatte ich eigentlich nicht vor." Er schaute sie interessiert an und lächelte dann, als ihm eine Erkenntnis kam. "Sie und ihre Hexenfreundin haben also den guten Quasta getötet. Aber das nehme ich ihnen nicht so übel." teilte er ihr locker mit. "Dieser Dämon war sowieso ein Versager und seine Dienste waren für mich nicht mehr von Nutzen, seit ich das Serum selbst herstellen kann. Aber nein, um ihre Erinnerung geht es mir nicht." Er hielt das Fläschchen hoch, so dass auch Cole es sehen konnte. "Hierbei handelt es sich auch um ein interessantes Mittel, das ich mit Hilfe eines Dämons herstellen konnte. Es kommt von Nevantos." Er wandte sich lächelnd an Cole und wartete augenscheinlich auf eine Reaktion.

"Wie spannend." meinte Cole, der Name sagte ihm natürlich nichts. Er zuckte mit den Achseln. "Tut mir Leid, aber man kann ja nicht jeden Dämon kennen."

"Sie brauchen sich nicht zu verstellen, ich weiß, dass sie wissen um was es sich hier dreht." Er wandte sich wieder an Phoebe. "Aber falls das die kleine Hexe nicht weiß, so werde ich es ihr erklären. Dieses Mittel." er zeigte auf die Flasche, "lähmt den ganzen Körper." Er gab einem der Wächter ein Zeichen, damit dieser Phoebe festhielt. Dann nahm er die Flasche in die eine Hand und die Spritze in die andere und füllte die Spritze mit der rosafarbenen Flüssigkeit. "Es ist eine ganz spezielle Art von Lähmung, wenn ich ihnen die Spritze in den Fuß gebe, dann fangen zuerst ihre Füße an abzusterben, dann ihre Beine, ihre Oberschenkel, besonders unangenehm wird es beim Verdauungstrakt, und noch schlimmer kommt es dann, wenn ihr Herz erreicht wird, dann dürfen sie Adieu sagen." Er grinste bösartig. "Ich kann natürlich auch mit den Händen beginnen, aber dann entfällt der Spaß mit dem Verdauungstrakt, oder ich beginne mit dem Kopf, aber das ist ziemlich langweilig, weil es dann zu schnell geht." Während seines Vortrags fuhr er mit der Spritze an Phoebes Körper entlang.

"Lassen sie sie in Ruhe, ich verfüge über keine magischen Kräfte." teilte Cole ihm zornig mit.

Canterro ließ kurzzeitig die Spritze sinken. "Schön gesagt, aber Partas war da anderer Meinung, und selbst ich habe schon mal etwas von Balthasar gehört."

"Tja, so Leid es mir tut, das ist eine Verwechslung. Partas hat sich geirrt."

Canterro schüttelte abwägend den Kopf "Wieso glaube ich ihnen nur nicht?" fragte er hämisch.

Weil du ein dämlicher Idiot bist. Dachte sich Cole wütend und schaute angstvoll auf Phoebe. Er hatte nur eine einzige Waffe, und das war dieser Feuerballhandschuh. Ihm fiel ein, was Phoebe ihm vor kurzem dazu gesagt hatte, dass der Handschuh künstlich ist und wahrscheinlich über keine magischen Fähigkeiten verfügt. Wenn das stimmte, und dieser Käfig tatsächlich nur keine Magie herausließ, dann hatte er vielleicht eine Chance. Er betätigte den Schalter und der Ball bildete sich brennend auf dem Handschuh.

"Na endlich" meinte Canterros entzückt. "Langsam wirst du anscheinend vernünftig. Aber damit ich sie loslasse, musst du mir schon etwas mehr bieten." Er ließ fürs erste von Phoebe ab und widmete sich ganz den Ereignissen im Käfig.

Cole betätigte den nächsten Schalter und die Kugel löste sich aus ihrer Verankerung. Es fühlte sich für ihn merkwürdig vertraut an, und er wusste ohne zu überlegen, wie er damit umgehen musste. Er hoffte dieses künstliche Gebilde würde genauso funktionieren wie das dämonische, denn sonst hätte es wenig Sinn, auf seine Instinkte zu achten. Er schob seine Zweifel beiseite und visierte eine freie Stelle zwischen den Gitterstäben an, die genau vor dem Schaltpult lag. Dann fackelte er nicht lange und schleuderte den Ball in die gewählte Richtung.

Wie Cole erwartet hatte, passte die Kugel genau durch die Lücke, keine unsichtbaren Schranken hielten sie auf, wie sie es bei Partas Energieball getan hatten. Der künstliche Energieball verließ den Käfig und explodierte im Schaltpult. Alle im Raum Anwesenden waren wie erstarrt. Die Gitterstäbe des Käfigs leuchteten nicht mehr und Cole bemerkte, wie der dünne Strahl aus dem Siegel nun den ganzen Raum ausfüllte. Bevor die Menschen sich wieder aus ihrer Erstarrung gelöst hatten, lief er auf die Öffnung in den Stäben zu um zu Phoebe zu gelangen.

Canterro starrte ungläubig auf das Pult. "Aber das ist unmöglich" jammerte er "Es gibt keine magischen Mittel, die meine Schutzzone verlassen können."

"Meine schon." meinte Cole eiskalt und wandte sich Canterro zu. Er bildete auf seinem Handschuh einen neuen Energieball. Doch bevor er ihn in Richtung von Canterro werfen konnte, war dieser schon hinter dem Podest verschwunden. Auch der Wärter, der Phoebe festgehalten hatte ließ sie verschreckt los.

Cole schleuderte den Ball auf die entgegengesetzte Wand und wandte sich besorgt an Phoebe. "Geht's dir gut?" Sie nickte und umarmte ihn erleichtert.

Ein anderer Wächter war vor sie getreten und fuchtelte vor ihnen unsicher mit seiner Waffe herum. Cole flüsterte ihm angsteinflößend zu. "Meinst du mit deiner kleinen Waffe hast du irgendeine Chance gegen einen mächtigen Dämonen und eine Hexe." Der Mann sah sie erschreckt an und ergriff die Flucht.

Phoebe sah sich blitzschnell um und entdeckte, dass sich durch Coles Feuerkugel an der gegenüberliegenden Wand eine Platte der Wandvertäfelung gelöst hatte. Sie wies Cole darauf hin und ihn dem ganzen Chaos gelang es ihnen, die Platte zur Seite zu schieben und sich unbemerkt in dem Zwischenraum dahinter zu verstecken.

Währenddessen hatte Paige die ganze Situation ungläubig verfolgt. Für sie war es unbegreiflich, warum Cole wieder dämonische Kräfte hatte, und wieso diese so stark waren, dass sie selbst Canterros Käfig nicht aufhalten konnte. Vor lauter Aufregung hatte sie gar nicht bemerkt, dass durch die Explosion des Schaltpultes der Schließmechanismus der Handschellen aufgegangen war. Doch Peter hatte das leise Klicken bemerkt und verblüfft festgestellt, dass er seine Hände von der Wand lösen konnte. Er versuchte es Paige begreiflich zu machen, aber diese starrte immer noch ungläubig in Richtung von Cole, der erneut einen Energieball abgefeuert hatte.

Es dauerte eine Weile, bis sie endlich begriff, was Peter ihr sagte. Sie bekam ihre Hände frei und wollte sich schon zu Cole und Phoebe begeben, als sie hörte, wie Canterro seinen Leuten zuschrie. "Zerstört sofort das Siegel, damit die Magie hier ausgeschaltet wird." Die Männer begannen auf das Siegel zu schießen und Paige handelte reflexartig. Wenn die Nutzung von Magie im Moment im gesamten Raum möglich war, dann hatte sie die Chance zu entkommen. Sie sah zu Phoebe hinüber, konnte sie aber nirgends entdecken. Da Cole anscheinend wieder ein Dämon war, hatte er sich und Phoebe bestimmt längst in Sicherheit gebracht. Entschlossen fasste sie Peter an den Händen und gemeinsam orbte sie sie davon.

Als Phoebe den Befehl von Canterro vernommen hatte, begriff sie, dass Paige ihre Chance war, zu entkommen. Sie blickte aus ihrem Versteck und nahm noch wahr, wie sich Paige mit Peter auflöste. Mist, dachte sie wütend, warum hatte sie daran nicht früher gedacht, es war doch logisch, dass die Magie im ganzen Saal anzuwenden war und sie hatte ihre Fluchtmöglichkeit vertan. Sie schaute sich seufzend um.

"Ich denke wir sind hier in so einer Art Lüftungsschacht." teilte Cole ihr leise mit. "Aber sie werden schnell darauf kommen, wo wir uns verkrochen haben." meinte er düster.

"Das denke ich nicht. Wir müssen nur unauffällig verschwinden."

"Sie sind zwar Idioten, aber so dämlich ist Canterro leider nicht."

Phoebe schüttelte den Kopf. "Nein, er denkt sicher, dass du uns weggeschimmert hast."

"Das ich was habe?"

"Uns an einen anderen Ort teleportiert, so ähnlich wie Leo und Paige das können."

"Tja, tut mir Leid, aber damit kann ich nicht dienen." flüsterte er wütend.

"Ich weiß, aber sie wissen das doch nicht."

"Das Siegel ist zerstört," ertönte es aus der Halle. "Wenigstens etwas." vernahmen sie Canterros Stimme, "dieser Balthasar und die Hexen sind leider entkommen. Verdammt! Aber ich werde sie bekommen." Phoebe und Cole hörten, wie sich eine Tür öffnete. "Bringt erst einmal Ordnung hier herein, um das weitere kümmere ich mich später. Ich habe einiges zu erledigen."

"Siehst du, er denkt wir sind weg." Sie sahen sich in dem schmalen Schacht um. Und begannen ihn auf allen vieren entlangzukriechen. Durch die Enge des Schachts kamen sie nur langsam vorwärts. Als sie endlich am Ende angekommen waren, zweigte der Schacht nach rechts und links ab. Hinter sich hörten sie, wie jemand die Vertäfelung von der Wand schob, aus Angst, dass er in den Gang blicken könnte, krochen sie so schnell es ging um eine Ecke. Nach einer kurzen Pause vernahmen sie, wie in der Halle die Wand wieder verschlossen wurde.

Da es ihnen fast unmöglich war, sich in der Enge umzudrehen, schlugen sie den einmal gewählten Weg ein. Der Boden des Schachtes bestand nur noch aus einem engmaschigem Metallgitter, durch dass sie auf einen Gang unter ihnen blicken konnten. Einige Male kamen Menschen vorbei, aber sie hatten keine Veranlassung an die Decke zu schauen. Nachdem sie so leise es ging den Gang entlang gekrochen waren, endete er auf einmal und sie hatten einen schmalen offenen Schacht vor sich.

"Was ist denn?" Fragte Cole, der hinter Phoebe nichts sehen konnte, als diese sich nicht mehr weiterbewegte.

"Da vorne ist ein Schacht, der nach oben und unten geht, aber ohne Leiter oder so was" Phoebe schaute in die Tiefe, und versuchte den Boden zu erkennen, was ihr aber nicht möglich war.

"Kannst du irgendwie nach oben kommen."

Phoebe schaute zweifelnd nach oben, da sie aber keine andere Möglichkeit sah, um von hier zu verschwinden, versuchte sie es. Sie drehte sich auf den Rücken und zog sich vorsichtig aus dem Gang. Als es ihr gelungen war, sich halb herauszuziehen, setzte sie sich auf und versuchte oben einen Halt zu finden. Sie bemerkte, dass an der Wand des Schachts ebenfalls ein Gitter angebracht war. Dieses bestand aber zum Glück aus breiteren Zwischenräumen. Sie zog sich daran hoch, bis sich schließlich nur noch ihre Füße auf dem Gang unter ihr befanden. Sie begann sich weiter an dem Gitter hochzuziehen. Ihre Füße fanden kaum Halt in den Zwischenräumen, aber es gelang ihr schließlich bis in die nächste Etage hochzuklettern. Sie blickte nach oben. Über ihr befanden sich noch mindestens zwei Etagen. Sie seufzte, da sie aber keine Lust hatte, erneut durch einen elendig langen Schacht zu kriechen, beschloss sie weiter nach oben zu klettern. Dabei versuchte sie nicht daran zu denken, dass sie bei einer falschen Bewegung in den Abgrund fallen würde. Cole kam in einigem Abstand hinter ihr her.

Als sie es endlich geschafft hatten, ohne Sturz oben anzukommen, erwartete Phoebe eine unerfreuliche Überraschung. Anstatt eines Ausganges, befand sich über ihr nur der Schacht, der nach oben hin immer schmaler wurde, bis oben schließlich nur noch ein kleines Loch offen war. Sie hatten keine Chance sich dort durchzuschlängeln.

Missmutig zog sie sich in den Gang neben sich, der aber zu ihrer Freude um einiges breiter war als die vorherigen. Sie hatte sogar die Möglichkeit, zu stehen. Sie wartete, bis Cole ebenfalls angekommen war und gemeinsam gingen sie vorwärts, bis sie an ein Gitter kamen, dass ihnen den Weg versperrte. Durch das Gitter konnten sie in einen Raum mit zahlreichen Maschinen und Ventilatoren blicken. Sie konnten keinen Menschen erblicken und drückten daraufhin gemeinsam so lange gegen das Gitter, bis es sich endlich von der Wand löste und klirrend in den Raum fiel. Da die Maschinen aber einen dermaßenen Lärm verursachten, ging dieses Geräusch darin unter. Sie kletterten in den Raum, und sahen nur einen Mann mit einem Hörschutz in dem Raum stehen, der sich allen Anschein nach um die Maschinen kümmerte. Er stand mit dem Rücken zu ihnen und hörte sie augenscheinlich nicht. Cole schlich sich hinter ihn und verpasste ihm einen Schlag auf den Kopf. Mit einem nicht zu vernehmenden Stöhnen fiel der Mann zu Boden und blieb dort liegen.

"Ist er ohnmächtig?" schrie Phoebe Cole an.

"Ich denke schon, aber um ehrlich zu sein, habe ich damit nicht so viel Erfahrung." schrie er zurück.

Phoebe sah sich um und fand einige Kabel, mit denen sie den Mann fesselte. Dann klebte sie ihm ein Stück des Klebestreifens auf den Mund, den sie inmitten anderer Materialien auf einem Regal gefunden hatte.

"Ich hoffe seine Schicht ist nicht so schnell zu Ende. Jedenfalls nicht, bevor wir hier verschwunden sind." meinte sie, als sie zur Sicherheit noch einmal die Fesseln prüfte.

Cole stand unterdessen an der Tür und öffnete sie einen Spalt. Die Tür führte zu einem schmalen Gang, an dessen Ende eine Treppe steil bergauf führte. Sie diente offensichtlich nur als Zugang zum Maschinenraum. Phoebe und Cole traten auf den Flur und stiegen vorsichtig die Treppe hinauf. Als sie oben angekommen waren, führte links eine Tür in einen Raum, die verschlossen war. Auf der rechten Seite befand sich eine Art Büro oder Empfangsraum, dessen Wand im oberen Bereich aus Glas bestand. Vor ihnen lag der Ausgang. Sie bückten sich und krochen erneut auf allen vieren an dem Raum vorbei, um nicht gesehen zu werden.

"Ich fühle mich langsam wie ein Hund." jammerte Cole, als er endlich den Raum unbemerkt passiert hatte und vor dem Ausgang stand. Er öffnete die Tür und befand sich zu seiner Verblüffung im Freien. Links von ihm war eine kleine Parkmöglichkeit für höchstens zwei Wagen, von denen nur eine belegt war.

Phoebe war hinter Cole aus der Tür getreten. Sie hatte schon erwartet, dass ein Alarm ausgelöst wurde, aber nichts geschah. "Sonntagsschicht." meinte sie, als sie nur das eine Auto registrierte. Sie schlugen sich so schnell wie möglich in den Wald und schauten versteckt hinter den Bäumen, zu dem kleinen Gebäude zurück, aus dem sie gerade gekommen waren. Es befand sich augenscheinlich ein Stück hinter der Tiefgarage und diente nur den Mechanikern zur Überwachung der Luftqualität und ähnlicher Aufgaben in dem unterirdischen Labor. Es lag ruhig und friedlich da, und es schien als habe niemand bemerkt, dass sie aus diesem Haus geflüchtet waren.

"Wir sollten uns schleunigst auf den Weg machen." beschloss Phoebe. "Noch eine Nacht möchte ich nicht in diesem Wald verbringen."

"Ganz wie du willst." meinte Cole und sie begannen sich in südlicher Richtung durch den Wald zu schlagen.

"Obwohl es mir vorkommt, als müsste ich diesen Wald langsam kennen, habe ich immer noch keine Ahnung wo wir sind."

"Hm." meinte Cole kurz, gab aber sonst keinen Laut von sich und ging verbissen geradeaus.

Phoebe seufzte hinter ihm. Sie wusste nicht, was er von den Ereignissen hielt, die er gerade miterlebt hatte. "Ist mit dir alles in Ordnung?" fragte sie vorsichtig.

"Ob alles in Ordnung ist?" Cole musste lachen "Sicher, klar, man erfährt ja nicht jeden Tag, von einem grüngrauen Wesen das man ein Dämon ist."

"Cole, alles was dieser Partas gesagt hat, also du musst das nicht so Ernst ..."

Cole drehte sich zu ihr um und hob seine Hand um sie vom weiterreden abzuhalten. "Nein, hör auf mich für blöd zu verkaufen, ich weiß dass es stimmt." Stellte er ruhig fest.

"Du ... du weißt es?" Sie starrte ihn überrascht an und musste sich beherrschen nicht zu fragen, ob er sich wieder erinnerte.

"Oh man, du hättest eben deinen Gesichtsausdruck sehen sollen." Meinte er in einem trockenen Ton. Er hatte gespürt, dass es stimmte, als Partas erwähnt hatte, dass er ein Dämon sei. Cole hatte gewusst, dass dies die Wahrheit war. Obwohl ihm alles Übernatürliche völlig fremd war, konnte er nicht ignorieren, dass er sich damit instinktiv auskannte. Er wollte es nicht wahrhaben und er verstand es auch nicht, aber er musste es akzeptieren und er hatte keine Lust, dass Phoebe ihn weiterhin belog. Er sah sie erneut an. Er wusste, was sie ihn fragen wollte, aber nicht zu fragen wagte. "Nein," erlöste er sie von ihrer Unentschlossenheit. "Ich kann mich nicht wieder erinnern. Und dennoch weiß ich, dass es stimmt." Er lächelte unsicher. "Obwohl ich mich natürlich nicht darum reiße, ein Dämon zu sein, vor allem einer ohne irgendwelche nützlichen Kräfte."

"Du bist kein Dämon." versuchte sie ihn zu überzeugen und fügte, nachdem sie seinen genervten Gesichtsausdruck sah, hinzu. "Mehr."

"Oh!" Cole hörte dies mit Erleichterung und Entsetzen. Sie bestätigte seine Theorie und er hatte keine Ahnung, wie er mit dieser Tatsache umgehen sollte. Dennoch war er froh, das sie ihm endlich die Wahrheit gesagt hatte. "Du gibst also zu, dass ich ein Dämon war?"

"Halbdämon," versuchte sie es zu relativieren. "Dein Vater war ein Sterblicher."

"Dämon, Halbdämon, was macht das für einen Unterschied?"

"Einen gewaltigen, du warst halb menschlich, du hattest eine Seele."

"Ach, und die haben Dämonen sonst nicht?"

"Nein, natürlich nicht." meinte sie entsetzt von soviel Unwissenheit. "Wie meinst du könnten sie sonst so viel Freude daran haben, unschuldige Menschen zu quälen und zu töten?"

"Hm, Canterro scheint daran auch eine Menge Spaß zu haben und soviel ich weiß besitzt der eine Seele." erwiderte Cole trocken.

"Ich sage ja nicht, dass alle Menschen mit Seele gut sind, aber das ist etwas anderes."

"Naja, Ansichtssache." Paiges Satz kam ihm wieder in den Sinn. "Aber ich habe es doch auch gekonnt oder nicht, ich meine Menschen zu töten."

"Du hast deine menschliche Seite unterdrückt." versuchte Phoebe ihm diese Tatsache zu erklären, obwohl ihr das ganze Gespräch überhaupt nicht gefiel.

"Und das ging so einfach?" Er konnte es nicht realisieren, solche Dinge getan zu haben, Menschen umgebracht zu haben, diese Vorstellung war ihm völlig fremd, gänzlich unvorstellbar. Als sie nicht antwortete erklärte er wütend. "Du hättest es mir sagen müssen."

"Was denn? Du hättest mir doch sowieso nicht geglaubt." verteidigte sich Phoebe.

"Und wenn schon!" Cole schüttelte den Kopf, wie hatte sie ihn nur die ganze Zeit belügen können.

Phoebe sah sich um "Meinst du nicht, es ist ein schlechter Zeitpunkt, jetzt darüber zu diskutieren, wir sollten besser versuchen, so schnell wie möglich aus diesem dämlichen Wald zu kommen." Sie sah ihn flehentlich an.

Cole nickte und drehte sich um. "Du hast Recht. Lass uns von hier verschwinden." Er war auch nicht sonderlich erpicht darauf, sich Gedanken über seine früheren Taten machen zu müssen, daher konzentrierte er sich lieber auf ihre weitere Flucht aus den Wald.

Langsam war ihm die Umgebung vertraut, und es war nicht allzu schwer, den Weg zu der äußeren Mauer zu finden. In einiger Entfernung konnten sie gelegentlich Geräusche von Menschen wahrnehmen, aber sie kamen nicht in ihre Richtung.

Als Paige mit Peter in der Nähe der Autos ankam, erblickte sie keinen Menschen. Paige sah sich beunruhigt um, während Peter entsetzt einige Schritte rückwärts ging. "Wie ... wie sind wir denn hierher gekommen?" Er blickte sie verblüfft an.

"Ich habe uns hierher gebracht, was denkst du denn?" Paige winkte ab. "Nur ein kleiner Hexentrick, nach all dem schockiert dich der noch?"

Er versuchte sich über seine Empfindungen im Klaren zu sein, selbst für ihn, den Filmfreak, war dies alles viel zu phantastisch, als dass er es so einfach glauben konnte. "So bist du auch aus der Gasse entkommen" sagte er mehr zu sich selbst.

Paige hörte ihm schon gar nicht mehr zu "Wo sind nur die anderen." fragte sie besorgt. "Piper und Leo würden nicht so einfach verschwinden."

Gerade als sie den Satz ausgesprochen hatte, kamen die beiden ihnen aus dem Wald entgegen. Sie waren über die Mauer geklettert und hatten versucht, zu der Tiefgarage zu gelangen, aber im Wald hatte es nur so von bewaffneten Leuten gewimmelt. Leo hatte Piper schließlich überzeugen können, dass es sinnlos war, sich auch noch gefangen nehmen zu lassen. Sie sollten sich lieber in Sicherheit einen Plan ausdenken, wie sie Phoebe und Paige helfen konnten, wenn sie denn tatsächlich gefangen genommen worden waren. Schweren Herzens hatte Piper zugestimmt.

"Piper." Paige rannte freudestrahlend auf ihre Schwester zu und umarmte sie überschwänglich. "Gott sei dank ist euch nichts passiert."

"Und dir auch nicht, wo ward ihr denn," Piper sah sich um. "Und wo ist Phoebe?"

"Dieser Wahnsinnige Canterro hatte uns gefangen genommen," erklärte Paige ihrer Schwester. "Der ist wirklich verrückt. Er hält Dämonen gefangen, um ihre Kräfte zu untersuchen."

Piper guckte aufmerksam zu Peter herüber, doch der schien sich um diese Bemerkung nicht zu kümmern. "Und wie seid ihr entkommen."

"Als man kurzzeitig wieder Magie anwenden konnte, habe ich uns hierher teleportiert."

"Und Phoebe und Cole?" fragte Leo.

Paige seufzte. "Ich denke Cole hat wieder dämonische Kräfte."

"Was?" die beiden schauten sie überrascht an.

"Ich weiß es klingt nicht real. Aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen, er hat einen Energieball geworfen."

Leo schüttelte den Kopf. "Aber das ist unmöglich."

Paige zuckte mit den Schultern. "Kann man das bei ihm überhaupt sagen, jedenfalls waren die beiden auf einmal verschwunden, und trotz allem denke ich, dass er hat sie in Sicherheit gebracht hat."

"Und wohin?"

"Keine Ahnung, hier sind sie jedenfalls nicht. Vielleicht in die Stadt."

"Meinst du er hat sie entführt." Piper sah Paige alarmiert an.

"So ein Quatsch," vernahmen sie nun von Peter, "sie haben sich hinter einer Wandvertäfelung versteckt." Teilte er den übrigen mit.

Paige schüttelte den Kopf. "Das glaube ich nicht, warum sollten sie das tun, wenn sie so einfach hätten entkommen können."

"Vielleicht weiß er nicht mehr wie es geht." überlegte Piper nicht besonders überzeugt.

Paige wandte sich wieder an Peter. "Bist du dir ganz sicher, dass sie nicht einfach verschwunden sind?"

Er nickte "Ich habe gesehen, wie sie hinter die Wandvertäfelung geklettert sind."

"Und warum hast du mir das nicht gesagt?" fuhr Paige ihn nun an. Peter sah sie verständnislos an. "Mein Gott ich habe sie einfach dort gelassen." Sie sah Piper und Leo ratlos an.

"Vielleicht hat er sich ja wieder erinnert und sie sind nach euch verschwunden." versuchte Leo sie zu beruhigen.

"Nein, die Kerle wollten die Benutzung der Magie wieder ausschalten."

Leo sah sie irritiert an. "Ich kann mir gar nicht erklären, wie sie es fertig bringen, Magie so einfach ein und aus zu schalten."

"An der Wand war dieses Teufelszeichen, das die Benutzung der Magie irgendwie zuließ. Irgendwelche Mechanismen in einem Schaltpult leiteten seine Kraft direkt in einen Käfig und von dort kam sie nicht mehr in den Raum hinein. Erst als das Schaltpult zerstört war, konnte die Kraft aus dem Siegel ungehindert in den ganzen Raum strahlen und Magie konnte wieder benutzt werden." versuchte Paige zu erklären.

"Ich denke um dieses Problem sollten wir uns später kümmern. Im Moment interessiert mich nur, wo Phoebe geblieben ist." meinte Piper und blickte zurück in den Wald in Richtung der Mauer. "Meint ihr wir sollen noch mal zurück?" Dazu konnte sich niemand so recht bewegen.

Sie dachten noch darüber nach, als sie Geräusche aus der Richtung hörten. Phoebe und Cole erschienen aus dem Wald. Piper lief erleichtert auf ihre kleine Schwester zu. "Phoebe, zum Glück ist dir nichts passiert, wir haben uns solche Sorgen gemacht." Glücklich umarmte sie Phoebe und vergaß dabei ganz, dass sie ja eigentlich wütend auf sie gewesen war.

"Tja, Paige musste ja unbedingt ohne uns verschwinden." meinte Phoebe und warf ihrer Schwester einen bösen Blick zu.

"Ich dachte er könnte ..." versuchte Paige sich zu verteidigen.

"Nein er kann nicht." teilte ihr Cole mit und stapfte zu seinem Wagen.

"Also einen Energieball zu schmeißen, stelle ich mir schwieriger vor." rief Paige ihm wütend hinterher.

Cole drehte sich um und warf ihr den Handschuh zu. "Damit kann es jeder." meinte er trocken und fasste in seine Hosentasche, um den Autoschlüssel hervorzuholen.

Paige sah sich währenddessen neugierig den fast durchsichtigen Handschuh an. "Was ist das?" fragte sie nachdenklich, als ihr keine Erklärung dazu einfiel.

"Damit kann man eine Energiekugel künstlich herstellen." meinte Phoebe und schaute Cole hinterher. Der unterdessen seinen Wagen aufgeschlossen hatte.

"Wieso hast du eigentlich noch deine Schlüssel" fragte ihn Peter erstaunt. "Meine habe sie mir abgenommen." Er schaute sehnsüchtig zu seinem Wagen. "Ich weiß gar nicht, wie ich das Auto hier wegbekommen soll."

"Einem echten Dämon," er drehte sich zu Phoebe um. "Oh, entschuldige, Halbdämon. Nimmt man nicht so schnell die Schlüssel weg." Ohne sich weiter um die übrigen zu kümmern stieg er in seinen Wagen.

"Cole!" meinte Phoebe. Sie ging zu ihm herüber und hielt die Tür auf.

Er schüttelte den Kopf. "Ich will jetzt nicht darüber reden." meinte er entschlossen.

Peter war Phoebe gefolgt und fragte über ihre Schulter. "Kann ich mitkommen?" Auf keinen Fall wollte er mit diesen ominösen Gestalten alleine im Wald zurück bleiben.

"Wenn du deinen Mund hältst dann schon."

Peter ging auf die Beifahrertür zu und meinte. "Ganz gegen mein Naturell glaube ich, dass mir das heute nicht schwer fallen wird."

Cole öffnete die Tür und Peter stieg erleichtert ein. "Und dein Wagen?"

"Darüber mache ich mir morgen Gedanken." beschloss Peter.

Cole drehte sich noch einmal zu Phoebe rüber. "Ihr kommt ja sicher alleine hier weg."

Als Phoebe nickte, schloss Cole die Tür und die beiden fuhren davon. Phoebe schaute dem Auto hinterher, bis es verschwunden war.

"Also hat er keine dämonischen Kräfte," fragte Piper erleichtert.

Phoebe schüttelte mit dem Kopf. "Nein, hat er nicht. Aber er weiß es jetzt, und das ist auch schon schlimm genug."

Piper legte ihrer Schwester den Arm um die Schulter. "Es ist doch verständlich, dass das nicht so leicht für ihn ist, gib ihm ein bisschen Zeit." Sie wandte sich an Paige und ihren Ehemann. "Lasst uns von hier verschwinden. Ich habe die Nase voll von diesem Ort." Meinte sie und die Vier orbten sich zurück nach Hause.

Nach einer schweigsamen Fahrt kamen Cole und Peter wieder in San Francisco an.

"Was erzählst du Helen von der ganzen Sache?" fragte Cole, als sie zu ihren Appartements gingen.

Peter zuckte mit den Schultern. "Ich kann ehrlich gesagt nichts davon glauben. Am liebsten würde ich einfach meine Klappe halten und schlafen gehen. Morgen bin ich dann überzeugt, dass alles nur ein Albtraum war und Helen glaubt mir davon sowieso kein Wort."

Cole lächelte "Das glaube ich auch."

"Meinst du dass es stimmt, ich meine .... also ... das du auch so ein Dämon warst."

"Heute bin ich jedenfalls keiner." meinte Cole, der keine Lust hatte, mit Peter darüber zu diskutieren, ob er einmal ein Dämon gewesen war, oder nicht. Er verabschiedete sich von ihm und ging zu seiner Wohnung. Nachdem er sie betreten hatte, ging er schnurstracks in die Küche und hielt Ausschau, nach allen alkoholischen Getränken, die dort standen. Er sah sich die Prozentzahlen an und griff nach der Flasche mit den höchsten. Dann holte er sich ein Glas und nahm alles mit hinaus auf den Balkon. Er stellte die Flasche auf den Tisch und schenkte sich das Glas voll. Er ließ sich auf dem Stuhl nieder und zog seine Schuhe aus. Dann legte er seine Beine auf die Balustrade und begann zu trinken. Er hatte keinerlei Verlangen, über die heutigen Vorfälle nachzudenken und hoffte der Alkohol würde ihm dabei helfen zu vergessen.

Cole hatte einen schlimmen Verdacht, und der quälte ihn komischerweise noch mehr als die Tatsache, dass er früher ein Dämon gewesen war, der Menschen umgebracht hatte. Paiges und Phoebes Aussagen, als sie sich zum ersten Mal wiedergetroffen hatten, der Brief in Phoebes Kästchen, sein Verschwinden, Partas Gerede. Er hatte die grässlich Vermutung, dass Phoebe an seiner Ermordung beteiligt gewesen war oder ihn sogar selbst umgebracht hatte. Warum er noch lebte verstand er genau so wenig wie die übrigen wahnsinnigen Tatsachen. Doch durch seinen vermeintlichen Tod, war er kein Dämon mehr, was immer das auch bedeutete.

Cole seufzte und trank das Glas leer. Er schenkte sich nach und blickte in die Abenddämmerung hinaus. Wie hatte sie es nur fertig bringen können ihn zu töten? In diesem Brief hatte er es verstanden, aber heute nahm er es ihr übel. Wenn man jemanden wirklich liebte, dann brachte man ihn doch nicht einfach um, oder was war geschehen? Er konnte es sich nicht vorstellen. Genauso wenig wie er sich vorstellen konnte, dass er Spaß daran gehabt haben sollte, Leute umzubringen. Konnte man sich so ändern, was bedeutete es überhaupt ein Dämon zu sein?

Er trank das nächste Glas energisch aus, und schenkte sich erneut ein, obwohl ihm der Geschmack langsam zuwider war. Ärgerlich trank er weiter, es konnte doch nicht so lange dauern, schließlich hatte er den ganzen Tag nichts gegessen. Aber seine quälenden Gedanken ließen einfach nicht nach, auch nach einem weiteren Glas. Die Flasche war leer und sie schwirrten immer noch in seinem Kopf herum. Ihm war ein ziemlich verrückter Gedanke gekommen, aber was hieß schon verrückt bei diesem ganzen Wahnsinn. Ihm war wieder eingefallen, warum ihm der Name Balthasar bekannt vorgekommen war. Es war dieser Albtraum von dem rot schwarzen Monster gewesen. Aber das konnte doch unmöglich wahr sein, er konnte doch nicht dieses Wesen gewesen sein. Oder doch? War das etwa seine dämonische Gestalt gewesen. Er musste lachen, das Ganze erschien ihm alles wie ein bizarrer nicht enden wollender Albtraum. Allein die Vorstellung, dass er als rotes Catcherwesen durch die Gegend gerannt war und Leute umgebracht hatte, konnte doch nur aus einen abgrundtief schlechten Film stammen.

Wütend nahm er das Glas und warf es an die Wand des Balkons, wo es zerschellte und in Splittern auf den Boden fiel. Er betrachtete die Zerstörung zufrieden und machte sich erneut auf in die Küche, wobei er sich bemühte nicht in die Scherben zu treten.

Dort angekommen, konnte er nichts Hochprozentigeres mehr finden und nahm stattdessen eine Flasche Wein und ein Bier mit. Er ging zurück auf dem Balkon, wo er natürlich sofort in einen Splitter trat. Fluchend setzte er sich wieder hin und zog sich mit einigen Schwierigkeiten den Splitter aus dem Fuß. Dann nahm er die Flaschen in seine Hände und trank abwechselnd mal rechts mal links, bis er sie geleert hatte. Es war kein Genuss, aber mit der Zeit tat der Alkohol seine Wirkung und er ließ sich erleichtert in sein Bett fallen.