7. Kapitel: Lernen und Leben lassen

Beim Abendessen kündigte Dumbledore an, dass es dieses Jahr zwölf Quidditch- Spiele anstatt nur sechs geben würde. Natürlich war Draco begeistert, hatte er nicht nur eine gute Mannschaft, nein, Quidditch mochte er gern. Auf seinem Besen fühlte er sich frei, und er konnte machen, was er wollte. Aber es war ihm auch klar, dass die Idee von diesem Quidditch- verrückten Wood gemacht worden sein musste, und das störte ihn ein wenig. Aber war Wood jetzt nicht Lehrer und kein Gryffindor mehr?

Und Dumbledore kündigte auch gleich das erste Spiel an, Gryffindor gegen Slytherin, die Löwen gegen die Schlangen. Und zwar am nächsten Sonntag. Jetzt konnte sich seine Mannschaft beweisen. Sie waren wirklich gut, aber reichte das gegen das eingespielte Team von Gryffindor?

Draco nahm Moonshine und machte sich auf den Weg in die Höhle des Löwen, genauer gesagt, auf den Weg zum Gryffindortisch. „Was willst du?"„Erstens gebe ich dir Moonshine und zweitens schlage ich vor, dass wir uns morgen schon um neun in der Bibliothek treffen, wir müssen schließlich noch die Zauberrituale für Zabini raussuchen."„OK, bis dann."

Nun, Draco nahm sich vor, sein Team noch ein paar Trainingseinheiten fliegen zu lassen, doch als er auf den Belegungsplan des Quidditchfeldes schaute, stockte ihm fast der Atem. Gryffindor hatte das Feld bis einschließlich Sonntag restlos ausgebucht. Aber Draco wäre nicht Draco, wenn ihm für dieses Problem nicht auch eine Lösung eingefallen wäre.

Am nächsten Morgen machte sich Draco pünktlich um neun auf den Weg in die Bücherei. Aber zuerst hatte er wieder die Wasserhähne verhext, das würde nachher einen Ärger geben. Egal, wenigstens war dann mal was los. Als er in der Bücherei ankam, merkte er schnell, dass er hier ziemlich alleine war. Von Potter keine Spur und auch Moonshine war nicht zu sehen. Wahrscheinlich haben die wieder verschlafen.

Er setzte sich in seine Lieblingsecke, eine dunkle Nische, die gut hinter den Bücherregalen versteckt war, und deshalb kaum bekannt war. Mit einem kleinen Zauber ließ er die Lampe am Tisch angehen und machte sich dann schon einmal auf den Weg, Bücher über die Zauberrituale herauszusuchen.

Nach einer Stunde hatte er alle Notizen herausgeschrieben und wollte gerade anfangen, sie ordentlich auf ein Pergament zu schreiben, als ihn ein kleines silbernes Etwas ansprang. „Moonshine, wo kommst du denn her?"Der kleine Kater kuschelte sich an seine Brust und schnurrte behaglich. Keine zwei Minuten später hörte er Potter herankeuchen. Es schien fast so, als ob er den ganzen Weg vom Gryffindor- Turm bis hierher gerannt war. „Sorry, Draco, hab verschlafen."„Schon gut, du kannst von Glück reden, dass ich schon die Sachen über die Rituale herausgeschrieben habe. Du kannst sie ja ordentlich schreiben, während ich mich auf die Suche nach diesem Vita- Trank mache." Draco ging in einen anderen Teil der Bibliothek, Moonshine folgte ihm auf dem Fuß. Aber wo auch immer er suchte, er fand keine Informationen über den Vita- Trank und wie er gebraut wurde. Es war wie verhext. Um nicht mit leeren Händen zurück zum Tisch zu kommen, nahm er ein paar Bücher, in denen er den Vita- Trank vermutete. Am Tisch, wo Potter es doch tatsächlich fertig gebracht hatte, in seiner schönsten Sonntagsschrift den Aufsatz zu schreiben, ließ er die Bücher fallen und konnte es sich nicht verkneifen, Potter ein bisschen aufzuziehen. „Du hast ja ne Mädchenschrift."„Soll ich unleserlich schreiben?"„Na ja, dann würde Zabini deine Fehler nicht sehen."Aber Harry tat ihm den Gefallen nicht, den Aufsatz wegzuwerfen, sondern las ihn sich noch einmal aufmerksam durch. „Sehr witzig."knurrte Harry. „Was sind denn das für Bücher?"Draco war froh über den Themenwechsel. Er wollte Harry nicht verärgern, nur ein wenig aufziehen. „Heiltränke und so ein Zeug, da müsste der Vita- Trank drinstehen." Eigentlich glaubte er da auch nicht dran, aber er konnte ja nicht zugeben, dass er nichts gefunden hatte. „Nein, tut er nicht."Verwundert blickte er Harry an, doch der schrieb an seinem Aufsatz weiter.

„Was heißt das, tut er nicht? Weißt du wo er drin steht?"Nicken. „Würdest du es mir auch sagen?"Kopfschütteln. Dieser Junge trieb ihn noch in den Wahnsinn. „Warum nicht?"„Du hast das Zauberwort nicht gesagt."„Adava Kedavra?"Es schien Potter auch noch Spaß zu machen, endlich etwas zu wissen, was er nicht wusste. „Du kannst den Spruch nicht anwenden!"Wenn der wüsste... „Und was macht dich da so sicher? Vielleicht habe ich schon seit frühester Kindheit Erfahrung mit den Unverzeihlichen?"Draco lief es in diesem Moment kalt den Rücken hinunter.

„Und selbst wenn, du würdest es nicht machen. Sag einfach nur das Wort, aber wenn du dir mehr Arbeit machen willst, ich will dich nicht davon abhalten..."Genau in diesem Moment hätte Draco Potter verhexen können. Jetzt setzte sich dieser Neunmalkluge hier hin und zwang ihn, das Wort auszusprechen, was er schon seit ewigen Zeiten aus seinem Wortschatz hätte streichen sollen. Und nun sollte er ausgerechnet Harry Potter auch noch um etwas bitten? „Bitte,"resignierte er. Es war nur ein Flüstern, aber Draco war sich sicher, dass Potter es gehört hatte. „Der Vita- Trank von Dr. Sebastian Thunderfield."Draco konnte es nicht fassen. Ein ganzes Buch nur über diesen Trank? „Und wo bekommen wir das Buch?"„Keine Ahnung, frag doch Madame Pince."Draco war immer noch geschockt, ging aber dennoch zu Madame Pince, der Büchereiaufseherin. „Entschuldigung, ich suche das Buch `Der Vita- Trank` von Dr. Thunderfield."„Das steht in der Verbotenen Abteilung, hast du denn einen Erlaubnisschein?"Was konnte diese Hexe scharf gucken. „Nein,"schluckte Draco und machte sich auf den Weg zurück zu Harry. „Da brauchen wir einen Erlaubnisschein für."„Und wo liegt das Problem? Du fragst einfach Professor Snape, du bist ja schließlich sein Lieblingsschüler."„Genau. Ich frag ihn gleich nach dem Mittagessen. Bist du mit dem Aufsatz fertig?" „Ja."Draco nahm den Aufsatz, den Harry ihm hinübergereicht hatte und begann zu lesen. Eine hübsche Schrift hat er ja, das muss man ihm lassen. Wenn er mit seinen Fingern jetzt auch noch andere Sachen so gut... Draco, Stopp! Nicht jetzt und nicht hier. Er konzentrierte sich wieder auf den Aufsatz und war überrascht, wie gut sich dieser lesen ließ.

„Gut, wirklich gut."Harry nahm den Aufsatz wieder an sich und Draco wollte gerade aufstehen um zum Mittagessen zu gehen, aber so schnell schien er dem Gryffindor nicht entkommen zu können. „Sag mal, verstehst du dich eigentlich gut mit deinem Vater?"„Was sollte denn das für eine Frage?" Natürlich nicht, wer würde sich mit seinem Vater verstehen, der ihn unter den Cruciatus stellt, ihn verprügelt und mit dem Imperio zwingt, Sachen zu machen, die man eigentlich gar nicht will. „Ich denke, dass dein Verhältnis zu deinem Vater der Grund war, mir die Warnung zu schicken. Aus Trotz. Schließlich würde er dich umbringen, wenn er erfahren würde, dass du dem Todfeind seines Herrn zur Flucht verholfen hast."„Meinst du wirklich, dass mir das nicht klar ist?"„Und warum hast du die Warnung geschrieben? Die Todesser würden sonst was mit dir machen, wenn sie wüssten, dass du mir das Leben gerettet hast."„Ja, ich habe dir das Leben gerettet, und du hast dich noch nicht einmal dafür bedankt. Das einzige, was immer von dir kommt, ist `warum, warum`. Kein Danke, kein gar nichts." Mit diesen Worten drehte sich Draco um und ließ einen verdutzten Harry Potter in der Bücherei stehen. Hoffentlich hat er es jetzt endlich geschnallt.

Er ging nicht zum Abendessen in die Große Halle. Stattdessen lief er hinunter in die Küche, ließ sich ein paar Brötchen geben und machte sich auf den Weg in den Astronomieturm. Hier oben war sein Lieblingsplatz, hier oben konnte er allein sein und nachdenken.