Kapitel 7
Erzählt. Sie hatte ihm alles erzählt. Ihre ganze Geschichte. Sie wusste nicht genau wieso. Es war einfach alles erneut aus ihr herausgebrochen. Der ganze Schmerz, die Angst und die Wut. Dínendil hatte ihr die ganze Zeit ruhig zugehört. Kein Wort hatte er gesagt, wie er empfand. Als sie zu erzählen aufgehört hatte, nahm er sie in den Arm und hielt sie einfach fest. Dann hatte er ihr ins Ohr geflüstert: „Fang jetzt neu an. Das ist deine Chance. Nutze sie." „Gut, ich werde es versuchen", hatte sie geantwortet. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Jetzt war Noeriel allein in ihrem Zimmer. Es war inzwischen schon tiefe Nacht. Sie saß am Fenster, sah hinauf zum Himmel, wo in dieser Nacht weder Mond, noch Sterne zu sehen waren. Wieso hatte sie Dínendil nur so schnell zugesagt, neu zu beginnen? Sie wusste gar nicht genau, wie sie „neu beginnen"sollte. Neu beginnen hieß ja auch, mit Altem abzuschließen. Wollte sie wirklich, egal was heute geschehen war, abschließen? War sie überhaupt schon bereit dazu? Daran zweifelte sie ernsthaft.
„Tut mir Leid, Dínendil. Ich weiß, dass du es nur gut mit mir meinst, aber ich kann mein Versprechen noch nicht einlösen. Aber irgendwann bin ich soweit", flüsterte sie in die klare Nacht hinaus. Aber was wollte sie dann? Heute Abend hatte sie geglaubt, nach dem Tod des Orks würde alles gut werden. Sie fühlte aber nur eine große, innere Leere in ihrem Herzen. Vielleicht lag es daran, dass noch immer zwei dieser Monster herumliefen. Und noch tausend Andere ihrer Art. Würde sie erst ihren Frieden finden, wenn die zwei anderen auch noch tot waren, war sie verdammt ihnen auf ewig hinterher zu jagen? Dass sie noch lebten, fühlte sie deutlich. Noeriel hoffte, dass ihre Fragen bald beantwortet werden würden.
„Legolas, kannst du mir bitte etwas erklären?"Noeriel sah den blonden Elb bittend an. „Was bedrückt dich denn?", entgegnete er. Es war inzwischen September geworden. Die Blätter der Bäume verfärbten sich, und das Wetter wurde langsam schlechter. Noeriel hatte sich inzwischen eingelebt, obwohl sie immer noch darauf wartete, einen Grund zu finden, nach Bruchtal zurückzukehren. Heute war ein verregneter Tag, die grauen Wolken hingen tief über dem Düsterwald. Die beiden Elben saßen in der Bibliothek.
„Warum haben die Orks damals den Palast angegriffen? Du bist mir die Antwort noch immer schuldig geblieben. Oder ist es so streng geheim, dass du es einer guten Freundin verschweigen musst?"Noeriel sah den Prinzen neugierig an. „Ich werde dir eine Antwort geben, obwohl ich eigentlich nicht darf, aber du würdest es bald sowieso erfahren. Also, der Grund dieses Angriffs war die Befreiung von einem unserer Gefangener. Aragorn hatte ihn uns letztes Jahr zur Verwahrung überbracht.
Eine bedauernswerte Kreatur, die es geschafft hatte, aus Saurons Klauen zu entkommen. Jedenfalls brachten wir es nicht über unser Herz, sie den ganzen Sommer über im Kerker eingesperrt zu lassen. Wir brachten ihn also fast jeden Tag zu einem Baum, auf den das Wesen klettern konnte, wie es ihm beliebte. Natürlich bewacht von einigen unserer Männer. Das ging auch bis zu dem Tag des Angriffes gut. An diesem Abend konnten die Wächter ihn nicht dazu bewegen hinabzusteigen. Also warteten sie unter dem Baum, denn das Wesen herunterzuholen, war unmöglich. Es krallte sich stets fest um die Äste. Bei dem Angriff wurden die Wächter erschlagen, und die Kreatur konnte mit den Orks entkommen. Natürlich schickten wir Späher hinterher, aber die Spuren führten nach Dol Guldur. Dorthin gehen wir nicht. Mein Vater hat mir noch nicht verraten, was er jetzt zu tun gedenkt", erklärte Legolas.
„Wieso würde ich es ohnehin bald erfahren?"Noeriels Neugier war nun vollständig geweckt. Legolas sah sie lächelnd an: „Dir scheint es ja wieder gut zu gehen. Und ich dachte, bei diesem Angriff wäre dir etwas Ernsthaftes widerfahren. Aber trotzdem werde ich deine Frage nicht beantworten. Du erfährst es noch früh genug, übe dich etwas in Geduld." Damit war für ihn das Thema beendet, und er ließ sich auch nicht von ihren erneuten Fragen umstimmen.
Noeriel rätselte immer noch darüber, als sie einige Tage später aufgefordert wurde, bei König Thranduil zu erscheinen. Aufgeregt machte sie sich auf den Weg zum Thronsaal. Sie hoffte, dass es vielleicht eine Nachricht von Elrond sein würde. Aber sie wurde enttäuscht. Der König saß genauso würdevoll wie bei ihrem ersten Treffen auf seinem Thron. Neben ihm entdeckte sie überraschend Legolas, dem die Rolle als Prinz anscheinend nicht wirklich gefiel. Noeriel machte einen höflichen Knicks vor den Beiden. Fragend sah sie den König an, der ihren Blick bemerkte, und anfing zu erzählen: „Noeriel, ich habe Euch herrufen lassen, weil ich Euch etwas fragen wollte. Es hat etwas mit dem Angriff auf mein Reich zu tun, dabei wurde..."
„Entschuldigt bitte meine Unterbrechung, aber ich weiß bereits, was damals geschehen ist", fiel die Elbin ihm ins Wort. Thranduil sah seinen Sohn verärgert an, er konnte sich schon denken, dass Legolas Noeriel alles erzählt hatte. „Da Ihr anscheinend schon von meinem Sohn in Kenntnis gesetzt worden seid, habe ich nicht mehr viel hinzuzufügen. Eine Frage habe ich allerdings noch. Da Ihr schon sehr erholt wirkt, wollte ich wissen, ob Ihr Legolas und einen Gefährten nach Bruchtal begleiten wollt. Sie sollen Euren Vater von den Ereignissen hier in Kenntnis setzen. Ich glaube nicht, dass Ihr sonst dieses Jahr noch eine Gelegenheit bekommen werdet, zurückzureisen. Und bis nächstes Frühjahr wird Euch das Warten wohl schwer fallen", fügte er hinzu.
Noeriel sah den König überrascht an: „Ich danke Euch vielmals für dieses Angebot, und ich nehme es gerne an. Ich genieße zwar Eure Gastfreundschaft, aber mich verlangt es danach, in meine Heimat zurückzukehren. Wann werden wir aufbrechen?" „In zwei Tagen wird es soweit sein. Am besten bereitet Ihr Euch schon auf den Aufbruch vor", antwortete dieser. Die Elbin bedankte sich noch einmal bei ihm, bevor sie den Saal verließ.
Noeriel war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Das bekam auch Dínendil zu spüren, als sie ihm lachend um den Hals fiel. Verwirrt sah der Elb sie an: „Noeriel, was ist denn mit dir los? So kenne ich dich ja gar nicht. Ist etwas Wichtiges passiert?" „Ich werde nach Hause zurückkehren. Ich werde mit Legolas nach Bruchtal reisen", erklärte sie ihm.
„Ach so, das ist es, was dich wie ausgewechselt erscheinen lässt. Nun, ich hoffe es freut dich zu hören, dass ich euch begleiten werde", entgegnete er ihr. Noeriel sah ihn nun ihrerseits verwirrt an: „Sag mir jetzt nicht, dass du es schon vorher wusstest und mir nicht verraten hast, dass wir aufbrechen. Aber natürlich freue ich mich, von dir keinen Abschied nehmen zu müssen."
„Ich dachte, so wäre die Überraschung für dich schöner. Und ist es nicht besser, nur noch zwei Tage auf die Reise zu warten, anstatt sieben oder acht?", meinte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Ich glaube, ich geh jetzt lieber packen, als mich mit dir rumzuärgern", beendete Noeriel das Gespräch augenzwinkernd.
Das Packen ging allerdings schnell von der Hand, und so hatte Noeriel nicht mehr viel zu tun, außer auf die Abreise zu warten.
Erzählt. Sie hatte ihm alles erzählt. Ihre ganze Geschichte. Sie wusste nicht genau wieso. Es war einfach alles erneut aus ihr herausgebrochen. Der ganze Schmerz, die Angst und die Wut. Dínendil hatte ihr die ganze Zeit ruhig zugehört. Kein Wort hatte er gesagt, wie er empfand. Als sie zu erzählen aufgehört hatte, nahm er sie in den Arm und hielt sie einfach fest. Dann hatte er ihr ins Ohr geflüstert: „Fang jetzt neu an. Das ist deine Chance. Nutze sie." „Gut, ich werde es versuchen", hatte sie geantwortet. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Jetzt war Noeriel allein in ihrem Zimmer. Es war inzwischen schon tiefe Nacht. Sie saß am Fenster, sah hinauf zum Himmel, wo in dieser Nacht weder Mond, noch Sterne zu sehen waren. Wieso hatte sie Dínendil nur so schnell zugesagt, neu zu beginnen? Sie wusste gar nicht genau, wie sie „neu beginnen"sollte. Neu beginnen hieß ja auch, mit Altem abzuschließen. Wollte sie wirklich, egal was heute geschehen war, abschließen? War sie überhaupt schon bereit dazu? Daran zweifelte sie ernsthaft.
„Tut mir Leid, Dínendil. Ich weiß, dass du es nur gut mit mir meinst, aber ich kann mein Versprechen noch nicht einlösen. Aber irgendwann bin ich soweit", flüsterte sie in die klare Nacht hinaus. Aber was wollte sie dann? Heute Abend hatte sie geglaubt, nach dem Tod des Orks würde alles gut werden. Sie fühlte aber nur eine große, innere Leere in ihrem Herzen. Vielleicht lag es daran, dass noch immer zwei dieser Monster herumliefen. Und noch tausend Andere ihrer Art. Würde sie erst ihren Frieden finden, wenn die zwei anderen auch noch tot waren, war sie verdammt ihnen auf ewig hinterher zu jagen? Dass sie noch lebten, fühlte sie deutlich. Noeriel hoffte, dass ihre Fragen bald beantwortet werden würden.
„Legolas, kannst du mir bitte etwas erklären?"Noeriel sah den blonden Elb bittend an. „Was bedrückt dich denn?", entgegnete er. Es war inzwischen September geworden. Die Blätter der Bäume verfärbten sich, und das Wetter wurde langsam schlechter. Noeriel hatte sich inzwischen eingelebt, obwohl sie immer noch darauf wartete, einen Grund zu finden, nach Bruchtal zurückzukehren. Heute war ein verregneter Tag, die grauen Wolken hingen tief über dem Düsterwald. Die beiden Elben saßen in der Bibliothek.
„Warum haben die Orks damals den Palast angegriffen? Du bist mir die Antwort noch immer schuldig geblieben. Oder ist es so streng geheim, dass du es einer guten Freundin verschweigen musst?"Noeriel sah den Prinzen neugierig an. „Ich werde dir eine Antwort geben, obwohl ich eigentlich nicht darf, aber du würdest es bald sowieso erfahren. Also, der Grund dieses Angriffs war die Befreiung von einem unserer Gefangener. Aragorn hatte ihn uns letztes Jahr zur Verwahrung überbracht.
Eine bedauernswerte Kreatur, die es geschafft hatte, aus Saurons Klauen zu entkommen. Jedenfalls brachten wir es nicht über unser Herz, sie den ganzen Sommer über im Kerker eingesperrt zu lassen. Wir brachten ihn also fast jeden Tag zu einem Baum, auf den das Wesen klettern konnte, wie es ihm beliebte. Natürlich bewacht von einigen unserer Männer. Das ging auch bis zu dem Tag des Angriffes gut. An diesem Abend konnten die Wächter ihn nicht dazu bewegen hinabzusteigen. Also warteten sie unter dem Baum, denn das Wesen herunterzuholen, war unmöglich. Es krallte sich stets fest um die Äste. Bei dem Angriff wurden die Wächter erschlagen, und die Kreatur konnte mit den Orks entkommen. Natürlich schickten wir Späher hinterher, aber die Spuren führten nach Dol Guldur. Dorthin gehen wir nicht. Mein Vater hat mir noch nicht verraten, was er jetzt zu tun gedenkt", erklärte Legolas.
„Wieso würde ich es ohnehin bald erfahren?"Noeriels Neugier war nun vollständig geweckt. Legolas sah sie lächelnd an: „Dir scheint es ja wieder gut zu gehen. Und ich dachte, bei diesem Angriff wäre dir etwas Ernsthaftes widerfahren. Aber trotzdem werde ich deine Frage nicht beantworten. Du erfährst es noch früh genug, übe dich etwas in Geduld." Damit war für ihn das Thema beendet, und er ließ sich auch nicht von ihren erneuten Fragen umstimmen.
Noeriel rätselte immer noch darüber, als sie einige Tage später aufgefordert wurde, bei König Thranduil zu erscheinen. Aufgeregt machte sie sich auf den Weg zum Thronsaal. Sie hoffte, dass es vielleicht eine Nachricht von Elrond sein würde. Aber sie wurde enttäuscht. Der König saß genauso würdevoll wie bei ihrem ersten Treffen auf seinem Thron. Neben ihm entdeckte sie überraschend Legolas, dem die Rolle als Prinz anscheinend nicht wirklich gefiel. Noeriel machte einen höflichen Knicks vor den Beiden. Fragend sah sie den König an, der ihren Blick bemerkte, und anfing zu erzählen: „Noeriel, ich habe Euch herrufen lassen, weil ich Euch etwas fragen wollte. Es hat etwas mit dem Angriff auf mein Reich zu tun, dabei wurde..."
„Entschuldigt bitte meine Unterbrechung, aber ich weiß bereits, was damals geschehen ist", fiel die Elbin ihm ins Wort. Thranduil sah seinen Sohn verärgert an, er konnte sich schon denken, dass Legolas Noeriel alles erzählt hatte. „Da Ihr anscheinend schon von meinem Sohn in Kenntnis gesetzt worden seid, habe ich nicht mehr viel hinzuzufügen. Eine Frage habe ich allerdings noch. Da Ihr schon sehr erholt wirkt, wollte ich wissen, ob Ihr Legolas und einen Gefährten nach Bruchtal begleiten wollt. Sie sollen Euren Vater von den Ereignissen hier in Kenntnis setzen. Ich glaube nicht, dass Ihr sonst dieses Jahr noch eine Gelegenheit bekommen werdet, zurückzureisen. Und bis nächstes Frühjahr wird Euch das Warten wohl schwer fallen", fügte er hinzu.
Noeriel sah den König überrascht an: „Ich danke Euch vielmals für dieses Angebot, und ich nehme es gerne an. Ich genieße zwar Eure Gastfreundschaft, aber mich verlangt es danach, in meine Heimat zurückzukehren. Wann werden wir aufbrechen?" „In zwei Tagen wird es soweit sein. Am besten bereitet Ihr Euch schon auf den Aufbruch vor", antwortete dieser. Die Elbin bedankte sich noch einmal bei ihm, bevor sie den Saal verließ.
Noeriel war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Das bekam auch Dínendil zu spüren, als sie ihm lachend um den Hals fiel. Verwirrt sah der Elb sie an: „Noeriel, was ist denn mit dir los? So kenne ich dich ja gar nicht. Ist etwas Wichtiges passiert?" „Ich werde nach Hause zurückkehren. Ich werde mit Legolas nach Bruchtal reisen", erklärte sie ihm.
„Ach so, das ist es, was dich wie ausgewechselt erscheinen lässt. Nun, ich hoffe es freut dich zu hören, dass ich euch begleiten werde", entgegnete er ihr. Noeriel sah ihn nun ihrerseits verwirrt an: „Sag mir jetzt nicht, dass du es schon vorher wusstest und mir nicht verraten hast, dass wir aufbrechen. Aber natürlich freue ich mich, von dir keinen Abschied nehmen zu müssen."
„Ich dachte, so wäre die Überraschung für dich schöner. Und ist es nicht besser, nur noch zwei Tage auf die Reise zu warten, anstatt sieben oder acht?", meinte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Ich glaube, ich geh jetzt lieber packen, als mich mit dir rumzuärgern", beendete Noeriel das Gespräch augenzwinkernd.
Das Packen ging allerdings schnell von der Hand, und so hatte Noeriel nicht mehr viel zu tun, außer auf die Abreise zu warten.
